SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft III | MAI 1926 | |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahai-Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher, Zweig Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 1,90 Goldmark. |
Heft 3 | Stuttgart, im Mai 1926 | 6. Jahrgang |
Inhalt: Aus Dr. Esslemont: Baha’u'lláh und das Neue Zeitalter. — Qurratu’l-Ayn und ihr Lehrer. — The unveiling of the Monument to Dr. L. L. Zamenhof.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Das Reich Gottes ist gleich der Sonne, doch die Blinden sehen diesen leuchtenden Himmelskörper nicht, noch sind sie fähig, seinen Glanz zu begreifen.
'Abdu'l-Bahá.
Die Göttliche Wirklichkeit ist unausdenkbar, sie ist schrankenlos, ewig, unvergänglich und unsichtbar. Die erschaffene Welt ist an die Naturgesetze gebunden, ist endlich und vergänglich. Von der unendlichen Wirklichkeit kann nicht gesagt werden, daß sie einen Aufstieg oder Abstieg nehme. Sie geht weit über das Begriffsvermögen des Menschen hinaus und kann nicht mit Worten bezeichnet werden, die der sichtbaren Sphäre der Schöpfung zugehören.
Blicke auf die Welt der erschaffenen Wesen, wie mannigfaltig und verschiedenartig sie in ihrer Art sind und doch von einem Ursprung zumal abstammen.
Der Schöpfer alles dessen ist derselbe Gott. Durch diesen einen Gott trat alles Erschaffene ins Leben, und Er ist auch das eine Ziel, nach dem sich alles in der Natur hinsehnt.
Alle Geschöpfe, die leben, sind von der Gnade Gottes abhängig. Die Göttliche Gnade ist an sich lebenspendend. Wie das Licht der Sonne auf die Erde fällt, so ruht die Gnade des ewigen Gottes auf allen Geschöpfen.
'Abdu'l-Bahá
Baha’u’lláh und das Neue Zeitalter.
Von Dr. J. E. Esslemont. Uebersetzurg v. H. Küstner.
IV. Kapitel.
'Abdu'l-Bahá: der Diener von Bahá.
Wenn der Ozean Meiner Gegenwart zurückgeebbt und das Buch Meiner Offenbarung vollendet sein wird, dann wendet eure Gesichter Dem zu, Den Gott bestimmt hat, der von dieser altehrwürdigen Wurzel abgezweigt ist.
Bahá’u’lláh.
Geburt und Kindheit.
’Abbás Effendi, der später den Titel „'Abdu'l-Bahá“ (d. i. Diener von Bahá) annahm, war der älteste Sohn von 'Abdu'l-Bahá. Er wurde in Teheran kurz vor Mitternacht am 23. Mai 1844 1) geboren zur selben Stunde, in der der Báb seine Sendung verkündigte.
’Abbás Effendi war acht Jahre alt, als Sein Vater, dem Er schon damals ergeben anhing, in Teheran in das Gefängnis geworfen wurde. Ein Volkshaufe plünderte ihr Haus und die Familie wurde von ihren Besitzungen vertrieben und der Not ausgeliefert. 'Abdu'l-Bahá erzählt, wie ihm eines Tags erlaubt wurde, den Gefängnishof zu betreten, um Seinen geliebten Vater zu sehen, wenn Er zur täglichen Bewegung herauskam. Bahá’u’lláh war erschreckend angegriffen und so krank, daß Er nur schwer gehen konnte, Sein Haar und Sein Bart waren ungekämmt, Sein Nacken wundgerieben und geschwollen vom Druck eines schweren Halseisens von Stahl, Sein Körper gebeugt vom Gewicht Seiner Ketten, und der Anblick machte einen nie zu vergessenden Eindruck auf das Gemüt des empfindsamen Knaben.
Während der ersten Jahre ihres Aufenthalts in Bagdád, — zehn Jahre vor der ersten Erklärung Seiner Sendung durch Bahá’u’lláh, — führte 'Abdu'l-Bahá Seine scharfe Einsicht 'Abdu'l-Bahá, der damals erst neun Jahre alt war, bereits zu der wichtigen Entdeckung, daß Sein Vater in der Tat der Verheißene sei, dessen Manifestation alle Bábis erwarteten. Etwa sechzig Jahre später beschreibt Er den Augenblick, an dem diese Ueberzeugung plötzlich von Seinem ganzen Wesen Besitz ergriff, folgendermaßen:
„Ich bin der Diener der Gesegneten Vollkommenheit. In Bagdad war ich ein Kind. Damals und hier verkündigte Er mir das Heilige Wort. Als Er dies tat, warf ich mich zu Seinen Heiligen Füssen und bat und flehte zu Ihm, mein Blut als Opfer auf Seinem Pfade anzunehmen. Opfer! Wie köstlich finde ich dieses Wort! Es gibt keine größere Gnade für mich als dies! Welch größeren Ruhm könnte ich mir denken, als diesen Nacken in Ketten gelegt für Seine Sache, diese Füße gefesselt für Seine Liebe, diesen Körper verstümmelt oder in die Tiefen des Meeres geworfen zu sehen für Seine Offenbarung! Wenn wir Ihn in Wahrheit aufrichtig lieben, wenn ich in Wahrheit Sein aufrichtiger Diener bin, dann muß ich mein Leben, mein Alles an Seiner Gesegneten Schwelle opfern.“
Tagebuch von Mirza Ahmad Sohrab, Januar 1914.
Während dieser Zeit fing Er an, von Seinen Freunden „das Geheimnis Gottes"'Abdu'l-Bahá genannt zu werden, ein Titel, der Ihm von Bahá’u’lláh gegeben wurde, unter dem Er gemeinhin bekannt war während der Zeit des Aufenthalts in Bagdád.
Als Sein Vater Sich für die Dauer von zwei Jahreg in die Wildnis zurückzog, wollte Abbás das Herz brechen. Sein Haupttrost bestand im Abschreiben und im Auswendiglernen der Tablets des Báb, und viel von dieser Zeit brachte Er in einsamer Gebetsandacht zu. Als schließlich Sein Vater zurückkehrte, überwältigte die Freude den Knaben.
1) Donnerstag, 5. Junada I 1260 a. H.
Der Jüngling.
Von dieser Zeit an wurde ’Abbás Effendi Seines Vaters vertrautester Gefährte und, sozusagen, Sein
Beschützer. Obgleich erst ein Jüngling, zeigte Er doch bereits staunenswerten Scharfsinn und
Unterscheidungsvermögen, und übernahm die Aufgabe, den zahllosen Besuchern, die ununterbrochen
zu Seinem Vater kamen, Rede und Antwort zu stehen. Wenn Er merkte, daß es sich um
wirkliche Wahrheitssucher handelte, geleitete Er sie vor das Angesicht Seines Vaters,
andernfalls aber erlaubte Er nicht, daß sie Bahá’u’lláh belästigten. Bei vielen Gelegenheiten
half Er Seinem Vater beim Beantworten von Fragen und bei Beratung in Schwierigkeiten dieser Besucher. Als
z. B. einer der Sufi-Führer, namens Ali Schawkat Pascha, um eine Auslegung von dem Worte
bat: „Er war ein verborgenes Geheimnis“, das in einer wohlbekannten mohammedanischen Ueberlieferung
vorkomme 2) wandte Sich Bahá’u’lláh an das „Geheimnis Gottes“, Abbás, u. bat Ihn, die
Auslegung zu schreiben. Der Knabe, der damals fünfzehn oder sechzehn Jahre alt war, schrieb darauf
eine bedeutende Abhandlung, die eine so erleuchtende Auslegung enthielt, daß der Pascha
erstaunte. Diese Epistel ist jetzt unter den Bahái
[Seite 35]
weit verbreitet, und ist auch manchem dem Bahái-Glauben Fernstehenden bekannt.
Während dieser Zeit war Abbás ein eifriger Besucher der Moscheen, wo Er theologische Themata mit den Lehrern und Gelehrten besprach. Er besuchte nie eine Schule oder ein Kolleg, Sein einziger Lehrer war Sein Vater. Seine beliebteste Erholung bestand im Reiten, woran Er große Freude zeigte.
Bahái-Kinder in Haifa.
Nach Bahá’u’lláhs Erklärung in dem Garten außerhalb Bagdads wurde ’Abdu’l-Bahás Ergebenheit
gegenüber Seinem Vater größer als je. Auf der langen Reise nach Konstantinopel behütete Er
Bahá’u’lláh Tag und Nacht, ritt neben Seinem Wagen und wachte bei Seinem Zelt. So
weit als möglich hielt Er alle häuslichen Sorgen und Verantwortlichkeiten von Seinem Vater ab
und wurde so die Hauptstütze und der Trost der ganzen Familie.
Während der in Adrianopel zugebrachten Jahre wurde 'Abdu'l-Bahá jedermann teuer. Er lehrte
viel und wurde allgemein bekannt als „der Meister“. In Akka, als nahezu die ganze Gesellschaft
an Typhus, Malaria und Dysenterie krank lag, wusch Er die Patienten, pflegte sie, gab ihnen
das Essen, wachte bei ihnen, wobei Er sich keine Ruhe schenkte, bis Er selbst, aufs äußerste
erschöpft, sich die Dysenterie zuzog und dabei etwa
[Seite 36]
einen Monat lang in lebensgefährlichem Zustand schwebte. In Akka, wie in Adrianopel lernten Ihn
alle Volksschichten, vom Gouverneur bis zum elenden Bettler, lieben und achten.
2) Diese Ueberlieferung ist angeführt in einem Tablett von Bahá’u’lláh, s. Kap. V. S. 73 dieses Buchs.
Seine Verheiratung.
