SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft II | APRIL 1924 | |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Die Hauptpunkte der Bahailehre [Bearbeiten]
1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.
2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.
3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.
4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.
5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.
6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.
7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.
8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.
9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.
10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.
11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.
12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.
SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark. |
Heft 2 | Stuttgart, im April 1924 | 4. Jahrgang |
Inhalt: Das Geheimnis des Opfers. — An die Geliebten Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen in Leipzig, Deutschland. — Das Leben des Báb. — Bericht an die Freunde im Osten und Westen. - Report to the Friends in the East and West. — Aus „Tabletbuch“ Band I, Seite 14. — Die Geschichte des Badi. — Unueco. — Bahai-Nachrichten. — Bahai-news.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Sprecht: Der Mund ist Zeuge Meiner Wahrhaftigkeit, beflecke ihn nicht durch Verleumdung. Die Seele ist der Verwahrungsort Meiner Geheimnisse, gib sie nicht der Gier preis. Es ist zu erhoffen, daß bei dieser Morgendämmerung, nachdem die Welt durch die Sonne des Wissens erleuchtet sein wird, wir das Wohlgefallen des Freundes suchen und von dem Meer der Unsterblichkeit trinken.
Baha’u’lláh.
O du Dienerin des Herrn! Am Ende Deines Briefes hast Du zu Gott dem Herrn gebetet, Er möchte mich aus den Händen der Feinde befreien und mich vor neuem Leid beschützen. O du Dienerin Gottes! Willst Du für Abdu’l-Bahá beten, so wende Dich ergeben und demütig dem Reich Gottes in den Himmelshöhen zu und flehe zu Ihm und sprich: O Du mein Gott! Mehre Du die Prüfungen die Abdu’l-Bahá um Deinetwillen duldet, fülle die Schale des Leids aufs neue und lasse Ströme von Prüfungen und Anfechtungen herabregnen. Schmücke seinen Tempel mit Ketten und Fesseln, lasse ihn um Deiner Liebe willen zum Gefangenen werden, lasse sein Blut fließen um Deines Namens willen und schenke ihm die Gunst auf dem Weg zu Dir gekreuzigt zu werden bis er trunken vor Freude und voll Verlangen nach Selbstaufopferung seinen Flug an den Ort der Gnade antritt im Schatten Deines herrlichsten Reiches. So sollst Du heiß für Abdu’l-Bahá beten, denn dies ist sein höchstes Ziel und sein innig gehegter Wunsch und die ungeheure Gnade nach der er Tag und Nacht fortwährend sucht.
Mit Dir seien Gruß und Liebe
(sig.) Abdu’l-Bahá Abbás.
Uebersandt von Shoghi Effendi.
Das Geheimnis des Opfers.
Eine Ansprache ’Abdu’l-Bahás bei Seinem Besuch in Amerika.
Veröffentlicht im Star of the West.
„Heute will ich über das Geheimnis des Opfers sprechen. Es gibt zwei Arten von
Opfer; eine derselben ist das geistige Opfer. Vielleicht habt Ihr schon vom
physischen Opfer gehört, auch habt Ihr
schon vom Opfer in den Kirchen sprechen hören; aber von der wirklichen Bedeutung des Opfers habt Ihr noch wenig oder nichts gehört.
In der Kirche erklären sie die Wirklichkeit des Opfers in einer abergläubischen Art und Weise. In den Evangelien ist berichtet, daß Christus sagte: „Ich bin das Brot, das vom Himmel herabkam, wer von diesem Brot isset, wird ewiglich leben.“ Es ist ferner berichtet, daß er sagte, der Wein sei sein Blut, das er für die Belebung der Welt opfern würde. Diese Worte wurden in der Kirche in abergläubischer Weise ausgelegt, die von der menschlichen Vernunft nicht angenommen werden kann.
Sie sagen, Adam habe gegen Gottes Gebot gehandelt und von dem verbotenen Baume gegessen, damit habe er gesündigt, und diese Uebertretung des göttlichen Gebotes habe sich auf seine Nachkommen vererbt. Oder mit anderen Worten: dadurch, daß Adam gesündigt habe, seien alle seine Nachkommen mitschuldig, und für seine Uebertretung mit verantwortlich und verdienen daher Strafe. Aus diesem Grunde habe Gott zu seinem geliebten Sohn gesagt: „Gehe Du zu den Menschen und werde ein Opfer, damit Ich, der Herr, dadurch allen Menschen vergeben kann, und die Menschheit von dieser Uebertretung erlöst werde.
Nun bitte ich Euch aber, diese Erklärung vom Standpunkt der Vernunft aus zu betrachten. Könnt Ihr es begreifen, daß Gott, der die Gerechtigkeit selbst ist, die Nachkommen Adams bestraft wegen der Uebertretung, die dieser begangen hat? Menschen sind Menschen (sie handeln menschlich). Wenn aber ein Regent den Sohn eines Verbrechers bestraft, ohne daß dieser an dem Verbrechen beteiligt war, so sehen wir diesen Regenten als einen ungerechten Mann an. Wir sagen, daß, wenn auch der Vater ein Verbrechen begangen hat, so kann doch der Sohn dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
Die Sünde Adams war nicht der Nachwelt als Sünde angerechnet und dies umso weniger, als von der Zeit Adams bis heute schon Tausende von Generationen lebten. Wenn der Vater von Tausenden von Generationen ein Unrecht beging, ist es dann gerecht, daß die jetzige Generation noch für ein solches Unrecht leiden sollte?
Noch stärker ist folgender Beweis: Abraham war eine heilige Manifestation Gottes; die Generationen, die auf Adam folgten, und von welchen gesagt ist, sie seien für das Unrecht, das Adam beging, mitverantwortlich, schließen auch seine Heiligkeit Abraham, Isaak und alle Propheten in sich ein. Fuhren nun diese des Unrechtes wegen, das ihr erster Vorvater begangen hatte, alle in die Hölle ?
Folgendes ist die allgemein verbreitete Meinung in Bezug auf das Opfer Christi: Als Christus kam und sein Opfer am Kreuze brachte, wurde die ganze Reihe der Propheten, welche ihm von Adam an vorausgingen, von Sünde und Bestrafung erlöst. Bedenket, daß selbst ein Kind eine derartige Behauptung nicht als gerecht ansehen könnte. Dadurch, daß sie den Sinn der Bibel nicht verstanden, gaben sie diesen Stellen die obige Deutung.
Was nun die Wirklichkeit des Opfers betrifft, so ist es wahr, daß Jesus Christus sich opferte, und er tat dies um unseretwillen. Aber wie erduldete er dies Opfer? Die wahre Bedeutung dieses Opfers wird klar und verstanden werden. Als Christus in die Oeffentlichkeit trat, sah er, daß er sich erheben und den Ansichten aller Völker der Erde entgegentreten müsse. Er war sich dessen bewußt, daß sich alle Menschen gegen ihn wenden und alle Arten von Trübsal über ihn bringen würden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein Mann, der einen derartigen Anspruch (wie den der Messiaswürde) erhebt, die ganze Welt gegen sich hat, daß er keinen persönlichen Schutz genießt und daß sein Blut zweifellos fließen muß.
Aber obgleich Christus wußte, was über ihn kommen würde, trat er in die
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Oeffentlichkeit und verkündigte seine Botschaft. Er erduldete alle Trübsale
und Härten, die die Menschen über ihn
brachten und zuletzt brachte er sein Leben als Opfer hin, um die Menschheit zu
erleuchten. Er vergoß sein Blut, um der Menschheit Führung zu verleihen. Wenn
er nicht willens gewesen wäre, sich selbst zu opfern, so würde er nicht im Stande
gewesen sein, auch nur einer einzigen
Seele Führung zu verleihen. Für ihn unterlag es keinem Zweifel, daß sein gesegnetes Blut vergossen würde. Trotzdem
nahm diese heilige Seele jegliche Art von Schwierigkeiten auf sich und gab ihr Leben hin, um allen Menschen geistige Führung zu verleihen. Dies ist eine der Bedeutungen des Opfers.
Die andere Bedeutung vom Opfer: Jesus sagte: „Ich bin das Brot, das vom Himmel herabkam.“ Der Körper Christi kam aus dem Schoß der Maria, aber die Christusvollkommenheit, der wirkliche Christus, kam vom Himmel. Der Geist Christi kam vom Himmel, aber nicht sein Körper. Sein Körper war menschlich, d.h. er war gleich dem eines andern Menschen, und daß er geboren wurde, unterliegt keinem Zweifel; aber die Wirklichkeit Christi u. seine Vollkommenheit kamen vom Himmel. Wenn er daher sagte, er sei das Brot, das vom Himmel herabkam, so meinte er damit, daß die Vollkommenheit, welche er aufwies, göttliche Vollkommenheit sei, daß der Segen in ihm und das Licht, das durch ihn leuchtete, vom Himmel kam.
