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SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft VI | AUGUST 1925 | |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahai-Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark. |
Heft 6 | Stuttgart, im August 1925 | 5. Jahrgang |
Inhalt: Das größte Glück liegt im Glück Anderer. — Bahainachrichten aus dem Osten. — Die Ursachen der religiösen Meinungsverschiedenheiten und wie sie beseitigt werden können. — Auszug aus dem Buch „Some answered Questions. — Esperanto-Kongreß, Genf. — Living Religions and the Bahai-Movement. - Alvoko de ’Abdu’l-Bahá. — Versammlungsbericht aus Leipzig.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Ueber die Bedeutung der Bahai-Bewegung muß man wissen, daß das, was für die Allgemeinheit gut ist, göttlich ist, und was göttlich ist, ist sicherlich für die Allgemeinheit. Wenn es wahr ist, ist es für Alle und wenn nicht, ist es für Niemand.
Deshalb kann eine göttliche Sache für das allgemeine Wohl nicht auf den Osten oder den Westen beschränkt werden, denn die Strahlen der Sonne der Wahrheit erleuchten beides, den Osten und den Westen.
Baha’u’lláh.
Ueber Liebe und Uebereinstimmung.
Wenn Liebe und Uebereinstimmung in einer einzigen Familie offenkundig sind, so wird die Famile vorwärtskommen, aufgeklärt und vergeistigt werden, wenn dagegen Feindseligkeit und Hader in einer solchen existiert, so ist Abbau und Zerstörung unvermeidlich. Dies stimmt ebenso auf die Einwohner einer Stadt zu. Wenn deren Einwohner den Geist der Eintracht und der Zusammengehörigkeit aufweisen, so werden sie ständig voranschreiten und es werden die Verhältnisse für die Menschen angenehmer werden, wohingegen durch Feindseligkeit und Händelsucht die Stadt erniedrigt wird und ihre Einwohner zerstreut werden. Ebenso verhält es sich mit den Menschen, die zu einem Volk gehören, sie entwickeln sich und nähern sich der Zivilisation und der Aufklärung durch Liebe und Einklang und bleiben unberührt von Krieg und Streit. Dies trifft schließlich bei der ganzen Menschheit im großen Ganzen zu. Wenn Liebe verwirklicht wird und die idealen geistigen Bande die Menschenherzen verbinden, so
wird die ganze menschliche Rasse höher gehoben werden, so wird die Welt ständig vergeistigter und strahlender werden und das Glück und die Ruhe der Menschheit unermeßlich zunehmen. Kriegführen und Streiten wird beendet sein, Unzuträglichkeiten und Zwietracht werden vorübergehen und der Völkerfriede wird die Nationen und Stämme der Welt vereinen.
Abdul-Bahá Abbás.
Das größte Glück liegt im Glück Anderer.
Veröffentlicht im Star of the West (Juni 1925).
In der materiellen Welt ist die größte und die beherrschendste Note der Kampf um die Existenz — dessen Ergebnis das Ueberleben des Stärkeren ist. Das Gesetz des Ueberlebenden, des Stärkeren ist der Anfang alles Uebels. Es ist die Ursache des Kriegs und des Kampfes, des Hasses und der Feindschaft zwischen den Menschen. In der Welt der Natur besteht Unterdrückung, Selbstsucht, Angriff, Anmaßung, widerrechtliche Aneignung des Rechts Anderer und andere tadelnswerte Eigenschaften, die die Mängel des Tierreiches sind. Deshalb ist, so lange als die Erfordernisse der Welt der Natur die erste Rolle unter den Menschenkindern spielen, Erfolg und Wohlfahrt unmöglich. Denn der Erfolg und die Wohlfahrt der Menschheit hängt von den Eigenschaften und der Vorzüglichkeit, mit der die Wirklichkeit der Menschheit geschmückt ist, ab, indessen das Erfordernis der Welt der (menschlichen) Natur der Verwirklichung dieses Ziels entgegenarbeitet.
Der Adel und der Ruhm des Menschen besteht darin, daß er unter allen Wesen der Aufgangsort der Gerechtigkeit ist. Ist ein größerer Segen für den Menschen denkbar, als die Erkenntnis, daß durch Göttliche Hilfe die Mittel zum Wohlergehen, zum Frieden und zur Wohlfahrt der menschlichen Rasse in seine Hand gelegt ist? Wie edel und vortrefflich ist der Mensch, wenn er als alleiniges Geschöpf diese Stufe, für die er bestimmt ist, erreicht. Und wie niedrig und verächtlich ist er, wenn er seine Augen dem öffentlichen Wohl verschließt und seine wertvollen Fähigkeiten für persönliche und eigennützige Ziele vergeudet. Das größte Glück liegt in dem Glück Anderer. Der, den es treibt, die unvergleichliche Stufe der Entsagung auf der Rennbahn der Gerechtigkeit und der Zivilisation zu erreichen, ist fähig, die wundervollen Zeichen der Welt, der Natur und der geistigen Welt zu verstehen.
Abdu’l-Bahá.
Bahainachrichten aus dem Osten.
Den Berichten des Nationalrates in Haifa entnehmen wir:
Am Abend des 28. Mai 1925 versammelten sich die Freunde aus Haifa und Akka — Shoghi Effendi, der treue Beschützer der heiligen Sache, in ihrer Mitte — am heiligen Grab in Bahji, wo sie anläßlich des 34. Todestages ihres erhabenen Meisters Baha’u’lláh unvergleichlich schöne Stunden der Andacht verlebten und einmütig ihre Herzen zu Dem erhoben, der allen wunden Herzen Heilung brachte und dessen Name das große Licht ist auf den dunklen Irrwegen menschlicher Unwissenheit und Voreingenommenheit.
In den Monaten Oktober und November 1914, als draußen die Völker zu den Waffen griffen und Kriegsgeschrei die ganze Welt erfüllte, weilte hier ’Abdu’l-Bahá, vierzig ruhige, friedvolle Tage lang, und damals richtete Er an die Freunde in Amerika jene wundervollen Tablette, in denen Er sie darüber aufklärte, wie dem kranken Weltenkörper Heilung zu bringen sei, und in denen Er alle die ergebenen Diener der Heiligen Sache bat, immer bereit zu sein und die Ausbreitung der herrlichen Botschaft mehr und mehr zu fördern.
Aus Baku,Transkaukasien, erfahren wir über die Tätigkeit der Bahai im Kaukasus folgendes:
Die Freunde dort, in Baku vor allem, arbeiten gemeinsam an dem guten Gedeihen der Sache. Junge Leute haben sich zusammengeschlossen, um in öffentlichen Vorträgen über das Leben derer zu berichten, die sich voll Heldenmut in den Dienst der Sache stellten und ihre hohe Mission untadelhaft erfüllt haben. Drei solcher Vorträge wurden gehalten von: Mirza Abul-Fadle, Mirza Haydar Ali und Kurrat’l-Ayn. Ferner kam in Baku ein Konvent zustande, an dem sich die Vertreter der fünf wichtigen Mittelpunkte im Kaukasus beteiligten. Folgende, die Ausbreitung der Sache im ganzen Land betreffenden Punkte wurden behandelt:
1. Planmäßige Regelung der Lehrtätigkeit im Kaukasus.
2. Gründung eines Nationalrats für Aserbeidschan.
3. Errichtung eines Mashriqu’l Adhkars.
4. Einführung von Bahailiteratur zur Verbreitung ihrer Grundsätze.
5. Erziehung der Bahaifrauen.
6. Schulen und Kindergärten.
7. Gründung von Vereinigungen junger Männer.
8. Verbreitung der Bahaizeitschriften aus anderen Ländern.
9. Dahin zu wirken, daß die Bahaibewegung von der Sovjetregierung öffentlich anerkannt wird.
Bagdad in Mesopotamien:
Freunde von hier haben in ihrer nächsten Umgebung drei neue Versammlungen ins Leben gerufen: In Jaqubiyych, Huvaydar und Avashiq und
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haben einen tatkräftigen jungen Bahai bei sich aufgenommen, der, weil er sich zu der Heiligen
Sache bekannte, gezwungen wurde, seine Vaterstadt Rescht zu verlassen.
Außerdem ist es den Freunden gelungen, ein Haus anzukaufen für 12000 Rps, in dem sie künftig ihre öffentlichen Versammlungen abhalten wollen.
Wie wir hören, wurde die Angelegenheit über das Haus Baha’u’lláhs von der ersten gerichtlichen Instanz zu Gunsten der Bahai entschieden, da aber die Gegenpartei Einspruch erhoben hat, muß der Fall noch einmal verhandelt werden.