Die folgenden Einzelheiten betreffend die Verheiratung von 'Abdu'l-Bahá wurden dem Verfasser in freundlicher Weise von Jinab-i-Avarih, dem Persischen Geschichtsschreiber der Baháibewegung, zur Verfügung gestellt:
Während Seiner Jünglingszeit war naturgemäß die Frage einer passenden Heirat für 'Abdu'l-Bahá von großem Interesse für die Gläubigen, und viele Leute stellten sich ein, mit dem Wunsch, diese Ehrenkrone für ihre Familie zu sichern. Lange aber zeigte 'Abdu'l-Bahá keine Neigung zur Heirat, und niemand verstand die Weisheit hievon. Später wurde dann bekannt, daß ein Mädchen lebte, das bestimmt war, ’Abdu’l-Bahás Weib zu werden, dessen Geburt einem Segen des Báb entsprang, den er ihren Eltern in Isfahan erteilt hatte. Ihr Vater war Mirza Mohammed Ali, der Onkel des „Königs der Märtyrer“ und des „Geliebten der Märtyrer“, und sie gehörte zu einer der großen u. vornehmen Familien von Isfahan. Als der Báb sich in Isfahan aufhielt, besaß Mirza Mohammed Ali keine Kinder, aber seine Gemahlin sehnte sich nach einem Kind. Als der Báb davon vernahm, gab er ihm einen Apfel und hieß ihn, diesen mit seinem Weib gemeinsam zu verzehren. Nachdem sie diesen Apfel gegessen hatten, wurde bald offenbar, daß ihre langersehnten Hoffnungen auf Elternschaft im Begriff seien, sich zu erfüllen, und zur gegebenen Zeit wurde ihnen eine Tochter geboren, die den Namen Munirih Khanum erhielt. 3) Später kam dann noch ein Sohn dazu, dem man den Namen Seyid Yahya gab, und in späteren Jahren bekamen sie noch weitere Kinder. Im Laufe der Zeit starb Munirihs Vater, ihre Vettern erlitten durch Zillu’s-Sultan und die Mullas den Märtyrertod, und über die Familie kam große Not, und bittere Verfolgung, da sie Bahái waren. Bahá’u’lláh erlaubte dann Munirih und ihrem Bruder Seyid Yahya, zu Ihm zu kommen und in Akka Schutz zu suchen. Bahá’u’lláh und Seiner Gemahlin, Nawwab, der Mutter von 'Abdu'l-Bahá, erzeigte Munirih solche Freundlichkeit und Gunst, daß man merkte, sie wünschten, daß sie die Gemahlin von 'Abdu'l-Bahá werden möchte. Der Wunsch von Vater und Mutter wurde auch der Wunsch von von 'Abdu'l-Bahá. Er empfand warmes Liebesgefühl und herzliche Zuneigung für Munirih, die von Herzen erwidert wurden, und binnen kurzem vereinigte sie die Ehe.“
Die Ehe gestaltete sich außerordentlich glücklich und harmonisch. Von den ihnen geborenen Kindern haben vier die Schrecken der langen Einkerkerung überlebt und sind durch ihr wundervolles Leben des Dienstes allen teuer geworden, die den Vorzug hatten, sie kennen zu lernen.
3) Es ist von Reiz, diese Geschichte mit der von der Geburt Johannes des Täufers zu vergleichen; s. Ev. Luc. 1. Kap.
Mittelpunkt des Bundes.
Bahá’u’lláh tat auf verschiedene Weise kund, daß 'Abdu'l-Bahá Sein Nachfolger sein sollte. Viele Jahre vor Seinem Tod erklärte Er dies verschleiert in Seinem Kitabu’l-Aqdas. Er verwies auf 'Abdu'l-Bahá bei verschiedenen Gelegenheiten als auf den „Mittelpunkt des Bundes“, „den größten Zweig", „der Zweig aus der altehrwürdigen Wurzel“. Er sprach von Ihm gewöhnlich als dem „Meister“ und forderte von Seiner ganzen Familie, daß alle mit Ihm in ehrerbietiger Hochachtung verkehrten; und in Seinem Willen und Testament hinterließ Er ausdrückliche Anweisungen, es sollten sich alle zu Ihm hinwenden und Ihm gehorchen.
Nach dem Tode der „Gesegneten Schönheit“ (wie Bahá’u’lláh allgemein von Seiner Familie genannt wurde) trat 'Abdu'l-Bahá in die Stellung ein, die Sein Vater klar für Ihn bestimmt hatte, als Haupt der Bewegung und als befugter Ausleger der Lehren; aber dies rief den Groll gewisser Verwandten und anderer Personen hervor, die in der gleichen bitteren Gegnerschaft zu 'Abdu'l-Bahá standen, wie Sub-i-Ezel zu Bahá’u’lláh. Sie bemühten sich, Uneinigkeit unter die Gläubigen zu tragen, und als ihnen dies nicht glückte, gingen sie dazu über, verschiedene falsche Beschuldigungen gegen 'Abdu'l-Bahá bei der türkischen Regierung zu erheben.
In Ausführung der Anweisungen, die 'Abdu'l-Bahá von Seinem Vater erhielt, errichtete Er ein Bauwerk am Abhang des Berges Karmel, oberhalb Haifas, das bestimmt war, der dauernde Ruheplatz für die Gebeine des Báb zu sein, und auch eine Anzahl Räume für Versammlungen und Gottesdienste enthalten sollte. Sie stellten nun den Behörden vor, dieses Bauwerk habe den Zweck, als Festung zu dienen, und ’Abdu’l-Bahá und Seine Gefolgschaft hätten die Absicht, sich hier zu verschanzen, der Regierung Trotz zu bieten und nach dem Besitz des benachbarten Gebiets Syrien zu streben.
Erneute strenge Gefangenschaft.
Infolge dieser und anderer ähnlicher unbegründeter Anschuldigungen wurde 'Abdu'l-Bahá und
Seine Familie, die seit mehr als zwanzig Jahren die Freiheit innerhalb des Landes mehrere Meilen
rund um Akka genossen hatten, im Jahre 1901 wieder für die Dauer von sieben Jahren streng
auf den Raum innerhalb der Mauern der
[Seite 37]
Gefängnisstadt beschränkt. Dies hinderte Ihn aber nicht, in der wirksamen Verbreitung der
Bahái-Botschaft über Asien, Europa und Amerika hin. Mr. Horace Holley schreibt über diese
Zeitspanne Folgendes:
„Zu 'Abdu'l-Bahá, als dem Lehrer und Freund, kamen viele Männer und Frauen jeder Rasse, Religion und aus allen Völkern, an Seinem Tisch zu sitzen gleich lieben Gästen, und befragten Ihn über das soziale, geistige oder moralische Programm der Lehre, was eben jeder am meisten auf dem Herzen hatte; nach einem Aufenthalt, der zwei Stunden bis zu vielen Monaten dauerte, kehrten sie heim, vom Geist durchdrungen, wiedergeboren und erleuchtet. Die Welt besaß sicher kein gastfreieres Haus als dieses.
Hinter Seinen Türen schmolzen die starren Kastenschranken Indiens weg, das Rassenvorurteil der Juden, Christen und Mohammedaner wurde belanglos; und jedes Herkommen, nur nicht das des warmen Herzens und des strebsamen Geistes brach zusammen, vergessen und versunken vor dem einigenden Mitgefühl des Herrn des Hauses. Es war wie bei König Arthus und seiner Tafelrunde... aber einem Arthus, der zum Ritter Frauen und Männer schlug, und sie aussandte nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Wort.“
— Die neue soziale Religion, Horace Holley. -
Während dieser Jahre bewältigte 'Abdu'l-Bahá einen ungeheuren Briefwechsel mit Gläubigen und Fragestellern in allen Teilen der Welt. Bei diesem Werk wurde Er kräftig unterstützt von Seinen Töchtern und auch von verschiedenen Dolmetschern und Sekretären.
Viel von Seiner Zeit opferte Er dem Besuch von Kranken und Bedrängten in ihrem Heim; und in den ärmsten Vierteln von Akka war kein Besucher willkommener als der „Meister“.
Ein Pilger, der Akka zu dieser Zeit besuchte, schrieb:
„Es ist die Gewohnheit von 'Abdu'l-Bahá, jede Woche am Freitag morgen Almosen an die Armen zu verteilen. Von Seinem eigenen knappen Vermögen gibt Er ein wenig jeder Bedürftigen, die zu Ihm um Hilfe kommen. Diesen Morgen waren über hundert reihenweise aufgestellt, saßen oder kauerten auf dem Boden, auf der offenen Straße und dem Hof, vor 'Abdu'l-Bahás Haus. Und eine unbeschreibliche Auslese der Menschheit war es. Allerlei Männer, Frauen und Kinder — arm, geplagt, hoffnungslosen Aussehens, nur halb bekleidet, viele von ihnen verkrüppelt und blind, wirkliche Bettler, unsagbar arm, geduldig wartend, bis 'Abdu'l-Bahá aus dem Torweg trat... Lebhaft schreitet Er von einem zum andern, da einige Augenblicke anhaltend, um ein Wort des Mitgefühls und der Aufmunterung an jeden zu richten, und läßt Geldmünzen in jede gierig ausgestreckte Hand fallen, richtet Seine Augen auf ein Kind, ergreift die Hand einer alten Frau, die den Saum Seines Gewandes umfaßt hatte, als Er vorbeischritt, sprach Er einige Worte des Lichts mit dem alten, erblindeten Mann, fragte nach denen, die zu schwach und elend waren, um die kleine Gabe selbst zu holen und sandte ihnen ihren Anteil mit der Botschaft der Liebe und der Aufmunterung.“
'Abdu'l-Bahás persönliche Bedürfnisse waren gering. Er arbeitete von früh bis spät. Zwei einfache Mahlzeiten des Tags genügten Ihm. Sein Kleiderschrank enthielt nur sehr wenige Kleidungsstücke aus billigem Stoff. Er konnte es nicht ertragen, in Ueberfluß zu leben, während es andern mangelte.
