Sonne der Wahrheit/Jahrgang 18/Heft 1/Text

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SONNE DER WAHRHEIT
ORGAN DER BAHA’I IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH
Verantwortlich für die Herausgabe: Paul Gollmer, Stuttgart O, Neckarstraße 127
Heft 1
Preis vierteljährlich RM 1.80
AUGUST 1947
Kalimát-Worte (der 17.Jahrgang ist 1937 nur in 3 Nummern erschienen)
18. JAHRGANG

'Ilm / Erkenntnis

Leitgedanken: Einheit der Menschheit. Weltfriede. Weltreligion


„In dieser mächtigsten Offenbarung haben alle Sendungen der Vergangenheit ihre höchste, ihre endgültige Erfüllung erfahren.“ (Bahá’u’lláh)

„Die Bahá’í-Botschaft ist ein Ruf zur Religions-Vereinigung und nicht eine Aufforderung zu einer neuen Religion; sie ist kein neuer Weg, der zur Seligkeit führt - da sei Gott davor. Es ist der alte Weg, der freigemacht ist von den Einbildungen und den Vorurteilen der Menschen, der frei ist von den Übeln des Streits und der Mißhelligkeiten und der wieder zu einem geraden Weg für den aufrichtig Suchenden gemacht ist, daß er ihn mit voller Überzeugung betrete und erkenne, daß das Wort von Gott ein Wort ist, wenn auch der Träger desselben viele waren.“ ('Abdu'l-Bahá)

„Ein Bahá’í zu sein heißt einfach, die ganze Welt, die ganze Menschheit zu lieben und ihr zu dienen, für den Weltfrieden und die Menschheitsverbrüderung zu arbeiten.“ ('Abdu'l-Bahá)



ZU NEUEM LEBEN[Bearbeiten]

Mehr wie 40 Jahre sind vergangen, seit der Bahá’í-Glaube in Deutschland, zuerst im Herzen Schwabens, Wurzel geschlagen hat.

Viel früher, 1844, hatte in Shiráz im Iran der Vorläufer, der Báb, seine meteorengleiche Sendung auf sich genommen. 1863 hatte der göttliche Offenbarer und erhabene Begründer des neuen Glaubens, Bahá’u’lláh, in der Verbannung in Baghdád sich als der Verheißene erklärt. 1892 war Sein Sohn 'Abdu’l-Bahá nach des Vaters Hingang zum Mittelpunkt des Bündnisses und zum Vorbild und Erklärer der neuen Lehre bestimmt worden. Und um die Jahrhundertwende begann dieser gewaltige geistige Impuls sich über seine Wiegestatt im vorderen Orient hinaus über die Erde zu verbreiten, zuerst nach Ägypten, Indien, Nordamerika und durch seine ersten [Seite 2] Pioniere auch nach Europa. 1905 hatte sich ein eifriger Gläubiger aus den Vereinigten Staaten in Stuttgart niedergelassen und bald darauf eine kleine Gemeinde gewonnen, die auch in anderen schwäbischen Orten, besonders in Eßlingen, Glaubensfreunde gewann. Und so waren diese, als nun ‘Abdu’l-Bahá 1912 seine Weltreise begann und, überall lehrend und verehrt, in Ägypten, Nordamerika und schließlich in Europa weilte, des großen Vorzugs wert gewesen, in jenen historischen Frühlingstagen des Jahres 1913 zweimal mehrere Tage lang den erhabenen Gast in Stuttgart, Eßlingen, Mergentheim, Wien bewillkommnen zu dürfen. Unvergeßliche Eindrücke strahlender Menschenliebe, wahren Glücks und neuer geistiger Belebung leuchteten noch lange nach. Dann aber brach mit dem ersten Weltkrieg, der über Europa brauste, jene Zeit der Umwälzungen und Schicksalstürme herein, die noch zwischen uns Heutigen und dem kommenden, verheißenen herrlichen Bahá’í-Zeitalter wüten, als ein Ringen alter, überlebter Gewalten sowohl untereinander wie auch gegen den Geist des Neuen, der sich in allen menschlichen Bereichen sieghaft ankündigt.

Nach 1918 setzte eine neue Welle der Verbreitung des Bahá’í-Glaubens ein. In den meisten Teilen Deutschlands entstanden nun kleine Gemeinden und Gruppen. Auch eine Zeitschrift war der allseitige Wunsch. So wurde vor 25 Jahren die „Sonne der Wahrheit“ begonnen, die ihren Namen und ihren Leitgedanken von 'Abdu'l-Bahá selbst erhielt. Er schrieb außerdem: „... Alle Diskussionen in dieser Zeitschrift müssen in den Lehren Bahá’u’lláh’s gipfeln und dürfen nicht den Glauben und die Überzeugung anderer bekämpfen. Sie soll die Lehren Bahá’u’lláh’s feststellen und erklären. Heute liegt der Zeitgeist in den Lehren Bahá’u’lláh’s und alle einsichtsvollen Menschen sind fähig und bereit, auf diese zu hören...“

Leider war es schon im ersten Jahrgang eine schmerzliche Pflicht der jungen Monatsschrift, den Hingang des erhabenen Meisters berichten zu müssen. Damit war der Bahá’í-Glaube in einen neuen Entwicklungsabschnitt getreten: aus seinem apostolischen Zeitalter war er in das formbildende Stadium gelangt. ‘Abdu’l-Bahá hatte die Gläubigen in aller Welt nicht hilflos zurückgelassen. In seinem „Willen und Testament“ wurde die schon von Bahá’u’lláh entworfene Verwaltungsordnung eingesetzt und sein Enkelsohn Shoghi Effendi zum ersten „Hüter“ ernannt. Dieser ordnete 1922, wie in einigen anderen dazu reifen Ländern so auch in Deutschland, die Bildung eines von den Gläubigen jährlich zu wählenden Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland und Österreich an, dessen Wirken sich bald als notwendig und förderlich erwies, half unermüdlich im Aufbau und [Seite 3] Ausbau der Verwaltungsorganisation in aller Welt und bereicherte das Bahá’í-Schrifttum entscheidend durch Sammlung und Übersetzung der heiligen Texte und durch eigene Werke als Ausleger und Verbreiter der Lehre. So entwickelte sich der Glaube in Deutschland erfreulich weiter. In dem schon 1908 gegründeten Bahá’í-Verlag in Stuttgart erschienen bald immer zahlreicher Bücher. In einer Sommerschule bei Eßlingen wurden alljährlich Kurse über Themen der Lehre veranstaltet, und viele hervorragende ausländische Bahá’í kamen zu Besuch. Nach dem Umsturz von 1933 wurde der Bahá’í-Glaube zunächst nicht behelligt. Die Bahá’í konnten weiterhin ihre Grundsätze öffentlich vertreten, welche unter anderem die Einheit der Religion und der Menschen, die Überwindung aller Vorurteile, den Weltfrieden und einen Weltschiedsgerichtshof erstreben. Erst im Juni 1937 wurde er in Deutschland durch den Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei plötzlich verboten, seine Organisation aufgelöst, deren Vermögenswerte beschlagnahmt.

Dadurch konnte auch die „Sonne der Wahrheit“ über acht Jahre lang nicht mehr fortgesetzt werden. Die noch vorhandenen Hefte und alle Bücher des Bahá’í-Verlages sind beschlagnahmt und vernichtet worden, desgleichen fast alles Akten- und Archivmaterial und viel Schrifttum aus Privatbesitz. Über acht Jahre lang hatten auch die Bahá’í in Deutschland fast keine Fühlung untereinander halten können und waren zudem von den Freunden in anderen Ländern wie durch eine Mauer abgeschlossen. Aber draußen in der weiten Welt hatte der siegesfrohe Glaube in diesen Jahren herrliche Fortschritte gemacht und in allen Ländern der Erde Wurzel gefaßt. Und auch in dem zerstörten Deutschland gingen die Bahá’í im vorigen Sommer nach Wiedergewinnung ihrer Glaubensfreiheit mit neuer Kraft an den Wiederaufbau ihrer Gemeinden und ihrer Verwaltungsorganisation, die schrittweise von der Militärregierung anerkannt wird.

So beginnt auch nun die „Sonne der Wahrheit“ mit diesem Heft wieder monatlich zu erscheinen. Sie ist in ein handlicheres Format gekleidet und mußte sich aus Papiermangel mit einem kleineren Druck begnügen. Aber ihre Strahlen leuchten aus derselben Sonne. Möge sie vielen ein Freund sein, der Licht und Leben spendet!

Die Schriftleitung


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DIE WELTRELIGION[Bearbeiten]

Eine Zusammenfassung ihrer Ziele, Lehren und Geschichte

von Shoghi Effendi


Die von Bahá’u’lláh verkündete Offenbarung ist — so glauben Seine Anhänger — göttlich in ihrem Ursprung, allumfassend in ihren Zielen, weit in ihrem Ausblick, wissenschaftlich in ihrer Methode, menschendienend in ihren Grundsätzen und von gewaltigem Einfluß auf die Herzen und Gemüter der Menschen. Die Sendung des Gründers ihres Glaubens ist — so fassen sie es auf — zu verkünden, daß religiöse Wahrheit nicht absolut, sondern relativ ist, daß die Gottesoffenbarung eine fortdauernde und fortschreitende ist, daß die Gründer aller vergangenen Religionen, wenngleich verschieden in den unwesentlichen Punkten ihrer Lehren, doch „in dem gleichen Tabernakel wohnen, zum gleichen Himmel sich erheben, auf dem gleichen Throne sitzen, die gleiche Sprache reden und den gleichen Glauben verkünden“. Seine Sache — so haben sie schon bewiesen — dreht sich um den mit ihr gleichbedeutenden Grundgedanken der organischen Einheit der Menschheit, wie sie die Vollendung des gesamten menschlichen Entwicklungsvorganges darstellt. Diese letzte erstaunliche Entfaltung — so machen sie geltend - ist nicht allein notwendig, sondern es ist unvermeidlich, daß wir ihr schrittweise näherrücken und daß es allein der himmlischen Macht, mit der ausgestattet zu sein eine gottverordnete Botschaft beanspruchen kann, gelingen wird, sie zu begründen.

Der Bahá’í-Glaube anerkennt die Einheit Gottes und Seiner Propheten, hält den Grundsatz eines unbeengten Suchens nach Wahrheit hoch, verwirft alle Formen von Aberglauben und Vorurteil, lehrt, daß der eigentliche Sinn der Religion der ist, Eintracht und Einklang zu fördern, daß sie Hand in Hand mit der Wissenschaft gehen muß und daß sie die einzige und letzte Grundlage bildet für eine befriedete, geordnete und fortschrittliche menschliche Gesellschaft. Er betont den Grundsatz gleich günstiger Bedingungen, Rechte und Vorrechte für beide Geschlechter, tritt für Erziehungspflicht ein, schafft die Auswüchse von Armut und Reichtum ab, erhebt Arbeit, die im Geiste des Dienens getan wird, zur Stufe des Gottesdienstes, empfiehlt die Annahme einer Welthilfssprache und übermittelt die notwendigen Kräfte für die Errichtung und Erhaltung eines dauerhaften Weltfriedens.

