Sonne der Wahrheit/Jahrgang 12/Heft 12/Text
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SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT 12 | 12. JAHRGANG | FEBR. 1933 |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark |
Heft 12 | Stuttgart, im Februar 1933 Mulk — (Oberherrschaft) 89 |
12. Jahrgang |
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Inhalt: Das Leben nach dem Tode. — Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Papst Pius IX. — Göttliche Lebenskunst. — Weiße Rosen von Persien. — Inhaltsverzeichnis über das Jahr 1932/33.
Worte 'Abdu'l-Bahá’s
Welches ist die häufigste Sünde des Menschen? Der Zweifel an Gottes Güte und liebevoller Gerechtigkeit! Denn, was ist unser ewiger Sorgengeist, unsere kleinmütige Lebensfurcht und Todesangst anderes, als ein beständiges Ignorieren von Gottes Güte und Gerechtigkeit? Deshalb werden selbst unsere Gebete oft zur Gotteslästerung! Weil wir uns und unsere Sorgen nicht gelassen Gottes Willen anheimstellen, sondern Ihn mit Flehen und Bitten erweichen wollen, wie wenn Er ein harter und ungerechter Gott wäre.
Gesprochen zu Miss St. im März 1910
Haifa (Palästina)
Das Leben nach dem Tode.[Bearbeiten]
III. Teil
Zusammengestellt von den Bahá’i in Müritz (Mecklenburg)
Die Bedeutung der Worte „Leben“ und „Tod“.
" . . . Unter den Worten ‚Leben‘ und ‚Tod‘, wie sie in den Büchern gebraucht sind, ist ‚Leben‘ durch ‚Glauben‘ und ‚Tod‘ durch ‚Unglauben‘ zu verstehen. Es rührt von dem Mangel am Begreifen dieser Bedeutung her, daß bei jeder Manifestation die Allgemeinheit des Volkes sich weigerte zu glauben, der Sonne der Führung (dem Gottgesandten) nicht zugetan war und der Ewigen Schönheit (dem Gottgesandten) nicht nachfolgte. Jesus sagte: ‚Ihr müßt wiedergeboren werden.‘ An einer anderen Stelle sagte Er: ‚Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen, denn was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch, und was vom Geist geboren wird, das ist Geist‘ (Ev. Johs. 3, 6). Die Auslegung hiervon ist, wer nicht durch das Wasser göttlicher Erkenntnis und durch Jesu Heiligen Geist belebt wird, ist nicht fähig, in das höchste Königreich einzutreten... Die Hauptbedeutung ist, daß denjenigen Dienern, die durch den Geist und den Odem der Erscheinung der Heiligkeit in jeder Manifestation geboren und belebt werden, Leben, Auferstehung und Eintritt in das Paradies der göttlichen Liebe zugeschrieben werden kann, während den anderen Tod, Unachtsamkeit und Eingehen in das Feuer des Unglaubens und des Zornes Gottes zugeschrieben wird... Würdet ihr ein Weniges von dem klaren Wasser der göttlichen Erkenntnis kosten, so würdet ihr erkennen, daß das wahre Leben das Leben des Herzens und nicht das Leben des Körpers ist, denn beide, Tiere und Menschen, teilen sich in das Leben des Körpers. Aber das Leben des Herzens ist für die Besitzer von strahlenden Seelen, die aus dem Ozean des Glaubens trinken und an der Frucht der Gewißheit teilhaben, bestimmt. Diesem Leben folgt kein Tod, noch Sterblichkeit dieser Unsterblichkeit, wie gesagt ist. ‚Ein wahrer Gläubiger gehört schon in diesem Leben beiden Welten an: dieser Welt und der kommenden Welt.‘ Wenn unter ‚Leben‘ äußerliches Leben des Körpers gemeint wäre, so ist klar, daß dieses dem Tode anheimfällt....“ (Bahá’u’lláh.)
(Aus „Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter“, Seite 351/352.)
Seid auf der Hut!
„O Sohn des Seins!
Ziehe dich jeden Tag zur Rechenschaft, bevor du zur Verantwortung gezogen wirst, denn der Tod wird unangemeldet über dich kommen, und dann wirst du für deine Taten zur Rechenschaft gezogen.“
(„Verborgene Worte“, Seite 13, Ziffer 31.)
„O Kinder der Nachlässigkeit!
Hänget eure Herzen nicht an die sterbliche Herrschaft und erfreuet euch ihrer nicht. Ihr gleicht dem achtlosen Vogel, der voll Selbstvertrauen auf den Zweigen jubiliert, aber plötzlich von dem Vogelsteller, ‚Tod‘ genannt, in den Staub geworfen wird, so daß keine Spur von seinem Gesang, seiner Gestalt und seiner Farbe mehr übrig bleibt. Seid daher sehr auf der Hut, o Sklaven der Leidenschaft!“
(„Verborgene Worte“, Seite 52, Ziffer 75.)
Himmel und Hölle.
Gott erschuf alle Dinge weislich und zu einem bestimmten Zwecke. Er verordnete für alles Existierende einen Himmel und eine Hölle. Der Himmel aller Dinge und Wesen ist ihr „Ort“ der höchsten Stufe — der Vollendung, der Vollkommenheit; ihre Hölle ist ihr „Ort“ der niedersten Stufe — der mangelhaften Entwicklung, der Unreife und der Unvollkommenheit.
Wenn einem Baume die sorgfältigste Pflege eines Gärtners zuteil wird, erlangt er einen
üppigen Wuchs und bringt gute Früchte hervor. Dies ist der „Ort“ der höchsten Stufe,
das Paradies dieses Baumes. Wenn jedoch der Baum vernachlässigt wird und ihm sowohl
Blätter als Früchte mangeln, verfällt er in einen Zustand der niedersten Stufe,
welcher seine Hölle ist. Alle Dinge der Welt haben ähnliche Zustände. Durch die Gnade
Gottes ist allen Existierenden von Natur aus Vollkommenheit, bestehend in guten
Eigenschaften, verliehen. Die Erlangung dieser
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Vollkommenheit ist ihr höchster Zustand oder das Paradies. Die Ermangelung dieser
Vollkommenheit oder ihr Verlust, nachdem sie bereits erlangt war, ist ihr
niederster Zustand oder ihre Hölle.
Die Bestimmung einer Lampe ist, Licht zu geben. Wenn sie gut gereinigt und angezündet ist, befindet sie sich in ihrem höchsten und besten Zustande. Ist jedoch ihr Ölbehälter zerbrochen, ihr Öl verschüttet und ihr Licht ausgelöscht, dann befindet sie sich in ihrem schlimmsten Zustande. So gibt es für alles einen Himmel und eine Hölle.
Von allem Erschaffenen in der Welt ist der Mensch das höchste Geschöpf. Man vergleiche ihn mit dem Mineral, der Pflanze und dem Tier! Die Pflanze unterscheidet sich vom Mineral und ist höher als dieses, weil sie außer ihrer Form und Substanz die Kraft des Wachstums besitzt. Das Tier hat Form und Substanz wie das Mineral und die Kraft des Wachstums wie die Pflanze. Aber außerdem hat es Empfindungsvermögen, und dadurch unterscheidet es sich vom Mineral und von der Pflanze.
