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SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft XII | FEBR. 1926 | |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
[Seite 176]
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahai-Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher, Zweig Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 1,90 Goldmark. |
Heft 12 | Stuttgart, im Februar 1926 | 5. Jahrgang |
Inhalt: Gebet von 'Abdu'l-Bahá. — Worte 'Abdu'l-Bahás über das Fortleben nach dem Tode. — Die Wirklichkeit der Religion. — Qurratu’l-Ayn und ihr Lehrer. — Mohammedanische Propaganda. — Fortschreitende Erkenntnis auch außerhalb der Bahaibewegung. — Parolado de 'Abdu'l-Bahá. — Gedicht. - Bericht aus Wien über den Besuch von Miß Martha Root. — Besuch von Mrs. Stannard in Stuttgart. — Mrs. Stannards visit in Stuttgart. — The Making of a New Religion. — Nachrichten aus der Bahaiwelt. - Inhalts-Uebersicht für das Jahr 1925/26.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Entfacht in jeder Seele den Wunsch, auf die höchste Geistesstufe zu gelangen. Der
Mensch darf nicht darauf sehen, was in ihm selbst ist, sondern darauf, was in Gott
ist. Es steht dem Menschen nicht zu, auf das zu schauen, was ihm von Nutzen ist,
sondern auf das, wodurch das Wort Gottes, dem gehorcht werden muss, verherrlicht werde.
Baha’u’lláh.
Worte von Baha’u’lláh.
Wahrlich, Gott wünscht Einigkeit und Harmonie, und haßt Trennung und Scheidung. O ihr meine Menschen, lebt in vollkommener Harmonie. Bei meinem Leben — alles, was auf Erden ist, geht dahin, und was bleibt, ist eine gute Tat. Sucht Harmonie mit den Friedfertigen und folgt dem Befehl Meiner Feder. Seid achtsam, daß ihr nicht anmaßend und stolz werdet, wie die Menschen es vor euch waren. Folgt den Gesetzen und Prinzipien Gottes und gehet den Weg, den Goft euch weist.
Aus dem Buch Aqdas.
Gebet von 'Abdu'l-Bahá.
O Du Gütiger Gott!
Gewähre uns eine Zuflucht an Deiner Schwelle und führe uns ein in Deine Geheimnisse!
Mache unsere Augen sehend und unsere Ohren hörend! Gib, daß unsere Herzen und Seelen durch die Macht des Gebets und des Flehens zu Dir gezogen werden.
O Gott, Wanderer sind wir: Zeige uns den Weg der Wahrheit!
Durstig sind wir: Gib uns das Wasser des Lebens!
Hungrig sind wir: Breite vor uns das Mahl des Herrn aus!
Traurig sind wir: Bring unsern Herzen die Freude des Himmels!
Gefangene der niederen Welt sind wir: Schenke uns die Freiheit aus dem Reiche der Macht!
Gefesselt sind wir an die irdische Welt: Mache uns zu Suchern nach der Göttlichen Welt!
In den Banden der Leidenschaften, Begierden, der Versuchungen sind wir: Erlöse uns aus diesen Ketten und Fesseln!
Gering und niedrig sind wir: Mache uns wertvoll durch das Königreich Deines Ruhmes!
Beraubt sind wir: Mache uns zu Vertrauten Deiner Geheimnisse!
Ermattet sind wir: Erfrische und erfreue uns durch die Ausgießung Deines Heiligen Geistes!
Leblos sind wir: Schenke uns Dein Ewiges Leben, so daß wir in diesem Zeitalter des Lichts einen reichen Anteil an den Segnungen des vergebenden Gottes erhalten, eintreten in das Königreich Gottes und nach den unendlichen Gnaden und den Ewigen Gaben streben.
Wahrlich, Du bist der Geber, der Schenkende, der Gnadenvolle: und Du bist der Vergebende, der Ruhmvolle, der Helfer!
Worte 'Abdu'l-Bahás über das Fortleben nach dem Tode.
Aus „Göttliche Philosophie“. Uebersetzt von W. Herrigel.
Die irdische Welt ist eingeteilt in das Mineralreich, das Pflanzenreich und das Tierreich. Der Mensch aber ist das Ergebnis all dieser Reiche, deshalb ist der Mensch das Endergebnis aller Existenz auf Erden. Unter großen Mühsalen und Schwierigkeiten lebt er wenige Tage auf dieser Erde. Den einen Tag ist er krank, den andern arm, am nächsten Tag ist er traurig und wieder eines andern Tages stirbt sein Vater, dann sein Sohn usw. Er hat keinen Augenblick wirklicher Ruhe. Kann man sich nun denken, dies ganze Erdenleben gipfle im Menschen, der nur wenige Tage auf dieser Erde lebt — Tage, die nur Schwierigkeiten mit sich bringen? Sind die, welche sich dies einbilden, nicht Kinder des Irrtums?
Doch Gott sei Dank! Die Welt der Existenz gipfelt nicht in diesem. Wenn es so wäre, wie es sich diese Leute einbilden, dann wäre die Existenz fruchtlos. Es gibt viele Welten des Lichts. Wie die Pflanze annehmen könnte, das Leben endige mit ihr, die keine Kenntnis hat von unserer Existenz, so hat der materiell gesinnte Mensch keine Kenntnis von den anderen Welten des Bewußtseinszustandes.
Es gibt aber Menschen, die göttliche Intelligenz gefunden und geistiges Verständnis erlangt haben. Diese besitzen das wirkliche Gesicht. Sie wissen etwas von den andern Welten. Aus diesem Grunde haben die Propheten Gottes diese Welt aufgegeben, allem Materiellen entsagt und ihr Herz der himmlischen Welt geschenkt.
Gäbe es kein Leben nach dem Tode, so würde Christus den Kreuzestod nicht erduldet haben; die Propheten aller Zeiten hätten ihr Leben nicht geopfert. Sie waren in Berührung mit der himmlischen Welt und kümmerten sich nicht um dieses vergängliche Leben. Dies ist die Frucht von dem Baume der Schöpfung. Um in die Welt des Lichts einzutreten, müssen wir befreit sein von der Finsternis dieses Planeten. Dies ist das Ergebnis dieses Daseins; dies ist die Frucht des Baumes der Menschheit.
Wäre es nicht des Genusses wegen, welchen Wert hätte alsdann der Baum?
Diese Welt gleicht einem Baum und die Früchte dieses Baumes sind die göttlichen
Welten. Seid versichert, der Baum der Schöpfung ist geschmückt mit köstlichen
Früchten. Wäre es nicht der Existenz der göttlichen Welten wegen, so würde das
Reich des Seins fruchtlos sein. Wenn die Inspiration durch den Odem des Heiligen
Geistes nicht wäre, so würde dieses Leben eine Posse sein.
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Möge die strahlende See der Geistigkeit immer klarer werden und befreit werden von den sie bedeckenden Wolken; möge die Menschheit aus dem Sumpf der Materie errettet werden und sich aufschwingen zu der Stadt des Lichts.
Eine Gruppe Bahai in Hamadan (Persien).
Die Wirklichkeit der Religion.
Worte von ’Abdu’l-Bahá.
O Heerscharen des Lebens! Ost und West haben sich vereint, um die Sterne, deren Glanz erlischt, anzubeten und haben sich im Gebet einem sich verdunkelnden Horizont zugewandt. Beide haben gänzlich die breite Basis von Gottes heiligen Gesetzen außer Acht gelassen und sind unachtsam geworden gegen den Verdienst und die Vorzüglichkeit Seiner Religion. Sie haben gewisse Gebräuche und Synoden als die unveränderliche Basis des göttlichen Glaubens angesehen und haben sich fest darin verfangen, sie haben sich eingebildet, sie hätten die ruhmvollen Zinnen der Vollendung und des Gedeihens erreicht, indessen sie in Wirklichkeit am tiefsten Punkt der Unachtsamkeit angekommen sind und sich gänzlich der barmherzigen Gaben Gottes beraubt haben.
Der Eckstein der Religion Gottes ist das Erwerben von göttlicher Vollkommenheit und die Zuteilwerdung Seiner vielfältigen Gaben. Die wesentliche Absicht des Glaubens und der Ueberzeugung ist, das innere Wesen des Menschen zu veredeln durch das Herabströmen der Gnade von oben. Wenn dies nicht erreicht wird, so ist es eine wirkliche Selbstberaubung. Es ist die Qual des höllischen Feuers.
Deshalb ist es Obliegenheit für alle Bahái, über diese köstliche und lebensnotwendige Sache in ihrem Herzen nachzusinnen, daß im Gegensatz zu anderen Religionen sie sich nicht mit dem Lärm, dem Geschrei
und Getue der religiösen Lehren befassen. Sie sollten dagegen von jedem Gesichtspunkt
ihres Lebens aus durch die Attribute und Tugenden als Beispiele dienen, die in Gott
geboren sind, und sollten auftreten, um sich
selbst durch ihr vorzügliches Betragen auszuzeichnen. Sie sollten ihr Bahái-Anrecht
durch die Tat und nicht durch den Namen rechtfertigen. Der ist ein wahrer Bahái, der
sich Tag und Nacht bemüht, Fortschritte zu machen, und sich dem Weg menschlichen
Bemühens nähert; der ist Bahái, dessen
größter Wunsch ist, auf eine Weise zu leben, um die Welt zu bereichern und zu erleuchten, der ist Bahái, dessen Quelle der Inspiration das Wesen Göttlicher Tugend ist, dessen Lebensziel ist, sich so zu führen,
um die Ursache unbeschränkten Fortschrittes zu sein. Nur wenn der Mensch solch
eine vollkommene Gabe erlangt, kann von ihm gesagt werden, daß er ein wirklicher
Bahái sei. Denn in dieser göttlichen
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Offenbarung, welche die Herrlichkeit verflossener Zeitalter und Zyklen krönt, ist nicht allein
wahrer Glaube und lautere Erkenntnis der Einheit Gottes notwendig, sondern vielmehr,
ein Leben zu führen, das alle Vollkommenheit und Tugenden inbegreift in solch einem
Glauben......
