Sonne der Wahrheit/Jahrgang 4/Heft 3/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft III MAI 1924
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


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Die Hauptpunkte der Bahailehre
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1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.

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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark.
Heft 3 Stuttgart, im Mai 1924 4. Jahrgang

Inhalt: Worte von 'Abdu'l-Bahá. Die erste Botschaft 'Abdu'l-Bahás an Seine Freunde in aller Welt. Die Geschichte der Prinzessin. Das Leben Baha’u'lláh’s. Oomoto. Bericht an die Freunde im Osten und Westen. Report to the Friends in East and West. Unueco. Zu 'Abdu'l-Bahás Geburtstag. 'Abdu'l-Bahá. Bahai-Nachrichten. Mitteilung vom Bahaiverlag.


Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion




Alles in der geistigen Welt steht in Verbindung mit der erschaffenen Welt. Z.B.ist elektrischer Magnetismus die Naturkraft, die mit der geistigen Kraft — der Liebe — in Verbindung steht.

'Abdu'l-Bahá.


Du frägst mich: wie kann ich Dir dienen? Wisse, der größte Dienst liegt in Deiner eigenen Treue und Unerschütterlichkeit und darin, daß du keinerlei Trübsal, wenn sie dich befällt, unterliegst. Durch Festigkeit wirst Du gewahren wie sich die Tore der Gnade öffnen.

'Abdu'l-Bahá.



Worte von 'Abdu'l-Bahá.

O du lebendige Flamme der himmlischen Liebe! Dein Herz ist so entflammt von der Liebe zu Gott, daß auf zehntausend Meilen hin ihre Wärme und ihr Leuchten empfunden und erkennbar wird. Ein Feuer, das von irdischer Hand entfacht ist, spendet nur für eine kleine Strecke Licht und Wärme, während die heilige Flamme, von Gottes Hand entzündet, wenn sie auch im Osten brennt, so doch ihre Flammen nach dem Westen hinüberwirft und Licht und Hitze dem Norden und Süden gewährt. Ja sie steigt auf von der Welt um mit der heißesten Flamme die höhere Welt, und mit ihrem Licht das Reich der ewigen Herrlichkeit zu durchfluten.

Glücklich bist du, eine solche göttliche Gabe erhalten zu haben; gesegnet bist du, mit göttlicher Bestätigung begnadet zu sein. Die Herrlichkeit Gottes sei mit dir und mit denen, die sich nach Gottes Willen und nach Seinem heiligen Bündnis richten.

Uebersandt von Shoghi Effendi.


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Die erste Botschaft 'Abdu'l-Bahás an Seine Freunde in aller Welt.

Uebersandt von Shoghi Effendi.


Er ist der Herrlichste.

Das große Licht der Welt, das einmal über der ganzen Welt leuchten wird, dämmert jetzt am Abhá-Horizont. Sein Reich von beispielloser Herrlichkeit breitet seine Erhabenheit über seine Geliebten aus den Höhen aus und haucht in ihr Herz und ihre Seele den Odem ewigen Lebens.

Sinnt in eurem Herzen darüber nach, was Er euch in Seinem Tablet von „dem göttlichen Kommen" vorausgesagt hat, das in der ganzen Welt bekannt ist. Er sagt darin: „Daraufhin verschleierte sie sich und rief aus: möge die Welt und alles, was darinnen ist, ein Opfer für Deine Leiden sein, o Herrscher des Himmels und der Erde! Weshalb verweilst Du freiwillig in den Händen der Bewohner dieser Gefängnisstadt Akka? Eile doch hin zu anderen Reichen, zu Deinen überirdischen Wohnorten, die den sterblichen Augen der Kinder der Welt unbekannt sind“. Wir lächelten und schwiegen. Denkt über diese höchst erhabenen Worte nach und begreift die Absicht dieses verborgenen und geheiligten Geheimnisses.

O ihr Geliebten des Herrn! Hütet euch, hütet euch, daß ihr nicht zaudert und zagt. Laßt keine Angst euch befallen, noch seid in Sorge und Bestürzung. Seid auf der Hut, daß diese trübseligen Tage nicht die Flammen eurer Inbrunst ersticken und eure gehegten Hoffnungen nicht vernichtet werden. Heute ist der Tag, um Standhaftigkeit und Ausdauer zu beweisen. Gesegnet sind die Standhaften, die unerschütterlich und wie Felsen dem Sturm und Drang dieser bewegten Zeit standhalten. Diese werden gewißlich die Empfänger der Gnade Gottes sein, sie werden wahrlich den Beistand Gottes erhalten und werden die wirklich Siegreichen sein. Sie werden die Menschen überragen mit einer Erleuchtung, die die Bewohner des Zeltes der Herrlichkeit loben und zum Himmel erheben werden. Ihnen ist dieser himmlische Ruf verkündet, der wie folgt geoffenbart ist in Seinem heiligen Buch: „O ihr Menschen! Seid nicht ratlos, wenn der Stern Meiner Gegenwart verschwindet und der Ozean Meiner Aussagen zur Ruhe kommt. Mit Meiner Gegenwart unter euch war die Weisheit Gottes unter euch und in Meiner Abwesenheit von euch ist ein weiteres verborgen, unerforschlich allen, außer dem Einen, dem Allwissenden. Wahrlich, Wir sehen euch von Unserem Reich der strahlenden Herrlichkeit aus, und Er wird gnädig helfen denen, die sich mühen um den Sieg Unserer Sache, mit der Hilfe der himmlischen Heerscharen und einer Schar Unserer erwählten Engel!

Die Sonne der Wahrheit, dieses herrlichste Licht ist am Horizont der Welt aufgegangen und wirft ihren ewigen Glanz auf das Reich des Grenzenlosen. In Seinem heiligen Buch ruft Er den treuen und gefestigten Seiner Freunde zu: „O Völker der Welt! Sollte der Glanz Meiner Schönheit verhüllt sein und der Tempel Meines Körpers verborgen sein, so seid nicht verstört, sondern erhebt und ermannt euch, daß Meine Sache triumphiere und Mein Wort von allen Menschen gehört werde“.

Uebersetzt von A. Schwarz.



Die Geschichte der Prinzessin.

Auszug aus einem Vortrag von Jinàb-i-Avarih in England.

Schamsi - Dschihan Khanum, deren Namen „Sonne der Welt“ bedeutet, war eine Enkelin des Schah Fath Ali und zugleich eine Verwandte des damaligen Schahs. Sie interessierte sich für Religion, und da sie eine Pilgerfahrt nach Mekka gemacht hatte, wurde sie Hadschi Khanum [Seite 35] genannt. Sie hatte gehört, daß Kurratu’l-’Ayn schöne Gedichte geschrieben habe, und da sie gelegentlich selbst dichtete, sehnte sie sich darnach, die Gedichte Kurrattu’l-’Ayns lesen zu dürfen.

Unter dem Vorwand, einen Spaziergang machen zu wollen, ging sie eines Tages mit ihrer Dienerin aus. Sie kam in den Garten des Kalantar (des Gouverneurs) und näherte sich allmählich dem Haus, in dessen oberem Stock Kurrattu’l-’Ayn gefangen gehalten wurde. In einem Gedichtbuch, das die Prinzessin später schrieb und das in ihrer eigenen Handschrift in meinem Besitz ist, beschrieb sie ihre Erlebnisse. Als sie das Gebäude erreichte, flehte sie zu Gott und sprach: „O Gott, wenn diese Lehre richtig ist, so laß mich Kurrattu’l-’Ayn sehen.“ Sie berichtet weiter:

„Sobald ich so gebetet hatte, wurde das Fenster im oberen Stock geöffnet und Kurratu’l-’Ayn schaute heraus gleich einer glänzenden Sonne und rief: „O Prinzessin, was wünschest Du?

„Ich war so erstaunt, daß ich sie erschüttert anstarrte, und zu weinen anfing. Sie lächelte über mein Verhalten, was mich tief ergriff. Es schien mir seltsam, daß ich, eine sich in Freiheit befindende Prinzessin, in diesem Garten wandle und weine, während sie, eine Gefangene, in ihren engen vier Wänden lachte.

„Ich sagte zu ihr: O, meine Dame, ich möchte gerne wissen, warum Sie eingesperrt sind.“

Sie erwiderte: „Weil ich die Wahrheit sprach.“ Warum gerieten die Abkömmlinge Mohammeds in Gefangenschaft?“ „Weil sie auch die Wahrheit sprachen.“

Ich frug weiter: „Was ist die Wahrheit?“

Sie sagte: „Der Punkt, um den sich die Wahrheit dreht, erschien in der Welt, und sie haben ihn getötet.“

Ich frug sie: „Ist dies der, welcher in Tebriz getötet wurde?“

„Ja,“ antwortete sie, „er war unser Verheißener, Ihr Verheißener und mein Verheißener, und sie töteten ihn.“

Dann frug ich: „Wer waren die Leute, die sich in der Festung Tabarsi befanden?“

Sie antwortete: „Es waren auch Jünger von ihm.“

Die Prinzessin schrieb nun: „An diesem Punkt unserer Unterredung angelangt, hörten mich plötzlich die Wächter und rannten in den Garten. Bevor ich aber ihre Annäherung merkte, rief mir Kurratu’l-’Ayn zu: „O Prinzessin, gehen Sie, damit Sie nicht in Unannehmlichkeiten geraten!“ Sie schloß das Fenster und zog sich zurück. Dann kamen die Diener des Kalantars auf mich zu und sagten: „Was tun Sie hier Madame?"