Der Glaube ist um die Mitte des [Seite 5] neunzehnten Jahrhunderts im dunkelsten Persien entstanden. Er wurde von Anfang an durch die Mächte des religiösen Fanatismus angegriffen. Trotz dem Märtyrertum seines Vorläufers, der wiederholten Verbannung seines Gründers, der fast lebenslänglichen Gefangenschaft seines Hauptverbreiters und dem grausamen Tod von nicht weniger als zwanzigtausend seiner ergebenen Anhänger vermochte er ruhig und stetig seinen Geist durch den Osten wie den Westen zu verbreiten, in nicht weniger als vierzig Ländern der Welt sich festzusetzen und in jüngster Zeit von kirchlichen und zivilen Behörden verschiedener Länder schriftliche Bestätigungen zu erhalten, die seinen unabhängigen Religionscharakter anerkennen.

Der Vorläufer des Glaubens war Mirzá ‘Alí-Muhammad aus Shiráz, bekannt als der Báb ("das Tor“), der am 23. Mai 1844 Seine zweifache Sendung verkündete: als eine unabhängige Gottesoffenbarung und als Herold eines Größeren als Er selbst, welcher ein neues, noch nie dagewesenes Zeitalter in der Religionsgeschichte der Menschheit heraufführen werde. Bei Seinen früheren Lebensjahren, Seinen Leiden, dem Heldentum Seiner Jünger und den Umständen Seines tragischen Märtyrertodes brauche ich nicht zu verweilen, da ja das Andenken Seines heiligen Lebens genau geschildert ist in „Die Morgendämmerung“: Nabil’s Erzählung der ersten Tage des Bahá’í-Glaubens1). Es genügt zu sagen, daß der Báb am 9. Juli 1850 im jugendlichen Alter von einunddreißig Jahren durch das Feuer eines Soldatentrupps in Tabriz in Persien öffentlich den Märtyrertod erlitt. Am Abend desselben Tages wurde Sein verstümmelter Körper aus dem Kasernenhof an den Rand des Walls außerhalb des Stadttors entfernt, von wo er durch Seine feurigen Jünger nach Tihrán gebracht wurde. Dort blieb er verborgen, bis die Zeit es ermöglichte, ihn nach dem heiligen Lande zu überführen. Angesichts fast unüberwindlicher Schwierigkeiten und ° schwerster Gefahren glückte es einer Anzahl Jünger, die nach Anweisung ‘Abdu’l-Bahás handelten, den Sarg mit Seinen sterblichen Resten über Land nach Haifa zu verbringen. 1909 bestattete ‘Abdu’l-Bahá eigenhändig in Gegenwart der versammelten Vertreter verschiedener Bahá’i-Gemeinden diese Überreste in der Gruft des Grabmals, das er selbst für den Báb errichtet hatte. Seit jener Zeit haben zahllose Anhänger des Bahá’i-Glaubens eine Pilgerfahrt nach der geweihten Stätte unternommen, einer Stätte, die seit 1921 noch höher geheiligt worden ist durch die Beisetzung 'Abdu'l-Bahá’s in einer anstoßenden Gruft.

Der Begründer des Glaubens war Bahá’u’lláh („Herrlichkeit Gottes“), [Seite 6] dessen Kommen der Báb vorausgesagt hatte. Er erklärte Seine Sendung 1863 als Verbannter in Baghdád. Er formte sodann die Grundsätze dieser neuen und göttlichen Zivilisation, welche Er, wie Er beansprucht, durch Sein Kommen ins Leben gerufen hat. Auch Er wurde bitter bekämpft, Seines Vermögens und Seiner Rechte beraubt, nach dem ‘Iráq, nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt und schließlich in der Strafkolonie ‘Akká eingekerkert, wo Er 1892 in Seinem fünfundsiebzigsten Jahre verschied. Seine sterblichen Reste sind in dem Schrein zu Bahji nördlich ‘Akká zur Ruhe gebettet.

Der bevollmächtigte Ausleger und das gelebte Vorbild der Lehren Bahá’u’lláh’s war Sein ältester Sohn 'Abdu'l-Bahá ("Diener von Bahá“), der von Seinem Vater zum Mittelpunkt ernannt wurde, welchem sich alle Bahá’i um Belehrung und Führung zuwenden sollten. ‘Abdu’l-Bahá war seit seiner Kindheit ständig der vertrauteste Gefährte seines Vaters und teilte alle Seine Trübsale und Leiden. Er blieb noch ein Gefangener bis 1908, als die alte Regierungsform in der Türkei gestürzt wurde und alle religiösen und politischen Gefangenen im ganzen Reiche befreit wurden. Hernach behielt er weiterhin seinen Wohnsitz in Palästina, unternahm aber ausgedehnte Lehrreisen nach Ägypten, Europa und Amerika, rastlos tätig, die Grundsätze des Glaubens seines Vaters zu erklären und vorzuleben und die Tätigkeit seiner Freunde und Anhänger auf der ganzen Welt zu beseelen und zu leiten. Er verschied 1921 in Haifa in Palästina und wurde, wie schon erwähnt, in einer Gruft neben der des Báb am Berge Karmel beigesetzt.

Wie in Seinem Willen vorgesehen, bin ich als Sein ältester Enkelsohn zum ersten Hüter des Bahá’i-Glaubens und zum Haupt des Universalen Hauses der Gerechtigkeit bestimmt worden, das in Verbindung mit mir die Angelegenheiten der verschiedenen Bahá’i-Gemeinden im Osten und Westen nach den von Bahá’u’lláh verkündeten Grundsätzen ordnen und leiten muß.

Der Zeitraum seit dem Hingang 'Abdu'l-Bahá’s ist durch die Bildung und Festigung der Örtlichen und Nationalen Räte gekennzeichnet, der Grundlage, auf welcher der Bau des Universalen Hauses der Gerechtigkeit errichtet werden soll. Nach den letzten Berichten aus Tihrán sind in Persien schon über fünfhundert Örtliche Räte gebildet. Organisierte Bahá’i-Gemeinden sind in jedem Teil des Erdballs zu finden. Nationale Räte sind schon errichtet worden und in Tätigkeit: in den Vereinigten Staaten und Kanada, in Indien und Burma, in Großbritannien, in Deutschland, im ‘Iráq und in Ägypten. In Bildung begriffen sind solche Räte weiterhin [Seite 7] in Persien2), Kaukasus, Turkestan und Australien. Örtliche Räte und Gruppen sind schon gegründet worden in Frankreich, in der Schweiz, in Italien, in den skandinavischen Ländern, in Österreich, auf dem Balkan, in der Türkei, in Syrien, Albanien, Abbessinien, China, Japan, Brasilien und Südafrika3). Christen verschiedenster Bezeichnung, Muslims sowohl der sunnitischen wie der schiitischen Bekenntnisse des Islám, Juden, Hindus, Sikhs, Zoroastrier und Buddhisten haben eifrig die Wahrheit des Bahá’i-Glaubens erfaßt, den göttlichen Ursprung und die grundsätzliche Einheit, die den Lehren aller Begründer früherer Religionen zugrunde liegen, anerkannt und sich rückhaltlos den Geist und die Form seiner sich entfaltenden Einrichtungen zu eigen gemacht. Alle diese Zentren sind im Tätigkeit wie die zusammenhängenden Teile in einem einzelnen Organismus, einem Wesen, dessen geistiger und Verwaltungsmittelpunkt in den Zwillingsstädten ‘Akká und Haifa verwahrt liegt.

1) Englische Fassung „The Dawn-Breakers“: Nabil’s Narrative oft the early days of the Bahá’í Faith.

2) Dort jetzt gebildet.

3) Seit neuestem auch in Argentinien, Australien, Bahrein-Inseln, Belutschistan, Chile, Columbia, Costa Rica, Cuba, Ecuador, San Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras, Jamaica, Mexico, Neu-Seeland, Paraguay, Peru, Porto Rico, Transjordanien, Tunis, Uruguay.



Die Bahá’i-Religion als Erfüllung der bisherigen Religionen[Bearbeiten]

Die Gottgesandten und Begründer neuer Religionen — wie Moses, Zarathustra, Buddha, Christus, Muhammad und zuletzt Bahá’u’lláh — wirken durch ihr Erscheinen auf allen Ebenen des Daseins. Sie öffnen die Verbindung zwischen höchsten geistigen Sphären und der Materie. Beginnt solch ein neuer Zyklus, so strömt allem Wesen neues Leben zu. Es ist wie der Frühling, der bis in die verborgensten Winkel hinein jeden lebenskräftigen Keim zur Entwicklung bringt und das Angesicht der Erde verändert.

Das Wirken der Gottgesandten ist dreifacher Art: durch die Macht des Heiligen Geistes, durch die Offenbarung ihrer Lehre und durch äußere Vorschriften und Formen.

Ihr Wirken durch den Heiligen Geist ist ein göttliches Mysterium, das sich, meist nach Kämpfen und Katastrophen einer Übergangszeit, in den neuen Früchten des neuen Zeitalters offenbart.

Ihre Lehre ist dem Fassungsvermögen und den Problemen und Nöten der Menschen angepaßt, zu denen diese Gottesoffenbarer reden. In dem jetzt angebrochenen Zyklus kann erstmals die ganze Menschheit erfaßt werden. Die Erde ist klein geworden, die Menschheit wird immer deutlicher als ein einheitlicher Organismus [Seite 8] empfunden. Wird ein Teil davon krank, so spürt das die Gesamtheit. Ist ein Teil davon gesund und kräftig, so kommt dies allen zugute. Was heute in einem abgelegenen Erdenwinkel geschieht, wird morgen überall auf der Welt bekannt und miterlebt. Auch ist der heutige Mensch dazu herangereift, aus dem wohlbehütenden, aber starren Bau der Kirche mit ihrer Priesterkaste, ihren Sakramenten, Riten und Dogmen herauszutreten und frei und selbständig unter der Führung des offenbarten Wortes nach Wahrheit zu forschen. Er ist reif, die eine Wahrheit, die allen Religionen zugrunde liegt, unter dem alten Schutt und Wirrwarr der überlieferten Formen und Dogmen zu entdecken und hochzuhalten.

So ist die Zeit gekommen, daß die fortschreitende Gottesoffenbarung nunmehr den Akzent ihrer Lehren auf die Einheit der Religionen und die Einheit der Menschheit legen kann, daß mit Bahá’u’lláh, der „universalen Manifestation“, das Ziel aller bisherigen Religionen erfüllt und eine neue Weltzivilisation errichtet wird. Die Ideale aller edlen und großen Heiligen, Denker und Staatsführer sollen darin verwirklicht werden. Die praktischen Richtlinien und Voraussetzungen auf dem Wege zu diesem erhabenen Ziel sind in den „zwölf Grundsätzen“ des Bahá’i-Glaubens ausgedrückt.