Seine Hochheiligkeit, der Erhabene - möge mein Leben ein Opfer für Ihn und die Schönheit Abhá’s sein — möge mein Geist auf dem Weg Seiner Geliebten dargebracht werden — hat uns den Weg der richtigen Lebensführung gezeigt, hat uns auf den Weg der Aufopferung geführt, hat uns gelehrt, wie man irdische Ruhe und Behagen verachtet, wie wir unser Leben ablegen sollen, damit andere gedeihen und Erfolg haben. Diese geheiligte Persönlichkeit legte die Erhabenheit Seiner Stellung ab und die Erhöhung Seines Geistes, zog es vor, gefesselt und in Ketten gelegt zu werden, damit wir das Licht göttlicher Führung erlangen möchten. Sein ganzes Leben lang ruhte Er keinen Augenblick, dachte nicht an Ruhe, noch legte Er Sein Haupt auf das Kissen der Muse und der Sicherheit. Sein Leben verlief in Elend und Leiden; wie können wir uns würdig erweisen und fernerhin müssig sein?
Gewiß ist es nur gerecht, daß wir uns aufmachen, diesen reinen und weitzerstreuten Samen zu begießen, daß wir uns um die jungen Pflanzen im Grund der Herzen kümmern, daß wir uns ganz dem Dienst der Menschheit weihen. Dann wird die Welt in ein Paradies umgewandelt werden, dann wird die Erdoberfläche sich wiederspiegeln in der Herrlichkeit des Abhá-Königreichs. Sollten wir in anderem Sinne handeln, so würde unser Verlust groß und unsere Beraubung überaus schmerzlich sein.
O Diener der Wahrheit! Solltest du die Oberherrschaft auf Erden und im Himmel erlangen, so suche dennoch nichts anderes als wahren Dienst an der Schwelle der Abhá-Herrlichkeit. Willst du die Freude der Befreiung erringen in dieser Welt und in der nächsten, so wünsche dir nichts als Unterwerfung unter Seinen Heiligen Willen. Willst du den richtigen Weg Gottes entdecken, so folge dem Pfad Seines Bündnisses. Willst du das Licht ewigen Glanzes erblicken, so hefte dein Schauen auf Seine wunderbare Gnade, die aus dem Abhá-Königreich gewährt wird!
Uebers. v. Fr. A. Schwarz.
Qurratu’l-Ayn und ihr Lehrer.
(Jinabi Avarih’s Ansprachen in London.)
Zusammengestellt von Dr. Lotfullah S. Hakim. Aus „The Dawn“, Burma, I. u. II. Jahrgang.
(Fortsetzung.) Uebersetzt von H. Küstner.
Nach der Ankunft in Bagdad wohnten Qurratu’l-Ayn und ihre Reisegesellschaft in zwei Häusern; und in kurzer Zeit begannen die Leute, von ihr zu reden. Die Araber und die Perser fingen an, zu fragen: „Wer ist diese Frau, die eine neue Religion lehrt?“ Die Mullas von Mesopotamien schrieben mittlerweile boshafterweise falsche Nachrichten über Qurratu’l-Ayn, die unter den Leuten verbreitet wurden mit der Absicht, in Bagdad Abneigung gegen sie hervorzurufen. Dies führte zum Entstehen von zwei Parteien in Bagdad, einer für sie und einer gegen sie. Zwischen diesen beiden Parteien wogte die Erbitterung so hoch, daß man ernsthaft Blutvergießen befürchten mußte, und der Gouverneur von Bagdad schrieb nach Konstantinopel und erbat sich vom Sultan Weisungen, wie er sich verhalten solle. Da vor Ablauf einiger Monate an den Eingang einer Antwort von Konstantinopel nicht zu denken war, bat mittlerweile der Gouverneur den obersten Mulla von Bagdad, Mahmud Efendi Alusi, Qurratu’l-Ayn unter seinen Schutz zu nehmen; und so lud dieser Qurratu’l-Ayn in sein Haus,
Laßt uns hier etwas verweilen, um zu sehen, was Mahmud Efendi über sie geschrieben hat. Mahmud Efendi schrieb in Arabisch ein Buch, das im Osten viel gelesen wird. Ein Abschnitt dieses Buchs beschäftigt sich mit Qurratu’l-Ayn, ihrer Schönheit und ihren Lehren. Er hat in diesem Buch seine Beobachtungen über Qurratu’l-Ayn während der zwei Monate niedergelegt, die sie in seinem Hause zubrachte. Er schreibt, daß sie sich jeden Morgen in früher Dämmerung erhob und sich in Gebet und die Vereinigung mit Gott versenkte. Sie pflegte fleißig zu fasten. Er fährt dann fort, daß er noch nie eine tugendhaftere und ehrerbietigere Frau oder einen gelehrteren und mutigeren Menschen gesehen habe, als sie es war. Er schließt, indem er sagt: „Ach, die Mullas der Schiitensekte sollen es nur wagen, aufzutreten und schlecht von ihr zu sprechen!“
Nach zwei Monaten aber kam der Bescheid von der Hauptregierung in Konstantinopel mit dem
Ergebnis, daß, da ihr Aufenthalt in Bagdad ebenfalls die Ursache von Unruhe im Lande sei, es
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besser sei, sie unter irgend einem Vorwand nach Persien zurückzuschicken.
Der Gouverneur schickte nun zehn Reiter unter einem General mit ihr fort, die sie unter großer Ehre und Aufmerksamkeit von Irak an die persische Grenze geleiteten. Die 32 Studenten, die ihr nach Bagdad gefolgt waren, drängten darauf, daß es ihnen erlaubt würde, sie zu begleiten. Ihrem Verlangen wurde entsprochen, und so begaben sie sich mit ihr nach Persien. Die Namen und die Lebensgeschichte vieler dieser Studenten werden in der Frühgeschichte der Bahaisache erwähnt.
Zwischen Bagdad und Kirmanschah liegt ein kleines Dorf, Kerand genannt, wo ziemlich viele der Verehrer der Lehren des Sejid und des Scheiks wohnten. Weil Qurratu’l-Ayn ein Führer in den Lehren des Scheiks und des Sejids war, kamen die Dorfbewohner ihr entgegen, um sie zu bewillkommnen, empfingen sie bei ihrer Ankunft in der größten Begeisterung, und behielten sie drei Tage lang bei sich; schließlich baten sie dieselbe um die Erlaubnis, sie begleiten zu dürfen, um ihr jede Hilfe angedeihen lassen zu können, deren sie etwa auf ihrer Reise benötigen sollte. Diese heldenhaften Seelen erklärten, daß sie bereit seien, das Märtyrertum auf dem Pfade Gottes zu erdulden. Qurratu’l-Ayn redete ihnen aber allen zu, nach Hause zurückzukehren, und sie und ihre 32 Schüler reisten weiter nach Kirmanschah. Damals war Qurratu’l-Ayn etwa 30 Jahre alt. Sie, und ihr Gefolge, Männer und Frauen, zählten etwa vierzig an Zahl, als sie in Kirmanschah ankamen.
Ihre Ankunft verursachte eine große Aufregung unter den Regierungsbeamten, den Mullas und den Stadtbewohnern. Sie schenkte der Unruhe in der Stadt keine Aufmerksamkeit, betrat mutig die Stadt, und mietete einige Häuser, wo sie sich dann alle aufhielten. Jeden Tag ließ sie einen der Schüler zu sich rufen, um hinter einem Teppich verborgen die Neuigkeiten zu besprechen, die ihnen bekannt waren. Wenn dem Schüler bei der Aussprache ein Irrtum unterlief, verbesserte sie ihn von ihrem Platz hinter dem Teppich aus.
Nach verschiedenen ähnlichen Zusammenkünften wurden manche Leute wißbegierig, mehr zu erfahren, und sie kamen und hörten in größerer Anzahl. Ahga Abdullah, einer der bedeutendsten Mullas in Kirmanschah, richtete einen Brief an die Regierung, in dem er berichtete: „Diese Frau hat hier eine große Unruhe verursacht, es wäre besser, ihr schicktet sie so schnell wie möglich weg.“ Der Gouverneur — es war dies Prinz Imdadul Dawleh — schickte einige der Frauen seines eigenen Haushalts in das Haus von Qurratu’l-Ayn, um herauszufinden, mit was für einer Person man es zu tun habe. Als diese zurückkehrten, berichteten sie ihm, sie hätten in ihr eine Frau von solch tiefer Erkenntnis gefunden, von solch hoher Gelehrsamkeit und von so unvergleichlicher Schönheit, daß man schwerlich eine andere ihrer Art in ganz Persien finden könne. Der Prinz schrieb nun an den obersten Mulla: „Ich kann sie ohne rechten Grund nicht von hier wegschicken. Komm her und verhandle mit ihr, und wenn sie in der Erörterung nicht Recht behält, werde ich einen ausreichenden Grund haben, sie aus dieser Stadt auszuweisen“. Der Mulla tat, als ob er diese Herausforderung von dem Gouverneur angenommen habe; aber er suchte diese Zusammenkunft mit Qurratu’l-Ayn von Tag zu Tag hinauszuschieben. Endlich sagte er, er sei krank, und die Angelegenheit blieb unerledigt, da er nicht erschien. Der Mulla schrieb aber in der Zwischenzeit von sich aus an Qurratu’l-Ayns Vater und Onkel und bat sie, sie möchten sie zurückrufen. Er schrieb ihnen, sie schände den Ruf der Mullas. Hierauf schickte Qurratu’l-Ayns Vater seinen Sohn und einige seiner Verwandten, um sie nach Qaswin zu holen. Vor ihrer Ankunft sagte Qurratu’l-Ayn, sie wisse, daß diese zu ihr kommen würden, wörtlich: „Da sie kommen, um uns nach Qaswin zurückzubringen, laßt uns vor ihrer Ankunft abreisen“. Und so reisten sie ab. Auf dem Wege nach Hamadan nun begegnete sie ihrem Bruder, den ihr Vater geschickt hatte, um sie nach Qaswin zurückzuholen.
