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| SONNE DER WAHRHEIT | ||
| Heft VI | AUG. 1922 | |
| ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART | ||
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Die Hauptpunkte der Bahailehre
1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.
2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.
3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.
4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.
5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.
6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.
7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.
8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.
9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.
10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.
11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten -— das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.
12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre ist Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha’u’llah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde.
| SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis des Einzelheftes M. 7.—, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 20.— |
| Heft 6 | Stuttgart, im August 1922 | 2. Jahrgang |
Inhalt: Worte von Abdul Baha. — Aus dem ersten Testament Abdul Bahas. — Reinheit und Heiligkeit. Liebe und Freundschaft. — Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“ v. M. Grundy. — Brief von Róoha Khanum (einer Tochter Abdul Bahas). — Zur Geschichte des Babismus. — Bahai-Kongreß. — La evoluo de la spirito. — La deziroj kaj pregoj de Abdul Baha. — Weltuntergang. — Mitteilungen.
„Wandere immer vorwärts zum Königreich Baha’Ullahs hin, erwähne immer in Deinem Herzen Baha’Ullah; bedenke, vor deinen Augen steht Baha’Ullah, in deinem Herzen ist Baha’Ullah, in deiner Seele ruht Baha’Ullah! Wenn du Schwierigkeiten gegenüberstehst, so sage: Ya Baha El Abha! Wenn dir jemand Unrecht tut, so sage: Ya Baha EI Abha! Bei allem, was du tust, sage: Ya Baha EI Abha! Du wirst um meiner Sache willen getadelt werden, die Menschen werden Dich der Abtrünnigkeit bezichtigen um meinetwillen. Du wirst für meine Sache Leiden erdulden müssen. Sei voll Muts und fürchte dich nicht! |
Aus dem I. Testament Abdul Bahas. [Bearbeiten]
O Gott, mein Gott! Du siehst deinen zu Unrecht unterdrückten Diener in den Krallen reißender Löwen, heißhungriger Wölfe, blutdürstiger Tiere. Steh’ mir gnädig bei, um meiner Liebe willen zu Dir, daß ich mit tiefen Zügen aus dem Kelch trinke, der überfließt von Deiner Gnade und gefüllt ist mit Deiner barmherzigen Gunst, damit ich, in den Staub gesunken, fußfällig und meiner unbewußt singe, indessen mein Gewand rot gefärbt ist mit meinem Blut. Dies ist mein Wunsch, meines Herzens Verlangen, mein Hoffen, mein Stolz, mein Ruhm. Gewähre mir, o mein Gott und meine Zuflucht, daß ich in meiner letzten Stunde, bei meinem Ende, wie der Muskat herrliche Düfte spende. Gibt es eine größere Gnade denn diese? Nein — bei Deiner Herrlichkeit! Ich rufe Dich zum Zeugen an, daß kein Tag dahinging, ohne daß ich nicht mit vollen Zügen aus diesem Kelch trank. Schmerzvoll sind die Uebeltaten, die von denen begangen wurden, die den Bund brachen, die Uneinigkeit anfachten, ihre Tücke zeigten, Aufruhr ins Land trugen und Deine Ehre unter Deinen Dienern angriffen. Mein Gott! Schirme Du das mächtige Bollwerk des Glaubens gegen diese Bundeszerstörer und schütze Dein verborgenes Allerheiligstes vor dem Angriff der Gottlosen. Du bist in Wirklichkeit der Mächtige, der Kraftvolle, der Barmherzige, der Starke!
O ihr, die ihr fest im Bunde steht! Wenn die Stunde naht, in der dieser fälschlich Beschuldigte und flügellahme Vogel zu den himmlischen Heerscharen geflüchtet ist, wenn er in das Reich des Unsichtbaren eilt und seine sterblichen Reste entweder verloren gehen oder im Staub verborgen ruhen, so ist es die Aufgabe der „Zweige“, die treu im Bunde Gottes stehen und vom Baum der Heiligkeit abzweigen, der „Hände“ (Gehilfen oder Säulen) der Gottessache - die Herrlichkeit Gottes ruhe auf ihnen - und aller Freunde und Geliebten (jeder einzeln und alle zumal), sich zu regen und sich mit vollem Herzen und ganzer Seele in völligem Einklang aufzumachen, die süßen Gottesdüfte zu verbreiten, Seine Sache zu lehren und Seinen Glauben zu verkündigen. Es ziemt sich nicht für sie, einen Augenblick zu ruhen noch zu rasten. Sie müssen in alle Länder hinausgehen, alle Himmelsstriche und Gegenden durchwandern; nicht ruhend, müssen sie ohne Unterlaß und mit großer Standhaftigkeit bis zum Ende in jedem Land den triumphierenden Ruf :"O Du Herrlichkeit der Herrlichkeiten!" (Ya Baha EI Abha!) erheben. Sie müssen eine Neubelebung in der Welt zustande bringen, wohin sie auch gehen; sie sollen in jeder Versammlung hell leuchten wie Kerzen; sie müssen die Flamme der göttlichen Liebe in allen Versammlungen entfachen, damit das Licht der Wahrheit aufflamme und widerscheine im innersten Herzen der Welt, damit über den ganzen Osten und Westen hin eine ungeheure Menge sich zusammenfinde im Schatten des Wortes Gottes und so die süßen Düfte der Heiligkeit sich verbreiten, daß die Gesichter strahlen, die Herzen mit göttlichem Geist erfüllt und die Seelen himmlisch werden.
Die Jünger Christi vergaßen sich und alle irdischen Dinge, sie gaben alles Irdische, alle irdischen Sorgen, ja ihre Familie auf, befreiten sich von ihrem Selbst und allen Leidenschaften, zogen getrennt nach allen Seiten aus und riefen die Menschen zur göttlichen Führung, bis sie schließlich die Welt zu einer anderen machten, die Erde erleuchteten und selbst bis zu ihrer letzten Stunde die größte Aufopferung auf dem Pfade des Geliebten Gottes bewiesen. Sie erlitten schließlich in verschiedenen Ländern einen ruhmreichen Märtyrertod. Laßt die, welche Menschen der Tat sind, in ihre Fußstapfen treten!
O ihr Geliebten Gottes! In dieser geheiligten Offenbarung sind Konflikte und
Zwistigkeiten in keinerlei Weise erlaubt.
Jeder Angreifer beraubt sich selbst der
göttlichen Gnade. Es ist Pflicht für jeden, die größte Liebe, Redlichkeit im
Auftreten, Geradheit im Wesen und aufrichtige Güte allen Menschen auf der
Welt zum Ausdruck zu bringen, mögen
sie Freunde oder Feinde sein. So stark
muß der Geist der Liebe und Güte sein,
daß sich der Fremde als Freund fühlt, der
Feind als treuer Bruder und keine Differenzen irgend welcher Art zwischen
ihnen existieren können; denn die Universalität ist göttlich, und alle Einschränkungen sind menschlich. Der Mensch soll
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sich bemühen, in seinem Wesen Tatkraft
und Vollkommenheit zu offenbaren und
ein leuchtendes Beispiel für andere zu
sein. Das Sonnenlicht scheint auf die
ganze Erde, und der barmherzige Tau
der göttlichen Vorsehung beglückt alle
Menschen. Der frische Wind belebt jedes Lebewesen und sie alle haben Anteil
an dieser himmlischen Tafel. In gleicher
Weise soll die Zuneigung und die liebevolle Güte der Diener des Einen wahren Gottes freigebig und allumfassend
für alle Menschen sein. Eben deshalb
sind keine Einschränkungen und Grenzen
gestattet. Wohlan, ihr meine lieben
Freunde! Verkehret mit allen Menschen
und allen Religionen der Welt in äußerster Aufrichtigkeit, Geradheit, Treue,
Güte, Wohlwollen und Freundlichkeit,
damit die ganze Menschheit mit hl. Be
geisterung von der Gnade Baha’s erfüllt
sei, damit Unwissenheit, Feindschaft,
Haß und Streit von der Erde verschwinden
und die Dunkelheit der Entfremdung unter den Menschen der Freundschaft und
dem Licht der Einheit in der ganzen Welt
weiche. Sollten andere Völker und Nationen untreu gegen euch sein, so erzeigt ihr ihnen Treue; sollten sie ungerecht gegen euch sein, so erzeigt ihr
ihnen Gerechtigkeit; wenn sie sich von
euch fern halten, so zieht sie zu euch
hin, sollten sie euch ihre Feindschaft zeigen, so seid freundlich zu ihnen; sollten
sie euer Leben verbittern, so versüßt ihre
Seelen; sollten sie euch eine Wunde
schlagen, so seid die Salbe für ihre Wunden. Dies sind die Eigenschaften der Aufrichtigen! Dies sind die Kennzeichen der Getreuen!
Uebersetzt von Fr. A. Schwarz und zur Veröffentlichung genehmigt von Shoghi Effendi.
Reinheit und Heiligkeit.
(Aus den Tabletten Abdul Bahas Band III, Seite 581).
O ihr reinen Freunde Gottes !