Aus der ungeheuren, zum Teil noch gar nicht in abendländische Sprachen übersetzten Fülle der Schriften und Worte von Bahá’u’lláh, ‘Ahdu‘l-Bahá und Shoghi Effendi sind im folgenden wenige herausgegriffen und nach der oben angedeuteten Gedankenreihe angeordnet: Das neue Zeitalter — Die Gottesoffenbarer — Die neue Menschheit — Die neue Weltordnung.

A.M.



Ausgewählte Worte von Bahá’u’lláh, ‘Abdu’l-Bahá und Shoghi Effendi[Bearbeiten]

DAS NEUE ZEITALTER


„Dies ist ein neuer Zyklus der menschlichen Macht. Alle Horizonte der Welt sind erleuchtet, und die Welt wird in der Tat ein Rosengarten und ein Paradies werden.“

('Abdu'l-Bahá)


„Alle erschaffenen Dinge haben ihren Grad oder ihre Stufe der Reife. Der Zeitpunkt der Reife im Leben eines Baumes ist die Zeit seines Fruchttragens. ... Das Tier erlangt eine Stufe des vollendeten Wachstums und der Vollkommenheit, und im menschlichen Reiche erreicht der Mensch seine Reife, wenn das Licht seines Verstandes seine größte Kraft und [Seite 9] Entfaltung erlangt.... In ähnlicher Weise gibt es Zeitabschnitte und Stufen im Gesamtleben der Menschheit. Zu einer Zeit ging sie durch ihre Stufe der Kindheit, zu einer anderen durch ihre Jugendzeit; jetzt aber ist sie in ihre lange vorausgesagte Reifezeit eingetreten, wovon die Beweise überall sichtbar sind.... Was für die menschlichen Bedürfnisse während der früheren Geschichte der Menschenrasse anwendbar war, kann die Forderungen dieses Tages, dieses Zeitabschnittes der Neuheit und Vollendung weder treffen noch befriedigen. Die Menschheit ist aus ihrem früheren Zustand der Begrenztheit und der Vorerziehung berausgewachsen. Der Mensch muß jetzt von neuen Tugenden und Kräften, von neuen sittlichen Wertmaßen, von neuen Fähigkeiten erfüllt sein. Neue Wohltaten, vollkommenere Gaben erwarten ihn und kommen schon auf ihn herab. Die Gaben und Segnungen der Jugendzeit, obgleich zur rechten Zeit und ausreichend während des Jünglingsalters der Menschheit verliehen, sind jetzt ungeeignet, den Bedürfnissen ihrer Reife zu begegnen.”

('Abdu'l-Bahá)


DIE GOTTESOFFENBARER


„Es ist ein Mittler notwendig zwischen dem Menschen und dem Schöpfer — einer, der das volle Licht des göttlichen Glanzes empfängt und es über die Menschheit ausstrahlt, wie die irdische Atmosphäre die wärmenden Strahlen der Sonne empfängt und sie verbreitet.“

('Abdu'l-Bahá)


„Sofern der Heilige Geist nicht zum Vermittler wird, kann der Mensch nicht direkt zu den Gaben Göttes gelangen. Überseht die unverkennbaren Wahrheiten nicht, denn es ist selbstverständlich, daß ein Kind nicht ohne Lehrer unterrichtet werden kann, und daß Erkenntnis eine der Gaben Gottes ist. Ohne den Regen wird der Erdboden nicht mit Gras oder sonstigen Gewächsen bedeckt, daher sind die Wolken die Vermittler zwischen den göttlichen Gaben und dem Erdboden. . . . Das Licht hat einen Mittelpunkt, von dem es ausgeht, und so es jemand wo anders als in diesem Mittelpunkt suchen wollte, würde er niemals zu ihm gelangen. Versetze dich in die Tage Christi; manche Leute bildeten sich ein, sie könnten ohne die messianische Ausgießung zur Wahrheit gelangen, aber diese Einbildung wurde zur Ursache, daß sie derselben verlustig gingen.“

('Abdu'l-Bahá)


„Jede göttliche Offenbarung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist der wesentliche; er gehört der ewigen Welt an. Er besteht in der Darlegung [Seite 10] der göttlichen Wahrheit und in den Hauptgrundsätzen. Er ist der Ausdruck der Liebe Gottes. Dieser Teil ist derselbe in allen Religionen; er ist unveränderlich und beständig. Der zweite Teil ist nicht ewig; er befaßt sich mit dem praktischen Leben, mit geschäftlichen Dingen usw., und er ändert sich je nach der Entwicklung der Menschen und den Erfordernissen des Zeitalters eines jeden Propheten. Zum Beispiel: Im Mosaischen Zeitalter wurde einem Menschen zur Strafe für einen kleinen Diebstahl die Hand abgehauen. Es gab ein Gesetz, das hieß: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Da aber zur Zeit Christi diese Gesetze nicht mehr angemessen waren, so wurden sie abgeschafft. So waren auch die Ehescheidungen derart allgemein geworden, daß keine bestimmten Ehegesetze mehr vorhanden waren, weshalb Christus die Ehescheidung verbot.

Gemäß den Erfordernissen der Zeit gab Seine Heiligkeit Moses Gesetze für die Bestrafung der Verbrecher. Zu jener Zeit war es unmöglich, die menschliche Gesellschaft zu beschützen und eine soziale Sicherheit zu gewährleisten ohne diese strengen Maßnahmen; denn die Kinder Israel lebten in der Wüste Tah, wo kein Gerichtshof und keine Strafanstalten vorhanden waren; aber zur Zeit Christi waren diese Gesetze nicht mehr nötig. Die Geschichte des zweiten Teils der Religion ist von keiner Wichtigkeit, weil sie sich nur auf die Gebräuche des Lebens bezieht; aber die Grundlage der Religion Gottes ist ein und dieselbe und Bahá’u’lláh hat diese Grundlage erneuert.“

('Abdu'l-Bahá)


„O Menschenkinder! Die Worte sind geoffenbart der Aufnahmefähigkeit der Menschen entsprechend, damit die Anfänger Fortschritte machen können. Die Milch muß im richtigen Verhältnis gegeben werden, damit die Säuglinge der Welt in das Reich der Erwachsenen gelangen und in den Hof der Einigkeit geführt werden.“

(Bahá’u’lláh)


„Wisse, daß in jedem Zeitalter und bei jeder Ausgießung alle göttlichen Regeln geändert und dem Erfordernis der Zeit entsprechend gewandelt wurden, das Gesetz der Liebe ausgenommen, das einer Quelle gleich immer floß und das nie einer Änderung unterworfen wird.“

(Bahá’u’lláh)


„Was die Manifestation des Größten Namens (Bahá’u’lláh) betrifft: Dies ist Er, den Gott in allen Seinen Heiligen Büchern und Schriften, wie in der Bibel, den Evangelien und dem Qur’án, verheißen hat.“

('Abdu'l-Bahá)


„Wenn die Sonne von heute sagte: ‚Ich bin die Sonne von gestern’, so ist es wahr. Und wenn sie gleichwohl wegen ihrer täglichen Aufeinanderfolge sagen würde: ‚Ich bin anders als [Seite 11] die Sonne von gestern’, so ist dies auch wahr. Betrachte ferner die Tage: Wenn jemand sagte, daß alle Tage dieselben seien, so ist dies korrekt und wahr; und wenn man sagte, ‚daß sie dem Namen und der Bezeichnung nach einander ungleich seien, so ist, wie du siehst, dies ebenfalls wahr. Obgleich sie dieselben sind, so hat jeder doch einen Namen und eine Eigenschaft und eine Bezeichnung, die verschieden ist von den andern. Auf dieselbe Art und nach derselben Erklärung verstehe die Stufen der Trennung, Verschiedenheit und Einheit der heiligen Manifestationen, so daß du die Auslegung der Worte des Schöpfers der Namen und Eigenschaften über die Trennung und Vereinigung begreifen mögest.“

(Bahá’u’lláh)


„Wisse, daß die Wiederkehr Christi für ein zweites Mal nicht das bedeutet, was die Leute glauben, sondern vielmehr den Einen Verheißenen bezeichnet, der nach Ihm kommt. Er wird kommen mit dem Königreich Gottes und mit Seiner Macht, welche die Welt umspannt hat. Diese Herrschaft ist in der Welt des Herzens und Geistes und nicht in der der Materie; denn die materielle Welt ist im Angesichte des Herrn nicht einmal mit einem einzigen Flügel einer Mücke zu vergleichen, wenn ihr es recht versteht! Wahrlich, Christus kam mit Seinem Königreich von dem Anfang, der keinen Anfang hat, und wird kommen mit Seinem Königreich zu der Ewigkeit der Ewigkeiten, um so mehr, als in diesem Sinn der Ausdruck ‚Christus‘ ein Ausdruck für die göttliche Wirklichkeit ist, die einfache Essenz und die himmlische Wesenheit, welche keinen Anfang hat noch ein Ende. Er hat Sein Erscheinen, Sein Auftreten, Seine Manifestation und Sein Niedergehen in jedem Zeitalter."

(‘Abdu’l-Bahá)


„Es ist nicht nötig, Abraham herabzusetzen, um Jesus zu erhöhen. Es ist nicht nötig, Jesus herabzusetzen, um Bahá’u’lláh zu verkündigen. Wir müssen die Wahrheit von Gott willkommen heißen, von woher auch wir sie erhalten. Der Kern der Frage ist, daß alle diese großen Boten kamen, um die göttliche Fahne der Vollkommenheit aufzurichten. Sie alle scheinen als Gestirne am gleichen Himmel des göttlichen Willens. Sie alle geben in der Welt Licht.“

('Abdu'l-Bahá)


„Was die Bedeutung der Sache von Bahá’u’lláh anbelangt, wisse, daß, was immer mit dem allgemeinen Wohl zu tun hat, göttlich ist; und was immer göttlich ist, ist für das allgemeine Wohl. Wenn es wahr ist, ist es für alle, wenn nicht, ist es für niemand; deshalb kann eine göttliche Sache für das allgemeine Wohl nicht beschränkt werden auf den Osten oder den Westen, denn die Strahlen der Sonne der Wahrheit erleuchten sowohl den Osten [Seite 12] wie den Westen, und Süden wie Norden fühlen ihre Wärme, — hier gibt es keinen Unterschied zwischen dem einen oder andern Pol. Zur Zeit der Manifestation Christi dachten die Römer und Griechen, Seine Sache sei besonders für die Juden bestimmt. Sie dachten, sie besäßen eine vollkommene Zivilisation und hätten es nicht nötig, von Christi Lehren zu lernen, und infolge dieser falschen Einstellung wurden viele Seiner Gnade beraubt. Wisse auch, daß die Prinzipien des Christentums und die Befehle von Bahá’u’lláh miteinander übereinstimmen und daß ihre Pfade die gleichen sind. Jeder Tag hat seinen Fortschritt: Es gab eine Zeit, wo dies göttliche Gesetz (der fortschreitenden Offenbarung) noch im Keimzustand sich befand, dann war es neugeboren, dann ein Kind, schließlich ein verständiger Jüngling; aber heute strahlt es in Schönheit und leuchtet im größten Glanz.