Der Mensch, welcher alle Eigenschaften und Fähigkeiten dieser drei Reiche besitzt, hat außer diesen noch das Wahrnehmungsvermögen, mittelst dessen er die Wirklichkeit aller Dinge zu durchdringen vermag. Hieraus ersehen wir, daß der Mensch höher ist als alle Dinge, denn für ihn ist sowohl materielle als geistige Vervollkommnung möglich. Deshalb hat der Mensch einen Lehrer nötig, durch den seine geistigen Kräfte entwickelt werden und seine Lampe angezündet wird. Die Botschafter Gottes kommen, um den Menschen zu erziehen, damit die in ihm verborgen liegenden Fähigkeiten sich entwickeln können und offenbar werden, und damit er seinen geistigen und himmlischen Zustand zu erlangen vermag.
Die göttlichen Botschafter sind Gärtnern gleich. Sie sind gesandt, damit die Bäume der Menschheit veredelt und erneuert werden, bis sie zur Vollkommenheit herangewachsen und, wenn diese erlangt ist, vollkommene Früchte tragen. Wenn die Menschheit von diesen wirklichen Lehrern erzogen und zum wahren Verständnis und zur Erkenntnis geführt wird, dann werden alle diese Fähigkeiten an den Tag kommen.
(Aus „'Abdu’l-Bahás Leben und Lehren“, Seite 207—209.)
Bahá’u’lláh sagt: „Die Diener Gottes können die Küste des Ozeans der Gotteserkenntnis nicht erreichen, solange sie sich nicht im Himmel und auf Erden von allem Erschaffenen gelöst haben. Reinigt eure Seelen, o Menschenkinder, damit ihr zu der Stellung gelangt, die Gott für euch vorgesehen hat, und damit ihr in das Zelt eintretet, das Gott für euch in Seinem himmlischen Reiche errichtet hat.“
'Abdu'l-Bahá sagt: „Gute Gedanken, gute Vorsätze und gute Taten bringen den Menschen näher zu Gott, und das ist der Himmel. Die Hölle ist jener Seelenzustand, in dem böse Gedanken und Absichten vorherrschen, der Mensch seinen sinnlichen Begierden fröhnt und an den materiellen Dingen klebt. In diesem Zustand ist der Mensch von Gott getrennt, und unter seiner geistigen Unwissenheit leidet er. Die Erlösung — der Himmel — ist die bewußte Verwirklichung Gottes in diesem Leben, die durch Liebe, Güte und gute Taten erlangt wird.“
(Aus 'Abdu'l-Bahás Leben und Lehren“, Seite 135/136.)
„O Sohn des Seins!
Dein Paradies besteht in Meiner Liebe, und die Gemeinschaft mit Mir ist deine himmlische Heimat. Tritt ein und zögere nicht. Dies ist es, was in Unserem himmlischen Königreich und Unserem erhabenen Paradies für dich bestimmt ist.“
(„Verborgene Worte“, Seite 7, Ziffer 6.)
(Fortsetzung folgt.)
Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Papst Pius IX.[Bearbeiten]
(Schluß)
O Mönchsorden, der Odem Gottes hat die Welt belebt: wohl dem, der seine Leidenschaften
von sich geworfen hat und der Führung gefolgt ist! Er zählt zu jenen, die zur
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Begegnung Gottes gelangt sind an diesem Tage, da die Erschütterungen die Bewohner
der Erde in Verwirrung gesetzt haben und allein der behütet worden ist, den Gott, der
Herr der Häupter, gewollt hat. Gedenkt ihr eure Körper zu schmücken, da das Gewand
Gottes gerötet ist vom Blute des Hasses, um dessetwillen, was Ihm von seiten der Wesen
der Finsternis widerfahren ist? Verlaßt eure Behausungen; sodann laßt die Menschen
eintreten in das Königreich Gottes, Der den Tag
des Gerichtes in Händen hält.
Wahrlich, das Wort, das Jesus verborgen gehalten hatte, ist erschienen; es ist jetzt in Wahrheit herabgestiegen in den Tempel des Menschen. Gepriesen sei der Herr, Der der Vater ist! Er ist wahrhaftig unter die Völker getreten in Seiner höchsten Herrlichkeit. Wendet euch Ihm zu, o Klostergemeinschaften.
Sprich: o einflußreiche Männer der Religionen, Wir sehen euch mit euren Gedanken in den Einöden des Irrens, und ihr wendet euch ab von diesem Meere, das euch dennoch eures Schöpfers nicht beraubt hat! Wahrlich, es wälzt seine Wogen vor euren Augen: eilet her zu ihm aus allen Richtungen. Dies ist der Tag, an dem der Fels den höchsten Ruf erschallen läßt und Gott lobt durch den Namen seines Herrn, des Unabhängigen, des Allmächtigen. Wahrlich, der Vater ist gekommen; und was Er euch in Hinsicht auf das Königreich versprochen hatte, das ist erfüllt. Dies ist das Wort, das hinter den Schleiern der Größe verborgen war und das, als die verheißene Zeit kam, am Horizonte des Willens mit offenkundigen Zeichen erstrahlte. In Wahrheit, Mein Körper ist im Gefängnis für die Befreiung eurer Seelen, und Ich habe die Demütigung eurem Hochmut vorgezogen. Gehorchet dem Gebieter, dem Herrn der Herrlichkeit und des Königreichs, und leistet nicht jedem Vielgötterei treibenden Unterdrücker Gefolgschaft! Mein Körper erwartet ungeduldig das Kreuz und Mein Haupt erhofft die Dornen auf dem Pfade des Barmherzigen zur Reinigung der Welt von den Rebellen. Also ist die Sonne des Gebots am Horizonte der Sache des Königs der Namen und Attribute erschienen.