Bei ihrer ‚Ankunft in Hamadan gab es ein großes Aufsehen. Ihre Anhänger wuchsen hier um das zehnfache als zuvor; deswegen war auch dort der Widerstand der Mullas größer als irgendwo bisher.
So kam es, daß eine der Prinzessinnen der königlichen Familie, die in der Nähe der Stadt lebte, sich etwas für Qurratu’l-Ayn interessierte. Sie sprach zu ihrem Gatten, der dazumal der Gouverneur von Hamadan war, sehr begeistert von Qurratu’l-Ayn. So kamen in Hamadan Qurratu’l-Ayn und ihre Schüler zu größerem Ansehen und größerem Ruhm als in Kirmanschah,
Einer der führenden Mullas in Hamadan wurde äußerst ärgerlich über Qurratu’l-Ayn und hetzte
beständig die Leute auf, sich gegen sie zu erheben und sie samt all ihren Gefährten zu töten.
Aber die Leute fürchteten die Regierung und wagten nicht, ihr etwas zu leide zu tun. Qurratu’l-Ayn
schrieb einen Brief von über 20 Seiten an diesen Mulla. In Wirklichkeit war es nicht ein Brief,
sondern ein kleines Buch, in welchem sie mit den
überzeugendsten Beweisen die Echtheit des Anspruchs und der Botschaft des Bab bewies. Sie
händigte diesen Brief einem ihrer Schüler mit Namen Mulla Ibrahim Mahallati aus, ihn dem
Mulla zu überbringen. Dieser Brief gelangte nun in die Hände des Mulla in dem psychologischen
Augenblick, als gerade eine Anzahl anderer Mullas
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bei ihm versammelt waren, um darüber zu sprechen, welche Schritte gegen Qurratu’l-Ayn unternommen
werden sollten und was mit dem Bab zu geschehen habe. Als er die erste Seite dieses Briefes las,
und merkte, was sie ihm zu beweisen suchte, begann er, sie ganz scharf zu schmähen. Mulla Ibrahim, der Ueberbringer des Briefes, der auch ein
Gelehrter war, hörte diese Verwünschung und erhob Einwand dagegen, daß eine solche Sprache
gegen sie gebraucht werde. Diese Vorstellung steigerte die Erregung der Auseinandersetzung
derart, daß plötzlich die Besucher des Mulla aufstanden und diesen armen Mulla Ibrahim durchprügelten. Sie fuhren fort, ihn zu schlagen, bis er
ohnmächtig wurde. Die Regierungsbeamten hörten von diesem Vorfall und begaben sich dahin,
um ihn aus ihren Händen zu befreien; als sie eintrafen, war er am Tod. Sie trugen diesen ohnmächtigen Mann ins Haus der Qurratu’l-Ayn. Einer der Beamten sagte: „Was mich besonders
in Erstaunen setzte, war, daß, als die Nachricht von dem, was Mulla Ibrahim zugestoßen war, im
Haushalt der Prinzessin bekannt wurde, jedermann
fürchtete, Qurratu’l-Ayn würde, wenn sie es erführe, ohnmächtig werden und außer sich geraten.
Sie kam aber im Gegenteil, als man den ohnmächtigen Mann ins Haus trug, herzu mit einem
Gesicht von Glückseligkeit und Erleuchtung, strahlend und sprach wie eine Königin in Arabisch
folgendes zu ihm: „Komm, richte Dich auf, Mulla Ibrahim! Glücklich bist Du: Glückseligkeit und
Friede sei auf Dir, daß Du Leiden erduldet hast auf dem Pfade unseres Geliebten. Erhebe Dich
und gehe hin und sei geschäftig und tätig, wie Du warst, ehe Du geschlagen wurdest. Stehe auf
und arbeite auf Seinem Pfade.“ Diese und ähnliche Worte übten eine magische Wirkung auf
den Mann aus. Er öffnete seine Augen und stand auf. Als er aufstund, trat Qurratu’l-Ayn lächelnd
auf ihn zu und sagte: „O Mulla Ibrahim! Du bist ohnmächtig geworden, weil Dich jemand geschlagen hat! Dies ist die Zeit und der Ort, euer Leben einzusetzen. Ihr solltet euer Leben für euren
Herrn aufgeben; und auf Seinem Pfade dürft ihr nicht auf euer vergossenes Blut achten. Jetzt ist
die Zeit, heldenhafte Taten im Dienste Gottes zu verrichten. Bei jeder Ausgießung, wann immer
ein göttlicher Lehrer in der Welt erschien, erlitten die, die ihm am Anfang nachfolgten und seine
Lehren annahmen, Verfolgungen, gingen froh allen Arten von Demütigungen entgegen und ließen
sogar ihr Leben auf Seinem Pfade. Habt ihr vergessen, was die Jünger Christi taten? Erinnert
ihr euch nicht der Leiden der Jünger des Propheten Mohammeds? Denkt, wie sie ihr Leben und
ihre Seele opferten auf dem Pfade ihres Herrn.
(Fortsetzung folgt.)
Mohamedanische Propaganda.
In letzter Zeit ist in Berlin eine moslemische Gemeinschaft gegründet worden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Islam verständlich zu machen und zu verbreiten. Die „Moslemische Revue“, eine Vierteljahrszeitschrift, soll diese Bestrebungen unterstützen.
Während der im Orient ausgeübte Islam sich an Starrheit, Verflachung und Fanatismus von keiner anderen Religion unterscheidet, begegnen wir hier einer Bewegung, die den reinen Kern dieser Glaubensform von allem im Laufe der Jahrhunderte aufgehäuften Kram von Aeußerlichkeiten und von den Fehlern der Ueberlieferungen reinigt und die im stande sein wird, uns Abendländern das wirkliche Wesen des Islam näher zu bringen.
Leider begeht aber auch diese Bewegung denselben Fehler, den alle lebendigen Religionen begehen, indem sie zu beweisen versucht, daß der Islam „die“ Menschheitsreligion schlechthin sei, berufen, auszuziehen, um alle anderen Religionen zu „bekehren“. Sie sieht sich als die „endgültige“ Religion an und übersieht dabei, daß sie nur eine Etappe ist in der Entwicklung von Abraham über Mose und Christus bis zu der auch im Koran verheißenen mächtigsten Manifestation, die den Zyklus Adam beschließen wird, und deren Zweck nach den Worten Mohammeds nur der ist, die Menschen dahin zu führen, daß sie für die Begegnung mit der größten und herrlichsten Manifestation reif würden und ihrem Kommen ihre Aufmerksamkeit schenken sollten.
Wir haben hier wieder das Bestreben vor uns, das sich durch die Erfahrungen der Jahrhunderte
als hoffnungslos erwiesen hat. Wenn auch Teilerfolge zu verzeichnen sind, so wird es doch in
unseren Tagen nicht mehr gelingen, die einzelnen Religionen auf diesem Wege zu vereinigen, denn
aller Trachten geht nach der Führerschaft.
Jede verlangt von der anderen, daß sie sage:
„Wahrlich, ich bin einen falschen Weg gegangen, ich sehe meinen Irrtum ein, Du bist die eine
Wahre, verzeih und nimm mich unter Deine Fittiche“. Dazu sind sie heute alle viel zu selbstsüchtig, nachdem sie sich aus ihrer toleranten Ursprünglichkeit zu Organisationen herausentwickelt
haben, mit Menschen an der Spitze, die um ihrer selbst willen alles taten und noch tun, um die
Organisation an sich zu festigen und zu erhalten. Das Wort Gottes ist durch diese Entwicklung
verdunkelt und hinter Wolken von Satzungen, Hinzufügungen und Ueberlieferungsfehlern [Seite 183]
versteckt worden, sodaß nur noch ganz wenige imstande sind, diese Hindernisse zu durchdringen.
Und doch hat Gott verheißen, daß die Zeit kommen werde, da es nur noch ein Hirte und eine Herde sein werde. Dies konnte sich nur durch die Macht einer neuen universalen Manifestation erfüllen, die wir Bahai in Baha’u’lláh, der „Herrlichkeit des Herrn“, erkannt haben. Er, der die Verheißungen aller hl. Schriften erfüllte, hat sich mit Macht erhoben, nicht um eine neue Religion zu gründen, nicht um das Alte niederzureißen, sondern um die bestehenden von dem Staub und den Schlacken zu reinigen, um alle Religionsanhänger auf den Grund ihrer Lehren zurückzuführen. Er verpflichtete alle Menschen, vorurteilslos und frei von allen Ueberlieferungen die Religionsbücher anderer zu ergründen, und lenkte die Augen der Sucher durch die Schleier der Vorurteile und Aeußerlichkeiten hindurch zu der allen Glaubensformen gemeinsamen Grundlage, der Wahrheit. Er macht nicht den Christen zum Moslem, den Moslem zum Christen, und den Zoroastrier zum Buddhisten, nein, Er macht aus dem Christen einen besseren Christen, aus dem Moslem der Geburt nach einen Moslem der Ueberzeugung nach. Die Früchte, die die Wärme der Sonne dieser glorreichen Manifestation zur Reife brachte, sind herrliche. Die da geistig tot waren, erwachten zu neuem Leben, die Tauben hörten und die Blinden wurden sehend. Das undurchdringliche, über und über mit Tand behangene Gewand, das die Religionen sich angelegt haben, und die Menschen irre machte, fiel vor ihren Augen. Alles Trennende, Nebensächliche verschwand, und aller Rassen und Religionen Söhne und Töchter reichen sich die Hand in dem einen Großen, das sie alle in sich aufnimmt, ohne daß sie das verlieren, was sie seither besessen. Sie lernten verstehen, warum sich Gott zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Formen und Graden geoffenbart hat. Sie konnten das herrliche Licht aus der unendlichen Quelle als ein und dasselbe erkennen, obgleich es in verschiedenen Lampen brannte. Sie hörten auf, sich gegenseitig von der einen Seite der Pyramide auf die andere zerren zu wollen, indem sie den andern ziehen, auf der falschen Seite zu sein. Jetzt blicken sie hinauf zum Gipfel, der sie alle vereinigt.
