Sonne der Wahrheit/Jahrgang 4/Heft 11/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft XI JAN. 1925
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


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Die Hauptpunkte der Bahailehre
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1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.



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SONNE    DER  WAHRHEIT
Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig
Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark.
Heft 11 Stuttgart, im Januar 1925 4. Jahrgang

Inhalt: An meine innig geliebten Brüder und Schwestern in 'Abdu'l-Bahá! — Vortrag von 'Abdu'l-Bahá im „Forum der neuen Gedanken“. — Bericht aus Schwerin. — Ueber den Neid. — Jahrbuch für Völkerrecht und Friedensbewegung. — Bericht an die Freunde im Osten und Westen. — Report to the friends in the East and West. — Die Lebensgeschichte 'Abdu'l-Bahás - des Dieners Gottes. — Kiu estas Bahaano? — Mein Dank. — Berichte.


Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion



Benutze alle deine Zeit um die Düfte Gottes hinauszutragen und arbeite an der Führung der Seelen. Ich bin allezeit mit dir im Geiste und bin dein Freund und Helfer. Die Samenkörner, die da und dorthin fallen, schlagen feste Wurzeln in der Brust der Erde und werden sich entwickeln und wachsen bis viele Ernten eingeholt werden können, sei dessen gewiß!

'Abdu'l-Bahá.



Gebet.

O du allmächtiger Gott! Gieb Du der ganzen Menschheit die Kraft, daß sie nach den Anweisungen und den Lehren, die in diesen Schriften stehen, handeln, damit Krieg und Streit aus der Welt schwinde; daß die Wurzeln der Feindschaft zerstört werden und die Grundlage der Liebe und Güte zu Tage trete. Erfülle Du die Herzen mit Deiner Liebe und gewähre den Seelen, daß sie sich zu einander hingezogen fühlen. Gestatte, daß Weisheit sich enthülle und daß die Gesichter leuchten und strahlen, daß kein Krieg und Streit mehr geführt wird und daß Trost und Friede herrsche. Hilf, daß die Einigkeit der Menschheit ihr Zelt auf der höchsten Warte aufrichte, daß die Völker und die einzelnen Teile zu einer Nation werden, daß die verschiedenen Erdteile als ein Erdteil und die ganze Erde wie ein Land werde. Gewähre Du, daß die verschiedenen, sich dogmatisch widerstreitenden Religionen vereint werden, daß die erschaffene Welt sich schmücke und alle Erdenbewohner in Einheit und Frieden beisammen leben.

Wahrlich Du bist der Gebende, der Gnadenspendende, der Beschützer!

'Abdu'l-Bahá.

(Aus Tablets nach Amerika.)


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An meine innig geliebten Brüder und Schwestern in 'Abdu'l-Bahá!

Haifa, Palästina, 27. Nov. 1924.

Meine teuersten Brüder und Schwestern in der Liebe Gottes!

Euer sehr willkommener Brief, der die Unterschrift derer trägt, die dem jährlichen Bahai-Kongreß, der in Stuttgart tagte, beiwohnten, erfüllte mein Herz mit einer Freude‚ für die ich keinen Ausdruck finde. Als ich das Schreiben wiederholt durchlas, fühlte ich aus jedem Wort, ja aus jeder Silbe Eurer hocherfreulichen Botschaft die verheißene belebende Macht des Wortes Baha’u’lláhs und die Liebe ’Abdu’l-Bahás, die, dessen bin ich gewiß, zu ihrer Zeit die weitreichendsten Umwälzungen in ganz Deutschland schaffen wird.

Euer großes und vielverheißendes Reich, das Euch allen so teuer ist, das durch ’Abdu’l-Bahás geheiligten Fuß gesegnet, und das der Gegenstand des Hoffens und der Zuneigung der Bahais allerorts ist, steigt nun rasch, phönixartig aus der Asche der Erniedrigung und Hoffnungslosigkeit empor, fest entschlossen und einig, das Banner Baha’u’lláhs siegreich zu erheben und mit Seiner Liebe die ganze Welt zu entflammen.

Aus den Berichten der wunderbaren Erfolge Eurer Arbeit, die zur Einsetzung immer neuer Bahai-Zentren und Gemeinschaften im Norden, Süden und Mitteldeutschland führt, kann ich mir wohl verwirklichen, wie treu ergeben Ihr den letzten Wünschen unseres dahingegangenen Meisters gegenüber seid; wie die Ströme Seiner verheißenen Hilfe auf Euch herabkommen, wie strahlend siegreich Ihr Euch fühlen müßt, jetzt, da die Stunde des Neuerwachens Deutschlands gekommen ist. Es würde mich sehr freuen, einen allgemeinen und bis in die letzte Zeit reichenden Bericht über die derzeitige Tätigkeit, über die Stellung und den Einfluß, den die hl. Sache in Deutschland hat, zu erhalten und ebenso erbitte ich mir eine Liste über die Mitglieder der verschiedenen Bahai-Zentren, die neuerdings errichtet wurden.

Beachtet, was 'Abdu'l-Bahá sagt: „Die siegreichen Engel der himmlischen Heerscharen, die geordnet und geführt im Jenseits bereit stehen, sind in Erwartung, dem tapferen Reitersmann, der voll Vertrauen auf seinem Streitroß auf den Kampfplatz des Dienstes eilt, zum Sieg zu verhelfen und ihn sicher zu stellen. Wohl dem furchtlosen Streiter, der mit der Macht wirklichen Wissens bewehrt, auf den Kampfplatz eilt, die Reihen der Unwissenheit durchbricht und die Scharen des Irrtums in die Flucht schlägt; der die Fahne göttlicher Führung hoch hält und die Fanfare des Sieges bläst. Seid meiner nie versagenden Gebete versichert, meine liebsten Freunde."

Wenn wir dieser Tage mit traurigem Herzen den Todestag unseres geliebten 'Abdu'l-Bahá feierlich begehen, so gedenken wir Euer aufs herzlichste, wir beten für Eueren Erfolg an Seiner heiligen Ruhestätte und sind voll Vertrauen, daß Ihr bald den größten Sieg erringen werdet!

Sehnsuchtsvoll Euere guten Nachrichten erwartend, bin ich

Euer treuer Bruder Shoghi.

(sig.)



Vortrag von ’Abdu’l-Bahá im „Forum der neuen Gedanken“ am 27. August 1912.

Schluß aus Nr. 8 dieses Blattes,

Die zweite Lehre Baha’u’lláhs lautet: daß Religion die Wirklichkeit ist. Die Fundamente der göttlichen Religionen bilden eine Einheit und sind daher eins. Einigkeit bedeutet nicht Zerspaltung oder Vervielfältigung, darum sind auch die Fundamente der Religion Gottes einheitlich. Die Lehren Gottes sind ein und dieselben, die Gebote Gottes sind einheitlich. Die Verschiedenheiten, die existieren und die Absonderungen der verschiedenen Religionen von einander sind die Folgen althergebrachter urteilsloser Nachahmung. Und gerade diese blinden [Seite 171] Nachahmungen sind es, welche die Verschiedenheiten und das Unterscheidende in den existierenden Religionen hervorbringen und diese Verschiedenheit, dieser Zwist und diese Differenzen sind die Ursache des Streits. Würde die Welt der Menschheit von der Nachahmung althergebrachter Ueberlieferungen befreit, so würden zweifellos alle Wirren aufgehoben, da es nur eine Wirklichkeit gibt.

Die dritte Lehre Baha’u’lláhs ist, daß Religion die Liebe und Zusammengehörigkeit fördern muß. Sollte Religion Haß und Unfreundlichkeiten verursachen, so wäre ganz bestimmt Religionslosigkeit besser als Religion, denn was ist das Wesen der Religion? Es ist die Liebe und Freundschaft; würde die Religion die Ursache der Verdorbenheit und des Hasses sein, so wäre Religionslosigkeit besser als Religion. Denn die Grundlage der Religion ist Liebe und diese muß das enge Band zwischen den Herzen der Menschen sein. Religion muß Erleuchtung unter der Menschheit hervorbringen, ist aber das Resultat derselben Verfinsterung, dann ist es besser, ohne sie zu leben.

Die vierte Lehre Baha’u’lláhs ist, daß Religion mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen muß. Stimmt die Religion mit der Wissenschaft und der Vernunft nicht überein, so ist Aberglaube die Ursache. Warum hat Gott die Vernunft in den Menschen gelegt? Daß der Mensch durch sie die Verschiedenheit der Dinge erkennen möchte und somit ist die Vernunft oder der Verstand der Entdecker der Dinge. Wenn gewisse Lehren der Religion nicht mit der Wissenschaft übereinstimmen, dann ist sicherlich das Festhalten an einer irrigen Auffassung schuld und aus Aberglauben kann nur Schaden hervorgehen. Daher muß die Religion mit der wissenschaftlichen Wirklichkeit und Basis übereinstimmen. Jede Religion muß mit den Möglichkeiten der Vernunft korrespondieren und wenn sie ihr entgegengesetzt ist, so ist es Fanatismus, darüber ist kein Zweifel.

