Sonne der Wahrheit/Jahrgang 2/Heft 7/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft VII SEPT. 1922
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


[Seite 96]Die Hauptpunkte der Bahailehre

1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten -— das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre ist Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha’u’llah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde.


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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis des Einzelheftes M. 11.—, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 30.—
Heft 7 Stuttgart, im September 1922 2. Jahrgang

Inhalt: Worte von Abdul Baha. — Ueber die Notwendigkeit eines Erziehers über die Menschheit. — Ansprache Abdul Bahas im „Hull House“, Chicago, 30. April 1912. — Brief von Bahejjah Khanum an die amerikanischen und deutschen Bahais. — Rede von Abdul Baha bei dem Verband des Frauenklubs. — Aus einer Rede von Abdul Baha. — Himmlische Nahrung. — Zum Bahai-Kongress in Stuttgart. — Parolado de Abdul Baha pri korpo, animo kaj spirito. — La Bahaanoj devas labori per koro kaj animo, por plibonigi la statojn en la mondo. — Mitteilung vom Verlag.


„Schaue auf die Wogen und auf die Perlen der Weisheit meines geoffenbarten Wortes... Wir haben durch mannigfaltige Aeußerungen und viele Tablets gemahnt: Fürchtet Gott und seid nicht achtlos! Der Segen der Aeußerungen des Allbarmherzigen geht auf die über, die dieses Wort befolgen!
Baha’Ullah.
Was die Offenbarung Baha’Ullahs am meisten charakterisiert, ist der Hinweis auf den Mittelpunkt des Bundes, den bisher noch kein Prophet verkündete. Wendet alle Gedanken dem göttlichen Bündnis zu und weiht ihm alle Eure Kraft.
Abdul Baha.
Bete zu Gott, damit Du von Erkenntnis zu Erkenntnis schreitet.
Baha’Ullah.
WORTE VON ABDUL BAHA

Das Wort Gottes ist die Schatzkammer alles Guten; es belebt alle Dinge.

Durch die Macht des Wortes Gottes werden herrliche Zeichen zu Tage treten. Fördert daher die Verkündigung Seines Wortes! Begreift die verborgene Bedeutung des göttlichen Wortes! Unterwerft Euch dem Wort Gottes! Harmonie kann nur auf der Grundlage des Wortes Gottes zustande kommen.

Erachte es als heiligste Pflicht, zur Verbreitung des Wortes Gottes beizutragen, damit Du dies erhabene Gottesreich erkennst und den Schutz des Allmächtigen erfährst.

Gute Absichten der von Gott Geliebten und der gute Wille seiner Getreuen werden durch die Kraft des Wortes Gottes gestärkt, daher sind sie so wirkungsvoll und bilden den Anlaß zum wahren Leben für die Menschen.

Die Tore zum Königreich sind geöffnet; welche frohe Botschaft für die in der Entwicklung Vorwärtsschreitenden! Die Pforten des Himmels stehen offen; gesegnet ist, wer dies erschaut!

Verpflichte Dich, die Wahrheit zu lehren, denn der Gottessache zu dienen trägt verborgene Kräfte in sich und offenbart uns die göttlichen Geheimnisse.

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Ueber die Notwendigkeit eines Erziehers für die Menschheit.

(Aus Some answered questions, Kap. 3)

(Reden von Abdul Baha, gesammelt von L. C. Barney).

Wenn wir die Welt betrachten, sehen wir, daß das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich, wie auch die Menschheit einer führenden Hand bedürfen. Wenn das Land nicht bebaut würde, so würde eine Wildnis entstehen, überwuchert von allerlei Unkraut. Wird es jedoch von einem Landmann bebaut, so bringt es Erträge hervor, die die Lebewesen ernähren. Daraus geht hervor, daß die Erde von einer pflegenden Hand abhängig ist. Betrachtet die Bäume! Wenn sie nicht kultiviert werden, so sind sie unfruchtbar und nutzlos. Wenn sie aber unter der Pflege eines Gärtners stehen, so werden aus den Wildlingen edle Obstbäume, die schmackhafte Früchte hervorbringen. Dies als logischer Beweis; denn heutzutage verlangt die Welt nach vernunftgemäßen Argumenten.

Das gleiche trifft auch im Tierreich zu; denn wenn ein Tier vom Menschen dazu angeleitet wird, wird es ihm dienstbar. Der Mensch, der nicht erzogen wird, wird tierähnlich (bestialisch), ja er fällt oft tiefer als ein Tier, wenn er nur seinen Naturtrieben folgt, wogegen er bei richtiger Erziehung ein reines Geisteswesen (Engel) werden kann. Die Mehrzahl der Tiere verschlingt nicht ihresgleichen, aber manche unter den Wilden im Innern Afrikas fressen sich gegenseitig auf.

Denkt daran, daß Erziehung und Bildung den Osten und Westen unter die Herrschaft der Menschen bringt. Die Erziehung und Belehrung ist es, die die erstaunliche Vollendung der Industrie hervorbringt, die die herrlichen Wissenschaften und Künste fördert, die neue Entdeckungen und Naturgesetze ans Licht bringt. Wenn keine Belehrung wäre, würden keine Lebensannehmlichkeiten und -erleichterungen, keine Zivilisation und Humanität bestehen. Würde ein Mensch in der Wildnis allein belassen, wo er keinen Umgang mit seinesgleichen hat, so würde er vollständig stumpfsinnig werden und vertieren. Daraus geht hervor, daß Erziehung (und Belehrung) notwendig ist.

Es gibt aber drei Arten von Erziehung: die äußere, (materielle), die menschliche und die göttliche (geistige). Die materielle Erziehung befaßt sich mit dem Fortschritt und der Entwicklung des Körpers, mit allem, was zu seinem Wohlergehen, zu seiner Verfeinerung und zur Lebenserleichterung beiträgt. Diese Erziehung haben Menschen und Tiere gemeinsam.

Menschliche Erziehung bedeutet Kultur und Fortschritt und erstreckt sich auf staatliche Einrichtungen und Verwaltungen, auf Wohltätigkeitseinrichtungen, auf Handel, Industrie, Kunst und Wissenschaft, Erfindungen, Entdeckungen physikalischer Gesetze, auf alles, was den Menschen vom Tier unterscheidet.

Die göttliche Erziehung führt zum Königreich Gottes und besteht in dem Erringen göttlicher Eigenschaften. Dies ist wahre Erziehung; denn in diesem Zustand wird der Mensch der Mittelpunkt der göttlichen Erscheinung, die Erfüllung des Wortes: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei". Dies ist das höchste Ziel für die ganze Menschheit.

Jetzt brauchen wir einen Erzieher und Belehrer, der gleichzeitig materielle, menschliche und geistige Erziehung bringt, dessen Autorität einflußreich auf alle Zustände ist. Sollte jemand sagen: „Ich besitze vollkommenen Verstand und Intelligenz und bedarf eines solchen Belehrers nicht“, so würde er leugnen, was klar und deutlich ist; es wäre, als wenn ein Kind sagen wollte: „Ich brauche keine Erziehung, ich will nach meiner Vernunft und Intelligenz handeln und werde auf diese Weise die Vollkommenheit der Existenz erlangen“, oder als ob ein Blinder sagte: „Ich brauche das Augenlicht nicht, denn es gibt viele Blinde, die ohne Schwierigkeit leben können“.

Daraus geht deutlich und klar hervor, daß die Menschheit einen Erzieher benötigt, der vollkommen in jeder Hinsicht sein muß und über allen Menschen steht; andernfalls könnte er nicht ihr Erzieher sein, besonders deshalb nicht, weil er materieller, menschlicher und geistiger Erzieher zumal sein muß, d. h. er wird die Menschen lehren, materielle Dinge [Seite 99] zu organisieren und auszuführen, sowie die menschlichen Gesellschaftsformen einzurichten zur Hilfeleistung und Unterstützung im Leben, so daß diese materiellen Angelegenheiten organisiert und reguliert werden für alle Lebenslagen. In gleicher Weise wird er neue Grundsätze für die menschliche Erziehung aufstellen, d. h. die menschlichen Gedanken müssen durch ihn in vollkommener Weise entwickelt werden, damit Wissenschaft und Weisheit zunehmen, die Wirklichkeit der Dinge, die in den Wesen verborgenen Geheimnisse und die Reichtümer in der Schöpfung entdeckt werden, damit Tag für Tag Belehrung und Erkenntnis zunehmen, damit von Dingen, die den Sinnen wahrnehmbar sind, die intellektuellen Probleme abgeleitet werden. Auch muß er geistige Erziehung vermitteln, damit die Intelligenz in das Verständnis der übersinnlichen Welt eindringe und sie die Gabe durch das Wehen des heiligen Geistes empfange, in Verbindung mit den höchsten Heerscharen zu treten. Er muß die „Wirklichkeit“ im Menschen entwickeln und ihn dazu erziehen, daß er zum Zentrum der Widerspiegelung des göttlichen Wesens wird und zwar in einem solchen Grad, daß die Eigenschaften Gottes in dem Spiegel der „Wirklichkeit" des Menschen zurückgestrahlt und das Wort zur Wahrheit wird: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.“

