Sonne der Wahrheit/Jahrgang 5/Heft 7/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft VII SEPT. 1925
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


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Die Hauptpunkte der Bahailehre
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1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.



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SONNE    DER  WAHRHEIT
Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig
Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark.
Heft 7 Stuttgart, im September 1925 5. Jahrgang

Inhalt: O du treuer Diener des Wahrhaftigen! — An einen Pilger über Liebe. — Ueberlieferte Beweise, erläutert durch Beispiele aus dem Buche Daniels. — Aufruf ’Abdu’l-Bahás. — Die Nähe Gottes. - Sieg über den Aberglauben. — Kunveno te ’Abdu’l-Baha. — My visit in Mergentheim. — Trauernachricht. — Buchveröffentlichung. — Mitteilung vom Verlag.



Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


„Sei gleich einer Arterie, die in der erschaffenen Welt pulsiert, daß durch die Hitze, die durch den Umlauf geschaffen wird, die Herzen der Zögernden belebt werden.“

'Abdu'l-Bahá

„Gehe durch die Welt mit der Macht des Größten Namens“.

Baha’u’lláh.



Er ist der Erhabenste, der Höchste.


Wenn auch die Schönheit des größten Namens, das Licht des ewigen Glanzes, (möge mein Leben ein Opfer für Seine Geliebten sein), vor unseren sterblichen Augen verhüllt ist, so wird doch die hilfreiche Macht des Gnadenvollen immer währen und Seine Göttliche Hilfe wird allen bis in Ewigkeit zuteil werden.

Wende dein Antlitz dem unsichtbaren Königreich zu, daß du den belebenden Geist Bahás schauen mögest, und höre die Stimme, die dich von den Himmeln des Allmächtigen, aus dem Reich des ewigen Ruhmes, ruft.

Nicht lange mehr und du wirst mit deinen eigenen Augen sehen, wie die Göttliche Macht des Gnadenreichen selbst als der Geist des Lebens in jedem Körper der ganzen Menschheit pulsieren wird.


(sig.) 'Abdu'l-Bahá Abbás.


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O du treuer Diener des Wahrhaftigen!

Ich höre, Du bist betrübt und unglücklich über die Ereignisse in der Welt und über die Unbeständigkeit des Glücks! Warum bist Du in solcher Angst und Sorge? Die wahren Freunde der Herrlichkeit Gottes und diejenigen, welche aus diesem Kelch getrunken haben, fürchten kein Unglück, noch fühlen sie sich in der Stunde der Prüfung niedergeschlagen; sie betrachten das Feuer der Gegner als ihren Lustgarten, die Tiefen des Meeres als die Weiten des Himmels.

Du, der Du unter dem Schutze Gottes stehst und unter dem Schatten Seines Baumes weilest, warum sorgst und grämst Du Dich? Sei ruhig und vertraue. Erfülle die Gebote des Herrn mit Ruhe und Freude, mit Ernst und Aufrichtigkeit und sei Du der Erwartete Deines Landes und Deiner Regierung. Seine Gnade wird mit Dir sein zu allen Zeiten. Sein Segen wird auf Dir ruhen und Deines Herzens Wunsch wird erfüllt werden. — Bei der göttlichen Schönheit, (möge mein Leben ein Opfer werden für Seine Geliebten), könnten die Freunde sich vorstellen, was für eine ruhmreiche Herrschaft der Herr für Sein Königreich bestimmt hat, sie würden sicherlich von Entzücken erfüllt sein und würden sich mit unsterblichem Ruhm gekrönt sehen und wären von Wonne erfüllt. Nicht lange mehr und es wird offenbar werden, wie glänzend das herrliche Licht Seiner göttlichen Fürsorge und Gnade denjenigen leuchten wird, die Ihn lieben, und was für ein wogender Ozean über ihr Herz fluten wird. Alsdann werden sie ausrufen: „Wir sind glücklich, alles was da lebt soll sich mit uns freuen“.

(sig.) 'Abdu'l-Bahá.



An einen Pilger über Liebe.

Die Liebe ist geistiger Natur, sie ist eine seelische Bewegung, die sich auch auf den Körper auswirkt. — Liebe vermag das Herz zu entflammen, sie bringt Tränen in die Augen, sie erschüttert den Körper und das Gemüt und verursacht Schlaflosigkeit.

Es gibt zweierlei Arten von Liebe; der Vogel liebt seinen Gefährten und die sanfte Taube ihre jungen. Dieselben Eigenschaften besitzt auch der Mensch und noch größere dazu. Animalische Liebe hat kein bleibendes Fundament und wird bald vergehen. Manchmal liebt der Mensch um der Liebe zu Gott, das ist eine andere Art von Liebe. Liebst du eine Person wegen ihrer Persönlichkeit, so gehört dies zur animalischen Liebe, wenn du aber die Tugenden liebst, die ein menschliches Wesen besitzt, weil es Gott gefällig ist, dann ist es eine andere Art menschlicher Liebe. Aber auch diese wird vergehen und es ist möglich, daß sie sich sehr verändert und oft in das Gegenteil umschlägt.

Geistige Liebe aber, die Liebe Gottes, ist eine Gnade Gottes und wird nie vergehen. Wir jedoch lieben jedermann, da wir alle in der „Gesegneten Vollkommenheit“ vereinigt sind. Würden wir Ihn nicht kennen, so würden wir nie alle Menschen geliebt haben, denn wir sind aus verschiedenen Ländern und haben verschiedene Sitten; wortlos lieben wir einander, denn unsere Liebe ist göttlichen Ursprungs und sie wird sich weder in dieser, noch in der kommenden Welt verändern; dies verspreche ich Dir.

(sig.) 'Abdu'l-Bahá Abbas.



Ueberlieferte Beweise, erläutert durch Beispiele aus dem Buche Daniels.

Aus „Some answered Questions“. (Uebersetzt von Wilhelm Herrigel.) (Schluß)

Daniel nun bezieht sich besonders auf den dritten Erlaß, der im Jahre 457 herauskam. 70 Wochen geben 490 Tage. Den heiligen Büchern gemäß ist jeder Tag für ein Jahr zu rechnen, denn in der Bibel steht: „Je ein Tag soll ein Jahr gelten“ (4. Mose 14, 34, siehe auch Hezech. 4,5—6). Deshalb sind 490 Tage 490 Jahre. Der dritte Erlaß des Königs Arthasastha wurde 457 Jahre vor der [Seite 99] Geburt Christi gegeben, und als Christus gekreuzigt wurde und sich zum Himmel erhob, war er 33 Jahre alt. Wenn diese 33 Jahre den 457 Jahren hinzugerechnet werden, ist das Resultat 490, was die Zeit ist, die Daniel für die Offenbarung Gottes in Christus voraussagte.

im 25. Vers des 9. Kap. im Buche Daniels ist dies in einer anderen Art zum Ausdruck gebracht: Es sind da sieben Wochen und 62 Wochen erwähnt und dies weicht anscheinend von der ersten Darstellung ab.

Manche Leute wurden durch diese Differenz verwirrt und versuchten diese zwei Darstellungen miteinander in Uebereinstimmung zu bringen. Wie können 70 Wochen an einer Stelle und 62 Wochen und 7 Wochen an einer anderen Stelle richtig sein? Diese zwei Darstellungen stimmen nicht überein.

Aber Daniel erwähnte zwei Daten. Eins dieser Daten beginnt mit dem Befehl Arthasasthas an Esra, daß er Jerusalem wieder erbauen soll; dies sind die 70 Wochen, welche mit der Himmelfahrt Christi zu Ende gingen, nachdem durch seine Kreuzigung das Opfer aufhörte.

Die zweite Periode, welche im 26. Vers zu finden ist, ist so zu verstehen, daß es von der Zeit an, da die Wiedererbauung Jerusalems beendigt sei, bis zur Himmelfahrt Christi 62 Wochen sein werden; die sieben Wochen bilden die Zeitdauer, in welcher Jerusalem wieder aufgebaut wurde, was 49 Jahre in Anspruch nahm. Wenn diese sieben Wochen den 62 Wochen hinzugezählt werden, dann gibt es 69 Wochen, und in der letzten Woche (69/70) ging die Himmelfahrt Christi vor sich. Diese 70 Wochen sind daher vervollständigt, und so gibt es keinen Widerspruch in dieser Darstellung.

Wie die Offenbarung Christi durch die Prophezeiungen Daniels bewiesen ist, so lassen sich auch die Manifestationen Baha’u’lláh’s und des Babs daraus beweisen. Bis jetzt haben wir nur logische Beweise erwähnt; jetzt wollen wir über überlieferte Beweise sprechen.