Aus einem Rundschreiben aus Kashan erfahren wir:
Nach dem Vorfall in Aga Ridà hat die Heilige Sache bedeutende Fortschritte gemacht. Ein neuer Bahailehrer ist eingetroffen, der die Organisation der beiden Bahaischulen übernimmt und den regelmäßigen wöchentlichen Versammlungen neues Leben einflößt.
Ishqabad:
Einer der bekannten Religionslehrer hat sich nach Russisch-Turkestan begeben, um dort in der Oeffentlichkeit religiöse Fragen zu erörtern. Er ging von Moskau aus, durchwanderte sämtliche Transkaspischen Gebiete und ist jetzt in Ishqabad eingetroffen. Eine öffentliche Versammlung fand statt, in der die Freunde geschickt die Grundsätze der Bahailehre darlegten und der Erfolg war ein ungeheurer.
Den Lehrern der Bahai-Mädchenschulen in Ishqabad sei Dank gesagt für ihren unermüdlichen Eifer. Als die finanzielle Lage der Schule kürzlich sehr bedenklich war, gaben diese treuen
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Seelen drei Achtel ihres Jahresgehaltes freiwillig her, um deren Aufrechterhaltung damit zu bestreiten.
Bemerkenswert ist noch die Rückkehr von zwei Lehrern, die inzwischen in Persien gewesen waren. 18 Monate haben sie dort zugebracht und ihre Berichte lauten günstig über das Gedeihen der Sache in diesem Land. Einer von ihnen wurde von der geistigen Versammlung in Teheran aufgefordert, wieder zu kommen und er wird sich demnächst auf den Weg machen.... Einem Vorschlag Shoghi Effendis gemäß wurde ein Ausschuß gebildet, der die Weiterbildung der Frauen in die Wege zu leiten hat, und allem Anschein nach werden hier gute Erfolge erzielt. Ihre Zusammenkünfte finden in dem Mashriqu’l-Adhkar statt, an den 19-Tage-Festen, wo Aqa Siyyid ihdi sie über die Pflichten und Verantwortungen der Dienerinnen des Höchsten unterweist. Da jedoch eine große Anzahl dieser Frauen gar keine Schulbildung besitzt, wurden zwei Kurse eingerichtet: einer für solche, denen nur die Grundbegriffe bekannt sind, und ein 6-monatlicher für die Fortgeschrittenen. Auch eine Bibliothek wurde errichtet, in der für entsprechenden Lesestoff gesorgt ist. Eine Versammlung all dieser jungen Bahaifrauen dient der öffentlichen Aussprache über die Sache. Aqa Siyyid Kazim-i-Yazdi, der mehrere Jahre lang Torwart des Mashriqu’l-Adhkar in Ishqabad gewesen war, starb im Alter von 64 Jahren.
Auch aus Kirmanshah laufen günstige Nachrichten ein. Die Zahl der Freunde hat sich neuerdings erheblich vermehrt. Einer von ihnen, der als Arzt an der amerikan. Universität in Beirut in Syrien tätig ist, hat ein Haus gekauft und einen Teil davon den Bahai als Mittelpunkt für ihre Versammlungen zur Verfügung gestellt. Diese, wie die zahlreichen Ausschüsse arbeiten mit gutem Erfolg.
In den letzten drei Wochen erregte das gesundheitliche Befinden der hochverehrten Khanum, „dem grössten heiligen Blatt“ grosse Besorgnis bei den Freunden im Heiligen Land. Eine Lungenentzündung nötigte sie, sich einer beständigen ärztlichen Beaufsichtigung zu unterziehen, und der hohe Beschützer der heiligen Sache, Shoghi Effendi, ordnete an, daß drei bekannte Aerzte, — von denen zwei, nämlich Dr. Sulayman Bey Rafat aus Beirut und Dr. Saleh aus Aegypten, Bahai waren — die Behandlung übernehmen sollten.
Gott sei Dank hat sie sich auf wunderbare Weise wieder erholt und wird hoffentlich bald wieder ganz bei Kräften sein. Ihr Dasein war nach dem Hinscheiden des Meisters ein immerwährendes Gefühl des Trostes für Shoghi Effendi und insgesamt für die ganze Bahaiwelt.
24. Juni.
In Haifa sind im Laufe der letzten sieben Jahre wunderbare Veränderungen vor sich gegangen. Kräfte, die seit Jahren zu schlafen schienen, sind wieder erwacht, aus irgendwelchen geheimnisvollen Anlässen. Neue Industriezweige wurden gegründet, die Bautätigkeit ist in vollem Gang, aus aller Herren Länder strömen die Menschen herbei und neue Unternehmungen beginnen zu wachsen und sich zu entfalten. Zu diesen gehört z. B. das große Kraftwerk, das ganz Haifa mit Elektrizität versorgen soll.
Am Dienstag den 16. Juni fand eine Abschiedsversammlung für Shoghi Effendi statt, der, den eindringlichen Bitten der Freunde in Palästina folgend, Haifa am andern Morgen verlassen wollte, um in Begleitung von Soheil Effendi Afnan eine zweimonatige Erholungsreise anzutreten.
Ueber das Befinden des hochverehrten Größten Heiligen Blattes treffen glücklicherweise gute Nachrichten ein. Sie ist der einzige Trost während der langen Abwesenheit des hohen Beschützers der hl. Sache.
In Konstantinopel hat eine der dortigen führenden Zeitungen mit Namen „Watan“ einen Bericht veröffentlicht, der auf die kürzlichen Verfolgungen in Persien anspielt. Der Verfasser bezieht sich auf einen Bericht des Professors Dr. Forel in einem deutschen Blatt über die Verfolgungen der Bahai in Persien und er läßt sich dabei lang und breit über die Grundsätze dieser Lehre aus.
Freunde in Jazd in Persien sind ebenfalls daran, ein Stück Land zu erstehen, auf dem sie einen Mashriqu’l-Adhkar errichten wollen. 3000 Tumans ist der Kaufpreis, 2000 sind bis jetzt aufgebracht worden, das Uebrige wird hoffentlich bald noch zusammenkommen. Im Jahre 1903 war Jazd bekanntlich Mittelpunkt jener großen Verfolgung, bei welcher viele, selbst auch Kinder, den Märtyrertod starben.
In Bandar-i-Abbas am persischen Golf wurden 2 neue Ausschüsse gebildet. Einer, der sich mit der Verteilung von Bahaibüchern befaßt, und ein zweiter, der die Einrichtung von Kinderkursen übernimmt, jeweils dem verschiedenen Entwicklungsalter der Kinder Rechnung tragend.
Aus Bandar-i-’Lingeh, der Hauptstadt von ’Lingeh, das früher ein Teil von Laristan in der Provinz Fars war, nun aber zum persischen Golf gehört und eine Mischbevölkerung von Persern, Türken und Arabern aufweist, wird ebenfalls die Gründung einer Bahaiversammlung gemeldet.
Aus Shiraz kam die Nachricht, daß die Verwüstungen, die der Wolkenbruch in Nayriz angerichtet hat, sich auf 75825 Tumans belaufen. Von
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den bis jetzt gespendeten Entschädigungsbeiträgen wurde ein Teil für den Aufbau des Pilgerhauses, der Schule und des Mashriqu’l-Adhkar verwandt und der Rest je nach Höhe des erlittenen Schadens verteilt.
Die Versammlungen in Kirmanschah sind eifrigst bemüht, der Sache Gottes die Wege zu bereiten. Eine neue Bibliothek „Ummid" wurde eröffnet.
Anläßlich des 19-Tagefestes sprach in Haifa Mirza Mahmud Saryani, der soeben von seiner Vortragsreise aus Indien zurückgekehrt war, über den ungeheuer starken Einfluß der Bahaisache in Indien und Burma. An Hand verschiedener Beispiele führte er aus, welch fruchtbaren Boden dieses so öde Land für einen kundigen Sämann birgt. Die Leute dort dürsten nach etwas Gehaltvollerem, als ihre bisherigen Lehrer es ihnen zu geben vermochten; das Ideal aber, nach dem sie suchen, ist in den Grundsätzen der Bahailehre enthalten.
Die Versammelten gingen auseinander mit dem einmütigen Wunsch, daß Shogi Effendi, der treue Beschützer dieser Heiligen Sache, Ruhe finden möge und neue Kraft, um bald wieder zu ihnen zurückkehren zu können und sie weiter zu geleiten auf den herrlichen Wegen ihres geliebten Meisters 'Abdu'l-Bahá.
Port Said.
Im Laufe des letzten Monats weilten viele Pilger in unserer Stadt, die uns manches Erfreuliche über die Fortschritte und Besserung der Lage unserer Freunde berichteten.
Jenabi Isphandiar und seine Freunde kamen von Bombay und wohnten einigen unserer Sitzungen bei. So auch unsere herrliche Schwester Frl. Martha Root, die über ihre erfolgreiche Reise durch Japan, China, Australien und Südafrika sprach. Wir waren sehr glücklich über ihren Besuch und beten für ihre weiteren Erfolge.