Es ist klar, daß die menschliche Kraft solch Gewaltiges nicht erfüllen kann und daß der Verstand allein die Verantwortung für ein solches Werk nicht übernehmen könnte. Wie könnte eine einzige Person ohne Hilfe und Beistand den Grund für ein solch erhabenes Bauwerk legen? Es hängt von der geistigen und göttlichen Kraft ab, um ein solches Werk zu vollbringen. Eine heilige Seele gibt der Menschheit Leben, kann das Weltbild ändern, kann die Intelligenz höher entwickeln, die Seelen neu beleben und die Grundlagen einer neuen Existenz gründen, die Basis einer herrlichen Schöpfung aufrichten, die Welt organisieren, Nationen und Religionen unter einer Fahne vereinigen, die Menschen aus einer Welt von Unvollkommenheit und Lastern befreien und ihnen den Wunsch und das Bedürfnis nach natürlichen und erworbenen Tugenden einflößen. Nur göttliche Macht allein kann solches Werk vollbringen. Wir sollten dies mit Gerechtigkeit prüfen, denn diese Sache erfordert Gerechtigkeit. "

Eine Sache, die alle Regierungen und Völker der Welt mit aller ihrer Macht nicht ausrichten können, vermag eine heilige Seele zu tun. Kann dies aus menschlicher Kraft sein? Nein — im Namen Gottes! Christus hat z.B. ganz allein die Standarte des geistigen Friedens und der Gerechtigkeit erhoben, ein Werk, das alle mächtigen Regierungen mit all ihren Heeren nicht zu erfüllen vermochten. Denke an die Geschichte so vieler Kaiserreiche und Völker: das römische Reich, Frankreich, Deutschland, Rußland, England etc., alle nahmen unter demselben Zelt Platz, d.h. das Kommen Christi vereinigte alle diese verschiedenen Nationen, von denen einige unter dem christlichen Einfluß sich so vereinigten, daß sie Leben und Besitz für einander opferten, obgleich nach Konstantin, der der Protektor des Christentums war, die Kirchenspaltung eintrat. Was ich besonders betone, ist, daß Christus eine Sache ins Leben rief, die alle Könige der Erde nicht aufrichten konnten. Er vereinigte die verschiedenen Religionen und änderte frühere Gebräuche und Sitten. Bedenkt, welch großer Gegensatz zwischen den Römern, Syrern, Aegyptern, Phöniziern, Israeliten und anderen Völkern bestand. Durch Christus wurde die Uneinigkeit zwischen ihnen beseitigt; er wurde zur Ursache der Liebe unter ihnen; obgleich nach einer gewissen Zeit Gewalt und Herrschsucht diese Einheit zerstörte, so war doch das Werk Christi erfüllt.

Deshalb muß der vollkommene Erzieher zu gleicher Zeit materieller, menschlicher und göttlicher Führer sein. Er muß eine überirdische Kraft besitzen, daß er die Stellung eines göttlichen Lehrers aufrecht erhalten kann. Wenn er eine solch heilige Kraft nicht aufbringt, so wird er nicht fähig sein zu lehren, denn wenn er unvollkommen wäre, wie könnte er eine vollkommene Erziehung bringen. Wäre er unwissend, wie könnte er andere weise machen? Wäre er ungerecht, wie könnte er andere zur Gerechtigkeit führen? Wäre er von dieser Welt, wie könnte er andere himmlisch machen ? Haben diese göttlichen [Seite 100] Manifestationen*), die erschienen sind, alle diese Eigenschaften besessen oder nicht? Wenn sie nicht diese Eigenschaften gehabt hätten, wären sie keine wirklichen Erzieher gewesen. Es muß folglich unsere Aufgabe sein, den denkenden Menschen durch vernunftgemäße Beweisführung die Prophetenschaft Moses, Christi und der anderen göttlichen Offenbarer darzulegen. Die Beweise und Tatsachen, die wir vorbringen, sollen nicht auf traditionellen sondern auf rationellen Argumenten beruhen. Es ist jetzt bewiesen, daß die bestehende Welt eines Erziehers notwendig bedarf und daß ihre Erziehung durch göttliche Kraft bewirkt wird. Es herrscht kein Zweifel darüber, daß diese Kraft auf göttlichen Einfluß zurückzuführen ist und daß die Welt durch eine Macht erzogen werden muß, die über menschlicher Kraft steht.

Uebersetzt von Frau A. Schwarz.


Ansprache Abdul Bahas im „Hull House“‚ Chicago

30. April 1912.

Aus Wisdom-Falks of Abdul Baha in Chicago I.U. 30. April bis 5. Mai 1912.

(Uebersetzt von A., stenogr. von Jos. H. Hannen.)

„Ich möchte über eine philosophische Frage sprechen, über eine Sache göttlicher Philosophie, die von schwerverständlicher Art ist, wofür ich Eure ganze Aufmerksamkeit und Ueberlegung in Anspruch nehmen muß.

Bei allem Bestehenden in der sichtbaren Welt gibt es zwei Arten der Betrachtung: eine solche, die auf die allgemeinen und eine solche, die auf die unterscheidenden Merkmale eines jeden Geschöpfs gerichtet ist. Alle bestehenden Wesen sind in Hinsicht ihres äußeren Aussehens oder der ihnen verliehenen allgemeinen Stufe gleich, denn alle sind materieller Art. Es gibt aber auch einen Grad des Unterschieds. Ihrem Körper nach, dem Material nach, aus dem sie geformt sind, haben sie vieles gemein, sie sind ein und dasselbe; aber hinsichtlich ihrer besonderen Art oder Klasse besteht ein Unterschied. Das Mineral, die Pflanze, das Tier und der Mensch sind ihrem körperlichen Zustand nach Materie. In diesem Punkt berühren sich alle, dies ist allen gemeinsam. Was aber das Merkmal der einzelnen Art betrifft, so ist das Mineral von Pflanze und Tier verschieden, das Pflanzenreich unterscheidet sich vom Tierreich und der Mensch wieder vom Tier. Dies ist der Begriff der Unterscheidung. Wenn die Merkmale der Aehnlichkeit die der Verschiedenheit überwiegen, dann ist die Einheitlichkeit gesichert. Wenn andererseits die Verschiedenheit in den einzelnen Berührungspunkten überwiegt, so entstehen Trennung und Gegensatz daraus.

So ist auch die schwarze und weiße Rasse, was das Materielle anbelangt, einheitlich, jedoch mit gewissen Unterschieden. Ihre Berührungspunkte sind zahlreich. Farbige und Weiße sind beide Menschen, beide haben das, was als materieller Körper bezeichnet wird, als gemeinsames Merkmal. Die Berührungspunkte zwischen beiden sind im allgemeinen viererlei Art. Beide sind aus menschlicher Materie, beide haben, wie das Pflanzen- und Tierreich, die Fähigkeit der Fortpflanzung; beide haben wie das Tierreich Gefühl und Sinne und beide sind mit menschlichem Verstand (Vernunft) ausgestattet. Für dieses Land kommt aber noch ein wichtiger Punkt hinzu, nämlich die Vaterlandsliebe. Diese ist beiden eigen. Was die Sprache anbelangt, so teilt ihr sie auch; ihr beide redet eine Sprache, und im allgemeinen habt ihr auch teil an der gleichen Zivilisation. Und nun, trotz dieser zahlreichen gemeinsamen Berührungspunkte wollt ihr, um einer Verschiedenheit willen, die von geringster Wichtigkeit ist - die der Farbe — euch von ihnen absondern? Vom allgemeinen körperlichen Gesichtspunkt seid ihr gleich. Die Kraft der Fortpflanzung habt ihr gemein. Alle 5 Sinne teilt ihr mit ihnen. Menschliche Intelligenz besitzt ihr beide. Vaterlandsliebe ist euch auch gemeinsam. In der Sprache liegt ebenfalls ein Berührungspunkt. Eure Zivilisation gleicht sich [Seite 101] auch. In religiöser Beziehung seid ihr ein und dasselbe. In einem Punkt nur unterscheidet ihr euch, und dies ist die Farbe. Ist es angängig, ist es passend, bei allen diesen Berührungsunkten wegen dieses einen unbedeutenden Punktes sich abzusondern oder zu trennen? - wahrhaftig nicht! Es ist Gott nicht gefällig, noch ist ein denkender Mensch damit einverstanden, noch ist ein vernünftiger Mensch willens, aus diesem Grund irgend einen Unterschied zu machen. Es bedarf aber einer großen, mächtigen Kraft, die alle diese Vorurteile überwinden kann, einer Kraft, der nichts auf Erden standhält und die alle anderen Kräfte überragt, und diese große Macht ist die Liebe zu Gott, eine Macht, die alle widerstrebenden Kräfte überwindet, und ich hoffe, daß diese Macht diesen einen Punkt der Verschiedenheit übersieht und beseitigt, daß sie alle vereinigt, so daß hernach keine Absonderung mehr sein wird. Baha ’Ullah hat die Einheit der Menschheit verkündigt. Er will, daß die verschiedenen Nationen, Religionen, Sekten und Konfessionen sich vereinigen sollen. Er hat erklärt, daß die Farbunterschiede in der Menschheit der Mannigfaltigkeit der Blumen, den verschiedenen Blumen in einem Garten gleichen. Tretet ihr in einen Garten, so werdet ihr gelbe, weiße, dunkle, vielfarbige Blumen sehen. Eine rote Blume z. B. ist von größter Schönheit, Zartheit und Leuchtkraft, aber jede verleiht durch ihre Verschiedenheit dem ganzen besonderen Reiz. So ist also der Unterschied im menschlichen Reich diesem Unterschied der Blumen gleich. Würdet ihr in einen Garten geführt werden, worin alle Blumen von gleicher Farbe oder Form wären, wie eintönig würde das wirken! So verleihen auch die verschiedenen Farben der Rassen - weiß und schwarz, gelb, braun und rot - der ganzen Menschheit eine schöne Farbenharmonie. Daher müssen sich alle mit einander verbinden wie die Blumen, die harmonisch in einem Garten blühen“.