Glücklich der, der durch das Geheimnis dringt und festen Fuß faßt in der Welt der Erleuchteten.“

('Abdu'l-Bahá)


„Es ist fern von der Großmut des Großmütigen und weit entfernt von der in Fülle vorhandenen Barmherzigkeit, eine Seele unter allen Menschen zur Führung Seiner Geschöpfe auszuwählen, ohne sie mit genügenden und vollkommenen Beweisen auszustatten, und dann gleichzeitig das Volk dafür, daß es nicht an sie glaubt, zu bestrafen. Nein! Die Großmut des Königs der Existenz umfaßt alle irdischen Wesen durch das Erscheinen seiner Manifestation ...“

(Bahá’u’lláh)


„Die Visionen der Propheten sind keine Träume; nein, es sind geistige Entdeckungen und sie haben Wirklichkeit. Sie sagen z.B.: ‚Ich sah eine Person in einer gewissen Gestalt, und ich sagte so und so, und er gab mir die und die Antwort.' Diese Vision geht in der Welt des wachen Zustandes vor sich, nicht in der des Schlafs; es ist eine geistige Entdeckung.

Die geistigen Seelen besitzen geistiges Verstehen, bei ihnen gibt es geistiges Entdecken, eine Gemeinschaft, die über Einbildung und Wahn steht, einen Verkehr, der geheiligt ist über Raum und Zeit. So steht im Evangelium geschrieben, daß auf dem Berg Tabor Moses und Elias zu Christus traten, und es ist klar, daß dies keine materielle Zusammenkunft war. Es war ein geistiger Zustand. Solcher Verkehr ist wirklich und bringt wundervolle Wirkungen in den Herzen und Gedanken der Menschen hervor und zieht ihre Herzen an.“

('Abdu'l-Bahá)


An die Christenheit:


„Der Vater ist sicherlich gekommen und hat erfüllt, was euch in bezug auf das Reich Gottes verheißen wurde. Sein Wort ist es, das der Sohn noch [Seite 13] verhüllte, indem Er zu denen, die um ihn waren, sagte: ‚Ich hätte euch noch viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.‘ Als aber die Zeit erfüllt und die Stunde gekommen war, leuchtete das Wort vom Horizonte Seines Willens herab. Hüte dich, o Volk des Sohnes (die Christen), das Wort zu verwerfen; nimm es an und halte dich daran, denn es ist besser für dich als alles Vorangegangene! ...

Wahrlich, der Geist der Wahrheit ist gekommen, um euch in alle Wahrheit zu leiten. Wahrlich, Er spricht nicht von sich aus, sondern was Er spricht, kommt von dem Allwissenden, dem Weisen. Er ist es, den der Sohn verherrlichte... Verzichtet auf das Bisherige, o Völker der Erde, und nehmt das an, was euch von dem Mächtigen, dem Getreuen befohlen ist.“

(Bahá’u’lláh)



DIE NEUE MENSCHHEIT


Die Liebe zu Gott


„Die Ursache der Erschaffung aller irdischen Wesen war Liebe, wie in einer woblbekannten Überlieferung gesagt ist: ‚Ich war ein verborgener Schatz und wünschte erkannt zu werden. Um erkannt zu werden, schuf Ich die Schöpfung.‘“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn des Daseins! Liebe Mich, damit Ich dich liebe. Wenn du Mich nicht liebst, kann dich Meine Liebe niemals erreichen. Merke dir dies, o Diener!“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn der höchsten Einsicht! Ich habe einen Hauch Meines Geistes in dich gehaucht, damit du Mich lieben mögest. Warum hast du Mich verlassen und suchst einen andern zu lieben?“

(Bahá’u’lláh)


„Wer in seinem Herzen für irgend etwas außer Mir Liebe hat, auch wenn sie kleiner ist als ein Senfkorn, kann wahrlich nicht in Mein Königreich eintreten.“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn des Menschen! Wenn du Mich liebst, dann wende dich ab von dir selbst; wenn du Mein Wohlgefallen suchst, dann sieh nicht auf das, was dir gefällt, damit du gänzlich in mir sterben mögest und Ich in dir lebe.“

(Bahá’u’lláh)


„O Mein Diener! Befreie dich von den Fesseln dieser Welt und entrinne aus dem Gefängnis des Selbst. Benütze diese Gelegenheit, denn sie wird dir nie mehr geboten werden.“

(Bahá’u’lláh)


„Im höchsten Gebet betet der Mensch nur um der Liebe Gottes willen, nicht weil er Ihn oder die Hölle fürchtet, oder auf die Gaben des Himmels hofft... Wenn sich jemand in einen Menschen verliebt, so ist es ihm [Seite 14] unmöglich, den Namen des geliebten Wesens nicht zu erwähnen. Wie viel schwieriger ist es für einen Menschen, sich der Erwähnung des Namens Gottes zu enthalten, wenn er dahin gekommen ist, daß er Gott liebt! Der geistige Mensch findet an nichts Freude, außer er gedenkt dabei Gottes.“

('Abdu'l-Bahá)


Nächstenliebe


„Gesegnet ist, wer seinen Bruder sich selber vorzieht, ein solcher gehört zum Volke Bahá’s.“

(Bahá’u’lláh)


„Alle Propheten wurden gesandt und alle heiligen Bücher geoffenbart, damit das Gesetz der Liebe gefördert und betätigt werde. Laßt uns mehr und immer mehr Liebe haben, eine Liebe, die alle Gegnerschaft hinwegschmilzt, eine Liebe, die alle Feinde besiegt, eine Liebe, die alle Schranken hinwegfegt, die überfließt von Werken der Barmherzigkeit, von Großherzigkeit, Duldsamkeit und edlem Streben; eine Liebe, die alle Hindernisse überwindet; eine grenzenlose, unwiderstehliche, allumfassende Liebe laßt uns haben.“

('Abdu'l-Bahá)


„O Volk Bahá’s! Ihr seid die Dämmerungsorte der Liebe und die Aufgangspunkte der Gunst Gottes. Beflecket eure Zunge nicht dadurch, daß ihr irgend jemand verflucht oder verwünscht, und hütet eure Augen vor dem, was unwürdig ist! Zeiget, was in euch ist! Wird es angenommen, ist das Ziel erreicht; wird es abgelehnt, so ist es nicht erlaubt, mit denen, die es verwerfen, zu streiten oder sie zu tadeln. Überlasset sie sich selbst und schreitet vorwärts, hin zu Gott, dem Beschützer, dem Selbstbestehenden. Seid nicht die Ursache des Kummers, viel weniger des Aufruhrs und des Streites! Wir hoffen, daß ihr im Schatten des Baumes der göttlichen Gunst erzogen werdet und daß ihr stets handelt nach Gottes Willen. Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“

(Bahá’u’lláh)


„Hütet euch, hütet euch, daß ihr nicht irgendein Herz beleidigt! Hütet euch, hütet euch, daß ihr euch gegen niemand unfreundlich benehmt. Hütet euch, hütet euch, daß ihr nicht für irgendein Geschöpf zur Ursache der Verzweiflung werdet!

Sollte jemand für irgendein Herz zur Ursache des Kummers oder für irgendeine Seele zur Ursache der Mutlosigkeit werden, so würde es für denselben besser sein, sich in die tiefsten Tiefen der Erde zu verbergen, als auf ihr zu wandeln.“

('Abdu'l-Bahá)


„In den Lehren Bahá’u’lláh’s finden wir auch, daß man einem um Vergebung bittenden Menschen unter allen Umständen vergeben muß; ferner, daß wir unsere Feinde lieben und die uns böse Gesinnten als wohlwollend betrachten sollen. Es sollte niemand einen andern als seinen Feind ansehen und dann mit ihm abbrechen [Seite 15] und — nachsichtig gegen ihn sein. Dies ist Heuchelei und keine wahre Liebe. Nein, du mußt vielmehr deine Feinde als deine Freunde ansehen, die dir Übelwollenden als Wohlwollende und sie dementsprechend behandeln. Deine Liebe und Freundlichkeit muß echt sein... nicht nur Nachsicht, denn Nachsicht, wenn sie nicht von Herzen kommt, ist Heuchelei.“

('Abdu'l-Bahá)

Bahá’u’lláh „Die schlimmste Eigenschaft und die größte Sünde ist die Verleumdung, ganz besonders, wenn sie von dem Munde der Gläubigen Gottes ausgeht. Wenn ein Mittel erfunden würde, durch das die Tore der Verleumdung für ewig geschlossen werden könnten, und jeder der Gläubigen Gottes seine Lippen zum Lobe der andern öffnen würde, dann würden die Lehren Bahá’u’lláh’s verbreitet, die Herzen erleuchtet, der Geist der Menschen veredelt und die Menschheit würde ewiges Glück erlangen.“

('Abdu'l-Bahá)


„Laßt euer Leben einen Ausfluß des Reiches Christi sein. Er kam nicht, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen ... In der Religion Bahá’u’lláh’s sind alle Diener und Dienerinnen, Brüder und Schwestern. Sobald man sich für ein wenig besser, für ein wenig höher hält als die übrigen, befindet man sich in einer gefährlichen Lage, und solange man die Samenkörner solch übler Gedanken nicht wegwirft, ist man kein taugliches Werkzeug für den Dienst im Königreiche Gottes.