Welche Bedeutung haben nun die Worte: Wer von diesem Brot isst, wird nimmermehr sterben? Damit wollte er sagen: Wer die Vollkommenheit, welche in mir ist, in sich aufnimmt, wird nimmermehr sterben, wer an diesen himmlischen Segnungen in mir teilnimmt, wird nimmermehr sterben, wer dies göttliche Licht, das aus mir scheint, in sich aufnimmt, wird ewiges Leben erlangen. Könnt Ihr diese einfache Erklärung verstehen? — Wie einleuchtend ist sie doch ! — Denn wer von den Lehren Christi göttliche Vollkommenheit und himmlisches Licht erlangt, wird unzweifelhaft ewiglich leben.
Dies ist eines der Geheimnisse vom Opfer. Auch seine Heiligkeit Abraham opferte sich in Wirklichkeit selbst, denn er übermittelte den Menschen göttliche Lehren und brachte ihnen himmlische Nahrung.
Die dritte Bedeutung vom Opfer ist: Wenn Ihr einen Samenkern in den Boden pflanzt, so wird ein Baum aus ihm hervorsprießen. Dieser Samenkern opfert sich für den Baum, der aus ihm hervorwächst. Aeußerlich betrachtet, geht der Samenkern zugrunde, er opfert sich, aber in Wirklichkeit strömt das Leben dieses Samenkerns durch den aus ihm entsprossten Baum. Ja in seinen Zweigen, Blüten und Früchten verkörpert sich der Samenkern. Wenn nun - bildlich gesprochen — die Persönlichkeit dieses Samenkerns nicht geopfert worden wäre, dann hätten weder Baum noch Zweige, Blüten und Früchte entstehen können. Dem Aeussern nach verschwand Christus. Seine Persönlichkeit verbarg sich dem Auge, wie sich auch das Aeußere des Samenkerns dem Auge entzieht; aber die geistigen Gaben Christi, seine hohen Eigenschaften und seine Vollkommenheit wurde offenbar in der Christengemeinschaft, die er durch seine Selbstaufopferung gründete. Wenn ihr einen Baum betrachtet, so werdet ihr sehen, daß die Vollkommenheit des Samenkerns, sein Gehalt, sein Wert und seine Schönheit in den Zweigen, Blüten und Früchten zum Vorschein kommt. Aus diesem Grunde opfert sich der Samenkern für den Baum; wenn er sich nicht opfern würde, könnte der Baum nicht ins Dasein treten. Gleich dem Samenkern opferte sich auch Christus für den Baum der Christenheit und seine Vollkommenheit, seine Segnungen, seine Gunst, sein Licht und seine Gnade kamen zum Vorschein in dem Baum der Christengemeinschaft.
Die vierte Bedeutung des Opfers ist, daß eine Wirklichkeit ihr eigenes Wesen opfern sollte. Damit soll gesagt sein, daß sich ein Mensch selbst von der Welt der Materie, von der Welt der Natur, von den Regeln und den Gesetzen der Natur loslösen muß, denn die materielle Welt ist die Welt des Verderbens, der schlimmen Moral, der Finsternis, der Vertierung, der Rohheit, des Blutdurstes, des Hasses, des Ehrgeizes, der Gier, des Ringens um die Existenz und der Selbstverherrlichung.“
In dieser materiellen Welt verliert sich der Mensch in selbstsüchtigen Wünschen
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und Lüsten. All diese Unvollkommenheit
muß der Mensch abstreifen; er muß diese der Materie angehörenden Eigenschaften zum Opfer bringen.
Anderseits muß sich der Mensch himmlische Eigenschaften erwerben, er muß an göttlichen Attributen Anteil haben und das Bild und Gleichnis Gottes, ein Licht der Führung, ein gesegneter Baum und eine Schatzkammer für die Gaben Gottes werden. Auf diese Weise muß der Mensch die weltlichen Eigenschaften für solche aus der göttlichen Welt opfern. Betrachtet z.B. ein Stück Eisen und denkt über seine Eigenschaften nach. Es ist dunkel und hart, dies sind die natürlichen Eigenschaften des Eisens. Wenn nun aber dies Stück Eisen ins Feuer kommt und die Hitze aufnimmt, dann opfert es seine natürlichen Eigenschaften, denn seine Härte verwandelt sich in Weichheit, ja selbst in Flüssigkeit; sein dunkles Aussehen verschwindet, es nimmt die Eigenschaften der Flamme an, die es vom Feuer empfängt. Es opfert auch seine Eigenschaft der Kälte und strahlt Hitze aus, die Eigenschaft des Feuers. Dieses Stückchen Eisen verändert sich derart, daß in ihm keine Feuchtigkeit, keine Härte und keine dunkle Farbe mehr zu finden ist; es wird glühend, strahlt Hitze aus, wird flüssig und nimmt somit die Eigenschaften des Feuers an. Das Eisen opfert also seine Eigenschaften für die des Feuers.
So ist es auch mit dem Menschen: wenn er sich von der weltlichen Natur trennt und alle weltlichen Eigenschaften opfert, dann kommt die Vollkommenheit des Königreichs Gottes zum Vorschein. Es wird bei ihm sein, wie beim Eisen im Feuer; die niederen natürlichen Eigenschaften werden verschwinden, und die hohen göttlichen Eigenschaften werden an ihre Stelle treten. Jeder Mensch, der an Gott und seine Zeichen glaubt, der entflammt ist vom Feuer der Liebe Gottes, der erzogen wird durch die Lehren Gottes und erleuchtet ist durch das Licht der göttlichen Führung, der opfert die Unvollkommenheit der menschlichen Natur für die Vollkommenheit des göttlichen Wesens.
Daher nimmt jeder vollkommene erleuchtete und himmlische Mensch die Stufe des Opfers ein.
Ich hoffe, daß ihr mit Hilfe und durch die Vorsehung Gottes und durch die Gaben des Königreichs Abhás gänzlich von der Unvollkommenheit der menschlichen Natur befreit und von den selbstischen Wünschen erlöst werdet, damit ihr auf diese Weise Leben und himmlische Tugend von dem Königreiche Abhás erlangt, damit das göttliche Licht aus euren Gesichtern leuchtet, die Düfte der Heiligkeit von euch eingeatmet werden und euch der Odem des heiligen Geistes belebt.
Es gibt zweierlei Arten von Aufopferung des Lebens.
’Abdu’l-Bahá sprach sodann über das Leben verschiedener Bahai in Persien, die alles opferten und es für nichts erachteten. Er sagte: „Solche Seelen sind die Juwelen der Existenz." Bei dieser Gelegenheit blickte ’Abdu’l-Bahá auf die am Sternenhimmel wie eine Fackel leuchtende Venus und sprach: „Seht ihr diesen Stern? Ich hoffe, daß jeder einzelne der Gläubigen Gottes leuchtet, wie dieser Stern. Ich wünsche ihnen eine Leuchtkraft, durch die sie die Herzen erfreuen und die Seelen vergeistigen können. Aber ach! Wie oft gestatten sie den Wolken des Ichs ihren Horizont zu verdunkeln, wodurch die Sterne der göttlichen Wahrheit verhindert werden zu scheinen.“ Er schwieg, blickte nochmals zu dem glänzenden Stern empor und sagte: „Er scheint am hellsten vor der Morgendämmerung." So ist es auch beim Dämmern dieser Sonne der Wahrheit; die Sterne unseres Lebens müssen in der Dunkelheit dieser Welt glitzern und glänzen. Wahrlich, ich sage euch, jedes einzelne, das sich an diesem Tage auf dem Pfade Gottes erhebt, wird an dem erhabenen Horizont ein solcher Stern der Führung werden. Alle Wesen im Himmel und auf Erden werden durch das Angesicht solcher Freunde erleuchtet, die Engel der allerhöchsten Heerscharen werden ihr Lob verkündigen, auch werden sie umgeben sein mit der Gnade des Königreichs Abhás.
Solange jemand nicht teilgenommen hat an dem Geheimnis des Opfers, ist es
für ihn unmöglich, zu dem Königreich Gottes zu gelangen. Solange Ihr den
Kelch nicht von jeder andern Flüssigkeit geleert habt, ist es euch unmöglich, ihn
mit reinem und gutem Wasser zu füllen.