  • ) Göttliche Manifestationen sind die Gründer der Religionen.

Uebersetzt von Frau A. Schwarz.


Brief von Bahejjah Khanum an die amerikanischen und die deutschen Bahais.

O Ihr getreuen Freunde Abdul Bahas!

Jetzt, da das Herz noch von Schmerz und Leid erfüllt und das Dunkel des herben Verlustes noch auf uns liegt, ziehen meine Gedanken in liebevollem Erinnern zu meinen innig geliebten Schwestern und Brüdern in der heiligen Sache.

Der Bericht von Eurer Festigkeit im Bund, von Eurem Bemühen, in Harmonie und Eintracht zu arbeiten, von Eurem unermüdlichen Eifer und der Ergebenheit auf dem Wege des Dienstes war eine Quelle unaussprechlicher Freude für mich; denn jetzt besteht mein ganzes Glück in der Güte und Treue der Freunde und meine alleinige Freude ist der Fortschritt der heiligen Lehre.

Liebe Freunde! In dieser kritischen Zeit, in der die Sache mit ihrer ganzen Verantwortung auf einen jeden Bahai übergegangen ist, ist die Pflicht eines jeden Einzelnen groß, schwer und mannigfaltig. Jetzt, nachdem die Sonne des Bundes am Horizont der Welt untergegangen ist, sind aller Augen ausnahmslos auf uns gerichtet. Jetzt ist es Zeit für die treuen Freunde Abdul Bahas, die sein glänzendes Licht empfingen, hell zu leuchten wie ein schimmernder Stern. Die Leuchtkraft unseres Glaubens muß derart sein, daß sie die Wolken des Zweifels vertreibt und die Welt zur Quelle der Wahrheit führt.

Unsere Festigkeit muß so groß sein, daß die Wankenden und die Zweifler überzeugt zur Gemeinschaft zurückkommen; unsere Eintracht und Liebe muß so stark sein, daß die Menschen in aller Welt sich in Freundschaft und Liebe die Hände reichen; unsere Betätigung im Dienst der Sache muß so gewaltig sein, daß aus allen Teilen der Welt der Ruf wiederhallt: „Ya Baha EI Abha!“ Um Inspiration und Führung zu erlangen, laßt uns Seiner lebenspendenden Worte gedenken: „O Freunde, zeigt Eure Treue! O Ihr, meine Geliebten, offenbart Eure Festigkeit und Eure Beständigkeit! O Ihr, die Ihr Seinen Namen anrufet, wendet Euch Ihm zu und haltet Euch an Ihn! O Ihr, die Ihr Euer Herz Ihm zukehret und um seine Hilfe bittet, [Seite 102]TI klammert Euch an Ihn und geht Seinen Weg! Es ist die Pflicht eines jeden, den anderen anzuspornen, alle Anstrengung zu machen, um Seine göttlichen Düfte weithin zu verbreiten und Sein Wort zu verkündigen. Wir müssen allezeit gelenkt werden vom Hauch, der aus dem Rosengarten Seiner liebevollen Güte kommt, wir müssen die Düfte der geheimnisvollen Blumen Seiner Gnade ausströmen.“

Dies ruft uns auch heute Abdul Baha aus dem Reich der strahlenden Herrlichkeit zu. Will nicht ein jedes von uns Seiner Stimme gehorchen und die größte Anstrengung machen, Sein Hoffen zu erfüllen?

Liebe Freunde, dieser Tag ist der Tag der Treue, der Tag der Vereinigung und des Dienstes. Laßt uns nicht warten und zaudern, sondern — losgelöst von der Welt und ihren Interessen — kleidet Euch mit dem Panzer des Glaubens, seid belebt durch sein lebenspendendes Wort, erfüllt vom heiligen Geist der Liebe und der Ermahnung; erhebt Euch in größter Liebe und Harmonie, eilt zum Kampfplatz des Dienstes und unterwerft die Herzen mit den Waffen der Liebe zu Gott und mit dem Schwert des Friedens und der Brüderlichkeit.

Wenden wir uns alle mit Erleuchtung und Unerschrockenheit den Worten Baha ’Ullahs zu, worin Er sagt: „O ihr Erdenbewohner! Sollte das Tagesgestirn Meiner Schönheit aus dieser Welt verschwinden und der Himmel des Zeltes Meines Bündnisses (Stiftshütte) dem sterblichen Auge verhüllt sein, so beunruhigt euch nicht, sondern erhebt euch zur Siegesfreude um Meiner Sache willen und zur Begeisterung für Meine Worte an die Menschheit. Wahrlich, Er ist mit euch allezeit und Er will euch gütig zum Sieg verhelfen, Er, der Mächtige und Gewaltige!“

Liebe Freunde! Eine ernste Verpflichtung ruht auf jedem Bahai, die heilige Sache zu schützen und die Feste des Glaubens vor den Angriffen der Feinde zu behüten. In dieser Zeit steigert sich ihre Tätigkeit. Sie sind stets wachsam und geben sich die größte Mühe, um Schaden zu verursachen und den Fortschritt der Sache zu hindern.

In Verbindung zu treten mit solchen Menschen würde Uneinigkeit und Unruhe unter den Freunden hervorrufen und würde der Weiterentwicklung der Sache nachteilig sein. Deshalb ist es dringend erforderlich, daß die Freunde große Weisheit und Wachsamkeit beobachten, damit durch die üblen Anschläge der Feinde keine Bresche in den Glauben gelegt wird. Einige wenige, die Abdul Baha als Verletzer des Bündnisses bezeichnet, müssen von allen Freunden gemieden werden, wie Shoghi Effendi in seinem zweiten Brief an die amerikanischen Freunde selbst sagt.

Wir hoffen, daß Shoghi Effendi bald zurückkehrt, nachdem er geistige Kraft und Einblick erlangt hat und daß er dann sein verantwortungsvolles Amt mit erneutem Eifer und Zuversicht wieder aufnehmen kann. Nichts wird ihn mehr erfreuen, als alle Freunde harmonisch vereint (in der hl. Sache) arbeiten zu sehen.

An der heiligen Schwelle bete ich, daß die Freunde in Liebe und Eintracht die göttlichen Düfte und die Lehren des Friedens und des Wohlwollens verbreiten möchten. Aus dem höheren Reich sieht Abdul Baha auf uns hernieder und führt und segnet uns hach unseren Bestrebungen.

Mögen die Kräfte aus dem Abha-Reich Euch immer helfen und Seine Herrlichkeit mit Euch sein.

(gez.) Bahejjah.

Uebersetzt von Frau A. Schwarz.


Rede von Abdul Baha bei dem Verband des Frauenklubs.

(Uebersetzt von A., stenogr. von Joseph Hannen.)

La Salle Hotel Chicago, 2. Mai 1912.

Die Tätigkeit der Sonne als Leuchtkörper besteht darin, die Existenz der Gegenstände zu offenbaren. Alles, was als Anlage in der Erde verborgen liegt, wird durch die Wärme und das Licht der Sonne offenbar oder entfaltet. Was z.B. im Baume verborgen ist, wird durch das Sonnenlicht zur Entwicklung gebracht und dem Blick enthüllt. So können wir sagen, daß die Tätigkeit der Sonne die Enthüllung der geheimnisvollen und verborgenen Dinge ist, die in der Erde liegen. In diesem Jahrhundert des Lichts hat nun auch die Sonne der Wirklichkeit [Seite 103] sich in vollster Herrlichkeit aller Welt gegenüber geoffenbart. Etwas sehr wichtiges, das hinter dem Reich der Existenz verborgen ruhte, waren die Anlagen, Fähigkeiten und Möglichkeiten für die geistige Entwicklung des weiblichen Geschlechts. Durch das Licht der Sonne der Wahrheit in diesem erhellten Zeitalter sind die Fähigkeiten des weiblichen Geschlechts so offenkundig geworden, daß die Gleichstellung des Mannes und der Frau eine feststehende Forderung bildet, die zur Tatsache werden soll. In allen Zeiten geschah der Frau Unrecht und sie wurde unterdrückt. Leider war dies hauptsächlich in Asien, Afrika und Australien der Fall. In diesen drei Weltteilen wurde die Frau stark unterdrückt, ja in gewissen Teilen Asiens wurde die Frau nicht als vollwertiges Glied der menschlichen Rasse angesehen. Man schätzte die Frauen als minderwertige Menschen, als eine besondere Rasse oder Art ein. Es lebt dort ein gewisses Volk, unter dem Namen Nosyrian bekannt, das lange an der Ansicht festhielt, daß das Weib die Verkörperung des bösen Geistes, des Satans sei, und daß der Mann allein die Offenbarung des Barmherzigen oder des Herrn sei.