Mit sich selbst unzufrieden zu sein, ist ein Zeichen des Fortschrittes. Die Seele, die mit sich selbst zufrieden ist, ist die Offenbarung des Satans, und wer mit sich selbst unzufrieden ist, ist die Offenbarung des Barmherzigen. Wenn jemand tausend gute Eigenschaften hat, so darf er nicht auf diese blicken; nein, er soll vielmehr darnach streben, seine eigenen Mängel und Unvollkommenheiten herauszufinden. Wie sehr ein Mensch auch Fortschritte machen mag, er ist dennoch unvollkommen, weil es immer noch eine Stufe über ihm gibt. Zu dieser Stufe blickt er aber nicht eher empor und trachtet nicht eher darnach, sie zu erlangen, als bis er mit seinem eigenen Zustand unzufrieden ist. Wenn sich jemand selbst lobt, so ist das ein Zeichen der Selbstsucht.“

('Abdu'l-Bahá)


Glaube


„Der Glaube an Gott und die Gotteserkenntnis können nur dadurch völlig erlangt werden, daß wir an alles glauben, was von Ihm (der Manifestation) hervorging, und wir das bestätigen, was Er befohlen und durch die Feder der Herrlichkeit in dem Buch geoffenbart hat.“

(Bahá’u’lláh)


„Das Wesen des Glaubens ist, wenig Worte zu machen und eine Fülle von Taten aufzuweisen. Wisse, daß für [Seite 16] den, dessen Worte seine Taten übertreffen, wahrlich der Tod besser wäre als sein Leben.“

(Bahá’u’lláh)


Erkenntnis


„Die Quelle allen Wissens ist die Erkenntnis Gottes (erhaben ist Seine Herrlichkeit), und diese kann durch nichts anderes als durch die Erkenntnis Seiner göttlichen Manifestation erlangt werden.“

(Bahá’u’lláh)


„O Mein Diener! Du gleichst einem gut gehärteten Schwert, das in der Dunkelheit seiner Scheide verborgen liegt und dessen Wert dem kundigen Auge unbekannt ist. Deshalb komme hervor aus der Scheide der Begierden und Leidenschaften, daß deine Vorzüge vor aller Welt glänzen und offenbar werden.“

(Bahá’u’lláh)


„O Mein Freund! Du bist das Tagesgestirn des Himmels Meiner Heiligkeit: laß dir deinen Glanz nicht verdunkeln durch die Verunreinigung der Welt. Zerreiße den Schleier der Nachlässigkeit, damit du strahlend hinter den Wolken hervorkommst und alles mit dem Gewand des Lebens kleidest.“

(Bahá’u’lláh)


„Sich mit übersinnlichen Kräften abzugeben, während man auf dieser Welt weilt, wirkt störend auf den Zustand der Seele in der nächsten Welt. Diese Kräfte sind wirklich, treten aber normalerweise auf dieser Ebene nicht in Erscheinung. Das Kind im Mutterleib hat seine Augen, Ohren, Hände, Füße usw., aber sie treten nicht in Tätigkeit. Der ganze Zweck des Lebens in der materiellen Welt ist, hindurchzudringen zur Welt der Wirklichkeit, wo diese Kräfte dann in Tätigkeit treten. Sie gehören jener Welt zu.“

('Abdu'l-Bahá)


„Gott umfaßt alles; Er kann nicht umfaßt werden. Zur Erkenntnis der göttlichen Wesenheit ist der Weg versperrt und die Straße unbegehbar.“

(Bahá’u’lláh)


Gebet


„Durch das Herz allein wird der Zustand der Erwählten bekannt, die Eigenschaft, die ihnen niemand gegeben hat, von welcher keine Beschreibung gemacht werden kann. So muß Ich nun da schweigen, wo keine Zunge mehr etwas erklären kann.“

(Bahá’u’lláh)


„Wir müssen darnach streben, diesen Zustand dadurch zu erlangen, daß wir uns von allen Dingen und von den Menschen frei machen und uns allein zu Gott wenden. Es wird von Seiten des Menschen etwas Anstrengung erfordern, diesen Zustand zu erlangen, aber er muß sich darum bemühen und darnach streben. Wir können zu diesem Zustand gelangen, indem wir weniger an materielle Dinge denken und uns um sie sorgen und uns mehr auf das Geistige einstellen. Je weiter wir uns von dem einen [Seite 17] entfernen, desto mehr nähern wir uns dem andern; die Wahl ist unser.

Unser geistiges Wahrnehmungsvermögen, unser inneres Gesicht muß geöffnet sein, so daß wir die Zeichen und Spuren des göttlichen Geistes in allem wahrnehmen. Alles kann uns das Licht des Geistes widerspiegeln.“

('Abdu'l-Bahá)


„Der höchste und erhebendste Zustand ist der Gebetszustand. Gebet ist Verbindung mit Gott... Der Betende muß mit einem von allem getrennten Geist, einer bedingungslosen Hingabe seines Willens, einer gesammelten Aufmerksamkeit und einer geistigen Leidenschaft beten... Automatische, formelle Gebete, die das Innerste des Herzens nicht berühren, haben keinen Wert.“

('Abdu'l-Bahá)


„Wie lieblich, wie köstlich, wie befriedigend, wie geistig ist das Gebet in der Mitternacht! Während die Augen der andern geschlossen sind, sind die Augen des Betenden weit geöffnet. Während das Gehör der andern untätig ist, ist das Gehör des Flehenden auf die zarte Musik Gottes abgestimmt. Während andere fest schlafen, ist der Verehrer des idealen Geliebten wach. Rings um ihn herrscht eine seltene, köstliche Stille, eine zauberhafte, tiefe Ruhe, und in dieser wacht der Betende, der sich verbindet mit der Natur und dem Schöpfer der Natur.“

('Abdu'l-Bahá)


„O du geistiger Freund! Wisse, daß das Gebet eine unerläßliche Pflicht ist, und daß der Mensch, sofern er geistig gesund ist und ihn kein unüberwindliches Hindernis davon abhält, unter keinem Vorwand von dieser Verpflichtung entbunden wird.“

('Abdu'l-Bahá)


„Bedenke, daß es sich doch gewiß für den Schwachen schickt, zu dem Starken zu flehen, und daß es sich für den nach Gaben Verlangenden geziemt, den herrlichen Besitzer aller Gaben zu bitten. Wenn sich jemand an seinen Herrn wendet, Ihn anfleht und um Gaben aus Seinem Ozean bittet, so bringt dieses Gebet seinem Herzen Licht, es erleuchtet sein Gesicht, belebt seine Seele und erhebt sein ganzes Wesen.“

('Abdu'l-Bahá)


„Wenn du z.B. ernstlich betest: ‚Dein Name ist meine Heilung‘, so beachte dabei, wie dein Herz ermutigt, deine Seele von dem Geist der Liebe erfreut wird, und wie sich dein Gemüt zu dem Königreich Gottes hingezogen fühlt. Durch diese Anziehung wachsen die geistigen Anlagen und Fähigkeiten. Wenn das Gefäß vergrößert ist, hält es mehr Wasser, und wenn der Durst groß ist, so wird die Gabe der Wolke eine Wohltat für die Zunge des Menschen. Dies ist das Geheimnis des Gebets und der Sinn, warum man seine Wünsche darbringt.“

('Abdu'l-Bahá)

[Seite 18]

„Das Gebet bedarf nicht unbedingt der Worte, aber es muß in Gedanken und im Gemüt leben. Wenn die Liebe und das Verlangen dazu fehlen, dann ist es nutzlos, erzwungen beten zu wollen. Worte ohne Liebe bedeuten nichts. Wäre es dir angenehm, dich mit jemand zu unterhalten, der ohne Liebe und Freude über sein Zusammensein mit dir, nur aus einem ihm unangenehmen Pflichtgefühl mit dir spricht?“

('Abdu'l-Bahá)


„Es mag jemand sagen: ‚Ich kann zu Gott beten, wann ich will, wann sich meine Gefühle und mein Herz zu Gott gezogen fühlen, sei dies in der Wüste oder in der Stadt oder irgendwo anders. Warum sollte ich an einem bestimmten Tag und zu einer gewissen Stunde irgendwo hingehen, wo sich andere versammeln, um mein Gebet mit den ihrigen zu vereinen und dies selbst dann, wenn ich mich in keiner Gebetsstimmung befinde?“

So zu denken ist nutzlose Einbildung, denn wo viele versammelt sind, ist ihre Kraft größer. Soldaten, die allein und vereinzelt fechten, haben nicht die Kraft einer vereinten Armee. Wenn sich alle Soldaten in diesem geistigen Krieg versammeln, dann werden ihre vereinten geistigen Gefühle einander stützen und ihre Gebete werden bei Gott Annahme finden.“

('Abdu'l-Bahá)


„O mein Gott, mache Deine Schönheit zu meiner Speise und laß Deine Gegenwart meinen Trank sein! Laß mein Vertrauen auf Deinen Willen gestellt sein und bringe meine Taten in Einklang mit Deinen Geboten! Laß Dir mein Dienen wohlgefallen und meine Handlungen ein Lobpreis für Dich sein! Laß meine Hilfe nur von Dir kommen und gib, daß mein Heim Deine Behausung sei, unbegrenzt und heilig! Du bist der Köstlichste, der Allgegenwärtige, der Alliebende!“

(Bahá’u’lláh)


„Ich bezeuge, o Herr, mein Gott, daß Du mich erschaffen hast, Dich zu erkennen und Dich anzubeten. Ich bezeuge diesen Augenblick meine Schwäche und Deine Macht, meine Armut und Deinen Reichtum. Es gibt keinen Gott außer Dir, dem Beschützer, dem Selbstbestehenden!“

(Bahá’u’lláh)


„Wer in der andern Welt reich ist, kann dem Armen helfen, wie hier der Reiche dem Armen helfen kann. In allen Welten sind alle die Geschöpfe Gottes. Sie sind immer von Ihm abhängig. Sie sind nie unabhängig und können es nie sein. Weil sie ihre Bedürfnisse bei Gott suchen, werden sie, je mehr sie flehen, desto reicher. Was ist ihre Ware, was ist ihr Wohlstand? Was ist in der andern Welt Hilfe und Beistand? Es ist Fürbitte. Unentwickelte Seelen müssen den Fortschritt durch die Gebete der geistig Reichen zu gewinnen suchen; hernach können [Seite 19] sie auch durch ihre eigenen Gebete Fortschritte machen.“

('Abdu'l-Bahá)


„Die Hinübergegangenen haben Eigenschaften, die sich von denen derjenigen, die noch auf der Erde sind, unterscheiden, doch gibt es hier keine wirkliche Trennung. Im Gebet gibt es eine Mischung der Stufe und eine Vermischung des Zustandes. Bete für sie, wie sie für dich beten.“

('Abdu'l-Bahá)


Schicksal und freier Wille


„Kummer und Sorgen kommen nicht zufällig über uns, sie sind uns durch die göttliche Barmherzigkeit zu unserer eigenen Vervollkommnung gesandt... Wenn Kummer und Sorgen über den Menschen kommen, dann wird er sich seines himmlischen Vaters erinnern, der fähig ist, ihn von seiner Erniedrigung zu erlösen.... Je mehr ein Mensch gezüchtigt wird, desto größer ist die Ernte der geistigen Tugenden, die alsdann bei ihm zum Vorschein kommen.“

('Abdu'l-Bahá)


Frage: „Ist die in den heiligen Büchern erwähnte Prädestination (Vorherbestimmung) eine Verordnung Gottes? Wenn dem so ist, sind dann die Bemühungen, ihr zu entrinnen, nicht nutzlos?“

Antwort: „Es gibt zweierlei Arten von Schicksal, erstens das bestimmte, zweitens das abhängige oder bewegliche Schicksal. Das bestimmte Schicksal kann nicht verändert oder abgewendet werden, aber dem abhängigen Schicksal kann man entgegentreten. So ist z.B. die Bestimmung dieser Lampe, daß das Öl in ihr verbrennt und aufgezehrt wird. Ihr Erlöschen ist also ihre unumstößliche Bestimmung, ihr festgesetztes Schicksal. So ist auch im Körper des Menschen eine Lebenskraft erschaffen, und sobald diese aufgebraucht und zerstört ist, wird der Körper sicherlich aufgelöst, wie ohne Zweifel die Lampe erlischt, sobald das Öl in ihr ausgebrannt ist.