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Es gibt zweierlei Art der Aufopferung des Lebens. Getötet zu werden um
der Sache Gottes willen, ist nicht so schwierig, als in absolutem Gehorsam gegenüber
den Geboten Gottes zu leben.
Den Zustand zu erlangen, den Mirza Abul-Fazl erreichte, der es als seine höchste Aufgabe in dieser Welt ansah, für die Sache Gottes zu leben, zu leiden und zu wirken, wird von großem Nutzen sein. Oder zu werden wie Mirza Haider Ali, der sich weder um Geld, noch um Kleider und Nahrung sorgte, sondern einzig darum, wie er seinen Mitmenschen die göttlichen Lehren beibringen und sie über das Königreich Gottes belehren könne. Dies ist ein wirkliches sich Hinbegeben zu der Ebene des Opfers, und wenn wir nicht zu diesem Zustand gelangen, bleiben alle Bemühungen ohne wirkliche Resultate. Ein Mensch, der sich mehr um irdische Liebe, um Mann, Frau oder Kinder sorgt, als um die Sache Gottes, wird diesen Zustand nicht erlangen.
Übersetzt von W. Herrigel.
An die Geliebten Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen in Leipzig, Deutschland.
Durch den geehrten Herrn Herrigel.
Meine geliebten Brüder und Schwestern in ’Abdu’l-Bahá!
Ich habe wohl kaum nötig, die tiefe reine Freude zu betonen, die ich beim Empfang und Lesen Eures so willkommenen Briefes vom 11. November 1923 empfand.
Mit welchem Stolz und welcher Dankbarkeit ersah ich aus diesem Brief, daß durch den allgegenwärtigen und allmächtigen Geist unseres dahingeschiedenen Meisters, in Eurer schönen Stadt, die ein führender Mittelpunkt der Gedanken in Eurem geliebten Lande ist, bereits ein neuer Anlauf gemacht und eine vielversprechende Bahaigruppe gegründet wurde.
Es ist wahr, Euer Vaterland ist nun als Beute chaotischer Zustände in schwere Not geraten. Doch in dieser Stunde der Trübsal und des Leidens sollten wir uns alle der begeisterten Worte unseres Geliebten erinnern, der mehr als einmal erklärte, daß Deutschland sich aus diesem demütigenden, peinlichen Zustand sicherlich wieder geeint und mächtig erheben werde, um sowohl geistig als materiell seinen Dienst an der Menschheit zu verrichten.
Laßt uns diese Worte zur Ermutigung dienen. Mögen sie unsere Hoffnung und unser Vertrauen stärken und uns zum Dienste an Seiner heiligen Sache und zur Verbreitung Seiner Botschaft ermuntern, wie schwierig die Zustände auch sein mögen.
Ich erwarte begierig und voll Liebe Eure Briefe, sowohl von den Einzelnen als von der gesamten Gruppe und werde sehr erfreut sein, wenn ich von dem Fortschritt Eurer Tätigkeit höre und genaue Berichte über Eure Versammlungen und Eure Pläne für die Verbreitung der Bahailehre empfange.
Euch meiner ernstlichsten Gebete für Euch versichernd, verbleibe ich Euer Bruder in Seiner Liebe.
(gez.) Shoghi.
Haifa, Palästina den 28. Dez. 1923.
Übersetzt von W. Herrigel.
Das Leben des Báb.
von Jinab-i Fadil veröffentlicht im Star of the West vol. 14 Nr. 7. (Schluß.)
Der Báb war seinerzeit so von Feinden umlagert, daß seine Freunde und Nachfolger die größte Mühe hatten, um auch nur ein Zusammensein mit ihm zu ermöglichen und dennoch gehörten nun tausende von Personen hoch und niedrig der Lehre an, denen er die Verkörperung derselben darstellte, und welche die Lehre in allen Landesteilen verbreiteten.
Ueber die lange Verfolgung fand der Báb nicht nur Zeit, viele Lehren zu diktieren, sondern
auch mit eigener Feder ganze Bände in hervorragender Calligraphie niederzuschreiben. In Persien wird bis auf den heutigen Tag schöne Handschrift als Kunst angesehen. Wer so glücklich ist, etwas von den schönen Handschriften des
Báb zu besitzen, betrachtet diese als wertvollste
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Hinterlassenschaft. Leider sind viele Handschriften des Báb vernichtet worden. Oftmals vergruben seine Nachfolger, wenn sie von Haus und Hof vertrieben wurden, diese Niederschriften, die
sie so hoch hielten in der Erde, bevor sie entflohen. Kehrten sie später zurück, so fanden sie
diese vermodert oder ganz zerstört vor.
Die Lehre des Báb, die seine Feinde am meisten betonten, war, daß sich der Mensch von Vorurteilen und Dogmen frei machen müsse. In Persien war es notwendig, den Mohammedaner besonders in Betracht zu ziehen, daher handelt ein großer Teil seiner Lehre über den Koran. Er rief den Islamiten zur Betrachtung des tiefen und wertvollen Sinnes desselben auf. Er lehrte, daß er nur die Pforte oder das Tor, zu der „Stadt der Verkündigung" sei, der göttlichen Städte, die sichtbar werden solle. Er lehrte sie, daß eine große Persönlichkeit jetzt schon, jedoch noch unerkannt, unter ihnen lebe, die zu ihnen komme, die eine göttliche Offenbarung bringe und sie in eine neue Zeit der universalen Bruderschaft führen werde. Oft redete er diesen Unbekannten in seinen Niederschriften an und sagte: „O mein Herr! O mein Gott! ich habe jede Verfolgung auf mich genommen, um die Menschen für Dein Kommen vorzubereiten, damit, wenn du dich zu erkennen gibst, sie bereit seien, Dir zu begegnen!“
Eine wichtige Frage in der mohammedanischen Religion ist die „Wiederkunft“. Der Glaube bestand, daß, wenn sich ein neues Tor des Wissens öffne, viele heilige Seelen zurückkehren und in Fleisch und Blut um Ihn sein würden. Auf diese Frage wurde der größte Nachdruck gelegt, und aus diesem Grund besitzt auch der Báb die Zeichen und Merkmale dieser heiligen Seelen, die in seinen Jüngern zu Tage treten.
Eine weitere Frage, die die Mohammedaner an den Báb stellten, war die der „Wiederverkörperung", die wörtlich aufgefaßt wird, wie bei den Christen auch. Der Báb erklärte, daß die Wiederkunft das Erscheinen des Manifestierten Gottes bedeute, wenn die Religion erneut wird. Er sagte, daß sein Kommen, die „kleinere Wiederverkörperung“ sei, daß aber die Große Manifestation, von der er so viel rede, die „Große Wiederverkörperung" sich feierlich erklären werde. Er verkündete, daß „Gott, der auf dem Throne sitze", soviel bedeute, als daß der Körper des Manifestierten der Thron des heiligen Geistes sei. „Paradies“ bedeutet das Erkennen des Herrn in dem Manifestierten, nach dessen Leben man sein eigenes Leben einrichten soll. Hölle bedeutet Eigennutz, Fanatismus und Zweifelsucht. Er sagte, daß „Auferstehung" daher nicht die Auferstehung von Fleisch und Blut aus dem Grab bedeute, sondern eine große geistige Auferstehung, eine Erweckung der seelischen Fähigkeiten und geistigen Kräfte sei, die hervorgerufen werde durch das Erkennen des Manifestierten Gottes.
Der Báb teilte die Offenbarungen der Manifestierten Gottes in fünf Abschnitte ein. Der erste Teil behandelt die Schriften, die die Geheimnisse der Göttlichkeit erklären. Der zweite Teil enthält die Gebete, die Offenbarungen Gottes an den Propheten, die durch ihn der Menschheit verkündet werden. Diese überschütten, wenn sie ausgesprochen sind, den Menschen mit dem Geist göttlicher Harmonie und erheben ihn auf eine höhere Stufe der Vergeistigung. Der dritte Teil behandelt die Auslegung der göttlichen Bücher und erklärt die Symbole und deren geheimen Sinn der jahrhundertelang verhüllt geblieben war. Die Propheten und Manifestierten haben von ewigen Zeiten her in Gleichnissen und Symbolen geredet, deren tiefer Sinn für die Menschen schwer verständlich war. Aber die großen Lehrer waren selbst fähig, eine Fülle von Licht über die geistigen Lehren der früheren großen Lehrer der Menschheit zu werfen; nur sie allein konnten die Bedeutung und den Sinn der geheimnisvollen Worte deuten. Der vierte Teil behandelt die metaphysischen, wissenschaftlichen und theologischen Fragen, die von den Schülern und Weisen des jeweiligen Zeitalters gestellt wurden. Der fünfte Teil enthält das Wesentliche der Lehre. Die Schriften des Báb können ähnlich eingeteilt werden.