Endlich brach aber das Jahrhundert des Lichts an. In diesem Zeitalter ist die Wirklichkeit der Dinge ins Licht gestellt worden. Viele unerkannte Dinge sind erkannt worden und darunter die erwähnte Gleichberechtigung der Frau. Man ist sich jetzt auch außerhalb Europas und Amerikas und selbst im Orient darüber klar, daß das weibliche Geschlecht dem männlichen ebenbürtig ist, wenn es auch praktisch noch nicht überall in Erscheinung tritt. Es hat Frauen gegeben, die wirklich ein Zeichen zielbewußter Führung und geistiger Macht waren. Manche waren beachtenswerte Dichterinnen, andere waren philosophisch bedeutend. Wieder andere zeichneten sich aus durch Mut und Tapferkeit. Es gab sogar Frauen, die ihren Wert und ihren Mut auf dem Schlachtfeld bewiesen. Viele Schriftstellerinnen haben ihre Dichtungen, die teilweise Meisterstücke der Poesie sind, uns hinterlassen. Zu den letzteren gehörte Kurrat-el-Ayn, die eine Bahai war. Sie beschämte die Gelehrten Persiens. In jeder Versammlung, in die sie trat, verstummten die Gelehrten. Sie war so wohlbewandert in der Philosophie und Wissenschaft ihrer Zeit, daß die Gelehrten sie immer obenan stellten. Ihr Mut war unvergleichlich und ging so weit, daß sie ihren Feinden offen entgegentrat, bis sie getötet wurde. Sie trat sogar einem Monarchen entgegen, dem Schah von Persien, der sehr despotischer Natur war und durch ein Dekret tausend Männer jeden Tag töten konnte. Es gab keinen Tag, an dem er nicht viele Menschen zum Tod verurteilte. Diese Frau hatte den Mut, ganz allein einem solchen Herrscher entgegenzutreten bis zum letzten Atemzug, bis sie ihr Leben verwirkte und opferte.

Beachtet, welche verborgenen Kräfte hier offenbar wurden! Alles dies erfolgte durch die Strahlen der Sonne der Wirklichkeit, die in diesem Jahrhundert und in dieser Zeit sichtbar wurde.

Der Mann muß unparteiisch die Wirklichkeit erforschen und soll keine Vorurteile hegen. Was für ein Unterschied besteht zwischen Mann und Frau? Beide sind menschliche Wesen. In allen Funktionen und Betätigungen sind sie Mitarbeiter. Die Frau hatte aber vielfach keine Gelegenheit, sich in Dingen zu betätigen, die dem Manne längst gewährt wurden und an der allgemeinen Bildung teilzunehmen. Sie hat allerdings keine militärische Kriegskunst erlernt. Wenn sie nicht ins Feld ziehen kann um zu töten, ist dies ein Mangel? Wir können sagen, daß dies eher ein Vorzug oder ein Lob für sie ist, wenn sie in der Herzenskälte den Mann nicht erreicht. Wenn wir zu den Frauen sagten: Kommt und tötet! so werden sie antworten: Wir können das nicht! Nun ist das aber kein Mangel. Wenn die Frauenwelt gelehrt worden wäre, den Kriegsdienst zu erlernen, so glaube ich, daß sie genau ebensoviel leisten könnten, wie der Mann. Gott aber möge es verhüten, daß das Frauengeschlecht militärischen Dienst erlernt. Möchten sie niemals daran denken, das Gewehr zu ergreifen; denn dies würde für sie keinen Ruhm bedeuten. Gemütlichkeit des Heims, Freude zu schaffen und Behagen zu verbreiten, das gehört zum Vorzug des Weibes! Der Mensch sollte sich dessen nicht rühmen, daß er Menschen töten kann, vielmehr sollte er seinen Ruhm darin sehen, daß er lieben kann. [Seite 104]

Wenn wir das Reich der Existenz beobachten und die verschiedenen Naturreiche betrachten, so entdecken wir, daß nirgends ein solcher Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht wird, wie unter den Menschen, daß vielmehr bei allen erschaffenen Wesen nur ein Unterschied der Art besteht. Bei den Tieren ist wohl der Unterschied des weiblichen und des männlichen Geschlechts, wird aber bei ihnen ein Unterschied des Rangs gemacht? Im vegetabilen Reich finden wir wohl männliche und weibliche Pflanzen, aber es besteht kein Wertunterschied zwischen ihnen. Ja, wenn wir unparteiisch die Sache untersuchen, so finden wir vielleicht, daß das weibliche dem männlichen Geschlecht eher überlegen ist. Im Pflanzenreich gibt es z.B. Bäume, bei denen die weibliche Art fruchtbar ist, indessen der männliche Baum keine Früchte trägt. Zum Beispiel, der männliche Feigenbaum trägt keine Früchte, indessen der weibliche Feigenbaum Früchte trägt. Der männliche Palmbaum ist wertlos, während die weibliche Palme Früchte hervorbringt. Wenn wir nun finden, daß es in anderen Reichen, im Tier- und Pflanzenreich, keinen Unterschied zwischen männlich und weiblich gibt, wie steht es dann dem Menschen zu, einen solchen Unterschied zu machen? Der männliche Typus der Tiere ist deshalb nicht dem weiblichen überlegen, weil er männlichen Geschlechts ist. Tatsächlich ist (abgesehen von Aeußerlichkeiten) eine Gleichheit offensichtlich. Ist es also schicklich, daß der Mensch, der so erhaben ist in der Schöpfung, sich selbst dieser Gleichberechtigung der Geschlechter beraubt, deren sich die Tiere erfreuen? Das männliche Tier beansprucht keineswegs einen Vorzug, es stellt sich dem weiblichen gleich. In allen Rechten betrachten sich die Tiere als ebenbürtig. Wie ist es möglich, daß der Mann, das vernünftigste, das vornehmste Geschöpf, sich als etwas Höheres betrachtet, wo doch tatsächlich alle die Diener Gottes sind und alle von ihm als Menschen angesehen werden. Wenn das Wort „Mensch“ als Gattungsname gebraucht wird, so wird es für beide Geschlechter gebraucht, nicht bloß für den Mann. Z. B. heißt es in der Bibel: „Der Mensch wurde zu unserem Ebenbild und Gleichnis erschaffen“ — das soll nicht bedeuten, daß der weibliche Mensch nicht auch dazu erschaffen wurde. Dies Wort ist vom Weib ebensogut als vom Mann gesagt: „Wir haben den Menschen nach unserem Ebenbild erschaffen“. Es dürfte auch interessieren, daß in Persien und Arabien es zwei verschiedene Wörter gibt, die in Englisch mit dem Wort „Mensch“ übersetzt werden. In Persisch und Arabisch ist folgender Unterschied: Wenn das Wort Mensch in einem Sinn gebraucht wird, so sind damit Mann und Frau gemeint und das Fürwort bezieht sich auf beide; es gibt aber auch ein Wort, das „männlich“ und „weiblich“ unterscheidet. Wir wenden das Wort „Mann“ nur auf den Mann an, auf die Frau kann sich dieser Name niemals beziehen. Wir benutzen aber auch das Wort „Mensch“ im englischen Sinn, so daß es auf beide anwendbar ist. Im Hebräischen ist es ebenso.

Das, was Gott nicht schuf, Unterschiede, die er nicht machte, sollen wir nicht in Betracht ziehen. Es ist dies ein Vorurteil. Das, was in Betracht kommt ist, daß das weibliche Geschlecht besser gelehrt werden soll. Es soll die gleiche Möglichkeit der Erziehung haben wie die Männer. Es soll kein Unterschied zwischen Mann und Frau sein, was die Bildung und Erziehung betrifft. Und können wir, solange diese Wirklichkeit, nämlich die Gleichheit des männlichen und weiblichen Geschlechts im Reich des Menschen, nicht voll erfüllt ist, ihn ein Bild und Gleichnis Gottes nennen? Ist menschliche Ehre vielleicht das Kennzeichen, wodurch er ein Bild Gottes genannt werden kann? Oder können wir irgend eine Farbe als Prüfstein betrachten und sagen, ein solcher oder solcher von einer gewissen Färbung ist das Bild Gottes? Können wir z.B. sagen, daß ein Mensch von oliver Gesichtsfarbe ein Bild Gottes sei? Oder können wir sagen, der Weiße ist dem Gottesbild am ähnlichsten? Ist einfach die weiße Farbe das Merkmal, nach dem der Mensch abschließend beurteilt werden darf? Oder ist es vernünftig, die schwarze Farbe zu wählen, indem wir sagen, ein Schwarzer ist ein Bild und Gleichnis Gottes, nur wegen seiner Farbe; oder soll der Rothäutige das Bild Gottes und ihm ähnlich sein? Oder sollen wir die gelbe Rasse als die Schöpfung und deshalb als Bild und Gleichnis Gottes erklären? Können wir einfach [Seite 105] sagen, weil der und der gelb ist, ist er ein Abbild Gottes? So kommen wir denn zu dem Schluß, daß die Farben von keinerlei Wichtigkeit sind. Die Farben sind in der Natur nebensächlich. Das, was wesentlich am Menschen ist, ist die Humanität. Und diese besteht in der Offenbarung göttlicher Eigenschaften, verliehen durch die Barmherzigkeit Gottes. Es ist das ewige Leben; es ist die Taufe durch den heiligen Geist. Gebt deshalb überall bekannt, daß die Farbe von keiner Wichtigkeit ist. Der Mensch, der das Bild und das Gleichnis Gottes ist, der die Offenbarung der Gaben Gottes ist, wird an der Schwelle Gottes angenommen, von welcher Farbe er auch sei. Laßt ihn blau, weiß, oliv, braun sein, das ist gleich! Der Mensch wird nur Mensch genannt, weil er menschliche Eigenschaften besitzt. Der Mensch wird nach seinem Verstand und nach seinem Geist beurteilt. Laßt dies das einzige Merkmal sein. Darin besteht das Bild Gottes. Wenn des Menschen Art, sein Herz weiß ist, so kann seine Haut schwarz sein; ist sein Herz finster und seine Art schwarz, und sei er auch hellfarbig, so nützt ihn dies doch nichts. Daher ist von einziger Wichtigkeit der Charakter des Herzens. Das leuchtendere Herz ist vor Gott das wertvollere. Wenn Gott dem Menschen eine solche Gnade erzeigt hat, daß er ihn zu seinem Ebenbild machte, so hat er ihn wahrlich auf eine hohe Stufe erhoben. Und diese hohe Stufe soll nicht um der Farbe willen geopfert werden.