Das Volk des Koran hat sich gegen Uns aufgebäumt und hat Uns alle möglichen Qualen auferlegt, über die der Heilige Geist wehklagt und deretwegen der Donner gegrollt und die Wolken um Uns geweint haben. Etliche von den Ungläubigen haben sich eingebildet, daß die Prüfungen Bahá in der Vollbringung dessen vorgreifen würden, was Alláh, der Schöpfer der Dinge, gewollt hat. Sprich: „nein, bei Dem, Der den Regen niedergehen läßt! Er zählt zu jenen, welche nichts von der Verkündigung Seines Herrn abhalten wird!“ Bei Gott, dem Wahrhaftigen! Wenn man Ihn in der Ebene verbrennt, wird Er Sein Haupt aus dem Meere erheben und verkünden: „wahrlich, Er ist der Gott dessen, was in den Himmeln und auf Erden ist“. Wenn man Ihn in eine Wüstenei von Ungerechtigkeit jagt, wird man Ihn auf dem Gipfel der Gebirge finden bei der Verkündigung: „der Ersehnte ist gekommen mit dem Beweise Seiner Größe und Allgewalt“. Wenn man Ihn unter die Erde vergräbt, wird Er am Horizonte des Himmels erscheinen und in höchster Verkündung ausrufen: „wahrlich, Bahá ist gekommen mit dem Königreiche Gottes, des Heiligen, des Starken, des Unabhängigen“. Und wenn man Sein Blut vergießt, wird jeder Tropfen Gott bestätigen und anrufen bei diesem Namen, durch den sich die Wohlgerüche des göttlichen Gewandes nach allen Seiten hin ausbreiten. Was Uns anlangt, — selbst unter den Schwertern der Feinde haben Wir die Menschen zu Gott, dem Schöpfer der Erde und der Himmel gerufen, und Wir haben zu Ihm gestanden mit einer Kraft, die weder die Heere der Tyrannen noch das Ungestüm der sittenlosen Wesen zum Wanken gebracht haben. Sprich: „o Völker der Erde, zertrümmert die Götzen der Einbildungen im Namen eures Herrn, des Starken, des Edelmütigen; dann eilet Ihm entgegen an diesem Tage, den Alláh zum Könige der Tage gemacht hat.“
O Haupt der Völker! Höre auf die Ratschläge, die dir der Schöpfer der Atome durch
die Vermittlung Seines Größten Namens erteilt. Lege ab das trügerische Geschmeide, das
du besitzest, und gib seinen Wert hin auf dem Pfade Gottes, Dessen, Der die Nächte
und die Tage wiederkehren läßt. Überlaß das Königreich den Königen und erhebe dich an
der Schwelle deiner Wohnstatt, hinschreitend
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zum göttlichen Königreiche und losgelöst von der Welt. Dann laß die Verkündigung deines
Herrn zwischen der Erde und den Himmeln erschallen. Also hat dir der König der Namen
von seiten deines Herrn, des Allwissenden, befohlen. Wende dich an die Könige und
sprich: „seid gerecht unter den Menschen und hütet euch, die im Buche festgesetzten
Grenzen zu überschreiten“. Dies ist, was dir geziemt. Hüte dich, dein Leben in der Welt
und ihrem Flitter zu verbringen: überlaß das dem, der Verlangen danach trägt, und
mache dir das zu eigen, was dir befohlen worden ist von Dem, Der die Schöpfung in
Händen hält. Wenn dir einer alle Schätze der Erde anbietet, dann lasse deinen Blick
nicht abschweifen; sei so, wie dein Meister gewesen ist. Also spricht zu dir die inspirierte
Zunge Dessen, Den Gott zur Zierde des Buches der Schöpfung gemacht hat. Betrachte
die Perle, deren Eigenschaften in sich selbst beruhen: wenn du sie mit Seide bedeckst,
so werden ihre Schönheit und ihr Wert verhüllt sein. Ebenso ist es mit dem Menschen:
sein Adel liegt in seiner Tugend, und was sich ihm ziemt, ist kein einfaches Kinderspiel.
Wisse, daß dein Schmuck die Liebe zu Gott ist, die Trennung von dem, was nicht Er ist,
und nicht das, was du an Flitterzeug besitzest. Überlaß das den Flitterwesen und
eile Gott entgegen, der die Tage verstreichen läßt. Alle Gleichnisse, die geoffenbart worden
sind, wurden es durch den Mund Jesu, aber Der, Der heute spricht, bedient sich keiner
Gleichnisse. Hüte dich, am Seile des Aberglaubens hängen zu bleiben und dich
dadurch dessen zu berauben, was für dich im Königreiche Gottes, des Starken, des
Schenkenden bestimmt wurde. Wenn du von dem Weine der Verse trunken und von der
Sehnsucht erfaßt sein wirst, vor diesem Throne deines Herrn, des Schöpfers der Erden und
der Himmel, zu erscheinen, dann nimm Meine Liebe zum Gewand, bekleide dich mit dem
Hemde Meiner Verkündigung und lege an die Rüstung der Unterwerfung unter Gott,
Den, Der erscheinen läßt, was zum Unterhalt des Lebens dient!
O Volk Jesu! Wir haben euch in Wahrheit Johannes den Täufer ein zweites Mal gesandt; und wahrlich, er rief aus in der Einöde des Beyán: „o Völker der Welt, reiniget eure Augen, denn der Tag des Sehens und der Begegnung ist nahe. O Volk des Evangeliums, bereitet den Pfad, denn der Tag ist nahe, an dem der Herr der Herrlichkeit kommen wird; bereitet euch, in das Königreich einzutreten“. Also ward hiezu der Befehl erlassen von Alláh, Der die Morgenröten aufsteigen läßt. Lauschet, was die Taube der Ewigkeit auf den Ästen des göttlichen Baumes gurrt: „o Völker der Erde, wir haben euch jenen mit dem Namen Johannes gesandt, der euch mit dem Wasser taufen soll, damit eure Körper für das Erscheinen des Messias gereinigt werden. Und Er, Er hat euch mit dem Feuer der Liebe und dem Wasser des Lebens gereinigt, um euch für diese Tage vorzubereiten, da der Barmherzige euch durch das Wasser des Lebens von den Händen der Güte und der Schönheit selbst gewaschen sehen wollte“. Und dies ist eben dieser Vater, den Jesaias euch verheißen, und der Tröster, mit dem Christus den Bund geschlossen hat. Öffnet die Augen, o Doktorenversammlung, damit ihr euren Herrn auf dem Throne der Herrlichkeit und des Glanzes sitzen sehet.
O ihr einflußreichen Männer der Religionen, gleichet nicht jenen, die den Pharisäern folgten und darum von Christus nichts sahen. Sind sie nicht in Schmach und Erniedrigung? Wahrlich, die Ewige Schönheit ist gekommen unter Ihrem größten Namen: Sie hat gewollt, daß die Welt in Ihr geheiligtes Königreich eintrete und daß die Gläubigen das Königreich Gottes vor sich schauen. Macht euch eilends dahin auf und leistet nicht jedem Vielgötterei treibenden Ungläubigen Gefolgschaft. Und so sich irgendeines Auge dem widersetzte, würde er gut daran tun, es auszureißen. Also steht es geschrieben durch die ewige Feder vom König der Welten des Zufalls.
Wahrlich, Er ist zum zweitenmal gekommen, um euch zu erlösen, o Völker der
Schöpfung: wollt ihr Ihn töten, Ihn, Der für euch das ewige Leben gewollt hat?
Fürchtet Gott, o ihr, die ihr Augen habt! O Völker, horcht auf das, was euch von
seiten eures Herrn Abhá geoffenbart wird, und wendet euch Gott zu, dem Herrn des
Endes und des Anfangs. Also befiehlt euch die Sonne der göttlichen Inspiration von
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seiten des Schöpfers der erschaffenen Dinge. Wahrlich, Wir haben euch für das Licht
erschaffen; glaubt ihr, daß Wir Gefallen daran finden, euch im Feuer zu lassen? O Völker,
kommt aus der Finsternis dank dieser Sonne, die am Horizonte der Gunst Gottes erschienen
ist; dann schreitet hin zu Ihm mit reinen Herzen, vertrauenden Seelen, sehenden
Augen und strahlenden Gesichtern. Also ermahnt euch Der, Der das Schicksal in Händen
hält, von der Schwelle des allerhöchsten Anblicks aus, damit Sein Aufruf euch zum
Königreiche der Namen hinziehe. Wohl dem, der dem Bunde Treue hält, und wehe dem
Ungetreuen gegenüber dem Bündnis, der Gott, den Kenner der Geheimnisse, verleugnet
hat! Sprich: „dies ist der Tag der Gunst; kommet herbei, und Ich werde euch
zu Herrschern in den Reichen Meines Königreiches machen, wenn ihr Mir gehorcht!