Er hatte große Liebe zu Kindern, zu Blumen und für die Schönheiten der Natur. Jeden Morgen um sechs oder sieben Uhr pflegte sich die Familie zu versammeln, um den Frühstückstee gemeinsam einzunehmen, und während der Meister Seinen Tee zu sich nahm, sangen die Kinder des Haushalts Gebete. Mr. Thornton Chase schreibt von diesen Kindern:
„Solche Kinder habe ich noch nie gesehen, so höflich, so uneigennützig, so bedacht für andere, so unaufdringlich, klug und hurtig in der Selbstverleugnung gegenüber kleinen Dingen, wie sie Kinder lieben.“
In Galiläa S.51.
„Der „Blumenkult“ war ein Hauptzug des Lebens in Akka, von dem jeder Pilger strahlende Erinnerungen mit sich nahm. Mrs. Lukas schreibt:
„Wenn der Meister den Duft der Blumen einatmet, ist es wundervoll, Ihn anzusehen. Es sieht aus, als ob der Geruch der Hyazinthen ihm etwas erzähle, solange Er Sein Angesicht in die Blumen vergräbt. Es gleicht dem Bemühen des Ohrs, eine herrliche Harmonie von Tönen zu vernehmen — es ist ganz zusammengefaßte Aufmerksamkeit.“
Ein kurzer Bericht über meinen Besuch in Akka S. 26.
Er liebte es, herrliche, süßduftende Blumen Seinen zahlreichen Besuchern zu überreichen.
Mr. Thornton Chase faßt seinen Eindruck von dem Gefängnisleben in Akka folgendermaßen zusammen:
„Fünf Tage verbrachten wir innerhalb dieser Stadtmauern, als Mitgefangene dessen, der in diesem
„Größten Gefängnis“ wohnt. Es ist ein Gefängnis des Friedens, der Liebe u. des Dienstes.
Es gibt hier keinen Wunsch, kein Bestreben als nach dem, was für die Menschheit gut ist, nach
Weltfrieden, der Anerkennung der Vaterschaft Gottes, den gemeinsamen Rechten der Menschheit
als seiner Geschöpfe, seiner Kinder. In der Tat, das wirkliche Gefängnis. die erstickende Luft, die
Trennung von all dem, was das gläubige Herz wünscht, die Fesseln der Weltzustände befinden
sich außerhalb dieser Steinmauern, während in ihnen die Freiheit und das reine Wehen des
[Seite 38]
Heiligen Geistes wohnt. Alles Störende, alle Unruhe, alle Plage und alle Angst um weltliche Dinge
ist von hier ausgeschlossen.“
In Galiläa S. 24.
Den meisten Menschen möchte die Härte eines Gefängnislebens als schweres Unglück erscheinen, aber für 'Abdu'l-Bahá boten sie keine Schrecken. Während Seiner Gefangenschaft schrieb Er:
„Grämet euch nicht über meine Gefangenschaft und über mein Unglück. Denn dieses Gefängnis ist mein herrlicher Garten, mein Paradies und mein Thron der Herrschaft unter den Menschen. Mein Elend in meinem Gefängnis ist eine Krone für mich, unter der ich strahle unter den Gerechten. Man kann glücklich sein in den Verhältnissen des Wohllebens, der Behaglichkeit, des Reichtums, des Vergnügens und der Freude; wenn aber jemand glücklich und zufrieden sein kann in unruhigen und harten Zeiten und in Krankheitszeiten, so ist dies wirklich ein Beweis wahren Adels.
Tablette von 'Abdu'l-Bahá Band II. S. 258, 263.
Türkische Untersuchungskommissionen.
In den Jahren 1904 und 1907 wurden von der Türkischen Regierung Kommissionen eingesetzt, um über die gegen ’Abdu’l-Bahá erhobenen Anklagen Untersuchungen anzustellen, und lügnerische Zeugenaussagen lieferten Beweise gegen Ihn. Während 'Abdu'l-Bahá die Anschuldigungen zurückwies, brachte Er Seine völlige Bereitwilligkeit zum Ausdruck, sich jedem Richterspruch zu unterwerfen, den der Gerichtshof über Ihn fällen würde. Er erklärte, daß Er, wenn selbst sie ihn ins Gefängnis werfen, durch die Straßen schleifen, verfluchen, anspeien, steinigen, u. auf ihn alle Arten von Schande häufen, ihn hängen oder erschießen würden, er dennoch sehr glücklich sein würde.
Zwischen den Sitzungen der Untersuchungsausschüsse setzte Er Sein gewohntes Leben mit äußerster Ruhe fort, pflanzte Fruchtbäume im Garten und stand einem Hochzeitsfest mit Würde und in strahlender geistiger Freiheit vor. Der italienische Konsul erbot sich, Ihm für sichere Ueberfahrt nach irgend einem fremden Hafen zu sorgen, den Er bestimmen möchte; doch Er lehnte dieses Anerbieten dankbar, aber bestimmt ab, indem Er sagte, daß Er, unter was für Folgen auch immer, den Fußstapfen des Báb und der „Gesegneten Vollkommenheit“ folgen müsse, die nie versuchten, sich zu retten oder vor ihren Feinden zu fliehen. Er ermunterte aber die meisten der Bahái, die Umgebung Akkas zu verlassen, da große Gefahr für sie bestand, und blieb allein zurück mit wenigen der Gläubigen, Sein Schicksal erwartend.
Die vier bestochenen Beamten, die die letzte Untersuchungskommission bildeten, kamen in Akka im Anfang des Winters 1907 an, blieben einen Monat und reisten dann, nach Beendigung ihrer sogenannten Untersuchung, wieder nach Konstantinopel zurück. Sie waren darauf vorbereitet, zu berichten, daß die gegen 'Abdu'l-Bahá erhobenen Anschuldigungen begründet gewesen seien, und Verbannung oder Seine Hinrichtung zu empfehlen sei. Sie waren aber noch nicht in die Türkei zurückgekehrt, als dort die Revolution ausbrach, u. die vier Kommissionsmitglieder, die zum alten Regime gehörten, mußten um ihr Leben zu retten, entfliehen. Die Jungtürken richteten ihre Herrschaft auf, und alle politischen und Religionsgefangenen im türkischen Reich wurden in Freiheit gesetzt. Im September 1903 wurde 'Abdu'l-Bahá aus der Gefangenschaft erlöst, und im folgenden Jahr wurde 'Abdu'l-Hamid, der Sultan, selbst zum Gefangenen gemacht.
Reisen nach dem Westen.
Nach Seiner Freilassung setzte 'Abdu'l-Bahá das gleiche heilige Leben unaufhörlicher Tätigkeit
im Lehren, Briefschreiben, in der Fürsorge für die Armen und Kranken fort, unterbrochen nur
von der Verlegung des Wohnsitzes von Akka nach Haifa und von Haifa nach Alexandria, bis
zum August 1911, wo Er zu Seinem ersten Besuch der westlichen Halbkugel aufbrach. Während
Seiner Reisen im Westen kam 'Abdu'l-Bahá mit Menschen jeder Geistesrichtung zusammen
und erfüllte voll und ganz das Gebot von Bahá’u’lláh, „mit allen Menschen in Freude und Harmonie
zu verkehren“. Nach London kam Er früh im September 1911 und blieb hier einen Monat,
im Verlauf dessen Er neben täglichen Gesprächen mit Fragestellern und neben vielen andern
Tätigkeiten Ansprachen an die Kongregationen des Rev. R.J. Kampbell in der Stadtkirche und des
Archidiakons Wilberforce an St. Johns, Westminster, hielt, und mit dem Lordmajor frühstückte.
Er begab Sich dann nach Paris, wo Seine Zeit ausgefüllt war mit täglichen Ansprachen und
Gesprächen mit begierig lauschenden Zuhörern aus vielen Nationalitäten und Menschenrassen. Im
Dezember kehrte Er nach Aegypten zurück, und im nächsten Frühling, auf die dringende Einladung
der amerikanischen Freunde, reiste Er nach den Vereinigten Staaten und kam im April 1912 in
Neu-York an. Während der nächsten sieben Monate reiste Er durch Amerika, von Küste zu
Küste, indem Er Ansprachen hielt an alle Arten und Stände von Menschen, Universitätsstudenten,
Sozialisten, Mormonen, Juden, Christen, Freidenker, Esperantisten, an Friedensgesellschaften,
Klubs der Neugeistrichtungen, Gesellschaften von Frauenrechtlerinnen. Er sprach
[Seite 39]
auch in Kirchen von nahezu jeder Glaubensgemeinschaft, und ließ Seinen Ansprachen die
Gelegenheiten zur persönlichen Aussprache folgen. Am 5. Dezember fuhr Er ab nach Großbritannien,
wo Er im Besuch von Liverpool, London, Bristol und Edinburg sechs Wochen zubrachte. In
Edinburg hielt Er eine bemerkungswerte Ansprache in der Esperantogesellschaft, in der Er verkündete,
daß Er die Bahái des Ostens aufgemuntert habe, Esperanto zu lernen, damit sich in Zukunft der
Westen und der Osten besser verstehen könne. Nachdem Er dann noch zwei Monate in Paris zugebracht
hatte, wie immer mit täglichen Unterredungen und Besprechungen beschäftigt, reiste
Er nach Stuttgart, wo Er eine Reihe sehr erfolgreicher Versammlungen mit deutschen Bahái
hielt, von da ging Er nach Budapest und Wien, an welchen Orten Er neue Gruppen gründete, und
kehrte alsdann im Mai 1913 nach Aegypten und am 5. Dezember 1913 nach Haifa zurück.
Rückkehr ins Heilige Land.
'Abdu'l-Bahá stand damals im 70. Lebensjahr, und Seine lange und angestrengte Arbeit, die sich noch gehäuft hatte bei diesen aufreibenden Reisen im Westen, hatte Seine Gesundheit sehr angegriffen. Nach Seiner Rückkehr schrieb Er das folgende ergreifende Tablett an die Gläubigen im Osten und Westen:
„Freunde, die Zeit ist gekommen, da ich nicht mehr länger bei euch sein werde. Ich habe getan, was getan werden konnte. Ich habe der Sache Bahá’u’lláhs bis zum Aeußersten meiner Fähigkeit gedient. Ich habe Tag und Nacht gearbeitet, alle die Jahre meines Lebens.