Die fünfte der Lehren Baha’u’lláhs betrifft die Rassenvoreingenommenheit. Die Vorurteile des Sektenwesens, der Politik und der Patriotismus sind Zerstörer der göttlichen Fundamente für die Menschheit. Betrachte zu Anfang der Geschichte, daß tatsächlich alle Kriege, mit denen die Länder überzogen wurden und all das Blut, das vergossen wurde, entweder durch Religionsvoreingenommenheiten und durch Sektenwesen verursacht worden ist oder waren sie die Folgen von Rassenvorurteilen, von nationalen, politischen und patriotischen Vorurteilen. Darum lehren wir, daß Voreingenommenheiten oder Spaltungen, von welcher Art sie auch sein mögen, die Zerstörer der Tugenden der Menschheit sind und diese Voreingenommenheiten müssen beseitigt werden. Der Weltkörper, die Erde, ist eins, und alle Länder der Erde befinden sich auf diesem Globus. Diese Erde ist eine Heimat, so ist z. B. eine Stadt, trotzdem ein jeder sein eigenes Heim besitzt, das Heim aller ihrer Einwohner. Das Universum ist das Heim für alle, darum ist die ganze Oberfläche der Erde die Heimat für alle Menschen; und alle Rassen hat Gott erschaffen. Allen Menschen hat er Gesicht und Gehör verliehen, Er gab allen das Gefühl, er gab allen zwei Augen und zwei Ohren, wir sehen keine Verschiedenheit darin. Jedoch Aberglaube und Fanatismus haben überhand genommen und wir unterscheiden diesen als Deutschen, jenen als Franzosen, einen dritten als Amerikaner usw. Alles dies ist falsch! Gott hat alle Menschen gleich erschaffen, alle sind die Diener Gottes. Warum sollten wir von einander getrennt sein. Betrachte die Welt des Tierreichs, wie sie gesellig und friedlich miteinander leben. Nehmt irgend welche Haustiere und seht, wie sie untereinander freundschaftlich verkehren, seht z.B. die Tauben, wie sie sich zusammenscharen, trotzdem wir weisse, schwarze, gelbe, blaue, helle oder dunkle Tauben kennen und doch lieben sich diese Tiere und leben in der größten Eintracht miteinander. Es gibt keine fanatische Voreingenommenheit unter ihnen, auch keine Rassenvorurteile und sie kämpfen auch nicht wegen ihrem Glauben, sie leben in der größten Freundschaft und Liebe zusammen. Wir aber sind Menschen, erhaben in unserer Stufe; geziemt es sich da, uns unter die Stufe des Tierreichs zu stellen und den Tieren Tugenden zugestehen zu müssen, deren wir beraubt wären? Dies ziemt sich durchaus nicht für uns. Wir sind Menschen und müssen alle edlen Eigenschaften des animalischen Reiches besitzen; um als Menschen zu gelten ist dies notwendig.

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Die sechste Lehre Baha’u’lláhs ist der internationale Frieden, der bewahrheitet werden muß. Ueber 6000 Jahre lang war die Menschheit Zeuge des Krieges; Unkenntnis ist die Ursache aller dieser Kriege.

Gott sei gedankt, das erleuchtete Jahrhundert ist angebrochen! Die Vernunft hat sich entwickelt, das Wahrnehmungsvermögen ist gesteigert, die Augen sind scharfsichtiger und die Ohren sind aufmerksam geworden; ist es in einem solch strahlenden Jahrhundert möglich, daß das Kriegführen weiter besteht, da es aus größter Unwissenheit und Umnachtung geschieht. Es ist Rohheit und die größte Habgier. Seht wie unwissend der Mensch ist. Wenn ein Mann einen anderen tötet, so wird er als Mörder bezeichnet, er muß gerichtet werden; da er eines Menschen Blut vergossen hat, muß er getötet werden. Aber wenn ein Mann tausende von Menschen tötet, jubeln wir ihm zu, er ist ein Held, er ist ein großer Mann und wir heben ihn bis in den Himmel hinauf, in unseren Augen ist er sehr tapfer. Stiehlt ein Mann eine Mark, so wird er ein Dieb genannt, und kommt ins Gefängnis, plündert ein Mann ein ganzes Land, so zollen wir ihm unsere Anerkennung, als einem großen Feldherrn. Sehet wie unwissend, wie töricht die Menschen sind. Lügt ein Mensch, so wird er Lügner genannt, sagt aber ein Politiker Unwahrheiten, so stimmen wir ihm bei, denn er ist ein Diplomat. Wie unwissend die Menschen sind, wie töricht!

Unter den Lehren Baha’u’lláhs steht, daß die Welt der Menschheit wie weit sie auch materiell vorgeschritten sei und sollte sie auch die höchste Stufe des Materialismus erreichen, sie trotzdem die geistigen Eigenschaften benötigt, sie braucht die Gnade Gottes. Aller materielle Fortschritt beruht auf der Materie. Der Geist des Menschen ist nicht durch die Materie an sich erleuchtet, er wird durch ihn nicht erneuert und erhält keine Erleuchtung durch das Recht an den Materialismus; der Geist des Menschen benötigt den Schutz des Heiligen Geistes. Das Materielle, das heißt die Entwicklung der materieller Arten sind dem Glas der Lampe vergleichbar, die göttlichen Eigenschaften und die geistigen Aufnahmefähigkeiten dagegen können mit dem Licht in der Lampe verglichen werden. Dieser Zylinder benötigt das Licht. Gleicherweise benötigt der Mensch zu seinen Fortschritten auf der materiellen Stufe die Eigenschaften des Barmherzigen. Die Nähe des Heiligen Geistes ist für ihn notwendig, sonst ist er leblos, obwohl er was seinen Körper anbelangt, lebt, so ist er geistig dennoch tot. Darum sagte Jesus Christus in der Bibel: „Laßt die Toten ihre Toten begraben. Das was vom Fleisch geboren ist, ist Fleisch und das aus Geist geboren ist, das ist Geist und muß wiedergeboren werden.“ Was bedeutet dies? Es bedeutet, daß wie ihr aus dem Stadium des Mutterschoßes in eine neue Welt geboren wurdet, ihr ebenso aus dem materiellen Zustand mit dem Reich des Uebernatürlichen in Verbindung treten müßt. Der Mensch ist im Stadium vor der Geburt gänzlich ausser Berührung mit dem unbegrenzten Raum‚ er war für diese Welt durchaus blind, als er aber in diese Welt geboren wurde, sah er, daß es eine andere Welt gab, er sah die Sonne und die Sterne, die Pflanzen, die Bäume, die Blumen, die Minerale, er sah die Berge und die Täler und alle die Verschiedenheiten dieses Planeten, die ihm gänzlich unbekannt und im Stadium vor der Geburt vorenthalten waren. Es war für ihn eine andere Welt als die vor der Geburt, er hätte sich eine solche Welt nicht vorstellen können. Aber nach seiner Geburt erblickte er die Welt, die strahlende Sonne, den Mond und die Sterne, welche alle gleicherweise von gesegneten Strahlen überfluten. Wenn der Mensch sich im physischen Stadium entwickelt, wie sehr er auch auf der materiellen Stufe vorwärtsschreiten mag, er bedarf doch der Eigenschaften Gottes. Er braucht den Schutz des Heiligen Geistes und die Gnade des Herrn.

Würde ich weitere Lehren Baha’u’lláhs anführen, so müßte ich die ganze Nacht weitersprechen, ich schließe darum, da ich euch sonst ermüden würde.



Bericht aus Schwerin.

Vom 7. bis 10. Dezember weilte unsere liebe Schwester Frau Pleßner aus Berlin am hiesigen Ort. Auf ihrer Tätigkeit lag viel Segen. Am ersten Abend sprach sie anläßlich eines Einigkeitsfestes in unserem Hause und gewann sich die Herzen. Am nächsten Abend hielt Frau Pleßner [Seite 173] einen öffentlichn, philosophisch, psychologischen Vortrag über: "Warum Religion und warum die Bahailehre?“ Am nächsten Interessentenabend fanden sich wieder 40 Personen ein, die sie tiefer in das Reich Baha’u’lláhs einführte, was die Hörer innig beglückte, Der Zeitungsbericht in den Meklenburger Nachrichten vom 12. Dez. lautet:

— Am Montag abend sprach im Saal von Dabelsteins Restaurant Frau Plessner-Berlin über das Thema: „Warum Religion und warum Bahailehre?" Sie betonte in der Einleitung, daß nach der furchtbaren Dunkelheit des vergangenen Jahrzehnts es deutlich zu spüren ist, wie an allen Enden der Erde Fünklein entzündet sind, die sich nur zur großen Flamme vereinen müssen, um den Erdball von der furchtbaren Atmosphäre des Hasses und der Wut zu befreien. Das Licht scheint hinter den Bergen. Wie könnte sonst eine Versammlung, zusammengesetzt aus Männern der Politik, Männern des praktischen Lebens, eröffnet werden mit den Worten, die Motta, der Präsident des Völkerbundes gesprochen hat: „Die Liebe allein bewegt die Sonne und die Sterne“ und weiter: „ich komme von einer sehr heiligen Quelle, gestärkt wie eine neugeborene Pflanze bereit und fähig, mich zu den Fernen zu erheben“. Der Gedanke der Völkerversöhnung aller Nationen, Rassen und Klassen, dieser Gedanke der Bahailehre hält seinen Siegeszug über den Erdball. Alle die großartigen Erfindungen der letzten Jahre, vor allem die drahtlose Telegraphie bringen diese Gedanken, die das Leitmotiv der kommenden Zeit sind, in die entferntesten Gegenden der Erde.

Warum zögern die Menschen, sich rückhaltlos dem gewaltigen Gedanken der Bahailehre hinzugeben, die ja nur eine Zusammenfassung und Erfüllung der Menschheitsideale aller Zeiten darstellt? Die einen lehnen ab, wie sie sagen, weil sie religiös sind, die andern, weil sie irreligiös sind. Seltsamer Widerspruch! Diejenigen, die ablehnen, weil sie — wie sie sagen — irreligiös seien und kein metaphysisches Bedürfnis haben, berufen sich auf „den großen Heiden Goethe“ und zitieren seinen „Prometheus“ diese Kampfansage an Gott. Ob sie nicht wissen, oder nicht wissen wollen, daß in späteren Zeiten Goethe seine Weltanschauung geändert und in tiefer religiöser Sehnsucht und Erkenntnis die Worte des „Ganymed“ und das Glaubensbekenntnis im „Faust“ geschaffen hat.