In Daniel 8, Vers 13 ist gesagt: „Ich hörte aber einen Heiligen reden, und derselbige Heilige sprach zu einem, der da redete: Wie lange soll doch währen solch Gesicht vom täglichen Opfer und von der Sünde, um welcher willen diese Verwüstung geschieht, daß beide das Heiligtum und das Heer zertreten werden? (Vers 14). Und er antwortete mir: Es sind zweitausend und dreihundert Tage, von Abend gegen Morgen zu rechnen, so wird das Heiligtum wieder geweiht werden.“ (Vers 17:).... „Er aber sprach zu mir: Merk auf, du Menschenkind; denn dies Gesicht gehört in die Zeit des Endes.“ Damit sollte gesagt werden, wie lange wird dieses Unglück, dieses Verderben, diese Demütigung und Erniedrigung noch dauern, das heißt, wann wird der Tag der Manifestation anbrechen? Er antwortete: „Es sind zweitausend dreihundert Tage, so wird das Heiligtum wieder geweiht werden.“ Kurz gesagt: Der Sinn dieser Stelle ist, daß 2300 Jahre festgesetzt sind, denn nach den biblischen Wochen gilt jeder Tag für ein Jahr. Von dem Datum an, an welchem König Arthasastha den Erlaß über die Wiedererbauung Jerusalems herausgab, bis zu dem Tag der Geburt Christi sind es 456 Jahre, und von der Geburt Christi bis zu dem Tag, an welchem sich der Bab offenbarte sind es 1844 Jahre. Zählt man nun die obigen 456 Jahre zu den 1844 Jahren, so ergibt sich die Zahl 2300 Jahre. D.h. die Erfüllung der Vision Daniels ging im Jahre 1844 vor sich und dies ist das Jahr, in dem sich der Bab in Uebereinstimmung mit den Worten im Buche Daniel geoffenbart hat. Bedenket, wie genau er das Jahr der Manifestation festsetzte; eine genauere Prophezeiung für eine Manifestation, als dies ist, könnte es gar nicht geben.

In Mathäi 24 Vers 3 sagt Christus deutlich, daß das, was Daniel mit dieser Prophezeiung meinte, der Zeitpunkt der Offenbarung sei. Dieser Vers lautet: „Und als er auf dem Oelberge saß, traten zu ihm seine Jünger besonders und sprachen: Sage uns, wann wird das geschehen? Und welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und der Welt Ende?“ Eine der Erklärungen, welche er ihnen als Antwort gab, ist in Vers 15 enthalten, wo es heißt: „Wenn ihr nun sehen werdet den Greuel der Verwüstung, (davon gesagt ist durch den Propheten Daniel), daß er stehet an der heiligen Stätte (wer das lieset, der merke darauf!)“ In dieser Antwort verweist sie Jesus auf das 8.Kapitel im Buche Daniels; er sagte auch, daß jeder, der es lieset, darauf merken soll, daß dies die Zeit ist, von der gesprochen ist. [Seite 100] Bedenket nun, wie klar das Erscheinen des Bab im alten Testament und in den Evangelien besprochen ist.

Laßt uns zum Schluß noch den Zeitpunkt der Offenbarung Baha’u’lláhs erklären, wie er in der Bibel gegeben ist. Die Zeit des Kommens Baha’u’lláhs ist nach Mondjahren berechnet. Diese beginnen mit der Botschaft und der Flucht (Hedschra) Mohammeds (anno 622 n. Chr.); denn in der Religion Mohammeds sind Mondjahre üblich, wie es auch Mondjahre sind, welche bezüglich allen den Gottesdienst betreffenden Geboten angewandt werden.

In Daniel 12 Vers 6 ist gesagt: „Und er sprach zu dem in leinenen Kleidern, der oben am Wasser stand: Wann will es denn ein Ende sein mit solchen Wundern? Und ich hörete zu dem in leinenen Kleidern, der oben am Wasser stund, und er hub seine rechte und linke Hand auf gen Himmel und schwur bei dem, so ewiglich lebet, daß es eine Zeit, und etliche Zeiten und eine halbe Zeit währen soll; und wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles geschehen.“

Da ich schon die Bedeutung eines Tages erklärt habe, so ist es nicht nötig, noch weiteres zu erklären. Wir wollen in Kurzem sagen, daß jeder Tag als ein Jahr gerechnet wird und jedes Jahr hat 12 Monate. Somit ergeben drei und ein halbes Jahr 42 Monate, und 42 Monate geben 1260 Tage. Der Bab als Vorläufer Baha’u’lláh’s erschien im Jahre 1260 nach moh. Zeitrechnung.

In Vers 11 ist dann gesagt: „Und von der Zeit an, wenn das tägliche Opfer abgetan und ein Greuel der Verwüstung dargesetzt wird, sind tausendzweihundertundneunzig Tage. „Wohl dem, der da erwartet und erreicht dreihundertundfünfunddreißig Tage.“

Die Zeitrechnung nach Mondjahren begann mit dem Tage, an welchem Mohammed sich als Prophet im Lande Hedschas erklärte, und dies war drei Jahre nach seiner Mission; denn im Anfang wurde das Prophetentum von Mohammed geheim gehalten und außer Khadidje und Ibn Naufal kannte es niemand. Nach drei Jahren wurde Mohammeds Prophetentum verkündigt; und Baha’u’lláh erklärte Seine Offenbarung im Jahre 1290, von der Verkündigung der Mission Mohammeds ab gerechnet. *)

  • ) Das Jahr 1290, von der Verkündigung Mohammeds ab gerechnet, war das Jahr 1280 nach der

Hedschra oder 1863—64 nach christlicher Zeitrechnung. In dieser Zeit (April 1863) erklärte Baha’u’lláh, bevor er Bagdad verließ, denen, die um ihn waren, daß er die von Bab verkündigte Manifestation sei.

Dies ist die Erklärung, welche die Bahai als das Fest des Rizwan feiern. Diesen Namen trägt der Garten am Eingang der Stadt, in dem sich Baha’u’lláh 12 Tage aufhielt, und in dem er sich erklärte.



Aufruf 'Abdu'l-Bahás.

Aus dem Jahr 1911.

Veröffentlicht im Star of the West vom 21. März 1913, übersetzt von Wilhelm Herrigel.

An die Gläubigen Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen in aller Welt.

Auf ihnen sei Baha’u’lláh!

O ihr geistigen Freunde 'Abdu'l-Bahás!

„Durchduftet den Osten! Erleuchtet den Westen! Bringet dem Norden Licht! Gebt dem Süden Leben!“ Diese Worte wurden ein Jahr nach dem Hingang Baha’u’lláhs von den Lippen des Mittelpunkts des Bundes geoffenbart. Aber, den geistigen Sinn dieser Worte nicht verstehend, wunderten sich die Gegner darüber und spotteten. Preis sei Gott, daß nun die Zeichen dieser Worte offenbar, ihre Kräfte sichtbar und ihre Beweise erbracht sind! Gott sei Dank, daß nun der Osten wie der Westen zur Freude erweckt sind und daß alle Gegenden von den heiligen Düften durchduftet wurden.

Die Gesegnete Vollkommenheit Baha’u’lláh gab uns in klaren Worten folgende Verheißung: „Wahrlich, Ich sehe euch vom Horizont Abhás aus, und mit einem Heer der Allerhöchsten Heerscharen und einer Armee von nahen, hilfreichen Engeln verhelfe ich allen denen zum Sieg, die sich aufmachen, um Meiner Sache zu dienen.“ Preis sei Gott, daß dieser Sieg und diese Bestätigung nun sichtbar [Seite 101] und offenbar wurden und daß sie gleich der Sonne am Horizont der Welt leuchten!

Deshalb, o ihr Freunde Gottes, bemühet euch ernstlich und entfaltet eine entschiedene Tätigkeit, damit euch in der Verehrung der ewigen Schönheit und des geoffenbarten Lichts Hilfe zuteil wird; damit ihr die Ursache der Verbreitung des Lichts der Sonne der Wahrheit werdet, damit ihr dem veralteten, toten Körper der Welt einen neuen Geist einflößt. Bemühet euch, den reinen Samen in die Felder der Herzen zu säen, erhebt euch im Dienste der Sache, sprecht mit beredten Zungen; werdet leuchtende Kerzen der Führung in den Versammlungen der Welt, strahlende Sterne am im Rosengarten der Einheit. Singet die Horizont des Daseins, mitleidige Vögel Melodien der Wirklichkeit und der Bedeutung; verwendet jeden Atemzug eueres Lebens im Dienste dieses außerordentlichen Lichts, damit ihr zuletzt befreit werdet von Ungewißheit und Schwächen und damit ihr zu den unerschöpflichen Schätzen des Königreiches gelangt. Denn das Leben des Menschen ist gänzlich der Gefahr und der Wandelbarkeit unterworfen. Der Mensch kann seine Sicherheit auch nicht für einen Augenblick selbst schaffen. Trotzdem täuschen sich die Völker der Erde durch den Wahn des Aberglaubens darüber hinweg, sie bilden sich ein, sie seien auf ihrem Weg zum Himmel sicher. Wehe! wehe! Die Völker der vergangenen Zeitalter hegten auch solche verderblichen Gedanken; aber eine jener periodischen Schwankungen ließ sie von der Erde verschwinden und des Guten beraubt sein; ausgenommen waren diejenigen Seelen, die sich rein hingaben und sich auf dem Pfade Gottes in einer großen Selbstverleugnung erhoben. Solche Seelen leuchten wie strahlende Sterne am Horizont der ewigen Herrlichkeit, und die Resultate, die in den darauf folgenden Zeiten von ihrem Leben ausgingen, sind Beweise von der Richtigkeit dieser Darstellung. Deshalb ruhet nicht, weder bei Tag noch bei Nacht; trachtet jetzt nicht nach Gemütsruhe; sprecht von den Geheimnissen des Dienstes und sucht den Pfad des Dienens, damit ihr durch die verheißenen Bestätigungen Hilfe und Beistand vom Königreich der Einheit empfanget.