O, wie sehne ich mich, zu sehen, daß die Gläubigen die Verantwortung für die Hl. Sache auf sich nehmen! Jetzt ist die Zeit, das Königreich Abhás (d.h. des Allerherrlichsten) zu verkündigen! Jetzt ist der Tag der geistigen Harmonie der Freunde Gottes!...
Ich lausche nach Osten und Westen, nach Norden und Süden, ob ich vielleicht das Lied der Liebe und der Bruderschaft vernehme in den Versammlungen der Gläubigen. Meine Tage sind gezählt, und außer diesem gibt es keine Freude mehr für mich.
O, wie sehne ich mich, die Freunde geeinigt zu sehen wie ein schimmerndes Perlenband, wie das leuchtende Siebengestirn, wie die Sonnenstrahlen, wie die Gazellen auf einer Aue!
Die geheimnisvolle Nachtigall singt für sie; wollen sie nicht lauschen? Der Vogel des Paradieses lockt, wollen sie nicht hören? Der Engel des Königreichs Abhás spricht zu ihnen, wollen sie nicht aufmerken? Der Bote des Bundes spricht, wollen sie nicht achthaben?
Ach, ich warte, warte, die frohe Nachricht zu hören, daß die Gläubigen die Verkörperung der Aufrichtigkeit und der Treue sind, die verkörperte Liebe und Freundschaft, und die Offenbarung von Einheit und Eintracht!
Wollen sie mein Herz nicht erfreuen? Wollen sie mein Sehnen nicht stillen? Wollen sie meine Rufe nicht beachten? Wollen sie meine Hoffnung nicht erfüllen? Wollen sie meinem Ruf nicht antworten?
Ich warte, ich warte geduldig!“
Tagebuch von Mirza Ahmad Sohrab, 2. April 1914.
Die Feinde der Baháisache, deren Hoffnungen hoch gestiegen waren, als der Báb als Opfer ihrer Wut fiel, als Bahá’u’lláh aus Seiner Heimat vertrieben u. zum lebenslänglichen Gefangenen gemacht wurde, und dann beim Heimgang von Bahá’u’lláh, — diese Feinde faßten sich von Neuem ein Herz, als sie die körperliche Schwäche und Müdigkeit von 'Abdu'l-Bahá nach Seiner Rückkehr von den Reisen nach dem Westen wahrnahmen. Aber wieder waren ihre Hoffnungen zum Scheitern verurteilt. In kurzer Zeit durfte 'Abdu'l-Bahá schreiben:
„Ohne Frage wäre dieser irdische Körper und die menschliche Kraft überhaupt nicht fähig gewesen, den andauernden Lasten und Mühen zu widerstehen... Aber die Unterstützung und Hilfe des Einen Ersehnten war der Führer und Beschützer des schwachen und demütigen 'Abdu'l-Bahá... Man hat behauptet, daß 'Abdu'l-Bahá im Begriff sei, der Welt endgültig Lebewohl zu sagen, daß seine Körperkraft verbraucht und erschöpft sei und daß binnen kurzem diese Umstände seinem Leben ein Ende setzen würden. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Obgleich dem äußerlichen Dafürhalten der Beleidiger des Bündnisses u. Schlimmdenkenden nach, der Körper schwach ist der Heimsuchungen auf dem gesegneten heiligen Pfade wegen, befinden sich doch, Gott sei Dank, infolge der Vorsehung der Gesegneten Vollkommenheit die geistigen Kräfte in höchster Verjüngung und Stärke. Dank sei Gott, daß jetzt, durch den Segen von Bahá’u’lláh, sogar die Körperkräfte wieder völlig hergestellt sind, göttliche Freude mir geschenkt ist, die erhabenen frohen Botschaften leuchten und geistige Glückseligkeit in überreichem Maße strömt.“
Star of the West Bd. V, S. 213.
Sowohl während als nach Beendigung des großen Kriegs war 'Abdu'l-Bahá fähig, neben
[Seite 40]
ungezählten andern Tätigkeiten eine Reihe großer und beseligender Briefe zu verfassen, die, als
die Verbindungen wieder hergestellt waren, die Gläubigen in der Welt zu neuer Begeisterung und
neuem Eifer für den hl. Dienst anfachten. Unter dem Einfluß dieser Briefe machte die Sache
sprungshafte Fortschritte und überall wies die Lehre Merkmale von neuem Leben und neuer
Kraft auf.
Kriegszeit in Haifa.
Ein bemerkenswertes Beispiel von der Voraussicht 'Abdu'l-Bahás zeigte sich während der Monate, die dem Krieg unmittelbar vorangingen. Zu Friedenszeiten war gewöhnlich eine große Anzahl von Pilgern in Haifa, Pilger aus Persien und andern Erdteilen. Etwa sechs Monate vor Kriegsausbruch legte einer der alten in Haifa lebenden Bahái ein Bittgesuch von verschiedenen persischen Gläubigen um Erlaubnis zu einem Besuch beim Meister vor. 'Abdu'l-Bahá erteilte die Erlaubnis nicht, und von der Zeit an entließ Er nach und nach die Pilger, die in Haifa waren, so daß Ende Juli 1914 keine mehr zurückgeblieben waren. Als dann in den ersten Augusttagen der plötzliche Ausbruch des großen Kriegs die Welt erschreckte, wurde die Weisheit dieser Voraussicht klar.
Als der Krieg ausgebrochen war, wurde 'Abdu'l-Bahá, der bereits 55 Jahre Seines Lebens in Verbannung und Gefangenschaft zugebracht hatte, wieder der Tatsache nach ein Gefangener der türkischen Regierung. Die Verbindung mit den Freunden und Gläubigen außerhalb Syriens war beinahe vollständig abgeschnitten, und Er und Seine kleine Schaar von Anhängern waren wieder einengenden Verhältnissen, Nahrungsmangel und großer persönlicher Gefahr und vielen Unbequemlichkeit unterworfen.
Den Krieg über hatte 'Abdu'l-Bahá eine geschäftige Zeit in der Fürsorge für die leiblichen und geistigen Bedürfnisse der Menschen um Ihn. Er rief in eigener Person ausgedehnte landwirtschaftliche Unternehmungen nahe bei Tiberias ins Leben und sicherte so einen großen Zustrom von Weizen, mit dem die Hungersnot abgewendet wurde nicht nur für die Bahái, sondern für Hunderte von Armen aller Religionen in Haifa und Akka, deren Bedürfnissen Er großzügig entsprach. Er sorgte für alle und milderte ihre Leiden so gut als möglich. Täglich gab Er Hunderten von armen Menschen eine kleine Summe Geldes. Zu dem Geld hin gab Er Brot. Wenn es kein Brot gab, verteilte Er Datteln oder etwas anderes. Er machte häufig Besuche in Akka, um die Gläubigen und die armen Leute dort zu trösten und ihnen zu helfen. Während der Kriegszeit hatte Er täglich Versammlungen mit den Gläubigen und durch Seine Hilfe verharrten die Freunde glücklich und ruhig während dieser beschwerlichen Jahre.
Sir A.B. Abbás, K.B.E. (Ritter des Britischen Reiches)
Groß war die Freude in Haifa, als am 23. September 1918, 3 Uhr Nachmittags, nach einem Kampf von mehr als zwanzig Stunden, die Stadt von britischer und indischer Reiterei eingenommen wurde, und die Schrecken des Kriegs unter der türkischen Herrschaft ein Ende nahmen.
Am Anfang der britischen Besetzung suchten große Mengen von Soldaten und von Regierungsbeamten aller Grade, auch der höchsten, Unterredungen mit 'Abdu'l-Bahá zu erlangen, um sich an Seinen erleuchtenden Gesprächen zu erfreuen, an der Weite Seiner Gedanken und der Tiefe Seiner Einsicht, Seiner würdevollen Höflichkeit und Seiner heiteren Gastlichkeit. So tiefe Eindrücke empfingen die Vertreter der Regierung von 'Abdu'l-Bahás vornehmem Charakter und Seiner grossen Arbeit für Frieden, Völkerversöhnung und für das wahre Gedeihen der Menschheit, daß Ihm (trotz 'Abdu'l-Bahás langen Widerstrebens) eine Ritterschaft des Britischen Reiches übertragen wurde. Die diesbezügliche Feier fand im Garten des Militärgouverneurs von Haifa am 27. April 1920 statt.
Die letzten Jahre.
Während des Winters von 1919 auf 1920 hatte der Verfasser das große Vorrecht, zweieinhalb
Monate als Gast von 'Abdu'l-Bahá in Haifa zu weilen und unmittelbar Sein tägliches Leben
beobachten zu dürfen. Zu jener Zeit war Er, obgleich annähernd sechsundsiebzig Jahre alt,
noch bemerkenswert rüstig und bewältigte täglich eine beinahe unglaubliche Menge von Arbeit.