Aber das abhängige Schicksal kann mit dem Schicksal einer Lampe verglichen werden, in der wohl Öl vorhanden ist, die aber durch einen heftigen Wind ausgelöscht wird. Dies ist ein abhängiges Schicksal. Es ist weise, ihm zu entrinnen, sich selbst vor ihm zu schützen und vorsichtig und achtsam zu sein. Aber das bestimmte Schicksal, das dem Aufzehren des Öls in der Lampe gleicht, kann nicht verändert, abgewendet oder aufgehoben werden. Es muß sich ereignen; das Verlöschen der Lampe ist unvermeidlich.“

('Abdu'l-Bahá)


„Unglücksfälle, die von einer Flut, einem Orkan oder Erdbeben herrühren, geschehen auf Grund der Verbindung zwischen den Teilen des Universums, denn jeder kleine Teil hat Verbindung mit jedem großen Teil, und was den einen beeinflußt, beeinflußt [Seite 20] den andern oder alle andern. Weil nun diese Verbindung besteht, so haben die Handlungen der Menschen eine Wirkung auf sie. So oft ein Versprechen gebrochen wird, verursacht dies eine Erregung. Nehmen wir beispielsweise an, zwei Nationen haben Meinungsverschiedenheiten. Es ist nur ein Unterschied in den Ideen und nichts Physisches; es ist nichts, das wir betasten oder sehen können, dennoch haben diese Meinungsverschiedenheiten eine physische Wirkung. Sie verursachen Krieg, und Tausende von Menschen werden in Stücke zerrissen. So ist es auch, wenn der Mensch sein Versprechen Gott gegenüber bricht oder, mit anderen Worten, das Bündnis verletzt, dann ist die Wirkung eine physische, und Trübsale sind die Folgen“

('Abdu'l-Bahá)


„Was nun die Säuglinge und Kinder betrifft, die unter den Händen der Unterdrücker leiden und umkommen, so merket euch, daß es für diese Seelen eine Belohnung in der anderen Welt gibt... Dieses Leiden ist die größte Gnade Gottes. Wahrlich, diese Gnade des Herrn ist weit besser als alle Bequemlichkeit dieser Welt und als das Wachstum und die Entwicklung, die zu diesem Ort der Sterblichkeit gehören.“

('Abdu'l-Bahá)


„Selbst Gott zwingt die Seele nicht, geistig zu werden. Der Einsatz des freien menschlichen Willens ist hierzu notwendig.“

('Abdu'l-Bahá)


Gerechtigkeit


„Der Mensch muß Früchte aufweisen. Ein fruchtlos hingebrachtes Leben des Menschen gleicht nach den Worten des Geistes (d. i. Christus) einem fruchtlosen Baum, und ein unfruchtbarer Baum ist für das Feuer bestimmt.“

('Abdu'l-Bahá)


„Ein Mensch, der nach den Lehren Bahá’u’lláh’s lebt, ist schon ein Bahá’i. Andererseits kann jemand sich fünfzig Jahre lang Bahá’i nennen, wenn er aber das Leben eines Bahá’i nicht lebt, dann ist er es trotzdem nicht. Ein häßlicher Mensch mag sich selbst schön nennen, aber er täuscht niemand, und ein Schwarzer mag sich selbst weiß nennen, doch auch er vermag niemand als sich selbst zu täuschen.“

('Abdu'l-Bahá)


„Das Wesentlichste von allem, was Wir für dich offenbarten, ist die Gerechtigkeit, die Befreiung des Menschen von wertloser Phantasie und Einbildung. Beobachte Sein herrliches Schöpfungswerk mit dem Auge der Einheit und blicke auf alle Dinge mit einem forschenden Auge“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn des Geistes! Von allen Dingen wird Gerechtigkeit vor Meinem Angesicht am meisten geliebt, wende dich nicht ab von ihr, wenn du Mich ersehnst, und vernachlässige sie nicht, auf daß Ich Mein Vertrauen in dich setzen möge. Durch ihre Hilfe [Seite 21] wirst du mit deinen eigenen Augen sehen und nicht mit den Augen anderer und wirst durch deine eigene Fassungskraft erkennen und nicht durch die Fassungskraft eines Nächsten. Bedenke dies in deinem Herzen, wie zu sein es dir ziemt. Wahrlich, Gerechtigkeit ist Mein Geschenk für dich und das Zeichen Meiner liebenden Güte zu dir. So halte sie dir denn vor Augen.“

(Bahá’u’lláh)


„Der Mensch sollte sein eigenes Selbst erkennen und wissen, was ihn zu Erhabenheit oder zu Erniedrigung, zu Schande oder zu Ehren, zu Reichtum oder Armut führt.“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn des Menschen! Würdest du Barmherzigkeit beachten, dann würdest du nicht deinen eigenen Vorteil, sondern den Vorteil der Menschheit im Auge behalten. Würdest du Gerechtigkeit beachten, dann würdest du für andere nur wählen, was du für dich selbst erwähltest.“

(Bahá’u’lláh)


„In der Bahá’i-Sache sind Künste, Wissenschaften und alle Gewerbe als Gottesverehrung angesehen. Ein Mensch, der, sei es auch nur ein Stück Notizpapier, nach seinem besten Können herstellt und dabei bewußt alle seine Kräfte darauf konzentriert, um es zu vervollkommnen, preist damit Gott. Kurz, alle Bemühungen und Anstrengungen, die ein Mensch macht, sofern sie von ganzem Herzen kommen und er von den höchsten Beweggründen und dem Willen dazu getrieben wird, der Menschheit zu dienen, sind Gottesdienst. Gott zudienen heißt: der Menschheit dienen und den Nöten der Nebenmenschen abzuhelfen. Dienst ist Gebet. Ein Arzt, der dem Kranken frei von Vorurteilen, freundlich und sorgsam hilft und an die Solidarität der menschlichen Rasse glaubt, preist damit Gott.“

('Abdu'l-Bahá)


„Die Bahá’i müssen dem Herrn mit Weisheit dienen, andere durch ihr Leben belehren und das Licht Gottes in ihren Taten offenbaren. Die Wirkung der Taten ist in Wahrheit mächtiger als die der Worte... Die Wirkung des durch den Lehrer gesprochenen Worts ist abhängig von der Reinheit seiner Absichten und seiner Trennung vom Irdischen. Manche begnügen sich nur mit Worten, aber die Wahrheit der Worte wird durch Taten bezeugt und hängt von der Lebensführung ab. Taten offenbaren die Stufe des Menschen. Die Worte müssen in Übereinstimmung mit dem sein, was aus dem Munde des Willens Gottes hervorgeht und in den heiligen Schriften berichtet ist.“

(Bahá’u’lláh)


„O Sohn des Geistes! Wisse: der Mensch, der die andern zur Gerechtigkeit ruft und selbst sündhaft ist, ist nicht von Mir...“

(Bahá’u’lláh)


„..., die Hauptsache ist aber, die Menschen so zu erziehen, daß überhaupt [Seite 22] keine Verbrechen mehr begangen werden; denn es ist möglich, die Massen so zu erziehen, daß sie sich vor der Verübung von Verbrechen hüten werden, und zwar derart, daß ihnen das Verbrechen selbst als die größte Strafe, als äußerste Verdammung und als Qual erscheint. Daher wird alsdann kein Verbrechen mehr begangen werden, das Bestrafung erfordern würde...“

('Abdu'l-Bahá)


„Die menschliche Gesellschaft ist Tag und Nacht damit beschäftigt, Strafgesetze zu erlassen und Mittel und Wege zur Bestrafung zu ersinnen. Sie baut Gefängnisse, macht Ketten und Fesseln, richtet Verschickungs- und Verbannungsorte ein, ersinnt verschiedene Arten von Bedrückungen und Foltern und glaubt mit diesen Mitteln die Verbrecher erziehen und bessern zu können, während sie in Wirklichkeit mit diesen Mitteln die Moral vernichtet und die Charaktere verdirbt. Die menschliche Gesellschaft sollte im Gegenteil mit größtem Eifer Tag und Nacht darnach streben, die Erziehung der Menschen zu vervollkommnen, sie zu veranlassen, Tag für Tag Fortschritte zu machen, sich in Wissenschaft und Erkenntnis zu verbessern, Tugenden und gute Sitten zu erlangen und das Laster zu meiden, damit Verbrechen überhaupt nicht mehr begangen werden.“

('Abdu'l-Bahá)


„Jedem einzelnen von euch ist es zur Pflicht gemacht, sich in irgend einem Beruf — sei es in Kunst, im Gewerbe usw. — zu betätigen. Wir veranlaßten, daß die gewissenhafte Erfüllung eurer Berufspflicht dem Dienste Gottes, des Wahrhaftigen, gleich geachtet wird. Denket, o Menschenkinder, über die Barmherzigkeit Gottes und Seine Begünstigungen nach; alsdann danket Ihm am Morgen und am Abend!

Vergeudet eure Zeit nicht mit Müßiggang und Trägheit, sondern beschäftigt euch damit, was euch selbst und anderen Nutzen bringt! Dies wurde vom Horizont, von dem die Sonne der Weisheit und der göttlichen Äußerung strahlt, in diesem Tablet verordnet. Der Träge, der nichts tut und nur bittet, ist vor Gott am meisten verabscheut. Haltet euch an das Seil der Mittel - d.h. tut eure Arbeit im Vertrauen auf Gott, den Schöpfer aller Dinge!“

(Bahá’u’lláh)


„Wahrlich, die Vertrauenswürdigkeit ist die Türe zur Ruhe für alle in der Welt und das Zeichen der Herrlichkeit und Gegenwart des Barmherzigen. Wer die Vertrauenswürdigkeit erlangt, besitzt reiche Schätze im Überfluß. Die Vertrauenswürdigkeit ist auch das größte Tor zur Ruhe und Sicherheit der Menschheit; die Stabilität eines jeglichen Geschäfts ist von ihr abhängig, und die Welten der Ehre, des Ruhmes und der Wohlhabenheit sind von ihrem Licht erleuchtet...