Jeder ringende, suchende Mensch muß zu der Erkenntnis von der Gebundenheit des Individuums und des Alls kommen, und diese Erkenntnis ist Religion (Religion kommt von dem Worte religere — binden)...... Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist, Nenn es dann wie du willst, Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut“. Und die Folge aus diesem Gefühl ist, die Umwelt, die Schöpfung, die aus der Hand des Einen, des Unendlichen rann, zu erkennen, anzubeten, zu lieben und zu pflegen. Für den zur Liebe bereiten und fähigen Menschen, der das ganze Weltall mit seiner Seele umfaßt, kann es hier auf Erden keine Grenzen, keine Schranken geben. Alle Geschöpfe sind Gottes Gebilde; die Dankbarkeit gegen Gottes Güte können wir nur zeigen, indem wir seine Geschöpfe ehren, schonen und lieben. Das ist der Gedanke der Bahailehre. Je tiefer die Seele eines Menschen, desto inniger fühlt sie sich allem, was ist, verdunden. Das von dem Lichte Gottes erfüllte Menschenkind (Bahai - Kinder des Lichts) kann in Gedanken, Worten und Taten nur Beweise seiner Lichterfülltheit geben.

Was streiten wir uns, welches der rechte Weg ist. Jeder Weg, der zu Gott führt, ist der rechte, ob wir ihn gehen, das müssen wir durch unser Leuchten beweisen, durch das Blühen in uns und um uns. Wer am tiefsten liebt und am stärksten geliebt wird, ist wohl ein rechtes Gotteskind, ist ein Bahai, einerlei, durch welchen Gottgesandten er auf den Weg des Lichts geführt wurde.In einem herrlichen Gedicht klagt der katholische Dichterpfarrer Thrasolt über die Welt, die noch dunkel ist, aber er sieht eine schönere Zeit nahen und führt uns mit folgenden wundervollen Worten im Geist in das Zukunftsparadies der Menschheit:

„Aber bald: und wir stehen, in den Augen helles Licht,

und sehen: es ist dasselbe Gesicht,

und tasten: das ist dasselbe Bein und Fleisch,

und wir sind uns an Hand und Herzen und sind uns an allem gleich,

Und wir sind ihr und ihr wir — und du bist ich;

alles Fremde und alle Feindschaft und aller Krieg ist aus,

und wir sind überall daheim und sind zu Haus,

haben die gleiche Sprache, die jeder versteht,

denselben Gott und dasselbe Gebet.“



Ueber den Neid.

’Abdu’l-Bahá sagte, daß wir keinen Neid empfinden dürfen. Wenn wir mit göttlicher Liebe erfüllt sind, ist kein Platz in unserem Innern für ein so unschönes Gefühl, wie Neid, wir sind gänzlich erfüllt von Liebe für Jedermann ob reich ob arm, wir urteilen nicht warum ist der reich und jener arm! — Und doch ist das neue Zeitalter Baha’u’llás das der Aufklärung, der Evolution des Geistes, ein hoher Fortschritt! — Warum verurteilen wir den Reichen nicht? Erstens, weil die göttliche Liebe, die uns erfüllt, eine Verurteilung ausschließt, zweitens, weil wir nicht wissen, wie viel Ansprüche bereits aus dem Reichtum des Andern freiwillig befriedigt werden, weil wir nicht wissen, ob der Reiche immer seinen Reichtum behält — nach dem Kriege haben wir ja die Verarmung der wohlhabenden Klassen in erschreckender Weise erlebt. Reichtum ist etwas heiliges, sagte ein großer berühmter, geistiger Führer in einem Buch vom Glück, weil der Reiche unendlich viel mehr Gutes stiften und verursachen kann, als Jemand, der gerade so mit mittelmäßigen Einkommen und großer Familie sich durchschlägt. Gäbe der Reiche alles fort und ließe seine Nächsten in Armut, wäre er töricht; verwendet er aber einen Teil seines Reichtums wie Carnegie zum Beispiel um Volksbibliotheken zu gründen, so ist das Geld aufs Segenreichste angewendet. Wir müssen selbstverständlich dem Körper Rechnung tragen, wir müssen gute, und genügende Nahrung Wohnung und Kleidung haben, und jeder Reiche, der ein Bahai ist, und auch viele Reiche, die nichts von dieser neuen Verkündigung wissen, tun Gutes, soweit es in ihren Kräften steht, soweit es sie nicht vom Kapital entblößen würde, das sie für ihre geschäftlichen Betriebe und [Seite 174] Anschaffungen brauchen. Und geben die großen Betriebe nicht auch Vielen Nahrung und Unterhalt? Durch Neid ist wohl kaum je ein Mensch in die Höhe gekommen, denn Neid ist Haß und Haß ist Zorn. Wer Neid, Zorn, Haß empfindet, schadet sich selbst vielmehr als er dem Reichen schadet. Oh, wie ich wünschte, daß die Menschen dies fühlen und sehen könnten wie ich! Wie ich wünschte, daß alle Menschen wissen, daß das Denken etwas so reales ist, wie Holzhacken zum Beispiel. Jeder ausgesandte, jeder gedachte Gedanke hat eine Form, ist ein lebendiges Geschöpf, das den Menschen hinauf oder hinunter zieht je nachdem, ob der Gedanke ein Kind göttlicher Liebe ist oder nicht. So wie ein tiefempfundenes Gebet Erhörung finden muß nach geistigen, hach himmlischen Gesetzen, so umgeben uns unsere eigenen Gedanken wie eine Atmosphäre, in welcher man je nach der Reinheit derselben besser oder schwerer atmen kann. Je mehr wir, die wir körperlich nicht zu hungern brauchen, in unseren Mußestunden geistige Nahrung zu uns nehmen, je mehr — helfen wir der Menschheit. Je mehr wir uns veredeln und Schwächen und Fehler bekämpfen und uns mit göttlicher Liebe und Weisheit zu erfüllen suchen, je mehr werden wir die hohen Lehren verstehen, die uns zur geistigen Höhe führen sollen auf dem Pfade der geistigen Entwickelung, die alle unsere Fähigkeiten zur Vollendung erblühen läßt und uns in jedem Berufe vorwärts bringt.

Alice Liebling.



Jahrbuch für Völkerrecht und Friedensbewegung

Herausgegeben von

Dr. phil., jur. et sc. pol. G. Grosch

II. Band, Leipzig 1924. Neue Geist-Verlag. Preis Mk. 2.75.


Der noch vor einiger Zeit als Utopie erscheinende Gedanke des Weltfriedens wird heute von einer immer größer werdenden Anzahl ernsthaft strebender Menschen als durchaus möglich angesehen. Der Völkerbund ist das erste bemerkenswerte Resultat, das, wenn auch noch recht mangelhaft, immerhin als der erste praktische Versuch zur Lösung des großen und wichtigen Problems aufgefaßt werden darf. Zahllose Kongresse der pazifistischen Vereine, Abrüstungskonferenzen, ja sogar in Dänemark die Regierungsvorlage einer völligen Abrüstung zeigen, daß die Menschheit immer eifriger bestrebt ist, einen Weg zu finden zur Verwirklichung des von den Bahai als einen der Hauptprinzipien der Bahailehre hoch geschätzten Gedanken des Weltfriedens.

Was aber den Bahai bei allen Bestrebungen der Vereine, Congresse wie auch in allen Schriften über den Weltfrieden immer wieder als unbegreiflicher Fehler erscheint, ist der Mangel der zur endgültigen Verwirklichung unbedingt nötigen geistigen Grundlage: eine einheitliche religiöse Weltanschauung.

Nur dann wird die Menschheit sich des Glückes eines wirklichen Weltfriedens erfreuen dürfen, wenn die Mehrheit des Menschengeschlechts auch die göttlichen Offenbarungen wieder anerkennt und nachzustreben sich bemüht.

Als einen guten Schritt vorwärts in dieser Richtung begrüßen wir den zweiten Band des „Jahrbuchs für Völkerrecht und Friedensbewegung.“

Sind auch die Abschnitte „Entwurf einer neuen Völkerbundsverfassung“, Karlsruhe und Friedensakademie“ Annalen“: 1922 „Dokumente des Völkerfriedens, des Völkerbundes und Völkerrechts“ und zum Schluß auch die Bücherbesprechung für alle Friedensfreunde von größtem Interesse, so ist doch des Verfassers Betrachtung über Religion in dem Abschnitt „Neugestaltung, Asphorismen zur Erneuerung der Kultur" für den Bahai besonders wichtig.

Denn hier ist wohl zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Streben nach Weltfrieden ein direkter Hinweis auf die Bahailehre gegeben.

Der Verfasser macht nach Darlegung mehrerer schöner Gedanken über religiöse Fragen eingehend auf die Wichtigkeit der Bahailehre aufmerksam und bringt dann noch kurze Auszüge aus den Offenbarungen Baha’u’lláhs.

Wir empfehlen daher diese Schrift jedem Bahai aufs wärmste und raten außerdem allen Bahai zur Verbreitung derselben beizutragen.

Wir wünschen dem Werkchen aber auch außerhalb der Bahaiwelt einen guten Erfolg.

J. Tyssen.



Bericht an die Freunde im Osten und Westen.

(Fortsetzung.)

Abdu’l-Baha in Stuttgart.

Unter den vielen Freunden, die am Vormittag des 28. April 1913 in der heiligen Gegenwart ’Abdu’l-Bahás erhoben wurden, war auch Pfarrer R. aus H. Ihn begrüßte der geliebte Herr mit den Worten:

„Sehr willkommen! sehr willkommen!