Reinheit und Heiligkeit in allen Zuständen des Lebens sind Charaktereigenschaften der reinen Wesen und Erfordernisse für freie Seelen. — Die erste Vervollkommnung besteht in der Reinheit und Heiligkeit, in dem Freisein von jeglichem Fehler oder Makel. Wenn der Mensch in allen Zuständen rein und makellos ist, dann wird er zu einem Mittelpunkt der Widerspiegelung des geoffenbarten Lichtes werden. In allen seinen Handlungen und in seinem Betragen muß der Mensch zuerst Reinheit und dann geistige Schönheit und Unabhängigkeit aufweisen. Der Kanal muß zuerst gereinigt werden, bevor er mit frischem, unverdorbenem Wasser gefüllt wird. Das reine Auge erfaßt (oder begreift) den Glanz und die Begegnung Gottes, die reine Nase riecht die Düfte von dem schönen Rosengarten, das reine Herz wird zum Spiegel der Schönheit und Wahrheit. Aus diesem Grunde sind die in den heiligen Schriften enthaltenen Ratschläge und Gebote mit Wasser verglichen. Im Koran ist beispielsweise gesagt: „Und wir veranlaßten, daß reines Wasser vom Himmel herabkam.“ und im Evangelium Johannis lesen wir: „Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Es ist damit gesagt, daß die göttlichen Lehren, die himmlische Gnade wie Sprühregen der Barmherzigkeit Gottes sind, welche die Herzen der Menschen reinigen.
Daß durch äußere und innere Reinheit und Verfeinerung die Menschheit gehoben wird, Fortschritte macht und vergeistigt wird, ist auch in den heiligen Schriften festgestellt.
Obschon die äußerliche Reinheit nur etwas Physisches ist, hat sie doch einen großen Einfluß auf die Geistigkeit; wenn auch der Ton nur eine Vibration der Luft ist, welche das Trommelfell des Ohres trifft, so können doch wunderbare Töne oder entzückender Gesang auf den Geist einwirken! Ein schöner Gesang gibt dem Geiste neue Schwingen und erfüllt das Herz mit Begeisterung. — Um aber auf unser Thema zurückzukommen: ein wirklich reiner und unbefleckter Körper übt ebenfalls einen Einfluß auf den Geist des Menschen aus.
Beachtet nun, wie hoch die Reinheit am
Hofe Gottes geschätzt ist, wenn sie in
den heiligen Büchern der Propheten besonders erwähnt wird. Die heiligen Bücher verbieten z. B. das Essen von irgend etwas Unreinem, oder den Gebrauch von
etwas, das nicht rein ist. Gewisse
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Verbote sind absolut und zwingend für alle.
Die Worte: „Der, welcher etwas Verbotenes tut, wird ausgestoßen sein von Gott
und ist ausgeschlossen von der Zahl der
Erwählten“, sind anzuwenden auf die
Dinge, welche durch ein absolutes Verbot untersagt und die eine ernste Sünde
sind, die so gemein sind, daß selbst ihre
Erwähnung beschämend wirkt.
Es gibt aber auch noch andere Dinge, die kein sofortiges Uebel verursachen und deren schädliche Wirkung sich erst allmählich geltend macht. Dinge, die vor Gott verwerflich sind, obgleich sie nicht in ausdrücklicher Weise verboten werden, die aus Gründen der Reinlichkeit, der Reinheit und der Erhaltung der Gesundheit etc. vermieden werden sollen. Dazu gehört z.B. das Tabakrauchen, welches unrein, widerlich und unangenehm ist und dessen allmähliche schädliche Wirkungen allgemein anerkannt werden. Alle bedeutenden Aerzte verurteilen es; sie weisen darauf hin, daß Tabak ein schädliches Gift enthält, und daß die Raucher verschiedenen Unpäßlichkeiten und Krankheiten ausgesetzt sind. Daher kommt es, daß reine, geistige Menschen eine auffallende Abneiung gegen den Gebrauch des Tabaks haben.
Seine Hoheit der Bab — möge mein Leben ein Opfer für ihn sein — hat beim Beginn seines Auftretens den Gebrauch von Tabak öffentlich verboten und seine Anhänger des Tabakgenusses entwöhnt. Als aber später diejenigen, welche nicht rauchten, schlecht behandelt, verfolgt und sogar getötet wurden, waren seine Freunde der Sicherheit wegen genötigt, zu rauchen. Später wurde dann der „Kitab el Akdas" geoffenbart und da in demselben kein deutliches Verbot des Tabakrauchens enthalten ist, gaben die Freunde das Rauchen nicht auf. Aber die „Gesegnete Vollkommenheit“ hatte immer eine auffallende Abneigung gegen den Gebrauch von Tabak. Zu Beginn seiner Sache rauchte er aus gewissen Gründen ein wenig, aber später gab er es vollständig auf, und die heiligen Seelen, welche ihm unbedingt gehorchten, gaben das Rauchen ebenfalls gänzlich auf. Ich meinerseits sage, daß das Tabakrauchen vom Gesichtspunkt Gottes aus etwas Tadelnswertes und Verwerfliches ist; es ist etwas Unreines, von dem im höchsten Grade schädliche Wirkungen ausgehen. Außerdem sind große Ausgaben und Zeitverluste damit verbunden, und alles in allem: es ist eine schädliche Gewohnheit. Für diejenigen, welche fest sind im Bunde, gilt daher der Gebrauch von Tabak für etwas, das von der Vernunft und der Tradition verworfen wird. Die Entsagung dieser Gewohnheit gibt dem Menschen allmählich Gemütsruhe und Gelassenheit zurück; sie gestattet ihm, reine Hände und reinen Mund zu haben, auch werden seine Haare (und Kleider) nicht mehr von einem unangenehmen Geruch durchdrungen sein.
Ohne Zweifel werden die Freunde Gottes nach Empfang dieser Epistel diese schädliche Gewohnheit mit allen Mitteln bekämpfen, sogar — falls es nötig wird — durch Verordnungen. Dies ist meine Hoffnung.
Was den widerlichen und abscheulichen Opiumgenuß betrifft, so stelle ich seine Bestrafung Gott anheim. Der Kitab el Akdas verbietet und tadelt den Gebrauch von Opium, denn er führt naturgemäß zum Wahnsinn. Die Erfahrung zeigt, daß der, welcher sich dem Opiumgenuß ergibt, sich selbst von der Welt der Menschheit ausschließt. Lasset uns unsere Zuflucht zu Gott nehmen gegen das Begehen von etwas so Verabscheuungswürdigem, wie es der Gebrauch von Opium ist, denn dieser zerstört die Fundamente der Menschheit und verursacht dauernde Unglückseligkeit. Er nimmt Besitz von der Seele des Menschen, tötet die Vernunft, schwächt die Intelligenz, macht aus einem lebendigen Menschen einen toten und löscht die natürliche Wärme aus. Es ist unmöglich, sich etwas Schädlicheres vorzustellen als das Opium. Glücklich ist, wer nie das Wort Opium erwähnt! Was ist aber das Schicksal derer, die es gebrauchen?
O Freunde Gottes! Gewalt und Leidenschaft, Zwang und Unterdrückung sind wohl in diesem göttlichen Zyklus verdammt, um aber den Gebrauch von Opium zu verhindern, müssen alle Mittel angewandt werden, damit die Menschheit von diesem großen Elend erlöst und befreit wird. Andernfalls wehe all den Nachlässigen!
„O Herr! Gib den Bahai Reinheit und
Heiligkeit in allen Zuständen und befreie
sie von aller Verunreinigung, befreie sie
vom Gebrauch alles dessen, was
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verabscheuungswürdig ist. Befreie sie von
den Ketten der üblen Gewohnheiten, damit sie rein und frei, reinlich und fleckenlos seien, würdige Diener an der heiligen
Schwelle werden und sich bemühen, in
innige Verbindung mit Dir zu treten.
Befreie sie vom Genuß von Alkohol und Tabak und erlöse sie vom Gebrauch des Opiums, dem Erreger des Wahnsinns. Laß sie etwas spüren von dem heiligen Geisteswehen, damit sie das Glück kennen lernen, das der Wein der Liebe Gottes bereitet und daß sie zu der Freude und Glückseligkeit gelangen, welche die Anziehung zum Königreich Abhas gewährt. Hast doch Du (o Gott) gesagt: „Alles, was du in deinem Keller hast, wird den Durst meiner Liebe nicht stillen; bringe mir, o Mundschenk, von dem Wein des Geistes einen Kelch, gefüllt wie das Meer.“
O Freunde Gottes! Die Erfahrung hat gelehrt, wie sehr die Enthaltsamkeit von Tabak, Wein und Opium der Gesundheit förderlich ist, wie sie Kraft und geistigen Genuß verleiht und wie sehr durch sie die Urteilskraft geschärft und die physische Lebenskraft gestärkt wird. Es existiert heutzutage ein Volksstamm, (die Drusen), der sich gänzlich des Genusses von Tabak, Alkohol und Opium enthält. und dennoch alle anderen an Kraft, Tapferkeit, Gesundheit, Schönheit und Anmut übertrifft. Ein einziger dieser Männer vermag zehn Männern anderer Volksstämme zu widerstehen — diese Tatsache ist erwiesen — und die Angehörigen dieses Stammes sind denen anderer Stämme allgemein und weit überlegen.
Deshalb strebet darnach, daß die größte Reinheit und Heiligkeit, die Abdul Bahas größter Wunsch ist, von den Bahai ausstrahlt und daß sie, die Gefährten Gottes, die übrigen Menschen in allen Zuständen und edlen Eigenschaften übertreffen. Strebet darnach, daß sie den andern physisch und moralisch überlegen werden, daß sie durch Reinlichkeit und Reinheit, durch Veredlung und Gesundheit die weisesten Menschen werden und daß sie durch ihre Befreiung (von üblen Gewohnheiten), durch ihre Klugheit und durch die Beherrschung ihrer Begierden Fürsten der reinen, der freien und der weisen Menschen werden mögen.