O ihr Freunde! Dichte, dunkle Wolken haben den Horizont der Welt bedeckt und die Finsternis des Hasses, der Feindseligkeit, der Verfolgung, der Tyrannei und der größten Greueltaten verbreitet sich. Alle Völker sind trunken vom Wein der Unachtsamkeit und Blutdurst und Raubgier werden von der Menschheit als die edelsten Eigenschaften angesehen.

Der Allmächtige hat die Freunde unter den anderen Menschen auserwählt: Er hat sie besonders ausgezeichnet mit der höchsten und besten Führung. Er hat uns mit den höchsten Gaben ausgestattet, damit wir uns mit Herz und Seele anstrengen, uns mit der Führung der Menschen und mit der Erziehung der Seelen beschäftigen und unser Leben aufopfern möchten. Dies sollen wir tun, damit die wilden Bestien zu Antilopen auf den Wiesen der Einigkeit, die Wölfe zu Schafen Gottes und die Blutdürstigen zu himmlischen Engeln werden, damit das Feuer der Bosheit ausgelöscht und die Flamme der Sicherheit in dem gesegneten Tabernakel entzündet wird, damit der üble Geruch der niederen Reiche des Unglaubens vertrieben und der Wohlgeruch des Rosengartens der Aufrichtigkeit in allen Teilen der Welt verbreitet werde, damit die Schwachen erleuchtet werden durch universale Vernunft und damit die bösen Seelen gereinigt werden durch den heiligen Odem Gottes. Es sind Offenbarer dieser Gaben nötig; es sind Landwirte nötig für diese Felder; es sind Gärtner erforderlich für diesen Rosengarten und Fischer für diese See. Wir brauchen leuchtende Sterne für diesen Himmel, geistige Aerzte für diese Kranken, und liebende Führer für diese Wanderer, damit sie denen, die der himmlischen Gaben beraubt sind, einen Teil davon verleihen, den Dürftigen von den unermeßlichen Schätzen geben und den suchenden Seelen die Macht des Beweises zeigen mögen.

Ruhm sei Dir, o mein Gott! Ich bitte Dich, o Du mein Helfer! Ich flehe Dich an, o Du meine Zuflucht! Ich klage Dir meine Schmerzen, o Du mein Arzt, und flehe von ganzem Herzen und von ganzer Seele zu Dir: O mein Gott! O mein Gott! Wahrlich, die dunkle Nacht ist auf alle Teile der Erde herabgesunken, und die Wolken der geistigen [Seite 102] Unwissenheit haben sich nach allen Richtungen hin ausgedehnt; die Menschen sind versunken in der Dunkelheit der Mutmaßungen, und die Herrscher befinden sich in den Tiefen der Brutalität und der Gesetzlosigkeit. Der rote Schein des brennenden Feuers lodert aus der niederen Welt hervor, lärmende, nichts Gutes bedeutende Stimmen erheben sich von den greulichen, zerstörenden und schrecklichen Rüstungen; jede Himmelsgegend ruft mit stummer geheimnisvoller Zunge: „Alles, was ich besitze, hat mich nichts genützt und alle Kraft und Macht ist von mir genommen.“ Wahrlich, o mein Gott, die Lampen der Führung sind ausgelöscht, das Feuer des Hasses ist entzündet; Zorn und Abneigung sind weit und breit verbreitet und Herausforderungen und Bosheit sind über die Erdoberfläche ausgestreut. Aber dennoch blicke ich auf nichts anderes, als auf Deine mißhandelten Gläubigen, die ihre volle Stimme erheben und dem Volke zurufen:


Eilet herzu zur Freundschaft!

Eilet herbei zur Aufrichtigkeit!

Eilet herbei zur Freigebigkeit!

Eilet herbei zur Einigkeit!

Eilet herbei zur Führung!

Eilet herbei, um das Licht der Welt zu sehen!

Eilet herbei zu Liebe und Wohlfahrt!

Eilet herbei zum Frieden und zur Ruhe!

Eilet herbei, um das Gesetz der Abrüstung zustande zu bringen!

Eilet herbei zur Harmonie und zum Erfolg!

Eilet herbei, um mit uns auf dem Pfade der Führung und der gegenseitigen Hilfe zusammenzuarbeiten !


Wahrlich, diese Verkannten und Unterdrückten opfern sich mit Freuden auf für diese Sache. Wahrlich, Du siehst, sie weinen über das Unglück eines jeden Deiner Geschöpfe, und Du siehst, wie sie betrübt sind über das Elend Deiner Kinder. Sie sind freundlich zu allen Menschen und der Anblick der Leiden der Bewohner der Welt bereitet ihnen Schmerzen. O mein Herr! Gib, daß die Schwingen des Wohlergehens auf ihren Schultern wachsen, damit sie sich zu dem Gipfel ihrer Sehnsucht emporschwingen können. Stärke ihre Lenden im Dienste Deines Volkes und bestätige sie, wo immer sie Dir zu dienen bestrebt sind und Dich an der Schwelle Deiner Heiligkeit anbeten.

Wahrlich, Du bist der Barmherzige! Du bist der Mildtätige und es gibt keinen Gott außer Dir, dem Machtvollen, dem Mitleidigen, dem Ewigen!

gez. 'Abdu'l-Bahá.



Die Nähe Gottes.

Ansprache 'Abdu'l-Bahás, am 26. Mai 1912 in der Morris Baptisten-Kirche des Predigers J. Hermann Randall, fünfte Avenue, 126 Strasse in New-York. Stenogr. Notiz von Miß Ester Foster. Veröffentlicht im Star of the West am I. August 1912.

Uebersetzt von Wilhelm Herrigel.

'Abdu'l-Bahá wurde durch Prediger J. Hermann Randall mit folgenden Worten eingeführt:

Ich bin überzeugt, daß gleich mir alle Mitglieder dieser Kirche hocherfreut sind,'Abdu'l-Bahá in unserm heutigen Abendgottesdienst willkommen heißen zu dürfen, und es ist mir ein grosses Vergnügen, Dir, mein lieber Bruder, die Hand zum Gruße zu reichen. Ich bete, dass Gottes Segen reichlich auf Dir und der großen Arbeit, die Du in der Sache der geistigen Hebung der Menschheit verrichtest, ruhen möge. Bekanntgeben möchte ich jetzt noch, daß 'Abdu'l-Bahá durch einen Dolmetscher zu uns sprechen wird und wir werden nun das Vergnügen haben, ihn zu hören.

'Abdu'l-Bahá sprach:

