Sonne der Wahrheit/Jahrgang 2/Heft 10/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft X DEZ. 1922
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART

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Die Hauptpunkte der Bahailehre

1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten -— das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.


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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis des Einzelheftes M. 15.—, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 45.—
Heft 10 Stuttgart, im Dezember 1922 2. Jahrgang

Inhalt: Aus einem Tablet an einen deutschen Bahai. — Vier Episteln Abdul Bahas nach Amerika. — Aus „Göttliche Philosophie“ (von Abdul Baha). — La kruela apatio de la homoj kontraŭe de suferoj de fremdaj rasoj. — Ni ne devas esti senkuraĝaj, kiam nia nombro ne rapide pliiĝas. — Parolado de Abdul Baha en la preĝejo de pastro Wagner (Foyer de L’ame) en Parizo je ia 26. de Novembro 1911. — Weihnachten. — Jahreswende. — Aus einem Schreiben von Nazar K. Kevorkian, Vezir Khan an die Freunde in Stuttgart. — Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“. — Bahai-Vorträge. — Bericht aus Groß-Strelitz. — Bericht aus Hamburg. — Bericht aus Rostock. — Druckfehlerberichtigung.


O Freunde Gottes, bemüht Euch, daß diese Dunkelheit bald zerstreut werde, die verborgenen Geheimnisse offenbar werden und die Wirklichkeit der Dinge deutlich ans Tageslicht trete! Es gibt keine Seele, deren Gewissen nicht bestätigt, daß es in dieser Zeit nichts Wichtigeres in der Welt gibt als den universalen Frieden.
Abdul Baha.
Aus einem Tablet an einen deutschen Bahai.*)
Übersetzt von Mirza Azizollah Khan S. Bahadur, 6. Sept. 1921.

Bahai zu sein heißt, den göttlichen Lehren gemäß zu leben und sich die Lebensführung und die Lebensart der Bewohner des ewigen Königreichs zu erwerben. Man muß der ganzen Geistesrichtung nach Bahai sein und nicht bloß mit der Zunge. Es ist also keineswegs leicht, ein Bahai zu sein, vielmehr ist es sehr schwer. Man muß von seinem eigenen Ich losgelöst sein, und alle Gefühle müssen himmlischer Art werden. Man muß ein Bild der Barmherzigkeit unter den Menschen und ein helles Licht für diese düstere Welt sein. Nur dann ist man ein wahrer Bahai, anderenfalls ist die Bezeichnung ein Name ohne Wirklichkeit und ein Wort ohne Bedeutung. Gelobt sei Gott, daß Du dessen eingedenk bist. Wenn Du dies erreichst, so bist Du Bahai an jedem Ort und zu jeder Zeit.

Mit Dir sei die Herrlichkeit Abhas!

Haifa, 16. Aug. 1921. (sig.) ABDUL BAHA ABBAS.

  • ) Das Tablet geht an Herrn J. N. in Glatz (Schlesien).

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Vier Episteln Abdul Bahas nach Amerika. (Fortsetzung.)
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Tablett III.

An die Freunde und Dienerinnen des Barmherzigen in den Süd-Staaten Amerikas.

Mit ihnen sei Gruß und Lob!

O ihr Herolde des Gottesreichs!

„Vor einigen Tagen wurde eine Epistel an die Gottesgläubigen niedergeschrieben, denn diese Tage sind dem „Nauroz-Fest" geweiht, und daher dachte ich an Euch und sende Euch nun diesen Gruß für dies erhabene Fest. Alle Tage sind gesegnet, aber dies Fest ist die Nationalfeier Persiens. Die Perser haben schon viele tausend Jahre her dies Fest gefeiert. Eigentlich ist jeder Tag, den der Mensch erleben darf in der Anbetung Gottes, in der Verbreitung der Paradiesesdüfte und dem Ruf an das Volk zum Reich Gottes ein Fest für ihn. Gott sei gelobt, daß Ihr im Dienste des Gottesreichs steht und Euch mit der Bekanntmachung der Religion Gottes bei Tag und bei Nacht befaßt. Deshalb sind alle Eure Tage Festtage. Sicherlich kommt die Hilfe und die Gnade Gottes auf Euch hernieder.

In den südlichen Ländern der Vereinigten Staaten gibt es wenig Freunde, so in Delaware, Maryland, Virginia, West Virginia, North Carolina, Süd Carolina, Georgien, Florida, Alabama, Missisippi, Tennessee, Kentucky, Luisiana, Arkansas, Oklahoma und Texas. Folglich müßt Ihr entweder selbst dorthin gehen, oder eine Anzahl gesegneter Seelen in diese Staaten gehen heißen, damit sie die Menschen zum Himmel-Königreich führen. Einer der heiligen Manifestierten (Mohammed) sagte zu einem Gläubigen: „Wenn eine Person der Anlaß der Erleuchtung einer Seele wird, so ist dies für sie wertvoller als ein unerschöpflicher Reichtum!“ Und weiter sagt er: „O Ali, wenn Gott eine Seele durch dich führt, so ist es köstlicher für dich als aller Reichtum!“ Und ein andermal: „Führe uns auf den geraden Weg und weise uns die richtige Straße!“ Es ist auch im Evangelium (Matth.) gesagt: Reiset in alle Länder der Erde und verkündet die frohe Botschaft des Anbruchs des Reiches Gottes auf Erden!

Ich hoffe, daß Ihr in dieser Beziehung die größten Anstrengungen macht und großen Mut aufweiset. Es ist gewiß, daß Euch Hilfe zu teil wird und Ihr in diesem Dienst bestätigt werdet. Ein Mensch, der die frohe Botschaft vom Kommen des Reichs der Wirklichkeit und des göttlichen Königreichs bringt, ist wie ein Landmann, der seinen Samen ausstreut auf üppigen Grund. Der Frühjahrsregen wird darauf den Gnadensegen spenden und viele Ernten werden eingesammelt werden.

Deshalb, Ihr Freunde Gottes, schätzet den Wert der Zeit und arbeitet am Ausstreuen des Samens, damit Ihr himml. Segen und göttl. Bestätigung erwerbet.“

Mit Euch sei Baha El Abha.

(sig.): Abdul Baha Abbas.


Tablet IV. (3. Febr. 1917).

An die Gläubigen Gottes und an die Dienerinnen der Süd-Staaten.

Mit ihnen sei Baha EI Abha!

Er ist Gott!

O Ihr gesegneten, geachteten Seelen!

Die alten Philosophen, die Weisen des Mittelalters und die Gelehrten dieses und der künftigen Jahrhunderte sind alle darüber einig, daß die beste und idealste Region für die menschl. Ansiedelungen die gemäßigte Zone ist, denn in diesen Breitegraden steigern sich der Intellekt und die Gedanken auf die höchste Stufe menschlicher Fähigkeit, und Geschicklichkeit und Zivilisation offenbaren sich in voller Entfaltung. Wenn ihr mit prüfendem Blick die Geschichte lest, so wird Euch klar, daß die Mehrzahl der berühmten Männer in der gemäßigten Zone geboren wurde und hier ihre Arbeit vollbracht haben.

Nun liegen die 16 südlichen Staaten des Vereinigten Amerika in der gemäßigten Zone und in einer Region, in der die Naturwelt am meisten entwickelt ist. Die gemäßigte Temperatur, die Schönheit der Landschaft und die geographische Gliederung des Landes hat einen großen Einfluß auf die Entfaltung der Welt des Geistes und der Gedanken. Diese Sache ist erwiesen durch Beobachtung und Erfahrung.

Das Oel dieser hellleuchtenden Lampe kommt von den Früchten des [Seite 147] Gesegneten Baums, und es ist so geläutert, daß es brennt, ohne angezündet zu werden. Wenn die Leuchtkraft der Flamme, die Durchsichtigkeit des Glases und die Reinheit des Spiegels zusammenwirken, so wird es Licht über Licht werden.

In diesen 9 gesegneten Staaten reiste Abdul Baha von Ort zu Ort, erklärte die Weisheit der hl. Bücher und verbreitete die Himmelsdüfte. In den meisten dieser Staaten gründete er ein göttliches Gebäude und öffnete die Tore der Lehre. In jenen Staaten säte er reinen Samen und pflanzte gesegnete Bäume. Nun müssen die Gläubigen Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen diese Felder tränken und mit innigem Gebet in diesen himmlischen Pflanzungen arbeiten, damit der Same wachse und sich entwickle, Gedeihen und Segen verwirklicht werde und viele reiche Ernten eingebracht werden können.

Das Königreich Gottes ist wie ein Landmann, der im Besitz eines Stücks neuen und unbebauten Bodens ist. Himmlischer Samen wird darin gesät, die Wolken göttlicher Vorsehung strömen herab, und die Strahlen der Sonne der Wirklichkeit leuchten.

Auch in diesen neun Staaten erscheint der göttliche Segen; der göttliche Gärtner ging an ihnen vorüber und streute den reinen Samen der göttlichen Lehren in dieses Feld, der Segen der Gnade Gottes kam herab und das Licht der Sonne der Wahrheit leuchtete, d.h. - die göttliche Bestätigung strahlte mit höchstem Glanz auf sie herab.

Ich hoffe, daß eine jede dieser gesegneten Seelen ein unaussprechlicher, einzigartiger Gärtner werde, so daß der Osten und Westen Amerikas wie ein köstliches Paradies ergrüne und alle von den Erhabenen Heerscharen den Ruf wahrnehmen: „Ihr seid gesegnet und abermals gesegnet !“

Mit Gruß und Lob!

Abdul Baha Abbas.

Uebers. v. Frau Alice Schwarz.


Aus „Göttliche Philosophie“ (von Abdul Baha).