Beunruhigt durch sie, antwortete ich: "Ich mache einen Spaziergang.“

Obschon sie meine Absicht erkannt hatten, sagten sie aus Achtung nur: „Es ist gut. Nachdem Sie aber nun Ihren Spaziergang gemacht haben, bitten wir Sie freundlichst, von hier weg zu gehen.“

„Verschiedene Tage nach diesem Vorkommnis weinte und schluchzte ich. Ich sehnte mich so sehr darnach, nochmals mit dieser Gefangenen zu reden. Schließlich erhörte Gott mein Gebet und ich sah Kurratu’l-’Ayn bei einer Einladung des Kalantar wieder.

Solange Kurratu’l-’Ayn im Hause des Kalantar gefangen war, heiratete einer seiner Söhne ein junges Mädchen. In der Hochzeitsnacht, als alle Prinzessinnen und die Damen des königlichen Hofes in des Kalantars Haus versammelt waren, sagte eine der Damen: „Es müßte interessant sein, die Bahai-Dame, welche hier gefangen sitzt, zu sehen“ Alle Damen schlossen sich ihrem Wunsche an und baten, Kurratu’l-’Ayn sehen zu dürfen. Zuletzt sandten sie eine Botschaft an den Kalantar, in der sie ihn eindringlich darum baten und erwähnten, daß es ihnen eine wirkliche Freude und ein Hochzeitsgeschenk wäre, wenn er sie die Gefangene sehen ließe. Sie ließen Kurratu’l-’Ayn holen und führten sie zu den Hochzeitsgästen. Eine der Prinzessinnen beschrieb diese Zusammenkunft wie folgt: „Als ich sie sah, erfüllte sich mein Herz mit Glückseligkeit. Als Kurratu’l-’Ayn das Zimmer betrat, war sie überaus schön und würdevoll, und als sie sprach, geschah dies mit solchem Nachdruck, daß sich allmählich alles im Zimmer zu ihr wandte, ihr zuhörte und die Hochzeit vergaß. Sie sprach mit großer Begeisterung, dann erzählte sie ihr Leid in Geschichten, so daß die Damen zu weinen begannen und wieder erzählte sie Geschichten, die die Damen zum Lachen brachten, und als die Gefühle auf und nieder gingen, sang sie ihre Gedichte in solch wunderbarer Weise, daß alles erstaunt war. Keine der Damen wünschte mehr etwas von den Festlichkeiten zu sehen oder zu hören, sondern sie lauschten den ganzen Abend auf ihre Stimme. Und das Endergebnis dieses Abends war, daß manche der Damen, unter ihnen auch die Prinzessin Hadschi Khanum, treue Anhängerinnen der hl. Sache wurden.

„Von diesem Abend an waren alle Damen des Haushaltes des Kalantars Kurratu’l-’Ayn sehr ergeben. Sie erbaten sich des Kalantars Erlaubnis, Kurratu’l-’Ayn, anstatt in dem kleinen Raum im Gartenhaus, bei sich im Hause leben zu lassen. So wurde sie im Haushalt aufgenommen und durfte mit den Damen verkehren. Eine der Dienerinnen im Hause des Kalantars erzählte; daß [Seite 36] Kurratu’l-’Ayn, die Gefangene, eine solche Liebe, Größe, Macht und Majestät ausstrahlte, daß ihr sowohl die Damen als die Dienerinnen sehr ergeben waren, und bereit gewesen wären, ihr Leben für sie hinzugeben.“

Einige Jahre später hörte die Prinzessin Hadschi Khanum, daß einer der Söhne des persischen Ministers Mirza Buzurg, (das war der Vater Baha’u’lláhs) der Führer der Bahaibewegung sei; aber sie wußte nicht, welcher der Söhne dies sein sollte. Sie fragte hierüber einen Freund, der sie falsch unterrichtete und sagte, dies sei Mirza Yahya Ezel.

Zehn Jahre lang wartete die Prinzessin darauf, daß dieser Sohn Mirza Buzurgs die Stelle des Bab einnehme, und sie war sehr begierig, ihn einmal zu sehen. Endlich trat sie eine Pilgerfahrt nach Kerbela an und kam auf diesem Weg nach Bagdad. Hier machte sie Mirza Yahya Ezels Aufenthalt ausfindig. Sie sandte einen Freund zu ihm mit einer Einladung, die lautete: „Ich wünsche Sie auf eine Stunde zu sprechen.“

Als Mirza Yahya den Namen der Prinzessin hörte, erschrak er und sagte: „Diese Dame gehört zur königlichen Familie und wird uns Schwierigkeiten machen. Laß sie nicht wissen, wo ich bin und laß sie nicht zu mir kommen.“

Als dieses Verhalten des Mirza Yahya der Prinzessin zu Ohren kam, war sie sehr erstaunt und sagte: „Wenn dieser Mann der richtige, der wahre ist, wie kommt es dann, daß er meine Sehnsucht und meine Liebe zur Sache nicht kennt?“

Die Prinzessin sandte eine zweite Botschaft an Mirza Yahya, die lautete:

„Wenn Du fürchtest, ich könnte Dich verraten, so sende jemand, der mir die Zungenspitze abbrennt oder mir die Zunge abschneidet, damit ich nicht mehr sprechen kann. Wenn Du von Gott bist, wünsche ich Dich nur für eine kurze Zeit zu sprechen.“

Diese Antwort der Prinzessin erschreckte Mirza Yahya noch mehr, und er sagte: „Laß sie ja nicht zu mir kommen.“

Die Prinzessin wurde hierauf ärgerlich und entschloß sich, nach Persien zurückzukehren und ihren alten Glauben wieder anzunehmen.

Da kam plötzlich einer der Diener Baha’u’lláhs zu ihr und sagte: „Seien Sie nicht betrübt und traurig. Das Licht der Wahrheit ist anderswo. Der, den Sie suchen, ist der Bruder Ezels, und er sandte mich zu Ihnen, um Sie einzuladen, ihn morgen zu besuchen.“

Die Prinzessin war nun sehr glücklich. Sie brachte die ganze Nacht im Gebet zu und erwartete weinend den Tag. Sie ging mit sich selbst zu Rate und sagte sich: „Wenn ich nun zu ihm gehe, so kann es sein, daß ich unfähig bin, ihm die Fragen, die mich bewegen, vorzubringen, ich will sie daher lieber aufschreiben.“ Somit schrieb sie all ihre Fragen auf ein Stück Papier, das sie unter ihr Kopfkissen legte.

Früh am Morgen kam ein Diener Baha’u’lláhs zu ihr und sagte: „Baha’u’lláh ladet Sie ein, jetzt zu kommen und ihre Fragen mitzubringen.“

Sie war erstaunt und dachte: „Wer hat Baha’u’lláh gesagt, daß ich Fragen notiert habe?“ Beständig sagte sie sich nun: „Dies ist der richtige und nicht Ezel.“

In einem gänzlich veränderten seelischen Zustand ging sie nun zur Wohnung Baha’u’láhs und brachte ihre Fragen mit. Als sie dort ankam, ging sie innerhalb des Hauses auf und ab, und in dem Augenblick, als sie den Gesegneten sah, fiel sie vor ihm auf die Kniee nieder.

Baha’u’lláh kam näher, hob sie auf und sagte: „Sorge Dich nicht, es ist alles gut.“ Da weinte sie vor Freude und anerkannte ohne Zögern seine Wirklichkeit, indem sie sagte: „Du bist Gott.“

Er sagte: „Nein, bei Gott. Gott ist zu hoch erhaben, um in einem menschlichen Körper eingeschlossen sein zu können.“

Sie sagte: „Wenn Du nicht Gott bist, wer sagte Dir alsdann, daß ich so niedergedrückt war, daß ich im Sinne hatte, nach Persien zurückzukehren und daß ich Fragen zu stellen habe?“

Baha’u’lláh sagte: „Nein, ich bin nicht Gott, aber Gott sagte mir dies alles.“

Bevor nun die Prinzessin auf ihre Notizen sah, beantwortete Er ihr alle Fragen, die sie aufgeschrieben hatte.

Diese Geschichte ist eigenhändig von der Prinzessin berichtet, und das Buch befindet sich wie gesagt in meinem Besitz.

Nach einiger Zeit verließ sie Bagdad, aber Baha’u’lláh verhieß ihr, daß sie ihn wiedersehen werde. Sie hoffte, Baha’u’lláh in Adrianopel aufsuchen zu können, aber dies war ihr nicht möglich. Endlich, nach zehn Jahren sah sie ihn, in Akka. Um sich diese Reise zu ermöglichen, verkaufte sie, was sie besaß, und heiratete einen Mann, der weit unter ihrer sozialen Stufe stand, nur um es zu ermöglichen, nach Akka zu kommen und Baha’u’lláh zu sehen.