Auf euch sei die Herrlichkeit El Abhas ! (gez.) Abdul Baha Abbas.
Revidierte Uebersetzung von W. Herrigel, Stuttgart.
Liebe und Freundschaft.
(Aus Phelps, Leben und Lehren Abdul Bahas).
Ich wünschte, immer bei euch zu sein, aber meine Zeit erlaubt es nicht; doch ist mein Herz immer bei euch. Das Wichtigste ist, daß die Herzen miteinander verbunden sind. Warum? Weil die Vereinigung der Herzen nicht durch Ort und Zeit begrenzt ist. Was an Ort und Zeit gebunden ist, das ist endlich; was aber unabhängig von Ort und Zeit ist, das ist ewig. Durch die Gnade Gottes hoffe ich, daß ihr immer (in Liebe) bei mir sein werdet.
Diese Liebe ist gut. Sie wird die Welt vereinigen und erleuchten. Wie zwei schnell aneinander geriebene Gegenstände Wärme ausstrahlen, so ist es auch, wenn die Herzen zusammenkommen sie verbreiten Licht und Wärme um sich her. Solche Freundschaft ist gut, wie der Frühlingswind für die Blumen und der Regen für die Wiesen wohltätig. ist. Solche Liebe ist gut. Ich hoffe, daß unsere Liebe solcher Art ist.
Wenn der Wind über einen Blumengarten weht, dann sammelt er die verschiedenen Düfte und verbreitet sie weithin. Ihr müßt auch wie der Wind die Düfte des Gartens Gottes sammeln und sie über die ganze Welt verbreiten.
Die Kinder dieser Welt sind (im Göttlichen) sehr unwissend; sie gehen gänzlich auf in den Freuden dieser Welt und
vergessen Gott völlig. Sie gleichen dem
Wurm, dessen Wachstum und Entwicklung unter dem Boden vor sich geht. Je
mehr diese Leute von den Dingen dieser
Welt gewinnen, desto mehr sinken sie
geistig und entfernen sich von Gott. Sie
haben keine Schwingen, um sich zum
Himmel zu erheben.
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Ob der Mensch die höheren Sphären durch die Fittiche Gottes erreicht oder nicht, hängt von der Anstrengung ab, die er nach dieser Richtung macht.
Die Vögel geben sich mit wenig Körnern zufrieden und danken alsdann dem allmächtigen Gott durch ihren Gesang auf den Zweigen der Bäume. Ich bitte Gott, daß ihr sein möget, wie die Vögel, daß eure Herzen durch die geistige Anziehungskraft angezogen werden und ihr schon hier auf Erden euern Flug zum Himmel nehmt. Ich bitte Gott, daß euer Suchen und Streben in dieser endlichen Welt auf die göttliche und ewige Welt gerichtet sei. Dies ist der richtige Weg zum wirklichen Leben.
Uebersetzt von Frau A. Schwarz.
Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“ v. M. Grundy.
(Aus dem Englischen übersetzt v. W. Herrigel).
Fortsetzung.
Abdul Baha sprach: „Wenn du die
Botschaft von dieser Manifestation verkündigst und manche sagen: „Dies ist
nichts Neues; — ich ziehe meinen alten religiösen Glauben, welcher mir im
Leben so nützlich war und auf welchen
ich mein Vertrauen gesetzt habe, vor !“
so antworte darauf: „Baha’Ullah ist das
alte Licht in einer neuen Lampe. Wir
wüssen auf das Licht blicken und nicht
auf die Lampe. Dies ist geistiges Sehen.
Die Sonne bleibt immer dieselbe, aber
sie hat verschiedene Aufgangspunkte
am Horizont. So ist es auch mit
der geistigen Sonne; ein Punkt war Jesus, ein anderer Mose, wieder ein anderer
Baha’Ullah usw. Daher liebe diese Sonne
und verehre sie, einerlei an welchem
Punkt sie aufgehen mag. Wenn du nur
den Aufgangsort verehrst, dann wirst du
versäumen, die Sonne wahrzunehmen,
wenn sie an einem andern Punkt des Horizonts aufgeht. Viele stehen an dem alten Punkt des Sonnenaufgangs und verehren diesen, und gehen dadurch des
Lichts der Sonne in dieser Manifestation
verlustig. Diejenigen, welche die Sonne
der Wahrheit wahrhaft lieben, verehren
die Sonne an sich und nicht ihren Aufgangspunkt. Sie sehen und erkennen das
Licht. Bete für diejenigen, welche an
dem alten Punkt des geistigen Sonnenaufgangs stehen und nur diesen verehren; sie sind geistig blind für die neuerschienene Sonne am himmlischen Horizont und sehen ihr geistiges Licht und
ihre Schönheit nicht. Die Prediger und
die Geistlichen nehmen die Botschaft im
allgemeinen nicht an wegen ihrer Stellung in und zu der Kirche. Sie werden
deshalb verdunkelt werden, wie die
Sterne am Himmel, wenn die Sonne aufgeht. Als sich der Bab erhob, und seine
Mission verkündete, hielten es aber viele
Geistliche‚ die ein Amt inne hatten, für
notwendig, ihre Stellung aufzugeben und
seiner Lehre zu folgen. Manche, welche
die Botschaft hören, gehen ihrer Berufung auch deshalb verlustig, weil sie
diese Botschaft von jemand empfangen,
von dem sie nicht glauben, daß er mehr
Wissen besitze als sie selbst. Wieder andere nehmen die Manifestation Gottes
nicht an, weil ihr Verstand verdüstert ist
durch ihre eigenen Einbildungen. Einbildung ist vielfach die Quelle des Aberglaubens. Zwei Menschen können beispielsweise gute, liebe Freunde sein; sie
lieben einander so sehr, daß sie wünschen, niemals getrennt zu werden.
Wenn aber einer von ihnen stirbt, so
fürchtet sich der Ueberlebende trotzdem,
mit dem toten Freunde, für den er im
Leben so viel getan hat, allein zu sein.
Seine Einbildung beherrscht ihn und erfüllt ihn mit Furcht und Entsetzen.
Durch die Einbildungen werden wir irre
geführt, so daß selbst unser Wille und unsere Vernunft beeinträchtigt werden.
Sie sind eine Kraftprobe für unsern Willen. Wir sollen unsere Festigkeit dadurch
beweisen, daß wir die Einbildungen beherrschen und überwinden. Ein Mensch
kann sich einbilden, er sei reich. Eines
Tages erlangt er wirklichen Reichtum;
er war also nicht das, was er sich einbildete, er täuschte sich. Einbildung ist
unser größter Verführer. Wir halten uns
an sie, bis sie in unseren Gedanken fest
steht; alsdann glauben wir, daß sie Tatsache sei. Sie ist eine große seelische
Macht, ist aber gefährlich, wenn sie nicht
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immer kontrolliert und geleitet wird.
Durch Einbildungen und Vorurteile erhalten die Menschen entstellte Ansichten
von den früheren Manifestationen und
werden daran verhindert, die Wahrheit
und Wirklichkeit der gegenwärtigen Offenbarung anzuerkennen und anzunehmen. Das Licht und die Herrlichkeit Gottes sind ihnen verhüllt durch Vorurteile.
Sie sind Schleiern gleich, die das wahre
Licht am Eindringen in die Seele hindern.
Die Menschen folgen vielfach dem falschen Licht ihrer Einbildungen und klammern sich an den Irrtum statt an die
Wahrheit. So waren die Aegypter verhindert, das Licht Gottes in Mose zu
erkennen. Die Juden sahen die Herrlichkeit Jesu deshalb nicht, weil sie Mose
nicht richtig kannten und waren somit
blind für den Einen, den Mose verheißen
hatte. Heute sind Juden, Mohammedaner
und Christen, welche die früheren Manifestationen nicht in ihrem wahren Lichte
sehen, blind für die Herrlichkeit Gottes
in Baha’Ullah. — Eines der größten Hindernisse für die wahre Erkenntnis ist
aber auch die buchstäbliche Auslegung
der Prophezeiungen.
In diesen Tagen weisen viele die neue Offenbarung auch deshalb zurück, weil sie nicht auf dem harten Weg der Unterwerfung und des Dienstes wandeln wollen, sondern die leichtere Straße der ererbten Religion vorziehen. Die Menschen ererben ihren Glauben von den Eltern und Voreltern und folgen ihm gewöhnlich blindlings; sie sind zu nachlässig, um selbst zu prüfen oder zu forschen. Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit sind also vielfach die Ursachen, welche uns nicht zur Herrlichkeit der neuen Offenbarung gelangen lassen. — Lies Mirza Abul Fazels Buch „Die Bahai-Beweise“, und du wirst eine unwiderlegliche Bestätigung der Wahrheit dieser Manifestation finden.