Mitgeteilt von Isabell Fraser.

1. Kapitel: Die Gottes-Offenbarer.

„Gott sei Dank, daß die Sonne der Wirklichkeit am Himmel der Religion aufging. Scharen um Scharen kommen von allen Teilen der Welt unter ihre Strahlen, und bald werden dieselben über die ganze Welt hin leuchten.

Heutzutage ist Festigkeit im Bündnis das Mittel zur Verbreitung des Wortes Gottes. Diese Festigkeit verleiht den Worten des Lehrers Kraft. Wenn sich in dieser Zeit jemand erhebt, um das Königreich Abha’s zu verkünden, so wird dadurch eine magnetische Kraft erzeugt, die die Strahlen der Bestätigung anzieht; die allerhöchsten Heerscharen werden ihn — sofern er aufrichtig ist — siegreich machen und die Macht des heiligen Geistes wird mit ihm sein!“

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Jede Religion lehrt, daß ein Mittler notwendig ist zwischen Gott und den Menschen, eine Persönlichkeit, die das göttliche Licht mit seinem Glanz völlig aufnimmt und es auf die Menschen überträgt, ähnlich wie die irdische Atmosphäre die Wärme der Sonnenstrahlen empfängt und sie wieder nach allen Seiten hin ausstrahlt. Dieser Mittler zwischen Gott und der Menschheit hat verschiedene Benennungen (Namen), obgleich er immer dieselben göttlichen Gebote bringt.

In einem Zeitalter ist er Abraham, in einem anderem Mose, wieder in einem anderen Buddha oder Jesus oder Mohammed genannt. Die Anhänger jeden Mittlers wenden sich an die göttliche Wirklichkeit und nehmen Kraft von ihr auf. Die Anhänger Moses anerkannten diesen als den Vermittler göttlicher Gebote; die Anhänger Zoroasters sahen in diesem ihren Mittler; aber die Israeliten verwarfen Zoroaster und die Zoroastrier leugnen die Sendung Moses. Sie erblickten also in dem andern keine göttliche Wirklichkeit. Hätten aber die Zoroastrier die Wesenheit Zoroasters recht erkannt und begriffen, dann hätten sie auch Mose und Jesus verstanden. Leider hängt sich die Mehrzahl der Menschen an die Namen der Mittler, wodurch ihnen der Blick für den wirklichen Zweck des Kommens dieser Botschafter Gottes verloren geht. Deshalb rief Baha ’Ullah aus: „O Gott, errette uns aus dem Meer der Namen!“ [Seite 148]

Der Mensch muß sich selbst zum Licht wenden, nicht zur Lampe. Er darf nicht denken, die Lampe sei die Hauptsache; die Lampe kann man wechseln. Wer sich nach dem Licht sehnt, begrüßt es, einerlei in welcher Lampe es leuchtet. Wenn die Juden Mose wirklich verstanden hätten, dann hätten sie auch Christus angenommen; aber sie waren mehr mit dem Namen als mit der Wesenheit beschäftigt, und als sich der Name änderte, verleugneten sie die göttliche Wirklichkeit, (die unter dem neuen Namen in Erscheinung trat).

Dasselbe ist heute bei den Christen der Fall. Wie bedauerlich ist es, daß sie ein Wort, einen Namen verehren und anbeten. Sie sehen nur das äußere Gewand. Wenn jemand einen König nur an seinen Gewändern kennt, so wird er ihn nicht mehr erkennen, wenn sich dieser anders kleidet.

Wer ist Christus? Wenn jemand die Christuseigenschaften aus einer anderen Lampe hervorstrahlen sieht, dann muß er doch das Licht erkennen. Wir können sagen, diese Blume hier sei schön; wir dürfen aber nicht sagen, daß sie die einzig schöne Blume sei. Ihre Schönheit und Vollkommenheit ist der göttlichen Gnade zuzuschreiben, einer Gabe, die in ihrer Offenbarung universal und unbegrenzt ist. Diese wunderbaren Gaben Gottes sind fortdauernd und keiner Unterbrechung ausgesetzt. Wenn die Ausstrahlung des Lichts unterbrochen würde, dann würden wir im Finstern sitzen. Aber wie könnte es zurückgehalten werden? Wenn die göttlichen Gaben eine Unterbrechung erleiden würden, dann würde die Wesenheit Gottes selbst unterbrochen sein. Wie wäre aber das möglich? Sogar der Mensch wünscht und erbittet Fortdauer.

Wir haben Augen und wünschen uns dennoch ewiges Gesicht; wir haben Ohren und erbitten geistiges Hören. Blindheit und Taubheit ist eine Unvollkommenheit. Wenn wir diese Mängel schon hier als Unvollkommenheit betrachten, wie viel mehr müßten sie als solche erscheinen, wenn wir sie in der göttlichen Welt sehen würden? Die Gaben Gottes sind aber ohne Anfang und ohne Ende.

Wir müssen also Anbeter der Sonne der Wirklichkeit sein, einerlei an welchem Horizont sie auch aufgehen mag. Wir dürfen nicht den Horizont, den Aufgangspunkt verehren; denn wenn wir unsere Aufmerksamkeit einem Punkt des Horizonts zuwenden, so kann es geschehen, daß die Sonne an einem andern aufgeht, und wir gehen dadurch des Segens der Sonne verlustig. Dieser Segen besteht in den göttlichen Gaben, in der Führung und Gunst Gottes, durch die geistiger Fortschritt kommt.

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Ich bete für euer Wohlergehen und für eure Glückseligkeit. Bedenkt die große Entfernung, aus der ich zu euch kam. Ich hatte große Sehnsucht, euch zu begegnen. Gott sei gelobt, durch dessen Gunst dies Zusammenkommen ermöglicht wurde. Wir sind glücklich, uns hier zusammen gefunden zu haben. Meine größte Glückseligkeit aber ist zu wissen, daß wir uns im Reiche Abha’s begegnen werden, wie wir uns hier begegneten. Möge der Glanz der Herrlichkeit Gottes auf jedes von euch fallen!

Preis sei Gott, daß durch die Leiden Baha ’Ullah’s Seelen angezogen wurden. Manche von ihnen leuchten am Horizont des ewigen Ruhmes, besonders die, die alles, selbst ihr Leben opferten und die Macht Baha ’Ullah’s widerspiegelten, indem sie selbst unter dem Schwert noch freudetrunken ausriefen: „Ja Baha EI Abha!“ Aus Liebe zu ihm tranken über 20000 Menschen den Kelch des Märtyrertums. Während sie sich unter den Schwertern ihrer Feinde befanden, jauchzten sie noch trunken vor Freude. Europäische Geschichtsschreiber bezeugten dies, und selbst die Feinde dieses Glaubens berichteten über dies Märtyrertum. Sie bekundeten, Baha ’Ullah habe eine unwiderstehliche Macht auf diese Leute ausgeübt.

Nun möchte ich euch die Geschichte von 2 Märtyrern erzählen. Einer derselben war ein persischer Edelmann, ein Begünstigter am Hofe, der großen Reichtum besaß und weithin bekannt war. Als man erfuhr, daß er ein Bahai sei, wurde er verhaftet und mit einem anderen Bahai in den Kerker geworfen, wo sie weder Nahrung noch Wasser bekamen. Am dritten Tag bat einer von ihnen den Gefängniswärter um eine Tasse Tee. Von menschlichen Gefühlen geleitet, entsprach dieser der Bitte. Der Gefangene dankte ihm und sagte: „Es tut mir ausserordentlich leid, Ihnen Mühe zu machen, aber haben Sie noch ein wenig [Seite 149] Geduld und erfüllen Sie uns heute Nacht unsere Bitte, denn morgen Abend werden wir die Gäste Gottes sein!“

Am vierten Tag wurden sie aus dem Kerker geholt. Man ließ zwei Bären vor ihnen tanzen und um sie noch tiefer zu demütigen, wurden noch einige Esel herbeigeholt. Dann wurde Salomon Khan (so hieß der persische Edelmann) und sein Freund in eine Kammer geführt, ihnen die Brust aufgeschlitzt und in die klaffenden Wunden brennende Kerzen gedrückt. Diese Art der Folter wird in Persien als die erniedrigendste betrachet.

In diesem Zustand führten sie die beiden Gefangenen durch die Stadt. Salomon Khan blickte um sich und sagte: „Es ist kein Grund vorhanden für ein solches Menschengedränge. Warum macht man so viel Aufhebens wegen unseres Todes? Wahrlich, dies ist unser Hochzeitsfest, deshalb sind wir so glücklich“. Umringt von einer Herde Menschen und gefolgt von einer Menge Neugieriger führten sie diese Opfer durch die Bazare und Straßen der Stadt. Manche stachen sie mit langen Lanzen und sagten: „Springt vor uns her!“ Mit ungebeugtem Mut und mit Frohlocken wanderten sie auf diese Weise vom Morgen bis zum Abend durch die Stadt. Waren die Kerzen niedergebrannt, so steckten die Gefängniswärter andere in die Wunden.

