Sonne der Wahrheit/Jahrgang 11/Heft 9/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 9 11. JAHRGANG NOV. 1931
 


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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.


Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.

Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 9 Stuttgart, im November 1931
Qúdrat — (Stärke) 88
11. Jahrgang

Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


Inhalt: Zum 12. November. — Das Heilige Buch der Gewißheit. — Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ‘Abdu’l-Bahá. — Beweise des Daseins Gottes. — Das Rohr. — Zum Gedächtnis ‘Abdu’l-Bahá’s. — Tolstoi und die religiöse Einheit. — Bahá’i-Organisation



Gebet von ‘Abdu’l-Bahá[Bearbeiten]

„Ich stellte mich vertrauend in Deinen mächtigen Schutz und hielt mich an Deine wundervollen Worte. Ich ergriff den Saum Deiner Gnade in Deinem Namen, dem erhabenen, dem höchsten, dem alleinigen. Da Du mich, o mein Gott, mit Deiner Begegnung ehrtest und mich mit der Manifestation Deiner Selbst bekannt machtest, bitte ich Dich, beraube mich nicht des Stroms im Paradiese, den Du fließen hießest zur Rechten Deines erhabenen Thrones, und entziehe mir nicht, o mein Gott, Deine unablässige Gnade und Deine Gunst, die von jeher aus den Wolken Deiner erhabenen Güte strömt.


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Zum 12. November[Bearbeiten]

dem Geburtstag Bahá’u’lláh’s

Von Heinrich Schwab


Allüberall ist Geist von Deinem Geist,

Der mich zur Einheit aller Dinge weist,

Doch nie Du Selbst, Du großer Unbekannter,

Urewiger und Vielgenannter,

Du Unfaßbarer, keinem Sein Verwandter,

Du, dessen Nähe alle übermannt,

Den keines Menschen Wissen je erkannt,

Durch dessen Gnade wir entflammen und erglühn

Und dessen Himmel wir entgegenblühn.




Das Heilige Buch der Gewißheit[Bearbeiten]

(Schluß)

(Kitab-El-Iqan aus der Feder von Bahá’u’lláh)

Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Dr. A. Mühlschlegel, Stuttgart


All diesen Mahnungen zum Trotz aber wird, ich weiß, ein Führer unter den Völkern, ein Einäugiger, sich erheben, um erbittert gegen den Gottgesandten anzukämpfen. In jedem Lande wird man nur an die Verbannung dieser Heiligen Schönheit denken. Die Jünger dieses Königs des Daseins und dieses ersehnten Wesens werden zur Flucht in die tiefsten Berge und Wüsten gezwungen werden, um sich den Händen der Ungläubigen zu entwinden. Manche werden, Gott sich befehlend, mit losgelöstem Geiste ihr Leben dahingeben. Und schon schaue ich, wie ein Mann, der so berühmt ist durch seine Frömmigkeit und Ehrenhaftigkeit, daß es die ganze Welt als Pflicht betrachten wird, ihm zu gehorchen, und als Notwendigkeit, seinem Befehle sich zu unterwerfen, aufstehen wird, um gegen die göttliche Ausstrahlung zu kämpfen. Mit aller Kraft wird er die Schar der Widersacher gegen sie führen.

Hoffen wir, daß das Volk des Beyan Einsicht zeigen und emporschweben wird zur Wohnstätte in den Lüften des Geistes, daß es Gott von den Geschöpfen zu unterscheiden und Zweideutigkeiten zu entlarven versteht. Obwohl seit langem schon der Wind der Eifersucht und des Neides daherwehen will, schwöre ich beim Erzieher alles dessen, was besteht, daß seit dem Anfang der Welt, die ohne Anfang ist, bis auf unsere Tage es niemals Eifersucht gegeben hat, die dieser gleicht, welche man augenblicklich sieht. Menschen in heuchlerischer Maske haben die Fahne der Empörung gegen mich geschwungen. Von allen Seiten werden Schwerter gezückt und Pfeile geschossen. Fern lag es mir, mich je vor oder gar über jemanden zu stellen, im Gegenteil, immer habe ich mich als Begleiter und demütiger und treuer Freund eines jeden betrachtet. Mit einem Armen bin ich immer wie ein Armer gewesen, mit den Priestern und dem Adel bin ich immer zurückhaltend gewesen. Und trotz alledem, ich schwöre bei Gott, dem Einen, ist alles, was ich von seiten der Feinde und der Ulemas habe erdulden müssen, nichts neben dem, was ich von seiten meiner Freunde habe leiden müssen. Wenn ich es erzählen wollte, so würde nicht einer, der gerechten Geist besitzt, dies ertragen können.