Der Wille ist der Brennpunkt des menschlichen Verhältnisses zu Gott. Um Gott kennen zu lernen, müssen wir wollen, wie auch der Wille nötig ist, um ewiges Leben zu besitzen, das uns Gott darbietet. Der menschliche Wille muß erzogen und dem Willen Gottes untergeordnet werden. Es ist eine große Sache, einen starken Willen zu haben, aber eine noch größere ist es, diesen Willen Gott unterzuordnen. Aus dem Willen kommen unsre Taten, aus dem Verstand fließt unser Wissen. Wille und Verständnis müssen in der Sache Gottes übereinstimmen. Der feste Vorsatz führt zur Ausführung und zur Erlangung des Gewollten.“
Frage: Sind die Manifestationen
(Gottesoffenbarungen) in ihrem Grad
verschieden? Antwort: „Diese höchsten, heiligen Seelen (die Gottesoffenbarer) sind gottähnlich in ihren Eigenschaften, Ihre äußere Erscheinung ist verschieden, aber ihre Eigenschaften sind
dieselben. In ihrer geistigen Macht bringen sie die Vollkommenheit Gottes zum
Ausdruck. Die Wirklichkeit Gottes ist
niemals verschieden in ihnen; nur das
Gewand, in welches die ursprüngliche
Wirklichkeit gekleidet ist, ist nach Zeit
und Ort ihrer Erscheinung und ihrer Erklärung der Welt gegenüber verschieden.
Das einemal ist es das Gewand von Abraham und von Mose, das andremal das
von Jesus und Baha’Ullah. Die Einheit
aller dieser Offenbarungen erkennen,
heißt wahre Erleuchtung erlangen. Manche sehen nur das Gewand und verehren
die Persönlichkeit; andere sehen die
Wirklichkeit und verehren diese im Geist
und in der Wahrheit. Etliche der Hebräer bewunderten wohl das geschmückte Gewand Abrahams, waren
aber blind für das wirkliche Licht, welches durch ihn in die Finsternis der Welt
hineinleuchtete. Mose wurde verkannt;
Jesus wurde verleugnet und gekreuzigt,
alle wurden aus demselben Grund verfolgt. Die Menschen sehen nur auf das
äußere Gewand und sind blind für die
geistige Wirklichkeit; sie verehren nur
die Persönlichkeit, erkennen aber die
Wahrheit, das Licht selbst nicht. Viele
verehren den Baum des Lebens, aber sie
essen nicht von der gesegneten Frucht
dieses Baumes. Deshalb erheben sich
Streit und Mißhelligkeiten zwischen den
religiösen Bekenntnissen. Wenn alle von
der Frucht selbst essen würden, so würde
es keine Meinungsverschiedenheiten geben. Ein Beispiel soll dies erläutern: Vier
Männer gingen miteinander denselben
Weg. Sie hatten alle zusammen einen
„Frank“ im Besitz. Der eine war ein
Türke, der andere ein Perser, der dritte
ein Araber, und der vierte ein Grieche.
Sie wurden hungrig und wollten Trauben
kaufen, aber keiner verstand des andern
Sprache; keiner konnte dem andern
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seinen Wunsch ausdrücken. Sie gerieten
deshalb in Streit und beschimpften sich.
Endlich kann ein Mann des Wegs, welcher alle vier Sprachen verstand. Er
fragte nach dem Grund ihres Streits und
sagte: Gebt mir das Geld; ich will jedem
von euch kaufen, was er wünscht. Er
kaufte ihnen Trauben, und sie waren alle
befriedigt. Sie hatten nur über ein Wort
oder eine Benennung gestritten; alle
meinten aber dasselbe. Namen oder Benennungen sind nicht das Wesentliche.
Nach den Früchten des Baumes sollte
unser Wunsch stehen; sie sind die geistigen „Trauben“. Blicket auf das Licht
selbst, dann wird es über die Persönlichkeiten und den Grad der Manifestationen
Gottes keinen Unterschied der Meinungen oder des Glaubens mehr geben.“
„Der beste Beweis einer Manifestation ist die Manifestation an sich. Wir bedürfen keinen Beweis für die Existenz der Sonne. Wer Augen hat, kann die Sonne sehen; sie beweist also selbst ihre Existenz. Einen andern Beweis zu suchen, ist nicht nötig. Daß ohne das Licht und die Wärme der Sonne kein Leben existieren kann, wäre aber leicht zu beweisen. Das Licht und die Wärme der Sonne ist also für uns unentbehrlich, und daraus ergibt sich die Notwendigkeit für die Existenz der Sonne. — Gott mit all seinen Eigenschaften ist unabhängig von seinen Geschöpfen. Blicket auf Jesus Christus! Er stammte aus einer armen Familie in Israel und war kein großer und hochgeschätzter Mann. Dennoch manifestierte sich Gott in ihm, und er veränderte die Zustände in der ganzen Welt. Welcher Beweis, daß er von Gott kam, könnte größer sein als dieser ? Er ist so einleuchtend und klar, daß ihn niemand leugnen kann. Ohne dieses Licht könnte die Welt sich nicht geistig entwickeln. Die größten Propheten haben keine Schule besucht, sie waren keine gelehrten Männer; dennoch offenbarten sie ein so tiefes Wissen, daß die Welt nicht fähig ist, über die Weisheit dieser Propheten hinauszuwachsen. Alles, was von Gott kommt, ist ein Beweis für den Irrtum der Menschen einerseits und für die göttliche Weisheit und Wahrheit anderseits. Petrus war der bedeutendste unter den Jüngern. Er war das Haupt der Gemeinde, von Christus dazu ernannt. Dennoch verleugnete er ihn dreimal. Bedenke, was sich später durch ihn ereignete, welch durchdringende Macht das Wort Gottes in ihm besaß, wie die Wahrheit des Wortes wuchs und sich über die ganze Welt ausbreitete! Dies ist ein Maßstab für die Kraft des Wortes Gottes. Auch die Könige der Erde können dieser Macht nicht widerstehen. Das Licht Gottes wird aufs neue leuchten und muß leuchten.
Die große Macht Neros wurde zertrümmert, und die Fahne Christi erhob sich an ihrer Stelle. Die Könige der Erde, die Weisen der Welt wurden dem Wort untertan und nahmen es an. Die „Gesegnete Vollkommenheit“ (Baha’Ullah), hatte während seiner Lebenszeit Tausende von Nachfolgern, die an ihn glaubten. Nur einer erwies sich als undankbar, verleugnete aber Baha’Ullah dennoch nicht. Viele dieser Nachfolger starben als Märtyrer mit seinem Namen auf den Lippen. Der Ruhm des Namens Jesu ging zu seiner Zeit nicht über sein eigenes Land hinaus, während der Name Baha'Ullahs jetzt in der ganzen Welt genannt wird. Jesus schrieb an keinen Regenten der Welt. Baha’Ullah sandte Briefe an viele Könige und Regenten der Erde. Wenn wir alles, was Christus sagte, sammeln könnten, so würde es im ganzen wenig sein gegenüber der Zahl der Tablette und Bücher, welche die „Gesegnete Vollkommenheit“ hinterließ. Obgleich Jesus kein großer und gelehrter Mann war, obgleich er einem armen und niedrigen Stande angehörte und in einem Stalle geboren wurde, veränderte er dennoch durch seine Macht und Göttlichkeit die ganze Welt. Welcher Beweis für seine göttliche Sendung könnte größer sein als dieser? Wie kann jemand diesen Beweis leugnen?
Die „Gesegnete Vollkommenheit“ kam aus Persien, einem unbedeutenden Land in der Welt. Er ging nicht zur Schule, und doch wurde soviel Weisheit durch ihn geoffenbart, daß sich seine göttliche Sendung nicht leugnen läßt.
Die Gaben und Aufgaben der „Gesegneten Vollkommenheit“ waren so universal, daß sein Hingang allgemein betrauert wurde. Wer von Gott gesandt wird,
ist in sich selbst Beweis genug, um von
den Menschen geglaubt und angenommen zu werden. Die Manifestationen
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Gottes werden gesandt, wenn sie am nötigsten sind.
Es gab neunzehn Personen, „lebendige Buchstaben‘, welche die Botschaft des Bab annahmen. Die „Gesegrtete Vollkommenheit“ verbreitete selbst die Botschaft des Bab. Große und gelehrte Männer nahmen sich gleichfalls seiner Sache an; sie waren Mullahs (mohammedanische Geistliche). Einer von ihnen ist wegen seines Todes für diese Sache bekannt als König der Märtyrer.
Ein anderer wichtiger Beweis einer göttlichen Manifestation ist ihr mächtiger Einfluß auf die Seelen der Menschen. Wundertaten sind Beweise zweiten Grades. Beim Auftreten eines neuen Manifestators ist es unsere erste und wichtigste Pflicht, festzustellen, ob in ihm der wirkliche Arzt gekommen ist, um die geistigen Krankheiten der Menschen zu heilen, zu erforschen, ob der Befehlshaber der Heerscharen der Gerechtigkeit erschienen ist. Das Erscheinen einer Manifestation Gottes ist also auf ihre Echtheit zu erproben; denn wenn sich jedermann an Bord eines Ozeandampfers die Autorität des Kapitäns aneignen wollte, wo würde dann die Sicherheit des Schiffes und seiner Passagiere bleiben? Es wäre unmöglich, den Bestimmungsort zu erreichen, wenn jedermann Kapitän sein wollte. Wenn wir aber den Kapitän des Schiffes der Wahrheit gefunden haben, so ist es unsere Pflicht, ihm zu gehorchen, sich seiner Weisheit zu unterwerfen, um durch ihn uns zum ewigen Leben führen zu lassen.