Als ich mich heute abend dieser Kirche näherte, hörte ich das Lied singen: „Näher mein Gott zu dir, näher zu dir“ Die Nähe Gottes ist das Größte, was der Mensch erlangen kann. Jeder dauernde Ruhm, jede dauernde Ehre, Anmut und Schönheit, die der Mensch erlangt, kommen von der Nähe Gottes. Alle Propheten und Apostel sehnten sich nach dieser Nähe des Schöpfers. Wie manche Nächte haben sie in ihrer Sehnsucht nach Seiner Nähe schlaflos verbracht! Wie viele Tage haben sie dem inbrünstigen Gebet um Erlangung dieser Nähe gewidmet! Sie strebten immer darnach, näher zu Gott gezogen zu werden. Zur Zeit Christi suchten alle Menschen die Nähe Gottes, aber mit Ausnahme Weniger, namentlich der Jünger unseres [Seite 103] Herrn Jesu Christi erlangte sie niemand. Diese begnadeten Seelen waren wirklich durch die Nähe Gottes gesegnet: denn die Nähe Gottes ist abhängig von der Liebe zu Gott und von der Erkenntnis Gottes. Die Nähe Gottes beruht darauf, von allem anderen außer Gott losgelöst zu sein. Die Nähe Gottes erlangen wir durch Selbstaufopferung, durch Aufopferung des Reichtums, durch das Aufgeben der Besitztümer. Die Nähe Gottes wird erlangt durch die Taufe mit Feuer und Wasser: denn in den Evangelien steht geschrieben, jedermann müsse mit Feuer und Wasser getauft werden. An anderer Stelle ist gesagt, daß der Mensch mit Feuer getauft werden müsse. Aus der Analogie (Lehre von der Aehnlichkeit) wissen wir, daß mit dem Wort „Wasser“, das Wasser des Lebens, das Erkenntnis ist, versinnbildlicht wird, und daß mit „Geist“ der Heilige Geist und mit "Feuer" das Feuer der Liebe Gottes gemeint ist. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn gesagt ist, der Mensch müsse mit Wasser und Feuer getauft werden. Er muß getauft werden mit dem Wasser des Lebens, dem Heiligen Geist, und mit dem Feuer der Liebe des Königreiches Gottes. Solange der Mensch diese drei Stufen nicht erlangt hat, ist die Nähe Gottes unmöglich. Wie die Nähe Gottes erlangt wird, kann man am besten sehen an der Art, wie die Bahai in Persien sie erlangten. Diese gaben ihr Leben hin für diese Stufe, sie gaben ihre Besitztümer und ihr Ansehen auf und waren willens, ihre Ruhe und Bequemlichkeit zu opfern. Mit größter Freude eilten sie zu dem Ort des großen Märtyrertums. Ihr Blut wurde vergossen, ihre Körper zerstückelt und vernichtet, ihre Besitztümer geplündert und ihre Kinder gefangen genommen. Alle diese Zustände erduldeten sie freudig und willig. Durch solche Selbstaufopferung ist die Nähe Gottes erlangbar. Bedenket wohl, daß die Nähe Gottes nicht von Zeit und Raum abhängig ist, sondern von der Reinheit des Herzens. Die Nähe Gottes ist von der Erhebung des Geistes, erlangt durch die frohen Botschaften Gottes, abhängig. Betrachtet, wie ein reiner und gut polierter Spiegel den vollen Glanz der Sonne widerspiegeln kann, einerlei wie weit die Sonne auch von ihm entfernt sein mag. Sobald der Spiegel gereinigt und vom Staub befreit ist, wird sich die Sonne in ihm widerspiegeln. So ist es auch mit den Herzen der Menschen, je reiner sie werden, desto näher werden sie zu Gott gezogen und die Sonne der Wirklichkeit scheint in sie und widerspiegelt sich in ihnen. Durch diese Sonne der Wirklichkeit erglühen die Herzen vom Feuer der Liebe Gottes, die Tore der Erkenntnis sind geöffnet und durch sie ist es den Menschen möglich, mit den Geheimnissen Gottes bekannt zu werden und geistige Entdeckungen zu machen.

Durch Trennung vom Irdischen wurden alle Propheten näher zu Gott gezogen. Deshalb müssen wir diesen heiligen Seelen nacheifern und unsere Begierden und Wünsche aufgeben. Wir müssen uns befreien von der Sucht, an dem Boden dieser Erde zu kleben, bis unsere Herzen wie reine Spiegel werden, in denen das Licht der höchsten und größten Führung offenbar wird.

Baha’u’lláh verkündigt in Seinen „Verborgenen Worten“, daß Gott gewisse Propheten inspiriert und sich durch solche geoffenbart habe: es heißt dort: „Dein Herz (d. h. das Herz der Diener Gottes) ist Meine Wohnstätte; reinige und heilige es, damit Ich herabkommen und darin wohnen kann. Dein Geist ist Mein Ausblick, überlasse mir diesen rein und klar, damit Ich strahlend in demselben offenbar werde". Daraus ersehen wir, daß die Nähe Gottes nur dadurch erlangt wird, daß wir in das Königreich Gottes eintreten. Die Nähe Gottes wird dadurch ermöglicht, daß wir der Menschheit dienen und alle Menschen lieben. Die Nähe Gottes wird auch erlangt durch Einigkeit mit der ganzen Menschheit. Die Nähe Gottes ist abhängig von der Güte allen Menschen gegenüber. Die Nähe Gottes wird ermöglicht durch Erforschung der Wahrheit, durch Erwerbung lobenswerter Tugenden und durch den Dienst, den wir zugunsten des Weltfriedens leisten. Die Nähe Gottes ist auch abhängig von der Heiligung. Kurz, die Nähe Gottes ist abhängig von Selbstaufopferung, Selbstverleugnung und davon, daß wir alles außer Ihm aufgeben.

Nähe in diesem Sinne ist Aehnlichkeit. Betrachtet, wie die Sonne auf die ganze Schöpfung scheint, ihre Herrlichkeit und ihr Licht vermögen aber nur solche Oberflächen widerzuspiegeln, die rein, [Seite 104] poliert und klar sind. Die verdunkelte Seele hat keinen Teil an der Offenbarung des herrlichen Lichts der Wirklichkeit, und der Boden der Selbstsucht, der unfähig ist einen Nutzen von diesem Licht und dieser Wärme zu ziehen, erzeugt nichts. Blinde Augen sehen die Strahlen der Sonne nicht, diese können nur klare Augen mit gesundem Sehvermögen sehen. Grüne und gesunde Bäume können einen Nutzen von der Sonne empfangen, deshalb muß der Mensch darnach trachten, fähig und bereit zu werden. Solange es einem Menschen an Fähigkeit oder Bereitwilligkeit fehlt, ist er nicht imstande, dies Licht widerzuspiegeln und einen Nutzen von ihm zu empfangen. Wenn die Wolken der Barmherzigkeit Gottes ihren Regen auf einen Boden herabgießen, der seit tausend Jahren unfruchtbar ist, so wird dieser Boden seiner Unfruchtbarkeit wegen doch kein Gewächs hervorbringen. Wir müssen daher unser Herz bereit und den Boden fruchtbar machen, damit der Regen der Barmherzigkeit Gottes uns erfrischen kann, so daß Blumen und Hyazinten darin wachsen. Wir müssen sehende Augen haben, damit wir das Licht der Sonne sehen können. Wir müssen den Geruchssinn rein halten, damit wir den Duft des Rosengartens riechen können. Wir müssen die Ohren achtsam machen, daß sie den Ruf des höchsten Königreichs vernehmen. Ein taubes Ohr kann sich nicht an einer Melodie erfreuen, mag sie noch so schön sein, es kann auch den Ruf der Allerhöchsten Heerscharen nicht hören. Eine Nase, die von Schnupfen beeinflußt ist, kann die herrlichen Düfte eines Gartens nicht riechen. Deshalb müssen wir immer daran arbeiten, aufnahmefähig und bereitwillig zu werden. Solange uns diese Fähigkeiten fehlen, werden die Schönheiten Gottes nicht zum Vorschein kommen.

Christus erklärte in den Evangelien: "Die Belehrungen, die ich euch gab — meine Worte, sind dem Samen zu vergleichen, den ein Sämann säet. Etlicher fiel auf steinigen, etlicher auf unfruchtbaren Boden, etlicher auf vorbereiteten, fruchtbaren und aufnahmefähigen Boden (oder Herzen). Der auf unfruchtbaren Boden geworfene Samen wächst nicht. Samen, der auf steinigen Boden geworfen wird, wächst für eine Zeitlang, weil er aber keine Wurzeln treiben kann, verdorret er und kommt um. Der unter die Dornen gesäete Samen erstickt und wächst nicht, aber Samen, der auf einen guten Boden geworfen wird, wächst, grünt und treibt Zweige, Blüten und Früchte.“

So bringen auch die Worte, die ich zu euch spreche, nicht bei allen Zuhörern die gleiche Wirkung hervor. Manche Herzen mögen durch diese Worte etwas angeregt werden, aber sie vergessen diese bald wieder: andere sind infolge ihrer abergläubischen Ansichten und Einbildungen in mancherlei Verwicklungen verstrickt. Aber in den Seelen, die meine Belehrungen und Ermahnungen hören und sie annehmen, wird mein Wort kräftig durchdringen, sie werden Tag für Tag Fortschritte machen und sogar bis zu den Allerhöchsten Heerscharen gelangen. Ihr könnt nun sehen, wie in diesem Gleichnis die Erlangung des Guten von der Fähigkeit abhängig gemacht ist. Solange keine Fähigkeiten erlangt sind, wird der Ruf des Königreichs Gottes das Ohr nicht erreichen; das Licht der geistigen Sonne wird nicht gesehen und die süßen Düfte des himmlischen Rosengartens werden nicht gerochen. Laßt uns deshalb darnach streben, Fähigkeit zu erlangen und würdig zu werden, um so den Ruf des himmlischen Königreiches zu hören, auf die frohen Botschaften Gottes zu lauschen, wiederbelebt zu werden durch den Odem des Heiligen Geistes, um alsdann die Fahne der Einheit der Menschheit zu hissen, die Bruderschaft der menschlichen Rasse aufzurichten und um unter dem Schatten der Gnade Gottes zu jenem Leben zu gelangen, das immerwährend und ewig ist.


Gebet.