Während dieser ganzen Zeit blieben unsere Helden ruhig und zeigten ein glückliches Gesicht; sie lächelten während des Marsches den ihnen zur Seite gehenden Menschen zu, blickten dann wieder nach oben und murmelten Gebete. Endlich langten sie am äußersten Stadttor an, wo sie gevierteilt wurden. Teheran hat vier große Tore. An der Seite eines jeden Tores wurde ein Teil des Körpers dieser Märtyrer aufgehängt. Salomon Khan hat selbst in dem Augenblick, da er zerstückelt wurde, noch zu Gott gebetet und ihn um Beistand angerufen. Die Geschichte dieser Märtyrer ist in einem Bericht, den ein Feind der Bahaisache geschrieben hat, zu finden, denn alle derartigen Vorkommnisse wurden durch die Geschichtsschreiber des Schah niedergeschrieben. Am Schluß des Berichts erwähnt der Berichterstatter in Bezug auf Salomon Khan: „Dieser Mann war von einem bösen Geist besessen!“

Mit diesem Bericht wollte ich euch nur zeigen, wie sehr die Gläubigen bereit waren, ihr Leben hinzugeben, wie mutig, treu und standhaft sie waren. Diese wunderbaren Seelen sind ein Zeugnis für das Licht, das von Baha ’Ullah ausgeht und die Menschen mit einer solch alles überwindenden Macht zum Reiche Gottes anzieht. Diese Märtyrer werden gleich den Fixsternen für immer am Horizont EI Abhas leuchten.

Denkt über diese Geschichte nach, damit ihr die geheimnisvolle Macht der Aufopferung und der Treue verstehen lernt und erkennt, wie diese Märtyrer von der frohen Botschaft des Königreichs hingerissen waren.

Laßt uns nun einen Vergleich mit den Tagen Christi anstellen! Er hatte nur elf Apostel, denn der zwölfte wurde mit zur Ursache seiner Kreuzigung. Der Führer der Apostel war Petrus, und doch wurde in der Nacht vor der Kreuzigung Christi sein Glaube derart erschüttert, daß er Christus dreimal verleugnete; hernach wurde er aber gefestigt. Außer Maria Magdalena waren zur Zeit der Kreuzigung Jesu alle seine Anhänger (im Glauben) erschüttert. Sie aber war stark wie eine Löwin. Sie versammelte die anderen und sagte: Warum seid ihr so erschüttert? Hat uns Christus nicht seine Kreuzigung vorausgesagt? Raffet euch auf und seid getrost! Was sie töteten war nur sein Leib; seine Wirklichkeit kann niemals sterben, denn sie ist ewig das Wort Gottes, der Sohn Gottes. Warum seid ihr so wankelmütig?“ Auf solche Weise wurde diese Heldin zur Ursache der Wiederaufrichtung des Glaubens der Apostel.

Ich hoffe, daß jedes von euch wie Maria Magdalena wird. Diese Frau war allen Männern ihrer Zeit überlegen und ihr wirkliches Wesen leuchtet nun für immer am Horizont Christi. Seid rein - rein sein heißt selbstlos sein!“

Uebers. von Fr. Alice Schwarz.

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La kruela apatio de la homoj kontraüe de suferoj de fremdaj rasoj.

Abdul Baha parolis: „Mi jus aüdis, ke okazis terura akicdento en tiu Ci lando. Vagonaro falegis en riveron, pli ol dudek personoj estis mortigataj. Pri tiu &i akcidento oni hodiaüi diskutos en franca parlamento, kaj la direktoro de la Stata fervojo devas diri sian opinion pri la okazintajo. Li estos ekzamenata pri la stato de la fervojo kaj la kalizo de la akcidento, kaj grava disputado okazos. Mi estas surprizita kaj mirigita pri la intereso por la okazintajo kaj pri la ekcito, kiu kaüzis la morto de dudek homoj, dum oni restas apatia pri la fakto, ke en Tripolis estas mortigataj miloj da italoj, turkoj kaj araboj.

. Tiu &i terura mortigado pogrande tute ne maltrankviligis laregistaron. Tiuj &i kompatindoj homoj estas do ankaü homaj estajoj. Kial oni montras tiom da simpatio tiujn dudek personojn, dum oni ne havas intereson por multe da miloj? Ili Ciuj apartenas al la homa raso, ili nur devenas el aliaj landoj kaj apartenas al aliaj rasoj. Tiuj landoj, kiuj ne partoprenas la militon, malmulte zorgas pri la suferoj de la maltfeli@uloj; la mortigado pogrande ne interesas ilin. Kiom maljusta, kiom kruela tio. estas! Mankas al ili la nobla kaj vera sentado. La loßantoj de aliaj landoj havas edzinojn, infanojn, patrinojn, malgrandajn geknabojn. Ce ili ekzistas apenaü domo, en kiu ne fluas maldoltaj larmoj; ekzistas apenaü hejmo, kiu restis netuSita de la kruelam ano de la milito.

Bedaürindeni vidas Ciuflanke, kiom kruela, partia kaj maljusta la homo estas, sed kiom malofte kaj malfacile li instigas kredi al

Dio kaj obei liajn legojn. Kiom pli noble estus, se la popoloj amus kaj helpus unu la alian, anstataü almilitadi kaj mortigi unu la alian per glavoj kaj kanonoj. Kiom pli bone estus, se la homoj vivus en paco kaj harmonio kiel aro da kolomboj anstataü disSiri unu la alian kiel la lupoj.

Kial la homo estas tiel malmolanima? Nur tial, Car li ne sufiCe konas Dion. Se la homo konus Dion, li ne agus kontraü la diaj legoj; se liaj pensado kaj celado estus spirita, tia konduto estus neebla por li. Se oni estus kompreninta la le&ojn kaj estus vivinta laü la ordonoj de la profetoj de Dio, la tero ne estus pli longe punata per militoj. Se la homo havus en si nur iom_ da justeca sentado, tiaj statoj estas neeblaj.

Pro tio mi admonas vin: Preßu, preßu, kaj direktu viajn vizaßojn al Dio, por ke li per sia senfina pacienco kaj kompato helpu al tiuj delogataj homoj. Preßu por iii pri spirita kompreno, kaj instruu al ili toleremon kaj kompaton, por ke al ili estu malfermataj la spiritaj okuloj; por ke ili ricevu la talentojn de I’ spirito. Tiam paco kaj amo iros manon en mano en la landoj, kajla kompatintaj, malfelicaj homoj trovos ripozon. Ni laboru kaj kunhelpu sentese por estigi pli bonajn statojn. La terurajoj en la mondo rompis al mi la koron kaj laüte ekkriigas min; tiu Ci ekkrio atingu la korojn de la kunhomoj. Tiam vidos la blinduloj, lamortintojrevivigos, kaj justeco regos sur la tero. Mi vin &iuj petas, pre$u per koro kaj animo, por ke tiu ©i mia deziro estu plenumata.

Ni ne devas esti senkuraßaj, kiam nia nombro ne rapide pliigas.

Abdul Baha parolis: Kiam Kristo venis, li malka$is sin en Jerusalem. Li invitis la homojn eniri en la reglandon de Dio kaj en la eternan vivon; ankaü li diris al ili, ke ili devas alproprigi al si homajn perfektecojn, Kristo, tiu Ci radianta stelo, elver$is la Iumon de la vero, kaj fine li oferis sian vivon por la homaro. Dum sia tuta benita vivo li suferis subpremajojn kaj malfacilajojn, kaj malgraü tio la homaro montris sin malamika. Ili malkonfesis kaj mokis lin, ili traktis lin malbone kaj malbenis lin, Malgraü ke li estis korpiginta kompato kaj plej alta boneco kaj amo, li ne estis traktata kiel homo.

Li amis la tutan homaron, sed ili traktis lin kiel malamikon kaj estis ne kapablaj

lin plene indigi. Liaj vortoj ne havis valoron por ili kaj la flamo de lia amo ne inspiris ılin. Pli malfrue ili ekkonis, kiu li estis. Ili ekkonis, ke li estis la sankta kaj dia lumo, kaj ke liaj vortoj enhavis eternan vivon. Lia koro estis plena de amo por la tuta homaro, per lia boneco li provis’ gajni la korojn de {iuj homoj. Kiam ili fine ekkonis tion kaj pentis sian konduton kontraü lia, li jam estis krucumita.

Post lia Cieliro multaj jaroj pasis, is kiam ili sciis, kiu li estis. En la tempo de sia cieliro Kristo havis nur malmulte da disciploj. Nur relätive malgranda nombro kredis liajn instruojn kaj obeis liajn leßojn. La nesciantoj diris: „Kiu estas tiu ©i homo, li ja nur havas malmulte da disciploj?“ Sed [Seite 151] tiuj, kiuj lin uste taksis, diris: „Li estas la danku Dion por tio, ke li elektis vin por

suno, kiu brılos en oriento kaj okcidento, li estas la manifestacio de Dio, kiu vivigos la mondon.“ Tio, kion ekkonis la unuaj

disciploj, estis efektivigata multe pli malfrue

en la mondo.

Pro tio vi en Eüropo ne devas esti senkuraßaj, Car vi estas malmulte da kreduloj, aü Car la homoj opinias, ke via afero ne estas sufie grava. Ne perdu la kuraßon, kiam nur malmulte da personoj vizitas viajn kunvenojn. Ni estu mal$ojaj, kiam ili vın ridindigas kaj kontraüparolas; la apostoloj de Jesuo Kristo devis suferi la saman. Oni insultis kaj persekutis ilin, oni malbenis kaj malbone traktis ilin, sed laste la apostoloj restis la venkintoj, kaj oni ekkonis, ke iliaj malamikoj estis malpravaj.

Se la afero ripetißus kaj la sama okazus te vi, ne estu malgajaj, sed gojigitaj kaj

suferi, same kiel la sanktuloj en iamaj tempoj suferis. Estu afablaj al la homoj, kiam ili kontraüstaras al vi, estu firmaj en via kredo, kiam ili kontraüparolas; ser&u ilin kaj traktu ilin afable, kiam ili vin evitas kaj forkuras de vi. Ofendu neniun, pre$u por &iuj; provu lumigi vian lumon en la mondo kaj flirtigu vian flagon supren al la Cielo. La belega bonodoro de via nobla vivo lien enpenetros. La lumo de I’ vero, flamigita en viaj koroj, lumos $is la plej malproksima horizonto.