Wenn im Osten eine Prinzessin einen Kaufmann heiratet, so wird dies als etwas außerordentliches betrachtet, denn sie geht dadurch ihres Ranges verlustig. Aber diese Prinzessin war der hl. Sache so ergeben, daß sie Hadschi Sodiq Kashani, einen Bahai heiratete und die Reise nach Akka für sich und ihren Gatten aus eigener Tasche bestritt.

Aus dem „Star of the West“ vom März 1924.

Uebersetzt von Wilhelm Herrigel.



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Das Leben Baha’u’lláh’s.

Star of the West. Vol. 14. Nr. 10, Januar 1924. Von Jinab-i-Fadli.


Die Provinz Mazandaran in Nord-Persien spielt eine bedeutende Rolle in der Geschichte. Bis zum Kaspischen Meer vorstoßend, ist sie im Norden von einem großen Urwald bedeckt, in dem viele Nachtigallen ihre süßesten Lieder singen und tausenderlei duftende Blumen in Ueberfülle blühen. Im Süden ziehen sich hohe Gebirgsketten hin, deren Häupter mit ewigem Schnee bedeckt sind. Dieses Bergland, das heute der Sommeraufenthalt der Einwohner Teherans ist, war in alten Zeiten ein Ort der Zurückgezogenheit für die „Herbod“ die mistisch-heiligen Menschen. Dorthin zogen sie sich zum Meditieren und zum Beten zurück.

Es gibt viele Legenden über diese Provinz. Es wird erzählt, daß dort ein himmlischer Baum wachse, dessen Zweige bis in den Himmel reichen. Die Frucht dieses Baumes sei bestimmt zum Unterhalt der Nationen. Viele Leute reisten nach jenem Land und erhofften, diesen wunderbaren Baum zu finden. Eine andere Legende besagt, daß der König über Krieg und Haß in einem dieser hohen Berge eingeschlossen sei. Diese Geschichten sind natürlich nur Legenden, die in symbolischer Sprache das Kommen der Universalen Manifestation Gottes beschrieben, dessen Lehren die Erde umfassen und den Menschen den Frieden bringen werden.

In Nur, einem Distrikt Masenderans waren die Ahnen Baha’u’lláhs ansäßig. Es wurde ein Manuskript aufgefunden das Seinen Stammbaum enthält, der über 1300 Jahre zurückgeht zur Dynastie der alten Perserkönige. Diese Ahnen waren Leute mit erleuchtetem Geist, sie besaßen großen Reichtum und waren sehr vornehm. Sie ragten so sehr über andere Menschen empor, daß sie als höhere Wesen betrachtet wurden. Sie besaßen zahllose Staaten und viele Viehherden, sie bauten sich einen großen Palast am Abhang des Gebirgs, von dem aus man einen wundervollen Blick über Tal und Flüsse genoß. In diesem Palast beherbergten sie auf fürstliche Art ihre Sommergäste.

Baha’u’lláhs Vater war Ministerpräsident des Schah. Er wurde von seinen Zeitgenossen als ein Genie angeschaut; seine wunderbare Handschrift wird bis auf den heutigen Tag als mustergültige Schrift anerkannt, und die Einzelstücke, die noch vorhanden sind, stehen in hohem Preis bei den Sammlern. Er hatte auch erbitterte Feinde, seiner fruchtlosen, die Wahrheit bezeugenden Worte und seiner hohen Stellung wegen. Den Winter über lebte er in Teheran; im Sommer dagegen zog er sich nach seinem Landsitz in Nur zurück, Im Jahr 1817 wurde im Palast zu Teheran Baha’u’lláh geboren. Obgleich die Familie mehrere Kinder besaß, hatten die Eltern doch eine so einzigartige Liebe für den kleinen Knaben, da sie schon in seiner Kindheit die Ausstrahlungen seiner eigentümlichen Macht empfanden. Ueber die Eingangstore seines Hauses schrieb der Vater Baha’u’lláhs einen Vers, der sich auf die Erkenntnis der Zukunft seines Sohnes bezog. Sie lautet: „Wenn du den hl. Ort des Geliebten betrittst, so sage: ich stehe zu Deinem Befehl. Dies ist das Heim der Liebe, tritt ein mit Ehrerbietung. Dies ist geheiligter Boden, lege Deine Schuhe ab, wenn Du hier eintrittst.“ Als Baha’u’lláh ein Kind war, träumte er, daß er sich in einer großen Wüste befände, und um sein Haupt flogen alle Arten von Vögel. Nachdem er die Wüste durchschritten hatte, kam er an den Meeresstrand. Er tauchte in den Wellen unter und schwamm ins Meer hinaus, da kamen alle Fische herzu und schwammen um sein Haupt. Er erzählte den Traum seinem Vater, der diesen einem berühmten Traumdeuter vortrug. Dieser sagte, daß die Vögel und Fische die Denker der Welt bedeuten und daß dieser Knabe nach einer gewissen Zeit so bedeutend würde, daß alle denkenden Menschen auf Erden ihm nachfolgen würden.

Der vollkommen veredelte Karakter und der leuchtende Geist des kleinen Knaben zog nicht nur Vater und Mutter an, sondern auch bedeutende Persönlichkeiten sagten ihm eine große Zukunft voraus. Er war so überaus beliebt bei seiner Umgebung, daß die Feinde seines Vaters sogar ihre Angriffe des kleinen Knaben wegen einstellten. Als er volljährig war, nahm man allgemein an, daß er gleich seinem Vater, der in hoher Staatsstellung war, die Regierungslaufbahn einschlagen würde, aber Baha’u’lláhs Absichten waren ganz anderer Art.

Ein sehr berühmter Theologe Persiens, ein ferner Verwandter Baha’u’lláhs hatte einen seltsamen Traum. Er befand sich in einem tiefen Tal nahe eines herrlichen Palastes. Er wollte in dieses Gebäude eintreten, allein es wurde ihm von Leuten gesagt, er möchte dies nicht tun, denn der Verheißene befinde sich darin, im Zwiegespräch mit Baha’u’lláh.

Der Theologe erzählte diesen Traum vielen Leuten, und alle waren erstaunt über die geistige Stufe Baha’u’lláhs. Der Geistliche aber sagte: „Vielleicht hat er eine so hohe Stufe, weil er mit mir verwandt ist.“. — Geistreiche Leute antworteten ihm: „aber Ihr selbst hattet nicht die Erlaubnis in den Palast einzutreten.“ Dieser Theologe hatte annähernd tausend Schüler, die [Seite 38] seine Schule besuchten, um über schwierige theologische Probleme zu sprechen. Eines Tages, als eine lebhafte Diskussion auf der Höhe stand, trat Baha’u’lláh in das Zimmer. Nachdem er etwas zugehört hatte, nahm er das Wort und sprach beinah eine Stunde zu ihnen; die Anwesenden lauschten hocherstaunt den überzeugenden Erklärungen, die von seinen Lippen flossen. Die Hörer erstaunten, und der Lehrer sagte verwundert: „Wir alle haben die Bücher studiert — aber hier ist einer, der ohne studiert zu haben, uns etwas größeres mitteilt, als wir je gehört haben.“

Baha’u’lláh wurde damals schon von vielen als ein Führer angesehen und jedermann in der Provinz empfand, daß sie seinen Rat befolgen mußten. Im Jahr 1838 starb sein Vater und hinterließ viel Ländereien und Viehherden. Vor seines Vaters Tod stiftete Baha’u’lláh große Summen zur Unterstützung der Armen.

Als Baha’u’lláh 27 Jahre alt war und damals in seinem Palast in Teheran wohnte erklärte sich der Báb. Leute kamen zu Baha’u’lláh wegen dieser Lehre, er aber sagte zu ihnen: „Was der Báb sagt, beruht auf Wahrheit“. Auch wies er Seine Familie an, die Schriften des Bäb zu studieren.

Wir wissen nichts Bestimmtes darüber, ob der Báb und Baha’u’lláh sich jemals begegnet sind, wir wissen aber, daß ihre geistige Verbindung eine fortgesetzte war. Es ist eine Geschichte im Umlauf, die vermutlich wahr ist, die besagt, daß, als der Báb unter Bewachung stand in der Umgebung von Teheran, ihn Baha’u’lláh besuchte und das Volk beobachtete, wie im Gegensatz zu seinen üblichen Gepflogenheiten der Báb außerordentliche Ehrenbezeugungen Baha’u’lláh gegenüber zeigte und dadurch bewies, daß er Baha’u’lláhs hohe Geistesstufe anerkannte. Im ersten Anfangsstadium der Lehre als Baha’u’lláhs Stufe noch nicht bekannt war, unterstützte er mit Macht die Bewegung, mit größtem Nachdruck und Aufopferung half er den verfolgten Anhängern des Báb und unterstützte die Ausbreitung der neuen Lehre durch große Geldsummen. Mit unwiderleglicher Logik und mit vollendeter Weisheit brachte er die neuen Prinzipien zum Ausdruck. Er hatte niemals eine Schule besucht, schrieb jedoch einen so vollendet schönen Stil und redete inspiriert. Dem lauschenden Volk schienen seine Worte wie die Wogen des stürmischen Ozeans zu sein.