Leider ist die Mehrzahl der Menschen noch nicht reif, die Wärme der größten Gottesoffenbarung zu fühlen, obwohl sie allüberall neues Leben aus den veralteten, hoffnungslosen Zuständen sprossen läßt. Nur eine verhältnismäßig kleine Schar ist es, die erleben kann, wie die „Mächte des Himmels“ am Werk sind, die Erde neu zu gestalten. Diese Umwälzung, die sich vor unseren Augen, unter dem Einfluß der neuen Manifestation abspielt, ist die gewaltigste, die dieser Zyklus je durchgemacht hat.
Da und dort dämmert es, verfängt sich das mächtig schaffende Fluidum des durch Baha’u’lláh in die Welt geflossenen göttlichen Willens in den Herzen von Menschen, die, wenn auch unbewußt, als Pioniere dieser großen Geistesrevolution voranschreiten. Wissenschaft, Politik und Religionen lenken in neue Bahnen ein, müssen einlenken.
Blicken wir nach Locarno: Die Zeitungen aller Länder triumphieren: „Ein neuer Geist ist hereingebrochen, die Völker haben gelernt, an Stelle der Gewalt die friedliche Zusammenarbeit zu setzen.“ Ist das nicht ein deutlicher Schritt vorwärts zur Verwirklichung des vor mehr als 60 Jahren deutlich kund gewordenen Willens Gottes, hinausdrommetet durch die mächtige Posaune Baha’u’lláhs?
Sehen wir uns in den Religionen um. Da gärt und brodelt es allerorts. Sie schauen aus nach etwas neuem und beratschlagen. Sie kommen dazu, daß etwas geschehen müsse, sollen ihre Anhänger nicht abbröckeln wie morsches Gestein, weil sie nicht mehr zufrieden sind mit dem, was ihnen geboten wird. So versammelten sich die nichtchristlichen Religionen im vergangenen Jahr in London, die christlichen, (mit Ausnahme der römisch-katholischen Konfession), in Stockholm, um einen Modus der Zusammenarbeit und des Zusammenschlusses zu finden.
Wenn diese Konferenzen ein positives Ergebnis nicht gezeitigt haben, so lag es daran, daß jeder der Teilnehmer wohl einen Zusammenschluß der verschiedenen Bekenntnisse zur Beratschlagung gemeinsamer Interessen erstrebte, innerlich aber felsenfest von der Ueberlegenheit seiner Glaubensform überzeugt war. Durch diese starke Betonung der Individualität wird die Zusammenarbeit erschwert, eine Verschmelzung ausgeschlossen sein. Die Schwierigkeiten werden sich häufen, und schließlich wird das Bibelwort sich erfüllen: „Beschließt einen Rat, und es wird nichts daraus; beredet euch, und es bestehe nicht; denn hier ist Immanuel.“ (Jes., 8, 10).
Aber trotz allem erblicken wir Bahai in diesen Bestrebungen eine wegbereitende Arbeit, die schließlich zur universalen Zusammenarbeit unter dem Banner der Manifestation unserer Tage, Baha’u’lláh, führen wird.
So wird auch diese in Berlin ins Leben gerufene moslemische Gemeinschaft und die von ihr herausgegebene Zeitschrift „Die Mohammedanische Revue“ ihr Teil zum gegenseitigen Verständnis unter der Menschheit und zum Niederreißen der zwischen den Religionen aufgerichteten Schranken beitragen.
Alfred Diebold.
Fortschreitende Erkenntnis auch außerhalb der Bahaibewegung.
„Die Einheit in ihrem wahren Sinn bedeutet, daß Gott allein als die einzige Macht gedacht werden soll, die alle Dinge belebt und beherrscht, die ja nur Offenbarungen Seiner Schöpferkraft sind.“
(Baha’u’lláh, Worte der Weisheit.)
Wie in allem, so stehen wir heute auch mit der Wissenschaft im Zeitpunkt des Ausklingens einer
Periode. Die stürmische Aufeinanderfolge der Erfindungen und Entdeckungen der letzten Jahrzehnte führte mit Notwendigkeit dazu, daß die wissenschaftliche Betrachtungsweise sich mehr
mit den Erscheinungsformen als mit dem Wesen der Dinge befassen konnte, und dieser Umstand
bewirkte schließlich, daß man die Erscheinungsformen als das Wesen der Dinge an sich ansah.
Man nennt das 19. Jahrhundert das Jahrhundert der Aufklärung, weil man in ihm glaubte, die
Entbehrlichkeit der Religion und des Gottglaubens wissenschaftlich bewiesen zu haben; man wollte
bewiesen haben, daß es zur Entstehung der Welt keinen bewußten Schöpfer brauchte, da doch die
Natur alles in sich und aus sich selbst hervorbringe; und da man die Seele in den Körpern,
nicht finden konnte und sie sich nicht wissenschaftlich sezieren ließ, nahm man an, daß es
Seele und Geist in dem Sinn, wie die Religion es bisher lehrte, nicht gäbe. Aus dem Umstand, daß man die Erscheinungsformen als das Wesen der Dinge nahm, und daß alle Dinge, auch der
menschliche Körper, der Auflösung unterliegen, ließ sich scheinbar folgerichtig auch das Fortleben
nach dem Tode leugnen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen, verlangt und lehrt Baha’u’lláh. Wir wissen, daß wir jetzt in der Periode der Erfüllung der Prinzipien Baha’u’lláhs stehen. Ueberall sehen wir das Aufsproßen der Keime einer Erkenntnis, in der wir die Keime der Verwirklichung der Lehren des Geistes des Zeitalters, der Lehren von Baha’u’lláh, zu erblicken haben. Für den beobachtenden, den denkenden Bahai ist es etwas Großartiges, daß die Erkenntnis, die ihm die Bahailehre vermittelt, es ihm gestattet, die heutigen Zeitgeschehnisse in ihrem wahren Wesen zu werten und abzuschätzen. Zur Vereinigung der Religion mit der Wissenschaft ist es notwendig, daß einerseits die Religion auf ihre bisherigen Lehrsätze und Dogmen verzichtet, andererseits aber, daß die Wissenschaft das materialistische Denken und das Denken in nur materialistischen Gedankengängen aufgibt.
Daß Ersteres nur eine Frage der Zeit ist, wissen wir. Wird doch schon jetzt auf die Dogmen kein entscheidender Wert mehr gelegt, dienen sie doch nur noch dazu, die bestehende kirchliche Organisation zu unterscheiden von andern. Wie steht es aber mit der Wissenschaft? Auch hier sehen wir vielversprechende Anfänge. Wir wollen von der von der Wissenschaft aufgegriffenen Erforschung der sogenannten okulten Phänomene schweigen, dagegen sei an dieser Stelle auf die Atomenlehre und auf die Erforschung der Atom- und Molekularschwingungen hingewiesen, Die Erforschung der Atome hat schon jetzt das Eine gezeigt, daß es eine Materie, einen Stoff an sich, überhaupt nicht gibt. Je weiter man in die Struktur der Materie, der Moleküle und der Atome, eindringt, desto mehr verschwindet der Stoff, und was bleibt, ist der Geist, das geistige Prinzip, das sich in den verschiedenen stofflichen Erscheinungen äußert, offenbar.
So schreibt z. B. in einem „Hegel und die Gegenwart“ überschriebenen Aufsatz Professor Dr. Max Dietz: *)
„Anders ist es mit dem letzten Punkt, (in dem eine Rückkehr der Philosophie zu Hegel allmählich immer deutlicher geworden ist), nämlich mit der Erkenntnis, daß alle Philosophie, ja überhaupt alle Wissenschaft nichts ist als das Bewußtwerden der wesentlichen Identität von Geist und Natur. Die "Idee", die sich in der Welt verwirklicht, ist nach Hegel eben diese bewußt gewordene Identität von Geist und Natur. Ich habe gezeigt, daß.... aber die Beobachtung des wirklichen Gange der Erkenntnis, des Verfahrens im wissenschaftlichen Denken diese Einsicht vertieft zu dem Bewußtsein, daß, wer das Wesen der Dinge zu suchen unternimmt, den Geist als dieses Wesen finden wird, denn... jede Entwicklungslehre ist gezwungen, alle wesentlichen Formen des Daseins als die fortschreitenden Zustände des sich entwickelnden Geistes, als Erscheinungsformen eines Geistkeims aufzufassen, weil auf keine andere Weise begreiflich gemacht werden kann,.... daß der Geist das notwendige Ziel der ganzen Naturentwicklung ist....
.....Diese auf der nüchternen Untersuchung der Bedingungen alles Erkennens beruhenden, unwiderleglichen Sätze haben keinen andern Inhalt als den, daß die Natur, das Dasein, sofern es erkannt werden will, dem
Wesen nach als Geist erfaßt werden muß,
oder daß Erkenntnis nichts anderes ist, als
das Bewußt-werden der wesentlichen Identität von Geist u. Natur.“
Ist solche. Erkenntnis nicht erfreulich? Einer solcherart gerichteten Wissenschaft haben wir
Bahai von Herzen alle Entwicklung zu wünschen,
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und daß sie bald allgemein werde. Wenn wir uns einmal in dem Zeitpunkt befinden, wo solche
Stimmen allgemeiner werden, so dürfen wir mit Sicherheit auf eine baldige fundamentale Umstellung der Wissenschaft hoffen. **) Wenn der Wissenschaft auch auf ihrem Wege zunächst noch
Irrtümer unterlaufen, wie der, daß der Geist das notwendige Ziel der ganzen Naturentwickling ist
(nach der Bahailehre ist dieses Ziel die Entfaltung des Geistes), so ist es doch unsere Pflicht,
Gott zu danken, daß Er uns sehen läßt, wie sich Sein Wille auch auf diesem Gebiete auszuwirken
beginnt.