Erstens: seine Erklärung über die Gottheit, die so trenscendent, so göttlich in ihrer Art sind, daß, wer einen aufnahmefähigen Sinn und eine offene Seele hat, diese verstehen muß.
Zweitens: Gebete, die von Begeisterung und Entzücken erfüllt sind.
Drittens: die Beantwortung von Fragen über die Schriften des Islam, da natürlich die Lehre des Báb viel zu tun hat mit der mohammedanischen Welt.
Viertens: Die Behandlung wissenschaftlicher und philosophischer Fragen.
Fünftens: Niederschriften des Báb, die besagen, daß, wenn der Manifestierte auftritt, er viele dieser Lehren entwerten und aufheben werde, die sich für die neuzeitlichen Bedürfnisse nicht mehr eignen.
Der Báb erklärte, daß er die „kleinere Offenbarung“ bedeute, denn seine Lehre habe gewisse Grenzen, da sie für die Bekenner des Islam, also für einen Teil der Welt bestimmt sei. Es werde aber ein neues Bewußtsein auferstehen, eine universale Auferstehung stattfinden, und diese neue geistige Erkenntnis würde die ganze Welt umfassen.
Uebers. v. Frau A. Schwarz.
Bericht an die Freunde im Osten und Westen.
(Fortsetzung.)
Bei Seinem Aufenthalt in Budapest empfing ’Abdu’l-Bahá auch am 11. April (1913) vom Morgen an Besuche, erst sprachen einige Theosophen im Hotel Riz vor, die tags zuvor bei Seinem Vortrag in der Theosophischen Gesellschaft zugegen gewesen waren und versicherten Ihn ihrer großen Liebe und Ergebenheit, Er sagte zu ihnen:
„Danket Gott, der uns zusammengeführt hat, es war ein wundervolles Zusammensein gestern Abend, alles geistige war in den Herzen aufgewühlt. Ich hoffe, daß diese Empfindung und diese Verbindung täglich stärker wird, ich hoffe, daß Budapest ein Mittelpunkt für die Völkervereinigung werde, und daß von dieser Stadt aus das Licht nach anderen Städten hin scheine.“
’Abdu’l-Bahá sprach ferner über die größte Manifestation Baha’u’lláh und über die Macht des Verheißenen.
Der junge Aristokrat, mit dem gestern der Meister auf Seinem Spaziergang gesprochen hatte, trat ein mit einem Freund; der Geliebte wandte Sich an ihn mit den Worten:
„Es ist gut, daß wir uns auf der Straße kennen lernten ohne Vermittlung, solch ein Kennenlernen ist gut, danke Gott, daß in Budapest die Empfindung für geistiges Leben wach ist, daß die Menschen die Wahrheit suchen, nach dem Wort Gottes fragen und nach der Führung zum Reich Gottes verlangen; ich liebe Stuttgart und Budapest sehr, es leben gute Seelen in diesen beiden Städten. Es besteht ein politsches Bündnis zwischen Deutschland und Oesterreich, ich hoffe, daß auch ein geistiges Band diese beiden Länder verbinde. Der Anlaß zu diesem Bund stammt aus moralischen Ursachen; während das durch die Politik geschaffene Band eines Tages zerreißen kann, dauert das Band, das die göttliche Liebe und geistige Vereinigung schuf für alle Zeiten.“
Unter anderem sprachen die beiden Herrn über Reisen und sprachen auch von den Sehenswürdigkeiten Budapests. ’Abdu’l-Bahá sagte zu ihnen:
„Ich kam nach Budapest, um die Sehenswürdigkeiten und Gebäude des menschlichen Herzens zu sehen und nicht die Steinbauten der Stadt. Ich kenne ein himmlisches Land, in dem es viele herrliche Städte gibt. In diesem Land wird nur eine universale Sprache gesprochen, wir werden uns also verstehen ohne Uebersetzer. Dort werdet Ihr Christus und alle Propheten und Heilige sehen. Dort werdet Ihr lauter solche gute Menschen finden, wie ihr sie hier seht.“
Dabei zeigte Er auf Seine Reisebegleiter.
„Dort ist jede Sorte köstlicher Früchte zu finden, und ihr werdet sie frei erhalten. Ich komme von diesem herrlichen Land, ich kenne es. Möchtet ihr nicht auch mit uns gehen in jenes Land?“
Die jungen Herrn waren überrascht über diese Frage und bejahten sie freudig.
Herr Germanus, Professor an der Orientalischen Handelsakademie trat ein und unterhielt sich in türkisch mit ’Abdu’l-Bahá, kurz nach ihm kam eine Deputation von 11 seiner jungen türkischen Studenten und überreichten ’Abdu’l-Bahá einen festlichen Willkommgruß und Glückwunsch mit Subskription aller türkisch Studierenden, die in Budapest anwesend waren. Der Meister gestattete den Anwesenden Platz zu nehmen und sprach zu ihnen:
„Er ist Gott! Mein höchstes Sehnen ist, daß Ost und West eng miteinander
verbunden werden, denn dies ist der größte Dienst, der dieser Welt erwiesen
werden kann. In Wirklichkeit gibt es kein Osten und Westen, alle Punkte auf
dieser Erde sind gleich, sie haben dieselben Anrechte, und jeder Punkt in Beziehung zu einem andern ist entweder Westen oder Osten, es sind das Dinge der Beziehungen und der Anschauung, alles
sind Punkte eines Erdballs, eines
Landes, einer Menschheit, einer Rasse, einer Familie. Ich bin daher so
glücklich, dies Land zu sehen, das die Ursache des Fortschrittes für den Orientalen ist mit seinem Familiensinn, seiner Gastfreundschaft gegen die Fremden,
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und ich erhoffe die Bestätigung für euch, daß ihr täglich Fortschritte und Gedeihen aufweist.“
’Abdu’l-Bahá reichte zum Abschied jedem Studenten die Hand. Am Abend dieses Tages folgte der Meister einer Einladung in das alte Parlament, die von der Friedensgesellschaft, dem Esperantoklub, dem Frauenverein u. der orientalischen Handelsakademie ausging. Gegen 500 Personen waren zugegen, darunter hohe Offiziere. Der Domherr und Reichstagsabgeordneter Dr. Alexander Giesswein begrüßte in ungarisch die Versammlung. Als Uebersetzer aus der englischen in die ungarische Sprache diente Professor Germanus. Nachdem ’Abdu’l-Bahá 20 Minuten über die Einheit der Menschheit, über universalen Frieden und Frauenrechte, über universale Sprache und die Einheitlichkeit von Ost und West durch die moralische Kraft der göttlichen Lehre gesprochen hatte, wurde er wiederholt durch stürmischen Beifall unterbrochen und nach Beendigung dankte Domherr Dr. Alexander Giesswein in beredten Worten. Während dieser Schlußrede, bei der Dr. Giesswein zur Linken ’Abdu’l-Bahás stand, bestieg der ehrwürdige berühmte Orientalist, Professor Goldzieher, die Rednerbühne und stellte sich zur Rechten ’Abdu’l-Bahás. Als diese beiden Hand in Hand mit ’Abdu’l-Bahá vor dem Auditorium standen, klatschte man stürmisch Beifall. Es war ein ergreifender Moment, diese Vertreter dreier Religionen einen hohen, katholischen Priester und einen berühmten jüdischen Professor mit ’Abdu’l-Bahá auf der Rednerbühne stehen zu sehen.