Obgleich oft sehr müde, zeigte Er wundervolle Wiedererlangung der Kräfte, und Seine Dienste
standen immer denen zur Verfügung, die ihrer bedurften. Seine unerschöpfliche Geduld, Leutseligkeit, Freundlichkeit und Sein Feingefühl machten Seine Gegenwart zu einem Segen. Er war gewohnt,
einen großen Teil der Nacht im Gebet und in Andacht zuzubringen. Vom frühen Morgen
bis zum Abend, eine kurze Mittagsruhe nach dem Essen ausgenommen, war Er emsig beschäftigt,
Briefe aus vielen Ländern zu lesen und zu beantworten und auf die zahlreichen Vorkommnisse im
Haushalt und in der hl. Sache zu achten. Nachmittags schenkte Er sich gewöhnlich eine kleine
Erholung in Form eines Spaziergangs oder einer Spazierfahrt, aber auch hier hatte Er meist einen
oder zwei Begleiter bei Sich, oder eine Gesellschaft von Pilgern, mit denen Er sich über geistige
Dinge unterhalten konnte, oder Er fand auf dem
[Seite 41]
Wege Gelegenheit, einige Arme zu besuchen und für sie zu sorgen. Nach der Rückkehr berief
Er die Freunde zur gewöhnlichen Abendversammlung in Sein Zimmer. Beim zweiten Frühstück
wie bei der Hauptmahlzeit pflegte Er eine Anzahl Pilger und Freunde zu bewirten und Seine
Gäste sowohl mit frohen und lustigen Geschichten als auch mit köstlichen Gesprächen über die
verschiedensten Dinge zu erfreuen.
„Mein Heim ist das Heim des Lachens und der Fröhlichkeit“,
erklärte Er, und es war in der Tat so. Es freute Ihn, wenn Er Menschen der verschiedenen Rassen, Farben, Nationen und Religionen in Einigkeit und herzlicher Freundschaft um Seinen gastlichen Tisch versammeln konnte. Er war in der Tat ein liebender Vater nicht nur für die kleine Gemeinschaft in Haifa, sondern auch für die Baháigemeinschaft in der Welt.
Der Heimgang 'Abdu'l-Bahás.
'Abdu'l-Bahás mannigfaltige Tätigkeiten dauerten — mit einem kleinen Nachlassen -— trotz wachsender körperlicher Schwäche und Müdigkeit bis zum zweitletzten oder letzten Tag Seines Lebens. Am Freitag, den 25. November 1921, erledigte Er noch das Mittagsgebet in der Moschee in Haifa und verteilte nachher Almosen an die Armen mit eigener Hand, wie Er gewohnt war. Nach dem zweiten Frühstück diktierte Er einige Briefe. Als Er geruht hatte, erging Er sich im Garten und unterhielt sich mit dem Gärtner. Abends erteilte Er Seinen Segen und Seinen Rat einem geliebten Diener des Haushalts, der am selben Tage geheiratet hatte, und später hielt Er die übliche Versammlung der Freunde in Seinem Zimmer ab. Kaum drei Tage später, um 1.30 Uhr nach Mitternacht am Montag, den 28. November, erfolgte Sein Heimgang so friedevoll, daß es den zwei an seinem Bett wachenden Töchtern schien, als ob Er sich ruhig schlafen gelegt habe.
Die traurige Nachricht verbreitete sich bald in der Stadt und wurde in alle Teile der Welt gedrahtet. Am übernächsten Morgen (Mittwoch, 30. November) fand das Begräbnis statt: „ein Begräbnis, wie es in Haifa, ja in ganz Palästina sicherlich noch niemals dagewesen ist... so tief war der Schmerz, der viele Tausende von Trauernden, Vertretern von vielen Religionen, Rassen und Sprachen bewegte.
Der „High Commisioner“, Sir Herbert Samuel, der Gouverneur zu Jerusalem, der Gouverneur von Phönizien, die höchsten Staatsbeamten der Regierung, die Konsuln der verschiedenen Länder, die in Haifa wohnen, die Oberhäupter der verschiedenen religiösen Gemeinschaften, die „Notabeln" von Palästina, ferner Juden, Christen, Moslems, Drusen, Aegypter, Griechen, Türken, Kurden, eine Menge Seiner amerikanischen und europäischen Freunde, Fremde und Freunde Seines eigenen Landes, Männer, Frauen und Kinder von hohem und niederem Stand, alle, etwa zehntausend an der Zahl, beweinen den Verlust ihres geliebten Herrn... „O Gott, Du unser Gott!“ jammerte das Volk allenthalben einstimmig: "Unser Vater hat uns verlassen, unser Vater ist von uns gegangen!“
Sie schritten langsam den Weg zum Karmel, dem Berg Gottes hinan... Nach zweistündigem langsamem Marsch erreichten sie die Anlagen, in welchem das Grabgebäude des Báb sich befindet... Als sich die große Menschenmenge ringsum drängte, waren alle Herzen erfüllt von glühender Liebe zu 'Abdu'l-Bahá; etliche erhoben im Impuls des Augenblicks — oder auch vorbereitet — die Stimme in Trauer und Bedauern. Sie brachten ihre letzte Ehrenbezeugung und ihr Lebewohl ihrem Geliebten dar. Sie waren in ihrer Trauer noch so verbunden mit Ihm, dem weisen Erzieher und Berater der Menschen in der gegenwärtigen wirren und traurigen Zeit, daß es schien, als bliebe den Bahái nichts mehr zu sagen übrig.“
Neun Redner, alle hervorragende Vertreter der mohammedanischen, christlichen u. jüdischen Gemeinschaften, bezeugten beredt u. bewegend ihre Liebe und Bewunderung für das reine und edle Leben, das hier zu seinem Ende gekommen war. Dann wurde der Sarg langsam zu einem einfachen und geheiligten Ruheplatz verbracht.
Wahrlich, hier wurde der gebührende Tribut einem Manne gezollt, der Sein ganzes Leben lang gearbeitet hatte für die Einheit der Religionen, der Rassen, der Sprachen, ein Tribut und zugleich ein Beweis dafür, daß Sein Lebenswerk nicht vergebens war, daß die hohen Ziele von Bahá’u’lláh, von denen Er Seine Inspirationen erhielt, oder vielmehr, die Sein wahres Leben darstellten, bereits beginnen, die Welt zu durchdringen und die Schranken der Sekten und Kasten niederzureißen, die jahrhundertelang Mohammedaner, Christen, Juden und die andern verschiedenen Religionen einander entfremdet hatten, in die die Menschenfamilie gespalten war.
Schriften und Ansprachen.
Die Schriften von 'Abdu'l-Bahá sind sehr zahlreich, und man findet sie meist in der Form von
Briefen an Gläubige und Fragesteller. Eine große Menge Seiner Gespräche und Ansprachen wurden
ferner in Berichten wiedergegeben, und viele wurden veröffentlicht. Viele von den Tausenden
von Pilgern, die Ihn in Akka und Haifa besuchten, verfaßten Niederschriften von ihren Eindrücken
und viele dieser Berichte stehen jetzt gedruckt zur Verfügung.
[Seite 42]
Seine Lehren sind auf diese Weise überaus lückenlos erhalten, und sie erstrecken sich auf eine außerordentlich weite Strecke von Dingen. Mit vielen von den Problemen sowohl des Ostens wie des Westens befaßte Er Sich eindringlicher, als es Sein Vater getan hatte, und gab dabei mehr ins Einzelne gehende Gebrauchsanweisungen für die von Bahá’u’lláh allgemein niedergelegten Grundsätze. Ein Teil Seiner Schriften ist bis jetzt noch nicht in eine abendländische Sprache übersetzt worden, aber es stehen bereits genügend davon zur Verfügung, um eine tiefe und vollkommene Kenntnis von den wichtigsten Prinzipien Seiner Lehre zu vermitteln.
Er sprach persisch, arabisch und türkisch. Auf Seinen Reisen im Westen wurden Seine Gespräche und Ansprachen immer verdolmetscht, wobei sie sichtlich viel von ihrer Schönheit, Beredsamkeit und Kraft verloren, aber die Kraft des Geistes war derartig, die Seine Worte begleitete, daß sie auf alle, die ihn hörten, Eindruck machten.
Die Stufe von 'Abdu'l-Bahá.
Die einzigartige Stufe, die für 'Abdu'l-Bahá von der Gesegneten Vollkommenheit bestimmt wurde, ist zu ersehen aus folgendem aus ihrer Feder stammenden Tablet.
„In Seinem Namen, der hervorscheint vom Horizont der Macht! Wahrlich, die Zunge des Altehrwürdigen (d.i. Bahá’u’lláh, die Zunge Gottes) gibt den Menschen auf der Welt frohe Botschaften über das Erscheinen des Größten Namens, der Seinen Bund (d.i. ’Abdu’l-Bahá) unter den Völkern aufgerichtet hat. Wahrlich, Er stellt Mich selbst dar; Er ist der schimmernde Platz Meiner Identität (Wesenbeit), der Osten Meiner Heiligen Sache, der Himmel Meiner Güte, die See Meines Willens, die Lampe Meiner Führung, der Pfad Meiner Gerechtigkeit, die Standarte Meines Gesetzes.
Wer sich Ihm zugewendet hat, hat sich Meinem Antlitz zugewendet und wird erleuchtet durch die Lichter Meiner Schönheit, hat Meine Einheit anerkannt, und sich bekannt zu Meiner Einzigkeit.
Wer Ihn verleugnet, ist beraubt worden des Salsabils 4) Meiner Liebe des Kauthers 4) Meiner Gunst, des Kelchs Meiner Barmherzigkeit und des Weins, durch den dir Einfältigen angezogen worden sind und die, die an den einzigen Gott glauben, ihre Zuflucht genommen haben in die Luft Meines Wohlwollens, die niemand kennen gelernt hat als der, den Ich gelehrt habe, was in Meinem Verborgenen Tablet geoffenbart worden ist.“
Uebersetzt von Mirza Valiyyu’llah Khan Varga von Teheran, Persien.
In diesem Tablet wird die mystische Einheit zwischen Bahá’u’lláh und 'Abdu'l-Bahá auffallend bekräftigt in den Worten:
„Er ist Ich selbst.“
Die Gesegnete Schönheit sprach in derselben Weise vom Báb. In den Suratu’l-Haikal sagt Er:
„Wäre der erste Punkt (der Báb) etwas anderes neben Mir gewesen, wie ihr behauptet, und hätte er das Ereignis Meiner Erscheinung erlebt, wahrlich, er hätte mich nie verlassen, sondern wir würden miteinander gemeinschaftliche Wonnen in Meinen Tagen genossen haben.“
Das Tablett kündet klar, daß der Geist, der 'Abdu'l-Bahá beseelt, u. beeinflußt, der der „Gesegneten Vollkommenheit“ selbst ist, und daß, was immer 'Abdu'l-Bahá sagte oder tat hingenommen werden muß mit dem gleichen Glauben wie die unmittelbare Aeußerung der Manifestation selbst.