Uebersetzt v. Fr. A. Schwarz.

(Fortsetzung folgt.)



Oomoto.

Eine neue geistige Bewegung in Japan.

R. Kitamiro-Vrioto.


Auf der Landkarte finden wir im nordöstlichen Teil von Kioto das kleine Städtchen Ajabe. Im Jahre 1892 entstand dort eine religiöse Bewegung, genannt Oomoto, und nur einige Jahre vergingen, bis infolge ihrer eifrigen Propaganda und geheimnisvollen Prophezeiungen sie allgemeine Beachtung fand.

Einige betrachteten sie als eine neue Religion mit bemerkenswerter Macht, andere meinten, daß ihre Entstehung einen Rückschlag gegen die blinde Imitation des japanischen Volkes zur westlichen materiellen Kultur zur Folge haben könnte.

Das Städtchen Ajabe befindet sich auf einer von Burgen umgebenen Ebene. Jura, ein reiner und ruhiger Fluß, durchzieht es und daneben erhebt sich Hongu, ein rundspitziger, grüner Hügel. Sonderbarerweise ähnelt der Charakter der Gegend sehr deren von Jerusalem. Der Hügel Hongu entspricht dem Oelberg und der Fluß Jura dem Jordan. Deshalb denken auch die Glaubensanhänger, daß Ajabe das Jerusalem des Orients ist und verehren den Ort als einen heiligen Tempel.

Die Oomoto-Anhänger predigen über die Macht des Wortes. Wie im Neuen Testament geschrieben steht, daß: „Im Anfang war das Wort und das Wort war mit Gott und das Wort war Gott“, glauben sie auch, daß Worte durch sich selbst schon Gott sind. Sie zweifeln nicht, daß die Worte eines heiligen Asketen die Natur beherrschen können und den natürlichen Phänomenen, z.B. dem Regen, Donner, Hagel, Winde zu befehlen befähigt sind.

Diese Religion hat in letzter Zeit offiziell Esperanto zur Verbreitung ihrer Prinzipien und Kundgebung an die Welt angenommen. Alle Gläubigen lernen und [Seite 39] sprechen diese Sprache. Am bemerkenswertesten ist, daß der Esperanto-Homaranismus koincidiert mit der Idee der von ihnen gepredigten göttlichen Liebe.

Sie prophezeien, daß diejenigen, die Esperanto nicht begreifen, in einigen Jahren für ihre Gesellschaft untauglich seien.

Das Wort „Oomoto“ bedeutet japanisch Ursprung der Welt, Wurzel allen Wesens. In was besteht doch die Herkunft dieser neuen Religion? Der Schöpfer war ein altes Weib, genannt Nao Deguci, welche die Inspiration von Gott erhielt, um die materialistische Welt von Grund aus zu reformieren und ein neues geistiges Paradies auf Erden zu schaffen. Während ihres ganzen Lebens (1835 bis 1918), in dem die Schöpferin Elend und Schmerz zu erdulden hatte, ermahnte sie die Welt, daß die Menschen ein Bekenntnis machen mögen und sich dem Evangelium des großen Gottes nähern möchten. Sie schrieb viele Prophezeiungen, die sie „Fundament der Religion" nannte. Der erste Chef, Wanisaburo Deguci, Schwiegersohn der Schöpferin, war von Geburt aus ein Inspirierter, ist jetzt 53 Jahre alt und ein energischer Kämpfer für sein Prinzip. Die Schöpferin entspricht in der Christenheit dem „Johannes“, der das Volk mit Wasser tauft und Wanisaburo „Christus“, der sein Volk mit Feuer tauft.

Ihre Anhänger glauben, daß durch diese zwei Personen die göttliche Mission sich entschleiert hat und die goldene Welt der Liebe erstellt sein wird.

Die Prinzipien von Oomoto sind Eintracht, Friede, Reinheit und Fortschritt. Aus ihrem Glauben erwähne ich folgendes:

1. Gott ist der Geist des Universums und der Mensch ist der Administrant der Welt.

2. Ein menschlicher Körper ist eine lebende Kapelle Gottes.

3. Jede Religion, Politik, Physiologie oder Etik, Moral.... alle müssen sich vereinigen mit den Prinzipien von Oomoto. Alle vorhandenen Religionen sind Vorläufer von Oomoto.

4. Durch göttliche Liebe wird sich die Welt für immer in Harmonie und Friede zusammenfinden.

5. Die geistige Kraft eines Menschen, besonders eines Inspirierten, ist groß.

6. Die Menschheit muß sich befreien vom Egoismus und zurückkehren zur universalen Liebe.

7. Der ewige Weltfriede ist nur durch waffenlose Mittel erreichbar.

Wanisaburo veröffentlichte bis jetzt viele Bücher über die geistige Welt, d.i. die Welt nach dem Tode. Seit 1921 arbeitet er an einem umfangreichen Werke: „Erzählungen aus der geistigen Welt“. Er spricht rasch und diktiert einigen neben ihm sitzenden Schreibern. So wurde in drei Tagen ein Band von ungefähr 120000 Worten fertig. Bis jetzt erschienen 65 Bände, man glaubt, daß dieses Werk nicht nur für den Menschen, sondern für jedes Geschöpf sein wird und auch gleichzeitig ein Buch der Wunder und Prophezeiungen, das der Bibel, dem Koran und den heiligen Schriften von Buddha entspricht.

Bemerkenswert ist es, daß die Anhänger von Oomoto die absolute Wahrheit ihrer Erklärungen und Prophezeiungen betonen und behaupten, daß Gott nicht existieren würde, wenn selbst der kleinste Irrtum in ihnen sich befinden würde. Nach den Prophezeiungen würden allerlei Uebel, Epidemien, Krieg, Katastrophen u. a. die Menschheit verfolgen, bis sie ihre Sünden bekennen und sich dem göttlichen Altare nähern würden.

Oomoto hat in seinen Grundzügen viel Aehnlichkeit mit der Bahai-Bewegung, die sich in Europa allgemein rasch verbreitet. Vor nicht langer Zeit besuchten zwei Bahaifreundinnen Ajale, um ihre [Seite 40] Meinungen gegenseitig auszutauschen. Sie sagten, daß der Edifant der Welt bestimmt von ’Abdu’l-Bahá in der Persönlichkeit von Wanisaburo erkennbar ist.

Endlich teile ich den Lesern mit, daß die Oomoto-Gläubigen jeden Besuch in Liebe und Freundlichkeit annehmen, ganz gleichgültig, welcher Religion oder Nationalität. Man kann in Esperanto korrespondieren an: Centra Oficejo in Ajale, Provinz Kioto.

Palmferto 1924.

Bönnig.



Bericht an die Freunde im Osten und Westen.

(Fortsetzung.)


’Abdu’l-Bahá in Budapest.

Am Morgen des 13. April 1913 fand sich eine große Zahl von Besuchern bei dem Meister ein, es waren hauptsächlich Theosophen mit ihren Familien, die bei Ihm vorsprachen; einige von ihnen baten um die Signatur der Photographie ’Abdu’l-Bahás, um dadurch eine dauernde Erinnerung an Seinen hohen Besuch zu besitzen. Unter anderem sagte der Meister zu ihnen:

„Gestern erzählte ich euch die Geschichte Baha’u’lláhs, laßt sie nicht aus eurem Gedächtnis entschwinden. Jetzt beginnt sich die Lehre in Deutschland auszubreiten und späterhin wird sie einer großen Entwicklung entgegengehen. Vor gegen 2000 Jahren wurde die christliche Lehre von den Menschen abgelehnt, als sie aber später mächtig wurde und die Herzen Vieler erfüllte, begriff man erst, was sie zu bedeuten habe. 300 Jahre vergingen, bis die christliche Lehre nach Europa drang und Anhängerschaft fand. Die Lehre Baha’u'lláhs brauchte nur 60 Jahre, um im Osten und Westen bekannt zu werden. Wohin wir auch auf dieser Reise kamen, begegneten wir Bahais. Der Name der hl. Sache ist bereits bis Honolulu vorgedrungen und hat die Seelen gefangen genommen. Da wir nun hier sind, haben wir auch hier eine Flamme entzündet. Der Tag wird kommen, an dem deren Licht groß sein wird. Der Ursprung eines Baumes ist ein kleiner Kern, wenn dieser aber sich entwickelt und heranwächst, trägt er als Baum herrliche Früchte!“

Den ganzen Vormittag trafen neue Besuche ein, die alle teilnehmen wollten an Seinen herrlichen Worten, und die sich sehnten, den Weg zum Reich Gottes zu finden. Gegen Mittag kam Professor N., machte aber nur eine flüchtige Skizze in Pastell von ’Abdu’l-Bahá, da Er sehr erschöpft und müde war. Den Tee nahm ’Abdu’l-Bahá bei Sardar Amir Omrasenkan Sher-Gil, dem Hindu, der schon in Lahore in Indien mit Bahais zusammengekommen war, und der nun mit seiner Frau, einer Ungarin, eifrigst die Bahai-Schriften studiert. Der Meister sprach länger über Seine Reise nach Teheran und Akka. Als der Meister ins Hotel Ritz zurückkehrte, empfing Er den Besuch eines indischen Generals, der dem Meister seine höchste Ehrerbietung zollte. Es schneite heftig, trotz der vorgerückten Jahreszeit.