Obgleich nach diesem bewegten Tag, ’Abdu’l-Bahá Sich außerordentlich erschöpft fühlte, nahm Er den Dank von vielen der Anwesenden entgegen, die in Gruppen an Ihn herantraten, um Ihm ihre Hochachtung und Ehrfurcht zu bekunden. Er sagte:
„Die Bestätigung aus dem Reich Gottes und der Einfluß der Worte und des Ausdrucks ist sehr verschieden, es handelt sich nicht nur um die Worte, die Bestätigung kommt ganz allein durch die Hilfe und Gnade der „Gesegneten Schönheit" und durch den Sieg und den Schutz der Göttlichen Einheit.“
Am 12. April sprach in der Früh der geliebte Herr über das Herzeleid, das Ihm durch die Handlungen falscher Menschen bereitet wird, daß, wenn solche Menschen in die hl. Sache eintreten würden, dies von großem Nachteil sei, da ihr Tun ansteckend wirkt. Als Herr Paikert, der Präsident der Turanischen Gesellschaft, den Meister besuchte, überbrachte er eine Einladung seiner Turaner auf Montag, den 14., abends 7 Uhr. Er pries die hohen Ziele des Meisters, worauf Er antwortete:
„Ich hoffe, daß Ihr eine große Kraft
erlangt, durch die ihr Einfluß auf die Verbindung u. Harmonie der Seelen u. Herzen
gewinnt, daß Frieden und universale
Bruderschaft Platz greife. Für die Entfaltung dieser Prinzipien muß hohe Geisteskraft eingesetzt werden, und um diese universal zu gestalten, muß eine noch stärkere Kraft aufgebracht werden. Es
gibt so viele Wege zur Einheit der Seelen, aber keiner kommt der Macht des
Wortes Gottes und Seiner heiligen Sache gleich. Ein Weg z.B. ist die Vereinigung
der Rassen, der Nationalitäten und der
Stämme. Der Stamm bildet eine Gemeinschaft, wie eure Gesellschaft die Turaner sie vereinigt, aber diese einzelnen
Vereinigungen bringen die Nationen einander nicht näher, im Gegenteil, sie halten
eher den Frieden und die allgemeine Vereinigung hintan, solange Ungarn ungarisch, England englisch und Deutschland
deutsch ist und jedes Land sich um das eigenste Interesse bemüht, ist dies Nationalität oder nationaler Fanatismus
oder Patriotismus, dieser verhütet die Harmonie und universale Vereinigung
der verschiedenen Nationen. Eine weitere Abhaltung sind die Parteien im Vaterland. Diese verhüten den Einklang und
die Einheit der Nationen. Das Volk jeden Landes stellt ihr Reich obenan, die
Franzosen wollen, daß alle Staaten ihnen untertan werden. Dennoch nimmt jede
Nation gewisse Vorteile für ihr eigenes Land in Anspruch und knechtet andere
und unterjocht sie. Für andere Volksgemeinschaften gilt gleichfalls politische
Macht, diese wird auf verschiedene Weise ausgeübt und verhindert die Einheit.
Wir benötigen daher eine universale Macht, die alle zumal umfaßt, und die
hoch und erhaben über allem steht, vor
der keine andere Macht oder Parteilichkeit bestehen kann. Es ist außer Zweifel,
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daß eine göttliche Macht besteht, die durch hohe moralische Kraft diese materiellen Kräfte besiegt.“
Man frug ’Abdu’l-Bahá, welcher Ort als Friedenszentrum gewählt würde, worauf Er antwortete:
„Das erste Land, in dem die Fahne des Friedens zuerst erhoben wird, wird das Zentrum sein, sei es nun England, Deutschland oder Frankreich!"
Am Nachmittag besuchte der Orientalist Professor Vambery den Meister; er ist jüdischer Abstammung, gehört aber keiner Religion an, er vertrat die Partei der Abendländer und sprach hauptsächlich gegen die mohammedanische Religion, erzählte von seinen Reisen und seinen Begegnungen mit den Häuptern der mohammedanischen Religion im Orient, mit denen er als Orientale verkehrt habe und der Geliebte Herr sprach zu ihm über Seine Reisen, Seine Ansprachen in Kirchen u. Synagogen u. wie Er die Grundlage der Gesetze Gottes, die Einheit aller Gotteslehren klarlegte. Prof. Vambery war sehr berührt von den Worten des Meisters und änderte mehr und mehr seine Voreingenommenheit und bewunderte die Größe des Meisters, wie dieser in verschiedenen Kirchen und zu verschiedenen Glaubensanhängern redete. Von da an sprach Er öfters von dieser neuen Lehre als von dem einzigen Heilmittel, mit dem gegen das Uebel von dem alle Nationen befallen seien, wirkungsvoll angegangen werden könne und sagte, daß er mit aufrichtiger Ueberzeugung diese Prinzipien verbreiten werde.
Am selben Abend folgte der Meister der zweiten Einladung der Theosophisch. Gesellschaft, zu einer Meditationsversammlung, bei der nur Mitglieder der Vereinigung selbst zugelassen waren. In solchen Versammlungen wird besonders das stille Gebet für das Wiederkommen Christi gepflegt. ’Abdu’l-Bahá saß lange Zeit unter ihnen vereint in stillem Gebet. Er kannte den Zweck dieser Versammlung und man verspürte Seine Geistesmacht ganz besonders während dieses Gebets. In ungarisch und deutsch wurden zwei Gebete in andächtigem Ernst laut gesprochen. Die Dame, die das deutsche Gebet sprach, flehte zu Gott, Er möge den verheißenen Christus senden, daß er dem Krieg Einhalt gebiete und alle Menschen in brüderlicher Liebe sich finden lasse. Nach diesem Gebet sprach ’Abdu’l-Bahá zu ihnen und erzählte von Baha’u’lláh. Er gab ihnen deutlich zu verstehen, wer Baha’u’lláh ist, was Er bewirkt und sagte ihnen zum Schluß:
„Heute ist es wieder wie zur Zeit Christ, als Er ausrief: diese Menschen haben Augen und sehen nicht, sie haben Ohren und hören nicht.!“
Darauf betete Er in tiefem Ernst:
„O, Du gütiger Gott! Erleuchte diese Herzen mit Deiner großen Führung. Belebe diese Seelen mit Deinen heiligen frohen Botschaften! Lasse ihre Ohren Deinen heiligen Ruf vernehmen! Verleihe uns die Gnade, in das Reich Deiner Heiligkeit einzutreten! Belebe uns mit dem Odem Deines heiligen Geistes! Verleihe uns ewiges Leben! Laß Deine himmlische Gnade über uns allen walten! Laß unser Leben Dir geweiht sein! Schenke uns einen neuen Geist! Gib uns himmlische Macht! Umgib uns mit himmlischer Glückseligkeit! Bestätige uns im Dienst der Menschheit und mache uns zur Ursache von Freundschaft und Liebe zwischen den Herzen der Menschen!
O, Gott erwecke uns aus dem Schlummer, mache uns achtsam und wachsam und mache uns bekannt mit den Geheimnissen Deiner heiligen Bücher, damit wir mit den symbolischen Bedeutungen Deiner Worte vertraut werden mögen! Wahrlich, Du bist der Mächtige, der Großmütige, wahrlich, Du bist der Mildtätige, der Barmherzige.
Fortsetzung folgt.
A. Sch.
Report to the Friends in East and West.
(Continuation).
During the sojourn in Budapest ’Abdu’l-Bahá
also received visitors early in the morning of
April 11th (1913). First some Theosophists called at the hotel Riz who had heard His lecture
the evening before at the Theosophical Society
and assured Him of their great. love and devotion. He replied to them:
„Thanks be to God who brought us
together, it was a wonderful gathering
yesterday night, the hearts were all moved with spirituality. I hope, that this
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feeling and this connection may grow
day by day. It is my hope, that Budapest may become a centre for the reunion of the Nations and that from this
town the light will emanate to other cities."
’Abdu’l-Bahá was then speaking about the Greatest Manifestation of Baha’u'lláh and about the might of the Promised One.
The young aristokrat the Beloved had spoken totheday before on His walk entered with a friend of his. The Beloved turned to him with the words:
„It was lucky, that we met each other in the street without any intervention, such an unexpected acquaintance is good, thanks be to God, that the conception of spiritual life is alive in Budapest, that men search for truth, that they care for the word of God and long for guidance to the kingdom of the Almighty. I love Stuttgart and Budapest very much, there are good souls in both of those towns. A political alliance exists between Germany and Austria, I hope that a spiritual union may also connect these two Nations. The cause of this union comes from moral origin whilst the relation caused by politics can be torn one day, the relation created by divine love and spiritual connection endu res for all times.“
Amongst others, the two visitors spoke about travelling and the object of interest in Budapest. ’Abdu’l-Bahá said to him:
„I came to Budapest to see the objects of interest and buildings of human hearts and not the buildings of stone and of the town. I know heavenly countries in which there are beautiful towns. In this country there is but one universal language spoken, we will therefore understand each other without an interpreter. You will there see His Holiness Christ and all Prophiets and holy ones. You will find, but the same good people there, as you see here around me.“
„You will find all sorts of delicious fruits there and you will get them free. I come from this beautiful country, I know it. Will you not also go with us to this land ?“
The young gentlemen were surprised at this question and readily agreed. Professor Germanus, from the Oriental Board of Trade entered the room and approached His Presence speaking turkish, shortly after him a deputation of 11 of his turkish students entered, introduced by their delegate, who offered a document with solemn welcome and felicitations signed by all the students of the turkish language. The Beloved permitted the visitors to take a seat and spoke to them as follows:
„He is God! my highest aspiration is, that the East and West may be nearly connected, because this is the greatest service one can render this world. In reality East and West does not exist, each point on this terrestical globe is equal, they have the same rights and each! point in view to one another is either West or East, this is a matter of relation or opinion, all are points of one sphere, of one country, of one human kind, of one race, ofone family. Therefore I am very happy to visit this country, which is the cause of progress for the Orient with its sense of familiarity and its hospitality towards foreigners, and I hope, that the confirmation for you, may increase day by day in progress and prosperity.“
’Abdu’l-Bahá shook hands with the young men
to say farewell. In the evening the Master accepted an invitation to the old Parliament where
the peace society, the Esperanto-Club, the ladies association and the Oriental Akademy had gathered together. About 500 persons were present,
amongst them officers of high grade. The Canon and member of Parliament Dr. Alexander
Giesswein welcomed the Beloved in Hungarian
language. ’Abdu’l-Bahá having lectured about 20
minutes on Unity of mankind, universaf peace,
education and the right of women, Universal
language and union between the. East and West
through the moral power of divine Teachings,
He was repeatedly, interrupted by stormy applause and after having finished, Canon Dr. Giesswein thanked the Master in eloquent words.