„Es gibt viele Geistliche, die ihres Amtes walten, es gibt aber sehr wenige, die von: Gott bestätigt sind. Zur Zeit Christi gab es viele Rabbiner und Hohepriester, die das Wort Gottes predigten, aber unter allen diesen wurde nicht ein einziger bestätigt, außer Paulus. Sie alle gingen der geistigen Gaben, die sie hätten von Christus empfangen können, verlustig; Paulus aber wurde zum Haupt aller geistigen Priester. Ich hoffe, daß du dich unterscheiden wirst von allen deinen zeitgenössischen Geistlichen. Mögest du werden wie Paulus. Mögest du [Seite 175] reichen Anteil an den himmlischen Verleihungen empfangen und dich erheben, um deinen Nebenmenschen zu dienen. Mögest du mit dem Odem des heiligen Geistes gesegnet sein. Dies ist mein Gebet für dich.

Sieh nicht auf deine eigenen Fähigkeiten. Wenn der Mensch von materiellen Dingen frei wird, sich loslöst von den Fesseln der materiellen Welt und belebt wird vom Odem des heiligen Geistes, dann wird er in hohem Maße Bestätigung finden und die göttlichen Kräfte werden ihn umgeben und das in so hohem Maße, daß du erstaunt darüber sein wirst. Wende deine ganze Aufmerksamkeit Gott zu, sieh auf die unendlichen Verleihungen Gottes. Blicke nicht auf deine eigene Unfähigkeit. Wenn die Erde auch ein dunkles Aussehen hat, so bringt sie doch durch die Strahlen der Sonne und den herabströmenden Regen, liebliche Blumen und herrliche Anemonen hervor.“

Zu den Eltern, deren Kinder so oft die Freude ’Abdu’l-Bahás gewesen waren, sprach Er:

„Aus dem Kreis dieser Kinder werden sich viele gesegnete Seelen erheben, sofern sie nach der heiligen Lehre erzogen werden. Wenn eine Pflanze vom Gärtner sorglich gepflegt wird, so wird sie schön heranwachsen und edle Früchte tragen. Diesen kleinen Kindern muß eine gute Erziehung zuteil werden schon von Anfang an. Es muß eine schematische Erziehung sein, die ihre Entwicklung Tag um Tag fördert, damit sich ihr Gesichtskreis weite und sich ihre geistige Aufnahmefähigkeit erweitere. Das Kind muß von klein an unterrichtet werden. Es kann nicht durch die Weisheit der Bücher gelehrt werden. Vieles elementare Wissen muß ihm schon in der Kinderstube beigebracht werden, spielend soll es lernen und mit Vergnügen. Die meisten Begriffe müssen ihm durch das Wort und nicht durch das Erlernen aus Büchern beigebracht werden. Die Kinder sollen untereinander darüber sprechen. Ein Kind soll Fragen an andere Kinder stellen über diese Dinge und die Kinder sollen Antwort darauf geben. Auf diese Weise wird das Kind große Fortschritte machen. Auch mathematische Probleme sollen durch Frage und Antwort dem Kind zum Verständnis gebracht werden. Eines der Kinder stellt die Frage und das andere soll diese beantworten. Später werden dann die Kinder von selbst sich über derartige Dinge unterhalten. Die Kinder, welche die ersten in der Klasse sind, sollen Prämien erhalten, sie sollen ermutigt werden und wenn sich bei dem einen und dem anderen rasche Entwicklung und gute Begabung zeigt, so soll es diese weiter entwickeln, es soll gelobt und angespornt werden. Dasselbe ist es mit göttlichen Dingen. Es müssen entsprechende Fragen gestellt werden und die Antwort muß Bescheid auf diese Fragen geben.

Frau Eckstein besuchte an diesem Morgen gleichfalls den geliebten Herrn. Zu ihr sagte Er:

„Dein Gatte hat einen starken Glauben und meint es aufrichtig mit der heiligen Sache und er wird sicherlich bestätigt werden in der Verbreitung der frohen Botschaften im Königreich Abhás. Er ist ein tätiger Bahai. Es gibt zwei Arten von Bahai. Die einen arbeiten in der Sache und reden von ihr, die andern sind untätig und schweigen. Obgleich beide Arten Bahai sind, so sind sie doch sehr von einander verschieden. Die ersteren sind willkommener als die letzteren. Der menschliche Körper hat zwei Hände, die eine arbeitet mehr als die andere. Welche von beiden ist wohl die zu bevorzugende?“

Dann sprach der Meister zu allen Anwesenden folgende Worte:

„Eure Versammlung gestern Nachmittag war sehr gut. Ich fühlte mich gar nicht wohl, aber um eurer Sache willen kam ich zu euch. Die Versammlung der Gläubigen ist die Zusammenkunft der geistig gesinnten. Der Geist Gottes kam auf diese Versammlung, der Freunde herab. Die Freunde Gottes bilden ein geistiges Haus der Macht und von ihnen geht Glückseligkeit und Freude aus. Christus hielt in den letzten Tagen Seines Lebens eine Versammlung mit den Aposteln ab. Sie alle saßen mit ihm an derselben Tafel. Von diesem Tage an nannte man diese Versammlung das Mahl des Herrn, denn sie besprachen Dinge über das Königreich Gottes. Wenn deshalb eine Versammlung gehalten wird, in der im allgemeinen nur geistige Dinge besprochen werden, so wird eine solche Versammlung unzweifelhaft gottähnlich sein. Strebt Tag und Nacht [Seite 176] darnach, daß eure Versammlungen glänzend und die Herzen der Anwesenden erleuchtet werden. Verkehrt in Liebe miteinander, damit eure Seelen durch die frohen Botschaften des Königreichs zu völliger Achtsamkeit erweckt werden. Wenn dieser Zustand erreicht wird, dann dürft ihr versichert sein, daß eure Versammlungen wirkungsvoll sein werden; sie werden die Ursache der Erleuchtung der Menschheit und sie werden allen Besuchern ewiges Leben verleihen. Ich hoffe, daß viele derartige Versammlungen in Stuttgart gehalten werden. Außerdem Kreis, der sich um Jesu Christi bildet, hatte keine der vielen Zusammenkünfte, die aus politischen, landwirtschaftlichen und Handelszwecken stattfanden, eine ewige Wirkung. Seit dem Mahl des Herrn sind nahezu 2000 Jahre vergangen und dennoch sind die gesegneten Früchte desselben noch heute zu sehen. Die Resultate jenes göttlichen Beisammenseins sind deshalb von ewigem Wert. Bemüht euch aufs äußerste, daß eure Versammlungen die Zusammenkünfte im Königreich Gottes sein mögen. So oft ihr euch anschickt, eine Bahai-Versammlung zu betreten, müßt ihr zuerst eure Herzen von allen äußeren Angelegenheiten frei machen. Ihr müßt alle materiellen und physischen Regungen beiseite lassen und die Versammlung in äußerster Heiligkeit und Reinheit betreten. Ihr müßt Kanäle werden für die Liebe Gottes; alsdann verkündet den Namen Gottes und hört auf die himmlischen Worte und auf die Weisungen Baha’u’lláhs. Ihr müßt beredte und inspirierte Vorträge halten, damit ihr von allem anderen außer Gott losgelöst werdet und euer Gemüt und eure Gedanken einen höheren Flug in die Sphäre des Geistes nehmen und die geistigen Fähigkeiten vorherrschen, damit die materiellen Regungen gänzlich beherrscht und überwunden werden und alle Menschen in das glänzende Meer des Odems des heiligen Geistes untergetaucht werden."

Diese Stufe wünsche ich für euch und hoffe, daß ihr sie auch erreichen werdet.“ Ein Besuch, der zum erstenmal in ’Abdu’l-Bahás heiliger Gegenwart war, sagte: Christus heilte die Blinden, können wir dies auch eines Tages tun? und der Meister sprach:

„Es ist alles möglich, aber Christus wollte damit sagen, daß das Volk Augen besitze und dennoch blind sei, daß sie Ohren haben und doch nicht hören, daß sie Herzen besitzen und dennoch nicht empfinden, daß Er aber alle heilen werde.“

Ferner sagte ’Abdu’l-Bahá:

„Es wird sehr gut sein, wenn die deutschen und amerikanischen Freunde mit einander korrespondieren, es wird dies ein inneres Band darstellen und der Anlaß großer Freude sein, daß die Macht Baha’u’lláhs Menschen aus so fernen Landen so innig verbindet. Obgleich die Sonne in weiter Entfernung von der Welt ist, so ist sie dennoch durch ihre Strahlen mit der Erde verbunden. Christus sagt: Die Söhne des Reiches Gottes werden hinausgehen, aber andere Menschen aus weiten Fernen werden ins Königreich eintreten. Seht heute auf die Perser, obgleich sie vom gleichen Lande wie Baha’u’lláh sind, wissen sie dennoch nichts von Ihm. Ihr aber lebt weit entfernt von Persien und habt dennoch großen Anteil an Ihm und habt Seine Stimme auf tausende von Meilen hin gehört, aber die, welche Ihm nahe waren, haben nichts vernommen.

Ich bete um Erfolg für euch und auch ihr sollt zu Gott beten und ihm danken, daß ihr so viel Erfolg in der heiligen Sache hattet.“

Der Arzt besuchte ’Abdu’l-Bahá diesen Abend wieder und der Meister frug ihn, ob Er Stuttgart bald verlassen dürfe. Er aber war der Ansicht, daß es besser wäre, der geliebte Herr würde noch zwei Tage hier verbringen, nicht ausgehen und nicht reden. Daraufhin wurde ein Telegramm nach Paris gesandt, daß Er zwei Tage später mit dem 9 Uhr Frühzug hier abreisen werde.