O Du verzeihender Herr! Diese Deine Diener wenden sich zu Deinem Königreich und suchen Deine Gnade und Deine Gaben. O Gott! Mache ihre Herzen gut und rein, damit sie Deiner Liebe würdig werden. Reinige und heilige ihren Geist, damit das Licht der Sonne der Wirklichkeit aus ihnen leuchte. Reinige und heilige ihre Augen, daß sie Deine Sonne schauen. Reinige und heilige ihr Gehör, damit sie den Ruf von Deinem Königreich vernehmen. O Herr! Wahrlich, wir sind schwach, Du aber bist mächtig. Wahrlich, wir sind arm, Du aber bist reich: wir sind die Suchenden, Du bist der Gesuchte. O Herr! Habe Geduld mit [Seite 105] uns, vergib uns, verleihe uns allen die nötige Fähigkeit und Bereitwilligkeit, Deinen Willen zu tun, damit wir Deiner Güte würdig werden, damit wir in Glut geraten durch das Feuer Deiner Liebe, damit wir in diesem leuchtenden Jahrhundert neubelebt werden durch den Odem Deines heiligen Geistes. Du bist kraftvoll, Du bist allmächtig, Du bist barmherzig und allgütig!



Sieg über den Aberglauben.

(Jinab-i-Fadil.) Star of the West Juliheft 1925.

Der Gedanke der Welteinheit war der größte Wunsch aller Völker und geistigen Weltführer. Ob dieselben von Palästina kamen, oder in Indien erschienen, oder in China, Arabien, Persien, oder irgendwo herkamen, ihre größte Aufgabe war, Frieden, Einigkeit und Harmonie den Völkern der Erde zu bringen. Sie träumten und sprachen oft davon in ihren Schriften und heiligen Büchern. Jesus Christus lehrte ihnen Liebe, Einigkeit und Friede. Aber leider, trotz dieser großen Propheten, dieser großen Lehrer und Erzieher, dieser verschiedenen heiligen Bücher müssen wir sehen, daß es in dieser Zeit in dem Sinn und den Herzen der Menschenkinder genau so aussieht, wie es vor Jahrtausenden war: das Beharren eines großen Teiles in Finsternis und Unglück. Die materielle und industrielle Zivilisation wächst sehr und hat bereits das Zeitalter der Vollendung erreicht, wunderbare Erfindungen und Entdeckungen werden täglich gemacht. Die Nationen der Erde sind sich als Nachbarn nahe gerückt und der Globus ist wie ein kleines Heim für die Menschen geworden. Und zur gleichen Zeit, in der wir die wahre Zivilisation beurteilen können, die den Völkern ein glückliches Leben geben sollte, müssen wir erkennen, daß dies bisher noch nicht geglückt ist.

In alter Zeit wurden Kriege und Kämpfe zwischen Babyloniern, Aegyptern, Griechen, Persern und Römern ausgefochten, einer tötete den andern und zerstörte den Besitz des Landes. In unsern Tagen tun viele neue Völker dasselbe, nur die Namen haben sich verändert, und die Waffen und Vernichtungswerkzeuge sind wirkungsvoller geworden.

In unserem Zeitalter sind manche Gruppen bei den Nationen, deren Herzen voll Hoffnung sind und von dem Wunsche für Friede und Einheit beseelt sind. Sie gehen in ihre Gotteshäuser und beten inbrünstig zu Gott, daß Er Harmonie und Friede unter das Volk bringe. Aber sie sind nicht imstande, ihre Gedanken in der Welt durchzusetzen. Es war und ist etwas Bestimmtes falsch in der Welt, und es ist, glaube ich, eine irrige Erziehung.

Die Völker der verschiedenen Nationen bereiten zum nächsten Krieg vor, zu einem neuen großen Konflikt. Sie erziehen die Kinder in dem Gedanken der Vaterlandsliebe und anzubeten, wie sie ihren Gott verehren, lehren sie ihre eigene Rasse lieben wie sie Gott lieben, lassen sie ihren eigenen angestammten Glauben lieben und die anderen Bekenntnisse der Welt hassen. Vorurteil, Mißverständnis und Beschränkung geht vom Geist der Eltern auf den ihrer eigenen Kinder über.

Friede kann nicht erstehen, bevor wir ihn nicht im Herzen des Volkes erwecken. Das ist der wahre Friede und die Einigkeit. Ich habe kein Zutrauen zu einem oberflächlichen politischen Frieden, welcher zwischen einigen Regierungen und Heerführern zustande kommt. Ich glaube, Friede muß durch die Völker selbst zustande kommen. Und Friede muß in den Herzen unserer Kinder wohnen.

Unglücklicherweise ist die Erziehung in dieser Hinsicht seit dem Kriege eine entgegengesetzte, die Aussichten sind schlechter denn je. Seit dem Weltkrieg versuchen alle Nationen, sogar die kleinen, sich zu stärken und für die nächste Generation das Gefühl der eigenen Rasse und die Nationalliebe großzuziehen; sie glauben, dies sei ihr einziger Schutz. Dies war die Wurzel der Zwistigkeit und Trennung in vergangenen Zeiten und sie wurzelt kräftig weiter. Das kann nicht anders werden als durch Einführung einer neuen Art der Erziehung unserer Kinder.

Ich selbst habe versucht, den Sinn derjenigen zu ändern, welche in dieser beschränkten Erziehung großgeworden sind und habe versucht, ihnen eine universale Anschauung und Verständnis für die Humanität beizubringen, aber ich habe leider ihren Sinn nicht ändern können und hatte keinen Erfolg, denn diese engherzige Erziehung ist wie ein unbesteigbarer Berg, der sich nicht verändert und nicht bewegt. Aber wie dem auch sei, in den reinen Kindersinn ist es leicht, eine neue Erziehung zu legen und dies ist der einzige Weg zu zukünftigem Weltfrieden und zur Welteinheit.

Wir lesen im alten Testament, daß Gott sagt: er schuf den Menschen sich zum Bilde. Was ist das Bild Gottes? Weltweite Liebe und Güte. Aber diese könnt ihr nicht bei den Menschen finden. Wenn ein kleines Kind zur Welt kommt, ist es wie Gottes Bild erschaffen. Wenn es jemand fragte: „welcher Nationalität gehörst du an?“ würde es antworten, wenn es dazu imstande [Seite 106] wäre: „Ich weiß nichts von Nationalität. Ich komme aus der unsichtbaren Welt und kenne nur eine Nationalität, die Welt des Daseins. Ich muß es meinen Eltern und Lehrern überlassen, mich einer engen Nation einzuverleiben.“ Wenn es jemand fragen würde: „Welcher Rasse bist du?“ würde es sagen: „Ich kenne nur die Menschenrasse. Mehr weiß ich nicht, Ich muß warten bis meine Eltern und Lehrer mich zum Mitglied einer besonderen Rasse machen.“ Und wenn es jemand nach seiner Religion oder welcher Tradition es nachfolgt, fragen würde, würde es antworten: „Ich weiß nichts von verschiedenen Religionen, und meine Religion ist Reinheit des Herzens und des Gemütes. Ich warte, bis meine Eltern und Lehrer mir sagen, welches Bekenntnis und welche Ueberlieferung ich glauben soll.“

Jedes kleine Kind ist als das Ebenbild Gottes erschaffen, aber die Eltern und Lehrer verändern dies Bild, und das Universale, die Reinheit, und Einfalt des Herzens, und geben dem Kinde eine falsche, irrige Erziehung.

Die Rassen sind in Erschaffung, Verstand und Geist alle gleich und ebenbürtig. Es gibt keinen Unterschied bei allen Kreaturen Gottes. Alle haben dieselben Gaben und Fähigkeiten, sich zu entwickeln. Die Kinder aller Völker haben kein angeborenes Vorurteil oder Haß auf irgend eine andere Rasse, Volk oder Religion. Was hat also Streit und Trennung verursacht? Falsche Erziehung!