Vor jeder Manifestation erscheint - sowohl am natürlichen als am geistigen Himmel — ein Zeichen. Es ist das Erscheinen eines wirklichen Sterns und das Auftreten eines Vorläufers. Der Vorläufer verkündigt den Verheißenen. Bevor Mose erschien, kam ein Botschafter zu den Hebräern und forderte sie auf, sie möchten sich vorbereiten für den großen Gottgesandten. Johannes der Täufer kam vor Jesus Christus. Auch Mohammed wurde durch einen Vorläufer oder Verkündiger eingeführt. Vor der Manifestation dieser Tage, welche die völlige Offenbarung Gottes ist, gab es zwei Herolde, Ahmad und Kazim. Es wird sehr lange währen, bis sich eine andere Manifestation erhebt. Die Manifestationen sind größer oder kleiner in ihrer Bedeutung, je nach der Botschaft, die sie zu offenbaren haben.
Die Manifestationen sind den Meeren zu vergleichen. Etliche Meere, wie z. B. das Kaspische, sind getrennt vom Weltmeer; andere sind, gleich dem Mittelländischen Meere, mit der großen Masse des Ozeans verbunden. Die Manifestation in Mohammed war gleich dem Kaspischen Meere, abgesondert und getrennt. Der „Bab“ und die „Gesegnete Vollkommenheit“ sind gleich dem Mittelländischen Meere und dem Ozean. Die Manifestationen sind wie Sonnen am Himmel des göttlichen Willens. Zuweilen sind Sonne und Mond weit von einander entfernt, z. B. in der Mitte des Monats bis 180 Grad; aber am Anfang und am Ende des Monats beträgt die Entfernung nur einen Grad. Im Koran prophezeit Mohammed, daß sich „an diesem Tag Sonne und Mond am Himmel begegnen werden“, d.h. die geistige Sonne und der geistige Mond werden in diesem Zeitalter zusammen aufgehen in Menschengestalt. Wir sollten Gott fortwährend danken, daß wir in den Tagen einer Manifestation Gottes leben. Diese Manifestation endigt mit der „Gesegneten Vollkommenheit“. Der Zyklus der Sonne und des Mondes ist beendigt. Ich bin nichts als der Diener Gottes (Abdul Baha). Etliche in Amerika blicken nach einem "dritten Cristus“ oder seiner Persönlichkeit aus. Dies ist aber nur Einbildung. Manche nennen mich Christus; dies ist ebenfalls Einbildung. Die Periode der „Gesegneten Vollkommenheit“ wird eine lange Zeit währen. Die nächste Manifestation wird nicht so groß sein wie diese. Wenn sie erscheint, wird sie keine unabhängige mehr sein. Seht ihr es ein, daß ich für mich keinen Anspruch mache? Ich habe der „Gesegneten Vollkommenheit" alles geopfert, meinen Körper, meine Bequemlichkeit, meinen Stand, alles.
Baha’Ullah ist die Vollendung aller Stufen. Er ist die Offenbarung aller Wahrheit und alles Lichts. Während die Offenbarungen anderer Propheten teilweise durch das Schwert verbreitet wurden, befiehlt Baha’Ullah, daß wir lieber uns selbst töten lassen sollen, bevor wir töten. So war Er die endgültige Vollendung aller Grade der Offenbarungen, welche Ihm vorausgingen.“
Brief von Róoha Khanum (einer Tochter Abdul Bahas)*).[Bearbeiten]
Bahai-Gemeinschaft, Pers. Kolonie, Haifa, Palästina, Rizwan 1922. Meine lieben Schwestern und Brüder in der Sache Gottes!
Endlich kann ich Ihre lieben Briefe beantworten und den Freunden, die Ihre liebevolle Anteilnahme in jenen ersten Tagen unseres größten Schmerzes uns kundgaben, herzlich danken. Bisher war ich von Schmerz gebrochen, mein Herz war verzweifelt, und ich weinte bitterlich. Meine Gedanken zu fassen war mir unmöglich, und ich konnte deshalb nicht schreiben an die lieben Freunde, die so herzliche Trostworte für mich in jener schwersten Zeit des Verlustes gefunden hatten.
Jetzt kann sich unser Herz in der Gewißheit trösten, daß, obgleich unser geliebter Meister nicht mehr in seiner irdischen Hülle weilt, so doch Sein Geist für alle Zeit uns gegenwärtig ist. Während hier auf Erden Sein Menschsein wie eine Wolke war, die Seinen göttlichen Geist vor uns verbarg, so ist diese verhüllende Wolke jetzt dahin, und wir fühlen die Macht Seiner geistigen Führung.
Wie der Meister nach dem Hingang Baha’Ullahs sagte: „Das Licht der Sonne der Wahrheit wird nie untergehen. Die Wogen des Meeres der Wahrheit werden in aller Ewigkeit rauschen. Der göttliche Regen aus dem Reich der Herrlichkeit wird nie versiegen. Inspirationen aus dem Reich des Erhabenen werden nie und nimmer enden.“
„Lebenspendende Regenströme kommen ununterbrochen aus den Wolken der Gnade. Die Hilfe aus dem himmlischen Land und die Hilfe von dem „Erhabenen Herrn“ wird ohne Aufhören gewährt. Obgleich die herrliche Sonne, (Baha’Ullah) vom Horizonte dieser Welt verschwand, hat sie doch eine leuchtende Pracht am göttlichen Horizont himmlischer Größe zurückgelassen."
„Die Augen des Menschen sind durch seinen irdischen Körper gehindert, das Licht der Wahrheitssonne zu sehen."
„Da dieser Schleier hinweggenommen ist, so ist es jetzt Zeit, das Gotteswort zu verkündigen, die Blitzesstrahlen des Geistes auszusenden, die Melodien der Treue zu singen im Rosengarten Gottes, des Geliebten.“
„O Nachtigallen im Garten der Tugend! Heute ist der Tag angebrochen, um die herrlichen Himmelsharmonien zu singen."
„Laß Dein Herz nicht länger leiden, noch verhalte Dich still im Leid und Klagen, sondern mache Dich auf, trete Deinen Flug in die himmlische Atmosphäre an, indem Du die sieghaften Hymnen der Heiligkeit im Garten der Liebe singst. Richte Dein Herz immer nach jener göttlichen Heimat des strahlenden Geliebten, zu der wir alle wie Pilger wallen.“
„Wenn wir an diesem Tage des geistigen Frühlings uns nicht erheben zu dem herrlichen Werk, die Einheit des Königreichs zu errichten, zu welcher andern Zeit sollen wir dann beginnen? Gewißlich ist jetzt die richtige Zeit.“
Diese Worte passen genau auf die jetzige Zeit, in der unsere Herzen noch die Last des Leids durch den Hingang unseres geliebten Meisters tragen.
Nun bitte ich Euch, meine Freunde, laßt uns alle zusammen in einer großen Armee des Lichts stehen, zugleich treu und ehrlich entschlossen, die Macht der Finsternis auf dem bedauernswerten Schlachtfeld der Welt zu überwinden. Laßt uns der Jünger Seiner Heiligkeit unseres Herrn Christus gedenken, wie sie nach seinem Tode, obgleich an Zahl gering, treu zusammenstanden, geeint mit Herz, Seele und Geist, bemüht, dies Werk zu vollbringen, für das ihr Herr gelitten hatte. Gott sei gedankt, daß Abdul Baha viele Freunde zurückließ, die bereit sind, allezeit Bequemlichkeit und irdisches Wohlergehen zu opfern und die Lehre der Bahaisache zu verbreiten, die, wenn sie bekannt und verstanden wird, imstande ist, die Herzen der Menschen rein und edel zu machen.
Wir sind durch die Besuche vieler lieben Freunde aus allen Ländern der Welt
getröstet und erfreut worden. Sie waren
unser großer Halt in jenen leiderfüllten
Tagen. Wir sind sehr glücklich, daß
heute noch eine dieser Freundinnen, Lady
Bloomfield, bei uns ist. Sie begleitete unseren geliebten Shogi Effendi und seine
[Seite 91]
Schwester, als sie von England zurückkehrten. Sie war wie eine liebevolle
Mutter in den Stunden ihres größten
Leids und seitdem sie hier ist, hat sie viel
nützliche Arbeit geleistet, die zum Wohl
der Sache diente. Wir alle sind aufrichtig betrübt, daß sie uns in Bälde verlassen wird, um ihre Arbeit in Europa
auf ihrer Heimreise nach London fortzusetzen.
Ich bin gewiß, daß wir jetzt noch viel mehr erreichen werden als bei Lebzeiten des Meisters, denn der Schmerz über seinen Heimgang hat unsere Herzen so weich gemacht, daß unser höchstes Ziel und einziger Wunsch ist, Seinem gesegneten Geiste Freude zu bereiten. Wenn der Hirte heimgegangen ist, so müssen die Schafe enger zusammenstehen, um einander zu behüten vor den Angriffen der Wölfe. Daher laßt uns nicht niedergeschlagen sein. Ich weiß, daß wenn wir uns mit ganzem Herzen Gott zukehren, so werden wir gewißlich die melodische Stimme Abdul Baha’s vernehmen. .