Nach Anweisung des geliebten Herrn machten die Reisebegleiter am 14. April in der Frühe alles Reisegepäck fertig, als der 1. Vorsitzende der Turania-Gesellschaft den Meister bat, noch länger in der Stadt zu bleiben, da er sich gestattet habe, zu einer weiteren Vortragsversammlung einzuladen. So willigte denn der geliebte Herr ein, nahm jedoch keine weiteren Besuche an, sondern begab Sich zu dem türkischen Konsul. Er sprach zu ihm über den Orient und Oxident und sagte, daß der Osten noch in keiner Weise heutigen Tags mit dem Westen in Konkurrenz treten könne; daß sich der Orient nicht allein beschützen könne, außer es geschehe durch göttliche Macht, die stets die Ursache der Vereinigung der Nationen ist. Nur durch dies Heilmittel könne der kranke Weltkörper geheilt werden. Von da ging der Meister zu Professor Vambery, der große Aufrichtigkeit zeigte und den gewaltigen Einfluß der hl. Lehre dieser großen Manifestation anerkennt. Der Meister schrieb für ihn ein Tablet, worauf Prof. Vambery einen Brief voll Liebe zurückschrieb mit dem Wunsch, seine Dienste der hl. Lehre zur Verfügung zu stellen, und daß es sein Wunsch sei, daß alle Gegenströmungen überwunden und ein herrlicher Sieg errungen werde. Die Uebersetzung des Tablets und des Dankschreibens wurde in arabisch und englisch in Ramleh veröffentlicht. Hier war, wie schon so oft bewiesen, wie sich die Seelen unter dem leuchtenden Geiste ’Abdul-Bahás wandeln und ein neuer Mensch aus dieser Neugeburt hervorgeht. Am Abend 7 Uhr sprach der Meister im Saal des National-Museums zu der Turanischen Gesellschaft; etwa 200 Personen waren zugegen. [Seite 41] Er erwähnte u. a, daß Turan einst eine hohe Kultur besessen habe, daß es aber durch spätere religiöse Uneinigkeiten und Zwistigkeiten zu einer Wüste geworden sei. Dieser Vortrag machte einen tiefen Eindruck auf die Hörer und zum Schluß zollte man Ihm stürmischen Beifall. Der Vorstand, Herr A. Paikert, sprach dem Meister den herzlichsten Dank der Gesellschaft für Seinen Vortrag aus. Hernach fuhr ’Abdu’l-Bahá mit Seiner Begleitung nach der Wohnung von Ali Abbás Aghá Palrin und nahm die Abendmahlzeit bei ihm ein; unter anderen Gästen war auch der türkische Konsul geladen. Bei der wieder einsetzenden Winterkälte erkältete sich der Meister heftig, was zur Folge hatte, daß Er die Reise um einige Tage verzögern mußte.

Am 15. April war es dem geliebten Herrn nicht möglich, das Zimmer zu verlassen. Am Vormittag meldeten sich Herr und Fr. Stark zu Besuch. Sie wurden voll Liebe empfangen. Der Meister sprach zu ihnen:

„Ihr waret der Anlaß zu meinem Kommen hierher, und alles was hier für die hl. Sache geschah, ist euch zuzuschreiben“. Sie baten den Geliebten, ihnen den Segen zu geben, um die Lehre zu verbreiten. Der Geliebte sagte zu ihnen: „Seid ganz ruhig, ihr werdet bestätigt sein! Seelen werden hierher gesandt, die euch Glück bringen werden, die heilige Sache wird hier große Fortschritte machen und ihr werdet sehen, wie siegreich ihr sein werdet; wenn ihr, wie ihr es sollt, euch erhebt zum Dienste der heiligen Lehre, so werden die Heerscharen des Erhabenen euch siegreich machen“.

Später kamen Freunde zu Besuch, denen der Geliebte Anweisungen zur Abhaltung ihrer regelmäßigen Versammlungen gab, um erfolgreich die Prinzipien der Gottessache zu verbreiten. Trotz Seiner Erschöpfung sprach der geliebte Herr bis gegen Mittag zu den Freunden und ermutigte sie, der hl. Lehre zu dienen. Wieder kamen Reporter und hörten den Worten des Meisters über Volkswirtschaft und daran anschließend über die hl. Sache zu, die Ansprache wurde wörtlich notiert. Auch General Omara Senghá sprach vor und blieb bis spät am Abend.

Im Lauf des Tags frug Herr Herrigel den Meister, wie die Versammlungen in Stuttgart gehalten werden sollen, worauf Er sagte:

„Ihr sollt nur eine öffentliche Versammlung wöchentlich halten, sehr gut ist es, wenn derselben ein Inserat mit Angabe des betreffenden Themas in der Tageszeitung vorausgeht, um dadurch das Interesse zu wecken. Einer der Freunde soll in heiliger Andacht ein Gebet vorlesen, so daß es zu dem Herzen der Lauschenden spricht. In der Stille sollt ihr den großen Namen neunmal beten zu eurer Sammlung, um bereit zu sein, mit ganzer Aufmerksamkeit den Anweisungen zu lauschen. Wenn es möglich ist, gemeinsam ein Bahai-Lied zu singen, so ist dies sehr gut. Nach dem sollen Ansprachen ’Abdu’l-Bahás mit größtem Nachdruck gelesen werden und dann soll eine sprachgewandte Persönlichkeit eine freie anspornende Ansprache halten. Es soll bei den öffentlichen Versammlungen niemand eine Ansprache halten, der nicht mit dem nötigen Nachdruck und aus freier heiligster Ueberzeugung heraus reden kann. Wenn Neulinge die Versammlung besuchen, so muß die Entstehungsgeschichte der hl. Sache Erwähnung finden. Treffen Briefe von auswärtigen Bahais oder von ’Abdul-Bahá selbst ein, so können diese nach den Ansprachen vorgelesen werden. Hin und wieder sollen auch die Tablets von Baha’u’lláh, wie Tarazat, Ischrakat u.s.f. und andere Lehren Baha’u’lláhs verlesen werden. Auch aus dem Buch von Mirza Abul Fazl, „Bahai-Beweise“, soll hin und wieder gelesen werden. Den Schluß soll ein Gebet bilden“.

Herr Herrigel berichtete dem Meister, daß bisweilen ein Vorspiel auf dem Harmonium dem Abend vorangehe, was Er sehr gut hieß, da es die Besucher zu einer gewissen Sammlung bringe. Auch das Verlesen von Bibelstellen an geeigneter Stelle fand der Meister lobenswert. Ferner sagte ’Abdul-Bahá:

„Es ist sehr gut, wenn sich die Freunde in kleinen Gruppen im Familienkreis da und dort zusammenfinden, um sich eingehend in die hl. Lehre Baha’u’lláhs zu vertiefen, es wird dies die Freunde sehr fördern. Es ist gut, wenn das Fest der 19 Tage von den Freunden gefeiert wird, ist [Seite 42] es nicht möglich im großen Kreis, so kann es auch in mehreren Familien gefeiert werden, wobei dann die Freunde einmal in dies, einmal in jenes Haus eingeladen werden können, damit sie von Zeit zu Zeit alle miteinander in Berührung kommen!“

Am 16. April war klares mildes Wetter und das körperliche Befinden des Meisters glücklicherweise besser. Er schaute zum Fenster hinaus und auf den stark angeschwollenen Strom und sagte:

„Alle Ueberschwemmungen der Welt können eingedämmt werden, aber die der Gottessache kann nichts hemmen, sie wird alle Mächte der Welt besiegen“.

Zu Besuchen, die sich aus Ungarn, Amerikanern und einem Hindu bildeten, sagte Er:

„Dies Zeitalter ist ein erleuchtetes und diese Länder bedürfen der Vergeistigung und der göttlichen Kultur, damit das Fundament des wahren Glücks für die Menschheit fest und dauernd geschaffen sei, damit sich die Tugenden und Anlagen der Menschen vollkommen entwickeln können“.