La indiferenteco kaj la moko de la mondo estas sensignifaj, via vivo, kontraie havas plej grandan gravecon. Ciuj &i, sertantaj la veron en diela re£lando, lumas kiel steloj; ili egalas fruktarbojn, Sarßatajn per delikataj fruktoj, kaj marojn plenajn de bonegaj perloj. Kredu nur al la kompato de Dio kaj disvastigu la dian veron.

Parolado de Abdul Baha en la pregejo de pastro Wagner (Foyer de L’ame) en Parizo je la 26. de Novembro 19Il.

Abdul Baha parolis: Mi estas kortusita pri la plenamaj vortoj, direktataj al mi, kaj mi esperas, ke vera amo kaj simpatio Ciutage plüßas inter vi. Estas dia volo, ke la amo estas vivoenergio en la mondo, kaj vi &iuj scias, kun kia $ojo mi parolas pri amo.

En pasintaj tempoj la profetoj estis sendataj en la mondon, por servi al la afero de la vero. Moses dekretis la legon de la vero, kaj ©iuj profetoj israelaj post li provis $in disvastigi.

Jesuo flamigis la toröon de la vero kaj altetenis fin, por ke la tuta mondo estu lumigata. Post li la apostoloj elektitaj de li portis la lumon de lia majstro malprok simen kaj instruis en malluma mondo.

Tiam venis Mohamed, kiu disvastigis la komprenon de la vero inter sova$a popolo. Ciutempe tio estis la misio de la elektitoj ‘de Dio.

Ankaü la plej arda deziro de Baha’Ullah estis denove ekbruligi en Ciuj landoj la lumon de !’vero preskaü estingißantan. Ciuj sanktuloj de Dio provis disvastigi kore kaj anime la lumon de la amo kaj unueco super la tuta mondo, por ke malaperu la mallumo de la materialismo kaj brilu la lumo de la spirito inter la homoj. Tiam malaperus &u malamo, &iu kalumnio kaj Ciu mortigado, kaj anstataü tio regus amo, unueco kaj paco. .

Ciuj manifestacioj de Dio okazis en la intenco, konduki la homojn sur la vojojn de la virtoj. Tamen ni batalas ankorati liam unu kun la alia. Sed kial nur? Kial ni ne amas unu la alian, kaj kial ni Ciuj ne vivas en unueco? La kaüzo estas, ke ni fermis niajn okulojn kontraüe de la principo, ke estas nur unu Dio, ke li estas la patro de ni &iuj, ke ni estas gardataj kaj Sirmataj per lia favoro kaj amanta zorgemo. La majesta suno de la vero brilas por ni Ciuj, la akvo de la dia kompato estas donata al iuj liaj infanoj. Tiu Ci amanta patro deziras pacon al &iuj siaj kreitajoj — kial ili pasigas sianı tempon en milito? Li amas kaj gardas &iujn siajn infanojn — kial ili forgesas lin? Li äirkaüas nin Ciujn per sia patra zorgemo — kial ni ne zorgas pri niaj fratoj?

Kiam ni pripensas, ke Dio nin amas kaj zorgas pri ni, tiam ni devus aranfi nian vivon tiamaniere, ke ni pli kaj pli simili&us al li. Dio kreis nin Ciujn, se ni estas liaj infanoj kaj amas la saman patron, kial ni agas kontraü liaj deziro kaj volo? Ciuj disioj, kiuj ni vidas Ciuflanke, Ciuj disputoj kaj kontraüdiroj devenas de tio, ke la lomoj kroligas al moroj kaj societaj kutimoj kaj forgesas pri tio la simplan veron, kiun enhavas iu religio. Estas la diversaj eksteraj manipuladoj de la religio, kiuj kaüzas disputon kaj malamon, dum la realeco [Seite 152] estas liam la sama. La realeco estas la vero, kaj fi ne povas esti dividata. La vero estas la gvidado de Dio, Si estas la lumo de la mondo, fi estas amo kaj kompatoLa ecoj de la vero estas ankaü homaj virtoj, kiuj estas inspiritaj de la Sankta Spirito.


Weihnachten.

Weihnacht! Wie ein Märchen aus glücklichen Kindheitstagen klingt dieses Wort wieder an unser Ohr. All die lieben Weihnachtslieder, die wir als Kind unter dem Christbaum gesungen, all die Freuden, die wir unter dem Glanz der Kerzen empfunden, zittern in unserer Seele nach wie ferne Aeolsharfentöne und lassen uns auf Augenblicke das Trübe und Traurige unserer Zeit vergessen.

Weihnachten, die Zeit, da man im alten Rom die Saturnalien und im heidnischen Germanien das Fest der Wintersonnenwende feierte, hat durch das Christentum eine tiefere, geistige Bedeutung bekommen: an die Stelle der sieghaft aufsteigenden Sonne wurde das durch Jesus Christus in die Welt gekommene göttliche Licht gesetzt; die ursprüngliche solarische Bedeutung des Festes verwandelte sich in eine christlich-religiöse. Und war auch der Lichterbaum bis ins Mittelalter herein und darüber hinaus unsern Vorfahren noch fremd, so wurde doch am: „Christfest" der Geburt Jesu als dem „Licht der Welt" gedacht, und Luther konnte deshalb in seinem ewig schönen, kindlich gläubigen Weihnachtslied singen — auch ohne daß er unter dem Christbaum stand: „Das ewig’ Licht geht da herein, gibt der Welt ein’ neuen Schein“.

Ein Fest des Lichts ist also Weihnachten auch in der christlichen Zeit geblieben und als solches wird es auch immer gefeiert werden, wo Christen - und namentlich deutsche Christen — wohnen, die sich dieses Fest ohne den strahlenden Weihnachtsbaum nicht denken können.

Auch den Bahai (als „Lichtkindern") muß es als solches lieb und teuer sein. Sein Kerzenglanz ist ihnen nicht nur ein Sinnbild des in Jesus Christus in die Welt gekommenen göttlichen Lichts, sondern auch ein Symbol des neuen Lichts der Gottesoffenbarung in Baha ’Ullah. Wie oft gebrauchte er und Abdul Baha das Bild der Kerze, wenn von der Bahailehre gesprochen wird oder von dem Glanz des göttlichen Königreichs, der in den Gläubigen sich widerspiegeln soll. Das Licht ist auch in dieser Lehre der Inbegriff des Guten und Göttlichen, das Zeichen der Reinheit und Heiligkeit, der Herrlichkeit und Schönheit des Gottesreichs.

Das Licht ist aber auch die Quelle alles Lebens. Wie die Sonne natürliches Leben spendet für die Erde, so erzeugt das Licht des göttlichen Worts wahres, geistiges Leben in der menschlichen Seele. Dieses Leben äußert sich in der Liebe zu Gott und den Menschen, im selbstlosen, aufopfernden Dienst für das Heil der ganzen Menschheit. Ein Leben in heiliger Liebe zu leben und damit den andern voranzuleuchten, das ist die Aufgabe jedes Bahai. Wer aber viel Liebe ausstrahlt, dem muß auch von andern viel Liebe zufließen; seine Liebesquelle muß nicht nur aus dem göttlichen Liebesquell immer wieder gespeist werden, sondern auch jeder Einzelne muß dem andern beı jeder Gelegenheit neue Liebeskraft spenden. Wer viel und herzlich liebt, der ist auch großer Liebe bedürftig; wer liebt, will wieder geliebt werden, und deshalb schulden wir uns gegenseitig aufrichtige, warmherzige Liebe. Diesen Liebesgeist in den Einzelnen wie unter den verschiedenen Klassen, Nationen, Religionen und Rassen neu zu entfachen, das ist die Hauptaufgabe der Bahaibewegung, und mit dieser Tätigkeit beweist sie am besten ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit in dieser liebearmen Welt.

Licht, Leben, Liebe, diese drei himmlischen Strahlen sind es also, die uns vom Weihnachtsbaum entgegenleuchten; aber auch noch drei andere glänzen uns entgegen und spiegeln sich im Angesicht dessen, der sich ihnen zuwendet. Sie heißen: Friede, Freude, Freundlichkeit. „Friede auf Erden!“ „Siehe, ich verkündige euch große Freude!“ Das sind Worte aus der Engelsbotschaft an die Hirten bei Bethlehem. Und der Apostel sagt [Seite 153] einmal: „Es ist erschienen die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes“ etc. Hier haben wir in Bibelworten dieses Strahlenbündel beisammen. Auch wenn ringsum größter Unfriede herrscht, nationale und Klassengegensätze, wirtschaftliche und Geisteskämpfe ausgefochten werden, Empörungen und Revolutionen toben: vom Weihnachtsbaum strahlen die Kerzen in gleicher weihevoller Stille wie früher. So wollen auch wir unter seinem Lichterglanz unser Innenleben, unsere Geistesflamme neu entzünden und unabhängig machen vom äusseren Weltgetriebe, wollen einkehren in die Stille, in der wir allein Gott finden können, und dann werden wir auch zur rechten Weihnachtsfreude kommen, denn Stille bringt Frieden, und Friede bringt Freude, Ruhe, Glückseligkeit und Geborgenheit in Gott. Erfüllt von diesen Gefühlen werden wir aber auch herzliche Freundlichkeit bezeigen können allen denen, die uns begegnen und mit denen wir zu tun haben. Dadurch werden wir für andere leuchtende Beispiele werden und nach dieser Seite das Wort Abdul Bahas erfüllen: „Werdet wie ich bin!“ Wer das Glück hatte, bei seinem Hiersein mit ihm zusammenzukommen, der konnte beobachten, mit welch unsagbarer Freundlichkeit und Güte er jeden behandelt, mochte er Bahai sein oder nicht, und wie seine Augen in wunderbarem Glanze strahlten, wenn er sich unter Kindern befand, wie er ihnen beglückt Gaben austeilte und ihnen zulächelte, als stünde er mit ihnen unter dem Weihnachtsbaum. Diejenigen, die dabei waren, werden dies nie vergessen. Wir alle aber wollen den Vorsatz fassen, im Glanze der Weihnachtskerzen unsere Herzen aufs neue mit Liebe zu entzünden und sie auf unsere Umgebung auszustrahlen, denn die Macht der Liebe allein ist es, die die Welt erlösen kann.