Denket daran, was Ich euch verheißen habe: Ich werde euch zu Meinen eigenen Gefährten
im Paradiese Meiner Größe, zu den Teilhabern an Meiner Schönheit in den Himmeln
Meiner Macht machen, auf ewige Zeiten! Erhebt ihr euch aber gegen Mich, dann
werde Ich es mit Meiner Langmut ertragen in der Hoffnung, daß ihr vielleicht
aufwachen und euch von den Lagern der Nachlässigkeit erheben werdet. Also ist Meine
Gnade euch vorangegangen. Fürchtet Gott und leistet nicht jenen Gefolgschaft, die sich
gegen Sein Antlitz empört haben, nachdem sie Ihn des Morgens und Abends angerufen
hatten!“
Wahrlich, der Tag Dessen, Der Ernte hält, ist gekommen. Und Er hat eine Scheidung getroffen zwischen den Dingen, indem Er jene, die Er in die Säcke der Gerechtigkeit gelesen hatte, behielt, und jene, die es verdienten, ins Feuer warf. Also lautet der Befehl eures Herrn, des Starken, des Huldreichen, an diesem verheißenen Tag: wahrlich, Er ist es, Der befiehlt, was Er will; es gibt keinen anderen Gott als Ihn, den Unabhängigen, den Unwiderstehlichen. Hinsichtlich des guten Kornes wünscht Er nur, es ganz für Sich aufzubewahren: Er redet nur, um euch Meine Sache verständlich zu machen, die euch den Pfad lehren soll, dessen Erwähnung die Tablets ziert.
Sprich: „o Christenversammlung, wahrlich, Ich habe einstmals schon vor euren
Augen gestrahlt; was habt ihr dies zweite Mal von Mir begriffen? Dies ist der Tag
Gottes: eilt Ihm entgegen, denn Er ist vom Himmel gekommen, wie Er das erste Mal
von dort kam, und Er will euch ins Paradies Seiner Barmherzigkeit ziehen“. Wahrlich, der
Vielgeliebte fürchtet, daß ihr euch im Feuer der Leidenschaften verzehrt! Ihr aber,
wenn ihr blind bleibt, dann ist eure Nachlässigkeit und euer Unverstand daran
schuld: ihr verkündigt Mich, ohne Mich zu verstehen, ihr ruft Mich und flüchtet euch
hernach in die Sorglosigkeit vor Meinem Erscheinen, wenn Ich vom Himmel der Ewigkeit
in Meiner höchsten Herrlichkeit zu euch komme. Zerreißet die Schleier durch Meinen
Namen und Meine Macht, auf daß ihr die Menschen zu dem glorreichen Herrn hinführet,
Der vom Horizonte der Zelte der Größe und Herrlichkeit verkündet: „o Volk
des Evangeliums, der Fremdling ist ins Königreich gelangt, und ihr bleibt an
diesem Tage vor dem Tore stehen!“ Zerreißet die Schleier vermöge der Macht eures Herrn, des
Starken, des Großmütigen, dann tretet ein durch Meinen Namen in Mein Königreich!
Also befiehlt euch Der, Der für euch das ewige Leben gewollt hat: wahrlich, Er vermag
alles, was Er will. Wohl denen, die das Licht erkannt haben und ihm entgegengeeilt
sind: heute essen und trinken sie mit den Heiligen im Königreich, während euch, o
Kinder des Königreiches, — während Wir euch in der höchsten Not sehen. Das darf
nicht sein: heget Furcht, daß eure Taten in vollem Umfange ans Licht kommen; eilet hin
zu eurem glorreichen Herrn, Dessen edle Tritte die Regionen durchschreiten. Also
zeigen Wir euch den Pfad, den Jesus gekündet: wahrlich, Ich lege für Ihn Zeugnis
ab, so wie Er für Mich zeugt. Wahrlich, Er hat gesagt: „kommet her, damit Ich euch
zu Menschenfischern mache!“ Und heute sagen Wir: „auf daß Wir euch zur Ursache
machen für das Leben der Welt“. Also ward der Befehl durch die Feder der Sache in dem
verwahrten Tablet erlassen.
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Göttliche Lebenskunst[Bearbeiten]
Aus den Schriften von ‘Abdu’l-Bahá (Fortsetzung)
Zusammengestellt von Mary M. Rabb (Neuyork, Brentanos Publishers)
Übersetzt von Johanna von Werthern-Stuttgart
2. Kapitel: Einige Eigenschaften göttlicher Seelen
Der, welcher träge und gleichgültig in seinem Egoismus verharrt und dabei fortwährend seinen fleischlichen Lüsten fröhnt, steigt zu den tiefsten Niederungen der Entwürdigung herab, tiefer als die gefährlichste wilde Bestie. Denn es steht geschrieben: „Diese sind in der Tat schlimmer als Bestien; und niedriger als das Vieh sind in den Augen Gottes die Tauben und Stummen, welche nicht hören wollen.“
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. . . Sie haben noch nicht verstanden, daß der größte Ruhm des Menschen in universellem Glück der Welt, in der Freude der Seele, in hohen Zielen, guten Absichten, in Tugenden und Keuschheit liegt.
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Unglücklicherweise bilden sie sich ein, daß Größe und Ruhm der Aufspeicherung von weltlichen Reichtümern folge. Nun überlege genau! Wenn der Mensch ein wenig nachdenkt, sieht er, daß der allmächtige Gott ihn vor allen seinen Geschöpfen mit dem Kleid der Ehre, Tugend und Intelligenz ausgezeichnet hat... Der Mensch wurde zur Quelle göttlicher Wunder und der Mittelpunkt der Geheimnisse vom himmlischen Königreich.
Warum sollte er nun diesen reinen Mantel entweihen mit den Flecken selbstischer Wünsche und diese ewige Ehre mit der tiefsten Erniedrigung vertauschen? „Wähnst du, dein Körper sei eine geringe Sache, während doch das ganze Universum in dich eingehüllt ist?“
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Durch die Einzelheiten, welche wir schon erklärt haben, suchten wir darzulegen, daß der Ruhm, das Glück, Ehre und Frieden des Menschen nicht in persönlichem Reichtum besteht, sondern im Gegenteil in der Ergebenheit der Seele, Vornehmheit der Entschlüsse, in der Verbreitung der Erziehung und in der Lösung des Lebensproblems ... „Wahrlich, in der Seele des Menschen liegt ihr einziger Ruhm!“
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Es ist ein großer Unterschied zwischen einem glaubwürdigen Manne und dem Nachahmer eines solchen. Der erste ist David selbst, der zweite kaum der Ton seiner Stimme. Wissen und Weisheit, Reinheit und Treue und die Freiheit der Seele wurden nicht und werden nie nach äußerer Erscheinung und Kleidung beurteilt.