Nachdem der Meister die Besuche entlassen hatte, ging Er aus, um selbst Besuche zurückzugeben und kehrte erst um zwei Uhr mit Herrn Stark ins Hotel zurück und empfing, ohne geruht zu haben, neue Besuche und zu ihnen sprach Er über die Theosophische Lehre, die der Lehre Baha’u’lláhs sehr nahe stehe, Er sagte:

„Die heilige Lehre enthält und umschließt alle religiösen Fragen, die die verschiedenen Nationen benötigen, denn sie ist getragen von göttlicher Macht. Das Wort Gottes wandelt die Herzen, es veredelt den Charakter und ist der Anlaß für Nationen und Länder zur Einigung und läutert sie in einem solch hohen Grad, daß sie fähig werden, sich für das Wohl anderer aufzuopfern. Sie hinterläßt Spuren in allen göttlichen Welten. Im Koran steht ein Vers, der heißt: „Die Menschen haben die Pflicht, Gott ein Parlament zu errichten“. Seht, wie viele Millionen Menschen sich jedes Jahr im Namen Gottes zu einer Pilgerfahrt sammeln; auf dieser irdischen Welt zeigt dies Beispiel die Wirkung der Macht des Wortes Gottes auf das Verständnis und auf die Seele der Menschen. Es findet sich nichts ähnliches in keiner anderen Gemeinschaft. Solche Einflüsse und Auswirkungen können von anderen Dingen nicht ausgehen!“

Zu anderen Leuten, die eintraten, sprach Er von den Versuchen der Religionsoberhäupter, wie diese oft suchen, den Sinn der hl. Bücher und Schriften auszulegen und dadurch falsche Lehren verbreiten.

Am 17. April kam morgens viel Post, die dem Meister vorgelesen wurde, dann kamen Besuche; die gesegneten Worte ’Abdu’l-Bahás an einen Herrn gerichtet, der über Freiheit gesprochen hatte, waren:

„Es gibt dreierlei Art von Freiheit, die eine ist göttliche Freiheit, die im Besonderen Gott zusteht, denn Er ist der All-Freie und nichts auf Erden, auf keinerlei Art, und niemand kann Ihn beeinflussen. Durch Seinen Willen wurden in jedem Zeitalter die heiligen Prinzipien erneut und verschiedene Befehle wurden — der Zeit entsprechend — abgeändert. Dieses wird sichtbar werden durch die Offenbarungen in der emporblühenden Lehre. Die geoffenbarte Weisheit und der Wille Gottes wird sich im ganzen Universum zeigen. Wenn die gesegnete Schönheit — verherrlicht sei Sein Name — sagt: Das Wasser hat die Wirkung des Weins, so steht es niemand zu, zu fragen, warum oder wieso.

Eine andere Freiheit ist die politische Freiheit, die der Europäer genießt. Wenn der Mensch etwas tun will, so darf er es tun unter der Bedingung, daß er niemand anderem ein Leid damit verursacht, dies ist die Freiheit der Natur. Im Tierreich findet sich der höchste Grad von Freiheit, es ist der Zustand des Tieres. Sieh die Vögel an, in welch hohem Grad von Freiheit sie leben; was es auch sei, das der Mensch tue, so kann er doch diese Freiheit nicht erreichen, denn Organisation setzt der Freiheit Schranken.

Die dritte Art von Freiheit steht unter [Seite 43] den Gesetzen und Befehlen Gottes, dies ist die Freiheit der Menschen, denn wenn ein Mensch im Schatten des göttlichen Wortes steht, so befreit er sich von allem, woran eines Menschen Herz hängt und macht sich dadurch frei von allem Herzeleid und aller Traurigkeit. Weder die größten Reichtümer noch irgend eine materielle Macht kann ihn behindern an seiner Gerechtigkeit, keine Armut und keine Not kann ihn abhalten, ganz glücklich und innerlich ruhig zu sein. Je mehr die innere Entwicklung des Menschen voranschreitet, desto freier wird sein Herz, und seine Seele wird immer glücklicher. In der Religion Gottes herrscht Gedankenfreiheit, denn niemand kann dem inneren Wesen befehlen, ausser Gott; aber der Mensch darf nie die Grenzen der Moral überschreiten, daher gibt es in der Religion Gottes keine Freiheit der Handlungen. Ueber das gegebene Gesetz Gottes kann kein Mensch hinausgehen, obgleich es keinem Nebenmenschen ein Leid zufügt, denn der Zweck des Gottesgesetzes ist die Erziehung des eigenen Wesens oder das eines andern, denn vor Gott ist das Leid, das man einem Nebenmenschen oder sich selbst zufügt, nicht gestattet. In den Herzen der Menschen sollte Ehrfurcht vor Gott wohnen. Was vor Gott tadelnswert ist, sollte der Mensch niemals tun. Daher ist eine Freiheit des Handelns, die bei den Europäern gesetzlich erlaubt ist, vor dem Gesetz Gottes und in Seiner Religion nicht gestattet. Aber auch die Gedankenfreiheit sollte nicht die Grenzen der Moral überschreiten und die Taten sollten mit Gottesfurcht Hand in Hand gehen. Mit Gottesehrfurcht und Gottgefälligkeit hoffe ich, daß ihr der Anlaß und das Mittel in diesem Staate seid, um die Charaktere der Seelen zu veredeln“.

A.Sch.

(Fortsetzung folgt.)



Report to the Friends in East and West.

(Continuation).

’Abdul-Bahá in Budapest.

In the morning of April 13th 1913 a large number of visitors gathered in the Master’s reception room, especially Theosophists were to be found there calling with their families, some of whom asked for His signature at the bottom of His photo in order to have a remembrance of His blessed visit in that town. Amongst other things the Master said to them:

„Yesterday I related to you the history of Baha’u’lláh, do not let it escape your memory. Now the holy Teaching commences to spread in Germany. and will later attain a wonderful development. It is now about 2000 yars, since the teachings of His Holiness Christ were refused, but when later on it became powerful and filled the hearts of so many people, its importance was recognised. 300 years passed before the Cause of Christ reached Europe and found believers. The teachnigs of Baha’u’lláh needed but 60 years to become well known in the East and West. Where ever we passed on this journey we met Bahái. The fame of the Holy Cause has penetrated as far as Honolulu and has overflowed the hearts.

Since we have been here, we also have set a flame aglow. The day will break when its light will shine visibly to everybody. The origin of a tree is but a very small seed, but if it develops and begins to grow, it will bear beautiful fruit“.

All the fore-noon new visitors knocked at His door, longing to get a shave of His blessed words and longing to find the way to the kingdem of God. At noon Professor N. was allowed to take a short sketch in pastel of ’Abdul-Bahá, but He felt very tired and weary. At tea-time ’Abdul-Bahá called on Sardar Amir Omrasenkan Sher Gil, a Hindu, who had already heard about the Cause in Judia, and who eagerly longed to study the holy Principles with his wife, a Hungarian Lady. The Beloved spoke about His journey from Teheran and Akka. On His return to Hotel Riz He received the visit of an Indian [Seite 44] general, who showed his deep respect for the Master. It was snowing heavily on that day in spite of the advanced season.

On April 14th the Beloved ordered His secretaries to pack the trunks, when the chairman of the Turanien Society called and begged the Master to remain a little longer, as he had called in another meeting and begged ’Abdul-Bahá to give a lecture. The Beloved agreed, but received no other visitors and called on the Turkish Consul. He spoke to him about the Orient and Occident and said, that the East cannot in any way enter into competition with the West. He said, that the Orient cannot protect itself alone, but only through Divine might, which was always the cause of union of nations. Only through this remedy the desease of the world can be cured. From here, the Master went to Professor Vambery who showed great sincerity and greatly appreciated the influence of the great Manifestation. ’Abdul-Bahá wrote a Tablet for him, whereupon Professor Vambery wrote a letter to Him full of love, in which he offered his service for the Cause and expressed his wish, that all opposition may be overcome and a beautiful victory won. This letter was later on published in Ramleh in the Arabian and English languages. Here was again proved, as so often before, how souls change in the shadow of the spirit of ’Abdul-Bahá, and that a new being is awakened by this second birth.

In the evening at 7 o’clock the Master followed an invitation of the Turanien Society and lectured before about 200 persons. Besides many other points He mentioned, that Turan once had a high and most developed culture, but that alas in course of time it was destroyed by religious disharmony and conflicts. This lecture made a great impression upon the listeners and at the end they loudly applauded. The chairman Mr. Paikert thanked ’Abdul-Bahá for this explanations in the name of those present. Afterwards the Beloved went to the home of Ali Abbas Aghá Tabrizi and took supper there. The turkish Consul was also one of the guests. In consequence of the continuing cold weather, ’Abdul-Bahá’Abdul-Bahá again cought a cold which forced Him to stay a few days longer in Budapest.