During these final words, when Dr. Giesswein
was standing at the left of ’Abdu’l-Bahá the celebrated venerable Orientalist, Professor Goldzieher ascended the pulpit and stood at His right hand side. When they both stood hand in hand,
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with ’Abdu’l-Bahá before the audience, they were
tremendousiy applauded. It was a touching moment to see three representatives of the great
religions standing side by side, a high Catholic
priest, a famous Jewish-professor with ’Abdu’l-Bahá on the platform. Although ’Abdu’l-Bahá
felt very tired after this fatiguing day, He accepted thanks of many present who approached Him
in groups to offer their respect and reverence. He said:
„The confirmation from the kingdom of God and the influence of the words and expressions are very different from one another, it is not only the question of words, the confirmation comes alone by the help and grace of the „Blessed Beauty“ and by the victory and the protection of the Divine Unity.“
In the morning of April 12th the Beloved spoke about the hardship caused by wicked men, He said, that if those people entered the Cause it would cause great harm because their behaviour would infect others. When the president of the Turania-society, Mr. Parker, called on ’Abdu’l-Bahá, he gave Him an invitation for Monday April 14th at 7 o’clock. He praised the high aims of the Master upon which ’Abdu’l-Bahá said:
„I hope, that you will attain a great power by which the influence on connection and harmony of souls will be produced, that peace and universal brotherhood may be established. For the development of those principles a high spiritual might must be developed and to form this universal connection a great power is needed. There are so many ways to unite souls, but none has such a power as the word of God and His holy Cause. For instance one way is the union of races, nationalities and tribes. The tribe form a community like your Turanian society. But these specialised reunions do not bring the Nations nearer to each other, nay rather, it prevents peace and general unity, as long as Hungary is Hungarian, England is English and Germany is German and each country is occupied with its own interests, it is Nationality or national fanatism or patriotism. It prevents harmony and universal union of the various Nations, another difficulty are the parties in the nations itself, they prevent the harmony and unity of the Nations. The people of each country put their country ahead of others, the French wish to make all states subjected to them. Thus each nation claims certain benefits for its own country and oppresses others and subjects it, for other communities of people, political might settles the question, it is exercised in various ways and prevents unity. Therefore we are in need ofa universal power embracing all; high and sublime above all and beside which, another power or partiality cannot exist. There is no doubt that Divine Might exists which by high moral power will overcome these material powers.“
’Abdu’l-Bahá was asked which point would be chosen for the centre of peace, He replied:
„The first country in which the standard of peace is first established will become the centre, may it be England, Germany or France!“
In the afternoon the Orientalist Prof. Vambery visited the Master, a Jew, but he is not related to any religion, he represented the party of the West and especially spoke against the Mohammedan religion, he spoke of his journey and his meeting with the heads of Mohammedan religion of the East with whom he communicated like an Oriental. The Beloved spoke to him about His journeys, His lectures in Churches and Synagogues and how He cleared up the foundation of laws, the unity of all religions. Professor Vambery was greatly impressed by the words of ’Abdu’l-Bahá and changed his prejudices more and more and admired the greatness of the Master and how He lectured in various churches and spoke to so many different beliefs, from that time he often spoke of this new teaching as being the only used remedy which could be effectively used against the desease which had befallen all nations; he should like to testify these principles with rea conviction.
This same evening ’Abdu’l-Bahá followed a second invitation of the Theosophical Society to a
meditation-meeting, only members of the circle
were present. In such a meeting the silent prayer
for the coming of Christ is mostly cherished.
’Abdu’l-Bahá was sitting a long time in their
midst, sunk deep in prayer. He knew the purpose of this meeting and all present fell. His
mighty spirit especially, during His prayer. Two
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prayers were said aloud in the Hungarian and
German language. A lady implored God
in a German prayer to send Christ again that
he may stop war and cause all men to find each
other in brotherly love. After this prayer. ’Abdu’l-Bahá spoke to them about Baha’u'lláh. He
clearly made it understood who Baha’u'lláh is,
what He caused and said at the end:
“It is the same to-day as in the days of His Holiness Christ, when He exclaimed: these people have eyes and do not see, they have ears and do not hear!“
Then He prayed in deep ernestness:
„O thou benevolent Lord: enlighten these hearts with the light of Thy great guidance. Animate these souls with Thy holy glad Tidings. Let their ears hear Thy holy call. Grant as Thy grace to enter Thy kingdom of holiness. Ani mate us with the breath of Thy holy Spirit. Grant us eternal life! Let Thy heavenly grace be upon all of us. Let our life be sacrificed for you. Grant us a new spirit. Give us heavenly strength. Surround us with heavenly happiness. Confirm us in the service of mankind and let us cause friendship and love between the hearts of men. O God, waken them out, of their slumber, make us attentive and watchful and make us acquainted with the secrets of Thy holy books, so that we may become familiar with the symbolic meanings of Thy words. Verily Thou.art the Mighty, the Generous and verily Thou art the Be nevolent the Compassionate.
(to be continued.)
A. Sch.
Aus „Tabletbuch“ Band I, Seite 14.
Übersetzt von W. Herrigel.
O du Diener Gottes!
... Vertraue keinem Menschen, außer dem, dessen Herz von Gott durch das Licht des Glaubens erfüllt ist, den Gott in Seinem Dienst bestätigt hat, und der von allem andern außer von Gott losgelöst und von Seinen Düften angezogen ist. In Zukunft werden natürlich Leute zu euch kommen, die vorgeben werden, Bahai zu sein. Glaubt und vertraut ihnen solange nicht, bis nach kritischer Prüfung, gewissenhafter Nachforschung und nach einer langen Wartezeit festgestellt ist, daß sie gläubig, wahrhaftig, durchaus zuverlässig sind, im Geiste angezogen, in ihren Absichten rein, im Ungemach geduldig, und daß sie imstande sind, die schwersten Prüfungen zu erdulden. Trifft dies alles zu, dann verbündet euch mit ihnen. Dies müßt ihr einhalten, da einige Sekten gewisse Menschen beauftragen werden, sich unter euch zu mischen, um Zweifel bei den Schwachen zu säen, deshalb meidet diese sorgfältig. Laßt aber solche Beratungen und Nachforschungen im Geheimen vor sich gehen, damit ihr nicht (für gute Seelen) zur Ursache der Hemmung werdet.*)
- ) Diese Anweisung ist an die organisierte und gewählte Körperschaft geschrieben, deren
Aufgabe es ist, sich um die Wohlfahrt der Sache in der betreffenden Gemeinde zu kümmern.
Benachrichtigung des Nationalrats.
Anschließend an diese Anweisung unseres geliebten Meisters, bittet der Nationalrat, darauf achten zu wollen, daß den Bahai, welche reisen, seitens ihrer Geistigen Arbeitsgemeinschaft eine Empfehlung oder ein Ausweis mitgegeben wird, ohne den sie nicht berechtigt sind, in der Oeffentlichkeit die heilige Lehre zu verbreiten.
Die Geschichte des Badi.
Erzählt von Hadji Maya Haydar Ali.