O Kinder des Lichts! [Seite 23] Vertrauenswürdigkeit ist das beste Gewand für eure Tempel (Körper) und die prächtigste Krone für eure Häupter. Haltet euch an sie nach dem Befehl des allmächtigen Gebieters!“

(Bahá’u’lláh)


„Wahrhaftigkeit ist das Fundament aller Tugenden der Menschen. Ohne Wahrhaftigkeit sind Fortschritt und Erfolg für eine Seele in allen Welten unmöglich. Wenn diese heilige Eigenschaft in einem Menschen besteht, werden auch alle andern göttlichen Eigenschaften erzielt.“

('Abdu'l-Bahá)


„Laßt das Licht der Wahrheit und der Ehrlichkeit aus eurem Gesicht leuchten, damit alle erkennen mögen, daß euer Wort im Geschäftsleben oder beim Vergnügen ein Wort ist, auf das man trauen und dessen man sicher sein kann. Vergesset euer Selbst und arbeitet für die Gesamtheit.“

('Abdu'l-Bahá)


„In welchem Land sich auch Bahá’i-Gemeinden befinden mögen, der betreffenden Regierung gegenüber müssen sie sich stets vertrauenswürdig, aufrichtig und wahrhaftig erweisen.“

(Bahá’u’lláh)


„O Volk Gottes! Ich ermahne dich zur Höflichkeit. Höflichkeit ist in der Tat der Herr aller Tugenden. Gesegnet ist, wer geschmückt ist mit dem Mantel der Aufrichtigkeit und wer erleuchtet ist mit dem Lichte der Höflichkeit. Wer mit Höflichkeit ausgestattet ist, hat einen hohen Rang erlangt. Es ist zu hoffen, daß ihn dieser Unterdrückte und alle andern erlangen, sich an ihn halten und ihn beachten. Dies ist der unwiderlegliche Befehl, der aus der Feder des Größten Namens floß.“

(Bahá’u’lláh)


„O ihr Geliebten Gottes! In diesem geheiligten Zeitalter sind Streit und Uneinigkeit in keiner Weise gestattet. Jeder Angreifer beraubt sich selbst der Gnade Gottes. Es liegt jedermann ob, die äußerste Liebe, Geradheit der Lebensführung, Geradsinnigkeit und aufrichtige Freundlichkeit zu allen Menschen und Geschwistern in der Welt zu zeigen, seien sie Freunde oder uns fremd. So stark muß der Geist der Liebe und der Liebesgüte sein, daß der Fremde sich als Freund fühlt, der Feind als wahrer Bruder, und es keinen Zwiespalt zwischen ihnen gibt.

‚Denn das Allumfassende ist göttlich und alle Begrenzungen sind irdisch.'

Verkehret deshalb, o meine liebenden Freunde, mit allen Menschen, Geschwistern und Religionen der Welt in äußerster Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Gläubigkeit, Freundlichkeit, in Wohlwollen und Güte; damit alle Welt des Daseins erfüllt werde mit dem heiligen Feuer der Gnade Bahá’s; damit Unwissenheit, Feindschaft, Haß und Groll von der Welt verschwinde und die Dunkelheit der Entfremdung zwischen den Völkern und den Geschwistern der Welt dem Licht der Einheit den Weg freigebe. Wenn sich [Seite 24] andere Menschen und Nationen euch gegenüber als untreu erweisen, laßt eure Treue unter ihnen leuchten; wenn sie ungerecht zu euch sind, erweist ihnen Gerechtigkeit; wenn sie sich fern von euch halten, zieht sie zu euch heran; zeigen sie Feindschaft, so erweiset ihnen Freundschaft; wenn sie euer Leben vergiften, schenket ihren Seelen Süßigkeit; fügen sie euch eine Wunde zu, so seid eine Salbe für ihre Schmerzen. Dies sind die Eigenschaften des: Aufrichtigen! Dies sind die Attribute des Wahrhaften!“

('Abdu'l-Bahá)


Reinheit — Lebensfreude


„O Sohn des ‚Geistes! Mein erster Rat ist dies: Besitze ein reines, gütiges und strahlendes Herz, auf daß dein sein möge eine Herrschaft, himmlisch, altheilig, unvergänglich und ewig während.“

(Bahá’u’lláh)


„Wie kompliziert ist das Leben in der jetzigen Zeit, und wie viel komplizierter machen wir es täglich! Die Bedürfnisse der Menschen scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Je mehr die Menschen ansammeln, desto mehr möchten sie haben. Es gibt nur einen Weg, davon frei zu werden, nämlich den, unsere Augen gegenüber den Dingen, die unsern Geist ablenken, zu schließen. Das Gemüt eines zufriedenen Menschen ist immer im Frieden und sein Herz in Ruhe. Er gleicht einem Monarchen, der über die ganze Welt gebietet. Wie glücklich greift ein solcher Mensch nach seiner einfachen Speise! Wie friedlich schläft er!“

('Abdu'l-Bahá)


„Die zukünftige Nahrung der Menschen wird in Früchten und Getreide bestehen. Die Zeit wird kommen, da kein Fleisch mehr gegessen wird. Die medizinische Wissenschaft befindet sich noch in ihrer Kindheit, dennoch hat sie bereits gezeigt, daß unsere natürliche Nahrung in dem besteht, was aus dem Boden hervorwächst.“

('Abdu'l-Bahá)


„O Freunde Gottes! Die Erfahrung hat gezeigt, wie sehr die Enthaltsamkeit von Tabak, Wein und Opium Gesundheit, Kraft, geistige Freude, ein scharfes Urteilsvermögen und physische Lebenskraft mit sich bringt.“

('Abdu'l-Bahá)


„Seid das Muster der Reinlichkeit unter den Menschen... richtet euch unter allen Umständen nach den edelsten Sitten... laßt keine Spur von Unreinlichkeit auf euren Kleidern sein... badet in reinem Wasser; ein Wasser, das schon benutzt ist, darf nicht mehr benutzt werden...

Wahrlich, unser Wunsch ist, euch als die Offenbarungen des Paradieses auf Erden zu sehen, damit das von euch ausströmen möge, wodurch die Herzen der Begünstigten erfreut werden.“

(Bahá’u’lláh)


“Obschon die äußerliche Reinlichkeit nur etwas Physisches ist, hat sie [Seite 25] doch einen großen Einfluß auf die geistige Natur... Die Tatsache, einen reinen und fleckenlosen Körper zu haben, übt einen Einfluß auf des Menschen Geist aus.“

('Abdu'l-Bahá)


„Das Fasten ist ein Symbol. Fasten bezeichnet die Enthaltsamkeit von der Sinnlichkeit. Physisches Fasten ist ein Symbol dieser Enthaltung und soll uns daran erinnern, d.h. so, wie sich jemand von physischen Gaumenreizen enthält, soll er sich enthalten von Selbstsucht und selbstischen Begierden. Bloße Enthaltung von Speise aber hat keinen Einfluß auf den Geist. Sie ist nur ein Symbol, ein Erinnerungsmittel. Sonst hat sie keinen Wert. Das Fasten aus diesem Grunde bedeutet nicht die völlige Enthaltung von Speise. Die goldene Regel für das Essen ist: nicht zuviel und nicht zu wenig. Mäßigung ist nötig. In Indien gibt es eine Sekte, die äußerste Enthaltsamkeit beobachtet und ihre Speise stufenweise verringert, bis sie von beinahe nichts leben. Aber ihre Intelligenz leidet darunter. Ein Mensch ist nicht fähig, Gott mit Gehirn und Körper zu dienen, wenn er durch Nahrungsmangel geschwächt ist. Er kann nicht klar sehen.“

('Abdu'l-Bahá)


„O Söhne der Einsicht! Das dünne Augenlid verhindert das Auge, die Welt und was in ihr ist zu sehen. Denket nun aber, wie es sein wird, wenn der Vorhang der Habgier das Gesicht des Herzens bedeckt!

O Menschenkinder! Die Finsternis der Habgier und des Neides verdunkelt das Licht der Seele, wie die Wolke die Sonnenstrahlen am Durchdringen hindert.“

(Bahá’u’lláh)


„Es ist euch zur Pflicht gemacht, daß Freude und Frohsinn aus eurem Gesicht leuchte.“

(Bahá’u’lláh)


„Beraubt euch nicht selbst dessen, was für euch erschaffen wurde.“

(Bahá’u’lláh)


„Wahrlich, was unter allen Umständen am notwendigsten ist, ist die Zufriedenheit; durch sie bewahrt sich der Mensch vor krankhaften Zuständen und vor Abspannung. Gib nicht dem Kummer und der Sorge Raum, denn sie verursachen das größte Elend. Eifersucht verzehrt den Körper, und Zorn verbrennt die Leber. Meide diese zwei, wie du einen Löwen meidest.“

(Bahá’u’lláh)


„Die Freude gibt uns Schwingen. In Zeiten der Freude ist unsere Kraft lebendiger, unsere Urteilskraft schärfer... Wenn aber Traurigkeit bei uns einkehrt, werden wir schwach.“

('Abdu'l-Bahá)


Das Leben nach dem Tod


„Wenn die Menschen durch das Licht des Glaubens befreit werden von der Dunkelheit der Sünden und erleuchtet werden vom Strahl der Sonne der Wahrheit und geadelt durch alle Tugenden, so erachten sie dies für den größten Lohn, und sie wissen, daß [Seite 26] dies das Paradies ist. Ebenso erachten sie, der Welt der Natur unterworfen zu sein, für eine geistige Bestrafung; Gott gegenüber verhüllt zw sein, gewalttätig und unwissend zu sein, in sinnliche Lust zu verfallen, mit tierischen Fehlern behaftet zu sein, mit schlechter Charaktereigenschaft gezeichnet zu sein..., dies sind die größten Strafen und Qualen.

Die Belohnungen der andern Welt sind die Vollkommenheiten und der Friede, die man in den geistigen Welten erlangt, nachdem man diese Welt verlassen hat..., die geistigen Gnaden, die verschiedenen geistigen Gaben im Reich Gottes, die Erfüllung der Wünsche des Herzens und der Seele und die Begegnung mit Gott in der Welt der Ewigkeit. In gleicher Weise bestehen die Strafen der andern Welt darin, der besonderen göttlichen Segnungen und der absoluten Gnaden beraubt zu sein und in die niedersten Stufen der Existenz zu versinken. Wer dieser göttlichen Gnaden beraubt ist, wird, obgleich er nach dem Tod weiterbesteht, vom Volk der Wahrheit für tot gehalten. Der Reichtum der andern Welt ist die Nähe Gottes. Daraus folgt mit Sicherheit, daß es denen, die nahe dem göttlichen Hof sind, erlaubt ist, Fürsprache einzulegen, und dieser Fürsprache wird von Gott entsprochen. Es ist sogar möglich, daß der Zustand solcher, die in Sünden . und Unplauben dahingegangen sind, gewandelt wird, d.h. sie werden zum Gegenstand für die Vergebung seitens der Gnade Gottes, nicht Seiner Gerechtigkeit; denn Gnade gibt ohne Verdienst, und Gerechtigkeit, wessen man wert ist. Wie wir die Macht haben, für diese Seelen hier zu beten, so werden wir die gleiche Kraft in der andern Welt besitzen, die das Reich Gottes ist. Sie können also in jener Welt ebenfalls Fortschritte machen. Wie sie hier durch ihre eigenen Gebete Licht erlangen können, so können sie auch dort um Vergebung flehen und auf Bitten und Flehen Licht erhalten.