- ) Nr. 11. des Jahrgangs 1925 der „Besonderen Beilage“ des Staatsanzeigers für Wittenberg.
Und wie Professor Dr. Dietz heute die Philosophie Hegels richtig erkennt, so harrt auch die richtige Erkenntnis so manchen andern alten Geistesguts der Erweckung durch die Sonne des Geistes von Baha’u’lláh.
Dabei ist aber immer im Auge zu behalten, daß solche Erweckung bezw. Wiederbelebung alter Lehren und Ansichten nur insoweit erfolgt, als sie mit den Prinzipien Baha’u’lláhs, d. h. mit den Erfordernissen der Zeit, in Einklang stehen, und nur insoweit, als die diese Lehren aufstellenden Denker die Wahrheit erkannt und niedergelegt hatten; und die Wahrheit, wenn auch in anderm Gewand, ist immer dieselbe und wird immer dieselbe sein. Es ist deshalb auch falsch, wie Dr. Römer in seinem Buche „Die Babi-Bahai“, nachzuforschen, ob nicht da und dort gleiche oder ähnliche Lehren schon früher vor Baha’u’lláh bestanden haben, um den Wert der Bahailehre zu schmälern, zu sagen, das oder jenes war schon im Christentum oder im Islam oder in der oder jener Sekte dieser Religionen vorhanden. Gleiches oder Aehnliches ist selbstverständlich in allen ‚göttlichen Religionen enthalten, aber es hat sich nicht allgemein durchgesetzt und entfaltet. Wenn alte Lehren jetzt wiederholt und in ein breiteres Licht gerückt werden, so verdanken sie dies immer wieder nur den Strahlen der Sonne Baha’u’lláhs, der Größten und alles zusammenfassenden Manifestation. Verheißt doch Jesus Christus für diese Zeit: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten.“ (Joh. 16, 13).
Und gerade auch in dieser Richtung haben wir uns über den oben erwähnten Aufsatz von Professor Dr. Dietz zu freuen. In seinem Schlußwort dazu schreibt er nämlich weiter:
„Ich habe aber auch gezeigt, daß eine einfache Rückkehr zu Hegel unmöglich ist, daß jene ewigen Wahrheiten neu begründet, daß in ihrer Begründung tiefer gegraben und vieles in ein anderes Licht gestellt werden muß. Keine Philosophie kann in der Form, in der sie auftritt, ihre Zeit überleben.“
Und ferner, sich auf die Uebereinstimmung von Wissenschaft und Religion beziehend:
„Von der heutigen Stufe des Bewußtseins erscheint dies als die Forderung der Zeit, einmal: alle wesentlichen Seiten der Menschennatur: Wissenschaft und Religion, sodann innerhalb der Wissenschaft: Erfahrungswissenschaft, Mathematik und Philosophie, kausale und Zweckbetrachtung, in ihrem selbstständigen Recht zur Geltung kommen zu lassen, keines durch das andere ersetzen zu wollen —, aber auch ihr notwendiges Zusammenwirken zu dem Ganzen der Erkenntnis verstehen; endlich alle diese Seiten in der Einheit des religiösen Bewußtseins zusammenzufassen.“
Angesichts dieser Aeußerungen dürfen wir erwarten, daß wir bald auch in dem Eintreten für die Forderung, daß Wissenschaft und Religion mit einander in ihren Ergebnissen übereinstimmen müssen, nicht mehr allein stehen werden. Besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß Herr Professor Dr. Dietz der Ueberzeugung ist, daß eine Wiederbelebung der alten Lehren allein nicht genüge für die Erfordernisse der heutigen Zeit und daß Vieles „in ein anderes Licht gestellt werden“ muß. Hoffen wir, daß die Gelehrten dieses „Licht“ bald in der Sonne von Baha’u’lláh erblicken und anerkennen werden!
H.K.
- ) Tatsächlich ist man sich, wie aus den vom „Stuttgarter Neuen Tagblatt“ zum Neujahrsabend herausgegebenen Antworten auf seine Umfrage über das Thema „Der neue Mensch“ hervorgeht, in weiten Kreisen durchaus darüber klar, daß auf allen Gebieten eine neue Zeit angebrochen ist, deren Werden man nicht mehr verhindern kann, die sich unwiderstehlich durchsetzt. Aus manchen der erwähnten Aeußerungen läßt sich erkennen, daß man bereits auch außerhalb unserer Bewegung merkt, zu welchem Ende das sich jetzt gestaltende Neue drängt.
Parolado de 'Abdu'l-Bahá.
Lia Sankta MoSto Baha’u’lláh antaüi multaj jaroj verkis libron, nomatan „La Plej
Sankta Libro,“ kaj en tiu libro unu el la
fundamentaj principoj estas, ke devas esti
elpensigo de helpa lingvo; kaj li klarigas
la bonon kaj profiton, kiuj venos per tia
ilo. Nu, ni danku al Sinjoron pro tio, ke
& tiu lingvo Esperanto estas kreita. Ni do
ordonis al &iuj Bahaj’anoj en la Oriento,
studadi &i tiun lingvon tre zorge, kaj post
ne longe &i disvastigos tra la tuta Oriento.
Mi petas ankaü al vi, Esperantistoj kaj neEsperantistoj, energie klopodadi por la disvastigado kaj propagandado de Äi tiu lingvo;
Car Si akcelos la alvenon de tiu tago, tiu
miljara tago, kiun antaüdiris profetoj kaj
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viduloj, tiu tago en kiu, estas dirite, la lupo
kaj la Safido trinkos el lasama fonto, la leono
kaj la cervo sin paStos sur la sama herbejo,
La signifo de &i tiu sankta Skribo estas, ke
la batalantaj rasoj, militantaj nacioj, malamikaj religioj, alproksimi$os unu al la alia
en la spirito de amo, kaj kunligi$os unu
kun alia.
Kiel ni jam diris, plej grava afero en Äi tin mondo estas la efektivigo de helpa internacialingvo. La unui$o de lingvo aliformigos la homaron en unu mondon; forigos la malkomprenon inter la religioj: kaj kunigos la Orienton kaj la Okcidenton per la spirito de frateco kaj amo. La unuigo de lingvo Sanfos Ci tiun mondon el multaj familioj en unu familion. Tiu &i helpa internacia lingvo kolektos la naciojn sub unu kovrilon, kvazaü la kvin kontinentoj de la mondo fari£us unu kontinento; Car tiam ili povos interkomuniki siajn pensojn unu al la alia. La internacia helpa lingvo forigos nescion kaj superstiöon, pro tio, ke iu infano, el kiu ajn raso aü nacio, povos sekvi siajn studajojn pri la scienco kaj la arto, Car tiam &i bezonos lerni nur du lingvojn — unu, giannacialingvo, kajla aliala internacia helpa lingvo. Ni esperu ankaü al tiu tago, kiam ec la limoj de la naciaj lingvoj forigos, kaj la tuta mondo $uos unu lingvon. Kia pli granda donaco povus esti, ol tio? Kia pli malavara bonfaro povus esti, ol tio? Tiam la mondo de la homaro fari$os rava paradizo, $uste kiel estas dirite, ke en la Cielo estas unu lingvo La materia mondo farigos la esprimado de la interna mondo. Tiam eltrovajoj malkaSi$os; elpensajfoj multobligos; la sciencoj antaieniros per saltoj; la scienca terkulturado disvolvigos laü pli vasta grado; Car tiutempe la nacioj povos rapide asimili la pensojn esprimatajn, kaj Car Ciuj tiuj pensoj esprimißos per la universala lingvo. Se &i tiu internacia lingvo estas faktoro por la estonteco, Ciuj landoj en la Oriento povos rapide akiri la sciencojn de la Okeidento, Car iliaj loSantoj povos legi la librojn kaj kompreni ilian signifon; kaj la okceidentaj nacioj povos akiri la pensojn kaj ideojn de la Oriento; kaj per tio ambaü povos plibonigi sian staton. Mallonge, pro la starigo de Äi tiu internacia lingvo, la mondo de la homaro fari$os alia mondo, kaj eksterordinara estos $ia progreso. Ekzemple, pripensu pri familio, kies diversaj membroj parolas diversajn lingvojn; kiel malfacile estas por ili komuniki siajn pensojn unu al alia, kaj kiel mirinde estas, kiam ili povas_facile kompreni reciproke siajn pensojn. Car, se ili scias &iu la lingvojn de la aliaj, ili progresos rapide. Do estas nia espero, ke la lingvo Esperanto disvastigos post ne longe tra la tuta mondo, por ke Ciuj popoloj povu vivi kune en la spirito de amikeco kai amo.
Das Auge hell und fest auf Dich gerichtet,
Die Seele frei von allem außer Dir,
Ein Herz, das froh auf eigne Lust verzichtet, -
So laß uns dienen, Vater, ewig Dir.
Verleih uns Stärke, unser Selbst zu schützen
Vor fremdem Volk, das Deine Einheit schmäht,
Und Beistand gib uns, liebevoll zu nützen,
Wer Dich auch rief und Deine Kraft erfleht!
O laß die Feste Deiner Liebe ragen
Und Wächter, eisenstark, am Tor uns stehn,
In reinen Händen Dein Vermächtnis tragen,
Und reine Augen Deine Allmacht sehn.
Es mag des Sturmes Macht die Tiefen spalten,
Und Felsen zittern, wie ein schwankes Rohr,
Und mögest, Vater, Du Gerichtstag halten -
Es führt aus Feuersglut ein Weg empor.
Auf weiter Ebne, wenn der Sturm vergangen,
Dein Banner, Herr, sich wiegt im Morgenschein,
Wird Segensfülle Volk um Volk umfangen
Und Deine Liebe ewig König sein!
Elsa Maria Großmann, Hamburg.
Bericht aus Wien über den Besuch von Miß Martha Root.