Uebersetzt von Fr. A. Schwarz.


Aus einer Rede von Abdul Baha

im Plaza-Hotel Chicago, 2. Mai 1912.

(Ueber die richtige Art der Beratung in den Versammlungen.)

„Wer eine Ansicht äußert, soll nicht sagen, daß nur diese Ansicht richtig oder wirklich sei, sondern er soll seine Ansicht als Beitrag zur Meinung der andern geben, denn das Licht der Wirklichkeit wird sichtbar, wenn ein Zusammentreffen zweier Ansichten stattfindet. Wenn du einen Kiesel, Stahl und Zunder hast, so kannst du Feuer schlagen. Die negative und positive. Kraft, die zusammentrifft, schafft etwas, als ob es Elektrizität wäre. Es ist die Reibung, die das Licht erzeugt und dies ist auch im Geistigen der Fall. Mit größter, äußerster Ruhe und Besonnenheit, mit Mäßigung des Temperaments und völliger Fassung und Ueberlegung soll der Mensch seine Ansichten vorbringen, Bevor man aber seine Meinung äußert, muß man die Tragweite der zuvor geäußerten Ansicht abwägen. Wenn man sieht, daß die zuvor ausgesprochene Ansicht besser ist, soll man diese unverzüglich annehmen. Man soll nicht eigensinnig bei der eigenen Ansicht verharren. Dies nennen wir „das Bemühen zur Einigkeit“, um zur Wahrheit zu gelangen. Dies ist sehr gut. Sollte aber Opposition eintreten und Zersplitterung dadurch entstehen, so ist es sehr übel. Es ist besser, einer Meinung zu sein, denn die individuelle Ansicht eines weisen und scharfsinnigen Mannes ist besser. Wenn aber Opposition und Streit entstehen und verschiedene von einander abweichende Ansichten sich zeigen, so bedarf es einer Entscheidung durch eine gerichtliche Körperschaft, in der die ausgesprochenen Ansichten erörtert werden. Tausende können ihre Ansicht äußern und die Sache mißverstehen, und ein weiser Mensch kann seine Ansicht äußern und recht damit haben. Auch dies ist möglich. Folglich muß eine Beratung in Liebe geschehen. Sie muß geistiger Art sein und ein Beschluß muß in äußerster Liebe gefaßt werden. Die Teilnehmer müssen den höchsten Grad der Liebe zum Mitmenschen besitzen, damit gute Erfolge aus der Beratung hervorgehen. Liebe ist die Grundlage jeder Beratung“.

(Uebersetzt von Fr. A. Schwarz.)

[Seite 106]

Himmlische Nahrung.

Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“ von J. M. Grundy (1907).

Abdul Baha sprach: „Gott hat uns dadurch begünstigt, daß Er uns wieder an Seiner Tafel versammelt hat. Möge Seine Gnade und Güte die Nacht zum Tag machen und geben, daß dieser Tag ewig währt. Denn je nach der Bewegung der Erde ist es Tag oder Nacht, aber für die Sonne existiert die Nacht nicht, für sie währt der Tag ewig. Wenn wir uns zu ihr erheben könnten, so würde es für uns keine Nacht geben, weil es da keinen Horizont gibt. Die irdischen Dinge haben eine Existenz, obgleich sie vergehen müssen. Alle Geschöpfe haben dieselbe Existenz, aber alle erschaffenen Dinge müssen sterben. Der Weise sieht sie als vergänglich an. Aber das, was zum göttlichen Königreich gehört, ist ewig. Seelen, welche aufmerksam und erweckt sind, werden darauf achten und sich dem ewigen Königreich zuwenden, ehe es zu spät ist. Das Aeußere und Vergängliche ist nur ein Bild von dem Inneren und Unvergänglichen. Wie viele berühmte Menschen sind seit Christus gekommen und gegangen. Wie viele Könige und Fürsten, berühmte Männer und solche, die ob ihrer Gelehrsamkeit bewundert wurden, haben sich erhoben und sind wieder verschwunden! Es blieb keine Spur, kein Resultat von ihnen zurück, und deshalb hatten sie keine wirkliche Existenz. Aber jene demütigen und unbedeutenden Männer, welche aus dem Kelch der Lehren Christi tranken, leuchten ewig an dem geistigen Horizont, obgleich sie damals für unwissend gehalten wurden. Das, was von dem göttlichen Reich kommt, ist ewig, das, was zum Reiche dieser Welt gehört, wird dahinschwinden und vergehen.

Das Wort Gottes ist Liebe. Wir haben uns hier versammelt, um an materieller und geistiger Nahrung teilzunehmen. Viele Leute beachten diesen großen Tag nicht. Wir sind die Gesegneten, welche ihn erkennen und mit seiner wundervollen Bedeutung vertraut sind. Warum schlafen sie, während ihr erweckt seid? Ihr habt ihn erreicht, während sie seiner Segnung beraubt sind, weil sie ihn nicht sehen wollen. Warum dies so ist, ist in der Bibel erwähnt, wo es heißt: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt“. Es ist ein Geschenk Gottes. Seine Gnade ist auf uns herabgekommen, obgleich wir ihrer nicht würdig sind“.


Die Liebe

und die Trennung von der Welt.

Eine Rede von Badi Ullah.