'Abdu'l-Bahá selhst erhob keinen Anspruch auf unabhängige Prophetenschaft. Die Offenbarung, die Er verkündet, ist die Bahá’u’lláhs. Er it nur wie der klare Spiegel, der das Licht von Bahá’u’lláh zurückwirft, der „willige Kanal“ für die Uebermittlung des aus der Manifestation ausströmenden Heiligen Geistes an die Welt. Manche haben gesucht, Ihn als den wiedergekehrten Christus anzusehen. Mit Beziehung auf diese Frage schrieb Er an verschiedene Gläubige in Amerika Folgendes:
„Ihr habt geschrieben, daß es einen Zwiespalt unter den Gläubigen gibt, wegen des zweiten Kommens Christi! Preis sei, Gott! Diese Frage ist schon hin und wieder aufgetaucht, und die Antwort darauf ist in klarer und unwiderleglicher Weise von der Feder 'Abdu'l-Bahás geflossen. Wer in den Prophezeiungen unter dem "Herrn der Heerscharen“ und dem ‚„Verheißenen Christus“ gemeint ist, das ist die "Gesegnete Vollkommenheit“ und Seine Hoheit der Erhabenste (der Báb).
„Mein Name ist 'Abdu'l-Bahá, meine Wirklichkeit ist 'Abdu'l-Bahá, mein Lob ist 'Abdu'l-Bahá.
Die Knechtschaft für die Gesegnete Vollkommenheit ist mein herrliches und glänzendes Diadem,
und der Dienst für das ganze Menschengeschlecht ist meine beständige Religion. Durch die Gnade
und die Gunst der Gesegneten Vollkommenheit ist 'Abdu'l-Bahá die Fahne des Größten [Seite 43]
Friedens, die von der erhabensten Spitze flattert; und durch das Geschenk des Größten Namens
ist er die Lampe der Allgemeinen Erlösung, die brennt mit der Liebe Gottes.
Der Herold des Königreichs ist er, damit er das Volk des Ostens und des Westens
erwecke. Er ist die Stimme der Freundschaft, Aufrichtigkeit, Wahrheit und Versöhnung
und wirkt so auf allen Gebieten neubelebend. Keinen Namen, keinen Titel,
keine Erwähnung, kein Lob hat er, noch wird er je haben, außer 'Abdu'l-Bahá, der
Diener Bahás. Dies ist meine Sehnsucht; dies ist mein größtes Sehnen. Die ist mein
ewiges Leben. Dies ist mein unvergänglicher Ruhm! Daher müssen die Freunde
Gottes 'Abdu'l-Bahá helfen und ihn unterstützen in der Anbetung des Einen Wahren,
im Dienst an der Menschheit und an der Wohlfahrt der menschlichen Welt,
in göttlicher Liebe und Freundlichkeit...
O, ihr Freunde Gottes! 'Abdu'l-Bahá ist die Manifestation der Knechtschaft und nicht die von Christus. Er ist der Diener des Menschenreichs, kein „Fürst“. Nichtexistierend ist er, nicht „existierend“. Reine Nichtigkeit ist er und nicht der „Ewige Herr“. Niemand darf glauben, daß in 'Abdu'l-Bahá das „Zweite Kommen Christi" sich verwirkliche, nein, vielmehr, man muß glauben, daß er die Offenbarung des Dienstes ist, der Hauptquell der Einheit der menschlichen Welt, der Herold des Einen Wahren, dessen geistige Macht alle Gebiete umfaßt, der Ausleger des Buchs nach seinem göttlichen Text, und die Erlösung eines jeden der Gläubigen Gottes in dieser vergänglichen Welt.
Drucket dies Tablet und verbreitet es über alle Länder.“
Tablets von 'Abdu'l-Bahá Bd. II, S. 429.
4) Salsabile und Kauther sind die Namen von zwei Flüssen im Paradies.
Beispiel für ein Bahai-Leben.
Bahá’u’lláh war hauptsächlich der Offenbarer des Worts. Seine vierzigjährige Einkerkerung gab Ihm nur beschränkte Gelegenheit zum Verkehr mit Seinen Mitmenschen. 'Abdu'l-Bahá fiel daher die wichtige Aufgabe zu, ein lebendes Beispiel von der Offenbarung zu werden, der Vollbringer des Worts, das Große Beispiel des Baháilebens in wirklicher Fühlung mit der Welt von heute, in den verschiedensten Phasen ihrer tausenderlei Tätigkeiten. Er zeigte, daß es immer möglich ist, mitten im Strudel und der Hast des modernen Lebens, inmitten der Eigenliebe und dem Ringen nach äußerem Wohlstand, das überall herrscht, das Leben in vollkommener Ergebenheit in Gott u. des Dienstes an den Mitmenschen zu leben, das Christus und Bahá’u’lláh und alle Propheten von den Menschen gefordert haben. In Prüfungen und Wechselfällen, Schwierigkeiten und Verrat auf der einen Seite, in Liebe, Lobpreis, Ergebenheit und Verehrung auf der andern stand er einem Leuchtturm gleich, gegründet auf Felsen, um den die Winterstürme wüten und das sommerliche Meer spielt, wobei Sein Gleichgewicht und Seine Ruhe immer fest und unerschüttert bleiben. Er lebte ein Leben des Glaubens, und forderte Seine Nachfolger auf, es hier und jetzt nachzuleben. Er hißte inmitten einer kriegerischen Welt das Banner der Einheit und des Friedens, die Standarte einer neuen Zeit, und Er beseelt die, die Ihm zu Hilfe eilen, mit dem Geist des neuen Tages. Es ist derselbe Heilige Geist, der die Propheten und die Heiligen des Altertums beseelte, aber es ist eine neue Ausgießung dieses Geistes, angepaßt den Bedürfnissen der neuen Zeit.
Qurratu’l-Ayn und ihr Lehrer.
(Jinab-i-Avarih’s Ansprachen in London.)
Zusammengestellt von Dr. Lotfullah S. Hakim. Aus „The Dawn“, Birma, I. u. II. Jahrgang.
(Fortsetzung.) Uebersetzt von H. Küstner.
Große Aufregung herrschte an diesem Tag unter den Gläubigen. Einige bemerkten: "Qurratu’l-Ayn ist rasend geworden“, andere sagten, „Qurratu’l-Ayn hat vollkommen recht“. Aber die das sagten, daß sie recht habe, waren in der Minderheit. Am Tage, als dies geschah, war Quddus nicht da, und Baha’u’lláh litt an einem Fieberanfall, weshalb Er in seinem Zelte blieb.
Als die Nachricht von diesem aufregenden Vorfall zu Quddus gelangte, war er zuerst ganz erstaunt und bemerkte: „Es ist ganz seltsam. Ich kenne sie als eine sehr gute Frau. Warum tut sie dergleichen?“ Dann wandte er sich zu den gerade Anwesenden und sagte: „Denkt ihr nicht auch, daß sie recht hat?“ Aber während er sprach, blickte er in die Augen der Leute und beobachtete die Wirkung seiner Worte auf sie. Er merkte, daß manche von ihnen ganz gleichgültig waren, während andere sich mürrisch und zornig zeigten. Da ging er zu etwas anderem über und sagte: „Wir müssen die Sache gründlich erforschen.“
Die Auseinandersetzung darüber zog sich verschiedene Tage hin und wurde ganz hitzig. Die
Lage wurde so schwierig und gefährlich, daß viele der Jünger gerne weggegangen wären.
[Seite 44]
Manche sagten schließlich: „Wir wollen sie töten“. Manche erklärten, daß die Gesetze und die
Lehren von Mohammed sich nicht ändern würden, solange die Welt bestehe. Als Baha’u’lláh
sah, daß hier eine große Bitterkeit der Gefühle und Aufregung unter den Freunden im Anzuge
sei, berief er eines Abends eine Versammlung in sein Zelt, um mit Quddus und Qurratu’l-Ayn
Rats zu pflegen. Der Zweck der Zusammenkunft war, sich darüber zu besprechen, wie man
zeigen könne, daß viele der Leute im Geheimen die gleiche Ansicht hätten, wie Qurratu’l-Ayn;
man entschied, daß Qurratu’l-Ayn nochmals offen zu ihnen sprechen sollte, um ihnen zu beweisen,
daß sie nicht im Unrecht sei. Man traf die Anordnung, bei der Versammlung solle Qurratu’l-Ayn
zwei Männer zu Quddus senden, die zu ihm sagen sollten, entweder solle er zu ihr kommen und
ihr erlauben, ihm zu beweisen, daß sie Recht habe, oder man solle sie töten.
Sie hielten die Versammlung am nächsten Tag ab,.. Alle, die zu Qurratu’l-Ayn standen, billigten ihre Ansichten, und zwei Männer traten zu Quddus, während seine Gefährten bei ihm waren. Diese zwei Männer sagten: „Wir kommen von Qurratu’l-Ayn und bringen von ihr Botschaft: Entweder Du kommst und erlaubst ihr, Dir zu beweisen, daß sie recht hat, oder Du beweisest uns, daß Du recht hast, und tötest uns hier.“ Quddus sagte: „Ich habe keine Lust, jemand zu töten, ich bin vielmehr bereit, mein eigenes Haupt dahinzugeben, wenn ihr es wollt. Es liegt kein Verdienst darin, zu töten oder getötet zu werden, wegen bloßer Meinungsverschiedenheiten. Laßt uns leidenschaftslos und ohne Vorurteil die Sache erörtern und erforschen.“ Dann wandte er sich zu seinen Schülern und fragte: „Was meint ihr dazu?“
Alle die Jünger waren einmütig damit einverstanden, zu Qurratu’l-Ayns Versammlung zu gehen und die Angelegenheit zu Ende zu bringen. Quddus und seine Schüler gingen zu der Versammlung von Qurratu’l-Ayn und man legte ihr viele verwickelte Fragen vor, welche sie mit großer Geschicklichleit beantwortete. Trotzdem waren die Gläubigen, die bei Quddus waren, nicht zufriedengestellt, und das Ergebnis war, daß noch größere Aufregung herrschte als vorher.