Am 25. November wurden wir durch den uns auf besonderen Wunsch Shoghi Effendi’s zuteil gewordenen Besuch der bekannten Jüngerin 'Abdu'l-Bahás, Miss Martha L. Root ausgezeichnet.
Als eine der hervorragendsten Bahai-Lehrerinnen, die ihr ganzes Leben und ihre ganze Persönlichkeit in den Dienst der Menschheit gestellt hat, entfaltete sie auch in Wien eine überaus reiche und fruchtbare Tätigkeit.
Dank ihrer bewundernswerten Tatkraft, ihrer unvergleichlichen Selbstverleugnung und nicht
zuletzt dem Zauber ihrer abgeklärten Persönlichkeit ist es ihr gelungen, viele neue wertvolle Beziehungen anzuknüpfen.
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Wir hatten wiederholt die Freude, sie in unserer Mitte zu sehen und uns an ihren gehaltvollen, zuherzengehenden Ansprachen zu stärken.
Zum erstenmal konnten wir Miss Root am Abend des 25. November in unserem üblichen Versammlungs-Lokal in den Räumen der int. Frauenliga für Frieden und Freiheit, III. Henslerstraße 3 begrüßen.
Samstag, den 28. 10. fand sich eine Anzahl der Freunde zur diesjährigen Gedenkfeier anläßlich des Hinscheidens 'Abdu'l-Bahás in meinem Heim zusammen. Durch die inzwischen eingetroffene, tiefbetrübende Nachricht von dem Ableben unseres geliebten Freundes Dr. J. E. Esslemont gestaltete sich das Beisammensein zu einer zweifachen Trauerfeier.
Wiederholt hatte Miss Root Gelegenheit in verschiedenen Esperanto-Klubs zu sprechen; so am Montag, den 30. Nov. vor etwa 80, am 17. Dez. vor etwa 40 und am 18. Dez. vor ungefähr 60 Esperantisten.
Die Lehre wurde in diesen Kreisen mit lebhafter Begeisterung aufgenommen und zahlreiche Propagandaschriften wurden verteilt.
Der intern. Delegierte der österr. Esperantisten, Dr. Sös, der ein besonderes warmes Interesse an den Tag legte, tat sein Bestes, um Miss Root auf jede Weise in ihren Bestrebungen zu fördern.
Durch seine Vermittlung mit Herrn Smyttal, einem der bedeutendsten Wiener Esperantisten bekannt gemacht, wurde sie gebeten, einen Artikel für die Monatschrift „Austrio Esperantisto“ zu schreiben.
Freitag, den 4. und Mittwoch, den 9. Dez. waren Miss Root und wir in der „Theosophischen Gesellschaft“ zu Gast und Mittwoch, den 16. Dez. in der teosophischen Gesellschaft Adiar, worüber sich Miss Root besonders freute, weil 'Abdu'l-Bahá i. J. 1913 in diesem Zirkel gesprochen hatte.
Sonntag, den 6. Dez. sprach Miss Root bei mir, zu denjenigen von den Freunden, die sich zu Bahailehrern ausbilden wollen, über die Art zu lehren.
Montag, den 7. Dez. hielt Miss Root vor dem Neuen Wiener Frauenklub einen Vortrag über „die Renaissance Chinas und die Bahai-Bewegung“.
Donnerstag, den 10. Dez. fand in den Räumen der österr. Landwirtschaftsgesellschaft ein allgemein zugänglicher Vortrag statt, wo Miss Root in wundervoll klaren und schlichten, ich möchte sagen inspirierten Worten über die Lösung der Menschheitsprobleme durch Baha’u’lláh sprach.
Im Hause des Medizinalrat Dr. Barasch feierten wir am 12. Dez. das Einigkeitsfest, welches diesmal durch die Anwesenheit von Miss Root einen ganz besonders schönen und würdigen Verlauf nahm.
Sonntag, den 13. Dez. besuchte Miss Root die Ortsgruppe Graz, wo sie im Hause des Vorstandes dieser Gruppe, Herrn Oberinspektor Adolf Fontana, gastliche Aufnahme fand und in einer daselbst veranstalteten Versammlung zu den Freunden sprach.
Sie nahm auch mit den dortigen Esperantisten Fühlung, von denen zwei die Versammlung besuchten und sich lebhaft für die Sache interessierten.
Außerdem hatte Miss Root mit vielen hervorragenden Persönlichkeiten eingehende Besprechungen; unter anderem mit Frau Marianne Hainisch, der Mutter des österr, Landespräsidenten, die an der Spitze der österr. Frauenbewegungen steht; ferner mit Professor Dr. Joseph Longo und Universitätsprofessor Hofrat Rudolf Payer von Thurn usw.
Am Samstag, den 19. Dez. versammelten sich die Freunde bei mir, um von Miss Root Abschied zu nehmen; noch einmal richtete sie das Wort an uns, indem sie ihrer Freude über das harmonische Verhältnis in unserer Gruppe Ausdruck gab, uns nochmals zu feuriger Arbeit ermahnte und uns auf das herzlichste Lebewohl sagte.
In Miss Root haben wir eine Persönlichkeit kennen und lieben gelernt, welche ausgestattet mit reichen Geistes- und Herzensgaben, einem ungemein anziehendes Wesen und einer überaus gewinnenden Art zu sprechen das Ideal eines Bahai-Lehrers verkörpert.
Der Mut und die Beharrlichkeit, die Tatkraft und Opferfreudigkeit, womit sie die große Sache vertritt, ihr sicheres und doch so bescheidenes Auftreten gewannen im Sturm die Herzen derer, die in nähere Beziehung zu ihr traten; aber auch die ferner Stehenden wurden von dem heiligen Feuer der Menschenliebe, das ihre schlichten Reden durchwärmte, tief ergriffen und mächtig angezogen.
Diese Frau, welche ungeachtet der großen Mühsale und Geldopfer, die das Reisen heutzutage erfordert, seit Jahren buchstäblich den ganzen Erdball durchmißt, um die frohe Botschaft von einem Ende der Erde zum anderen zu tragen, ist ein lebendiger Beweis für die alles überwindende Macht der Lehre.
Ihr Beispiel hat jedem einzelnen von uns Mut und Zuversicht, Liebe und Hoffnung ins Herz gepflanzt.
Stets werden wir ihrer mit der innigsten Liebe und Dankbarkeit gedenken und unsere wärmsten Glück- und Segenswünsche werden sie auf ihren ferneren Wegen begleiten.
Ida Mittler,
Besuch von Mrs. Stannard in Stuttgart.
Am Sonntag, den 10. Januar besuchte Mrs. Stannard aus Genf unsere Stuttgarter Bahaigruppe. Am Mittwoch, den 13. hielt sie, nachdem sie bereits am Montag im Heim von Herrn Herrigel, im Kreise der Bahaifreunde gesprochen hatte, einen öffentlichen Vortrag im Bürgermuseum, eingeführt von Herrn Konsul Schwarz.
Da Mrs. Stannard viele Jahre in Persien, Indien und Aegypten gelebt hat, so schilderte sie uns in klaren Worten ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Sie gab uns ein deutliches Bild wie der orientalischen Rasse durch den Krieg die Augen geöffnet wurden, und sie kennen gelernt haben, daß die Zivilisation des Westens eine Zivilisation der Macht und Gewaltherrschaft ist. Der Orient ist erwacht und wendet nun dieselbe Waffe gegen den Westen. Nicht länger duldet er mehr die Unterjochung des Europäers, sondern steht vereint, sein Recht sich zu erkämpfen.
Wie nun den Weg zu einer Vereinigung zu finden? Dieses kann nur durch die Bahailehre geschehen, wie sie dann es klar und deutlich schilderte, daß die große Lehre, dessen Prophet und Gottgesandte, Baha’u’lláh, es zustande gebracht hat, alle Nationen und Rassen in eine Einheit zu verbinden. Die Anwesenden lauschten mit großem Interesse ihrem Vortrag, und zum Schluß fügte Herr Herrigel noch eine ausführliche Erklärung über die Bahaisache in Deutschland bei.
Am Donnerstag, dem 14. Januar sprach Mrs. Stannard im Kreise der Bahais im Versammlungslokal. Sie las uns einige Briefe und Berichte über das Wachsen der Sache in Amerika vor. Sie ermahnte uns eindringlich alle unsere Kräfte in den Dienst der hl. Sache zu stellen, um die Lehre so schnell wie möglich zu verbreiten. Auch würde uns die Arbeit im Weinberge Gottes jung und frisch erhalten. Sie sagte uns ferner, wenn wir wahre Bahais sehen wollten, so müßten wir nach Persien gehen. Alle Anwesenden waren glücklich wieder neue Anregung bekommen zu haben und wohl wir alle gaben uns das Gelöbnis unsere Kräfte mehr denn bisher dem großen Werke zu weihen.
Am Mittwoch, den 20. Januar besuchte Mrs. Stannard die Eßlinger Gruppe. Leider war es durch ein Mißverständnis nicht allen Mitgliedern bekannt, und so gab es nur ein trauliches Zusammensein im Heim von Frl. Köstlin. Auch hier freuten sich die Anwesenden in Mrs. Stannard eine so große und starke Seele als Vertreterin und Arbeiterin der großen Sache kennen gelernt zu haben, und dankten ihr herzlich für den Besuch.
Den andern Morgen reiste Mrs. Stannard zurück nach Genf mit dem Versprechen bis spätestens diesen Sommer uns wieder zu besuchen.
Unsere Gebete begleiten sie; wir wünschen ihr ferner große Erfolge in ihrer Arbeit.
Edith Horn.
Mrs. Stannard’s visit in Stuttgart.