Während des Nachmittags kam Badi Ullah herein. Er sagte: „Trennet euch von den Dingen dieser Welt. Es gibt eine schöne persische Erzählung, welche von der Liebe des Majnun und der Laila erzählt. Sie ist von Baha ’Ullah in dem Tablet „Die sieben Täler" erwähnt. Nachdem Laila in die geistige Welt eingegangen war, sah man, wie Majnun überall nach ihr suchte. Obgleich der Liebende wußte, daß sein Suchen hoffnungslos sei, fuhr er doch fort, die Geliebte zu suchen, er suchte sie sogar dadurch, daß er den Sand durch seine Finger siebte und bewies so seine Hingebung und Verehrung. Die Geschichte seiner Liebe lehrt uns, daß in unseren Trübsalen und Mißgeschicken eine tiefe verborgene Weisheit liegt, denn durch dieselben kommt unsere Liebe und Ergebenheit zu Gott zutag. Gleich Majnun müssen wir Ihn überall und fortwährend suchen. Während Majnun einmal bei Nacht nach seiner Geliebten suchte, wurde er von einer Patrouille gesehen und verfolgt. Als er beinahe eingefangen war, kletterte er über eine hohe Mauer und sprang in einen Garten; dabei fiel er zu Füßen seiner geliebten Laila, welche mit einer Kerze in der Hand zufällig nach einem verlorenen Ring suchte. Als er sich so in ihrer Gegenwart befand, vergaß er seine Furcht, brachte ein Dankgebet dar und bat Gott, daß Er die Patrouille, welche ihn verfolgt hatte, segnen möge. So ist es auch mit unserem Suchen nach Gott. Zuerst scheint alles schwierig zu sein. Widerstand und Prüfungen umgeben uns von allen Seiten. Wenn wir Ihn aber finden, dann danken wir Ihm durch unsere Liebe und unser Vertrauen für alle Trübsale und Schwierigkeiten, durch welche wir gehen mußten. Unser Glaube und unser Friede wurde vollkommener durch unser Suchen nach Ihm; je größer die Hindernisse waren, welche uns auf unserem Weg umgaben, desto größer ist [Seite 107] unsere Freude an Seiner Liebe. Die Propheten und Botschafter Gottes gingen in ihrem Leben durch Stürme der Unterdrückung und durch Orkane des Hasses und des Leidens. Sie wurden verachtet und verworfen, eingekerkert, gefoltert und um ihres Glaubens willen umgebracht. Wenn sie Gott nicht geliebt und nicht gewußt hätten, zu welch einem Paradies der Liebe sie dieser Dornenweg führt, so hätten sie dieses Ziel nicht erreichen können. Die Seele ist dem Gold ähnlich, welches — damit es vollkommen und rein wird — im Feuer und im Schmelztiegel geläutert werden muß. Im Schmelztiegel Seiner Liebe wird alles unechte Metall, alles, was sich mit ihm vermischt hat, abgeschmolzen und vernichtet, es bleibt nur das übrig, was köstlich ist und alle Proben besteht. Unsere Seele umgeben zahllose Schranken, Feinde und Verfolger. Durch die Gnade Gottes wurde uns gestattet, die Mauern zu überspringen, diesen Verfolgern zu entrinnen und unserem Geliebten vor die Füße zu fallen. Nachdem wir Ihn und Seine Liebe gefunden haben, müssen wir unserem Geliebten ähnlich sein und einander lieben — sogar unsere Feinde und diejenigen, welche uns verfolgen. All das Licht und all die Liebe, welche ihr in Akka empfangen habt, wird andere Seelen in Amerika erleuchten und erheben, wenn ihr sie liebt. In unseren Handlungen offenbaren wir das, was die Zunge nicht aussprechen kann. Sie sind einer brennenden Kerze zu vergleichen, die man an einen dunklen Ort stellt, damit ihr Licht vielen Augen auffallen und manche Seelen führen möge. Das wirkliche Licht der Seelen leuchtet in die Welt hinaus in unseren Taten. Die wichtigste Botschaft, die wir der Welt zu bringen haben, ist die Botschaft der Liebe. Durch Liebe bilden wir eine Gemeinschaft und dadurch, daß wir sie in eine geistige Gemeinschaft verwandeln, erlangen wir Macht. Wenn dieser Zauberzirkel der Liebe, der Einigkeit und der Macht aufgerichtet ist, wird sich unser Einfluß erweitern und die Zahl unserer Freunde wird sich vergrößern. Das Wesen der Liebe ist, andere mehr zu lieben als sich selbst, und einander im Dienen zu übertreffen. Um das zu vollbringen, müssen wir alle unreinen Gefühle aus unserem Herzen entfernen. Wir müssen das Böse gänzlich aus unserem Gemüt ausrotten. Baha ’Ullah sagte in einem Seiner Tablette, wenn er wüßte, daß er während des Tages die Ursache der Traurigkeit für irgend eine Seele gewesen wäre, so könnte er nicht schlafen, bis er die Traurigkeit beseitigt hätte durch Liebe. Wenn diese Liebe und diese Gemeinschaft nicht existiert, so ist unser Zusammenkommen in der Sache Gottes unnütz und fruchtlos, denn ohne Einigkeit gibt es keine Vollendung. Gott hat gesagt: „Weil ich dich liebte, erschuf ich dich“. Die Elemente haben einander angezogen; sie waren dazu gezwungen, als ob sie miteinander verwandt wären. Aus ihrer Verbindung geht Wachstum und Leben hervor. Die Existenz des physischen und geistigen Reiches rührt von dem Zusammenhang dieser Atome her und macht auch das geistige Leben möglich. Obgleich der Geist nicht von jenen Atomen kommt, kann er sich doch nur im Intellektuellen und Physischen offenbaren, und durch das Leben des Geistes in uns wird das ewige Leben von Gott auf die Menschheit übertragen. Warum lieben wir Bahai einander? Weil Gott wünscht, daß wir Seine Geschöpfe lieben sollen, damit dadurch Seine Absicht in ihnen und in uns zur Ausführung komme. In diesem Fall sind wir „der Liebende“ und die Menschheit ist „die Geliebte“. Majnun und Laila konnten sich nicht verbinden, weil sie gegnerischen und feindlichen Stämmen angehörten, gerade wie Romeo und Julia aus verschiedenen Familien kamen, welche einander bitter haßten. Die Liebe des Majnun wurde zuletzt so stark, daß er wegging und in der Wüste umherwanderte, wo ihm ein Hund begegnete. Weinend blieb er stehen und streichelte das Tier, denn es hatte einmal Laila gehört. Wenn die irdische Liebe in Majnun so stark war, um wieviel stärker sollte unsere geistige Liebe für einander sein! Wir müssen bestrebt sein, Gott in allem zu finden. Unsere Liebe für Abdul Baha muß überall Friede, Harmonie und Wohlwollen unter uns hervorbringen. Die Grundlage aller Existenz ist Liebe und die Grundlage der Liebe ist Gott. Was würde diese Welt sein ohne Liebe? Die „Gesegnete Vollkommenheit“ sagte: „Ich habe alle diese Trübsale erduldet, damit die Liebe unter den Freunden Gottes geweckt werden möge“. Sie fragten [Seite 108] Majnun: „Warum liebst du die Erde ?“ Er erwiderte: „Weil sie dunkel ist wie Laila“. Der Liebende einer irdischen Geliebten ist häufig unglücklich, er interessiert uns aber doch manchmal und zwar einfach deshalb, weil er liebt.

In den „Sieben Tälern“ zeigt die „Gesegnete Vollkommenheit“, daß manche, die Gott lieben, langsam alle sieben Stufen oder Straßen in der Richtung zum „ewig Geliebten“ durchwandern müssen, während andere mit einem Sprung, mit einem Schritt dahin gelangen. Die Liebe ist das wahre Selbst der Seele, denn Gott ist Liebe.

Das Zeichen eines Gott Liebenden ist, daß sein Herz in vollkommenem Einklang ist mit seinen Handlungen, oder vielmehr, daß in seinen Handlungen die Geheimnisse seines Herzens zum Ausdruck kommen. Gewisse Vorkommnisse zeigen, daß Mohammed Ali seinem eigenen Willen gefolgt ist und nicht dem Willen der „Gesegneten Vollkommenheit“. Ein wahrer Sucher muß nach der Wirklichkeit suchen. Möge die Kraft Gottes in euch zu einer solchen Stärke anwachsen, daß die Welt von euren Worten entflammt und alle Menschen von dem Feuer der Liebe Gottes entzündet werden. Was die „Gesegnete Vollkommenheit“ gewünscht und vorausgesagt hat, wird sicherlich eintreffen. Wenn die Liebe in den Herzen der Menschen befestigt ist, dann wird der Krieg aufhören und die Schwerter werden in Pflugscharen verwandelt werden. Der Friede wird dann regieren über alle Nationen und Königreiche“. — — - Badi Ullah wurde gefragt: „Ist „Bab“ mit „Baha ’Ullah“ in Verbindung gestanden? Er antwortete: „Ehe der Bab den Märtyrertod starb, bestimmte er, daß eine große Kiste mit Büchern und Schriften an Baha’Ullah gesandt werde. Dies geschah etwa ein Jahr vor seinem Tod. Im Alter von 25 Jahren erklärte er sich als das „Tor“ zu dem, welchen Gott offenbaren werde. Er verkündigte, daß er der Vermittler sei zwischen dem Verheissenen und dem Volk. Es wurde gesagt, der Bab und Baha ’Ullah seien eine kurze Zeit beisammen gewesen, aber diese Aussage ist nicht bewiesen. Ich hörte Baha ’Ullah nie sagen, daß Er den Bab gesehen habe. Geschichtlich ist nicht festgestellt, daß sie sich begegnet seien, aber die Uebersendung der Kiste ist eine geschichtliche Tatsache. In dieser Kiste waren viele Schriften vom Bab, Abhandlungen über den Koran etc.; sie enthielt auch eine Schrift mit der Aufschrift: „Vereinigung im Namen Abhas“. In dieser ist Baha ’Ullah 360 mal geheimnisvoll verschieden erwähnt. Der Zweck davon war der: dem Volk den „Verborgenen“ und nun „Offenbaren“ zu verkündigen und es auf Sein Erscheinen vorzubereiten. „Baha“ bedeutet „herrliches Licht" oder „strahlender Glanz“. Der Bab wußte, daß dies sein Name sein werde. Er wußte und verkündigte auch das Jahr der Manifestation Baha ’Ullahs, an welchem Er sich das erstemal in der Nähe von Bagdad erklärte. Deshalb wurde Ihm auch der Name Baha ’Ullah verliehen“.

Ein Kapitel von der Mutter des Haushaltes Abdul Bahas.

Die Gattin Abdul Bahas, Munirih Khanum, sagte: „Ich bedaure in der Tat, daß ich nicht in eurer Sprache mit euch reden kann. Auch ihr fühlt, daß die Kenntnis der persischen Sprache für euch notwendig wäre. Persisch ist in diesen Tagen sehr wichtig, weil es die Sprache Baha’Ullahs ist. In der geistigen Welt werden wir einander vollkommen verstehen. Eine Ueberlieferung von Mohammed sagt: „Gesegnet ist der, welcher eine Nacht in Akka schläft“. Er sagte ferner: „Alle die, welche in Akka ausruhen, werden geehrt sein, sogar dann, wenn sie es nicht wissen“. Ferner: „Gesegnet ist der, welcher Den gesehen hat, welcher in Akka ist“. Aber die Augen der Mohammedaner in Akka sind geistig geschlossen“.