Die erschütternde Geschichte von einem der
großen Märtyrer in der heiligen Lehre beleuchtet die Tatsache, daß, wenn ein Mensch diese
Wahrheit annimmt er in ein neues Geschöpf mit einem neuen Herzen und Karakter umgewandelt
wird. Badi war kein besonders guter Junge, er war noch sehr jung und sein Vater, ein ausgezeichneter Bahai, war manchmal bekümmert über die Acht- und Sorglosigkeit seines Sohnes.
Als Sich Baha’u’lláh in Akka an alle Regenten der Erde in Sendschreiben wandte, erwählte Er
diesen Knaben, um Sein Sendschreiben an den Schah von Persien zu überbringen. Dieser Knabe
war daraufhin wie umgewandelt. Obwohl ihm
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Baha’u’lláh sagte, daß er am Ziel seiner Reise getötet würde, übernahm er doch voll freudigen
Herzens diese Aufgabe.
Das wertvolle Tablet an den Schah auf Seinem Leib bergend, machte er sich zu Fuß auf seine Reise nach Persien auf. Vier Monate war er auf der Wanderschaft, und traf viele Gläubige auf seinem Weg, eröffnete aber keinem sein wichtiges Geheimnis, doch fiel es allen auf, daß er oftmals sein Angesicht der Richtung, in der Akka lag, zuwandte. Er betete immer, daß ihn nichts daran verhindern möchte, seine Mission zu erfüllen, daß er würdig werde dem verheißenen Märtyrertod entgegenzugehen. Der an ihn ergangene Befehl lautete, daß er, wenn er in Teheran ankomme, seine Kleider wechseln und ein weißes Gewandt anlegen solle, um zu zeigen, daß er keine Waffe versteckt bei sich trage, und sich außerhalb des Tores aufstellen müsse, durch das der Schah mit seinem Gefolge zu reiten pflegt. Dann solle er das Tablet hoch über sein Haupt halten, daß alle sehen können, was er in Händen hat. Alle diese Anweisungen befolgte er, und als der Schah mit glänzendem Gefolge in Sicht kam, erhob Badi seine Hände, daß jedermann den Brief sehen konnte. Der Schah, der ihn bemerkte, und annahm, daß der Jüngling eine Botschaft von einem seiner Untergebenen zu überreichen habe, befahl einem Soldaten, das Schreiben zu holen. Badi aber rief aus: „Der Brief enthält kein Gesuch, sondern einen Befehl.“ Augenblicklich umringten und ergriffen ihn die Soldaten. Nochmals rief er dem Schah zu: „Mein Herr, der mich entsendet, sagte mir, daß du mich töten würdest.“ Der Schah erwiderte ärgerlich: „Wir werden dich also nicht töten, gerade deshalb nicht, um zu beweisen, daß dein Herr nicht die Wahrheit spricht!“ Er befahl, daß Badi mit heißen Eisen gebrannt und gezwungen werden solle, alles zu sagen, was er von den Bahais wisse. Der Befehl wurde vollzogen. Das Benehmen des Badi verwirrte aber die Soldaten so sehr, daß sie vor den Schah kamen und sagten: „Dies ist ein merkwürdiger Mensch, je mehr wir ihn martern, desto strahlender sieht er aus und macht keinerlei Aussagen.“
Diesen Bericht wollte der Schah nicht glauben und befahl, daß Badi photographiert werde während der Marter. Es wurde dem Schah ein Bild gebracht, auf dem man den Rauch von des Knaben Fleisch aufsteigen sah, doch lag auf seinem Angesicht der Ausdruck strahlenden Glücks. Der Schah geriet in Wut‚ vergaß sein Versprechen und befahl, daß Badi augenblicklich getötet werde. Somit erfüllten sich die Worte Baha’u’lláhs.
Etwa drei Monate später frug der Schah nach dem Tablet, das so viel Unruhe gebracht hatte, und nachdem er einige Zeilen davon gelesen hatte, bekam er von dessen Macht einen solchen Eindruck, daß er es von sich warf und ausrief: „Nehmt es hinweg, denn, wenn ich mehr darin lese, werde auch ich Bahai!"
(Aus Dayly lessons v. H. Godall.)
Übersetzt von A. Schwarz.
Unueco.
Deklaro de Baha’ U’llah!
Ni deziros nur la boniarton de ’mondo kaj la felicon de la popoloj, for ke Ciuj popoloj unuigu en unu kredo kaj Ciuj homoj estu fratoj, por ke la ligo de amikeco kaj unueco fortigu inter la idoj de la homaro.
Tiuj senfruktaj bataloj, tiuj detruantaj milito) Cesu kaj la plej alta paco la paco de £iuj pacoj alvenu.
Homo ne estu fiera pro tio, ke li amas sian patrujon. Ne prefere li glorigu sin pro sia amo al &iu ajn kunulo.
Baha’ U’llah.
Mallonga resumo pri Bahai instruoj.
La celo de la Bahai-movado estas la Dia unueco de homo kun Dio. Tiu ci unueco montrigas en la frateco de l’homaro. Oni ne $in atingas per atako kontraü diversaj religioj-sistemoj, sed ties certigo kaj per pruvo, ke la malka$igo nuntempa estas fakte denova certigo de Dia vero, kiu estas donata al la homaro je diversaj epokoj.
Unueco de Dia malkaSo.
Jam de pratempoj Dio sciigis la veron al la mondo per Siaj profetoj. Kvankam tiuj instruistoj estis diferencaj tamen la vero, instruita de ili, estis la sama, Ciu el ili honrigis Dion lau la kompren-kapablo de ’tiamaj homoj, sed estis la sama Dia lumo, kiu radiis el Ciuj.
Sekvoj de la Dia malkaso.
La Dia malki$o havas specialan kaj Seneralan unikan efikon por la homon, Per $i
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farigas unuopaj animoj spirite vivaj. La
$enerala sekvo, resulto de la unua, estigas
ınter la homaro unuecon, fratecon kaj kredon al Dio.
Cielo kaj Infero.
Cielo hajinfero estas animaj statoj. Animo, vivanta en Dio, estas en stato Dia, nomata cielo, dum tiu, kiu ne jam vekigis al Dia vivo, estas en stato de la malhelo t.e.: iniero. La veno de la Ciela regno sur teron, estis la temo de kristo kaj de la profetoj. Ciuj instruis pri tin epoko laü diversaj manieroj kaj esprimoj sed fakte ili &iuj parolis pri la tempo de kono de Dio, tempo, kiam kredo anstataüis malkredon, Dia sago molsagon kaj subersticon. Tis estas la lasta kaj plej alta stado-en la kreado, Car per ilia periektigo iuj kreitajoj estos sub la rekta regado de Dio.
Malkaso de la lastaj tagoj.
Krom la profetajoj de la diversaj religioj rilate al Dia) promesoj, ekzistas antaü-diroj rilatantaj al la veno de granda instruisto kaj. profeto. Tiu: fondos unuecon inter la popoloj de la diversaj religioj.. Ciuj tiaj avizoj plenumigis per la apero de Baha’ U’llah. La poste sekvanta Bahai-movado estas kerno de la Dia unueco, kia kreskos kaj vastigos $is la tero efektive estos vinberejo de l’Eternulo kaj $iaj popoloj efektive estos la piaj administrantoj.
Bahai-Nachrichten.
Ein Brief aus Port Said berichtet, daß die Freunde in Italien die „Verborgenen Worte“ in italienisch herausgegeben haben, während „die Ansprachen ’Abdu’l-Bahás“ soeben in Arbeit sind.
In Rasht hat sich ein Frauen-Komitee gebildet, um die hl. Lehre zu verbreiten.
In Bushire ist die Zahl der Freunde auf 30 gestiegen, nachdem vor 6 Monaten die Stadt nur sechs Freunde aufwies; sie stehen im Begriff, Jenabi Hadji Sheikh Kassim Djbani zu sich zu bitten, um sie in der Lehre tätig zu unterstützen.
In Aegypten breitet sich die hl. Lehre befriedigend aus.
In Alexandria und Ismaila sind herrliche Menschen der hl. Lehre beigetreten. Auch von den Bahais aus Kan-EI-Saayda sind gute Nachrichten da und die leichten Oppositionen, die noch auftreten, machen die Menschen auf die Lehre aufmerksam.
Die Versammlungen in Port Said zeichnen sich durch hohe Vergeistigung aus und nehmen an Zahl zu, da die dortigen Lehrer überaus tätig sind. Die Freunde daselbst haben kürzlich eine Geld-Kollekte durch die Frauen in Alexandretta zum Zweck der Unterstützung der in Not geratenen Japaner, zur Uebermittlung an den japanischen Konsul in Port Said erhalten.