(Fortsetzung folgt.) A. Sch.



Report to the Friends in the East and West.

(Continnation.) :

Amongst the many friends who were assembled in the holy. Presence of ’Abdu’l-Bahá in the forenoon of April 28th 1913 the Reverend R. from H. was also present. The Beloved greeted him with the following words:

„Very welcome! very welcome! There [Seite 177] are many clergymen who hold their services, but very few, who are sanctioned by God. During the time of Christ, there were many rabbis and highpriests, who expounded the Word of God, but amongst all of them not one was sanctioned‚ except St. Paul. They all lost the spiritual gifts they could have received from Christ, but St. Paul was made the chief of all spiritual priests. I hope you may differ from all your cotemporary clergymen. May you become like St. Paul. May you receive a rich share of heavenly gifts and arise and serve your fellow-men. May you be imbibed with the breath of the Holy Spirit. This is my prayer for you.

Do not depend upon your own capabilities. When man is free from materialism, when he frees himself from the fetters of the material world and is imbibed with the breath of the Holy Spirit, he will be sanctified to a high degree, diwine powers will soround him to such a degree, that you will be astonished. Turn your whole attention to God, look at the infinite bestowals of God. Do not look at your own incapacity. Even if the earth seems to be dark, the rays of the sun and the downpouring rain nevertheless produce sweet flowers and beautiful anemones.“

To the parents of the children, who had so often given Him pleasure, He said:

„Many blessed souls will grow up from the circle of these children, in so far as they are brought up according to the holy Teaching. If a plant is carefully tended by the gardener, it will thrive and bear plentiful fruit. These small children must be well brought up from the very beginning. It must be a systematic education, which promotes their development from day to day, in order to increase their horizon and their spiritual receptiveness. The child must be taught from its earliest babyhood. It cannot be instructed through the wisdom of books. Much elementary knowledge must be taught him in the nusery, learning must be made easy and a pleasure for hin. Miost ideas must be imparted to him' verbally and not from books. Children should speak about it amongst themselves. One child should question another on these matters, and the chilren should give their replies. In this inanner a child will make great progress. A child should also be made to understand mathematical problems by questions and answers. One of the children should put the question and the other should answer it. Lateron children will then talk on these matters with one another of their own accord. Children who are at the head of their class should receive praise they should be encouraged and if one or the other develops more quickly and is specially gifted, it should develop this gift more, it should be praised and encouraged. It is the same with divine matters. Corresponding questions must be asked and the answer must be a reply to this question.“

On the same forenoon Mrs. Eckstein also visited the beloved Master. He said to her:

„Your husband is a good believer and is most sincere in the holy Cause and will no doubt be confirmed in the propagation of the Glad Tidings in the Kingdom of Abhá. He is an active Bahai. There are two kind of Bahais. The one kind works for the Cause and speaks of it, the others are inactive and silent. Although they are both Bahai, they nevertheless greatly differ from one another. The former are more beloved than the latter. The human body has two hands the one works more than the other. Which of the two is to be preferred ?

Then the Master addressed the following words to all those who were present:

„Your meeting yesterday afternoon was a great success. I did not feel at all well, but for your sake I came. The meeting of believers is the congregation of the spiritually inclined, the Spirit of God descended upon this meeting. of the friends. The friends of God form a spiritual home of power, and joy and happiness emanate from them. During the last days of His life His Holiness Christ held a meeting with His apostles. They all sat with Him at the same table. Ever since that day this meeting has been called the Lord’s Supper, because they conversed on matters concerning the Kingdom of God. Therefore if any meeting is held, in which only spiritual matters are spoken of, a meeting of that description will doubtlessiy be godlike. Endeavour day and night that such glorions meetings may take place and the hearts of those present may be englightened. Be loving in your intercouse with [Seite 178] one another, so that your souls may become thoroughly awakened to the glad tidings of the Kingdom. When this condition is attained, you may be assured that your meetings will be efficacious; they will become the cause of enlightenment to humanity and will grant eternal life to all the members. I hope that many such meetings will be held in Stuttgart. None of the many political, agricultural and mercantile meetings had an everlasting effect, whilst the circle around His Holiness Christ is never forgotten. Two thousand years have passed by since the Lord’s. Supper, and yet the blessed fruits of the same are still visible to-day. The results of that divine meeting are therefore of eternal value. Therefore strive to your utmost to make your meetings a congregation in the Kingdom of God. Each time before you enter a Bahai meeting you must free your hearts from all material matters. You must put aside all material and physical emotions and enter the meeting in utmost holiness and purity. You must become channels for the love of God; then proclaim the Name of God and listen to the heavenly words and the teachings of Baha’u’lláh. You must give eloquent and inspired lectures, in order to be set free from everything except God‚ and your hearts and thoughts must ascend to the realm of the spirit and spiritual capacities must predominate, so that all material emotions are entirely under control and conquered, and that all men become submerged in the glorious ocean of the breath of the Holy Spirit.

I wish this degree for you and hope you may attain it.

A visitor, who was in the holy Presence of ’Abdu’l-Bahá for the first time said: „Christ healed the blind, will we be able to do the same some day. And the Master replied:

„Everything is possible, but Christ wished to say therewith, that these people have eyes, but are nevertheless blind, that they have ears and yet do not hear, that they have hearts but don’t feel, but that He would heal them all.“

’Abdu’l-Bahá furthermore said:

„It would be a very good thing, if the German and American friends corresponded with each other, it would represent an inward tie and it would cause great joy to think that the power of Baha’u’lláh united human beings in such distant countries. Although the sun is at such a great distance from the earth, she is neverthelers closely bound to the earth by her rays. Christ said: the sons of the Kingdom of God will go forth, but other men from great distances will enter into the Kingdom. Look at the Persians of to-day, although they are of the same country as Baha’u’lláh, they nevertheless know nothing about Him. You live far away from Persia and yet take great interest in Him and have heard His voice thousands of miles away, but those near to Him, have heard nothing. I pray to God that you may experience good results and you too must pray to God and thank Him for all the success you have had in the holy Cause.“

The docter again visited ’Abdu’l-Bahá on this evening and when the Master inquired of him, whether He would soon be able to leave Stuttgart, he was of the opinion, that it would be best, ift the beloved Master remained two days longer, without going out and without talking. A telegram was then sent to Paris, that He would leave two days later with the nine o’clock train in the morning.

(to te continued) A. Sch.



Die Lebensgeschichte ’Abdu’l-Bahás — des Dieners Gottes

von Jinab-i Fadil. Veröffentlicht im Star of the West. vol. 15. Nr.3. Fortsetzung von Heft VIII. Okt. 1924.

An diesem wundervollen Ort verbrachte Baha’u’lláh Sein Leben bis zu Seinem Tode. ’Abdu’l-Bahá aber blieb mit Seiner Familie in Akka wohnen, empfing alle Besuche und löste die schwierigsten und mannigfaltigsten Probleme, die Ihm Staatsmänner, Gouverneure, Rechtsanwälte und andere mehr vorlegten. Zu Ihm kamen alle Menschen um Rat und Anweisung mit ihren Lebensfragen und Sorgen.

’Abdu’l-Bahá behütete die hl. Sache vor allen Einsprüchen und jedem Widerstand. Somit blieb Baha’u’lláh unbehelligt und konnte ungehindert Seine Botschaft an die Welt vorbereiten und Seine Anhänger konnten Ihn nun besuchen. Wöchentlich einmal riß Sich ’Abdu’l-Bahá aus Seinem überaus arbeitsamen Leben los und besuchte Baha’u’lláh in Bahaji. Er machte stets den Weg zu Fuß, um dadurch die höchste Ehrerbietung [Seite 179] Seinem Vater gegenüber zu erzeigen. Als aber Baha’u’lláh Ihm sagte, Er möchte den weiten Weg zu ihm reiten, gehorchte Er. ’Abdu’l-Bahá ritt von der Stadt Akka weg, sobald aber Kasr in Sicht kam, stieg Er ab und ging zu Fuß. Andererseits hielt Baha’u’lláh an dem bestimmten Besuchstag ’Abdu’l-Bahás vom zweiten Stock Ausschau, und sobald Er in Sicht kam, rief Er der Familie: „Der Meister kommt, geht Ihm entgegen!“ Bei ihrer Begegnung konnte man die höchste Ehrerbietung von Seiten des Sohnes und die innigste Liebe und Ergebung des Vaters erkennen, was den denkbar tiefsten Eindruck auf die Umgebung machte. Es war niemand, selbst der Familie nicht gestattet, während des Beisammenseins von Vater und Sohn, das Zimmer zu betreten. Niemand konnte das Geheimnis zwischen Vater und Sohn verstehen. Man möchte hierbei an die Worte der Bibel denken: „Der Vater ist im Sohn und der Sohn im Vater.“ Es hat wohl auf Erden noch nie ein so vollendet schönes Verhältnis gegeben mit so viel Glauben und Zutrauen beiderseits. ’Abdu’l-Bahá war in jeder Weise das Abbild Baha’u’lláhs. Sie standen auf derselben Höhe, ihre Stimme hatte denselben Klang, und das Wesen ihrer Erkenntnis war gleich.