On April 15th it was not possible for the Master to leave His room. In the forenoon hours Mr. and Mrs. Stark called on Him, He spoke to them as follows:

„You have been the Cause of my coming here, and all that has been done for the spreading of the Principles of Baha’u’lláh is for your benefit“. They begged the Beloved for His blessings in order to enable them to propagate the Cause. He said:

„You will be highly confirmed be assured, souls will come here and will rejoice your hearts, the Cause of God will make great progress here and you will see how victorious you will be, if you arise, as you should in the service of the holy Teachings, the cohorts of the Omnipotent will come to your assistence and you will be victorious!“

Later on friends came and received orders how to arrange their regular Bahai-meetings in order to become victorious in the path of God. Inspite of His great weariness the Beloved Lord spoke to the friends till noon and encouraged them to serve the Cause. Again reporters came to listen to the Masters words about political economy and in connection with this to hear about the holy Cause. The reporters took notes literally. Also general Omara Senghá called and remained till late. In the course of the day Mr. Herrigel asked ’Abdul-Bahá in what manner the meetings in Stutttgart should take place, He answered:

„In the week but one official meeting should take place. It is good if an advertisment is first published on what theme will be spoken in order to excite the interest of people. One of the friends shall read a Bahái-prayer with his heart full of love, so that it may penetrate to the hearts of the friends. Afterwards the Greatest Name should be prayed in silence in order to get into a frame of mind to listen with whole attention to the address. It would be good if the assembly chants a Bahái-song. Afterwards Tablets of Baha’u’lláh and lectures of 'Abdu'l-Bahá should be read with the greatest emphasis and an eloquent speaker should give a good lecture: Nobody should lecture in these official meetings who does not speak with inmost convinction and greatest emphasis. If new visitors are present in these meetings, it is necessary to speak about the history of the holy Cause. If letters are coming from friends from afar, they may be read to the assembly after the lecture. From [Seite 45] time to time the Tablets Tarazat, Ischrakat etc. from Baha’u’lláh may be read. By the book of Mirza Abul Fazl - Bahaiproves, some chapters may be read at certain times and a prayer will form the end of these meetings“.

Mr. Herrigel reported to the Beloved, that by chance some songs were played on the organ which He considered very good, because it might induce the visitors to listen more reverendly. The Master also advised some verses of the holy Book to be read at suitable times. Furthermore ’Abdu’l-Bahá said:

„The friends may gather together in the families here and there to speak more in detail, it will add to their development. It will be good if the 19 days-feast will be celebrated by the friends. If it is not possible to come together in a large group it is also good if several families send invitations for such a feast, so that the friends may be invited to this or that house, so that from time to time all can come in touch with eachother!“

April 16th was a clear and warm day and the state of the Masters health was improving. He looked out of the window at the overflowing river and said:

„All floods in the world can be curbed but the Cause of God never can be restrained.“

To a group of friends composed of Americans, Hungarians and a Hindu He said:

„This century is enlightened, and these countries are in need of spirituality and of divine culture, that the foundation of good fortune should be established for mankind, and that virtues and talents of men should be fully developed“.

After the Master dismissed the visitors, He took a walk to pay a visit and came back at two o’clock with Mr. Stark and received fresh visitors without having rested for one minute. He spoke to them about Theosophy and the Cause of Baha’u’lláh and compared the system of both, which have many traces alike and said:

„The holy Cause includes all religious questions the different nations are in need of, because it is based upon Divine Might. The word of God transfers the hearts and enobles the character and is the cause of union of nations and countries. It elevates to such a high degree, that they become capable of sacrificing themselves for the benefit of each other. lt ieaves traces through the whole universe“.

In the koran there is a verse: people are obliged to institute a parliament for God‘ — see, how many millions of people year by year gather together for a pilgrimage in His Cause. On this terrestial globe this example shows the influence of the mighty word of God upon the perception and the soul of man. There is nothing to be compared to it in any other communities. Such influences and such results cannot emanate from other things!“

To another group He spoke of the head of religions, how often they endeavour to explain the sense of the holy writings and by this propagate false teachings.

On the morning of April 17th many letters arrived which were read to Abdu’I-Bahá. Adressing a gentleman who had spoken about freedom He said:

„There are three kinds of freedom, the first is the Divine freedom, belonging to God, because He is free to do, what He wills and nothing in heaven and on earth can in any wise influence Him. Through His will, the holy Principles were renewed in every cycle and different laws were changed in accordance with the requirements of the times. This will become visible through the revelation in the development of the Cause. The manifest wisdom and the Will of God will be experienced in the whole Universe. If the Blessed Beauty — praised be His holy Name — says: water has the effect of wine, nobody has a right to ask why ? — Another freedom is the freedom in Politics, which the European enjoys. If man does anything, he is permitted to do it on condition that it causes no harm to anyone else, this is freedom [Seite 46] of nature. The highest degree of freedom is found in the animal kingdom, this is the condition of the animal. Look at the birds in what a high degree of freedom they live. Whatever man does, he never can reach this degree of freedom, because organisation places barriers to freedom. The third kind of freedom is standing under the law and command of God, this is freedom for mankind, because if a man stands in the shadow of Gods Word, he frees himself from all that the heart of man is attached to, and consequently frees himself from all hardship and all sadness. Neither the greatest wealth nor any material might can prevent him from rightiousness, no poverty, no need can prevent him from being happy and calm in his heart. The more the inner development of man advances, the more free he will become in his heart and soul. In the religion of God there is freedom of thought, because nobody can command the inner being except God; but he never dares to cross the barrier of morals, therefore in the religion of God there is no fredom of action. Beyond the law of God, nobody can go, thoughiit harms no fellowman, because the aim of the law of God is the education :of the inner self or that of another soul, then before God any harm caused to a fellowman or to themselves is forbidden. The fear of God ought to dwell in the hearts of men. Men should never commit what is blamable before God. Therefore the freedom of action, fixed by law in the West is not permitted in anyway in His religion. But also freedom of thought is not allowed to pass the barrier of morals, and deeds should go hand in hand veneration for God. With veneration for God in your hearts and with piety I hope, that you may be the cause and the remedy in this country to change the character and uplift souls to.a higher state of nobility“.

A. Sch.


(to be continued)



Unueco. BR

La Bab.

Eu monato Majo 1844 aperis en Persujo instruisto, kiu sin nomis „Bab“ kaj konigis (deklaris), ke li estos heraldo de tiu „kiun Dio sendos“ kun spiritaforto, kaj kiu fondos la Dianregnon sur tero, La instruado de Bab dauris ses jaroju poste la mahometanaj pastrojturmentis lin.kulpigante lin priherezo.


Baha U’llah.

Ne lorıge post la martiro-morto de Bab aperis tiu kies alvenon Bab antaue avizis, nome Baha U’llah. Dum plej severaj persekutoj oni ekzilis Baba U’llah-n kunkelkaj el liaj disciploj en la Turkujon Europan kaj sendis ılin en jaro 1868 en la urbon Akka, punejo apud la mediteraneo rekte norde al monto Karmel en Sirio. Post sia alveno sin konigis Baha U’llah alla mondo per leteroj al la re$oj kaj potenculoj de la tero, en kiuj li sciigis Ciujn pri sia Dia ofico. Tie en Akka li vivis kaj instruis, $is li en jaro 1892 forlasis tiun Ci mondon. Kvankam Baha U’llah dum tiu tempo donis sian instruadon kaj sian spiriton informadon oni dum tiü tempo ne konigis au propagandis lian instruon. Tiam ordonis Baha U’llah al siaj disciploj, ke post lia morto ili sin turnu al si a filo Abbas Eifendi kaj lin konsideru kiel ilian Cefon kaj klariganton de liaj instruoj. Car li fondos lian aferon en la mondo kaj lia mantelo falos sur la Sultrojn de lia filo.


Abdul Baha Abbas.

Abbas Eifendi naskita 23. Majo 1844 kaj malliberulo en la urbo Akka anoncas nur unu certigon pri si mem nome ke li estas servanto en la Dia vojo. Li subskribas „Abdul Baha Abbas“ tio estas „Abbas“, servisto de Dio.

Bahaij liu konsideras kiel sian gvidanton kaj tipon, al kiu ili devu sekvi dum instruado de tin granda doktrino,

Per sia modelo li ebligas al siaj disciploj la internan vivon de Baha U’llah. [Seite 47]


Mallonga rezumo.

Kvankam tiu grava por la religia unueco de la lastaj tagoj havis 3 instruistojn, tamen Baha U’llah estas la centro, Cirkaü kiu Äiuj unuißas, de li ricevis la kredantoj la nomon „Bahai“.

Kvankam ne ekzistas persona reapero de la profetoj au senditaj de Dio, tamen aperis en nunaj tagoj la sama Dia spirito, kiy parolis per la profetoj en la estinteco. Tiu spirito estas la aganto por la spirita unuigo de &iuj popoloj.



Zu ’Abdu’l-Bahás Geburtstag.