Wenn wir in die Nacht hinauslauschen, hören wir Ihn sagen: „Ich bin bei Dir, fürchte nichts, und lasse Dich vom Leid nicht niederdrücken!“ Lauschen wir in den Morgen hinein, so sagt Er uns: „Erhebe Dich zum Dienst der Gottessache und zur Verkündigung Seiner Wahrheit!“ Zur Mittagszeit werden wir Seine Stimme gewahr: „Sei nicht kleinmütig, wenn auch die Flamme Eures Leids hoch auflodert, denn in Bälde werdet Ihr durch den erquickenden Hauch der Gnade Gottes erfrischt.“ Wenn wir in die Dämmerung hineinhorchen, so sagt Seine Stimme: „Seid glücklich, ruhet und vertraut mir, denn ich liebe Euch, und ich werde Euch nie verlassen noch Euch versäumen, meine Kinder. Seid einig, seid geduldig! Hoffet und seid getreu!“
Ich bin gewiß, daß unser geliebter Herr für uns alle — Freude, Glückseligkeit des Herzens und die Fülle der Taufe mit dem heiligen Geiste wünscht.
Daher laßt uns die Seele bereiten, um diese große und glorreiche Gabe in diesen wunderbaren Tagen zu empfangen, in diesen Tagen, die die Propheten und Heiligen der vergangenen Zeiten so sehr zu erleben wünschten. Sie wurden dieses Segens nicht teilhaftig, den wir erlangen durften.
Ich bin dankbar, Euch mitteilen zu dürfen, daß wir aus Persien gute Nachrichten haben, wo sich die Freunde mit erneuter Kraft und Einigkeit aufmachen, um der Gottessache mit Treue und Opfermut zu dienen,
Es ist stets so, daß wenn unsere Geliebten von dieser Welt gehen, wir — deren Schmerz überwältigend ist — Trost darin finden, uns um die Erfüllung der Wünsche des Dahingegangenen zu mühen. Ich freue mich, sagen zu dürfen, daß unser lieber Beschützer der Sache, Shoghi Effendi, jetzt von seiner Arbeit, die ungeheuer war, ausruht. Er fühlte die Notwendigkeit, sich zurückzuziehen, um im Gebet sich zu konzentrieren auf die herrliche und schwere Aufgabe‚ die ihm auferlegt ist‚ und um die Kraft zu erlangen, die er braucht‚ um sie zu erfüllen. Shoghi Effendi ist allen Bahai-Freunden sehr teuer, denn er ist durch Abdul Bahas Vermächtnis zu unsrem Führer bestimmt worden. Ueber ihn sagt ein persischer Freund: „Wenn die Rose entblättert und ihr Beet zerstört ist, wie können wir ihre Düfte atmen? Nicht anders als durch ihre Essenz, die ihre Wesenheit ist.“
Ich schließe meinen Brief, indem ich alle Freunde bitte, für die Angehörigen Abdul Baha’s zu beten, daß sie Kraft erlangen, den Schmerz über sein Hinscheiden in Hilfsbereitschaft für Shoghi Effendi bei seiner Arbeit umzuwandeln. Tatsächlich vermissen wir den Meister tagtäglich mehr. Er war uns die ganze Welt, unser geistiger und irdischer Vater, unser Trost, unsere Hoffnung, unser Gefährte und unser Führer in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens. Die einzige Freude, die uns verbleibt, ist die, daß wir von allen Ländern die frohe Kunde von der Einigkeit der lieben Freunde und vom Wachsen der Gottessache erhalten .
Das „Größte heilige Blatt“, meine Mutter und meine Schwester schließen sich mir in Bahai-Liebe mit vielen Grüssen an Euch alle an und versichern Euch, daß wir am heiligen Grab für die Freunde beten, daß ihnen geholfen werde und daß sie gestärkt und gestählt werden auf dem Weg des Dienstes, um ein großes Werk zu vollbringen durch die Verkündigung der Gottessache dieser großen Zeit, denn „jetzt ist die auserwählte Zeit.“
Eure Euch stets liebende Freundin und geistige Schwester im Dienst der Gottessache
Róoha Khanum.
- ) Uebersetzt von Frau A. Schwarz.
[Seite 92]![]()
Zur Geschichte des Babismus.
Auszug aus dem Buche „Persien“ v. Earl Curzon of Redleston, verfaßt i. J. 1892*)
(Pag. 496-504).
Die Zierde des weiblichen Geschlechts weihte sich dem neuen Glauben; der Heroismus der lieblichen, doch unglücklichen Dichterin Raswins, Zerin-Tay (Krone Gottes) oder Kurrat-el-Ain (Augentrost), die den Schleier abnahm, trug die Fackel der Glaubensbotschaft weit ins Land hinaus. Es ist dies eine der ergreifendsten Episoden in der neuzeitlichen Geschichte. Die Zahl der Babisten in Persien beträgt meiner Annahme nach mindestens eine halbe Million, doch nach der Ansicht eines Wohlunterrichteten mag ihre Zahl schon an eine Million hinreichen. In jeder Volksschicht sind sie zu finden, von den Ministern, dem Adel am Hofe an bis zum Straßenkehrer und Stallburschen herab, nicht zuletzt unter der muselmanischen Priesterschaft selbst. Die Bewegung hob an unter den Seyids, Hajis und Mullahs, d.h. bei Personen, die entweder durch Abstammung, aus religiöser Neigung oder durch Profession eng verbunden mit dem mohammedanischen Glauben waren, und es vollzieht sich unter den professionellen Anhängern des mohammedanischen Glaubens diese Wandlung immer noch weiter... Erst kürzlich hatten die Babisten einen grossen Erfolg auch im Lager eines anderen Feindes, nämlich unter der jüdischen Bevölkerung in den persischen Städten. Es wurde mir gesagt, daß im Verlauf des letzten Jahres (1891) 150 Juden in Teheran, 100 in Hamadan, 50 in Kashan und 75% der jüdischen Einwohnerschaft Gulpaigan’s übergetreten seien.
Die beiden Opfer ihres Glaubens, Haji Mirza Hassan u. Haji Mirza Huseyn haben die Namen Sultan-es-Shahada, (König der Märtyrer) und Mahbub-es-Shahada — Geliebter der Märtyrer — erhalten; ihre schmucklosen Gräber auf dem Gottesacker sind zum Wallfahrtsort geworden, und manche Träne über das Schicksal der "Märtyrer von Isfahan“ fließt dort.... Die kleinen Vorfälle, die von Zeit zu Zeit widerliche Formen annehmen, beweisen, daß Persien noch nicht ganz genesen ist, und daß das große Wort von der „Iranischen Zivilisation" auf schwanken Füßen steht. Wenn ein Gedanke vor anderen in unserer Niederschrift betont werden soll, so ist es der, daß eine hohe und stille Ergebenheit durch diesen neuen Glauben geht — als eine Obliegenheit, die bei allem, was es auch sein möge, zu beobachten ist.
Es ist nur einmal vorgekommen,
daß ein Babist unter dem Druck
der Androhungen von Martern seinen
Glauben leugnete; er bereute dies aber
und kam zurück, wurde jedoch 2 Jahre
ausgeschlossen. Viele Erzählungen über
größten Heroismus beleuchten die blutbedeckten Seiten der Babisten-Geschichte. Unwissend und unbelesen, wie
viele der Nachfolger des Bab waren und
sind, sind sie doch bereit, für ihren Glauben zu sterben, und das Feuer der Scheiterhaufen hat noch keine so hohe Begeisterung entzündet, als sie die raffiniertesten Folterqualen Teherans erzeugten.
Nicht gering muß demnach die Kraft dieser Glaubenslehre sein, wenn sie bei ihren Jüngern einen so seltenen und wundervollen Geist der Opferwilligkeit entfacht. Die Tatsache, daß der Babismus in
seinen frühesten Tagen mit den Zivilbehörden in Konflikt geriet und daß durch
Babisten ein Anschlag auf das Leben des
Schah gemacht wurde, hat bewirkt, daß
die fälschliche Ansicht entstand, daß die
Bewegung politischer Natur und nihilistisch in ihrer Wesensart sei. Doch aus dem
Studium der Schriften des Bab und seiner Jünger geht keineswegs hervor, daß
die Annahme eines solchen Argwohns begründet wäre... Die Beschuldigung der
Unmoral scheint teilweise bösartiger Einmischung der Gegner zu entstammen,
vielleicht auch der viel größeren Freiheit,
die den Frauen durch den Bab zugesprochen wurde, einer Freiheit, die mit orientalischen Ansichten unvereinbar und somit als ruchloses Benehmen erschien....
Wenn der Babismus zu wachsen fortfährt
wie bisher, so wird die Zeit unfehlbar
kommen, daß er den mohammedanischen
[Seite 93]
Glauben aus Persien verdrängen wird...
Sind einmal die besten Kämpfer für die Sache gewonnen, so ist noch mehr Grund zu der Annahme vorhanden, daß sie schließlich den Sieg davonträgt. Das reine Dulderleben des Bab, sein schändlich-gewaltsamer Tod, der Heroismus
und das Märtyrertum seiner Nachfolger
werden, da die Geschichte des Islam
keine ähnliche zeitgenössische Erscheinung aufzuweisen hat, viel Nacheiferung hervorrufen.
Uebersetzt von Frau A. Schwarz.
Wir machen besonders darauf aufmerksam, daß diese Ausführungen zu einer Zeit geschrieben wurden, da Baha’Ullah noch nicht öffentlich aufgetreten war.
Schriftleitung.