Wir haben im Osten in der Literatur viele Geschichten vom Leben der Propheten, besonders von Jesus Christus, welche nicht in der Bibel zu finden sind. In einer derselben wird gesagt, daß einer der Apostel, Christus von einem Platz zum andern eilen sah, ohne daß er verfolgt wurde, und der Apostel fragte ihn: „Warum läufst du so?“ Jesus sagte: „Ich entlaufe dem törichten Volke.“ Der Apostel erwiderte: „Mein Herr, Du bist Gottes Sohn, Du hast die Macht des heiligen Geistes, Du gibst dem Toten Leben und heilst alle Arten Krankheit; warum entläufst Du dem törichten Volke?“ Jesus antwortete: „Ja, es ist wahr, daß ich all dies tat, aber ich kann Törichte nicht heilen.“ Diese Torheit ist die Zersplitterung der Menschheit und der Kampf im Namen der verschiedenen Rassen, Völker und Religionen. In Wahrheit gibt es keine verschiedenen Völker. Die Erde ist ein kleines Heim, und die verschiedenen Grenzen sind nicht geographisch oder gottgewollt, sondern von Menschen in dunklen Vorjahren gemacht. Das Volk kämpft im Namen der verschiedenen Nationen und dies ist der Irrtum und das falsche Bild, denn es gibt keine verschiedenen Rassen. Es gibt eine Menschenrasse, die die verschiedenen Teile der Erde bewohnt, jeder seinen Naturgesetzen unterstellt. Es gibt keine verschiedenen Religionen. Es sind verschiedene Bekenntnisse und Auslegungen im menschlichen Geist. Die Wesenslehren aller dieser Religionen sind dieselben und die gleichen. Alle entsprechen der geistigen, menschlichen Entwicklung und schaffen Liebe in der Menschheit, nicht Haß und Trennung. Wenn also kein Unterschied in Rasse und Religion ist, warum teilen sich die Menschen in verschiedene Gruppen und bekämpfen sich gegenseitig? Dies ist töricht und Jesus Christus sagt, er könne dies nicht heilen. Und so ist es noch heute. Nur durch eine neue und wahre Erziehung unserer Kinder können wir Friede und Welteinheit schaffen.

Wenn wir diese universale Erziehung unter den Weltnationen in verschiedenen Schulen und Universitäten hätten, um unsere Kinder dahin zu bringen, daß sie die Welt als eine Heimat ansehen und die Menschheit als eine Rasse, und daß alle Gottgesandten göttliche Erzieher und von Gottes Geist sind, und wenn wir erreichten, daß sie alle Nationen als ihre eigene liebten und alle Rassen als ihre Rasse, alle Religionen als ihre eigene Religion, das würde den Grund für den Frieden der Zukunft legen. Wenn wir diese Erziehung in diesem Jahrhundert in der Welt zustande brächten, würde im nächsten Jahrhundert kein Krieg mehr sein und die Menschheit würde in Einheit des Geistes und in wahrem Frieden leben.

Eine große Anzahl Menschen, welche die geistige Erkenntnis durch die Manifestation des Erhabenen Gottes in der Mitte des letzten Jahrhunderts erhielt, und die die Grundlehren der zukünftigen Welteinheit erfaßt haben, versuchen diese Erziehung in die Weit zu bringen, besonders im Orient. In den neuen Schulen der universalen Lehren versammeln sie Kinder verschiedener Religionen, Rassen und Nationen, neue Lesebücher sind in Gebrauch mit wundervollen prophetischen Worten über Friede, Liebe und Harmonie, aus den Lehren von Jesus Christus, Jesaias, Moses und andern israelitischen Propheten, Zoroaster, Confucius, Buddha und andern indischen Propheten, großen geistigen Lehrern und Erziehern aus verschiedenen Ländern der Welt.

Wenn diese Kinder aus solchen Schulen hervorgehen, haben sie eine universale Ansicht über die Menschheit und die Einheit aller Religionen und sind vertraut mit der heiligen Literatur aller Rassen und wenn sie gefragt würden: „Welches ist Eure Rasse?“, werden sie antworten: „Meine Rasse ist die Menschenrasse“, und wenn sie jemand frägt: „Welche Nationalität hast Du?“, antworten sie: „Ich bin Weltbürger“, und wenn man sie frägt: „Welches ist Deine Religion?“, antworten sie: „Meine Religion ist alle Religionen, d.h. Gott und die ganze Menschheit zu lieben.“ [Seite 107]

Der Gedanke ist der, daß die materielle und geistige Zivilisation Hand in Hand gedeihen sollen. Die materielle und industrielle Zivilisation ohne die universale geistige Zivilisation ist die Ursache von Krieg und verdunkelt die Welt des Menschen wie eine Hölle und teilt die Menschheit in zwei Teile. Ohne geistige Zivilisation ist die materielle Zivilisation wie ein toter Körper, der wohl schön sein kann, aber keinen Geist hat. Diese geistige Zivilisation ist das Leben der Welt.

Dies ist also das Grundwesen zukünftigen Friedens und der Welteinheit. Wir müssen es selbst einführen und nicht auf jemand oder irgend eine Gruppe warten, die es für uns tut. Wenn wir wahren Frieden aufrichten wollen, müssen wir selbst eingreifen, damit der Traum aller früheren Propheten wahr wird und daß alle Weissagungen der großen Gottgesandten in Erfüllung gehen, und daß die Zeit anbricht, da Wolf und Lamm zusammen leben, wenn verschiedene Völker zusammenleben wie in verschiedenen Räumen eines Heims, und wenn verschiedene Rassen und Religionen vereint sind wie verschiedene Glieder einer Familie und verschiedene Organe eines Körpers; dann wird die Welt wie ein wahres Paradies sein, friedevoll und glücklich,

(Ansprache bei der Konferenz für Weltfrieden in San Francisco, März 20.-22. 1925.)

Uebersetzt v. G. Bauer.



Kunveno ce ’Abdu’l-Bahá.

El notoj de Abmad Sohrab, Monto Karmel, Haifa, 30an de Junio 1914.

Karaj amikoj! La 23 jara mondvojaganto S-ro Hans Springer el Stuttgarto vizitis &i tiun matenon ’Abdu’l-Bahá. Hans Springer vojafis Ciam piede kaj trapasis $is nun &irkali 35000 km. Li estas Esperantisto kaj portas veston kiel logantoj de lando, en kiu li migras. Hodiaü li aspektas kvazaü nobla araba viro, sed siaj bluaj okuloj, sia pala haüto kaj la ekstere surmetita blanka kolumo anoncas de malproksime sian eüropan devenon. Li parolas Germane, Italie kaj Esperante, tamen mi ne scipovis paroli kun li per iu de tiu © lingvoj. Car mi rimarkis. ke li iomete scias paroli France, ni interkonsentis en tiu © lingvo.

Mi nun volas rakonti la interparoladon de ’Abdu’l-Baha kun S—ro Springer dialoge:

’Abdw’I-Bahä: Estu kore bonvenata! De kie vi venas?

H. Spr. Mi rekte venas el Jerusalemo; el Aegipto mi migris al Gaza kaj Jaffa. Sur la vojo min äirkaüis 15 arabaj Beduinoj kaj forrabis mian posedajon e& miajn $uojn: poste en Jerusalemo kelkaj Germanoj subtenis min.

’Abdu’l-Bahá: Kio estas la celo de via mondvojaßo?

H. Spr. I. La disvastigo de Esperanto, Car mi kredas, ke $i helpos unuigi la homaron. 2. Mi deziras vidi la mondon, konatifi kun homoj el la plej diversaj nacioj kaj studi iliajn morojn kaj manierojn.

’Abdu’I-Baha: Per kitıj rimedoj vi vojagas?

H. Spr. La vendo de tiu & poStkarto estas la sola fonto de miaj enspezoj. Gi montras sur la unua flanko mian bildon kaj sur la alia klarigon de profito per Esperanto. Miaj vivkondiCoj estas tre honestaj; viandon mi mangas malofte, kutimeg/mi nutras min de legomoj, nuskoj kaj pano.

’Abdu’l-Bahá: Cu vi vojaßas Ciam sur suprajo de tero? Cu ne estus pli nobla, se vi migradus al &ielo?

H. Spr. Mi neniam aüdis, ke iu iris Cielon, Car tiu ci ne estas ebla.

’Abduw’l-Bahä: (Ridetante) Kial ne ebla? Cu Elio ne eniris Cielon, kaj Kristo ne supreniris al Cielo post sia krucifigo kaj interigo?

H. Spr. (Konfuze) Mi estas nek Elio nek Kristo. Mi ankaü ne havas du flugilojn por flugi. Mi opinias ke oni bezonas por tio paron da flugiloj.

’Abdu’l-Bahá: Cio estas ebla! Kristo diris: Estu perfektaj kiel viaj patro en Cielo. Vi povas havi du flugilojn. La unua estas amo al Dio kaj la alia estas rezigno de &io ekster Li.

H. Spr. Cu vi tiam ne parolas pri la videbla Cielo ?

’Abdu’l-Bahá: Mi parolas pri la &ielo el kiu Kristo venis kaj al kiu li supreniris, pri la &ielo spirita de Dia volo.

H. Spr. Kiel oni povas suprenniri al tiu Ci Cielo? Cu tio ne estas pli malfacile ebla?

’Abduw’l-Bahä: Tio ne estas pli malfacile ol vojaßo Cirkaü la mondo. Se la spirito de la doktrino de Kristo plenigas la koron kaj se homo farigos servanto de la homaro, tiam por li estas facile supreniri al Cielo.

H. Spr. Sed in tiu &i epoko la Kristanoj forgesis la ordonojn de Kristo.

’Abdu’l-Bahá : Kial viokupas prialiaj? Vivu mem en konsento de doktrino de Kristo?