In diesem Augenblick trat Baha’u’lláh zu der Versammlung mit dem Heiligen Quran in der Hand. Augenblicklich stockte Rede und Gegenrede, und alle erhoben sich, ihn zu begrüßen. Er redete sie an, indem er fragte: „Zu welchem Beweis soll dies führen?“ Sie machten ihn sofort mit der Angelegenheit bekannt. Er sagte: „Ihr dürft nicht miteinander streiten. Gott hat diese Sache bereits klargelegt im Buche des Quran.“ Im Verlauf der Erörterung wies Baha’u’lláh auf verschiedene Stellen im Quran hin, die zeigten, daß beim Erscheinen einer jeden Manifestation die äußerlichen Formen, Gebräuche und Zeremonien, die zufälligerweise mit der Religion in Verbindung gebracht worden seien, entsprechend den Bedürfnissen der Zeit und den Erfordernissen der Menschen geändert würden, zu deren Umgestaltung die Manifestation erscheine. Als er dies darlegte, äußerte niemand ein einziges Wort dagegen. Die meisten der Jünger folgten Qurratu’l-Ayn und erklärten, daß sie recht habe. Noch gab es aber einige, die ihr in scharfer Gegnerschaft entgegentraten. Unter denen, die noch gegen sie waren, war einer namens Sejid Ali Schobbar, der den Rat gab, er wolle einen Brief an den Báb in die Festung Maku schreiben und ihn um seine volle Ansicht über die Sache bitten. Dementsprechend ging ein Brief ab, der Bescheid kam alsbald und der Báb gab darin Qurratu’l-Ayn den Titel von „Tahirih“, der „Reinen“. Dies bewies endgültig, daß Qurratu’l-Ayn, als sie solcherart handelte, von einem reinen und lichten Beweggrund getrieben wurde, einem Beweggrund, der zu hoch und zu vornehm war, um in einem verdorbenen Zeitalter von verdorbenen Menschen begriffen zu werden, die inmitten einer verdorbenen Umgebung aufgewachsen waren. Es verbleibt der Nachwelt, den wahren Wert ihrer Handlung zu würdigen, zu würdigen die Höhe ihrer Sitten, und über allem, ihr hohes Ideal, daß sie nicht zögerte zu predigen, als auch offen zu betätigen, sogar unter Einsatz ihres Lebens. Ihr lehrreicher Verweis an die irrende Zuhörerschaft, als der Teppich plötzlich fiel, drückte das Motto dieser Bewegung aus: universale Vaterschaft Gottes und universale Bruderschaft der Menschen. Es sollte keinen Schleier mehr geben zwischen Brüdern und Schwestern; aber ein Schleier ist durchaus notwendig, solange die genaue Bedeutung dieses Ideals von der universalen Bruderschaft nicht allgemein verwirklicht ist, solange als wir unfähig sind, die große Idee zu begreifen, daß die Welt eine weite menschliche Familie ist.
In dem erwähnten Brief sagte der Báb voraus, daß es unter Gläubigen einige Schwankende geben werde; und so wurde es. Einige derer, die von der Sache abfielen, wurden die Ursache großer Not für die Freunde, und waren daran schuld, daß die Besitztümer vieler Anhänger, besonders der Freunde von Qurratu’l-Ayn, geplündert wurden.
Bald nach diesem Ereignis reisten Qurratu’l-Ayn und Quddus nach Masenderan, während Baha’u’lláh sich nach Teheran begab.
In Masenderan gewannen Qurratu’l-Ayn und Quddus eine große Zahl Leute für die Sache.
Die erstere begab sich dann mit dem
[Seite 45]
"Tor zum Tor“ (Bábu’l-Báb, Mulla Hussein Buschrui) nach Korassan und hatte auch hier den Erfolg, eine
große Anzahl Menschen für die Lehren des Báb zu begeistern. Mittlerweile kehrte Baha’u’lláh von
Badascht geradenwegs nach Teheran zurück; Qurratu’l-Ayn und Er blieben für einige Zeit getrennt.
Um diese Zeit starb Muhammed Schah, und die Zügel der Regierung kamen in die Hände von Nassr-ed-din Schah. Obgleich während der Regierung von Mohammed Schah manches Eigentum der Babis eingezogen worden war, so waren die Fälle von Märtyrertum doch nur vereinzelt; dies war darauf zurückzuführen, daß Mohammed Schah, der eine große Ehrfurcht vor den Sejids (Nachkommen des Propheten) hatte, außerordentlich davor zurückschreckte, den Báb, (der ein Sejid war) zu töten oder ihm oder seinen Nachfolgern irgend eine körperliche Unbill zuzufügen, obgleich er auf dringenden Wunsch des Erstministers den Bab auf der Festung Maku gefangen gesetzt hatte.
Von Korassan begab sich Qurratu’l-Ayn wieder nach Teheran, wo sie und Baha’u’lláh noch einmal miteinander in Berührung kamen. Es mag hier vermerkt werden, daß unsere Erzählung von Qurratu’l-Ayns Reisen nach Hamadan, Qaswin, Teheran, Badascht, Masenderan, Korassan und wieder zurück nach Teheran bis zu der Zeit, wo sie mit Baha’u’lláh wieder in Berührung kam, eine Zeitspanne von vier Jahren umfaßt.
Laßt uns nun sehen, was vor sich ging, als Qurratu’l-Ayn nach Teheran kam und wie sie es bewerkstelligte, Baha’u’lláh zu sehen. Wir haben oben gesehen, daß einige von Bábs Jüngern samt Qurratu’l-Ayn, versuchen wollten, diesen aus der Festung Maku zu befreien. Sie hatten dabei keinen Erfolg. Qurratu’l-Ayn faßte dann den Entschluß, sich selbst in die Festung Maku zu begeben und den Báb in seinem Gefängnis aufzusuchen. Sie hatte sich schon lange gesehnt, den Báb zu sehen, Seine Bücher und Schriften und besonders seine Briefe an sie verstärkten diesen Wunsch in ihr außerordentlich. Der Briefwechsel wurde im Gefängnis durch solche Gefängnisbeamte besorgt, die dem Báb zugetan waren. Obgleich sie den Báb nie zuvor gesehen hatte, hatte sie doch keinen andern Gedanken, als wie sie ihn sehen könnte. Wenn auch müde vom Schreiben zahlreicher Briefe an ihre Freunde, mußte sie doch nachts unausgesetzt an den Báb und seine Leiden denken. Die Gedichte, die sie schrieb, waren so rührend und so voll Gefühl, daß sie ein klares Bild der starken Zärtlichkeit ihrer Gefühle für den Báb und für die ungerechten Verfolgungen boten, denen er ausgesetzt war. Sie empfand auch sehr stark ihre Trennung von Baha’u’lláh; dies besonders, weil sie, seit sie mit Baha’u’lláh beisammen gewesen war, begann, mit großer Achtung und Verehrung an Ihn zu denken und weil Er ihr als die einzige Persönlichkeit erschien, die befähigt war, später den Platz des Báb einzunehmen und die Gemeinschaft zu leiten.
Um diese Zeit kam Bábu’l-Báb mit etwa dreihundert der Jünger von Korassan nach Masenderan mit der Absicht, den Báb aus seiner Gefangenschaft in der Festung Maku zu befreien. Eben zu dieser Zeit starb Schah Mohammed. Die Nachricht von seinem Tode verursachte große Verwirrung und so kam es, daß eine große Anzahl der Jünger von den Truppen des Schah etwa fünfzehn Meilen von diesem Ort entfernt, gefangen genommen wurden. Sie wurden in einer Festung eingeschlossen, die man Festung von Tabarsi nannte. Die Geschichte dieses Angriffs ist zu lang, um hier berichtet zu werden.
Diejenigen der Freunde, die von dieser Gefangennahme vernahmen, taten ihr Bestes, in die Festung von Tabarsi zu gelangen und sich zu verteidigen.
Damals verließ Qurratu’l-Ayn Masenderan und kam nach Teheran. Diejenigen, die versucht hatten, sich mit ihren Freunden in dieser Befestigung zu vereinigen, wurden daran von den Soldaten des Schah verhindert, die sie entweder zu Gefangenen machten oder sie zurücktrieben.
Nahe bei Maseuderan traf Bahá’u’lláh Qurratu’l-Ayn, als sie auf dem Wege nach Teheran war. Man sagt, daß damals Qurratu’l-Ayn ihre Absicht offenbarte, als Mann verkleidet in die Befestigung zu gehen und zu fechten, aber Bahá’u’lláh redete ihr dieses Vorhaben aus. Er sagte ihr: „Sie lassen keinen Menschen in die Befestigung hinein. Wie könntest du da hineinkommen? Ueberdies ist Krieg und Streit niemand zu wünschen, besonders nicht den Frauen. Frauen vor allem dürfen keine Kämpfer sein. Nein, unser Heiliges Licht kam, um den Krieg abzuschaffen.“
Dies war die erste Gelegenheit, bei der man von Bahá’u’lláhs Lippen hörte, daß es in der Zukunft keinen Krieg geben werde. Bis zu jener Zeit glaubten die Bábis, daß Krieg gut für die Religion sei. Bahá’u’lláh erklärte ihnen: „Krieg ist positiv Sünde; er ist nicht gut für irgend eine Religion, und man sollte mit ihm ein Ende machen.“ Es mag bemerkt werden, daß dieses Verbot des Krieges von Bahá’u’lláh niedergelegt wurde, als er noch nicht irgend welche religiöse Macht erlangt hatte.