Am 12. d. Mts. hatten wir die Freude, Frau Blundell mit Sohn und Tochter, Stevenson und Fräulein Baker aus Neu-Zeeland in Australien bei uns begrüssen zu dürfen.
Ihr Aufenthalt war jedoch nur von kurzer Dauer.
Auf ihrer Rückkehr von Haifa, von wo Mirza Azizullah Bahadur sie begleitete, besuchten sie unsere Versammlung, die ganz und gar von reinster Liebe durchdrungen war.
Wir hießen sie aufs herzlichste willkommen, und werden nie ihre große Liebe, Treue und Ergebenheit vergessen. Jetzt sind sie nach England abgereist, wir erwarten sie aber bald wieder zurück.
Herr Dr. Kassim Khan, der heute hier ankam, besuchte auch unsere Versammlung.
Herr Fujita, der vier schöne Tage bei uns weilte, mußte nach Haifa abreisen.
Mirza Azizullah gab uns die frohe Versicherung von dem Wohlbefinden unseres geliebten Beschützers wie auch des hochverehrten größten heiligen Blattes und der ganzen heiligen Familie. Er berichtete ausführlich über die ungeheure Arbeitslast und göttliche Kraft dieser Geliebten. Shoghi Effendi, sagt er, sei überaus beschäftigt und seine ganze Zeit sei mit dem Dienst für die heilige Sache und deren sachgemäßen Förderung ausgefüllt.
Sein gütiges Herz ist beglückt über die Nachricht, daß der Geist der Liebe, der Einmütigkeit und Ergebenheit immer mehr unter den Freunden zum Vorschein kommt. Leider ist er körperlich sehr ermüdet und findet kaum Zeit zu seiner eigenen Erholung.
Da Mirza Azizullah um Shoghi Effendis Gesundheit bangt, rät er den Freunden, doch in ihn zu dringen und ihn zu bewegen, sich wenigstens während der Sommermonate, die in Haifa ohnehin schon unerträglich heiß sind, eine kurze Erholungszeit zu gönnen.
Wir wollen dieser wichtigen Angelegenheit unsere ganze Aufmerksamkeit zuwenden.
Wir senden Euch unsere Grüße zum Rizwan und gedenken Euer voll Herzlichkeit und hoffen, daß unsere neuen geistigen Versammlungen Euch den schuldigen Dank für all Eure Güte erbringen werden.
Da die Notwendigkeit, in Port Said eine Bahaibibliothek zu besitzen, immer dringender wird, haben die Freunde beschlossen, dort eine solche einzurichten,
Sofort wurden Beiträge gezeichnet und bis Mitte Juni 1926 werden wohl die erforderlichen Mittel beisammen sein.
Wir sind der festen Ueberzeugung, daß dieser Schritt von großem Nutzen sein wird für alle die, die so begierig nach einer göttlichen Unterweisung verlangen, und daß auf diese Weise die Verbreitung der Lehre in Port-Said schnell vor sich gehen und sich von da aus über ganz Aegypten ausdehnen wird.
Wir teilen Euch dies alles mit, da wir hoffen, daß es Euch interessieren wird, und wir möchten auch Euch um Beistand und Hilfe bitten.
Bahaibücher in jeder Sprache, wissenschaftlicher, geschichtlicher und religiöser Art sind uns willkommen.
Den Namen des Absenders bitten wir auf das Titelblatt zu schreiben und die Bücher an unser Sekretariat zu senden. Mit herzlichem Dank im voraus, Eure ergebenen Diener in der heiligen Sache
M. Mustapha, Sekretär.
Die Ursachen der religiösen Meinungsverschiedenheiten und wie sie beseitigt werden können.
Eine Ansprache 'Abdu'l-Bahás, gehalten am 16. Juni 1912 in der Zentral-Congregational-Kirche in Brooklyn.
(Stenogr. aufgenommen von Miß Ester Foster.)
'Abdu'l-Bahá wurde von Pastor S. Parkes Cadman mit folgenden Worten eingeführt:
„Meine lieben Freunde und Glieder von Gottes Familie! Es bereitet mir Vergnügen, euch zu sagen, daß ’Abdu’l-Bahá heute abend zu uns sprechen wird.
Christliche Leute können sich erlauben, absolut frei zu sein; ich meine nicht tolerant, ich kümmere mich nicht um dies Wort, sondern ich meine, sie können frei und unparteiisch sein in der Ausdehnung der Freiheit und Höflichkeit auf andere Völker. Wenn es auf mich ankäme, dann würde ich auch einen hebräischen und einen katholischen Bruder einladen, um mir von jedem sein Bekenntnis auslegen zu lassen.
'Abdu'l-Bahá, unser Bruder, kam zu uns vom fernen Osten, der immer der Geburtsort aller großen Weltreligionen war. Er kam zu uns, um zu uns zu sprechen, wie Gott zu ihm gesprochen hat, und ich will euch nun diesem Besucher anvertrauen, denn wir sind stolz darauf, ihn in unserer Mitte zu haben.“
'Abdu'l-Bahá sprach: „Dies ist ein schöner Tempel und eine gute Gemeinde, denn, Preis sei Gott, dies ist ein Tempel, in dem Gewissensfreiheit herrscht. Jede Religion und jede religiöse Bestrebung darf hier frei verkündigt werden. Wie es in der Politik nötig ist, Gedankenfreiheit zu haben, so sollte auch in der Religion jedermann das Recht auf eine uneingeschränkte Meinung haben. Betrachtet, welch ein großer Unterschied besteht zwischen der Demokratie und den alten despotischen Regierungsformen. Unter einer despotischen Regierung sind die Meinungen der Menschen nicht frei, während bei einer demokratischen Regierung der größte Fortschritt möglich ist, weil bei ihr weder Gedanken noch Rede beschränkt sind. Ebenso ist es in der Religion. Wenn Gewissensfreiheit herrscht, d.h, wenn sich jedermann gemäß seiner Ideenbildung über seinen eigenen Glauben aussprechen darf, dann wird ohne weiteres Entwicklung und Wachstum daraus hervorgehen. Dies ist eine gesegnete Kirche, weil ihre Kanzel für jede Religion offen steht und weil Redner aus allen Religionen ihre Ideale der Gemeinde frei und offen darlegen dürfen. Aus diesem Grunde bin ich dem ehrwürdigen Herrn Pastor sehr dankbar, denn ich finde, daß er ein Diener der Einheit der Menschheit ist.
Die heiligen Manifestationen, welche die Urheber der verschiedenen Religionssysteme sind, sind alle eins, sie stimmen alle miteinander überein. So sind Abraham, Mose, Zoroaster, Buddha,
Jesus, Mohammed, der Bab und Bahá’u’lláh eins im Geist und den Lehren. Ja noch mehr, jeder Prophet hat die Lehre dessen erfüllt, der vor ihm da war
und jeder Prophet verkündigte das Erscheinen dessen, der nach ihm kommen
werde. Betrachtet, wie Abraham das Kommen Moses voraussagte und wie
Mose diese Darstellung Abrahams bestätigte. Mose prophezeite das messianische oder christliche Zeitalter und Christus erfüllte das mosaische Gesetz. Es ist deshalb klar, daß alle geeinigt
und einig sind; es gibt keinen Unterschied oder irgendwelche Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen. Sie alle sind Gründer der Wirklichkeit und Verkündiger der Religion Gottes. Die Religion Gottes ist Wirklichkeit und diese gibt es nicht in der Mehrzahl, denn es
gibt nur eine Wirklichkeit. Die göttlichen Religionen haben deshalb alle nur
eine Grundlage, weil sie alle auf diese eine Wirklichkeit gegründet sind. Aber
die Anhänger dieser Religionen wurden uneins, Mißklang, Feindseligkeiten, Streit,
Erbitterung und Kriege reiften unter ihnen, weil sie das göttliche Fundament
der Wirklichkeit verlassen haben und sich an das hielten, was Nachahmung genannt wird. Insoweit nun diese Nachahmungen von einander abwichen, hat sich Streit und Feindschaft eingeschlichen.