BAHAI-KONGRESS
Vom 16. bis 18. Sept. d. J. wird in Stuttgart ein Bahai-Kongreß stattfinden, zu dem in nächster Zeit die Einladungen mit Bekanntgabe des vollständigen Programms seitens der „Geistigen Arbeitsgemeinschaft“ in Stuttgart ergehen werden. Bei diesem Kongreß soll die Wahl des „National Body“ (Nationaler Rat) stattfinden, der eine Vorwahl von Wahldelegierten vorausgeht; auch sind einige öffentliche Vorträge über die Bahaisache vorgesehen. Es hat sich bereits ein Kongreßkomitee gebildet, das die organisatorischen Vorarbeiten besorgt.
La evoluo de la spirito.
Abdul Baha parolis: Hodiaü vespere mi progresas. Tio estas lego, kiu regas la
volas priparoli la evoluon aü la progreson de la spirito.
En la naturo ne ekzistas absoluta trankvilo. Cio ekzistanta aü progresas aü pereas; Cio antanen- ai maltaüeni$as. Ekzistas nenio, kio estas sen movemo. Ekde la naskigo $is la maturißo la homo fizike progresas. Kiam li atingis la supron de sia vivo, li malsuprenißas; la fortoj de lia korpo malpliifas kaj iom post iom la horo de la morto venas. En sama maniero planto progresas de la semo Sis la fruktißo, tiam gia vivo malpliißas, Sis $i velkas kaj mortas. Birdo svingas sin $is definitiva alto; kiam gi flugante atingis la plej altan punkton, tiam $i ree terenißas.
Estas klare, ke movemo estas neceso por la tuta ekzistado. Ciuj materiajoj fis definitiva punkto progresas, poste ili mal tutan fizikan kreitajaron.
Ni nun rigardu la animon. Ni scias, ke movädo estas necesa por la tuta ekzistado; cio vivanta movißas. La tuta kreitajaro tu la minerala regno, Cu la vegetajaro au la bestaro — estas devigata obei la lego de la movado; {io devas aü supren- aü malsupreniri. Sed la homa animo nekonas malsuprenmovadon. Gi movißaskaj nur en la direkto al perfekteco; kreskado kaj progreso sole estas la movadoj de la animo.
La perfekteco estas senfina, pro tio la
progreso de la animo estas ankaü senfina.
De la unua horo de lia naskigo la animo
de homo progresas, la intelekto kreskas
kaj la sciado pliigas. Kiam la korpo mortas, la animo plue vivas. La diversaj Stupoj de la kreitaj fizikaj estajoj estas limigitaj; sed la animo ne havas limon.
[Seite 94]
La kredon, ke la animo postvivas la’
morton kaj la korpon, oni trovas en Ciuj. religioj. Oni Cielensendas propetojn por la amataj mortintoj, oni preßas pri pardono de iliaj pekoj. Se la animo mortus kune kun la korpo, {io Ci estus malnecesa. Plue, se estus neeble al la animo, liberi£inta de la korpo, progresi en la direkto al perfekteco; kian utilus la amplenaj pregoj, kiuj estas dedicataj al la mortintoj ?
Ni legas en la sanktaj skribajoj, ke Ciuj bonaj faroj estos rekompencataj. Kiam la animo ne postvivus la korpon, tiam la profetajoj estus senvaloraj.
La daürigon de la ekzistado de l’animo jam pruvas la fakto, ke nia spirita instinkto, certe ne vane al ni donita, nin inspiras pregi por la bonfarto de tiuj niaj karuloj, kiuj estas forlasintaj la materian mondon.
En la spirita mondo ne estas malprogreso; Cio estas destinata sin movi en la direkto de perlekta stato, Progreso estas la esprimo de la spirito_ en la materia mondo. La inteligenteco de l’homo, lia jugpovo, lia ekkono, liaj sciencaj akiroj, ili tiuj estas malkaSajoj de I’spirito, ili partoprenas la neeviteblan le&on de la progreso kaj estas senmortaj.
Mi esperas, ke vi progresas en la. mondo de la spirito same kiel en la materia mondo, por ke via inteligenteco evoluu, via sciado pligrandigu kaj via kompreno vastigu. Vi devas liam antaüenigi, neniam halti; evitu la haltadon, $i estas la unua pa$o al malprogreso kaj al degenerado.
La tuta fizika kreitajaro estas pereema.
Tiuj materiaj korpoj estas kunmetitaj el atomoj; kiam la atomoj disigas, komenci$as la solvigo kaj tiam sekvas tio, kion ni nomas morto. . La kunmetado de la atomoj, kiuj formas la korpon aü mortdevajn elementojn de estajo, estas pereema. Kiam la kohereco, kiu kunigas la atomojn, ne funkcias, tiam la korpo Cesas ekzisti.
Koncerne la animon estas io alia. La animo ne estas kombinajo de elementoj, fi ne estas kunmetita el multe da atomoj, gi konsistas el nedividebla substanco kaj pro tio $i estas eterna. La scienca filosofio pruvis, ke simpla elemento („simpla“ signifas tiuokaze „ne kunmetita“) estas nedetruebla kaj eterna. La animo, kiu ne estas kombino de elementoj, estas laü sia karaktero simpla elemento kaj neniam povas Cesi ekzisti.
La animo, kiu konsistas el tiu nedividebla substanco, povas esti subigata nek de sol vißo nek de detruo; pro tio ekzistas nenia kaüzo ke gi devus fini. Ciuj vivantajoj montras al ni la signojn de sia estado, kaj el tio ni povas konkludi, ke estajoj ne povus ekzisti el si mem, se tio, kion ili efektivißas aü atestas, ne havus esencon. Neekzitantafo povas kompreneble ankaü ne havi signon de sia ekzistado. La multoblajn signojn de la estado de I!’spirito ni vidas Ciutempe.
La postsignoj de la spirito de Jesuo Kristo, same la influo de liaj diaj instruoj estas ankoraü nuntenmpe troveblaj inter ni, kaj ili restos ankaü eternaj.
Estas klare, ke neekzistantajo ne povas esti vidata per signoj. Por povi skribi, devas ekzisti homo; iu, kiu ne ekzistas, povas ankaü ne skribi. La skribado estas
je si mem signo de la animo kaj de la
inteligenteco de la skribanto. La sanktaj skribajoj, Ciam enhavantaj la samajn instruojn, pruvas la daüron de la spirito.
Pripensu la celon de la kreado. Cu estas eble, ke Clio, kio evoluis kaj ekfloris, estas kreita nur por tiuj malmultaj jaroj, kiujn la homo pasigas sur la tero? Cu estasne nepenseble, ke tio estus ia definitiva celo de la ekzistado?
La mineralo disvolas tiom longtempe, gis $i enigas en la planton; la vegetajo progresas, $is $i perdas sian vivon kaj enigas en la vivon de l’besto; la besto, kiu formas parton de la homa nutrajo, enißas en la vivon de l’homo, Per tio estas pruvite, ke la homo estas la resumo de la tuta kreado kaj la plej alta el &iuj kreitajoj; li estas la celo, por li estis farataj progresoj en sennombraj jarcentoj. La homo pleje pasigas 80 $is 90 jarojn en la mondo, kio estas fakte tre mallonga tempo.
Cu la ekzistado de la homo tesas, kiam li forlasas la korpon? Se lia vivo per tio finis, Ciuj antaliigantaj evoluoj estus senvaloraj; Cio estus por neniol Cu efektive iu povas opinii, ke la kreado havas neniun
pli altan celon? .La animo estas eterna, senmorta.
La materialistoj] demandas: „Kie estas la animo? Kio $i estas? Ni povas $in nek vidi, nek tu$i,
Ni devas respondi: La mineralo povas malgraü sia progreso, kiun $i faras — ne
kompreni la vegitajaron. Sed tiu manko
da komprenemo ne povas pruvi la neekzistadon de la planto. En kiu ajn alta
grado planto evoluas, &i tamen estas nekapabla, kompreni la bestaron; tamen tiu
[Seite 95]
fakto ne estas pruvo, ke la besto ne ekzistas!
La besto, kiu tiom alte evoluis, povas nek imagi la inteligenton de la homo, nek povas kompreni la naturon de lia animo. Sed ankaü tio ne estas pruvo, ke la homo estas sen prudento kaj sen animo. Gi estas nur la pruvo por tio, ke Stupo de ekzisto ne povas kompreni la alian $tupon $in superanta.
Se la materialistoj ne kredas la ekzista don de Il’animo, ilia malkredo ne estas .
pruvo por tio, ke ne ekzistas tia regno, kiel $i estas la mondo de la spirito. La ekzistado de la inteligento de l’homo pruvas lian senmortecon; ja ankoraü pli, la mallumo pruvas la estadon de la lumo, tar sen lumo ni ne havus ombron. La malriceco pruvas la ekziston de ritajoj, Car ni sen tiuj ne havus mezurilon por la malriceco. La nescio estas pruvo, ke ekzistas sciado; {u ni povus paroli pri nescioj, se ne ekzistus scioj?
La ideo de la mortemo konditas la ekziston de senmortemo; Car sen eterna vivo ankaü ne ekzistus mezurilo por la vivo de &itiu mondo. Cu la fondintoj de la religioj de Dio suferus teruran mizeron kaj Cagrenegon, se la spirito ne estus senmorta ?