On Sunday January 10th Mrs. Stannard from Geneva visited our group of Bahais in Stuttgart. On Wednesday, January 13th she gave a public lecture in the Bürgermuseum, after having already given an address to the circle of Bahai friends in the home of Herr Herrigel on the previous Monday. Mrs. Stannard, having lived many years in Persia, India and Egypt, gave us a vivid description of her experiences there. She gave us a vivid picture of how the oriental race, through the war, had become aware that Western civilisation was only a civilisation of might and despotism. The East is awakened and will now fight with the same weapons against the West. No longer will it suffer the oppression of the Europeans, but is determined to fight for its rights.
But how is a mode of agreement to be found? It can only be achieved through the Bahai-teaching and she clearly and distinetly expounded to us how the great prophet, and Messiah of the great teaching Baha’u’lla had succeeded in uniting all nations and races to one unity. Everyone present listened with the greatest interest to her lecture introduced by Consul Schwarz. At the end Herr Herrigel added a detailed explanation of the Bahai-Cause in Germany.
On Thursday January 14th Mrs. Stannard
spoke to the Bahais in their hall of assembly.
She read a few letters and reports concerning the spreading of the cause in America.
She earnestly exhorted us to work with our
whole energy in the service of the holy
Cause, so as to propagate the teaching as
quickly as possible. The work in the vineyard of our Lord would keep us young
and fresh. She furthermore said, if we wished to see true Bahais, we must go to Persia.
Everyone present rejoiced at having once
again received new incitement and no doubt
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we all pledged ourselves to devote our
energy more than ever to the holy Cause.
On Wednesday January 20th Mrs. Stannard visited the group in Eßlingen. Alas, through some misunderstanding all the members were not informed, so we only had a small gathering in the home of Fräulein Köstlin. In Mrs. Stannard everyone present was delighted to make the acquaintance of so great and strong a soul as representative and worker in the great Cause and thanked her heartily for her visit.
The next morning, Mrs. Stannard returned to Geneva and promised to come and see us again this summer.
Our prayers accommpany her and we wish her every success in her work.
Edith Horn.
The Making of a New Religion.
By Arthur Moore, published in T.P’s and Cassell’s Weekly October 1923.
Once on a cold night in the mountains of Persia I found myself seeking shelter and fresh horses for the morrow, in a poor and inhospitable town. All was blank till I found the Postmaster, and to him I handed an open letter. When he saw the handwriting his whole expression changed. Wonder and awe instantaneously invaded him, and his hands began to tremble as he held the document. It was a short letter in the Persian tongue, but so great was his emotion that he read it several times before he mastered it.
Then reverently he bowed his head, and raising the letter with both hands, laid it upon his forehead. After this he returned it to me with as much solemnity as if it were the Koh-i-Noor itself, the diamond which the Persians called the Mountain of Light. My wife and I dined off chicken and rice, and took the road again bright and early next day, with fresh horses. And such was the potency of the letter that we were held to have conferred a favour rather than to have received one.
A New Messiah.
Many times had I seen a similar effect produced by that letter. It lies before me as I write; and as the pavement of a cathedral is worn by the feet of the faithful, so is this letter worn by their foreheads. If you can Imagine a stranger in the first century travelling through Macedonia or Italy, or some other country where the labours of St. Paul had spread the “glad tidings”, and presenting to communities of early Christians a letter of commendation written by Jesus Himself, which charged all His followers to show lovingkindness to the bearer, you can form a true picture of the power of a letter from 'Abdu’l-Bahá amongst his followers to day. The comparsion is indeed an interesting one in other ways.
The Golden Journey.
Christianity as a religion stole upon the world without much stir, and a hundred years after the birth of Christ the majority of the civilized world had never heard of it; yet its little leaven was at work everywhere in the pagan lamp left in twilight by the old gods. So to-day we are in presence of a new religion, still in its first century, which is leavening the East, and already has a home in the West. It has a long roll of martyrs who have given their lives for it; and its missionarles travel all over the globe.
There was a certain Fazilullah, now dead, who, like St. Paul, had been a persecutor but became a convert, and whose missionary journeys, with the help of the steamship, the railway and the motor-car, easily eclipsed his predecessor's. On foot, on camel, and on packmule he wandered through all the towns of Persia preaching the good news; he made the golden journey to Samarkand and far Bokhara, where he founded flourishing churches; he preached in Tiflis, Moscow, St. Petersburg and Constantinople; he crossed the deserts of Arabia, he sojourned in Egypt, and finally he visited every notable town and city in the United States, from the Atlantic to the Pacific. Nobody knows how many Bahais there are in the world today, but there are probably two or three millions; so that in its early stages it is advancing much more rapidly than did Christianity, which had neither printing press nor telegraph to aid it.
In Persia the majority of Bahais do not proclaim their religion, just as the majority
of early Christians did not, and for the same
reasons. If a Mussulman is suspected of being a Bahai, some enemy may trump up a
tale against him and ruin him. I have a ghastly photo of the naked bodies of a whole
Bahai family massecred for their faith in Sultanabad six years ago. No one would
bury the bodies at first, till one came
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forward and performed this office, first photographing the bodies for record.
This was remembered against him, and not very long ago a rumour that he had burnt a copy of the Koran (this is the common calumny invented on these occasions) was spread in the bazaar, and a Mullah led a mob which demanded his blood from the governor of Sultanabad. This local Pilate tried to wash his hands by telegraphing to the Prime Minister in Teheran, who, however, was at that time busy trying to save the Anglo-Persian agreement, and forgot to reply. The Bahai was accordingly hanged, and peace reigned once more.
The Word ad Caxton Hall.
A Persian friend from Teheran called on me in London some months ago, and told me he had come to preach their gospel here. I went to one of his meetings, in London, and found it crammed.
He had a great success also in Notting Hill and other outlying parts, and even carried the word to Manchester and a large number of provincial centres. 'Abdu'l-Bahá himself had a triumph here in 1911, when - already an old man — he availed himself of the liberty accorded him and made his great journey to the West, visiting England, France, Italy and the United States. In all these countries there are converts, but America provides far the greatest number. Mr. Esslemont is a Scottish convert, whose zeal is evidently great, and to all those who want to know more about the doctrine, his book can be confidently recommended.
Heresy and Schism.
It was in 1844 in Shiraz, his native town, that the Báb, a young man of twenty-five, first proclaimed his message, and by the beauty of his life and the grace of his doctrines began to draw men after him. Some of the leaders of Persian Islam became his converts, and so rapidly did his followers increase in number that the orthodox became fiercely alarmed. The Bab was put to death at Tabriz in 1850 and in the next few years thousands of Babis, as they were then called, were tortured and killed. Baha’u’lláh, a rich young Persian noble, was chained to five other Babis in a filthy cell for five months, after which his property was confiscated and he was exiled to Turkey. At Baghdad some years later, after spending two vears lost in solitude in the desert, he was proclaimed as the Manifestation of whom the Bab had declared himself to be the forerunner — for “Bab” means gate, or doorway.
A Portrait.
Professor Browne, though a severe textual critic of some Bahái writings, has borne testimony that Baha’u’lláh was the most wonderful personality he ever saw. My own impression of his son, 'Abdu’l-Bahá, was that he was the most benevolent-looking human being I ever gazed upon. He was old already, when I met him at Haifa under the shadow of Mount Carmel; and he was the embodiment of beautiful old age. His hair and beard and robes were of glistening white. His rosy checks were smooth, his deep blue eyes were inexpressibly sweet and gentle. Life sparkled in him, and love and humour flashed in the Persian sentences that rolled from his happy mellow tongue. The Bahais bring the motive force of a love religion to their intellectual convictions. The interesting thing is that while we turn over these ideas intellectually, the Islamic East is assimilating them religiously.
By T.P’s and Cassell’s Weekly, Okt. 1925.
Nachrichten aus der Baháiwelt.
Amerika. In Montreal werden jeden Sonntag nachmittag und Freitag abend Versammlungen abgehalten. Sonnabend nachmittag wird in zwangloser Zusammenkunft Tee serviert. Die Einrichtung eines Esperantokurses ist geplant. Der Dienstag und Mittwoch ist der Arbeit der Liga der Nationen, der Friedensbewegung und der „vergleichenden Religionswissenschaft“ gewidmet.
Frankreich. Aus Paris treffen erfreuliche Nachrichten ein. Die dortigen Freunde treffen zweimal monatlich abwechslungsweise im Heim der Familie Scott und Dreyfuß zusammen. Sie drücken ihre ganz besondere Freude über den Geist der neuen Manifestation aus, der sich in Locarno geoffenbart hat.
Persien. In Hamadan wurde der Raum der Bahaischule durch Neuerwerb erheblich vergrößert. Der Mädchenschule sind zwei, der Knabenschule vier weitere Klassen angegliedert worden. Auf dem wesentlich erweiterten Knabenschulhof sind verschiedene Sportplätze eingerichtet worden.
Die Organisation der Bahai-Bewegung in Teheran nimmt immer festere Formen an. Reichlich
fließende Geldmittel ermöglichen ein ergiebiges, Früchte tragendes Arbeiten. In den Monaten März
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bis August 1925 gingen an Beiträgen von den
Teheraner Freunden 19932,95 Krans ein. Die Ausgaben, die anteilmäßig auf die einzelnen Tätigkeitsgebiete verteilt werden (Schulen 50 Prozent, Armenfürsorge 20 Prozent, Lehrer 15 Prozent, Verwaltungskosten 5 Prozent usw.) betrugen in derselben Zeit 19717,70 Krans.
Ein von M. Mohammed Ali Khan über die Bahaibewegung geschriebenes Buch ist in Teheran im Druck erschienen.
Die Schule in Schahmirzad mußte wegen der Umtriebe der Feinde der hl. Sache geschlossen werden. Das Haus einer Baháifrau wurde angegriffen und geplündert, nachdem die Aermste getötet worden war. Die Regierung hat diesem Gewaltakt noch keine Genugtuung widerfahren lassen.
In Shishevan und einigen andern Orten haben die Freunde viel Verfolgungen zu erdulden.
Jenabi Seyid Jalal Jbnesina, ein ergebener und bekannter Lehrer ist am 13. August 1925 gestorben. Sein Hinscheiden ist ein großer Verlust.