Zum Beispiel Christus — möge mein Geist ein Opfer für Ihn sein — legte das
Fundament, und dieses Fundament war die ewige Wirklichkeit. Aber nach der Zeit
Christi entstanden viele Sekten. Was hat nun die Entstehung dieser Sekten verursacht? Sie wurden ohne Zweifel durch dogmatische Nachahmungen verursacht, denn die von Christus gelegten
Fundamente bildeten das eine Fundament der Wirklichkeit. Indem sich
diese Nachahmungen einnisteten, entstanden verschiedene Gemeinschaften und Konfessionen. Wenn nun
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die christlichen Konfessionen und Gemeinschaften einmal die Wirklichkeit erforschen, dann wird sie das Fundament Christi, welches die göttliche Wirklichkeit ist, alle einigen.*) Es wird keine
Feindseligkeit oder Erbitterung mehr
unter ihnen zurückbleiben, denn sie werden alle der einen Wirklichkeit nacheifern. Wenn nun in gleicher Weise die jetzt vorhandenen Religionssysteme ihre
von den Vorfahren ererbten Nachahmungen aufgeben und die Wirklichkeit
erforschen würden, wenn sie sich bemühen wollten, die wirkliche Bedeutung
der heiligen Schriften herauszufinden, dann würden sie bald geeinigt sein und übereinstimmen, denn das Fundament aller Religionen ist die Wirklichkeit. Solange
sie diesen gefälschten Lehren oder Nachahmungen folgen und die Wirklichkeit
nicht erforschen, wird unzweifelhaft Erbitterung und Streit unter ihnen herrschen und sich Tag für Tag vergrößern. Laßt mich diesen Punkt etwas näher erläutern. Mose und die israelitischen Propheten verkündigten das Kommen des Messias, aber sie taten dies in symbolischen Worten. Als dann Christus erschien, verwarfen ihn die Juden, obgleich es Tatsache ist, daß sie seine Manifestation erwarteten und in den Tempeln und Synagogen beteten und flehten: "O Gott,
beschleunige das Kommen des Messias!“ Als aber seine Heiligkeit der Messias
erschien, verleugneten sie ihn. Warum verleugneten sie ihn? Weil sie den Nachahmungen Glauben geschenkt und die Wirklichkeit nicht erforscht hatten. Sie
hatten den inneren Sinn der Bibel nicht erkannt. Sie machten Einwendungen und sagten:
1. „Wir erwarten Christus, aber das Kommen des Christus ist an gewisse Erfüllungen gebunden. Die Propheten gaben hiefür gewisse Ankündigungen. Eines der prophetischen Zeichen in bezug auf sein Kommen ist, daß Seine Heiligkeit von einem unbekannten Ort kommen werde; dieser Messias dagegen kam von Nazareth. Wir kennen sein Haus und seine Mutter.
2. Eine der Bedingungen oder eines der messianischen Zeichen ist, daß sein Scepter ein eiserner Stab sein werde, (Ps.2:9) dieser Christus hatte aber nicht einmal ein Scepter aus Holz."
3. Er wird auf dem Throne Davids sitzen, dieser Messias dagegen befindet sich in einem Zustand größter Armut und hat nicht einmal eine Matte, worauf er sitzen könnte.“
4. Er wird den Westen und den Osten besiegen. Diese Persönlichkeit hat aber noch nicht einmal ein Dorf besiegt, wie könnte er dann der Messias sein?
5. Er hat die Gesetze der Bibel zu verkündigen. Dieser aber hat es nicht nur unterlassen, die Gesetze der Bibel zu verkündigen, sondern er hat sogar das Gesetz des Sabbaths gebrochen.
6. Der Messias müßte alle Juden, die in Palästina zerstreut sind, sammeln und sie ehren. Dieser aber hat die Juden herabgesetzt; er hat sie nicht versammelt.
7. „Durch seine Regierung sollen sich sogar die Tiere seines Segens erfreuen.
Nach den prophetischen Worten soll der Messias die Welt beeinflussen und der Friede soll derart sein, daß alsdann der Adler und die Wachtel zusammenleben, der Löwe und das Reh auf derselben Wiese weiden, der Wolf und das Lamm auf demselben Weideplatze liegen. Unter den Menschen wird der Kampf gänzlich aufhören und die Kriege werden nicht mehr sein. Die Schwerter werden in Pflugscharen und die Spieße in Sicheln verwandelt werden und die Kriege werden für immer verschwinden. In den Tagen dieses Messias sahen wir nun die Ungerechtigkeit derart vorherrschen, daß sogar er selbst geopfert wurde. Wie kann er daher der verheißene Messias sein? Dieser Messias ist nicht der verheißene Christus.“
Solche schändlichen Worte brachten sie in bezug auf Christus zum Ausdruck.
Die Juden konnten die Bedeutung dieser Prophezeihungen nicht begreifen, weil sie in der See der ererbten Nachahmungen versunken waren. Alle diese Prophezeihungen waren erfüllt, da sich aber die Juden beharrlich an die angestammten Nachahmungen hielten, so begriffen sie die Bedeutung der hl. Bibel nicht; deshalb verwarfen
- ) Dies scheint in der jetzt gerade tagenden Weltkonferenz der Christlichen Kirchen in Stockholm
seiner Erfüllung schon einen bedeutenden Schritt nahe gekommen zu sein. (Der Uebersetzer.)
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sie den Messias. Der Sinn der prophetischen Worte war nicht die äußere buchstäbliche, sondern die in Symbolen zum Ausdruck gebrachte Bedeutung. Sie sagten zum Beispiel, der Messias müsse
von einem unbekannten Orte kommen. Dies bezog sich nicht auf den Körper
Jesu. Es bezog sich auf die Wirklichkeit des Christus; d.h. die Christuswirklichkeit kam von dem unsichtbaren Reich, denn die Christus-Wirklichkeit ist erhaben über jeden Ort.
Daß sein Schwert ein eisernes Schwert sein werde, bedeutet, daß seine Zunge das Wahre vom Falschen trennen und er durch dieses starke Schwert die Reiche der Herzen besiegen werde. Er siegte nicht durch einen eisernen Stab, sondern er besiegte den Osten und den Westen durch das Schwert seiner Zunge.
Er saß auf dem Throne Davids, aber seine Herrschaft war keine Herrschaft eines Napoleon; sie war auch keine Herrschaft eines Pharao. Die Christus-Herrschaft war eine ewige und immerwährende Herrschaft, für die es kein Ende gibt.
Mit der Verkündigung der biblischen Gesetze war die Wirklichkeit der Gesetze Moses gemeint. Diese geistigen Gesetze sind die wahre Grundlage der Wirklichkeit des Christentums. Es gibt auch keinen Unterschied zwischen ihnen, und er verkündigte sıe.
Er besiegte und überwand den Osten und den Westen. Dieser Sieg wurde errungen durch den Odem des Heiligen Geistes. Er beseitigte die Fesseln des Ostens und des Westens.
Nach den Prophezeihungen werden in Seinen Tagen der Wolf und das Lamm aus derselben Quelle trinken. Dies wurde verwirklicht. Unter der Quelle ist das Evangelium zu verstehen, von dem das Wasser des Lebens hervorsprudelt. Der Wolf und das Lamm versinnbildlichen die verschiedenen, einander feindlich gesinnten Rassen, die waren wie diese Tiere; sie konnten unmöglich zusammenkommen. Nachdem sie aber an Jesus Christus gläubig geworden waren, wurden diejenigen, die zuvor so verschieden waren wie die Wölfe und die Lämmer, durch die Worte des Evangeliums geeinigt. Damit will ich sagen, daß die Bedeutungen der Prophezeihungen erfüllt wurden. Da aber die Juden Gefangene der ererbten Nachahmungen waren und sich die Bedeutung und die Wirklichkeit dieser Worte nicht vorstellen konnten, verwarfen sie Christus; ja noch mehr, sie gingen sogar soweit, daß sie ihn kreuzigten. Bedenket, wie verderblich solche Nachahmungen sind. Dies waren Nachahmungen, die sie von ihren Vätern und Voreltern ererbt hatten, und weil sie sich an diese hielten, gingen sie des Segens, der von Christus ausging, verlustig.
Es ist deshalb klar, daß wir all diesen Nachahmungen entsagen müssen, damit wir nicht denselben Irrtum begehen, wie die Juden. Wir müssen die Wirklichkeit erforschen. Wir müssen alle selbstsüchtigen Absichten ablegen. Wir müssen alles, was vom Hörensagen herrührt, von unserem Geist verbannen und die Wirklichkeit erforschen. Die Juden betrachteten Christus als einen Feind Moses, während Christus die Worte Moses verkündigte. Er verbreitete den Namen Moses im Osten und im Westen; auch verbreitete er die Bücher Moses. Wenn Christus nicht gewesen wäre, dann würden wir wohl kaum je den Namen Moses gehört haben. Wenn sich Jesus Christus nicht als der Messias offenbart hätte, hätten wir das alte Testament nicht so vollständig erhalten. Tatsache ist es, daß Jesus Christus das mosaische Gesetz erfüllte und Mose in jeder Weise hochhielt. Aber blinder Nachahmungen wegen betrachteten die Juden Christus als einen Feind Moses.