Mrs. Isabella D.Brittingham aus Philadelphia, eine der ersten Bahai in Amerika, ist am 28. Januar 1924, im 74. Lebensjahr, in ihre ewige Heimat eingegangen. Als sie 1898 die erste Versammlung besuchte, welche sich in New York City gebildet hatte, machte sie sich wie die Pioniere, die damals die frohe Botschaft in Chicago vernommen hatten, auf, und trug „die heilige Fackel weit und breit durch Amerika“; 25 Jahre lang war sie eine der bedeutendsten Lehrerinnen im Bündnis des Friedens. Eine ihrer Schriften „Die Offenbarungen von Baha’u’lláh" ist 1910 in deutscher Uebersetzung vom Bahai-Verlag Stuttgart, herausgegeben worden. Ihr Name wird in ehrendem Andenken der Nachwelt überliefert bleiben.
Am 2. April hielt Herr W. Herrigel-Stuttgart einen Vortrag in Heidelbeg a. N. worüber der Generalanzeiger des Heidelberger Tagblatt wörtlich berichtet:
(Die Bahailehre.) Es gab in Heidelberg letzthin so viel Gelegenheit, sich in Vorträgen über
Weltanschauung leiten und belehren zu lassen, daß man nachgerade etwas verwirrt werden
könnte. Von allen Seiten wurde Heil und Erlösung verkündet. Welcher Weg ist der richtige?
Gestern rief Wilhelm Herrigel aus Stuttgart zu einer Belehrung über den Begriff „Bahai" in den
Ballsaal der Stadthalle. Es kamen nicht übermäßig viele, aber die Erschienenen fanden volle
Befriedigung. Was man hörte, wich von der Schablone vorteilhaft ab. Man wurde in höhere
Regionen der Lebensauffassung gehoben. Wie alles „Licht“, stammt auch Bahai aus dem Orient.
In Persien hat schon 1844 ein Mann, der sich „Bab", das Tor, nannte, den Grundstein gelegt.
Seine Nachfolder nannten sich Baha’u’lláh, Herrlichkeit Gottes und die Anhänger der Lehre sind
die Bahai, die Kinder des Lichts. Urgedanke der
Bewegung ist, daß alle Menschen ohne Unterschied einen Gott, eine Religion, eine Liebe zueinander haben sollen. Genau wie schon Christus nicht nur für das Jenseits, sondern auch
für das irdische Leben prophezeit und gefordert hat: Eine Herde und ein Hirt. — Die Künder der
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Bahailehre waren den größten Verfolgungen ausgesetzt, bis der letzte ’Abdu’l-Bahá 1909 in Haifa
am Mittelländischen Meer sich in Freiheit seiner höheren Aufgabe widmen konnte. Er unternahm
zum Zwecke der Verbreitung seiner alle Menschen verbrüdernden Lehre weite Reisen durch
Europa, war in Paris, London, in Stuttgart, wo
sich der Mittelpunkt der Bahaigemeinde Deutschlands befindet, und gelangte dann nach Amerika,
wo er mit größten Ehren empfangen worden ist. In jeder amerikanischen Stadt gibt es heute auch
zahlreiche Anhänger des Bahai. Dieser letzte ’Abdu’l-Bahá ist in Haifa 1921 hochbetagt gestorben
und hat noch vor seinem Tode trostreiche Worte
für das niedergebrochene deutsche Volk niedergeschrieben. Die 12 Grundprinzipien der Bahailehre, die Herrigel verlas und erläuterte, enthalten das Edelste, was Menschen, die guten Sinnes sind, zu erstreben vermöchten. Gelänge es, „Bahai“ wirklich zum Weltprinzip zu machen, alle quälenden Völkerfragen, alle sozialen Sorgen
und Probleme wären gelöst. Aber man hat ja die edle Pflicht, den Idealen zuzustreben, auch
wenn sie noch so unerreichbar scheinen. Und als Wegbahner zu einer idealen Menschlichkeit, die
hoch über den Rassen und Religionen steht, ist die Bahailehre einzuschätzen.
Aus Frankfurt a. M. woselbst Herr W. Herrigel einen Öffentlichen Vortrag hielt, geht uns folgender Bericht zu:
Am Abend des 7. April ds. Js. hielt Herr Wilhelm Herrigel aus Stuttgart im Volksbildungsheim in Frankfurt a.M. einen Vortrag über die „Bahailehre und die Bahaibewegung“, der durch Plakatanschlag und Zeitungsinserat bekanntgegeben wurde. Vor einer über 200 Menschen zählenden Zuhörerschaft verstand es Herr Herrigel ausgezeichnet, soweit es in einem einmaligen Vortrag möglich war, das Wesen der Bahaibewegung klarzulegen. Nach einer Erklärung der Entstehung der Bewegung, wies Herr Herrigel ganz besonders auf die Grundprinzipien der Bahailehre hin und gab in überaus verständlicher Weise die Richtlinien und die Ziele derselben bekannt. Der ganze Vortrag wurde von den Hörern mit großem Interesse aufgenommen, so daß man mit Genugtuung wahrnahm, daß die Flamme der göttlichen Liebe etliche Herzen entzündet hat. Dies bewies auch die am darauffolgenden Tag stattgefundene Interessenten-Versammlung, bei der gegen 30 Personen zugegen waren, und die alle lebhaftes Interesse für die Sache bekundeten. Es hat sich auch eine kleine Gruppe gebildet, die allwöchentliche Zusammenkünfte im Volksbildungsheim plant, um durch genaues Studium der Lehre tiefer in ihr Wesen einzudringen.
Reinecker-Wieland. Frankfurt a. M.
Bahai-news.
A circular letter of Port Said indicates that the friends in Italy have translated the „Hidden words" whilst the blessed lectures of ’Abdu1-Bahá are on the point of being translated.
In Rasht a teaching-comitee of the handmaidens of God, has been formed.
The friends of Bushire indicate that the number of the friends has encreased to 30 souls, whilst 6 months ago there were but 6 believers to be found, they provided a lodging for their teacher, Jenabi Hadji Sheikh Kassim Djilani, who works very hard for the holy Cause. .
In Egypt the Cause is mostly progressing.
The friends of Alexandria and Ismaila have attracted several pure souls, a satisfactory result of their efficaoy.
The friends of Kom-El-Saayda are very active and the slight opposition which still exists, cause many ears to listen to the voice of truth. The group of Port Said itself is imbibed with deep spirituality. Lately they received a letter from Haifa enclosing a sum collected by the command of the beloved Guardian to the Japanese Consul of Port Said for the poor men in Japan.
Mrs. Isabella D. Brittingham of Philadelphia, one of the first Bahai in America, passed away in the age of 74 years on January 28 th 1924. Like the pioniers, who had just heard the Glad Tidings in Chicago, she was carrying the „sacred torch all over the continent of America. For 25 years she was one of the foremost teachers of the Covenant of Peace. Ong of her booklets „the Revelation of Baha’wiläh““ was translated into German and published 1910. Her name will always be handed down to prosterity in honoured memory.
Stuttgart. New-Year was celebrated in a most spiritual manner, several lectures were given between which beautiful songs were sung and gladdened the souls. Every one felt the waving of the Holy Spirit and in each heart the desire and promise awakened to double the efforts in the service of the holy Cause of God.
On April 2nd Mr. Herrigel-Stuttgart gave a
lecture in Heidelberg. The newspaper of
that town next day published a very sympathic
article about the meeting of a nice audience. It
reported the history of the Cause and its principles and developement in the East and West.
The article ended with following words: „those
principles, upon which the Cause of Baha’u'lláh
is based and which were explained by the lecturer,
[Seite 32]
contain the most noble ideals men of good
character can ever strive to attain. When the
Baháj-Cause succeeds in making its principles
worldknown troublesome questions of all nations,
the modern social request and the problems of
races, religions and nations will be solved. It
is our noble duty to strive for these ideals even
if they never seem fulfilled to the whole .extent. We regard the Bahäi-Cause as a steppingstone to a higher grade of humankind rising.
about all problems of races and religions.
Report from Frankfurt a. M. April 7th Mr Herrigel gave a lecture in the „Volksbildungsheim‘ in Frankfurt on the Bahai-revelation, which was made known by advertisments and placards. 200 persons were present. Mr. Herrigel spoke to the attentive audience as well as it was possible in the short space of one evening about the new revelation. Next day a meeting of 30 persons who were newly interested gathered together to learn more about the Cause. A littie group formed who will regularely gather twice a month to study ihe holy Teachings.
Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher S. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 33
In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’u’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10
5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Baha’u’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--
8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,
in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,
in Halbleinen geb. . . . . 4.--
In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps.
Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel —.50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20
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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)
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