Dies genügte, um deutlich erkennen zu lassen, daß die Herrlichkeit Gottes in Ihm war und weiterleuchten würde nach dem Tode des Vaters. Auch schrieb Baha’u’lláh in allen Seinen Werken sowohl in klaren Worten als auch symbolisch über ’Abdu’l-Bahás Stufe. Im „Tablet von Beirut“ nennt Er Ihn „das Geheimnis Gottes“. Im Besondern sagt Baha’u’lláh nachdrücklich im größten heiligen Buch, daß die Menschen ihr Angesicht ’Abdu’l-Bahá zuwenden müssen, Der der „Zweig des ewigen Baumes“ ist. Ferner erklärte Er, daß ’Abdu’l-Bahá die Schlüssel besitze, welche die heiligen Tablets und die heiligen Schriften öffne. Schließlich erklärte Er die Stufe des Mittelpunktes des Bündnisses — ’Abdu’l-Bahá — im Tablet des Bündnisses, das Er ’Abdu’l-Bahá versiegelt übergab. Neun Tage nach dem Tode Baha’u’lláhs i. J. 1892 erbrach ’Abdu’l-Bahá im Kreise von Bahai-Freunden das Siegel und las ihnen das Testament vor.

Somit bestieg ’Abdu’l-Bahá den Thron des Bündnisses Baha’u’lláhs, und die Herrlichkeit des Vaters begann durch Ihn zu leuchten, um, gleich einem Hirten, die Menschenkinder zur Einheit Gottes und zur Menschheits-Verbrüderung zu führen."

Es schien tatsächlich, als ob Baha’u’lláh wohl gegangen sei, daß aber Seine Oberherrschaft weiterlebe im Gewandt des Dienstes. Die Feder ’Abdu’l-Bahás begann sich zu bewegen für die ganze Welt und verbreitete den Lebensgeist in tiefster Demut und Güte, wie es die Feder Baha’u’lláhs in der Form der Herrschaft und des Befehls getan hatte. Von jener Zeit an richtete ’Abdu’l-Bahá mit großer schöpferischer Kraft die Sache Gottes in den Herzen der Menschen auf. Er sandte mehrere Lehrer und Arbeiter in verschiedene Länder der Welt, wodurch ein neues Leben unter den Freunden begann. Tausende von Sendschreiben, wahre Juwelen der Weisheit und des Wissens über das Leben, über Religion und göttliche Philosophie wurden durch Ihn der Welt kund getan.

Diese Tätigkeit steigerte die Abneigung der Gegner der hl. Sache. Sie hatten erwartet, daß mit Baha’u’lláhs Tode die Sache ihren Abschluß fände, und nun mußten sie Seine Kraft u. Macht erneut in ’Abdu’l-Bahá wiederfinden. Sie nahmen an Tätigkeit und an Zahl zu und eine neue Gruppe, deren Eifersucht zur Zeit Baha’u’lláhs noch schlummerte, stellte sich jetzt gegen ’Abdu’l-Bahá. Wer Ihn sah, wenn Er die Gefängnisse aufsuchte, oder, wer Ihn mit dem Gouverneur, den Regierungsbeamten und anderen Gästen sprechen hörte, und wer die zunehmende Zahl der Pilger aus allen Ländern sah, der würde kaum angenommen haben, daß es Feinde der hl. Sache gebe, und dennoch setzten diese ihre Verfolgung Tag um Tag viele Jahre lang hindurch fort. ’Abdu’l-Bahá suchte Seine Feinde und die Ihm Eifersüchtigen in größter Güte auf den Weg der Einigung und des Dienstes zu bringen. Ihre Eifersucht war aber zu groß, und sie hörten nicht auf Seine Anweisungen, stellten sich mehr und mehr gegen Ihn, bis schließlich ’Abdu’l-Bahá Akka und Seine Familie verließ und allein nach Tiberias und zu der Höhle des Elias auf den Berg Karmel ging, um dort zu beten und mit Gott zu verkehren.

Die Menschheit wies ihre Erzieher. stets zurück und folgte lieber den eigenen Wünschen, und verdrehte selbst die religiösen Lehren zu einer Entschuldigung ihres Ungehorsams, und die angesehensten in religiösen Dingen zwingt ihr Stolz, den Erlöser zu verleugnen. Die Nähe Gottes und Seiner Manifestierten ist eine geistige Vereinigung und keine körperliche Verwandtschaft. Eine vergeistigte Seele, wie weit entfernt sie auch von einem Manifestierten sein mag, kann trotzdem dem Gottesgeoffenbarten näher stehen als Blutsverwandtschaft es vermag. Die allerersten Nachfolger eines religiösen Lehrers sind wie Spiegel in der Sonne, da aber ihr Licht ein übernommenes und kein selbst geschaffenes ist, so wird, wenn sie sich von der Sonne abwenden, das Licht in ihnen ausgelöscht. Deshalb sagt Baha’u’lláh, daß ein geistiger Erzieher eine göttliche Waage ist und die Menschen durch ihn gewogen werden. [Seite 180] Die Machenschaften der Feinde ’Abdu’l-Bahás waren nur Seinen Allernächsten bekannt.

Trotz der Tatsache, daß ’Abdu’l-Bahá sich einige Zeit vom Lehren der Sache Baha’u’lláhs zurückhielt, infolge der öffentlichen Vorurteile, begannen die Leute, durch Seine Ratschläge und Seine Führung, die hohe Stufe, die Er einnahm, zu erkennen. ’Abdu’l-Bahá arbeitete mit einer solchen Leichtigkeit, Sicherheit und Gleichmäßigkeit, daß Er allen, die zu Ihm kamen, das größte Vertrauen einflößte. Die Tore Seines Hauses waren niemals geschlossen, sie standen vom Morgen bis zum Abend offen. Alle Art Menschen kamen zu Ihm, um ihre Probleme richtig zu stellen. Männer und Frauen gingen beständig aus und ein, denn ’Abdu’l-Bahá war immer bereit, die Bedrückten zu trösten und zu beraten.

Die verschiedensten religiösen Oberhäupter und Staatsbeamte kamen zu Ihm und trugen ihre Anliegen vor. Selbst die arabischen Beduinen und ihre Scheiks empfanden die größte Ehrerbietung und Hochachtung vor Ihm und kamen weite Strecken zu Ihm herbeigereist. Sie sahen in Ihm einen heiligen Patriarchen und empfingen von Ihm sowohl materielle als auch geistige Geschenke. Sein Einfluß war so groß, daß ein einfaches Wort von Ihm willig befolgt wurde, wenn oftmals die staatliche Macht versagte.

Der Ruhm des Edelmuts und der Liebe ’Abdu’l-Bahás wurde solch ein Schutz, daß häufig Besuche, die durch die Wüste zu Ihm reisten, nicht nur von den Ueberfällen der Beduinen verschont blieben, sondern sogar ein sicheres Geleit erhielten. Die Einfachheit Seiner Lebensführung verbot Ihm die persönliche Benützung der wertvollen Geschenke, die Ihm Seine Freunde aus allen Ländern aufzwangen, und Er zog es vor, diese Gaben an solche weiterzugeben, die in Not waren.

Ein wundervoller Anblick bot sich jeden Morgen vor dem Hause von ’Abdu’l-Bahá. Vom frühen Morgen an war die Straße voll von Armen, Greisen und Krüppeln, Männer, Frauen und Kinder. ’Abdu’l-Bahá trat mit einigen Freunden vor das Haus und die Armen umringten Ihn, doch voll Ehrerbietung, wie Kinder einen Vater. Er ging von einem zum anderen, gab freundlichen Rat und Trost und reichte ihnen Geld. Ganz besonders gütig war Er mit Witwen und deren Kindern.

Es war ein wirkliches Wunder, daß ein Gefangener, der verfolgt und dem Widerspruch von so vielen mächtigen Behörden entgegengesetzt wurde, einen solchen Einfluß über alle Arten von Menschen mit der geistigen Waffe allein, gewinnen konnte. Solange ’Abdu’l-Bahá lebte, sahen die Menschen zuversichtlich in die Zukunft trotz allem, was geschah. Sie fühlten, daß Er ein göttlicher Vater war, zu dem sie allezeit kommen konnten, ein Meister, an den sie sich jeden Augenblick wenden konnten. Er richtete sie beständig in ihrem Kummer auf und wählte oft die Nacht zu Seinen Liebesdiensten.

Die ganze Zeit aber paßten Seine Feinde auf eine Gelegenheit, um ihre Eifersucht zu stillen. Im Geheimen sandten sie viele falsche Berichte an die Regierung in Konstantinopel und brachten gefälschte Briefe, die sie ’Abdu’l-Bahá unterschoben, in Umlauf. Sehr häufig wurden der Gouverneur oder andere Staatsbeamte in der Gefängnisstadt Akka ausgewechselt, und diese wurden von ihnen bestochen, um sich gegen ’Abdu’l-Bahá zu stellen. Doch obgleich man bei diesen fortgesetzten Intrigen hätte entmutigt werden können, entwickelte sich ’Abdu’l-Bahás Macht hoch erhaben über solchen Haß und gewann diese Beamten, die Seine Feinde überredet hatten, sich gegen Ihn zu stellen, zu Freunden.

In dieser Zeit der Verfolgung erfüllte ’Abdu’l-Bahá, Der von Spionen und Feinden umgeben war, die schwierige Aufgabe, die Ueberreste des Báb zu bergen, die Er aus Persien nach Haifa überführen ließ. Er hatte ein Grabgebäude auf dem Karmel erbauen lassen, das die Ruhestätte des Báb sein sollte. Dies Gebäude wurde zum Gegenstand erneuter Angriffe. Unter Mithilfe einiger Beamten des Gefängnisses sandten die Gegner ’Abdu’l-Bahás falsche Berichte an die Regierung, daß Er auf dem Karmel eine Festung baue, und daß Er in der Umgebung und durch Fremde so viel Macht besitze, daß die türkische Regierung dieser Macht unterliegen müsse. Diese falschen Berichte beunruhigten den Sultan dermaßen, daß er befahl, daß ’Abdu’l-Bahá entweder erhängt oder in das Herz der Arabischen Wüste verbannt werden solle.