Eine der zeitgenössischen Religionen ist der Islam. Diese Religion hat über 300 Millionen Anhänger. Von den alten Zeiten an bis auf den heutigen Tag gab es Feindschaft und Streitigkeiten zwischen den Mohammedanern und den Christen. Daran ist das Mißverständnis schuldig, das zwischen diesen zwei großen Religionen besteht. Wenn die Nachahmungen vergessen werden könnten, dann würde auch keine Feindschaft mehr zwischen ihnen vorhanden sein und sie würden in bester Kameradschaft miteinander leben.
Ich möchte nun eure Aufmerksamkeit auf einen sehr wichtigen Punkt lenken.
Alle Mohammedaner betrachten den Koran als das Wort Gottes. In diesem
Koran sind ausführliche Stellen vorhanden, die in der Bibel nicht überliefert
sind. Der Koran, die Bibel der Mohammedaner, enthält ausführliche Berichte,
daß Jesus Christus das Wort Gottes war, daß er der Geist Gottes war, daß Jesus
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Christus durch die Belebung durch den Heiligen Geist in diese Welt kam, daß
Seine Geburt durch den Heiligen Geist veranlaßt wurde und daß ihre Gnaden,
Maria, heilig und geheiligt war. Im Koran ist der Geschichte Jesu Christi ein ganzes
Kapitel gewidmet und es ist berichtet, daß er in seiner Jugendzeit Gott verehrte
in dem Tempel von Jerusalem; daß Manna für ihn vom Himmel herabkam
und daß er bald nach seiner Geburt Worte äußerte. Kurz gesagt, im Koran
ist in bezug auf Christus ein Lobpreis und ein Lob enthalten, wie ihr es in den
Evangelien nicht finden werdet. Die Evangelien berichten nichts davon, daß
das Jesuskindlein bald nach seiner Geburt sprach. In den Evangelien ist auch
nicht berichtet, daß Gott Nahrung für das Christuskindlein vom Himmel herabsandte, aber im Koran ist wiederholt behauptet, daß Gott Tag für Tag Manna als Nahrung für das Kind herabsandte.
Wunderbar ist, daß Mohammed, als er sein Werk und seine Mission verkündigte,
folgende Worte an sein eigenes Volk richtete: „Warum habt ihr nicht an Jesus
Christus geglaubt? Warum habt ihr das Evangelium nicht angenommen? Warum
habt ihr nicht an Mose geglaubt ? Warum habt ihr nicht an das Alte Testament
geglaubt? Warum habt ihr nicht an die
israelitischen Propheten geglaubt? Warum habt ihr nicht an die Jünger Christi
geglaubt? Als erste Pflicht lege ich euch Arabern auf, daß ihr an diese glaubet.
Ihr müßt Mose als einen Propheten betrachten. Ihr müßt Jesus Christus als
das Wort Gottes betrachten. Ihr müßt das Alte und das Neue Testament als das
Wort Gottes annehmen. Ihr müßt Jesus Christus als die Frucht des Heiligen
Geistes anerkennen.
Sein Volk erwiderte ihm: "Sehr gut, wir wollen an ihn glauben, aber unsere Väter und Voreltern glaubten nicht an ihn und doch sind wir stolz auf sie. Was wird aus ihnen? Und Mohammed sagte: „Ich erkläre euch, daß sie die unterste Stufe der Hölle bewohnen, weil sie nicht an Mose glaubten, weil sie nicht an Christus glaubten und weil sie die Bibel nicht annahmen. Sie befinden sich in einem Zustand der Verzweiflung in der Hölle, obgleich sie meine Vorfahren waren.“ Dies ist ein ausführlicher Abschnitt aus dem Koran. Es ist keine Ueberlieferung, es ist keine leere Erzählung. Es steht im Koran, der in den Händen des Volkes ist. Deshalb ist es klar, daß es Mißverständnisse sind, die so viele Kriege und Streitigkeiten verursachten. Wenn beide Parteien (die Christen und die Mohammedaner) die Wirklichkeit erforschen würden, dann würde dadurch die größte Einigkeit und Freundschaft zustande kommen, Streit und Feindseligkeiten würden für immer verschwinden, und die Menschheit würde Friede und Ruhe finden.
Es gibt 250 Millionen Christen und über 300 Millionen Mohammedaner. Wie viel Blut wurde vergossen, wie viele Menschen wurden umgebracht, wie viele Kinder wurden vaterlos; wie viele Väter verloren ihre Kinder; wie viele Mütter beweinten den Verlust ihrer Lieben. Alle diese Dinge sind den Nachahmungen und Mißverständnissen zuzuschreiben. Wenn die Heiligen Schriften richtig verstanden worden wären, dann würde diese Uneinigkeit nicht aufgekommen sein; es würde die größte Liebe und Brüderlichkeit geherrscht haben. Dasselbe ist der Fall bei allen anderen Religionen. Ich gab diese Schilderung, um dadurch auch die Verhältnisse bei den anderen Völkern vor Augen zu führen. Es soll damit gesagt sein, daß die Religion Gottes das Mittel zur Einigkeit ist. Die heiligen göttlichen Manifestationen Gottes waren alle Gründer der (brüderlichen) Gemeinschaft. Sie kamen alle in die Welt, um Brüderlichkeit und Freundschaft zu stiften. Sie kamen nicht, um Mißklang, Streit und Feindschaft unter die Menschen zu bringen. Die Religion Gottes ist die Ursache der Liebe, wenn sie aber zur Ursache des Streites und der Feindschaft wird, dann ist es sicherlich besser, ohne sie zu sein, denn alsdann ist sie ein Unglück für die Menschheit. Es ist daher sicher, daß sich die Menschheit von einem solchen Unglück befreien muß.
Im Orient befanden sich die verschiedenen Völker in einem Zustand des
Streites und des Aufruhrs. Es herrschte großer Haß und Feindschaft unter ihnen.
Dunkelheit umgab alle Nationen. In einer solchen Zeit trat Baha’u’lláh auf. Er beseitigte all diese Nachahmungen, welche die Ursache der Trennung waren und
legte das Fundament für die eine Religion Gottes. Als die Nachahmungen beseitigt waren, da zeigte es sich, daß Mohammedaner, Christen, Juden,
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Zoroastrier und Buddhisten in Liebe und Freundschaft geeinigt waren. Diejenigen Seelen,
die Baha’u’lláh aus allen Nationen nachfolgten, wurden wie eine Familie, sie
lebten in einem Zustand der größten Liebe und Eintracht und waren sogar
willens, ihr Leben füreinander aufzuopfern. Zum Beispiel gaben die Mohammedaner ihr Leben hin für die Christen, die Juden opferten ihr Leben für die Christen, und sie alle waren willens,
ihr Leben aufzuopfern für die Zoroastrier, und leben jetzt in größter
Liebe, Freundschaft und Einigkeit. Sie haben den Zustand ihrer Wiedergeburt
erlangt. Sie wurden neubelebt durch den Odem des Heiligen Geistes. Preis sei
Gott! ein solches Leben ging vom Osten aus und schließlich wird die Zeit kommen, in der es im Osten keine Uneinigkeit und keine Feindschaft mehr geben
wird. Durch die Macht Baha’u’lláhs werden alle geeinigt werden. Baha’u’lláh
hißte diese Fahne der Einheit der Menschheit im Gefängnis, und als er von zwei
Königen in der Verbannung gehalten wurde, schrieb er während der Tage
seiner Einkerkerung an alle Könige. Er
ermahnte sie zur Eintracht, zur Einigkeit und zum internalionalen Frieden. Er
machte ihnen zur Pflicht, ein Weltschiedsgericht einzusetzen, zu dem alle
Regierungen Delegierte senden sollen.
Dies soll dann einen großen Schiedsgerichtshof der Gerechtigkeit bilden, in
dem alle internationalen Streitigkeiten geschlichtet werden müssen. Er schrieb
an die Königin Victoria von England, an den Zar von Rußland, an den König
von Preußen und an Napoleon den III. von Frankreich. Er schrieb an alle
Könige und ermahnte sie zur Einigkeit
und zum Frieden. Durch eine himmlische Macht wurde er befähigt, diese
Ideale im Orient zu verbreiten. Sogar Könige konnten seiner Macht nicht
widerstehen. Sie bemühten sich, seine Lampe auszulöschen, aber Baha’u’lláh
widerstand sogar im Gefängnis dem Schah von Persien und dem Sultan der
Türkei. Er verbreitete sein Wort, bis er endlich das Banner der Wahrheit und
der Einheit der menschlichen Rasse im Orient aufpflanzte. Ich selbst war vierzig
Jahre lang ein Gefangener, bis die Jungtürken vom Komitee für Einheit und
Fortschritt den Despotismus Abdul Hamids besiegten, ihn selbst entthronten
und Freiheit verkündigten. Wenn das Komitee für Einheit und Fortschritt nicht
gewesen wäre, dann wäre ich ein Gefangener geblieben bis zum Ende meines
Lebens. Bemerkenswert ist, daß es Baha’u’lláh im Gefängnis möglich war, die
Fahne des Friedens zu hissen, obgleich
zwei despotische Könige seine Unterdrücker waren. Der König von Persien
Nasr-Ed-Din Schah ließ 20000 Bahais töten. Diese Märtyrer opferten ihr Leben
mit größter Bereitwilligkeit für ihren Glauben. Diese zwei Könige konnten
einem Gefangenen nicht widerstehen, dieser Gefangene pflanzte die Fahne der
Menschenfreundlichkeit auf und verursachte, daß die orientalischen Völker geeinigt wurden. Jetzt leben im Orient nur diejenigen noch immer in Feindschaft
miteinander, die Baha’u’lláh nicht nachfolgen; aber diejenigen aus allen Nationen, die Baha’u’lláh nachfolgen, erfreuen sich eines Zustandes der Brüderlichkeit und der Freundschaft. Wenn ihr
einer ihrer Versammlungen beiwohnen
könntet, so würdet ihr keinen Unterschied finden zwischen den Christen und
den Mohammedanern, ihr würdet nicht wissen, wer von ihnen zuvor ein Jude,
ein Zoroastrier oder ein Buddhist war, sie sind alle in größter Liebe miteinander
verbunden, als ob sie einer Familie angehörten und als ob sie ein Volk wären.