Und so brachte er Qurratu’l-Ayn mit sich zurück nach Teheran.
Von dieser Zeit bis zum Märtyrertum des Báb gab es oft und viel Störungen und Unruhen in
ganz Persien zwischen den Bábis und Mohammedanern.
[Seite 46]
Es gab viel Kampf, und drei große Schlachten wurden geschlagen, nämlich die
Schlacht bei der Festung Tabarsi, Festung Zanjan und Festung Neyris, wobei in jeder eine große
Zahl von Menschen auf beiden Seiten den Tod fanden. Ein Jahr nach diesen Geschehnissen erlitt
der Báb den Märtyrertod, nur die Schlacht von Neyris fand nach des Bábs Märtyrertod statt.
Wir wollen diesen Gegenstand verlassen und sehen, wie Qurratu’l-Ayn in die Hände der Regierung fiel. Eins ist sicher, daß, wäre Bahá’u’lláh in Teheran gewesen, Er nicht zugegeben hätte, daß sie gefangen genommen worden wäre. Sie wurde gefangen genommen zu einer Zeit, als Bahá’u’lláh eine Pilgerreise nach Kerbela machte. Als der Báb getötet war, strengte die Regierung in ganz Persien alle Kräfte an, der Jünger des Báb habhaft zu werden, um sie zu töten. Bis jetzt waren nur die Mullas und die religiösen Führer gegen die Bábis gewesen, aber nach des Bábs Märtyrertod verband sich die Staatsregierung mit ihnen, und die Streitkräfte der Regierung standen in ganz Persien in Waffen gegen sie. Sie hatten alle ein scharfes Augenmerk auf Bahá’u’lláh, den sie gern getötet hätten; aber die Minister, die große Freunde von Ihm u. von Seinem Vater waren, drängten in Ihn, Teheran zu verlassen, Er würde sonst ein Opfer von des Schahs Zorn. Bahá’u’lláh reiste von Teheran nach Kerbela. Er wählte Kerbela, weil er eine bestimmte Absicht im Auge hatte. Nach außen hin machte Er eine Pilgerreise nach Kerbela mit des Schahs Erlaubnis, die wirkliche Absicht Seiner Reise aber war, wie später zu Tage trat, mit den Schülern und Jüngern des Scheik und des Sejid zusammenzukommen, die damals treue Anhänger des Báb waren und eifrig nach der Erscheinung des Höheren und Größeren ausschauten, den der Báb verheißen hatte.
(Forts. folgt.)
The unveiling of the Monument to Dr. L. L. Zamenhof.
(by Martha L. Root.)
Solemn and never to be forgotten was the unveiling of the beautiful monument which has been placed in the Hebrew cemetery in Warsaw, Poland, in honor of Dr. Ludovico Lazaro Zamenhof, the creator of Esperanto. It has been given by the devoted Esperanlists of the whole world, a simple, grey, granite, art-creation, designed by a Polish artist, Mr. M. Lubelski and made in Aberdeen, Scotland. It is most satisfying in color, form and proportion; it seems to breathe forih the spirit of „Esperantism“ which is the inner idea of this language of world brotherhood.
The ceremony of unveiling took place at eleven o’clock in the morning of April ı8, 1926. Delegates came from many Polish cities and some from other lands. Before the hour, the section close to the large entrance gate for the resting place is near the front of the cemetery, was thronged with a great thoughtful, expectant, silent assemblage of people who loved their great master, and had come to honor his memory. Then the family, delegates and others came and standing room was made for them on the terrace beside the monument. Mry. Stanislaw Essigman, President of the Local Monument Committee arranged everything splendidly. Honor guards from the Student Esperanto Organisations holding high the Esperanto standards, stood on each side and behind the monument and during the singing of the opening hymn by the Esperantist young people, trained by the direc:or of the Warsaw Opera Company, all these Esperanto flags were held at half-mast. Mr. Kssigman spoke first; then Professor Bujvid of Cracow as representative of the International Central Esperanto Committee spoke and he was followed by several other professors of various universities, the Mayor of Warsaw, a arrepresentative of the Physicians’ Societies of the Polish Republic.
Then Dr. Adam Zamenhof, son of the author of Esperanto in the name of the family stepped forward with the first immense wreath; others followed with other great wreaths, and as each deligate placed his flowers, he spoke a few words of apprceciation. A representative from the Universal Esperanto Association spoke from the heart. A youth from Bialystok Zamenhof’s native city, spoke eloquently, then followed short talks by Warsaw poets, orators and statesmen from other cities and other lands; they came forward one after the other in a long row bearing garlands of flowers and offering homage to one of the greatest workers for humanity in this century.
The writer, as delegate of the Bahái Movement, placing white roses similar to those which grew in 'Abdu'l-Bahá’s garden in Haifa, Palestine, spoke to the people the message of love and esteem from Shoghi Effendi, guardian of the Bahái Cause and the greeting of the Baháis of the world.
It was significant that all speeches extolled
[Seite 47]
the spirit of Esperantism, its power to make the world „one great family gathering“.
Certainly it looked as if the „millenium“ had come in that little corner of the
universe! There they stood together men, women and children of many races, many
languages, many religions, but they were united in brotherhood through the inner
idea of this language of love and they could speak one to the other through its outer
form Esperanto.
All during the speeches, and before and afterwards several photographers from newspapers and the film photographers took photographs of this international „moving picture" which shows how the peace of the world will be obtained in the future.
A large reception called an „Academy“ was helt at five o’clock in the afternoon in the home of this genius and all felt a thrill to walk up those steps where he had so often walked and visit the room where he had done much of his life-work. Dr. Zamenhof was not only the creator of a world language which has stood the test of thirtynine years and has steadily progressed, approved by educators and thinkers in every land, but he was also a great poet and a great humanitarian who tried even during the war, to convene a Universal Religious Congress; his illness and death prevented its fulfilment. Dr. Zamenhof also was a great eye-specialist, and as one wandered about his great office now occupied by his son Dr. Adam Zamenhof also an eye-specialist, one felt it is not a small service to humanity that for many years Dr. Zamenhof gave sight to the eye-sufferers who daily came to him. How many thousands of men he fitted with proper glasses!
His office contains, besides all the instruments and paraphernalia, a set of Esperanto books from the first leaflets to the last volumes, certainly it is the most interesting Esperanto library in the world. Here, there, everywhere in the office are gifts, Esperanto flags and banners, pictures of world Esperanto Congresses. Mr. Joseph Gabowicz, one of the best sculptors of Poland has made a bust of Dr. Zamenhof which is so like him, that as it stood on the piano and the friends filling the room sang the „La Espero“ it seemed as if the figure moved and lived; Dr. Zamenhof spirit was in their midst.
During the evening Mr. Leo Belmont poet and silvertongued orator spoke of Dr. Zamenhof’s work, his sufferings and the fruits of his great idealism. Then the writer of this article was invited to speak about the „Bahái-Movement“ as one form of homaranismo. She gave the words of 'Abdu'l-Bahá about Dr. Zamenhof and Esperanto, and the exact words of Dr. Zamenhof about 'Abdu'l-Bahá and the Bahái Movement. Dr. Zamenhof said: „The personality of 'Abdu'l-Bahá and his work I esteem most highly, I see in him one of the greatest benefactors of the whole human race.“ Dr. Zamenhof also said in an interview in London in September 1913: „We take great interest in the Bahái Movement, for it is one of the great world movements which the same as our own insists on the brotherhood of humanity and calls on men to understand one another and to learn love, one from the other. The Baháis understand the inner idea of Esperanto better than the majority of other men.“ In the same interview he said that the Baháis will take the language to many places where ordinary European propagandists will never go. Afterwards the youngest daughter of Dr. Zamenhof Miss Lydia Zamenhof said: „It seems to me that Esperanto is only a school in which future Baháis educate themselves. The Bahái Movement is a forward step, it is larger.“
The director of the Opera Company sang, the brother of Dr. Zamenhof, Dr. Leon Zamenhof spoke on Esperantism; Mrs. Essigman sang in Esperanto several songs from Beethoven and Schubert; Dr. Edinond Privat, President of the Universal Esperanto Association, sent a beautiful telegram from Geneva, Switzerland. Dr. Privat's book „Ihe Life of Dr. Zamenhof“, in Esperanto is the best that has ever been written about the creator of Esperanto and Dr. Privat is loved by the Esperantists of the whole world. There were very many other telegrams from NewYork, Portugal, Spain, Sweden, Finland, France, Germany, and hundreds of letters and postcards.
How many thousands of people would love to have been present and seen this new monument
of Dr. Zamenhof, met his brothers and sisters and his son and two daughters
and visited the sacred rooms where he lived and worked. It is to tell them about it
that this article is written; but no story would be complete did it not close by adding:
no one could realize Dr. Zamenhof’s
[Seite 48]
simple great life, his profound love and consuming desire for world brotherhood
without wishing to be like him. One would like to be like him, very sincere, very modest,
very true to the highest, spiritual ideals of brotherhood; and like him to follow
the mystic upward urge with faithful work trough health, through sickness, even to
the day of passing on.
The words of Carlyle fit the life of Dr. Zamenhof: „One man who possesses a higher Wisdom, a hitherts to unknown spiritual truth is stronger, not than ten men who have it not nor than ten thousand but he is more powerful than all men who have it not! He stands among them with an ethereal and angelic power, as if possessing a sword from heaven!“
Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher S. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 35
In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10
5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Baha o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--
8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,
in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,
in Halbleinen geb. . . . . 4.--
In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps.
Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. "Deutsch von Wilhelm Herrigel —.50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20
18. Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60
Der Versand erfolgt gegen Nachnahme oder gegen Voreinsendung des Betrages.
Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.
Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.)