H. Spr. Vi estas $uste. Mi volas fari mian plej bonon.

’Abdu’l-Bahá: Kion vi kredas pri Kristo? H. Spr Mi kredas, ke Li estis granda filozofo.

[Seite 108] ’Abdu’I-Bahä: Ho ne, li estis pli granda ol filozofo, li estis la vorto de Dio, la spirito de Dio.

H. Spr. Ho, en Eüropo estas multaj instruituloj, kivj ne volas kredi, ke la persono Kristo vivis. Aliflanke estas inter la popoloj multaj homoj, en kiu la kredo ekskuißis &ar la pastroj ne vivas laü la evangelio kaj en akordi$o kun la ordono de Kristo; ili estas materiala, envolvita en tradicioj kaj dogmoj. Kiam mi estis en Jerusalemo mi rimarkis, ke la revivig-pregejo estis partıgita en multaj partoj, kvazaü kiel bazaron kaj ke la kristanoj disputas pri partidemandoj, interdum ili diras, ke Kristo donis la pacon kaj savon. Kie onı povas trovi pacon kaj kiel oni povas esti savota? Per ilia reciproka malamo ili fermas la pordon de la savo.

’Abdu’l-Bahá: Kionvidiras, estas vera; sed ni ne rigardu sur la nuna statoj. Ni konsideru la gloran vivon de Kristo kaj de tin] sanktigitaj animoj, kiuj sekvis. Cu ili ne personigis per aliaj vortoj, per ilia) faroj? Multaj filozofoj aperis en la mondo, sed &inj estas forgesitaj. Sed Car Kristo estis la spirito kajla vorto de Dioj li kaj siaj disCiploj farigis per lin la fonto, de la viva akvo. Nun mi esperas, ke vi similos al ili kaj farigos rimedo de eklumigo de lahoma mondo kaj servos al Dio.

H.Spr. Dion servi? Nenio estas en (1 tiu mondo, kiu povus servi Dion, &ar ni ne estas kapabla Lin vıdi. Li estas super nia homa prudento. Mi opinias, la unua vojo por servi Lin estas, servi Ja homaron kaj provi mildigi la zorgojn kaj suferojn de la homoj.

’Abdu’l-Bahá: Kristo servis Dion kaj siaj disÄiploj servis Dion. Ilia servado apartenis al homaro kaj estis reflekto de ilia Diservo.

H.Spr. Kio estas vıa laboro?

’Abdw’I-Bahä: Mi servas Dion, mi estas servanto de Dio, mi donas la vidon al surdulo, la potencon de la lingvo al la mutulo kaj la sciencon al la sensciulo, Mi revivigas la mortinton, savigas un, kiu estas en malumo kaj gvidas lin al la regno de lumo. Mi riligas la malricon, kaj fortigas la malforton. Mi kontentigas‘ la malsaton per la pano de vivo kaj trankviligas la soifon de soifanto per pura akvo de senmorteco. Tio estas mia laboro.

entrepreno.

H.Spr. Kiam mı estis en Stuttgarto, mi vizitis kunvenon Esperantistan por honorı ’Abdu’lBahä. Cu Abbas Effendi konas Im? ’Abdw!lBahä estas saga viro kaj havas grandan simpation por Esperanto. Li havas multe da anojn en Stuttgarto, lia religio estas nomata „Bahai‘-religio. (La tradukanto instruis S-ro Springer, ke li parolas kun ’Abdw’I-Bahä mem. Tuj li farigis pli honesta kaj csprimis grandan $ojon kaj felicon).

.Spr. Cu estas eble, ke mi estas en la öeesto de ’Abdu’l-Bahá ?

’Abdw’I-Bahä tenis en sia mano la lastan libron de la tabuletoj ekzamenonte kaj restıs silenta. Post kelkajn minutojn li komencis de nove:

’Abdu’I-Bahä: Por birdo estas flugado @ir kaü la mondo ne tro malfacila: Estu rega birdo de la re$o-lando kaj suprenflugn kiel angelo en la &ielon mondon. Mi certigas vin, viaj spertoj estos pli ol admirindaj.

H.Spr. Mi esperas rıcevi paron da flugiloj por plenumi tiun malfacilan taskon.

’Abdu’l-Bahá: Mi preßas, se vi iros Naza rethon, la hejmo de Kristo, ke la spirito de Dio venu sur vin, kaj donu al vi flugilojn de la Iumo, por ke vi altenflugu en la senmezureco de la mondoj de Dio kaj rigardu la mirindajojn de sia kreajo.

H.Spr. Mi same volas pregi por tio.

’Abdu’l-Bahá: Kien vi iros de tiu Ci?

H.Spr. Postmorgaü mi iros de tie Ci piede al Tiberias, Beirut, Damaskus, Konstantinopel, Kaükasus kaj poste el nordo tra Persujo sude al persuja golfo, poste al Indio Japanujo, Cino Aüstralio, Havaiaj-insuloj kaj al Uzono.“ Tiu © estas mallonga eltrio de parolado. Interdume servisto Khoshro alportis Kafon, teon kaj „kakeson‘‘ por S-ro Springer ’Abdu’lBahä ordonis, porti al li teleron da migdaloj. Li senselifis la mirda'o'n kaj donis ilin all. La tempo de la forvojaßo alvenis. ”Abdw’lBahä metis anglan funton en han manon kaj deziris al li bonan sukceson por sia longa

Esperantigıs: Bahai-Arbeitsgemeinschaft Esslingen.



My visit in Mergentheim.

Towards the middle of May 1925 I was feeling greatly depressed because first I had not received any news for several weeks from the Holy Land which is the center of my happiness and then the treatment of my paralysed hand up to that date had not shown any result. [Seite 109]

At this time there was to be. a jumping horserace at Mergentheim. It was an occasion in Germany. People from almost all parts of the country would hasten to that place to be present at that occasion. In order to give me a change and bring me out of that depressed mood, Herr and Frau Consul Schwarz very kindly invited- me to go with them to Mergentheim. I accepted their kind invitation gratefully.

To outside of Germany Mergentheim may not be known more than merely a ‘German little town. But it is much more than that. This town derives its importance from an invaluable gift that Mother Nature has bestowed upon it. It is the mineral springs which are of great medical value. Nature may have favoured other places equally with such generous gifts, but not in all places such gifts have been appreciated and utilized and Nature has received gratitude.

There are well-instituted Cure-Houses, first class hotels and a very beautiful park, in which one finds magazines of different and varions Commodities and a Bank which is the branch of the Bank of Herr Consul Schwarz at Stuttgart. These mineral baths, hotels, park magazines and Bank are all linked together and are sıtuated adjocent to the town of Mergentheim itself which from days past had been a garrison place only. The head of the companyship of this most valuable health institution is Consul Albert Schwarz in Stuttgart.

The appreciation of this precious gift of Nature and the establishment of this most valuable health institution was once the dream of Herr Consul Schwarz who through his inexhaustible. energy and admirable efficiency brought his dream into realization.

Now though the inhabitants of Mergentheim do hardly exceed five thousand, yet every year thousands of sick people with depressed hearts leave their homes and move towards this curecenter to cure their physical diseases: just as pilgrims move towards a holy spot to cure the sicknesses of their souls.

They arrive at Mergentheim, lodge for several weeks or months at these excellent hotels, receive medical treatment of all kinds, drink of these mineral waters, take baths regulary, recover from their various diseases and again wich good health and happy hearts return to their respektive homes. Since the dream of Herr Consul Schwarz up its realization to the present condition only nineteen years have passed. If such periods of time could prove prodüctive in this way in every land, surely the world would be a better one and the human society a happier one.

From the Bahai point of view Mergentheim has had still another privilege. It is a blesscd place too. In the year nineteen hundred and thirteen when our beloved Lord and Master, ’Abdu’l-Bahá visited the German Bahais at Stuttgart, the Schwarz family who recently enlisted themselves as His devoted servants invited Him to go on a trip to Mergentheim. He graciously accepted their invitation and visited that place. While He had been immensely fatigued through His two-year teaching tour in America and Europe, this trip and change did good to His health to a great extent. He prayed for the prosperity and fruitfulness of this Health-institution. Therefore, Mergentheim is a blessed place. The Beloved visited Mergentheim in April 1913.

In nineteen hundred and seventeen when in every land people were thinking of erecting monuments to the memory of their worldly victors of war, the Schwarz family erected a monument in the park of this Health-Institution at Mergentheim in memory of the visit of their Beloved whose victory in the world is over the hearts of men. On the face of this monument stands the bust of the Beloved in bronze. Therefore those who every year visit this Cure-House as conscious pilgrims for their physical cure are unconsciously making pilgrimage to the foot of this monument too. Surely in the future they shall approach this blessed monument with quite another feeling and appreciation and will receive in addition to their physical cure spiritual inspiration too. They shall realize that He came for their Salvation. Bodely Physical cure and satisfaction will be combined with spiritual exhilaration.