Am 23. Mai ist der Welt großes Heil widerfahren und alle Engelszungen mögen im unermeßlichen Reich des Allmächtigen die Geburt des Erwählten, des Erlösers der Menschheit verkündigt haben. Wer einen tieferen Blick in die Ereignisse der Weltgeschichte tut, die sich im Orient, in Persien vom Jahr 1844 bis heute abspielte, der weiß vom Kommen des Báb, dessen öffentliche Erklärung als Bahnbrecher für eine neue geistige Zeit gilt. Der Báb übte einen großen geistigen Einfluß auf seine Umgebung und kurze Zeit darauf in weiten Kreisen aus, die einen Offenbarer geistig göttlicher Verkündigung in ihm sahen. Er erklärte, daß Gott ein neues Bündnis mit dem Menschengeschlecht geschlossen habe, daß Er bald Sich selbst in Seinem Gesandten an die ganze Menschheit wenden werde und daß der Wegbereiter gekommen sei als Herold, der die Menschen für Sein Kommen vorbereite. Baha’u’lláh kam und schuf eine neue Zeit, deren Frühling mit Pracht und Herrlichkeit über die ganze Welt hinziehen wird. Sein Geist und Sein Ruf drang durch Kerkermauern zu den Menschen und die große Sehnsucht nach Licht und Wahrheit wurde in ihren Herzen wach. Die Wirkung tut sich kund in dem neu erwachten Verlangen nach innerem Reichtum, in unablässigem Suchen und Forschen, in dem Wunsch nach seelischer Beglückung und innerem tiefen Frieden. Alles was die Welt uns versagt, schenkte Er uns in Ueberfülle. Den Mittelpunkt des Bündnisses setzte Er für uns ein, den Gott an diesem selben 23. Mai 1844 ins Leben rief.

Schon in zartem Alter war ’Abdu’l-Bahá voll Weisheit Gottes, nur von Seinem Vater gelehrt, bekundete Er göttliche Offenbarungen und stellte Sich mit größter Selbstverleugnung in die Dienste für die Menschheit. Mit übermenschlicher Kraft überwand Er die finsteren Mächte der menschlichen Anfeindung und Verleumdung. Mit unerschütterlicher Treue stand Er sein ganzes Leben lang, das ein solches schwerster Entbehrungen war für Seine hl. Mission ein. Wir alle kennen Ihn, wir lieben Ihn von ganzer Seele und möchten so gerne Ihm nachfolgen, aber wer ist so adligen Seins, so sündenfrei, so erhaben wie Er? Trennen uns nicht Welten von Ihm, Kräfte, deren wir noch nicht Herr werden. Er, der reine Gottmensch und wir, die Sündenbeladenen, die in alle menschlichen Schwächen verstrickten. Es ist das Los des Welterlösers, daß er einsam sein muß, niemals ganz erfaßt werden kann, aber umsomehr war Er in Gott und Gott in Ihm.

Mit ’Abdu’l-Bahás Kommen hat die Menschheit den aufsteigenden Bogen betreten, sie wird vom Allmächtigen aus der Hölle oder Gottferne, in den Himmel oder in Gottes Nähe geführt. Vielmals spricht der Meister von der Morgenröte eines neuen Tags. Dies ist der „Tag“ oder der Zyklus einer neuen geistigen Erhebung für die Welt, die von Entwicklung zu Entwicklung führt, die heraushebt aus der materiellen Denkweise und Sinnenrichtung zu einer neuen Auffassung alles Seienden.

Wir stehen in einer überaus ernsten, verantwortlichen Zeit, denn uns ist nun das größte Gut, ist alle Erkenntnis des Willens Gottes geschenkt und ein jeder einzelne aus unseren Reihen trägt eine ungeheure Verantwortung für seine eigene Lebensführung und für alle seine Gedanken. Wir alle müssen dessen eingedenk sein, daß wir Beispiel den Menschen, und Nachfolger unseres Herrn sein müssen und jedes Verfehlen gegen Sein Gebot unabsehbare Folgen nach sich ziehen kann. Es ist uns Menschen nur eine kurze Zeit geschenkt, in der wir wirken können und wir müssen unsere Zeit nützen, denn wem Gott der Herr viel anvertraut, von dem wird Er viel zurückfordern. Unsere Pflicht ist, Seinem Willen zu gehorchen, treu zur Seite dessen zu stehen, den uns der Meister als Beschützer einsetzte; mit vereinter Kraft und in voller Einigkeit Shoghi Effendi beizustehen bei der verantwortungsvollen Pflichterfüllung, die eine ungeheuere Aufgabe bildet, bei der gewaltigen Ausdehnung, die die Lehre auf der ganzen Welt annimmt. Es ist ganz einfach unsere Lebensaufgabe Shoghi Effendi’s Herz damit zu erfreuen, daß Harmonie und gegengenseitiges Vertrauen und volle Zuverlässigkeit die Grundzüge der Nachfolger sind, denen er die Fahne siegreich voranträgt. Wir können unserem Meister nur dienen, dadurch, daß wir Seiner hl. Sache Ehre machen und Ihn nicht besser ehren als durch absoluten Gehorsam und in pflichtgetreuer Erfüllung Seiner Gebote.

A. Sch.


[Seite 48]


’Abdu’l-Baha.

Zum 23. Mai.


Ein schöner Tag, ihn küßt die Maiensonne

In bunter Blumenpracht und lichtem Grün

Ist Erde dir entsproßt ein himmlisch Blüh’n,

Dir ward ein Teil geschenkt, dir ward der Wonne

Seligstes Gefühl zu teil! Die Zweifel flieh’n,

Weil große Meister durch die Welten zieh’n.


Wer hat erfaßt, was diese Tage bringen,

Erkannt den Wert, den der Materie Sein

Bedeutet ihm, und daß das Erdtal, klein

Den großen Wesen wie auch den Geringen

Ein Aufstieg zu dem Himmlischen will sein,

Um die Materie Ewigem zu weih’n.


Du Vorrecht, das der Neuzeit Tage krönt,

Du gibst, was rein, was edel ist und gut,

Nicht wäsch’st die Hände dir in Menschenblut;

Du hast die Völker all mit dir versöhnt,

Herrliche Früchte zu tragen bist du gewöhnt,

Wie auch der Bösen Herzen Wut dir höhnt.


Geblendet ist der Glanz entweihter Sonnen,

Gestürzt die Macht, entfacht in neuer Glut,

Die, was sie wünscht und spricht, auch selber tut;

Das eine reine Licht ist uns gekommen,

Schickt seinen Strahlenschein in unsre Zeit,

Der Gottheit Hauch um seine Seelen freit.


So ist entschwunden, was vergang’nen Tagen

Betrübend war und was die Welt so schwer

Erscheinen läßt, als sei ihr alles leer.

Die Lüfte Düfte aus dem Rosengarten tragen

Von herrlichen, zukünft’gen Tagen sagen:

„Befreit ist alle Welt von ihren Klagen.“


Sei denn gegrüßt, du lichtumfloss’ne Stätte,

Daraus das Opfer ist ersproßt, erblüht,

Dein ganzes Sein in heil’gem Feuer glüht,

Und in dem großen Weltall ist, als hätte

Die Gottheit nur allein die Erd’ berührt,

Dem Meister gebt den Dank, der Ihm gebührt!


Isolde Hönes.



Bahai-Nachrichten.

Am Sonnabend, den 12. April, sprach hier Herr Dr. Grossmann, Hamburg, über „Das Unsichtbare“. (Erkenntnismöglichkeiten, Gottesbegriff, Seele, Geist, Vernunft, Zustand der Seele vor und nach dem Tode, Wiederverkörperung.) Der Vortrag war nur einmalig durch die Zeitung bekanntgemacht; es waren fast 90 Personen erschienen, die den Ausführungen des Redners mit sichtlichem Interesse folgten. Die überaus harmonisch verlaufene Versammlung wird unserer heiligen Sache sicherlich neue Freunde gewonnen haben. Am nächsten Nachmittag kamen einige Freunde in der Wohnung von Familie Klitzing zusammen, um sich mit Freund Grossmann über die Lehre auszutauschen. Die Bahailehre ist im Verlauf von 6. Monaten in allen Kreisen Schwerins bekannt geworden. Die geliebte, aber verantwortungsvolle Arbeit, die den hiesigen Freunden nun obliegt, ist durch einen engeren Zusammenschluß einander zu ermutigen und zu ergänzen. Es wurden regelmäßige Zusammenkünfte vereinbart, die erstmalig am 26. April bei Familie Klitzing, Grenadierstr. 31, stattfinden werden. Wir werden allen Freunden, die uns durch Briefe oder andere Schriftstücke, die sich zur Verlesung und Besprechung bei unseren Zusammenkünften eignen, von Herzen dankbar sein.

Schwerin, in Mecklenbg., 14. April 1924.

K. Klitzing.



Mitteilung vom Bahaiverlag.

Der kürzlich von Bahaiyyih Khanum (Schwester 'Abdu'l-Bahás) aus Haifa eingetroffene und an die Bahaigruppen in Abschrift versandte wichtige Brief ist nun im Sonderdruck erschienen und kann von uns das Stück zu 10 Pfg. oder 10 Stück zu 60 Pfg., einschließlich Porto, bezogen werden.

Die verehrlichen Leser der „Sonne der Wahrheit“ bitten wir höflich um gefl. Einsendung der laufenden und etwaigen rückständigen Bezugsgebühren (vierteljährlich Mk. 1.50).

Bezugsgelder, die bis zum Erscheinen der Juni-Nummer nicht eingegangen sind, werden wir uns erlauben, per Nachnahme einzuziehen.



Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten


Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.


[Seite 49]

Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),

Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)