„Darum, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Uebers. v. Wilh. Herrigel.
Ueberlieferte Beweise, erläutert durch Beispiele aus dem Buche Daniels.
Aus Some „answered Questions“. (Uebersetzt von Wilhelm Herrigel.)
'Abdu'l-Bahá sprach:
Wir wollen heute bei Tisch etwas über Beweise sprechen. Wenn ihr in den
Tagen der Offenbarung des klaren Lichts (Baha’u’lláh) an diesen gesegneten Ort
gekommen wäret, wenn ihr in den Vorhof seiner Gegenwart gelangt, Zeuge
seiner leuchtenden Schönheit gewesen
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wäret, dann würdet ihr es verstanden haben, daß seine Lehren und seine Vollkommenheiten keines weiteren Beweises bedürfen.
Schon dadurch, daß manche Menschen die Ehre hatten, in seine Gegenwart zu kommen, wurden viele überzeugte Gläubige; sie hatten keinen anderen Beweis nötig. Sogar diejenigen, die ihn ablehnten und ihn bitter haßten, bezeugten, sobald sie mit ihm zusammen kamen, die Größe Baha’u’lláh’s und sagten: „Dies ist ein herrlicher Mann, aber wie schade, daß er einen solchen Anspruch erhebt, denn alles andere, was er sagt, ist annehmbar.“ Aber nachdem dies wirkliche Licht untergegangen ist, haben alle Menschen Beweise nötig, und so sind wir darangegangen, logische Beweise der Wahrheit seines Anspruches darzubieten. Wir wollen nun noch einen anderen Beweis anführen, der allein schon allen rechtlich Denkenden genügt und von niemand geleugnet werden kann. Es ist der Beweis, daß dieses erhabene Wesen seine Sache in dem „Größten Gefängnis (Akka)“ aufrichtete. Von diesem Gefängnis aus erstrahlte sein Licht, eroberte sein Ruhm die Welt und die Verkündigung seiner Herrlichkeit erreichte den Osten und den Westen. Aehnliches ist bis zu unserer Zeit noch nicht vorgekommen.
Wenn es eine Gerechtigkeit gibt, wird dies anerkannt werden; es gibt aber manche Leute, die selbst dann nicht gerecht urteilen, wenn man ihnen alle Beweise der Welt anführt.
So konnte ihm die Staats-Religion Persiens mit all ihrer Macht nicht widerstehen. Wahrlich, trotzdem er einzeln und allein, gefangen und unterdrückt dastand, vollführte er doch, was er wollte.
Die Wunder Baha’u’lláh’s will ich nicht erwähnen, denn es könnte vielleicht gesagt werden, sie seien Ueberlieferungen, die sowohl auf Wahrheit als auf Irrtum beruhen können, wie die Berichte der Wunder Christi, die uns von den Aposteln und von niemand anders überliefert wurden und von den Juden geleugnet werden. Wenn ich dennoch die übernatürlichen Taten erwähne, die Baha’u’lláh verrichtete, so muß ich sagen, sie sind zahllos; sie wurden im Orient sogar von denjenigen anerkannt, die der heiligen Sache fernstanden, aber diese Erzählungen gelten nicht für alle als ausschlaggebende Beweise und Zeugnisse; wer sie hört, könnte vielleicht sagen, dieser Bericht werde wohl nicht mit dem übereinstimmen, was sich zugetragen hat, denn es ist bekannt, daß andere Religionen auch Wunder berichten, welche ihre Stifter verrichtet haben. Die Brahamen berichten z.B. auch Wunder; welchen Beweis haben wir nun, um zu wissen, daß die einen falsch und die anderen wahr sind? Wenn die einen Fabeln sind, sind es die anderen auch, wenn die einen allgemein angenommen werden, werden die anderen ebenfalls allgemein angenommen. Infolgedessen sind diese Berichte keine befriedigenden Beweise; Wunder sind nur Beweise für den Zuschauer, und sogar ein solcher ist imstande und betrachtet sie nicht als Wunder, sondern als Zauberei. Außerordentliche Kunststücke sind auch von Zauberern berichtet.
Kurz gesagt, durch Baha’u’lláh wurden viele wunderbaren Dinge vollbracht, aber wir berichten dieselben nicht, denn sie bilden keine Beweise und Zeugnisse für die Menschen und sie sind nicht einmal ausschlaggebende Beweise für die, die sie sahen, denn sie können diese für bloße Zauberei halten. Die meisten der von den Propheten erwähnten Wunder haben auch eine innere Bedeutung. In den Evangelien ist z.B. berichtet, daß bei der Kreuzigung Christi eine Finsternis herrschte, daß es ein Erdbeben gab und daß der Vorhang im Tempel zerriß von oben bis unten und daß die Toten aus ihren Gräbern hervorkamen. Wenn diese Ereignisse eingetreten wären, so wären sie in der Tat wunderbar gewesen, und sie würden sicherlich in der Weltgeschichte berichtet worden sein. Sie wären für viele zur Ursache des Herzleides geworden. Die Soldaten hätten Christus entweder vom Kreuze heruntergenommen, oder sie wären geflohen. Diese Ereignisse sind in keiner Geschichte berichtet. Deshalb ist es klar, daß sie nicht buchstäblich genommen werden sollten, sondern sie müssen als Ereignisse betrachtet werden, die eine innere Bedeutung haben.
Wir beabsichtigen nicht, solche Wunder zu leugnen; unsere Meinung ist nur die, daß sie keine entscheidenden Beweise bilden und daß sie eine innere Bedeutung haben.
Demgemäß wollen wir auf die
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Auslegung der in den heiligen Büchern gegebenen überlieferten Beweise bezug
nehmen. Was wir bis jetzt darüber sprachen, waren logische Beweise.
Wer ernstlich nach Wahrheit strebt, sollte sich in einem Zustand befinden,
wie die nach dem Wasser des Lebens
dürstende Seele, wie der dem Meer zustrebende Fisch, wie der nach dem
wahren Arzte und göttlicher Heilung verlangende Kranke, wie der in der
Wüste Irrende und nach dem rechten Weg Suchende, wie das vom Sturm verschlagene und das rettende Ufer suchende Schiff.
Der Suchende muß auch mit gewissen Eigenschaften ausgestattet sein. Vor allem muß er gerecht sein und sich von allem anderen außer Gott trennen; sein Herz muß gänzlich dem höchsten Horizont zugewandt sein; er muß befreit sein von den Fesseln des Lasters und der Leidenschaften, denn solche sind Hindernisse; er muß außerdem fähig sein, alles Ungemach zu erdulden; er muß absolut rein und geheiligt sein, muß auch frei sein von der Liebe und dem Haß der Bewohner dieser Welt. Warum? Weil die Liebe oder der Haß gegenüber einer Person oder einer Sache ihn verhindern könnte, die Wahrheit zu erkennen. Für das Suchen ist dies die Bedingung, und der Suchende muß diese Eigenschaften haben. Solange er diesen Zustand nicht erreicht hat, ist es ihm unmöglich, zu der Sonne der Wirklichkeit zu kommen.
Laßt uns nun wieder zu unserem Thema zurückkehren.
Alle Völker der Welt erwarten zwei göttliche Offenbarungen, die gleichzeitig erscheinen müssen; alle warten auf die Erfüllung dieser Verheißung. In der Bibel haben die Juden die Verheißung von dem Herrn der Heerscharen und dem Messias, in den Evangelien ist die Wiederkehr Christi und Elias verheißen.