Seine Freunde, die um Seine Sicherheit besorgt waren, baten Ihn, Akka zu verlassen, aber indem Er sagte, daß es Seine Pflicht sei, zu verharren, schickte Er sie weg an verschiedene Orte in Ägypten und blieb, allen Rat mißachtend, mit einigen Familienmitgliedern in Akka.

Sobald das Untersuchungskomitee der Regierung in Akka ankam, verbündeten sich die Feinde ’Abdu’l-Bahás mit demselben und beeinflußten dasselbe, einen falschen Bericht zu machen. Im Einverständnis damit und ohne ’Abdu’l-Bahá besucht zu haben, oder Seine Absichten ausfindig zu machen, wurde Bericht erstattet, daß das Gerücht auf Wahrheit beruhe. Während diese Anschläge ihren Fortlauf nahmen und die Luft voll von Argwohn war, erstaunte jedermann, daß ’Abdu’l-Bahá auf dem Karmel Bäume pflanzte und ein Haus baute, als ob nichts geschehen wäre. [Seite 181]

Als der Richter nach ’Abdu’l-Bahá sandte und Ihn vorlud, persönlich bei Gericht zu erscheinen, war der Kummer der Freunde unbeschreiblich. Sie fürchteten, Er möge urplötzlich mitgenommen werden, und sie würden Ihn nie wieder sehen. ’Abdu’l-Bahá beruhigte sie und sagte ihnen, daß es Seine größte Freude und Glück sei, hier in Haifa erhenkt zu werden. Baha’u’lláh hatte eine wundervolle Filz-Mütze oder Kopfbedeckung die „Krone“ genannt, und diese war von ’Abdu’l-Bahá nach dem Hinscheiden der Gesegneten Vollkommenheit bewahrt worden. Oftmals hatten die Freunde gebeten, daß ’Abdu’l-Bahá sie tragen sollte, doch Er hatte stets geantwortet: „Es würde nur eine Gelegenheit gegeben, sie zu tragen — wenn man mich kreuzigen würde!“ Damals bat Er die Familie, diese "Krone" bereit zu halten.

Als ’Abdu’l-Bahá den Gerichtshof betrat, fand Er die Geladenen und die falschen Zeugen vor. Nach Verwarnung Seiner Ankläger ob der Verfolgung der Wahrheit, wie es immer schon in früheren Jahrhunderten gewesen ist, sagte Er: „Wenn ihr mich verurteilen wollt, bin ich bereit und willens, mein Leben zu opfern und werde jede Anklage, die ihr vorlegt, unterzeichnen, denn es wird mir ein großes Glück bedeuten, gemartert zu werden, wie die Verkünder der Wahrheit vor mir.“

In der trübsten Stunde, als die Lage für ’Abdu’l-Bahá und die hl. Sache überaus schwierig wurde, änderte sich plötzlich das ganze Bild. Die Revolution von 1908 durch die Jung-Türken brachte dem Freiheit, der dieser Welt größter Gefangener gewesen war.

Uebers. v. A. Sch.

(Forts. folgt).



Kiu estas Bahaano?

de Dro. J. E..Esslemont, Bournmouth.

„Homo devas produkti fruktojn. Senfrukta homo estas laü la vortoj de Jesu-Kristo rigardata kiel senprodukta arbo, kiu estas jetota en la fajron.“ Baha’u’llah.

Herbert Spencer &uste diris, ke el malpurajo per nenia proceso fari$os oro, kaj estas ankaü Suste, ke polita proceso ne kreas valoran homan societon al malindaj individuoj. La plej famaj instruistoj de la homaro donante socialajn lefojn, Ciam akcentis kiel la plej gravon, la bonan vivon de la individuo.

Baha’u’lláh tute konsentas kun la antaüirantaj profetoj. La fundamento, sur kiu staras Ciuj liaj planoj por la progreso kaj renovigo de la mondo, estas la edukado de individuoj laü sia interrilato al Dio kaj siaj kunhomoj. Por ke estos ebla, starigi la dian re8olandon en la mondo, $i unue devas esti fondita firme en la koroj de la homoj. Studante la Bahaa rivelajo, estos bone komenci kun la instruado de Baha’w’llah pri la signifo por la individuo kaj provi formi klaran bildon, esti Bahaano,

Sindonemo al Dio.

Kiam okaze’Abdu’l Baha estis demandita: Kio estas Bahaano ? li respondis: Bahaano esti, simple signifas, ami la tutan mondon, la homaron ami kaj provi, al i servi kaj labori por la universala paco kaj fräteco. Je alia okazo li diris: ke la homo povas esti Bahaa ‚no malgraü li neniam antaie aüdis lanomon de Baha’u’llah.

„Homo, kiu vivas akordifante kun la instruadoj de Baha’u’llah estas Bahaano. Aliflanke, se homo 50 jarojn sin nomas Bahaano, kaj ne konforme vivas, li ne estas Bahaano. Malbela homo povas sin nomi bela, sed Ii trompas neniun, kaj nigra homo povas sin nomi blanka, sed li trompas neniun, ankati ne sin mem, Homo, ne aüdinte de Baha’w'llahı similas kreskajo, kiu staras en ombro. Kvankam i ne konas la sunon, fi dependas de la suno. Baha’u’llah, Kristo kaj Ciuj aliaj‘grandaj profetoj estas spiritaj sunoj, sen iliaj radioj la . homaj iloroj ne ricevas perfektajn formojn kaj bonodorojn. Baha’u’llah estas la suno de & tiu tago, en kiu ni vivas. La sunradio de pli iruaj tagoj varmigas ankoraü la teron kaj aeron, kaj se ne brilis tiuj Ci sunoj, la tero estus hodiaü malvarma kajsenviva, La sunbrilo de hodiaü sole estas, kiu la burgonojn maliermas kaj la fruktojn maturigas, kiujn la sunoj de pli fruaj tagoj per kiso vekis al vivo,

Por atingi plene la Bahaan vivon estas tiel necesa la konscia kaj sempera rilato al Baha’ u’llah kiel la sunbrilo por la disvolvo de lilioj [Seite 182] kaj rozoj. Perfekta Bahaano estas per Baha’wllah tute sindona al Dio. Li ne adoras la homan personecon de Baha‘u‘llah, sed la gloron de Dio, manifestita per tiu &i persono. Li honoras Kriston kaj Mahometon kaj Ciujn al lahomoj senditaj senditojn de Dio, sed li 'konfesas Baha‘u‘llah kvazaü la transdonanton de Dia manifesto por la nova epoko, en kiu ni vivas, kvazaü la majestan manifestacion, anoncate de Ciuj pli fruaj profetoj, por kiu ili estis vojpreparantoj.

Spirita konsento al iu kredo ne faras homon Bahaano aü Mahometano, aü Kristano, ankaü ne bona ekstera konduto. Baha‘ u‘llah, kiel liaj antaüuloj postulas de siaj dis&iploj tutan kaj perfektan sindonon. Ne devas ekzisti duoneco, neniaflanke rezerveco, ne duonigita mezuro. Volonta kaj tuta dono de &io, kion oni estas kaj kion oni posedas, estas la sola vojo al akcepto.

Tia ordono, donata de iu krom Dio ne eble estus akceptata de libera kaj logika pensulo: sed Baha‘u,ilah parolas kvazaü Diasendito. Li pretendas, ke siaj vortoj estas Dia favoro. Pli fruaj senditoj de Dio same tion postulis. Kristo diris: „Kiu ne prenas sian krucon kaj sekvas post mi, tiu ne estas inda je mi. Kiu trovas sian vivon, tiu perdos $in: kajkiuperdassian vivonpromi,tiutrovos$in,“

Plue li deklaris: Neniu puvas servi du majstrojn, vi ne povas servi Dion kaj la mamonon,

Ciuj diaj manifestacioj postulis de iliaj disciploj en diversaj vortoj la saman tutan sindonon, kaj la religia historio klare pruvas, ke tiel longe estis akceptata kaj sincere ekkonata tiu &i ordono, la religio floris, spite &iuj teraj kontraüdisputoj, persekutoj kaj turmentegoj de kredantoj.

Alitlanko, se kompromiso ekstaras anstataü tuta sanıkteco, la religio velkis. Modernigas, $i perdis Sian potencon liberigi, aliigi kaj igi miraklojn. Vera religio estis neniam moderne. Estas hodiaü ankoraü vere kiel en latagoj de Kristo: „Car mallar$a estas la pordo kaj malvastigita la vojo, kondukanta al la vivo, kaj malmultaj estas tiuj, kiujn $in trovas.“

La trairo de la spirita naskigo similas la vojonde la natura naskigo, $i ebligas nur. unu opan homon, iri Sin senpene. Se estonte lahomoj surtiuöivojo migrosplisukcese olen la estinto, ne faras tion la vojlargifo, sed Car pli granda inklino la homoj gvidos al la „sindona al Dio“, kaj Car longaj kaj maldoltaj spertoj kapabligis la homojn ekkoni la malsaßon de iliaj propraj vojoj, kiujn ili elektis, anstataü iri la diajn vojojn.

daürigota. Tradukis; Anna Köstlin.



Mein Dank.

Was ich so tief empfunden,

Vergehen kann es nie,

Es bricht durch dunkle Stunden

Wie süße Melodie;

Sie dringt zu Gottes Thron

In stiller Dankbarkeit

Und wirbt um reichen Lohn

Für Zeit und Ewigkeit.


Paul Häcker.



Berichte.

Weihnachtsfeier für die Kinder vom Sonnengarten in Stuttgart.