It was towards noon when we arrived at this Cure-House. The hotels were full to the brim. Having had our lunch we left the hotel and motored up the hill where the race should take place. We were there for about three hours. On the stands around the field there were from about two thousand people, ladies and gentlemen. The race began. The champions did their best. Some became the object of admiration and others that of sympathy.

Towards the evening we motored back to the Cure-House where we had supper and then enjoyed a most interesting social evening.

Next day early in the morning I got up and took a walk in the park. I was quite alone and peaceful in soul. I sat down and meditated for about one hour. The blessed hours, days, months and years I had been privileged to be in His holy presence and their happy associations visited me one after the other. I became conscious of the tender love the Beloved cherished in His dear heart for His German children. I especially remembered that one evening I had received a [Seite 110] letter from my spiritual brother and sister, Mr. and Mrs. Ober who had visited the German friends on their way back to America from the Holy Land. The Beloved asked me what news I had and I told Him of the happy experiences of Mr. and Mrs. Ober. Then He spoke of the German friends most tenderly and I took notes of what He said in His holy presence. Later on I wrote a letter to Mr. Ober and inserted the talk of the Beloved.

At this time of meditation ot the foot of the monument of the Beloved I felt sorry why I had not my notes with me so that I might refresh my soul with reading exactly what the Beloved had said.

Then I went back to the Cure-House and had breakfast together with Herr and Frau Consul Schwarz. Two hours later I made another pilgrimage with Frau Consul Schwarz to that blessed Spot where we prayed together and took some pictures.

We returned the same day to Stuttgart. One day Frau Schwarz was preparing materials for the June number of the „Sun of Truth" and so she was searching trough the files of her old Bahai papers, she came across a letter from Mr. Harlan Ober and fortunately it was a letter in which he had quoted me concerning that particular talk of the Master. I was very glad to read and refresh my soul again with these blessed words. It came to my mind also to write an article for the sun of truth and insert that words. It came to my mind also to write that talk of the Beloved, for not all the dear German friends may have had the privilege of hearing that. It will surely refresh their hearts and energise their souls to still greater harmony, love for one another and activity in the realization of the Beloved’s purpose which is the Salvation of humanity.

Mr. Ober says „Aziz writes: -

„Just after I received your card it was the time of evening meeting and we were called in I told the Beloved of our hearts the contents of your card. I told that you have been feeling that you are in Paradise. Our Lord said:

Verily it is so. They are now in Paradise. The German friends are pure, their hearts are overflowing with love, their whole being is filled wich the Cause of God. They are sacrificial in their services and so they have won eternal Glory. They are serving the Cause of God, not for name, fame and winning Glory. No, simply because their sense of duty is strong. But a duty which is permeated with pleasure and joy. They are destinguished from all the western friends. This because no distastiful odour of violation has penetrated in their midts. They are kept clean and pure.

I cannot forget the hours I myself spent among them. They were such sweet and endeared hours. The associations of those hours are perfuming the nostrils whenever I recall them. When thou art writing to them, tell them they are very dear to me. Often at the heart of the night when I am awake, I turn my face towards the Holy Threshold of the Blessed Beauty and ardently pray for them. They are the great pioneers of Universal Peace. See, the Americans and the Germans have been hostile and yet how the Germans are receiving the Americans!

This is because they are the lovers of the Holy Cause and its Principles, striving for the fulfilment of its great Purpose.

National prejudices cannot interfere in their religion. Religion and God is the them superior the every other phase of live. Therefore, no wonder if you see they are blessed and confirmed in their religious life. The Blessed Beauty says, „verily, verily, do we reinforce him who arises in the service of my Cause with an army of the most favoured of my angels.“ Surely their success is great. It must be left to History to describe it.“

Then He went on to describe some of the Assemblies of the friends which He had blessed with His holy presence. After that He described to the friends who were in the holy presence some of the friends such as Mrs. Consul Schwarz and the dear Consul himself, Mr. Herrigel and his unique sincerity, Miss Knobloch and her devotion and productive service, Miss Kötlin and her purity of faith and efficiency in service and how she has kept the Esslingen Community in harmony, love and ardour.

„The Schwarz family have become the embodiment of confirmation. Once there was a meeting in a garden (in Mergentheim) and the daughter of Schwarz came home weeping and begging me to pray for her to be martyred in the path of Baha’u’lláh. From this you can imagine what type of people the German friends are. Verily, verily, I say unto you that a single step that some soul takes with sincerity in the path of the Blessed Beauty will never pass unnoticed or unrewarded. It is like [Seite 111]


Monument ’Abdu’l-Bahás in Mergentheim.


[Seite 112] unto a seed which is sown by the gardner. The rain of mercy and the heat of the sun of truth help it grow and develop into a stately tree whose verdure and shade will be enjoyed for milleniums.“

Now having copied that note here I wish the dear German friends to reflect upon the immensity of the love of the Master for them and realize what a great duty and responsibility each and all have towards the fultilment of His Great Purpose. Surely the German friends are worthy of these affectionate words of the Beloved. But at His love is infinite, their devotion, harmony and activity should also be unceasing and limitless. For their prosperity, glory and confirmation I pray with heart and soul.

Aziz ulláh Bahádur.



Trauernachricht.

Aus St. Maurice (Kanton Wallis) geht uns die tieferschütternde Nachricht zu, daß unser hochverehrter lieber Freund Herr Dr. med. Arthur Brauns am Schlusse seiner Faltbootfahrt durch die Schweiz am 1. September tötlich verunglückt ist. Einer Notiz aus einer Karlsruher Zeitung vom 3. September entnehmen wir, daß am Dienstag, den 1. Sept. 1/2 8 Uhr abends am Rhoneufer stehende Kinder Ueberreste eines Bootes und dahinter hertreibend einen Mann gesehen haben, der bald darauf in den Fluten verschwand. Die Nachforschungen ergaben, daß es sich um den 40 Jahre alten Schwiegersohn von Professor Dr. Forel handelt, Herrn Dr. Arthur Brauns aus Karlsruhe. Dr. Brauns hatte mit seinen zwei Söhnen aus Radolfzell am Bodensee die Reise zu seinem in Yvorne wohnenden Schwiegervater zum Teil im Faltboot, zum Teil per Eisenbahn unternommen. In Sitten angelangt, wollte Dr. Brauns mit dem Faltboot die Rhone herunterfahren bis zur Einmündung in den Genfer See. Die Leiche des Verunglückten konnte noch nicht geborgen werden. Man vermutet, daß sie in den Genfer See getrieben wurde.

Mit Herrn Dr. Brauns ist ein Mann von seltener Herzensgüte und hoher Denkungsart aus dieser Welt geschieden. Sein tragischer Tod wird auf alle, die ihn kannten und bei allen denen, die ärztliche Hilfe bei ihm, dem feinfühlenden hochgeschätzten Seelenarzt suchten, wie auch im besonderen bei allen Bahai einen tiefen Schmerz auslösen. Der Bahai-Nationalrat, dem er seit der Inkraftsetzung desselben angehört, verliert mit ihm eines seiner wertvollsten Mitglieder und trauert in tiefem Leid um diesen edlen treuen Freund. Der Tod hat Dr. Brauns aus dem Kreis eines schönen harmonischen Familienlebens, von der Seite seiner Gattin und fünf blühenden Kindern gerissen, denen er liebevollster Gatte, Vater und Freund zugleich war. Wir kommen in nächster Nummer darauf zurück, über sein so tragisch beendetes Leben zu berichten. Sein Andenken soll uns heilig sein.



Buchveröffentlichung.

Das Buch „Die Bahai-Offenbarung“, ein Lehrbuch von Thornton Chase, kommt demnächst aus dem Druck, Der Preis wird voraussichtlich sein: kartoniert (ähnlich der Verborgenen Worte) Mk, 4.—, in Halbleinen gebunden Mk, 4.60.

Es ist dies ein sehr wertvolles Buch, das tief in das Wesen der Bahailehre einführt und auch manche Lehren Baha’u’lláhs bringt, die nicht allgemein bekannt sind. Bestellungen unter gleichzeitiger Einsendung des Betrages und 30 Pf. Porto etc. erbittet der Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35.



Mitteilung vom Verlag.

Durch zweimalige Erhöhung der Buchdruckertarife hat sich die Herstellung unserer Zeitschrift derart verteuert, daß wir genötigt sind, das Bezugsgeld ab 1. Okt. pro Heft um 10 Pfennig zu erhöhen. Das vierteljährliche Bezugsgeld für die „Sonne der Wahrheit" beträgt daher künftig M. 1,80 im Inland und M. 1,90 fürs Ausland. Wir bitten die verehrlichen Leser, uns durch Gewährung dieser kleinen Erhöhung und durch pünktliche Vorauszahlung der Bezugsgelder, die fernere Herausgabe unserer Zeitschrift zu ermöglichen.




Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.


Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.


[Seite 113]

Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),

Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.) �