In der Religion Mohammeds gibt es die Verheißung des Mahdi und des Messias, und Gleiches ist bei den Zoroastriern und anderen Religionen der Fall. Wenn wir aber alle die Verheißungen im einzelnen anführen wollten, würde es zu lange währen. Die wesentliche Tatsache ist, daß allen Völkern zwei göttliche Offenbarungen verheißen sind, welche nach einander kommen werden. Es wurde prophezeit, daß während dieser beiden Offenbarungen die Erde verwandelt und die Welt erneuert werde und die Dinge sich in neuen Gewändern zeigen werden. Gerechtigkeit und Wahrheit werden die Welt umfassen. Haß und Feindschaft werden verschwinden, alle Ursachen der Trennung unter den Völkern und Rassen werden dahinschwinden, und Einigkeit und Harmonie werden herrschen. Die Gleichgültigen werden erweckt, die Blinden sehend, die Tauben hörend, die Stummen werden sprechen, die Kranken werden geheilt und die Toten werden auferstehen. Der Krieg wird dem Frieden weichen, die Feindschaft wird durch Liebe besiegt werden; die Ursachen des Streites werden gänzlich beseitigt werden und wahre Glückseligkeit wird regieren. Die Welt wird zum Spiegel des himmlischen Königreiches und die Menschheit zum Throne der Gottheit werden. Alle Nationen werden geeint, alle Religionen vereinigt und die ganze Menschheit zu einer Familie und zu einer Rasse verschmolzen werden. Alle Länder der Welt werden eine Heimat werden, die Vorurteile hinsichtlich der Nationalität, des Patriotismus, der Persönlichkeit, der Sprache und Politik werden verschwinden und alle Menschen werden unter dem Schatten des Herrn der Heerscharen zum ewigen Leben gelangen.
Nun müssen wir aus den heiligen Büchern beweisen, daß diese zwei göttlichen Offenbarungen gekommen sind, und wir müssen die Bedeutung der Worte der Propheten erforschen, denn wir wollen nur Beweise, welche den heiligen Büchern entnommen sind.
Vor einigen Tagen brachten wir an dieser Tafel logische Beweise vor, welche die Wahrheit dieser zwei Offenbarungen begründen.
In dem Buche Daniels sind in dem 9. Kap. Vers 24 für die Zeit von der
Wiedererbauung Jerusalems bis zum
Kreuzigungstod Christi 70 Wochen festgesetzt. Mit dem Kreuzestode Christi
wurde das Opfer aufgehoben und der Altar zerstört. Dies ist eine Prophezeihung,
die das Kommen Christi betrifft. Diese 70 Wochen beginnen mit der Wiederherstellung und Wiedererbauung
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Jerusalems, über die von drei Königen vier Verordnungen herausgegeben wurden.
Die erste dieser Verordnungen wurde i.J. 536 v.Chr. durch Cyrus herausgegeben und ist berichtet im ersten Kap. von Esra, die zweite Verordnung stammt von dem Perserkönig Darius aus dem
Jahr 519 v.Chr. und ist erwähnt in Esra 6. Die dritte Verordnung ist die,
die der König Arthasastha im siebenten Jahre seiner Regierung, also im Jahre
457 v.Chr. gab; dies ist berichtet in Esra 7. Die vierte Verordnung wurde
ebenfalls von Arthasastha im Jahre 444 v.Chr. gegeben, und ist berichtet in
Nehemia 2.
Fortsetzung folgt.
Esperanto-Kongreß, Gent.
Vom 31. VII. bis 7. VIII. fand in Genf der XVII. Esperanto-Weltkongreß statt. Gegen 2500 Esperantisten waren dort aus allen Teilen der Welt zusammengekommen.
Miss Martha Root war im Mai von Haifa nach Genf gereist und hatte die würdige Vertretung der Heiligen Lehre in vorbildlicher Arbeitsfreude übernommen. Während des Kongresses sprachen sie und Dr. Adelbert Mühlschlegel in zwei zahlreich besuchten Versammlungen zu den Esperantisten. Ueber 50 Teilnehmer sind als ernsthafte Interessenten gewonnen worden.
Living Religions and the Bahai-Movement
delivered (by Dr. Walter Walsh on Sunday morning 28th Sept. 1924 in Steinway-Hall, London) in connection with the Conference on living Religions held at the Imperial Institute, London Sept. 22.rd to Okt. 3rd 1924.
(Conclusion.)
The Ecclesiastical Deities pursue their victims to the bitter end, to the death, as men say. For example, according to newspaper records, five hundred men were drowned, and Mother Nature asked no questions, but buried them in one common ocean-grave. Three of the dead, however, were washed ashore, of whom one proved to be a Roman Catholic, the second a Greek Christian, and the third an Anglican, so they buried them in three separate graveyards! In a letter to Abdul Baha, the late Arminius Vambery, that great Orientalist and traveller, confessed that he had at different times professed himself a Jew, a Christian, a Mohammedan, and a Zoroastrian, in order to discover the truth of things for himself, and had found that “all these religions have become the instruments of tyranny and oppression in the hands of rulers and governors, and they are the causes of the destructionof the world of humanity.” For these reasons, Vambery enlisted himself on the side of Abdul Baha, and accepted with joy the prospect of a fundamental basis for a universal God being laid through his efforts.
Let us face the hard truth. As we have to get rid of prejudice, pride, patriotism and nationalism in the world of politics, so we have to abolish partizanship, particularism, and exclusive claims of truth, messiahship, etc., from religion, Christians have usually stigmatised Mohammedanism as an intolerant form of religion; but the late Canon Cheyne — Christian scholar and dignitary of the Church — expressly accused Christianity of being “intolerant of other religions,” while, in the same book, he upholds the Bahai Movement (along with the Brahmo Somaj) as making for the Spiritual Unification of all peoples; for which reason he had attached himself to the Movement.
In this way, as it seems, will Comm-Unity of Interest be reached through the Unity of God. While the political leaders of the world — quite sincerely no doubt, for they are all terribly frightened — are striving to substitute for the old warprovoking “Balance of Power" a pacific League or “Concert of Nations,” it is for the religious leaders of mankind to create a Symphony or Sisterhood of Religions. That is the thing which presses. It calls for an early and far more representative Conference of Religions to consider the one vital question of the Peace of the World. I can think of no one better qualified to convene such a World-Conference of Religious Representatives than is the Head of the Bahai Movement — Shoghi Effendi.
I hope I shall not die before seeing the completion of that great “Mashreq’ul-Azkar” — the Dawning Place of the Mention of God — on the shore of Lake Michigan — designed to be a vast and hospitable gather-place for all the religions of the world; a resplendent symbol of the Unity of Man in the Oneness of God; and I might hope also to witness the completion of that similar Centre of Universal Religion, The Hall of All Religions as a great Peace Memorial — now being projected in India, even in the sacred city of Benares itself.
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It is a wonderful thing that, in the very lifetime of some here present, the great movement
set in motion in Persia by the Bab, sanctified by his own blood and the blood of twenty thousand
followers — extended and fortified by Baha-u-llah through 40 years of captivity — and proclaimed to the Western world by the golden tongue of Abdul Baha — the Chrysostom of the Movement — should be universally acclaimed as expressing the chief Hope of the World. All forms of religion are essentially the same, it teaches all prophets and teachers of truth are true — all
men are brothers — women are equals with men — equal education — equal opportinity this pure Universalism, this exemplification of clear thinking and noble living, and, I may add,
holy dying, is not indeed confined to the Bahai Movement; — it is proclaimed and followed by
some I have already mentioned, and by others, including the Free Religious Movement — but
it has been so expressly set forth by the sanctificd sagacity of Baha-u-llah, proclaimed by the
silver eloquence of Abdul Baha, and watered by the blood of twice ten thousand martyrs — that
the Bahai may by all generous minds be regarded as first among many brethren.
Here is a highly devotional form of religion, offering full encouragement to the spiritual and aspirational side of human nature but at the same time giving discouragement to its superstitious tendencies; a religion disclaiming supernatural sanctions, non-miraculous, ethical, pacifist, humanist, universalist, yet withal profoundly blood-stained world may hopefully look for guidance and inspiration. I was particularly struck by the paragraph in Shoghi Effendi’s paper, (read to the Conference by Mr. Mountford Mills), in which the writer referred to the Economic sitation. Amid much reading of Economics, I do not remember to have seen the trouble so clearly diagnosed as in the first sentence I am about to quote or the remedy more clearly set forth than in the last:
Now by the fear that is based on the idea of poverty either actual or prospective, the human soul is ever turned downward into nature, where the predominant law is the struggle for existence; and becoming dominated by this law, and captive to it, the soul’s struggles only the more heavily burden its own chains. For the struggle for existence sets off the powers of one soul against the powers of another, and this mutual division of powers means mutual defeat. Thus in this day the sciences and inventions which shadow forth a universal order, and dumbly signify the existence of a reality whose law is co-operation, have become, through perversion, the greatest menace to the existence of mankind.