Jahreswende.


Dort ist das Tor, das an des Jahres Ende,

Zur Mitternacht gebaut, trennt Zeit von Zeit.

Wir müssen da hindurch, ob auch die Hände

Nur tastend greifen in die Dunkelheit.

Jenseits des Tores wissen wir doch stehen

Den heil’gen Führer schon mit ausgestreckter Hand;

Wenn wir von ihm geleitet fürder gehen,

Ist jenseits dann noch fremdes, dunkles Land?


(Aus „Fallende Tropfen“ von M. Fesche).


Aus einem Schreiben von Nazar K. Kevorkian, Vezir Khan an die Freunde in Stuttgart.

Aleppo, Syrien, 1. September 1922.

Allah o Abha!

Mit der Einsetzung Abdul Bahas, als dem Mittelpunkt des Bundes, wurde die Einheit Gottes und seine Sache verkündet. Die Absichten weltlich gesinnter Hypokriten, die immer suchten, den Lauf dieses Lebensquells in einen falschen Kanal zu leiten und ihre Mitbrüder zum Treubruch zu bringen, wurden zu ihrem großen Aerger enttäuscht. Sie haben sich von dem Bündnis ausgeschlossen und es hat sich das Wort erfüllt. Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und am Tisch des Gottesreichs sitzen; aber die Kinder des Königreichs werden ausgestoßen werden in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneklappern sein wird.

Abdul Baha, der Aufgangspunkt der Sonne El Abhas, wollte nicht, daß wir nach seinem Tode ohne Führung bleiben sollen und dem Beispiel des Vaters folgend gab er uns den „erwählten Zweig“ durch sein herrliches Testament. Wie wir bisher zu unserem Meister aufblickten, so sehen wir jetzt auf Shoghi Effendi, als den Hüter der hl. Sache. Baha ’Ullah redet in seinem Buch vom Mittelpunkt des Bundes von einer „Erbschaft an die, denen nichts gleich kommt“. Das trifft zu bei unserem geliebten Shoghi Effendi. [Seite 154]

Tausende und abertausende von Berufenen sind da, die bereit sind, alles zu opfern für den, den sie aufrichtig lieben, Shoghi ist der über allen stehende Erwählte. Tausende widerspiegeln die Wirklichkeit Abdul Bahas, aber kein einziger kann sie so getreulich und herrlich widerstrahlen wie dieser gesegnete Enkel.

Der Erfolg der hl. Sache, die Verwirklichung ihrer hohen Ideale, der Fortschritt für unsere Seelen — dies alles hängt von der Entwicklung der Bahaiwelt ab, die sich mit voller Zuversicht und Liebe dem nunmehrigen Mittelpunkt des Bundes zuwendet, zu ihrer Führung und weisen Leitung. Dies ist des Meisters Wille.

Erinnert euch, daß er „der Dritte" ist, auf dessen Kommen die „Gesegnete Vollkommenheit" in den letzten Tagen seines Lebens in jenem wundervollen und zugleich geheimnisvollen Tablet hinwies. — — -

Liebe Brüder und Schwestern! Der alte Himmel und die alte Erde verschwinden mit Windeseile. Dies ist der Sinn der gegenwärtigen Zeit und ihrer Rastlosigkeit. Jedes Ding dankt seine Form und Existenz den aufbauenden Kräften der Elemente. Ist ihre Kraft gebrochen, so kann das Ding seine Form nicht beibehalten und löst sich somit auf. So werden auch die geistigen Kräfte, die bisher die menschlichen Geschöpfe zusammenhielt, schwächer und schwächer und wir können von Tag zu Tag deutlicher den zunehmenden Verfall wahrnehmen, der eine solche Wucht annimmt, daß er alles zerstören wird. Wenn die Neugestaltung der Dinge nicht bald einsetzt, so wird die Menschheit unabwendbar auf den primitiven Zustand zurückkommen. Die Kriege, die sozialen Revolutionen, genannt Bolschewismus und Sozialismus, die egoistische und materialistische Politik, die den internationalen Verbindungen im Wege steht, der beklagenswerte Rückgang der Ideale auch bei den Gebildeten der Gesellschaft, dies alles sind Symptome einer niedergehenden Zivilisation auf materiellem und moralischem Gebiet.

Das Material zu einem neuen, geistigen Bau ist durch Baha ’Ullah schon länger als ein halbes Jahrhundert zurecht gelegt. Wann und wo wird mit dem Bau begonnen werden?......

Uebers. von Fr. Alice Schwarz.


Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“.

Von Julie M. Grundy 1907.

Aus einer Rede von Mirza Assad Ullah.

Unabhängigkeit ist das größte Geschenk für den Menschen. Die Erkenntnis vom Guten und Bösen macht uns verantwortlich. Andernfalls würden wir sein wie Engel, welche die Boten des göttlichen Willens sind. Nachdem der Mensch aus Staub und Erde erschaffen war, sollte er sich erheben und sich zu einer höheren Stufe entwickeln. Dies wiederspiegelt sich in der ganzen Schöpfung. Die Augen, die Ohren, der ganze Körper des Menschen beweisen diese hohe Absicht.

Die Kenntnisse eines Kindes sind nicht von der Größe des Kindes abhängig, sondern von der Fähigkeit seines Verstandes. Ein Berg ist sehr groß, aber er besitzt kein Verständnis. Im Vergleich zu ihm ist ein Vogel klein, er hat aber dennoch Leben und Kraft zum Fliegen, welche der Berg nicht hat. Wenn du diese Wahrheit lehren willst, dann blicke nicht auf deine eigenen Unfähigkeiten und Mängel. Blicke auf die Macht und auf die Gaben Gottes, welche unbegrenzt sind. Wenn der Mensch auf sich selbst blickt, dann ist seine Aussicht hoffnungslos, weil er in sich allein keine Fähigkeit sieht. Wenn er aber auf die Gaben Gottes sieht, wird er ermutigt und gestärkt werden und er wird fühlen, daß nichts zu groß ist, um es nicht ausführen zu können. Die Vögel, welche über den Berg Karmel fliegen, können die obersten Regionen der Atmosphäre erreichen, sie atmen die Lüfte des Lebens ein und sehen Schönheiten, welcher sich die Geschöpfe hier unten nicht erfreuen können. Dies sind die relativen Unterschiede zwischen der Manifestation Gottes und der Menschheit. Alle Felder der Erde mit ihren Körnern und Samen sind für den Unterhalt der Vögel da, worin sie ihre Nahrung finden, ohne zu sorgen und ohne etwas zu pflanzen. Ihr Unterhalt ist ihnen von Gott vorgesehen. In derselben Weise hat der Mensch genügend Unterhalt und Freude, denn Gottes Gaben der Liebe liegen im Menschen. Gott wünscht, daß sich der Mensch dieser Gaben erfreuen soll, aber während er dies tut, soll er sich in die höheren Regionen des Geistes aufschwingen. Es gibt nur einen Maßstab, der vollkommen ist, nämlich die Manifestation Gottes. Er ist unfehlbar; andere sind es nicht. Ihm schulden wir unbedingten Gehorsam. Das Gericht Gottes ist in Seiner Manifestation. Die Seele muß sein wie eine vollkommene Saat, sodass der Hauch des Geistes rein und frei durch sie wehen kann. Die Wahrheit ist wie eine See mit reinem, lebendigem Wasser. Bewusst sollten wir nach nichts anderem dürsten als nach diesem Wasser. Die Größe eines Menschen hängt von der [Seite 155] Entwicklung seiner Seele ab und davon, wieviel er von dem Wasser der Wahrheit trinkt. Die Manifestation der Gesegneten Vollkommenheit ist ein Meer. Sie ist die Wahrheit.