Dann las sie uns in Persisch aus dem Tablet "Ischrakat“ vor und fuhr dann fort: „Das Haus der Gerechtigkeit wird errichtet werden. Männer werden über dieses Haus wachen Tag und Nacht. Die Leute werden zu ihm kommen und Schutz suchen. Sie müssen seinen Gesetzen gehorchen und auf seine Gebote achten. Die Sonne der Weisheit wird es sein, welche in die Politik der ganzen Welt Licht bringt. Die Reichen, Gelehrten und Mächtigen dieser Welt müssen sich der Religion als dem augenscheinlichen Licht und der Festigung der Menschheit zuwenden. Es ist unsere Pflicht, gegen jedermann freundlich zu [Seite 109] sein und niemand ein Unrecht zuzufügen. Die Religion ist das Licht der Welt; ohne sie leben wir in der Finsternis. Die „Gesegnete Vollkommenheit“ hat allen Menschen der Welt befohlen, das Friedensreich aufzurichten. Die Könige der Welt müssen sich einigen. Sie sind der Dämmerungs- und Aufgangsort des Willens Gottes. Um ihnen beizustehen, müssen wir uns bestreben, den Gesetzen Gottes zu gehorchen. Die Weisheit Gottes ist geoffenbart in zwei Lichtern, in der „Sonne" und im „Mond" genau so, wie in der materiellen Welt. Das eine Licht, der „Mond“, ist der Trost oder die „Gnade“ für die Welt. Das andere, die „Sonne“, ist das Fundament, auf welches die Welt erbaut werden muß. Wir fragen: Was wird unser Lohn und unsere Strafe sein? Die siegreichen Armeen Gottes werden gebildet aus guten Taten und Handungen. Diese sind die Soldaten Seiner Armee. Der Befehlshaber dieser Armee ist die Gerechtigkeit, und der Führer zu Gott ist der wahre Helfer. Der König muß seine Untertanen kennen und sie belohnen oder bestrafen, je nach ihrem Verdienst, dann werden die unehrlichen Diener nicht das empfangen, was den Guten und Gerechten zukommt. So ist es auch mit denen, welche nach Akka kommen.

Als Baha ’Ullah sechs Jahre alt war, sah Er sich in einer Vision ins Wasser fallen. Im Wasser leuchtete Sein langes Haar wie die Sonne und breitete sich um Ihn aus wie ein goldenes Netz. Alle Fische, groß und klein, kamen zu Ihm geschwommen und schnappten nach den Strähnen Seiner Haare. Die Fische kamen dichter und immer dichter an Ihn heran und folgten Ihm durch das Wasser, welches glänzte wie die Sonne, wohin er schwamm. Die Fische wurden unzählbar. Als Er erwachte, erzählte Er Seinem Vater, einem einflußreichen Mann in Persien, Seine Vision. Sein Vater fragte nun einen weisen Mann namens Abdul Karim, welcher die Träume des Königs auslegte. Abdul Karim sagte: „Dein Sohn wird ein großer Mann werden. Das Wasser bedeutet Erkenntnis und die Fische, welche um Ihn schwammen, sind die Völker aller Länder, welche kommen werden, um von Seiner Weisheit zu lernen. Er wird durch Gewalt weggebracht werden, er wird sich von den irdischen Dingen trennen und wird das Licht des Wortes Gottes widerspiegeln!“

Verbreitet die Botschaft, wohin ihr auch gerufen werdet, und sollte es in China sein. Abdul Baha hat oft gebetet, daß Seine Lage noch schlimmer werden möchte, damit sich Seine Kraft, den Hindernissen zu begegnen, vergrößere. Dieses Gebet war stets gesegnet. Im Gebet müssen wir Kraft suchen, um solchen Zuständen begegnen zu können.

Das Gewand, mit welchem Gott dich kleiden wird, wenn du lehrst, wird eine Rüstung sein zum Schutz gegen alle Angriffe. Die Lehrer dieser heiligen Sache werden sein wie Planeten am Himmel, sie werden die Welt des Westens erleuchten. Das Lehren ist die Krone der Tätigkeit. Es war auch die Krone, welche Jesus seinen Jüngern verlieh. Die „Gesegnete Vollkommenheit" sagte: „Seid nicht beunruhigt oder betrübt, wenn die Sonne meiner Schönheit untergegangen ist, denn ich werde euch sehen vom höchsten Horizont aus und werde denen helfen, welche sich in meiner Sache erheben“.

Alle Existenz ist in Uebereinstimmung mit dem göttlichen Gesetz. Dieses Gesetz ist universal und muß universal sein. Es ist ein natürliches Gebot, welches in seiner Ausführung keine Ausnahmen zuläßt. Der Mensch muß sich nach dem göttlichen Gesetz richten. Das, was mit der Wahrheit und Wirklichkeit Gottes im Widerspruch steht, kann dem göttlichen Willen oder Gesetz nicht standhalten. Das Gesetz Gottes, welches bestraft und vernichtet, ist gleichzeitig ewiges Leben für diejenigen, welche ihm gehorchen.

Die Botschaft zu prüfen und einen Standpunkt des Glaubens zu erreichen durch eigene Urteilskraft ist notwendig für jede Seele. Die wenigsten erlangen plötzliche Erkenntnis. Wenn die Seele im Glauben fest und standhaft ist, widerspiegelt sie fortwährend Licht. Gibt es in Amerika viele standhafte Gläubige? Sogar die Größten sind zuweilen schwach wie z.B. Petrus es war.

Der „Bab“ war eine höchst heilige Persönlichkeit. Mit sechs Jahren ging er zur Schule. Sein Lehrer gab zu, daß er ihn nichts lehren könne; er sagte: „Er weiß mehr als ich.“ Dieser Lehrer wurde einer seiner demütigsten Nachfolger und starb später den Märtyrertod.

Uebersetzt v. W. Herrigel.

[Seite 110]


Zum Bahai-Kongress in Stuttgart.

Im September versammeln sich wieder, trotz mancher Schwierigkeiten, Anhänger der Bahai-Lehre aus den verschiedensten deutschen Städten, in welchen sich größere oder kleinere Gruppen befinden, zur gemeinsamen Aussprache, zur persönlichen Fühlungnahme, zur Erörterung von allerlei Fragen — namentlich solchen der Organisation —, und besonders auch zur Vornahme der Wahl für den Nationalrat (National Body), der die Bundesangelegenheiten für Deutschland leiten soll.

Die Bahaisache ist seit dem Tod unseres geliebten Meisters und Führers Abdul Baha in ein neues Stadium getreten. An der Spitze der Bewegung steht nun nach dem Willen Abdul Baha’s sein Enkel Shoghi Effendi. Baha ’Ullah war der Stifter, Abdul Baha der Verkündiger und Ausleger der Lehren des Stifters; Shoghı Effendi ist nach dem Wunsche Abdul Baha’s der Beschützer und der Organisator der Bahailehre.

Mögen die Verhandlungen, sowie die Wahlen im Sinne des im Geiste unter uns weilenden geliebten Meisters und Führers, getragen von den Gefühlen der Liebe, der Brüderlichkeit und der gegenseitigen Rücksichtnahme, stattfinden. Wir bitten ihn, er möge seine segnenden Hände über uns breiten, uns erfüllen mit seiner unvergleichlichen Liebe, uns Erleuchtung schenken und das Band der Einheit und Einigkeit unter uns immer stärker knüpfen.

Wir befinden uns in einer wichtigen Periode wie einst die Jünger Christi, als ihnen die Verantwortung für die Lehre Christi übertragen wurde. Wir haben die Aufgabe, den Außenstehenden den Sinn und die Bedeutung dieser weltvereinenden Lehre durch Wort, Tat und Lebensführung zu beweisen. Gewaltiger denn je ist die Welt beherrscht von Selbstsucht, Haß und Neid; diesen Leidenschaften müssen wir, eingedenk unseres Vorbildes und Meisters Abdul Baha, ein mächtiges Bollwerk der Liebe, des Friedens, der Einheit und des Ausgleichs gegenüberstellen. Nur durch die Bahailehre wird die Welt von äußeren und inneren Uebeln genesen, unter denen sie heute zusammenzustürzen droht.

Namentlich in organisatorischer Hinsicht wird der Kongreß für die Entwicklung der Sache Baha ’Ullahs von wichtiger und entscheidender Bedeutung sein. Seien wir deshalb alle unserer persönlichen Verantwortung eingedenk. Für alle gläubigen Bahai besteht die Pflicht, an dem großen Bau mitzuarbeiten, jeder nach seiner Kraft und Möglichkeit. Der Segen unseres Herrn liegt auf allem unserem Tun, sofern wir im richtigen Geist der Liebe und Selbstlosigkeit für seine Sache wirken. Insbesondere ist es unsere Pflicht, Shoghi Effendi bei seiner ungeheuren Lebensaufgabe mit besten Kräften zu dienen und sich seinen Anordnungen zu fügen. Hierdurch wird die Verwirklichung der großen Gedanken und Gesetze Baha ’Ullahs am meisten gefördert, und die Menschheit wird dann von der Wichtigkeit und Tragweite der Bahailehre allmählich überzeugt werden.

Parolado de Abdul Baha pri korpo, animo kaj spirito.