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Der Mensch sollte eine ständige Ursache von Wohlbefinden und Zufriedenheit und eine wirkliche Hilfe für das Weiterkommen vieler Mitmenschen sein.
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Wir fragen: Welche Tat in der Welt könnte größer sein, als für das allgemeine Wohl der Menschheit zu arbeiten? Kann man sich eine höhere Laufbahn vorstellen, als wenn ein Mensch sich der Erziehung, dem Fortschritt, dem Ruhm und Wohlstand der Knechte Gottes widmet? Die größte der Gott wohlgefälligen Taten ist es, wenn die gesegneten Seelen die Machtlosen bei der Hand nehmen und sie von Unwissenheit, von Erniedrigung und Armut befreien, und, erfüllt von aufrichtigen Absichten, um Gottes Willen, die Lenden ihres Ehrgeizes zum Dienst an allen Menschen gürten, dabei ihren weltlichen Vorteil vergessend, um nur für das allgemeine Beste zu kämpfen. Wie es geschrieben steht: „Und zieht andere euch selbst vor, auch wenn sie arm sind; die besten der Menschen sind, die Gutes ihren Mitmenschen tun, und die schlimmsten sind, die ihnen Böses zufügen.
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Es ist klar und ersichtlich, daß der größte Ruhm der Menschheit darin besteht, dem allmächtigen Gott zu gehorchen, und des Menschen Adel und Ehre hängt ab von der Befolgung der Unterweisungen und Verbote des Herrn, des Einzigen.
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Es ist klar und augenscheinlich, daß das Leben dieser sterblichen Welt wie der
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Morgenwind vergeht, darum gesegnet der Große, der auf dem Pfad des Willens Gottes
wandelt und lobenswerten Ruf und glückliche Erinnerung hinterläßt.
„Wenn die reine Seele zu gehen bereit ist, ob sie auf dem Throne sei, ob im Staube — was tut’s?“
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Die sieben Fähigkeiten der himmlisch erleuchteten Seele, über die du eine Erklärung erbatest, sind die folgenden:
- Wissen. Der Mensch muß das Wissen von Gott erreichen.
- Glaube.
- Standhaftigkeit.
- Wahrhaftigkeit. Wahrhaftigkeit ist die Grundlage für alle Tugenden der Welt der Menschheit. Ohne Wahrhaftigkeit sind Fortschritt und Erfolg in allen Welten Gottes unmöglich für eine Seele. Wenn diese heilige Eigenschaft im Menschen besteht, werden alle anderen himmlischen Kennzeichen auch verwirklicht werden können.
- Aufrichtigkeit. Auch sie ist eine der größten göttlichen Eigenschaften.
- Treue. Sie ist ebenfalls ein schöner Charakterzug des himmlisch gesinnten Menschen.
- Bescheidenheit oder Demut. Das heißt, der Mensch muß vor Gott demütig werden. Der Mensch muß seinen eigenen selbstsüchtigen Zustand vergessen, damit er so die Stufe des Opfers erreichen möge.
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Gesegnet ist der Barmherzige, denn er wird ewiges Leben erben.
Gesegnet ist, wer die Fehler anderer übergeht, denn er wird sich göttlicher Glückseligkeit erfreuen.
Gesegnet ist, wer sich mit allen in Freude und Harmonie vereint, denn er gehorcht dem Befehl Bahá’u’lláh.
Gesegnet ist, wer die Menschheit liebt, denn er hat den Rat Bahá’u’lláhs beachtet.
Gesegnet ist, wer gütig ist gegen seine Feinde, denn er wandelt in den Fußstapfen Christi.
Gesegnet ist, wer die Lehre von geistiger Bruderschaft verkündet, denn er wird ein Kind des Lichtes sein.
Gesegnet der, dessen Herz weich und mitleidig ist, denn er wird auf niemand Steine werfen.
Gesegnet ist, wer nichts Böses von irgendjemand spricht, denn er hat das Wohlgefallen des Herrn erlangt.
Gesegnet ist, wer die Sünden anderer nicht aufdeckt, denn er wird begünstigt werden an der Schwelle des Allmächtigen.
Gesegnet der, dessen Natur vergebend ist, denn er wird die geistigen Gnaden Gottes gewinnen.
Gesegnet ist, wer die süßen Düfte von den Blumen der Freundschaft und gegenseitiger Verbindungen verbreitet, denn er wird einen reichen Teil von den Gaben des Barmherzigen erlangen.
Gesegnet ist, wer Einheit und Eintracht lehrt und lebt, denn er wird leuchten wie ein Stern am Himmel.
Gesegnet ist, wer liebende Güte und gegenseitige Zusammenarbeit übt, denn er wird von himmlischen Segnungen umgeben sein.
Gesegnet ist, wer den Zertretenen Erleichterung bringt, denn er wird der Freund Gottes sein.
- —————
Die Freunde müssen fest verankert sein in den Grundsätzen von Moral und Redlichkeit.
Erstens in Wahrhaftigkeit. Keiner sollte je eine Lüge sagen.
Zweitens in Redlichkeit bei allen Handlungen.
Drittens ist Langmut und Geduld erforderlich.
Viertens müssen die Freunde größte Güte walten lassen, so daß sich alle untereinander als Diener betrachten, und sie müssen wahrhaft und ehrlich zur ganzen Menschheit sein.
Wenn sie nach diesen Befehlen leben, so werden die Bestätigungen des Geistes ihnen sicherlich gewährt. Der Geist wird über sie kommen und sie werden sicherlich Fortschritte machen.
- —————
Von nun an müßt ihr darnach streben, das moralische Aussehen eueres Lebens zu
verschönern. Gebt euch gegenseitig Ratschläge mit größter Überlegung; prüft täglich euere
Taten und Worte. Also, daß ihr euch vom ersten Anfang an mit göttlichen Idealen
kennzeichnen möget. Die göttlichen Ideale sind Demut, Ergebenheit, vollkommenes
Auslöschen des eigenen Selbst, Barmherzigkeit und liebende Güte. Ihr müßt euch selbst
sterben und in Gott leben. Ihr müßt außerordentlich mitfühlend sein gegeneinander
[Seite 141]
und gegen alle Menschen der Welt. Liebet und dienet der Menschheit, nur um Gottes
Willen, und nicht um irgend etwas anderes sonst. Die Grundlage unserer Liebe zur
Menschheit muß geistiger Glaube und göttliche Sicherheit sein. Und wiederum: ihr
müßt sehr achtsam sein, daß nicht — Gott möge es verhüten — ein einziges unwahres
Wort über eure Lippen komme. Eine Falschheit stürzt den Menschen von der höchsten
Stufe der Ehre in die tiefste Niederung der Ungnade. Seid stets auf der Hut vor diesem
Feinde, damit alles, was ihr äußert; mit der Wirklichkeit übereinstimme. Fleht und bittet
zu allen Zeiten am erhabenen Thron und betet um Bestätigung und Hilfe. Strengt euch
an, damit ihr das Wohlgefallen von Bahá’u’lláh erlanget. Alle natürlichen und
übernatürlichen Fortschritte der menschlichen Welt kreisen um dieses Problem. Wenn ihr
dies erhabene Ziel erreichet, werden alle Elemente der Welt der Schöpfung bereit sein,
euch nach euerer Bitte zu dienen, d. h. sie werden ihre höchste Stufe in euch erreichen
oder, mit anderen Worten, ihr werdet die Frucht der Schöpfung sein, wie die Entwicklung
der Äste, Zweige, Blätter und Blüten des Baumes die Frucht seiner Natur sind. Erhebet
euere Gedanken. Denkt nach über alle euere Angelegenheiten. Vergrößert euer Streben.