Die Erde sagte zur See: „Ich wurde mehr ausgezeichnet als du!“ Die See erwiderte: „In welcher Hinsicht wurdest du mehr ausgezeichnet?“ Die Erde antwortete: „Weil die „Gesegnete Vollkommenheit" auf mir lebte und wandelte!“ Wer kann dies verstehen? Niemand als diejenigen, deren geistige Augen geöffnet sind. Baha ’Ullah sagte in einem Tablet, daß er die Sprache der Wogen, der Bäume, der Vögel und aller lebenden Geschöpfe verstehe. Um wieviel glücklicher sind wir, die wir die „Gesegnete Vollkommenheit verstehen, als diejenigen, welche ihn nicht verstehen. Er kennt die Geheimnisse aller lebendigen Dinge, er blickt in ihre Rätsel und in ihre Wesenheit. Am Tage der geistigen Auferstehung redeten alle Propheten in der Sprache des Geistes. Nur diejenigen, welche durch die göttliche Posaune erweckt wurden, können diese Sprache hören und verstehen. Für diejenigen, welche nicht erweckt sind, gibt es keine Auferstehung. Wenn wir uns schlafen legen, schliessen wir unsere Augen und verlieren unser Bewußtsein. Der Morgen bringt einen neuen Tag; wir erwachen, kehren zum Bewußtsein zurück und öffnen unsere Augen, damit das Licht eintreten kann. Wenn ein Mensch wirklich schläft und seine Seele untätig ist, so können wir sagen, der Bewohner des Hauses sei abwesend und diese Seele schlummere. Aber eine tätige Seele ist wach und bewohnt ihr Haus. Das Universum ist ein ungeheures Haus und der, welcher in ihm lebt, ist Gott. Vor dem Erscheinen der Gesegneten Vollkommenheit war es, als ob der Herr des Universums schlafen würde. Als Baha ’Ullah kam, öffnete er die Fenster des universalen Geistes; ein neuer Tag dämmerte und das Licht floß auf uns hernieder vom Himmel. Alle Dinge wiederspiegeln dies neue Licht des dämmernden Morgens; Künste, Wissenschaften und alle menschliche Intelligenz wurden mit neuem Licht erfüllt. Die Macht der Sonne brachte überall neues Leben hervor. Die so erweckte Erde wurde belebt und mit neuer Energie erfüllt. Dies ist das Licht, welches z. Zt. des Kommens einer Manifestation in der menschlichen Lampe erscheint. Fortschritt, Entwicklung und Zivilisation müssen ihm unvermeidlich folgen, gerade wie alle Menschen von einer neuen Erfindung oder Entdeckung Nutzen ziehen. Viele wurden durch dieses neue Tageslicht erweckt, aber sie wissen nicht, woher es kam, noch können sie sagen, wonach sie suchen. Sie wissen nur, daß ein Licht gekommen ist und ihren Schlummer gestört hat. So sind sie, während sie suchen, erfüllt mit Ungewissheit und Bangigkeit. Wenn sie dem Licht von dem „Neuen Tag Gottes" begegnen, so ist es gerade, wie wenn ein Mensch neue Ideen hört und darüber nachdenkt, ohne ihren Sinn zu verstehen. Als Amerikanerin wurdest du erweckt durch den „Neuen Tag"; du hast den Ruf Gottes gehört, du bist lebendig und der Geist ist in dir tätig. Ich will dir eine einfache Illustration geben. Wenn eine Mahlzeit aufgetragen ist, versammeln sich alle im Hause in einem Zimmer, um daran teilzunehmen und sich an der Speise zu laben. Eine Glocke gibt das Zeichen und ruft uns zu Tisch. Die Stimme Baha ’Ullahs ist eine Glocke im Zentrum des Universums, von welcher der göttliche Ruf zur himmlischen Tafel, wo das Fest bereitet ist, ertönt. Die Erkenntnis von diesen Dingen ist dem Sammeln köstlicher Steine zu vergleichen. Nachdem du sie erworben hast, wirfst du sie nicht weg, sondern verwahrst sie. - - -

Frage: „Werden die Manifestationen ihre Individualität in der nächsten Welt beibehalten ?“

Antwort: Der Mensch ist aus drei Elementen zusammengesetzt, dem physischen, dem seelischen oder vernunftsmäßigen und dem geistigen oder potenziellen. Das physische Element beginnt und endigt hier, das vernunftmäßige beginnt ebenfalls hier, aber seine volle Entwicklung ist hier nicht zu Ende. Das geistige oder potenzielle Element ist von unserem Willen, Gott zu erkennen, abhängig. Wenn wir belebt sind mit Erkenntnis des Willens Gottes, dann können wir sagen, daß wir immer existiert haben und niemals zu existieren aufhören werden, denn der Wille Gottes währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Diese drei Elemente, welche den Menschen ausmachen, sind ihm von Gott verliehen und sind Seine Gaben. Alles Leben kommt von dem Wort, welches von der Manifestation Seines Willens kommt. Der Geist wird geboren und vereinigt sich mit dem Geist durch die Macht des Wortes. Geist ist der vollkommenste Mensch und der ist ewig. Die Manifestationen sind Geist. Christus ist auch in Mose. Alle Manifestationen haben ihre eigene vernunftmäßige (seelische) Identität, aber in der geistigen Identität sind sie eins. Wenn daher das Vernunftmäßige (Seelische) in des Menschen irdischer Entwicklung kein Ende hat und das Geistige, welches der Wille Gottes ist, ewig ist, so muß die Identität der Manifestation im höchsten Horizont fortdauern. Sie existiert immer und ewig auf ihrer eigenen Stufe.

Baha’Ullah kann mit einer Lampe verglichen werden, welche das Universum erleuchtet. Nimm [Seite 156] z.B. an, es seien drei Menschen in einem Zimmer; jeder sucht eine Antwort auf seine Frage, welche verschieden ist von den Fragen der andern. Obschon diese Fragen verschiedene Punkte (göttliche Offenbarungen) in sich schließen, so wird sie doch das Licht der Gesegneten Vollkommenheit alle erleuchten und die Antworten offenbaren. So genießen wir die Frucht von Ihm, welche wächst und reift, weil der Regen auf die Erde hernieder gekommen ist. Wir sehen deshalb durch das Licht, welches durch den Spiegel der Gesegneten Vollkommenheit scheint. Er strahlt das Licht zurück auf die Seele, und die Seele sieht sofort das Licht. Durch Ihn wachsen wir auch heran, um einander zu verstehen und um zu erkennen, was in dem menschlichen Gemüt liegt. Alle Seelen sind geistig erleuchtet; alle Seelen werden Frucht tragen. Wir müssen darnach streben, sie zu verstehen und das anzuerkennen, was sie besitzen. Wenn wir das Wort Gottes erforschen und es lehren, werden wir diese Macht, andere Seelen zu erwecken, entwickeln. Abdul Baha stellt keine Fragen. In seiner Gegenwart mag jeder von uns über den Gegenstand, welchen Er erklärt, seine besonderen Meinungen und Ideen haben, bevor Er aber seine Erklärungen beendigt hat, wird Er allen unseren Ideen entgegengekommen sein und alle unsere Fragen beantwortet haben. Wenn eine Seele böse Eigenschaften zeigt, so fühlen wir uns bedrückt und enttäuscht und wünschen sogleich, uns von ihr abzuwenden. Andererseits suchen wir uns mit einer Seele zu verbinden, welche gute Eigenschaften zeigt. Die Gesegnete Vollkommenheit kam, um uns zu lehren, wie wir Seine Erkenntnis in uns aufnehmen und Seine Mildtätigkeit kundgeben sollen, damit wir dadurch, daß wir Ihm gleich werden, uns in Einigkeit und Liebe unter einander verbinden. Sein Wort ist Einigkeit. Sein höchstes Ziel ist Einheit. Dies ist auch unser Ziel. Dies ist unser Maßstab der Vollkommenheit. Die „Gesegnete Vollkommenheit“ offenbarte ein Tablet, in welchem gesagt ist: „Ein gottloser Mensch fragte: Was ist das Paradies? Wir antworteten: Das Paradies ist da, wo ich lebe, die Hölle ist da, wo du lebst, inmitten Krankheit und Greueln.“ Der Zweck einer Manifestation ist, alles, was böse in einer Seele ist, auszutreiben und an seine Stelle das natürliche Wachstum der Tugenden zu setzen, wie Jesus ausging und Teufel austrieb. Eine böse Seele gleicht einem steinigen Feld, in welches der Same schöner Blumen gesät ist, dem aber kein Wachstum folgen kann. In seinen Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten erschuf Gott den Menschen vollkommen. Deshalb wird eine Seele dadurch, daß sie die guten Eigenschaften Gottes wiederspiegelt, das himmlische Wachstum in sich selbst bezeugen und in der Erkenntnis Seines Willens Ruhe und Frieden finden. Ein guter Mensch offenbart die Eigenschaften des Himmels, ein böser Mensch diejenigen der Hölle. Der Himmel ist auf Erden, sofern diese guten Eigenschaften in unserem Leben hier und jetzt bezeugt werden. Der Himmel ist nicht über uns. Der Zustand vollkommener Glückseligkeit ist gefunden, wenn wir in der Gegenwart Abdul Baha’s sind. Da sind wir im Himmel. Wenn das Herz rein ist, dann kannst du nicht anders als glücklich sein. Eine gute Seele ist wie eine schöne Rose. Du erfreust dich nicht an ihrer Schönheit, sondern du atmest auch ihren Duft ein und wirst entzückt von jeder guten Eigenschaft, die sie offenbart.

Für jedes Wort von Gott gibt es mancherlei Bedeutungen, mancherlei Auslegungen. Je nach der geistiger Vision des Lehrers sind diese Auslegungen verschieden. Die Auslegung von Abdul Baha ist immer die höchste und vollkommenste. Warum? Weil seine Erkenntnis von der unsichtbaren Quelle der Erkenntnis herabkommt und der heilige Geist durch Ihn spricht. Deshalb schließt Er alle Bedeutungen in sich. Wenn ein Lehrer das Wort Gottes richtig erklären will, so beschränkt er sich nicht auf eine einzige Art von Auslegung, sondern gebraucht, je nach der Fähigkeit der Zuhörer, vielerlei. Die Auslegung von Abdul Baha ist immer die zuverlässigste Form und das beste Beispiel, dem wir folgen sollten. Um die Harmonie zu zeigen, welche in der Bedeutung der göttlichen Wahrheit existiert, gibt Er uns oft eine geistige Erklärung und läßt ihr eine materielle folgen. Wenn wir z. B. in eine Fabrik gehen, so geht der eine auf diesem Weg, der andere auf jenem Weg zu den Maschinen und wenn wir herauskommen, so haben wir verschiedene Erklärungen und verschiedene Ansichten über das, was wir gesehen haben. Ferner sind im Samen viele Entwicklungskräfte verborgen, und wir mögen sprechen von welchen wir wollen, so werden wir befriedigt sein. Regen und Sonnenschein bringen in den Blumen viele schöne Farben und Düfte hervor. So bringen die Lehren von Gott, je nach unseren Fähigkeiten, geistige Blumen aller Art in uns hervor. Das Auge sieht die Rose, die Nase riecht ihren Duft. Es gibt vielerlei Wege, um denselben Gegenstand wahrzunehmen. In ähnlicher Weise können wir uns an der Schönheit und an dem Duft des himmlischen Wachstums in unserer eigenen Seele und in den Seelen anderer erfreuen. Die Sinne handeln in Harmonie, alle wollen uns in ihrer eigenen Weise und Sprache die Schönheit der Rose zum [Seite 157] Ausdruck bringen. Jedes Ding hat eine Sprache, mit der es redet und sich äußert. Ich komme in dein Zimmer, du begrüßt mich mit Wort und Blick. Ich lese dieselben Grüße von diesen Blumen auf deinem Tisch. Mein Ohr lauscht auf diese Grüße, meine Augen bezeugen sie, meine Nase riecht sie. Die Zunge ist der wirklich Sprechende, denn, als ich das Zimmer betrat, hatte ich dir etwas schönes zu erzählen — etwas, was die Ohren nie zuvor gehört hatten. Der Mensch ist die wirkliche Zunge des Universums, er ist von seinem Schöpfer dazu bestimmt, Gott zum Ausdruck zu bringen und Seine Schönheit und Liebe darzutun.