En la regno de la homaro estas tri $tupoj; tiuj de l’korpo, de l’animo kaj de !’spirito. La korpo estas la fizika aü animala Stupo de l’homo. Laü korpa vidpunkto la homo estas parto de la besta regno. La homa korpo samkiel ankaü tiu de l’bestoj estas kunmetitaj el elementoj kaj estas kuntenataj per la lego de la kohereco.

Kiel la bestoj, same la homo posedas la kapablojn de la sentoj; li estas subigita la varmegon, la malvarmon, la malsaton, la soifon ktp. Al besto malsimila la homo estas pertio, ke li havas prudentan animon kaj altan inteligenton. Tiu & inteligento de la homo estas la peranto inter lia korpo kaj lia animo. La homo enhavas en si la tutan kreadon, se li permesas al la spirito lumigi sian komprenon per lia animo, La homo estas la supro de Cio en la kreajo antaüi$anta; kiel la plej alta kreitajo de Ciuj antaüirintaj evoluoj li unuigas en si Ciujn pli malsuprajn regnojn. Inspirita per la spirito kaj per la efiko de la animo lia frapanta inteligento faras lin krono de I’kreitajaro.

Aliaflanke kiam la homo ne malfermas sian animon kaj sian koron al la benadoj de l’spirito, sed direktas sian animon al la materia flanko, al la korpa parto de sia [Seite 111] naturo, tiam li mallevigas de sia alta pozicio kaj farigas plimalsupera ol la besto. Tiukaze la homo estas en malgaja stato. Kiam la spiritaj ecoj de la animo, malfermitaj por la spiro de I’Sankta Spirito, ne estas uzataj, tiam ili malpliifas, malfortias kaj laste malkapablißas (tute),. Kiam nur la materiaj ecoj de la animo estas uzataj, ili tro potenci$as, kaj la kompatinda, delogita homo igas pli sova£a, pli maljusta, pli. malbona, pli kruela kaj plimalbonvola ol la plej malalta besto. Kiam liaj pensado kaj penado kaj £iuj liaj deziroj estas fortigataj per la malsupera ilanko de la anima naturo, tiam la homo tiam pli maldelikatigas, $is laste lia tuta esenco neniel estas pli alta ol tin de la bestoj, kiuj estas finaj. Homoj, kiel la cititaj,, ne intencas bonon, ili volas malutiligi kaj percigi aliajn; mankas al ili la spirito de la dia kompato, Car la Cielaj ecoj de ilia animo estas regataj per la materiaj ecoj. Aliflanke kiam la spirita naturo de la anımo estas tiom fortigata, ke gi subigas la materian flankon, tiam la homo alproksimigas Dion; lia homeco nobligas tiom, ke la virtoj Cielaj malkaSigas en li. Tiam li elradias la kompaton de Dio, li akcelas la spiritan progreson de la homaro, li fari$as lampo, kiu elver$as lumon sur la vojon de la homo;.

Kiel la anımo estas la peranto inter korpo kaj spirito, same tiu arbeto (malgranda oran&ujo trorißanta sur tablo) estas la peranto inter semo kaj frukto. Kiam la frukto sur la arbo maturißas, tiam ni scias, ke la arbo estas periekta; sed kiam arbo ne donas fruktojn, tiam gi estas senutila kreskajo.

Kiam animo enhavas en si la vivon de I’spirito, tiam $i estigas bonajn fruktojn kaj

jarigas dia arbo. Mi $ojus, se vi provus

lerni kompreni tiun &i ekzemplon. Mi espe "niajn pensadon kaj celadon.

ras, ke la treega boneco de Dio vin tiom fortigos, ke la Cielaj ecoj de via animo por tiam super-regas la materian flankon kaj estros la sentojn, por ke viaj animoj alproksimi£u la idealojn de la Ciela reflando. Viaj_ vizaßoj estu konstante direktataj alla lumo, por ke ili estu tiom lumigataj, ke &iuj viaj pensoj, vortoj kaj faroj radias en la spirita brilo, Cirkauanta viajn animojn. Tiam en via vivo vi povos pruvi periektecon inter la homo].

La vivo de multaj homoj estas tute plenigita de materiaßoj de la mondo; ilia spirito estas tiom limigita pereksterajoj kaj tradiciaj interesoj, ke ili estas blindaj por iu ajn alia regno de ekzistado kaj por la spirita signifo de &iuj ajoj. Ili pensas kaj revas pri tera gloro kaj materia progreso. Mondaj plezuroj kaj komforto limigas ilian horizonton, ilia plej alta ambicio koncentrigas je la suceeso en mondaj cirkonstancoj kaj aferoj. lli ne retenas siajn malsuprajn inklinojn; ili manß$as, trinkas kaj dormas. Same lan bestojn ili pensas kaj zorgas nur pri sia fizika bonfarto,. Kompreneble tiuj bezonajoj devas’esti farataj. La vivo estas Sar$o, kiun ni devas porti dumvive; sed tamen ni ne devas permesi, ke la zorgo pri la trivialafoj de la vivo pretendas £&iujn iaj La ambicio de lakoro devas entuziasmigi por pli belega celo, la spirita kapablo devas plialtißi. En siaj animoj la homoj devas vidi la celon de la Ciela perfekteco kaj tie prepari loßejon por la neellerpeblaj donacoj de l’dia spirito.

Nia ambicio estu direktata je la Ciela civilizacio sur la tero. Mi petegas por vi &iujn benadojn, por ke vi estu plenigataj tiom de la vivoforto de l’Ciela spirito, ke vi farißas por la mondo la $ermo de l’vivo,

La Bahaanoj devas labori per koro kaj animo, por plibonigi la statojn en la mondo.

Abdul Baha parolis; Tre $ojige estas, vidi kunvenon kiel tiun Ci; &ı estas fakte kunveno de Cielaj personoj.

Ni &uj unuigis en unu dia intenco, ni ne havas materian motivon, kaj nia plej . kara deziro estas, disvästigi la amon al Dio en la tuta mondo. Ni laboras kaj pre&as por la unuio de la homaro, por ke üuj koroj batu kiel unu koro, por ke ni tiamaniere kunlaboru por la ideala unueco kaj frateco de la homoj.

Dankon al Dio, ke viaj klopodoj estas

sinceraj, kaj ke vi direktis viajn korojn al la re$lando de Dio. Nia plej granda kaj plej sopira deziro estas, ke la vero estu starigata en la tuta mondo, kaj en tiu espero ni alproksimißas unu la alian en amo kaj simpatio. Vi Ciuj estas grandanimaj kaj malegoistaj; vi intencas oferi Ciun personan ambicion por la granda idealo, pri kiu ni Ciuj klopodas, nome: frateca amo, paco kaj unueco inter la hompj.

Ne dubemu pri tio, ke Dio estas kun ni, same le nia dekstro kiel te nia maldek [Seite 112] stro; ne dubu pri tio, ke li kauzos, ke nia anaro de tago al tago kreskos, kaj ke niaj kunvenoj pliißos rilate al nombro kaj taugeco. Estas mia plej kara espero, ke vi Ciuj farigas beno por aliaj, ke vi donos vidon al la spiritaj blinduloj audon al la spiritaj surduloj kaj vivon al tiuj, kiuj estas mortaj lau pekoj.

Helpu al la materialistoj al la efektivigo de ilia dia fileco kaj kuraßigu ilin pri iliaj klopodoj, indigi de ilia naskiga rajto, por ke la homaro per viaj penadoj farigu elek a titoj-por la reßlando de Dio. Mi dankas

Dion, ke ni estas, samopiniaj en tiu granda idealo, ke mia sopiro estas ankau la via, kaj ke ni kunlaboras laü ideala unueco,

Fortsetzung folgt.



Mitteilung vom Verlag.

Die in letzter Nummer der „Sonne der Wahrheit" angekündigte Erhöhung des Abonnements wurde durch die Herstellungskosten derselben Nummer schon überholt, weshalb wir genötigt sind, die Abonnementsgebühr ab September auf Mk. 30.— pro Vierteljahr zu erhöhen. Wir bitten unsere verehrl. Leser höflichst, diese Erhöhung sowie etwaige noch rückständige Abunnementsgebühren an uns oder auf unser Postscheckkonto 25419 Stuttgart einzahlen zu wollen.

Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstr. 35.


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Fernsprecher 7675 — -- Postscheckkonto 25419 Stuttgart — -— Hölderlinstrasse 35

In unserem Verlag sind erschienen:

1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . 5.-

2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . 5.-

3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v.W. Herrigel 5.-

4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . 5.-

5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . 10.-

6. Die Offenbarung Baha’o’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 10.-

7. Verborgene Worte von Baha'o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff 10.-

8. Baha’o’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 40.-

in feinstem Ganzleinen gebunden . . 50.-

9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . 10.-

10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . 10.-

11. Religiöse Lichtblicke. Deutsch von Albert Renfle . . 5.-

12. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . 5.-

13. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel. in Halbleinen gebunden 65.-

in feinstem Ganzleinen gebunden. . 75.-

14. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, in Halbleinen geb. 65.-

In Ganzleinen gebunden . 75.-

15. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . 100.-

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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.

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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha’o’llahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha’o’llahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha’o’llah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha’o’llah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha’o’llah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha’o’llah),

Die Hauptschriften Baha’o’llahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha’o’llah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha’o’llah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)