Kial Jesuo Kristo suferis la teruran morton sur la kruco? Kial Mohamed suferis la persekutojn? Kial Bab oferis sin? Kaj kial Baha’Ullah pasigis multajn jarojn de sia vivo en malliberejo?r Por kio Äiuj &i suferoj estus estintaj, se ne por tio, pruvi la eternan vivon de la spirito?
Kristo suferis kaj prenis sur sin &iujn Cagrenegojn pro la senmorteco de sia spirito. Se homo tion pripensas, li komprenos la spiritan signifon de la le&o de progreso. Li lernos kompreni, ke Cio de la malsupra £is la plej alta Stupo progrese moras sin.
Tiu, kiu ion © pripensas kaj tamen opinias, ke la granda plano de la kreado subite Cesos progresi, kaj ke la progresa evoluo finos en tia nekonvena maniero, estas homo sen inteligento.
La materialistoj, kiuj tiamaniere jußas aü pretendas ke ni estas malkapablaj, vidi la mondon de la spirito au percepti la benadojn de Dio, estas certe kiel la bestoj,
‚kiuj ne havas prudenton; ili havas okulojn
kaj ne vidas, ili havas orelojn kaj ne aüdas. Tiu manko de vido kaj aüdo estas pruvo de ilia malalta stato. Ili estas personoj, pri kiuj ni ankaü legas en korano: „lli estas homoj, kiuj estas blindaj kaj surdaj rilate al la spirito. lli ne uzas la grandan donacon de Dio, la forton de la prudento, per kiu ili vidas per la okuloj de la spirito kaj aüdus per spiritaj oreloj ai komprenus per inspirata dia koro.“
La fakto, ke la materialista spirito estas malkapabla, kompreni la ideon de la eterna vivo, ne estas pruvo por la malekzisto de tin & vivo. La kompreno por la alia vivo estas dependa de nia dia, spirita naski£o.
Mia pre$o por vi estas, ke viaj spirıtaj kapablecoj kaj klopodoj Ciutage pliifu, kaj ke vi neniam permesu la materiajn sentojn,
ke ili kovri al vi.la okulojn rilate al la
mirindajoj de la Ciela inspiroj.
La deziroj kaj pregoj de Abdul Baha.
Abdul Baha parolis: „Vi &iuj estas bonvenantaj al mi, mi vin multe amas. Tage kaj nokte mi petegas por vi al la Cielo, ke vi ricevu forton kaj ke vi partoprenu la benadojn de Baha’Ullah kaj eniru en la reglandon de Dio.
Mi pregas, ke vi farigu novaj estajoj, inspirataj per dia lumo kvazaü heligaj lampo;j, kaj ke la ekkono de la dia amo disvastigu de unu fino de Europo gis la alia.
Tiu ©i abunda amo plenigu viajn korojn kaj animojn tia, ke malgajo ne trovas lokon en ili, kaj ke vi levigu. gojakore kiel birdoj en la dian atmosferon.
Mia deziro estas, ke viaj koroj estu klaraj kaj puraj kiel poluritaj speguloj, en kiuj povas rebrili la plena beleco de la suno de I’vero,
Viaj okuloj estu malfermotaj, por ke vi vidu la signojn de la regno de Dio; viaj oreloj estu malfermataj, por ke vi aüdu, en perfekta kompreno la Cielan mision, kiu nun rezonas en via mezo.
Viaj animoj ricevu helpon kaj konsilon, ili estu tiom fortigitaj, por ke vi kapablu vivi laü la instruoj de Baha’Ullah..
‚Mi pregas por vi, ke vi estu en la mondo flamoj de la amo, kaj ke la heleco de via lumo kaj la varmeco de via amo atingu la koron de iu malgaja kaj zorgplena infano de Dio,
Vi estu kiel radiantaj steloj, kiuj por tiam hele lumas en la reglando de Dio.
Mi konsilas al vi: „Studadu serioze la instruojn de Baha’Ulla, por ke vi farigu per dia helpo takte kaj vere bahaianoj,“
Weltuntergang*).
Wenn einst die Stunde kommt, da dieses Sterns
Gereifte Seele in das Weltall haucht:
Dann glaubt die Menschheit nur an einen Gott
Und ist nur eine Herde, wieder Adam,
Wie einst im unverlornen Paradiese.
Ja, all die Menschheit ist nur eine Seele,
Daran wir alle durch Millionen Jahre
Geformt, wir Gottgesandten, bis sie nun
In Reinheit wieder leuchtet, Gott zum Preis!
Dann kommt des Sterns erhabne Todesnacht.
Loblieder wehen auf des Weltalls Grund,
Und unser Stern gibt Antwort, die wie Flamme
Aus vielen Feuerherzen steigt und tönt,
Gott suchend, in der unerhellten Nacht.
Und näher, brausend näher! Milliarden
Von Lichtstrahlen hellen nun den Weltraum!
Es nahen festlich Meister und Erprobte,
Die je auf diesem Prüfungsland gewirkt:
In Glanzgewändern holen sie die Brüder,
Die letzten, aus der todgeweihten Erde
Hinüber in das Land endlosen Lichts!
O Festzug durch die Weltnacht! Weiße Straße
Von Pilgerseelen, tief in Regionen
Des Gotteslandes endend, tief am Lichtquell,
Wohin kein unbereitet Auge schaut!
Ihr Loblied, das von Stern zu Sternlein brandet,
Umfaßt noch einmal machtvoll alle Lust
Und alles Weh der umgejagten Menschheit
Und löst es auf in edle Harmonie,
Die ihre Kreise zieht wie Wasserkringel,
Herrlich verzitternd übers Meer des Alls!
So leiten sie des Erdballs letzte Seelen
Im Jubelfestzug durch die schöne Nacht,
Und alle Sonnen schwingen in das Lied
Den Auferstehungsklang — und tief in Himmel,
Geahnt nur, nicht geschaut, sitzt Gott, der Ew’ge,
Sonne der Sonnen, alles Lebens Urkraft!
Da ist kein Pilger im gewalt’gen Zug,
Dem nicht als Herz in seiner Glanzgestalt
Ein Funke flammt, ein Strahl von Gottes Kraft,
Den ganzen Leib durchleuchtend, da die Sterne
Erblassen von so wunderbarem Glanz — -
So gehn wir heim, wir all’ ins ew’ge Licht!
Mitteilungen.
Stuttgart.**) Die hiesige Bahai-Vereinigung hat wieder eines ihrer Mitglieder durch den Tod verloren. Hermann Alfred Geiger ist in jungen Jahren nach langem Krankenlager am Himmelfahrtsfest in die obere Heimat eingegangen. Alle, die den eifrigen, wissensdurstigen jungen Mann kennen gelernt haben, werden ihm ein gutes Andenken bewahren. Möge er nun im Reich des Geistes von Erkenntnis zu Erkenntnis weitergeführt werden.
Herr Kunstmaler Goll, langjähriges Mitglied des Bahaibundes, hat ein sehr gutes, künstlerisch ausgearbeitetes Bild von Abdul Baha in der Größe 17:24 cm hergestellt, das zum Preis von 200 Mk. vom Verlag d. D. Bahaibundes, Hölderlinstr. 35 bezogen werden kann. Ebenso ist ein künstlerisch durchgearbeiteter Druck desselben Bildes zum Preis von 30 Mk. von derselben Stelle zu beziehen.
FrauA.M. Schweizer (Zuffenhausen) und Kaushal Bhargawa, ein indischer Bahai, besuchten im Mai verschiedene Städte Norddeutschlands (Bremen, Hamburg, Berlin, Leipzig) und hielten dort Vorträge in verschiedenen Versammlungen. Frau Schweizer, die voriges Jahr auch auf dem Kongreß der „Internationalen Frauenliga für Friede und Freiheit“ in Wien über die Bahailehre sprach, hat dadurch aufs neue ihren Eifer um die Verbreitung der Sache bewiesen, und es gebührt ihr hiefür unser aller Dank.
Mitteilung vom Verlag.
Durch die wiederholt eingetretene ganz wesentliche Erhöhung des Papierpreises, der Druckkosten und der Postgebühren decken die seitherigen Bezugsgebühren der „Sonne der Wahrheit“, trotz der unentgeltlichen Arbeit der Schriftleitung und des Verlags, nicht einmal die Selbstkosten. Wir sind deshalb zu unserem Bedauern genötigt, den laufenden Bezugspreis auf M. 20.— pro Vierteljahr zu erhöhen und bitten unsere verehrlichen Leser höflichst, diese Erhöhung sowie etwaige rückständige Bezugsgebühren auf unser Postscheckkonto 25419 Stuttgart oder direkt an uns (Hölderlinstrasse 35) einzahlen zu wollen.
Auch die Preise der meisten unserer Schriften decken bei Neubeschaffung noch nicht die Kosten des unbedruckten Papiers, weshalb wir künftig auch für diese höhere Preise berechnen müssen.
Verlag des Deutschen Bahaibundes.
- ) Aus „Lebensfrucht", Gedichte von Friedrich Lienhard, 4. Auflage, Verlag Greiner & Pfeiffer, Stuttgart.
- ) Wegen Raummangel mußte die Aufnahme der Berichte verschoben werden.
Anfragen, Beiträge und alle die Schriftleitung betreffende Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstraße 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.
Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha’o’llahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha’o’llahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha’o’llah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha’o’llah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha’o’llah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha’o’llah),
Die Hauptschriften Baha’o’llahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha’o’llah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha’o’llah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)