Am 3. Januar fand unter lebhafter Beteiligung von Groß und Klein eine wohlgelungene Weihnachtsfeier im Bürgermuseum statt. Die Leiterin der Kindergruppe „Sonnengarten“ Fräulein Gertrud Meier eröffnete die Feier mit einem Gebet und verlas eine Anrede unseres geliebten Meisters an die Kinder.

Harfe und Cello vereint stimmten die Zuhörer zu feierlicher Andacht und ein Begrüßungsgesang der Kinder erfreute die Anwesenden.

Willi Haug trug ein von Dr. Großmann [Seite 183] verfaßtes Gedicht „Hab Sonne“ vor. Allerliebst war der Vortrag der zwei langen Gedichte von der kleinen Marie und Lore Braun: „Die Englein im Himmel haben viel zu tun“ und "Der Weihnachtsmann der Gute, tritt seine Reise an.“ Die zarten Kinder unter dem hellstrahlenden geschmückten Baum in ihrer lieblichen Kindergläubigkeit waren eine wirkliche Herzensfreude, ihr Vortrag war bis zum letzten Platz vernehmbar.

Froh und frisch trug Eugen Fand „s’ Christkindle“ in schwäbischer Mundart vor.

Frl. Julie Stäbler verschönte die Feier durch zwei Weihnachtslieder, die sie in ihrer wohl bekannt innigen Weise vortrug.

Herrn Grünzweig’s Dichtung „Es ist ein Ros’ entsprungen, wie noch kein Aug sie sah“ wurde von 9 Kindern mit Lampions, die zusammen den Namen des Meisters bildeten, aufgesagt.

Vom Kinderchor, um den sich hauptsächlich die Leiterin des „Sonnengartens“ verdient gemacht hat, erklang das Lied „Heilige Nacht“.

„Kinder des Höchsten" trug E. Fiand vor.

Frl. Hedw. Jäger sprach zu den Kindern über die Weihnachtszeit mitten in der erstarrten Natur. Sie teilte mit, daß Frl. Gertrud Meier, die sich in aufopfernder und rührender Weise um den Sommergarten bemüht und die Kinder erzogen hat, ihren Liebesdienst nicht länger fortführen kann, da sie vor einem Examen steht. An ihre Stelle tritt Frl. Jäger, die als Berufslehrerin ihre freie Zeit und Liebe den Bahai-Kindern weihen will.

Der Knecht Ruprecht und das Christkind durften unter dem Baum nicht fehlen, sie wurden dargestellt von Agnes Gollmer und Eugen Fiand.

Die Gabenverteilung löste eine große Freude bei den Kindern aus und jubelnd erklang der Kinderchor „O heilige Nacht“ aus dankbar beglückten Herzen. Ein Gebet beschloß die schöne Feier.

Großen Verdienst um das Gelingen des Festes hat sich Frau Magarete Meier erworben, die auch unermüdlich das Jahr über für die Arbeits- und Lehrstunden der Kinder tätig war, ihr und ihrer Tochter Frl. Gertrud Meier sei herzlicher Dank gesagt für ihre Liebesmühe.

Die Schriftleitung.



Weihnachten in Gera.

Herr Otto Martius berichtet uns, daß die Freunde in Gera, etwa 20 an der Zahl, mit ihren Kindern zu einer schönen Weihnachtsfeier in das Heim von Herrn und Frau Döring eingeladen waren. Mit großer Liebe waren die Vorbereitungen in aller Stille getroffen worden. Spielsachen und Handgearbeitetes lagen auf einer langen Tafel ausgebreitet unter dem Weihnachtsbaum, dessen Lichterglanz sich in den strahlenden Augen der Kinder widerspiegelte. Herr Döring las ein Gebet und hielt eine Ansprache über den tiefen Sinn des Weihnachtsfestes. Diese stimmungsvolle Stunde in der hl. Nacht in diesem gastlichen Bahai-Heim wird den Freunden in dankbarer Erinnerung bleiben. Mögen die Freunde in Gera künftighin noch viele solche Feste der Liebe feiern dürfen.



Weihnachtsbericht aus Berlin-Charlottenburg.

Am Freitag, den 19. Dezember feierten wir im Frauenklub, Schillstraße 3, unser Weihnachtsfest folgendermaßen:

Die Freunde waren anläßlich des Weihnachtsfestes sehr zahlreich erschienen, gegen 50 Personen. Um 1/4 9 Uhr leitete Frau Jetty Plessner mit einigen Gedichten und mit einer längeren Ansprache den Abend ein. In warmen Worten erklärte sie die Bedeutung des Weihnachtsfestes — das Fest der Liebe und des Lichtes. — Aber nicht nur für zwei Feiertage soll dieses Licht in uns leuchten, nicht nur in den Weihnachtsfeiertagen sollen unsere Augen vor Liebe strahlen, nein jeder Tag sei für uns solch ein Fest der Liebe, der Freude, des Sichbeglückens. Wir müssen jeden Tag unser Herz mit dieser himmlischen Liebe füllen, um das Dunkel, das um uns her ist, zu zerstreuen und Licht in die Herzen der Menschen zu bringen, die noch nichts von dieser frohen Botschaft wissen. Unsere leuchtenden Vorbilder müssen Baha’u’lláh, ’Abdu’l-Bahá und Christus sein, die großen Meister, die aus göttlicher, unermeßlicher Liebe zu den Menschen alle Leiden mit unerschütterlicher Sanftmut und Freudigkeit ertragen, um den Menschen zu beweisen, daß es nur eine Befreiung vom Leid gibt — die Liebe! Die alles ertragende, alles verzeihende Liebe, die selbst in tiefstem Leid noch Gott für seine Güte dankt. Oeffnen wir unsere Seele ganz diesem Lichtquell, so strömt eine Seligkeit in uns, die unsere Seele jauchzen läßt. Unser Herz fließt über vor Liebe und tausendfältig kehrt die Freude zu uns zurück, die wir anderen geben.“

Nach der Ansprache wurde von Herr und Frau Plessner einige Freunde reichlich beschenkt und diejenigen, die noch nicht die gerahmten Haussegen, die Lebensformeln und die „Verborgenen Worte" hatten, erhielten auch diese als Gabe. Dann wurden an den festlich geschmückten Tafeln die Freunde bewirtet, wozu die Freunde gemeinsam in reichem Maße gespendet hatten. Es wurden gemeinsam Weihnachtslieder gesungen und von Kindern Gedichte vorgetragen. Max Plessner gelang es, durch künstlerischen [Seite 184] musikalischen Vortrag dem Abend eine besondere Weihestimmung zu geben. Es war wirklich ein Fest der Liebe und der Freude. Mit beseligten Herzen trennten wir uns und nie werden wir diese Stunde der Harmonie und des Sich-Eins-Fühlens vergessen."

Lotte Schmidt.



Stuttgart Christmas-Report.

A large number of friends and children gathered together in the Bürgermuseum to celebrate Bahai-Christmas. Miss Gertrud Meier, the leader of „Sonnengarten" welcomed the friends with a Bahai-prayer and by reading words which 'Abdu'l-Bahá once addressed to children. A beautiful concert given by two young ladies a harp and a violine performance filled souls with heavenly harmonies. The childrens programme was opened by a. chorus sung. by children whereupon poetry was recited and sung. Two long peaces of poetry were recited by two small sisters, children of our friend Braun. Miss Stäbler in ever ready kindness beautified the festival with two songs. Nicolas and Angel-Christ were prettily personated; the performance, which was -iluminated by the brilliant lights of a Christmastree was concluded by a chorus and a Bahaiprayer. Bussy hands had worked for the benefit of the Bahai-children. Especially, Miß Gertrud Meier did her best to study music and poetry with the children. Mrs. Meier arranged and prepared everything for the festival. In a lenghty lecture Miß Jäger explained the deep meaning of Christmas to the children and said that from now On she would lead and teach the BahaiSungarden, as Miss Meier has to prepare for her examination. What shie has done to educate the children will be unforgotten, this beautiful festival was the fruit of her labour.


Christmas-Report from Gera.

Concerning: the festivity in the house of Mr. and Mrs. Döring, Herr Otto Martius writes, that about 20 friends with their children were invited to celebrate Xmas-eve. All the preparations were secretly made with much love, toys and needle- work. were made for the children. All these presents were spread under the Xmas-tree lights of which reflected in the happy beaming eyes of the children. Mr. Döring read a prayer and spoke to those present about the deep meaning of Xmas of which the lights were symbolic. This hour of gathering in high spiritual love made a deep impression upon the friends and they will not forget this harmonious gathering.”


Berlin-Charlottenburg.

Friday Dezember 19th the friends spent their Xmas-eve in the womans club. Numerous friends were present, about 50 persons. Mrs. Plessner recited a poem and gave then a lenghty lecture. She explained the meaning of the Xmaseve and said it was a festival of love and light, But not only during these few holydays should this light shine, but every day should a festival of love and joy making each other happy. Each day we must fill our hearts with heavenly. love and try to destroy ihe darkness around us and endavour- to enlight men. Our shining examples are Baha’u’lláh, 'Abdu'l-Bahá and Christ, the great Manifestations, who with divine immeasurable love endured all hardship with patience and happiness in order to prove men, that there is but one way to become free from sorrowness namely-love. The all bearing ever. forgiving love, which ever in deepest suffering still gives thanks to God for His bounty. If we open our souls entirely to thisı light our soul becomes happy, we even overflow with love, and love shown to others returns a hundred fold. The friends: received presents and Bahai-Literature. It was a true festival of Iove and harmony and will never be forgotten.

Lotte Schmidt.


Berichtigung.

In Heft X Seite 160 Spalte 2 Abs. 2 5. Zeile muß es heißen „liebeerfüllten“ nicht „überfüllten“



Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.


Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.




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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),

Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.)