Mirza Muhammed Bagher in Schiraz, dessen Söhne seit einigen Jahren in Deutschland weilen und uns allen bekannt sind, ist gestorben. Er hatte den Meister auf seiner Europareise begleitet und steht in vieler Erinnerung. In ihm starb ein Führer der Großen Bewegung.
So groß die Verfolgungen einst in Mashhad waren, so sehr entwickelt sich heute dort die Lehre. Drei Lehrer aus Ishqabad arbeiten an der Verbreitung der hl. Sache. In zehn verschiedenen Versammlungen treffen sich die Freunde der einzelnen Stadtteile. In weiteren vier Versammlungen wurden Interessenten in die Lehren eingeführt.
Rußland. In Qahgahih in Russisch-Turkestan haben die Freunde einen großen Versammlungssaal erbaut. Eine Schule ist zur Zeit im Bau; die Regierung hat die Genehmigung hiezu erteilt. Die Knaben- und Mädchenschule in Maro blüht. Die Zahl der Schüler hat 80 erreicht (Juden, Moslem und Bahai). Die Freunde in Tashkand haben einen Bauplatz gekauft, um später eine Schule darauf zu errichten.
Die Geistige Arbeitsgemeinschaft in Moskau hat ein Buch (in russischer Sprache) über die Bahaibewegung herausgegeben.
Mehrere Lehrer sind zur Zeit in der Verbreitung der hl. Lehre an verschiedenen bedeutenden Plätzen Rußlands tätig.
Ägypten. Aus Kairo und Alexandrien treffen erfreuliche Nachrichten ein.
Inhalts-Uebersicht für das Jahr 1924/26.
Baha’u’lláh:
Gebete und Worte . . . . . 1 17 49 177
'Abdu'l-Bahá:
Gebete und Worte: Der wahre geistige Lehrer . . . . . 67
Ueber Liebe und Uebereinstimmung . . . . . 81
Das größte Glück liegt im Glück anderer . . . . . 82
Die Ursachen der religiösen Meinungsverschiedenheiten . . . . . .86
Beweise über das Buch Daniel . . . . . 90 98
Worte . . . . . 97
Die Nähe Gottes . . . . . 102
Aus Götttlicher Philsophie . . . . . 114
Erklärung des 13. Verses der Arabisch. Verborgenen Worte . . . . . 120
Ihr habt ewigwähr. Gnade empfangen . . . . . 130
Die Vervollkommnung ist ohne Grenzen . . . . . 131
Vier beantwortete Fragen . . . . . 133
Gebet . . . . . 147 178
Ein göttliches Feuer ist entfacht . . . . . 161
Tablets:: Stufe 'Abdu'l-Bahás . . . . 50
Was ist Wahrheit? . . . . .65
An einen Unglücklichen . . . . . 98
An einen Pilger . . . . . 98
An die Dienerin Gottes Miss J. B. M. . . . . . 131
Die Tage des menschl. Lebens sind wie fliehende Schatten . . . . . 145
Ueber das Licht . . . . . 146
Offenbarg. Johannes Kap. 21, Vers 10-17 . . . . . 148
Ergründung der Wahrheit . . . . . 148
Unterweisungen: Ueber Versammlungen . . . . . . 18
Die Ursachen der religiösen Meinungsverschiedenheiten . . . . . 86
Aufruf . . . . . 100
Der größte aller Opfergänge . . . . . 113
Die Wirklichkeit der Religion . . . . . 179
Das Fortleben nach dem Tode . . . . . 178
Shoghi Effendi:
Briefe . . . . . . 2 66 162 164
Benachrichtigungen . . . . . 40 61
Aufsätze:
Berichte 'Abdu'l-Bahás in Stuttgart . . . . . 4
Einiges über die Bahai-Lehre von H. Dannheißer . . . . . 10 28
Frühlingsanfang — Bahai- Neujahr von A. Schwarz . . . . . . 16
Prophezeihungen aus Baha’u’lláh und das neue Zeitalter. Esslemont . . . . . 20 35
Zu 'Abdu'l-Bahás Geburtstag. A. Schw. . . . . . 46
Religion u. Wissenschaft, aus Baha’u’lláh u. das neue Zeitalter. Esslemont . . . . . 55 73
Sinn und Zweck des menschlichen Lebens. H. Küstner . . . . . 68
Sieg über den Aberglauben. Jinab-i-Fadil . . . . . 105
Lebendige Religionen. Dr. W. Walsh . . . . . 134
Die Wahrheit und ihr falsches Bild Alfred Lundt . . . . . 120
Ein eigenes Heim. Schriftleitung . . . . . . 127
Zu Baha’u’lláhs Geburtstag. A. Diebold . . . . . 138
Eine neue Religion. Arthur Moore . . . . . 139
Gedenktage . . . . . . 141
Qurratu’l-Ayn und ihr Lehrer . . . . . 149 169 180
Vom sittl. Handeln. Dr. H, Großmann . . . . . 153
Fortschreitende Erkenntnis auch außer der Bahai-Bewegung . . . . . . 184
Mohammedanische Propaganda . . . . . . . 182
Gedichte:
Malekut-Allah . . . . . . 3
Frühlingsanfang. Dora Schäfer . . . . . . 18
Prolog. Dr. Mühlschlegel . . . . . 34
Zur Erkenntnis. P. Hacker . . . . . 66
Irgendwo ist Licht. M. L. Fack . . . . . . 115
Allerseelen. M. L. Fack . . . . . 137
Advent. M. L. Fack . . . . . 146
Weihnacht. M. L. Fack . . . . . . 147
Das Auge hell und fest auf dich gerichtet. E. Großmann . . . . . 186
Berichte u. Mitteilungen:
Bericht aus Haifa . . . . . 15
Ankündigung eines öffentl. Vortrags . . . . . . 16
Vortragsbericht aus Berlin und Schwerin . . . . . 21
» » aus Warnemünde . . . . . . 22
» » aus Rostock . . . . . 23
» » aus Eßlingen . . . . . . . 23
» » aus Jena. . . . . . 23
» » aus Dresden . . . . . . 23 79
» » aus Gera . . . . . . . 24
» » aus Graz . . . . . 42
Bahai-Neujahr in Eßlingen . . . . . . 42
Bahai-Neujahr in Stuttgart . . . . . 31
Mittlngn. a. d. Bahaiwelt . . . . . 2 32 79 82 142 190
Bericht über das Ridwanfest in Stgt. . . . . . 41
Unerhörte Greueltaten. Dr. Forel . . . . . 47
Kinderfest in Eßlngen . . ......60
Geburtsfeier von 'Abdu'l-Bahá in Stgt . . . . . 61
Besuch aus Süd-Rußland . . . . . .72
Ueber den Esperanto-Kongreß in Genf . . . . . 93
Versammlungsbericht aus Leipzig . . . . . 95
Buchveröffentlichung . . . . . . 112
Mitteilung vom Verlag . . . . . 112
Vortragsberichte . . . . . 155 156 157
Esperanto . > . . . . . 160
Bahai.Esperantokurs Stuttgart . . . . 170
Weihnachtsfest in Eßlingen . . . . . 172
Abreise von Aga Mirza Azizullah Khan S. Bahadur . . . . . 172
Aufruf . . . . . 175
Nachrufe:
Herr Oberlehrer Friedrich Schwaderer . . . . 47
Herr Otto Halbach . . . . 47
Herr Dr. Brauns . . . . . 113 124
Rektor Heinrich Jäger . . . . . 125
Dr. J. E. Esslemont . . . . . . 157
Reproduktionen:
Bild von 'Abdu'l-Bahá in Amerika aufgenommen . . . . . . 3
'Abdu'l-Bahá in Stuttgart; Garten der Wagenburg . . . . . . 19
Bild von 'Abdu'l-Bahá . . . . . . . 34
Das Mausoleum am Karmel. . . . . . 50 51
Das große Gefängnis in Akka. . . . . . 66 67
'Abdu'l-Bahá in Akka aufgenommen . . . . . . 83
Das Monument 'Abdu'l-Bahás in Mergentheim . . . . . 111
'Abdu'l-Bahá, aufgenommen 1913 in Alexanderstr: 3 in Stuttgart.. . . . . . 115
Die Moschee in Akka . . .. . . . . . 139
'Abdu'l-Bahá sitzend aufgenommen . . . . . . 147
'Abdu'l-Bahá aufgenommen in Amerika . . . . . . 163
Eine Gruppe männl.. Bahai in Hamadan . . . . . . 179
Englisch:
My visit in Mergentheim . . . . . . 108
Dr. Arthur Brauns . . . . . . 125
Rektor Heinrich Jäger . . . . . . . . 127
Days of remembrance . . . . . . 136
Visit of Miss Martha Root . . . . . . 158 159 174
Report of X mas in Eßlingen . .. . . . . . 173
X mas festivitiy in Stuttgart . . . . . . . . . 175
Mrs. Stannard in Stuttgart . . . . . . . . 188
The making of a new Religion . . . . . . . . 189
Esperanto:
La amo al Dio . . . . . . . . 14 30
Centilecotraj estimego . . . . . . . 45
Humileco . . . . . . 59
Higieno .. . . . . . . 78
Alvoko de 'Abdu'l-Bahá . . . . . . . . 94
Kunvem &e 'Abdu'l-Bahá . . . . . . 107
Parolo Dr. Mühlschlegel en Genevo . . . . . . 122
Amo . . . . . . 137
Parolado de 'Abdu'l-Bahá . . . .. . . . . . 54 185
Pregoj de Baha’wlläh kaj 'Abdu'l-Bahá . . . . . . 171
Einbanddecken für den V. Jahrgang der Sonne der Wahrheit sind bis spätestens 15. März beim Verlag, Hölderlinstraße 35 zu bestellen zum Preis von Mk. 1.—. Das Einbinden der Zeitschrift übernimmt gleichfalls der Verlag zum Preis von Mk. 2.— einschl. Decke.
Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten
Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.)
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