Die Gesegnete Vollkommenheit verkörperte alle Sprachen der Existenz, Alle Erkenntnis war in den einen Kelch gegossen, von welchem Abdul Baha trank. Den Propheten Gottes war diese Erkenntnis verhüllt; der Wein der inneren Bedeutung war ihnen verschlossen. Abdul Baha leerte diesen Kelch. Wir müssen von Seinen Lehren trinken. Die Gesegnete Vollkommenheit sagte, der Ozean habe in seiner eigenen Sprache gesprochen und gesagt: „O Gott! O Gott! Mein Geliebter!" Die Gesegnete Vollkommenheit verstand die Sprache des Ozeans. Er hörte Himmel und Erde die Herrlichkeit Gottes erzählen. Um zu wissen, was Er wußte, müssen wir die Sprache des Geistes verstehen. Die Propheten kannten sie; sie waren fähig, zu allen Menschen in ihrer eigenen Sprache zu sprechen, einerlei, ob es Juden, Mohammedaner oder Christen waren!" - — —

Am Nachmittag kam Mirza Assad- Ullah, um wieder nach uns zu sehen. Wir erwähnten die roten Anemonen, welche zu dieser Jahreszeit die Berge und Felder Palestinas wie mit einem: Teppich bedecken. Er sagte: „Die Blumen werden jetzt nach und nach kommen. Die rote Anemone, „Schaquaik“ und von den Persern ,Scha-ka-yek‘ genannt, ist der Frühlingsbote. Die Berge des Libanon, östlich von Akka, wo die Gesegnete Vollkommenheit häufig wandelte, sind bedeckt mit diesen dunkelroten Blumen. Je öfter du Abdul Baha siehst, desto mehr wirst du die unerschöpfliche Quelle der Erkenntnis in Ihm erkennen. Er ist die Schatzkammer Gottes, worin alles, wessen die Menschheit bedarf, gefunden werden kann, ohne Geld und ohne Kaufpreis. In Ihm gibt es immer etwas neues zu lernen und in Besitz zu nehmen, wir finden immer neue Gedanken in Seinen Worten und Erklärungen. Was du von Ihm empfängst, wird gemessen an deiner Aufnahmefähigkeit. Die Gaben Gottes sind unbegrenzt, wenn sie auch noch so groß und zahlreich sind. Warum muß der Mensch immer wieder auf seine menschlichen Schätze, welche alt und abgenützt sind, zurückkommen, Die Schöpfung selbst wiederholt sich nicht. Obgleich die Wahrheit nur eine ist, drückt sie sich doch mannigfaltig aus und keine zwei Dinge sind gleich im Königreich Gottes. Die Propheten sind Repräsentanten oder Manifestationen der Wahrheit. Die Wahrheit ist beständig und unveränderlich, alles Menschliche dagegen ist veränderlich und unbeständig. Es geht vom Tod zum Leben und vom Leben zum Tod; der Mensch kommt und geht, er ist nicht an diese Erde gebunden, er ist niemals beständig. Das menschliche Leben ist ein Punkt in einem Kreis. Wenn du einen brennenden Stab im Kreise schwingst, so gibt es einen Kreis von Feuer. Der Mensch ist ein Punkt in dem Kreislauf des Lebens. In einem fortdauernden Prozeß kommt er immer wieder zum Ausgangspunkt zurück. Jeden Tag wird er aufs neue geboren, jeden Tag stirbt er. Die Vergangenheit kehrt nie zurück. Die Zukunft kommt uns unvermeidlich entgegen. Die Kindheit kann nicht fortdauern, die Jugend ist nur einmal unser. Das Gesetz der Zeit ist unerbittlich. Bei Gott gibt es aber nur eine Wirklichkeit, eine ursprüngliche Wahrheit. Die Lehren mögen verschieden sein, aber ihre Bedeutung bleibt ewig bestehen. Die Propheten erneuerten das Wort Gottes, welches durch menschliche Auslegungen verdunkelt worden war. Gott zeigt in jedem Zyklus neuen Glanz. Wir sehen dies zur Genüge an Abdul Baha. Niemand kann das wirkliche Wesen der Wahrheit verstehen. Wenn wir auf eine Rose blicken, so können wir ihre Form und ihre Gestalt verstehen, aber das Wesen, die Wirklichkeit, welche hinter ihrer Schöpfung liegt, können wir nicht ergründen. Wer kann Gott begreifen und in sich einschließen? Dies beweist, daß die Propheten nicht in ihrer Fülle und Vollkommenheit erkannt werden können, denn sie kommen, um uns Gott zu offenbaren. Wie kann ein menschlicher Geist Gott und Seine Erkenntnis voll in sich aufnehmen? Wenn wir in einen Spiegel blicken, so sehen wir nur einen Teil oder eine gewisse Darstellung unserer Wirklichkeit. Die Gesegnete Vollkommenheit hat oft in Seinen Tablets gesagt, daß die menschliche Vernunft — einerlei, wie hoch sie sich auch aufschwingen möge — Gott nicht erfassen könne. Das, was sich auf einer niederen Stufe befindet, kann die Stufe über sich nicht verstehen. Das Pflanzenreich kann z. B. die Stufe des Tierreiches nicht begreifen. Die Tiere können die Stufe des Menschen nicht verstehen u.s.w. Der Mensch schreitet unaufhörlich vorwärts, hin zum Reich des Geistes, welches Gott ist und ewig währt. Wenn daher der menschliche Geist ein Reich, welches ewig ist, nicht begreifen kann, so können wir auch die Propheten, welche von diesem Reich [Seite 158] kommen, nicht vollständig verstehen. Sie haben unendliche Erkenntnis, denn gleich den Strömungen des Meeres haben sie unbegrenzte Kraft und Stärke in sich. Wir erkennen daher die Manifestationen an ihren vollkommenen und göttlichen Eigenschaften, aber verstehen können wir sie nur soweit, als wir uns zu ihrer Stufe erheben.

Alle menschlichen Errungenschaften sind vergänglich, der göttliche Wille allein ist ewig. Der Mensch besteht aus einem sterblichen Körper und einem unsterblichen Geist. Gute Eigenschaften sind göttliche Vollkommenheiten, wiedergespiegelt im Menschen. Die Propheten kamen in diese Welt, um uns den Weg zur Unsterblichkeit zu zeigen. Gute Eigenschaften offenbaren ihr Licht, schlechte Eigenschaften sind wie Finsternis. Wenn der Mensch den göttlichen Funken in sich fühlt, dann erscheinen diese Tugenden wie Licht in seinen Handlungen. Gott ist ewig. Abdul Baha’s Lehren beabsichtigen diese himmlischen Eigenschaften in uns zu entwickeln, damit wir ewig und unsterblich werden möchten. Der Boden der Seele muß bereit gemacht werden für die Saat und ihre Entwicklung; dann wird die Frucht erscheinen. Wie sich der Same zehnfach vermehrt, so vermehren sich im gleichen Verhältnis auch gute und schlechte Eigenschaften. Die Wirklichkeit des Geistes kann nicht völlig verstanden werden. Wir können sie nur durch ihre Attribute und guten Eigenschaften erkennen.

Die Propheten hatten alle eine individuelle Ausdrucksweise. In der äußeren Sprache ihrer Lehren müssen wir ihre Terminologie verstehen, um ihre Aeußerungen erfassen zu können. Mose hatte seine charakteristische Art sich auszudrücken. Jesus sprach in Gleichnissen, Mohammed sprach, als ob Gott sprechen würde. Die Propheten sind wie Wolken; das Wort Gottes in ihnen ist der Regen, welcher Frucht hervorbringt aus einer ausgedörrten und durstigen Welt. Alle Propheten sind sich gleich im Wesen und in der Bedeutung und alle sind die Kinder der Gesegneten Vollkommenheit.

Uebers. von W. Herrigel.


Bahai-Vorträge.

Am Samstag, den 21. Oktober 1922, hielt in Karlsruhe auf Wunsch der dortigen Bahaifreunde Frau Alice Schwarz - Stuttgart einen Vortrag im „Friedrichshof" über die Bahailehre, ihre Geschichte und ihre Prinzipien. Derselbe war gut besucht und wurde dankbar und mit großem Interesse aufgenommen. Am Sonntag Nachmittag folgten die Bahaifreunde einer Einladung von Frau Weiland zu einem Liebesmahl im „Schlößchen“. Das schöne, harmonische Beisammensein wurde belebt durch gegenseitige Aussprache, Vorlesen von Worten Baha ’Ullah’s und Abdul Bahas, sowie durch musikalische Vorträge. Die Karlsruher Freunde haben gezeigt, daß sie der Bahaisache treu zugetan sind und für ihre Weiterverbreitung arbeiten.