Erweitert den Kreis euerer Ideale. Entfaltet die Schwingen geistiger Weisheit, vollbringt
Taten, die euch einst unsterblich machen.
(Fortsetzung folgt)
Weiße Rosen von Persien[Bearbeiten]
Von Martha L. Root. Veröffentlicht in englisch im Star of the West, Bd. 23, Nr. 6 und 7
Übersetzt von den Bahá’i in Gehlsdorf-Rostock (Fortsetzung von Heft 10, Dez. 1932)
Der bedeutungsvolle Besuch in Akka ging zu Ende und die kleine Reisegesellschaft
machte sich auf den Weg nach Täbriz. Ihren ersten Aufenthalt nahmen sie in Mazrach
in der Nähe von Akka, um das Grab von Ali Muhammed Varqás Vater zu besuchen. Vor
Jahren war dieser, mit Namen Haji Mulla Mehdï, mit seinen beiden ältesten Söhnen,
wovon einer Ali war, hergereist, um Bahá’u’lláh im großen Gefängnis in Akka zu
besuchen. Sie hatten den weiten Weg von Persien zu Fuß zurückgelegt, aber die Reise
war für Haji Mehdï zu anstrengend gewesen und er war hier in Mazraeh, so nahe dem
Ort der Erfüllung — Akka -— gestorben und hatte seinen Herzenswunsch nicht mehr
verwirklicht gesehen. Die anderen waren zu Bahá’u’lláh gelangt. Dadurch ist es dem Leser
bekannt, daß Ali Muhammed Varqá in seinen Knabenjahren schon den großen Vorzug
genoß, Bahá’u’lláh besuchen zu dürfen. Also war es kein Wunder, daß er bei seinem
Wiederkommen seine kleinen Söhne mitbrachte. Sie beteten am Grab von Mirza Varqás
Vater und sie dachten mit großer Dankbarkeit daran, daß Bahá’u’lláh selbst zu
verschiedenen Malen zu dem Grab in Mazraeh gekommen war, um daselbst für ihren
verstorbenen geliebten Anverwandten zu beten. Als sie wieder in Täbriz angelangt waren,
trafen sie die Zustände nicht eben günstig an. Die Schwiegermutter von Ali Muhammed
stellte sich sehr feindlich der Bahá’i-Lehre gegenüber. Sie stiftete einen ihrer Diener,
der von Kindesbeinen in ihrem Hause war, an, ihren Schwiegersohn zu töten. Insgeheim
war aber dieser Diener Bahá’i, so ging er denn zu seinem Herrn und bat ihn, das Haus
zu verlassen, denn falls er bliebe, würde seine Schwiegermutter einen anderen finden,
der ihren Schwiegersohn beiseite schaffen würde. So verließ Ali Muhammed Varqá
sein Heim und hielt sich bei einem Bahá’i-Gläubigen auf. Seine Schwiegermutter ging
nun zu einem Mullah und bat ihn, den Befehl zu erlassen, ihren Schwiegersohn zu töten,
da er Bahá’i sei. Der Mullah entgegnete ihr: „Er hat mir aber nicht bekannt, daß er
ein Gläubiger ist, ich kann ihn nicht verurteilen. Wenn Sie mir den Beweis erbringen
können, daß er Bahá’i ist, so könnte ich das Todesurteil gegen ihn aussprechen.“
Die Großmutter nahm nun den kleinen Ruhu’lláh zu dem Mullah hin. Ruhu’lláh
sprach zu jedermann, und er tat dies als bekannter kleiner Lehrer. Seine Großmutter
[Seite 142]
sagte ihm, sie werde ihn in das Haus eines Freundes seines Vaters bringen, dieser sei
Bahá’i. So streckte denn das Kind, als es den Raum betrat, seine kleine Hand aus und
sagte: „Alláh u’ Abhá!“ Der Mullah war über eine solche Begrüßung erstaunt, die
Großmutter aber machte ihm ein Zeichen, nichts darüber zu sagen. Sie gebot Ruhu’lláh,
einige Bahá’i-Gebete herzusagen, die ihn sein Vater gelehrt habe. Das Kind sagte
sogleich das tägliche Gebet auf und sprach sodann ein langes Gebet, eines der tiefsten und
herrlichsten Gebete, die Bahá’u’lláh offenbart hat. Als der kleine Junge beendet hatte,
sagte der Mullah: „Diese Gebete sind wundervoll, kein Vater sollte zum Tode verurteilt
werden, der ein Kind wie dieses erzog!“ und er wies es zurück, ein Verdikt für den
Tod von Ali Muhammed Varqá auszustellen.
Ruhu’lláhs Großmutter väterlicherseits, die im Hause lebte, war ganz anderer Art. Ihr Gatte hatte einen Bahá’i-Lehrer gebeten, zu ihr zu sprechen (was er, ohne sie zu sehen, tun mußte, denn sie saß hinter einem Vorhang, um seine Belehrung entgegenzunehmen). Als sie von der Bahá’i-Lehre vernahm und hörte, daß ein Prophet erschienen sei, sagte sie: „Wir erwarten keinen Propheten; ich habe alle die Bücher gelesen, wir erwarten eine Manifestation Gottes!“ Der Lehrer hatte das Wort Prophet nur benützt, um sie nicht zu erschrecken, wollte ihr aber nach und nach beibringen, daß der große Weltlehrer auf Erden sei. Sie war eine gelehrige Schülerin und mehr vorbereitet, die Wahrheit aufzunehmen, als er annahm. Sie wurde sehr rasch Bahá’i.
Eines Tages besprach sich eine Gruppe von hervorragenden Bahá’i, wer der Nachfolger Bahá’u’lláhs werden würde. Ali Muhammed Varqá sagte, daß es ‘Abdu’l-Bahá sein werde. Ein anderer meinte, Sein Sekretär, und ein dritter vertrat die Ansicht, daß es Muhammed Ali, ein anderer Sohn Bahá’u’lláhs, werden würde. Ali Muhammed Varqá sagte: „Bahá’u’lláh hat bestimmt, daß wenn es irgend etwas gibt, was wir nicht verstehen, wir an Ihn dieserhalb schreiben sollen!“ So schrieb er dann über diese Frage. Bahá’u’lláh erwiderte ihm umgehend, daß Sein Nachfolger ‘Abdu’l-Bahá sein werde. Azizollah Varqá ist im Besitz dieses Tablets.