Sowohl vor wie nach dem Ablegen dieser materiellen Form gibt es Fortschritte in der Vervollkommnung, aber nicht in der Stufe. Es gibt kein höheres Geschöpf als einen vollkommenen Menschen. Der Mensch kann, wenn er diese Stufe erreicht hat, noch Fortschritte in der Vervollkommnung machen, aber nicht in der Stufe, weil es keine höhere Stufe gibt als die eines vollkommenen Menschen, in die er sich selbst versetzen kann. Er macht nur Fortschritte in der Stufe der Menschheit, denn die menschlichen Vollkommenheiten sind endlos. So können wir uns, mag ein Mensch noch so gelehrt sein, einen immer noch gelehrteren vorstellen. Weil also die Vollkommenheiten der Menschheit endlos sind, können wir auch nach dem Verlassen dieser Welt Fortschritte in Vervollkommnung machen.“

('Abdu'l-Bahá)

[Seite 27]



Die zwölf Grundsätze des Bahá’í-Glaubens und 'Abdu'l-Bahás Erläuterung dieser Grundsätze[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muß als Einheit betrachtet werden.

Bahá’u’lláh wandte sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweiges und die Früchte eines Baumes.“ Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Ästen und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar, während in allen Religionsbüchern der Vergangenheit die Menschheit in zwei Teile geteilt wurde. Der eine Teil der Menschheit betrachtet sich selbst als Gläubige, die anderen als Ungläubige oder Gottlose. Die eine Hälfte glaubt sich der Gnade des Schöpfers anbefohlen, die anderen gelten als die Verlorenen. Aber Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit. Er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade. Der Unterschied besteht nur darin, daß manche schlafen und erweckt werden müssen, manche krank sind und geheilt werden sollen, andere aber wie Kinder erzogen werden müssen.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage muß notwendigerweise die Wahrheit sein und kann nur eine Einheit, nicht eine Mehrheit bilden. Deshalb beruhen alle Religionen auf ein und derselben Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien in die Welt hereingekommen. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß wir einig sind; denn es gibt nur eine göttliche Religion.


4. Die Religion muß die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt. den Menschen zum [Seite 28] ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeit verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Was ist der Zweck eines Heilmittels? Sicherlich doch die Heilung. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so wendet man es besser gar nicht an. In diesem Sinne wäre also die Loslösung von einer solchen Religion als ein Schritt hin zur Einigkeit zu betrachten.


5. Die Religion muß mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion und die Religion die Wissenschaft stützt. Beide müssen unauflöslich miteinander verbunden sein. Bis heute war es jedoch unter den Menschen möglich, irgend etwas als religiöse Lehre anzuerkennen, auch wenn es mit der Wissenschaft und Vernunft nicht in Einklang stand.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláh’s; denn die früheren Religionen stellten sämtlich die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen eine gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muß verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen müssen sich bemühen, Frieden untereinander zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der allgemeine Friede zwischen allen Regierungen, Religionen und Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt zustande kommt. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Aufgabe. Die Verwirklichung dieses Grundsatzes ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung genießen.

Alle Menschen haben Erziehung und Unterweisung nötig. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu [Seite 29] erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die sozialen Fragen müssen gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen zur Sicherung der Wohlfahrt und des Glücks der ganzen Menschheit getroffen. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreuen darf, dann hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die seitherigen Verhältnisse bestehen bleiben, so lange ist auch kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen zu erreichen. Vor Gott sind alle Menschen gleich. Vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen unter dem Schutz Seiner Gerechtigkeit.


1l. Es muß eine Einheitssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh hat die Einführung einer Welteinheitssprache befohlen. Aus allen Ländern soll ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache soll dann in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, so daß dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache noch eine weitere zu erlernen.


12. Es muß ein Weltschiedsgerichthof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren (d.h. heute vor etwa 80 Jahren) befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten, und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen, sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit“ entschieden werden können.

Bedenket, daß diese Vorschriften schon vor mehr als einem halben Jahrhundert (also jetzt vor etwa achtzig Jahren) gegeben wurden — zu einer Zeit, da noch wenig von Weltfrieden oder irgendeinem dieser Grundsätze gesprochen wurde. Bahá’u’lláh verkündigte sie allen Herrschern der Welt. Sie bestimmen den Geist und sind das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen unserer Zeit und das der gesamten Menschheit ab.“

('Abdu'l-Bahá — 1911)

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DIE NEUE WELTORDNUNG[Bearbeiten]

Die Einheit des Menschengeschlechts, wie sie von Bahá’u’lláh geschaut wird, schließt die Begründung eines Weltgemeinwesens in sich, in welchem alle Nationen, Rassen, Glaubensbekenntnisse und Klassen eng und dauerhaft vereint und in dem die Selbständigkeit ihrer Staatsglieder und die persönliche Freiheit und Tatbereitschaft der Einzelwesen, die sie bilden, endgültig und vollständig gesichert sind. Dieses Gemeinwesen muß, insoweit wir es uns vorstellen können, aus einer Weltgegetzgeberschaft bestehen, deren Mitglieder als die Bevollmächtigten der ganzen Menschheit die gesamten Hilfsquellen aller sie zusammensetzenden Nationen durchaus in der Hand haben, und es müssen Gesetze erlassen werden, die geeignet sind, das Leben in geregelte Bahnen zu bringen, alle Nöte zu befriedigen und die Beziehungen aller Rassen und Völker zu ordnen.

Eine Weltexekutivgewalt, gestützt auf ein internationales Machtmittel, wird die Entscheidungen ausführen, die durch die Weltgesetzgeberschaft an sie herangetragen werden, und wird die Gesetze anwenden, die durch jene erlassen sind, und die organische Einheit des ganzen Gemeinwesens schützen.

Ein Weltgerichtshof wird seine bindende und endgültige Entscheidung in allen einzelnen Streitfragen erlassen und abgeben, die zwischen den verschiedenen Elementen, die dieses allumfassende System bilden, entstehen können. Ein Mechanismus eines gegenseitigen Weltverkehrs wird ersonnen werden, der den ganzen Erdball umspannt und der, befreit von allen nationalen Hindernissen und Beschränkungen, mit wunderbarer Schnelligkeit und absoluter Regelmäßigkeit sich abwickelt. Eine Welthauptstadt wird als das Nervenzentrum einer Weltzivilisation, als ein Brennpunkt wirken, in dem die einigenden Lebenskräfte zusammenlaufen und von dem ihre kraftbringenden Einflüsse ausstrahlen werden. Eine Weltsprache wird entweder geschaffen oder unter den bestehenden Sprachen ausgewählt werden und wird in den Schulen aller verbündeten Nationen als ein Hilfsmittel neben der jeweiligen Muttersprache gelehrt werden. Eine Weltschrift, eine Weltliteratur, ein gleichförmiges und allumfassendes Währungs-, Gewichts- und Maßsystem werden den Verkehr und die Verständigung unter den Nationen und Rassen der Menschheit vereinfachen und erleichtern. In solch einer Weltgemeinschaft werden Wissenschaft und Religion, die beiden gewaltigsten Kräfte im menschlichen Leben, in Einklang gebracht, zusammenwirken und sich harmonisch entwickeln. Die [Seite 31] Presse wird unter einem solchen System, in dem sie der Darlegung der verschiedenen Ansichten und Überzeugungen der Menschheit vollen Spielraum gewährt, nicht mehr durch rechtlich begründete Interessen, seien sie privater oder öffentlicher Natur, nachteilig gehandhabt werden und wird von dem Einfluß streitender Regierungen und Völker befreit werden. Die wirtschaftlichen Hilfsmittel der Welt werden organisiert, ihre Quellen von Rohmaterialien werden angebrochen und völlig nutzbar gemacht, ihre Märkte werden gleichgeschaltet und entwickelt und die Verteilung ihrer Erzeugnisse wird unparteiisch geregelt werden.

Nationale Nebenbuhlerschaften, Erbitterungen und Ränkespiele werden aufhören und rassische Feindseligkeiten und Vorurteile werden durch Freundschaft, Verständigung und Zusammenarbeit unter den verschiedenen Rassen ersetzt werden. Die Ursachen religiöser Zwistigkeiten werden für immer aus dem Weg geräumt werden; wirtschaftliche Schranken und Hindernisse werden völlig beseitigt und der maßlose Klassenunterschied wird verwischt werden. Mangel auf der einen Seite und unmäßige Besitzanhäufung auf der andern Seite werden verschwinden. Die ungeheuren Kräfte, die für den Krieg, ob wirtschaftlicher oder politischer Art, verzettelt und vergeudet werden, sollen solchen Zielen gewidmet werden, die den Bereich der menschlichen Erfindungen und der technischen Entwicklung erweitern werden, der Steigerung der Produktionskraft, der Beseitigung von Krankheiten, der Ausdehnung wissenschaftlicher Forschungen, der Hebung des körperlichen Gesundheitszustandes, der Ausbeutung unbenutzter und ungeahnter Hilfsquellen dieser Erde, der Verlängerung des menschlichen Lebens und der Förderung von Tätigkeiten dienen, die das verstandesmäßige, sittliche und geistige Leben des ganzen Menschengeschlechtes anzuregen vermögen.

Ein Weltbundsystem, das die ganze Erde beherrscht und eine unanfechtbare Befugnis über ihre unvorstellbar umfassenden Hilfsquellen hat, die die Ideale sowohl des Ostens wie auch des Westens verkörpert und in Einklang bringt, vom Fluch des Krieges und des mit ihm verbundenen Elends befreit ist und sich auf die Ausnützung aller verfügbaren Kraftquellen auf der Erdoberfläche erstreckt, ein System, in dem die Stärke zur Dienerin der Gerechtigkeit gemacht ist, dessen Dasein durch seine allumfassende Anerkennung des Einen Gottes und durch seinen Gehorsam gegen eine gemeinsame Offenbarung getragen wird - dies ist das Ziel, dem die Menschheit, durch die vereinenden Lebenskräfte angetrieben, zustrebt."

(Shoghi Effendi)


„Jetzt hat in dieser Welt die Hand göttlicher Macht die Grundlagen zu [Seite 32] dieser allerhöchsten Wohltat und dieser wunderbaren Gabe fest gegründet. Was immer im Innersten dieses heiligen Zyklus verborgen ist, soll allmählich erscheinen und offenbar gemacht werden; denn jetzt beginnt erst der Anfang seines Wachstums und der Tagesanbruch der Offenbarung seiner Zeichen. Noch vor dem Ende dieses Jahrhunderts und dieses Zeitalters soll es klar und augenscheinlich gemacht werden, wie wundersam jene Frühlingszeit und wie himmlisch jene Gabe war.“

('Abdu'l-Bahá)




Herausgegeben unter Lizenz US-W-Nr. 6871 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung

Auflage 2000 — August 1947

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