Vom 16. Oktober bis 4. November war Herr Wilh. Herrigel auf einer größeren Vortragsreise, über die er in der Donnerstagsversammlung am 9. November ausführlich berichtete. Das Hauptziel seiner Reise war Groß-Strelitz in Oberschlesien, wohin er schon vor längerer Zeit gerufen wurde. Sein Weg führte ihn über Gera, wo er die dortigen Bahaifreunde besuchte und einen gut aufgenommenen Vortrag hielt, dann über Dresden, wo abends eine anregende Aussprache über die Bahaisache in engem Familienkreis stattfand. Der Vortrag in Groß-Strelitz war leider vielen Störungen ausgesetzt, konnte aber doch, dank der Ruhe und Festigkeit des Redners, zu Ende geführt werden. Auf dem Rückweg kam Herr Herrigel über Breslau und Frankfurt a. O. nach Berlin-Schöneberg, wo er eine Unterredung über die Bahailehre mit einigen Freunden hatte. Einer Einladung nach Hamburg folgend, hielt er dort einen öffentlichen Vortrag in der Aula des Wilhelm-Gymnasiums sowie eine Versammlung im Privatkreis. In Hamburg erhielt er eine dringende Einladung, auch in Rostock in der „Friedensgesellschaft" zu sprechen. Diesem Ruf Folge leistend reiste er nach Rostock und Warnemünde und hielt den anberaumten Vortrag mit gutem Erfolg. Am 2. und 3. November waren dann wieder Versammlungen in Berlin, von der dortigen „Allgemeinde" veranstaltet, und am 4. November trat Herr Herrigel, wohlbefriedigt von seiner dreiwöchentlichen Tätigkeit, die Heimreise an.

Wir verbinden mit dem gebührenden Dank an ihn den Wunsch, daß seine Arbeit in den verschiedenen deutschen Städten gesegnet werde und der ausgestreute Same reiche Früchte bringen möge. [Seite 159]


Bericht aus Groß-Strelitz.

Am Montag, den 23. Oktober, sprach Herr Herrigel in Groß-Strelitz o. S. über die Bahaibewegung und -Lehre. Von den 200 bis 300 Anwesenden waren wohl 50 erschienen, um den Vortrag zu stören und zu verhindern. Es war eine Leistung von Herrn Herrigel, den Vortrag, wenn auch mit Unterbrechungen, zu Ende zu führen. Eine Frucht des Vortrags ist schon jetzt zu sehen. Von einigen Seiten wurde ich um Bahailektüre angegangen und gleich nach dem Vortrage wurden auch viele Schriften gekauft. Der Einfluß aber, den Herr Herrigel durch sein ruhiges, sachliches und bestimmtes Auftreten insbesondere auf meine Familie gemacht hat, ist ein voller Erfolg. Mit Dankbarkeit gegen Herrn Herrigel und meinen Vetter aus Chicago, der den Vortrag durch seine finanzielle Hilfe ermöglicht hat, werde ich stets an diesen Vortrag denken.

Rampold.


Bericht aus Hamburg.

Am Sonntag, den 29. Oktober hielt Herr Herrigel in der Aula des Wilhelmgymnasiums in Hamburg einen einführenden Vortrag über die Bahailehre, zu dem sich gegen fünfzig Zuhörer eingefunden hatten. Es ist zu hoffen, daß der Abend zu den alten Freunden noch recht viel neue gewinnen half. Daß der Vortrag seinen Eindruck auf die Anwesenden nicht verfehlt hat, bezeugte sowohl der am Schluß von verschiedenen Hörern lebhaft geäußerte Wunsch, mehr über die Lehre zu erfahren, als auch die große Anzahl Schriften, die am Büchertisch verkauft wurden. Der Montag sah dann noch einmal einen kleineren Kreis der Freunde beisammen, dem Herr Herrigel einige grundlegende Fragen aus der Lehre klarlegte. Ein weiterer Einführungsabend, der in etwa drei Wochen geplant ist, möchte neue Freunde gewinnen und unsere hoffnungsfreudig begonnene Arbeit weiter ausdehnen.

Hamburg, 1. 11. 1922.

Hermann Großmann.


Bericht aus Rostock,

Deutsche Friedensgesellschaft, Ortsgruppe Rostock. Am 31. Oktober 1922 hatten wir die ganz besondere Freude, Herrn Wilh. Herrigel, Stuttgart, in unserer Mitte begrüßen zu können. Durch einen glücklichen Zufall war es gelungen, Herrn Herrigel auf seiner Vortragsreise durch Norddeutschland im letzten Augenblicke noch zu gewinnen. . Und so sprach er nun vor etwa 60 Mitgliedern und Freunden in Hetelts Restaurant über die Bahai-Weltreligion. Abgesehen von unseren Mitgliedern, Lehrer Jörn - Warnemünde, der selbst Bahai ist, hatten die wenigsten ja von der Bahaibewegung gehört, und so wurden nun alle von dem warmen, fesselnden Vortrag überaus erfreut. Die Notwendigkeit der religiös-sittlichen Vertiefung des Friedensgedankens leuchtete klar aus dem Vortrag hervor, und weiter auch die freudige Gewißheit, daß die Bahais der ganzen Welt entschlossen sind, an solcher Vertiefung mit heiligem Eifer zu arbeiten, um also das Reich des Friedens, des Rechts und der Gerechtigkeit zu erbauen. — Um auf den religiösen Charakter des Abends vorzubereiten, sprach einleitend Herr Landgerichtsrat Eberhardt-Schwerin — der 1. Vorsitzende der Schweriner Ortsgruppe der Fr.-Ges. — über den Rechts- und Friedensgedanken bei den alttestamentlichen Propheten. Der Vorsitzende der Rostocker Ortsgruppe der Fr.-Ges., Herr Dr. Fr. C. Witte, faßte in einem warmen Schlußwort die Empfindungen zusammen, die der Abend in den Zuhörern ausgelöst und dankte insonderheit dem Herrn Herrigel mit dem Gelöbnis, den Friedensgedanken durch Wort und Wandel im Geiste der Bahai-Lehre zu verkünden.

R.E.


Druckfehlerberichtigung.

Im Novemberheft Seite 130 muß in der Ueberschrift stehen: Episteln, Seite 137 rechts ist Zeile 6-8 versetzt. Seite 140 links ist zu lesen: das seinen Enkel Shoghi Effendi als seinen Nachfolger bestimmt hat. Seite 143 links muß es heißen: von Anfang bis zu Ende durchführte.


An unsere Leser.

An den Plätzen, wo Baha’Ullah und Abdul Baha geweilt und gewirkt, hat H. Konsul Schwarz bei seinem Besuch des hl. Landes Aquarelle u. Federzeichnungen gefertigt. Vier von diesen sind als Postkarten vervielfältigt worden und zwar 3 Aquarelle in Vierfarbendruck (Platz, wo Baha’Ullah seine Zelte aufstellte — Bahajee, Wohnhaus Baha’Ullahs und seine Grabstätte — Privathaus Abdul Bahas in der Nähe des hl. Grabes) und eine Federzeichnung, die das Grab des Bab und Abdul Bahas mit dem Berg Karmel im Hintergrund wiedergibt. Die Karten enthalten die Bezeichnung der Darstellung in Persisch, Deutsch, Englisch und Esperanto. Der Erlös der Karten soll in erster Linie Bahailiteraturzwecken dienen. Der Preis einer Serie von 4 Karten beträgt für Deutschland einschließlich Porto 100 Mk.

Zu beziehen sind sie vom Verlag des Deutschen Bahaibunds. Hölderlinstr. 35.

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MITTEILUNG VOM VERLAG.

Unsere seitherigen Bücherpreise stehen infolge der fortgesetzten Geldentwertung nicht im entferntesten mehr im Einklang mit den Herstellungskosten einer Neuauflage und den laufenden Buchbinderkosten. Aus diesem Grunde wurde in der letzten Sitzung des Nationalrats beschlossen, von jetzt ab höhere, den Zeitverhältnissen auch nur einigermaßen entsprechende Preise festzusetzen.

Aus demselben Grunde wurde beschlossen, die „Sonne der Wahrheit” künftig in einem billigeren Umschlag erscheinen zu lassen.

Verlag des Deutschen Bahaibundes, Hölderlinstr. 35.


Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart

Fernsprecher 7675 — -— Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 33


In unserem Verlag sind erschienen:

1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . 20.--

2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . 25.--

3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . .20.--

4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . 20.--

5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . . 50.--

6. Die Offenbarung Baha’o’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . 50.--

7. Verborgene Worte von Baha o’Ilah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 50.--

8. Baha’o lab, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 220.--

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 250.--

9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . 50.--

10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . 50.--

11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 20.--

12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,

in Halbleinen gebunden . . . . . 270.--

in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 300.--

13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,

in Halbleinen geb. . . . . 570.--

In Ganzleinen gebunden . . . . 600.--

14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Dhelps.

Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 500.--


Der Versand erfolgt gegen Nachnahme oder gegen Voreinsendung des Betrages.

Anfragen, Beiträge und alle die Schriftleitung betreffende Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstraße 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.


Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.

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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha’o’llahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha’o’llahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha’o’llah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha’o’llah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha’o’llah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha’o’llah),

Die Hauptschriften Baha’o’llahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha’o’llah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha’o’llah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)