Dann schrieb Ali Muhammed Varqá einen zweiten Brief an Bahá’u’lláh mit der Bitte, daß nicht nur er, sondern auch einer seiner Söhne Märtyrer in der Gefolgschaft 'Abdu'l-Bahás, des Größten Zweiges, werden dürfe. Bahá’u’lláh erwiderte auf diese Bittschrift und nahm das Opfer an, das bedeutet, daß sie zu Märtyrern werden würden. Die Familie zog von Ort zu Ort, denn er war Bahá’i-Lehrer und reiste in Persien.
Als dann die Zeiten sehr ernst wurden, nahm eine gütige Bahá’i in der Nähe Teherans Azizu’lláh und Ruhu’lláh zu sich ins Haus, um sie zu schützen. Dies geschah, als die Familie Varqá in Teheran lebte. Der Gatte dieser Bahá’i, der nicht gläubig, aber ein geachteter Rechtsanwalt und großer Staatsmann war, widersetzte sich der Anwesenheit der Kinder. Er sagte zu seiner Frau: „Du kannst die Knaben nicht behalten, sonst werden auch wir getötet werden.“ Seine Frau erwiderte: „Ich möchte eine Frage an dich richten: Wenn ein Mann vierzig Jahre lang Metzger war und ihm in dunkler Nacht jemand einen Hund anstatt eines Lammes zum Töten gibt, glaubst du, daß er sich täuscht und den Hund für ein Lamm tötet?“ Ihr Gatte erwiderte: „Nein!“ und sie darauf: „Sei versichert, daß du nicht als Bahá’i ermordet werden wirst!“ Sie behielt die Kinder einige Wochen lang bei sich und in der ganzen Zeit geschah keinem etwas.
Ali Muhammed Varqá nahm seine beiden Söhne, den dreizehnjährigen Azizolláh Varqá und den elfjährigen Ruhu’lláh Varqá im Jahre 1895 zu einem Besuch bei 'Abdu'l-Bahá nach Akka mit sich. (Bahá’u’lláh war 1892 von dieser Erde gegangen.) Valiollah Varqá, das jüngste Kind, blieb daheim. Es gab viele beglückende Begebnisse in den Tagen, die sie bei Bahá’u’lláh zubrachten, ich will aber von einer Begebenheit berichten, die im ersten Augenblick nicht erfreulich erscheint, die aber Bahá’u’lláhs großen Charakter, den unbedingten Gehorsam des Vaters Varqá und die Weisheit des kleinen Ruhu’lláh kennzeichnet.
Eine große Anzahl Bahá’i-Kinder spielten zusammen, als ein kleiner Junge ein
ungezogenes Wort ausrief. Ruhu’lláh schlug ihn auf den Mund und sagte, das gehöre ihm
zur Strafe. Das Kind, das dies Wort
[Seite 143]
gebraucht hatte, war der Sohn eines großen Märtyrers, und seitdem es in Akka war, sehr
beliebt bei der hl. Familie und bei allen Gläubigen. Die anderen Kinder gingen gemeinsam
mit dem kleinen Jungen zu Ruhu’lláhs Vater, um sich über dessen Benehmen zu beschweren.
Als Ruhu’lláh dies sah, rannte er in den Hof, die Treppen zum Gefängnis hinauf und durch
die offenstehende Türe in ‘Abdu’l-Bahás Zimmer und setzte sich ganz nahe zu Ihm. ‘Abdu’l-Bahá
stand am Fenster und schrieb Tablets. Sobald Ali Muhammed Varqá die Kinder angehört
hatte, suchte er nach seinem Sohn. Als er den Hof betrat, sah er Ruhu’lláh neben Bahá’u’lláh
im oberen Stockwerk am Fenster sitzen. Er rief ihn, herunter zu kommen. Ruhu’lláh schüttelte
mit dem Kopf ein energisches „Nein“ und 'Abdu’l-Bahá durch die Bewegung aufmerksam gemacht,
frug: „Warum schüttelst du den Kopf zum Fenster hinaus?“ Darauf erzählte Ruhu’lláh den ganzen
Vorgang und wie er den kleinen Jungen auf den Mund geschlagen habe und fügte hinzu,
daß er wisse, daß wenn er jetzt in den Hof zu seinem Vater hinuntergehe, er gestraft
werde. ‘Abdu’l-Bahá rief den Vater zu sich herauf und sagte sehr ernst: „Es darf niemand
über diese Sache etwas zu Ruhu’lláh sagen!“ Im allgemeinen war ‘Abdu’l-Bahá
sehr darauf bedacht, daß die Kinder ihren Eltern zu folgen hatten, doch Er wiederholte
ein zweites Mal: „Es soll niemand zu Ruhu’lláh über diese Sache etwas sagen!“ Von
da an war Ali Muhammed sehr höflich gegen seinen kleinen Sohn und machte ihm über
nichts einen Vorwurf. Er war ein guter Vater und Ruhu’lláh ein guter Sohn, er tat
wissentlich niemals Unrecht.
'Abdu'l-Bahá gab Ruhu’lláh während dieses Besuchs den Titel „Mobaleq“, d. h. ein Lehrer der Religion. Als die Familie nach Persien zurückkehrte, ließ sie sich in Zanjan in der nördlichen Provinz Azarbaijáns nieder. Der Vater Ali Muhammed Varqá schrieb an ‘Abdu’l-Bahá von Zanján und Ruhu’lláh, der fortgesetzt fleißig seine Schreibstudien in Persisch machte, sandte einige Zeilen mit Abschriften an 'Abdu'l-Bahá, um seine Fortschritte zu zeigen. Als eine Antwort an den Vater eintraf, war ein Tablet an Ruhu’lláh, der damals elf Jahre alt war, beigelegt. Das Tablet von eigener Hand ‘Abdu’l-Bahás lautete:
„Er ist der Allerherrlichste!
O du, der du kaum dem Kindesalter entwachsen bist! Der Eindruck, den die nach Muskat duftende Schrift des Zeichens der Liebe Gottes (Ruhu’lláh) machte, war groß. Wahrlich, in kurzer Zeit hast du viel gelernt, und diesen großen Fortschritt zu sehen ist der Anlaß meiner Freude und meines Glücks. Natürlich mußt du dein Äußerstes tun, damit deine Schrift Tag für Tag besser werde und in der Welt des Schreibens für die Herrlichkeit und die Gnade der Erhabenen Feder zeuge!
Ich möchte immer von dir hören und du mußt diejenigen, die du geistig lehrst, beschreiben und Erklärungen dazu geben.
Über dir sei Bahá.
(gez.) E. E.*)“
*) Dieses E. E. bedeutet ‘Abdu’l-Bahá Abbas.