The disease which afflicts the body of humanity is lack of love and absence of altruism. In the hearts of men no real love is found, and the condition is such that unless their susceptibilities are awakened by some power so that unity, love and accord develop within them, there can be no healing, no relief among mankind.
This Pure Universalism, this great Humanist religion, is fast outrunning both church and synagogue, both mosque and temple, and will speedily cover the earth with the glow of a brighter day. A European Club in China one day gathers Russians, Frenchman, Germans, Austrians, Britons, Americans; they shake hands all round and sing Burns’ immortal “Auld Lang Syne!” The soldiers at the front could with difficulty be kept from fraternising — they stopped the fighting and sang Christmas carols in Flanders. Verily there is neither Jew nor Greek, Russian, French, German, Indian, African, nor Turk, but all are one in Humanity and Humanity’s God. On the altar of this glorious Universalism let us sacrifice our patriotic pride, our racial antagonisms, our religious antipathies, our theological prepossessions, our church limitations! To this blessed Gospel of Reconciliation let us dedicate our lives!
We see our way as birds their trackless way,
We shall arrive! what time, what circuit first,
We ask not; but unless God send his hail
Or blinding fireballs, sleet or stifling snow,
In some time, his good time, we shall arrive.
Alvoko de Abdu'l-Baha.
Ho homoj! La pordoj de la Regno malfermigis—la Suno de la Vero brilas sur la mondon—la fontoj de vivo fluas—latagi&o de kompato estas aperinta—la plej granda kaj glora lumo nun brilas por lumigilakorojn de lahomoj. Vekigu kaj aüdu la vocon de Dio, kiu vokas de Äiuj partoj delasuperegaregno: „Venu al Mi, Ho homidoj! Venu al Mi, Ho vi kiuj soifas! kaj trinku de äi tiu dolla akvo kit falas torente sur Ciujn partojn delaterglobo.*“
Nun estas latempo! Nun estas la akceptata tempo!
Konsideru latempon deKristo. Selahomoj
estus konstatintaj ke la sankta spirito de Dio
parolas al ili tra lia dia bu$o, ili ne estus
[Seite 95]
atendintaj tri jarcentojn antaü ol akcepti lin. Kaj
nun, Cu decas ke vi dormadu sur la litoj de
malagemo kaj malatento, kiam la patro, pri
kiu antaüdiris Kristo, estas veninta inter ni kaj
malferminta la plej grandan pordon de malavaraj donaco| kaj diaj favoroj? Ni ne estu
kiel tiuj en pasintaj jarcento|, kiuj estis surdaj
je Lia voko kaj blindaj je Lia belo; ni penu
malfermi niajn okulojn por ke ni vidu Lin, kaj
niajn orelojn por ke ni aüdu Lin, kaj purigu
niajn korojn por ke Li venu kaj logadu en
niaj temploj.
La jenaj tagoj estas la tagoj de Sido kaj farado, ne de vortoj kaj lip-servado. Ni levigu el la dormo de malatento, kaj konstatu kia granda festeno pretigis por ni, unue man$ante mem de $i, kajtiam donante alaliaj kiujsoifas por la akvo de scio kaj malsatas por la pano de vivo.
Ci tiuj grandaj tagoj rapide forpasas, kaj unufoje forpasinte povas neniam esti revokataj; nun, do, kiam la radioj delaSuno de Vero ankoraü brilas kaj la Centro de la Dia Interligo ankoraü sin montras, ni foriru kaj laboru, tar post nelonge la nokto venos, kaj tiam la vojo al la vinberejo ne estos tiom facile trovebla.
La lumo de scio estas aperinta, antaü kiu la mallumo de Cia superstica fantazio estos dispelita. La armeoj de la superega angelaro malsupren venas por asisti Ciujn kiuj levigas por servi sian Sinjoron, por konkiri kaj venki la civiton de la koroj, por proklami la $ojigajn novajojn pri la alveno de la Sinjoro, kaj por unuigi la animojn de Liaj kreitajoj.
Vivi la vivon signilas:
Esti nenia kaüzo de Cagreno al iu.
Esti bonkoraj al äiuj, kaj ami ilin kun pura spirito.
Se kontraüstarado kaj malutilo trafas nin, toleri ilin, esti kiel eble plej afablaj, kaj Ciaokaze ami la popolon. Se malfelico okazas je plej granda grado, $ojadi, Car tiaj aferoj estas donacoj kaj favoroj de Dio.
Silenti pri la kulpoj de aliaj—pregi por il, kaj bonkoreme helpi ilin korekti. siajn kulpojn.
Rigardi &iam la bonon kaj ne la malbonon: se homo havas dek bonajn ecojn kaj unu malbonan, rigardi la dek kaj forgesi la unu; kaj se homo havas dek malbonajn ecojn kaj unu bonan, rigardi la unu kaj forgesi la dek.
Neniam permesi al ni, paroli unu malafablan vorton pri alia, e© se tiu alia estus malamiko nia.
Fari &ujn niajn agojn kun bonkoremo.
Malligi niajn korojn je ni mem kaj je la mondo.
Esti humilaj.
Esti servantoj unu al alia, kaj konsideri nin pli malindaj ol iu alia.
Esti kiel unu animo en pluraj korpoj, Car ju pli ni amas unu alian, des pli ni alproksimigas al Dio: samtempe scii ke niaj amo, unueco kaj obeemo devas esti, ne nur laü parolo, sed laü realo.
Agi prudente kaj sage.
Esti veremaj.
Esti gastamaj.
Esti respektemaj.
Esti fonto de sanigo por &iu malsanulo, komfortanto por Ciu mizerulo, refre$iga akvo por &iu soifanto, Ciela gast-tablo por Cu malsatanto, stelo por &iu horizonto, luımo por &iu lampo, heroldo por &iu kiu sopiras alla regno de Dio.
Versammlungsbericht aus Leipzig.
In Verfolg meiner Bemerkung anschließend an den kurzen Bericht über den Besuch unseres lieben Bruders Herrigel am 20. 6. teile ich mit, daß am 18. 7. 25 allhier im Frauenklub, Felixstraße 6 eine gemeinsame Versammlung der „Freunde der Quäkerfreunde“, des „Neusalem-Bunds“ und der „Bahaifreunde“ stattgefunden hat. Zweck der Versammlung „Herauskristallisierung vereinigender Momente der genannten Gemeinschaften“. Die Versammlung wurde von dem Quäkerfreund Heinrich Kochendörfer eröffnet und eingeleitet. Darauf gab er einen kurzen einführenden Ueberblick über Entstehen und Entwicklung der Quäkergemeinschaft. Besonders nachdrücklich wies er auf die stillen Andachten dieser Gemeinschaft hin zur Anwendung im täglichen Leben.
Als zweiter begrüßte ich die Anwesenden, erläuterte in kurzen Worten die Namen „Bahai“, „Bab“, „Baha’u’lláh“ und „'Abdu'l-Bahá“, las verschiedene Stellen aus früheren Jahrgängen der „Sonne der Wahrheit" vor und schloss nach etwa 20 Minuten mit „Verborgenen Worten" und „Worten der Weisheit“.
Zuletzt führte uns Freund Rödel an Hand einiger Schriften in das Leben und Wirken von Jakob Lorber, dem Propheten des Neusalem-Bundes, ein. Seine Ausführungen waren schlicht und sachlich und bedurften keines weiteren Beweises.
Die nachfolgende Aussprache ließ erkennen, dass nicht nur die Einberufer, sondern auch
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sämtliche Anwesenden von dem Gedanken der Liebe zu dem Nächsten durchdrungen waren, die
ihre Lebenskraft aus dem alleinigen Quell der göttlichen Liebe erhält. Es kam verschiedentlich
zum Ausdruck, daß es wesentlich ist, an diesen ewigen Quell zu gelangen und aus ihm zu schöpfen. Die Pilger, die dahin streben, wollen sich gegenseitig stützen ohne Unterschied von Namen,
Rang und Stand. Die grosse Verheissung unseres Herrn Jesu Christi: „Wo zwei oder drei in
Meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ und die Worte unseres
geliebten 'Abdu'l-Bahá: „Ich bin immer bei euch" haben sich hier wieder einmal zur Freude vieler
erfüllt. Menschen, die sich im Leben noch nie gesehen hatten, fühlten ihre Zusammengehörigkeit und der herzliche Abschied, den sie voneinander nahmen, bekundete die beglückende Erwartung auf ein baldiges abermaliges Zusammentreffen.
Adam Benke.
Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
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In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10
5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Baha o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--
8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,
in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,
in Halbleinen geb. . . . . 4.--
In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps.
Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. "Deutsch von Wilhelm Herrigel —.50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20
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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.)
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