Als Ali Muhammed Varqá dieses Tablet las, kniete er mit großer Ehrerbietung und
Feierlichkeit nieder, berührte die Erde mit der Stirne und sagte: „Dies ist der Sohn, der
sein Leben opfern wird, wie es Bahá’u’lláh versprach, denn eine Feder aus Holz könnte
keinen solchen Eindruck machen — die Wirkung der Erhabenen Feder wird die mächtige
Feder des Märtyrertums sein.“
Ruhu’lláh, ein so ängstlicher Knabe, der nie am Abend allein in den Garten gehen wollte, war erstaunlich mutig, wenn er etwas für die hl. Sache tun konnte. Er dachte viel darüber nach, wie er zum Bahá’i-Märtyrer werden könne und schrieb in diesem Sinn ein Gedicht, das er an ‘Abdu’l-Bahá sandte.
Dieses Gedicht ist eine Lobpreisung der Gnade Gottes, ein Dank für das Erscheinen der Größten Manifestation, eine glühende Bitte, als Opfer für die hl. Sache angenommen zu werden.
(Fortsetzung folgt)
Inhaltsübersicht über das Jahr 1932/33[Bearbeiten]
Bahá’u’lláh
Gebet . . . . . 121
Sendschreiben an Papst Pius IX. In Deutsch von O. G., Stuttgart . . . . . 125, 135
‘Abdu’l-Bahá
Über Volksgemeinschaft . . . . . 1
Die Bahá’i- Offenbarung ist der Geist dieses Zeitalters . . . . . 13
Das Leben nach dem Tode. I. Teil. Zusammengestellt von der Arbeitsgemeinschaft Müritz . 20, 33, 44, 56, 67, 75
II. Teil . . . . . 90, 98, 111, 122, 134
Das Bahá’i-Losungswort . . . . 23
Tablet, das 19-Tage-Fest betreffend . . . . . 31
Der schlimmste Sorgengeist ist die Angst . . . . . 37
Tablet an die Zentralorganisation für einen dauernden Frieden . . . . . 38, 50, 62, 74
Zeige, daß du ein Bahá’i bist . . . . . 61
Die, Einheit und Entwicklung der materiellen Welt . . . . . 64
Gebet . . . . . 73
Über das Beten . . . . . 85
Göttliche Lebenskunst. In Deutsch von J. v. Wertheim . . . . . 93, 106, 114, 127, 139
Worte . . . . . 109
O ihr Geliebten, beschützt die Sache Gottes . . . . 110
Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi ‘Abdu’l-Bahá von Dr. J. F.:
- Über Prophetie, Weissagungen und ihre Träger . . . . . 2
- Über Propheten, Prophetie und ihre Bedeutung für die Menschheit . . . . . 14
- Über Rechtsfragen . . . . . 27
- Philosophische Gespräche des Meisters . . . . . 40, 52
Welches ist die häufigste Sünde? . . . . . 133
Shoghi Effendi
Weltenwende . . . . . 3, 15, 28, 42, 54
Das Hinscheiden des Größten Heiligen Blattes . . . . . 49, 78
Aufsätze und Artikel
Die Lehre vom Licht. Von der Bahá’i-Bewegung Ostseebad Müritz (Schluß) . . . . . 5
Das Gebot des Hütertums. Brief von Mr. A. N. Windust an Mr. H. G. Pauli . . . . . 7
Einiges zum gegenwärtigen Stand der Welthilfssprache. Von Th. Lang, München . . . . . 10, 18
Professor Aug. Forel . . . . . 12
Zum Jahreswechsel. Von A. Schwarz . . . . . 12
Selbstverständlichkeiten. Dr. H. Großmann, Weinheim . . . . . 17, 30
Aus dem Gehorsam gegenüber den göttlichen Geboten erwächst der Segen. Von E. Groth, Schwerin . . 35
Ein außerordentlicher Umschwung. Bahá’i-Bewegung Müritz . . . . . 57
Von der Seligkeit der Blumen. Von Th. Lessing, Hannover . . . . . 69
Buchempfehlung . . . . . 72
Stolz oder Ehrfurcht. Von Heinz Helmel, Passau . . . . . 84
Gericht und Liebe — Tröste, tröste Mein Volk. Von Emil Jörn, Warnemünde . . . . . 86
Weiße Rosen von Persien. Von M. L. Root . . . . . 102, 112, 141
Die inneren Zusammenhänge in der Natur und die Stellung des Menschen darin. Von A. Großmann, Weinheim . 104
Die Eßlinger Bahá’i-Woche . . . . . 117, 130
Was ist die Bahá’i-Lehre und was will sie. Von Fr. Dr. J. F. . . . . . 124
Gedichte
Frühlingshoffen. Von Paul Häcker, Stuttgart . . . . . 3
Zu neuem Leben. Von P. Häcker, Stuttgart . . . . . 3
Es fiel ein Stern vom Himmel. Von Paul Häcker, Stuttgart . . . . . 26
Erleuchtung des Báb. Von Dr. J. F. . . . . . 30
Das Licht im Osten. Von Else Budin-Klauke, Berlin . . . . . 48
Weltgericht. Von E. M. Großmann . . . . . 77
Zum Todestag von ‘Abdu’l-Bahá, 28. November 1921 . . . . . 97
Zum 12. November 1817. Von Karl Goll . . . . . 102
Seine Zeit. Von Karl Goll . . . . . 114
Dem scheidenden Jahr zum Gruß. Von Paul Häcker, Stuttgart . . . . . 124
Zum Neuen Jahr. Von Paul Häcker, Stuttgart . . . . . 124
Bildnisse von ‘Abdu’l-Bahá . . . . . . 26, 97
Nachrufe
Bahaiyyih Khanum . . . . . 49
Fr. Dr med. J. Fallscheer. Von A. Sch. . . . . . 57
Frau Sophie Alker. Von A. Sch. . . . . . 72
Bahaiyyih Khanum — das Größte Heilige Blatt. Von A. Sch. . . . . . 78
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sind an die Verlagsabteilung des Geistigen Nationalrat der Deutschen Bahá’is e. V. Stuttgart, Alexanderstraße 3 (Nebengebäude) zu richten. — Alle Zahlungen sind zu leisten an den Geistigen Nationalrat der Deutschen Bahá’i e. V., Stuttgart, Alexanderstraße 3 (dessen Postscheckkonto Nr. 19340 Amt Stuttgart).
Druck von J. Fink, Hofbuchdruckerei, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (größtes heiliges Buch), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheitssprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)
Der Geistige Nationalrat der Deutschen Bahá’i e.V., Stuttgart
Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 19340 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude
Von unserer Verlagsabteilung sind zu beziehen:
Bücher:
Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . —.80
gebunden 1.--
Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.00
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 2.--
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 2.--
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 2.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . 2.--
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 2.50
Broschüren:
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.30
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.30
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang in Halbleinen gebunden je . . . . 6.--
Sendschreiben 'Abdu'l-Bahá's an die Haager Friedenskonferenz 1919 . . . . . --.30
Der Versand erfolgt gegen Nachnahme oder gegen Voreinsendung des Betrages.