Weil ich wußte, was sich ereignen würde, als ich vor einigen Jahren hier ankam, beschloß ich mich in die Einsamkeit zurückzuziehen und mich in die Entsagung zu flüchten. Ich hauste so zwei Jahre ganz allein in verlassener Einöde. Meine Augen weinten und mein Herz blutete. Wie viele Nächte habe ich ruhelos, wie viele Tage fastend zugebracht! Trotz all dieser Trübsal und ständiger Kümmernisse war ich — das schwöre ich bei Ihm, der meine Seele in Seinen Händen hält — niemals glücklicher gewesen. Ich habe das wahre Glück und die vollkommene Freude erfahren, denn ich hatte nicht den Anblick von jedermanns Unglück, Sorge und Krankheit. In mich selbst zurückgezogen befaßte ich mich nur mit Gott. Aber ich wußte nicht, daß die Maschen der Göttlichen Vorsehung dichter sind als wir denken, und daß wir den Pfeilen der [Seite 99] Vorherbestimmung nicht entfliehen können. Der Mensch kann sich nicht vom Willen Gottes freimachen und hat keinen anderen Ausweg, als sich Ihm zu unterwerfen. Zu jener Zeit hatte ich, das versichere ich dir, keine Sehnsucht nach Rückkehr und dachte nicht daran, meine Selbstverbannung zu beenden. Ich hatte nur einen Wunsch: nicht der Gegenstand von Streitereien unter den Gläubigen, die Ursache des Aufbegehrens der Schüler und der Anlaß der Leiden und Trübsale für so manchen zu sein. Dies war mein einziger Gedanke, allem zum Trotz, was man hätte sagen oder glauben können.

Aber von der Quelle der Gebote ward mir der Befehl, zurückzukehren. Ich beugte mich Seinem Willen und kam zurück. Meine Feder ist nicht fähig auszudrücken, was ich zu sehen bekam. Jetzt sind es mehr denn zwei Jahre, daß meine Feinde alle Anstrengungen machen, mich zu vernichten, wie ein jeder weiß, ohne daß auch nur ein Freund sich erhoben hätte, mir zu helfen oder mir auch nur Zuneigung gezeigt hätte. Im Gegenteil, wie der Regen des Himmels fallen die Enttäuschungen durch Wort und Tat nacheinander auf mich nieder. In aller Ergebenheit habe ich mein Leben in Seine Hände gelegt, um es Gottes Barmherzigkeit als Opfer darzubringen auf dem Wege des Ersten Punktes und der erhabenen Worte. Wäre dies nicht mein Gelübde gewesen, so wäre ich — bei Ihm, der den Geist offenbart — nicht einen Augenblick in dieser Stadt geblieben. Gottes Zeugnis ist mir genug. Es gibt keine Kraft und Macht, die nicht aus Gott strömt. Wir kommen von Ihm und kehren zu Ihm zurück.

* * *

Die Menschen von Einsicht, die den Wein der Liebe getrunken haben und die keine Hoffnung in ihrem Herzen nähren, werden verstehen, wie alle Beweisgründe und alle Beweise übereinstimmen zugunsten dieser wunderbaren Sache und dieser erhabenen göttlichen Offenbarung, die klarer ist als die Sonne an den Himmeln. Dennoch wenden sich die Völker von der Schönheit Gottes ab und gehen ihrem eigenen Vergnügen nach. Trotz aller Verse und Beweise, die Gottes köstlichster Schatz für die Menschen sind, trotz aller Hadiß, die der Erklärungen nicht bedürfen, schenken sie diesen Dingen keine Achtung und ziehen lieber ihre eigenen Schlüsse über die nicht verstandene Bedeutung gewisser Worte. Auf ewig sind sie der Quelle des Weines des Herrlichen beraubt und des Ewigen Wassers der Höchsten Schönheit.

Das Jahr des Erscheinens des Lichtes der Wesenseinheit ist auch an anderem Orte gleicherweise verkündet worden. Doch dies hat die Menschen nicht einen einzigen Augenblick aufgehalten, ihrem Vergnügen nachzugehen. So frägt in dem Hadiß von Mofassal dieser letztere Sadekh: „O Herr, wann wird der Gottgesandte kommen? — Im Jahre 60 wird Seine Sache erscheinen und Seine Offenbarung sich verbreiten.“ Man muß dauernd erstaunen, daß trotz alledem die Menschen noch weiterhin sich von Gott abwenden. Alles, was diesem erhabenen Wesen geschehen mußte, steht geschrieben. Im Behar findet man: „Wahrlich, unser Kahim wird die Zeichen von vier Propheten tragen, von Moses, Joseph, Jesus und Muhammed. Wie Moses wird er ruhelos sein. Wie Joseph wird er im Kerker sein. Wie Jesus wird er grausam verfolgt werden. Wie Muhammed wird er einen Koran hinterlassen.“

Dieses Hadiß, welches alles vorhersagt, was sich ereignen mußte, hat niemand aufmerken lassen. Wird es später Erfolg haben?. Alles hängt von Gottes Willen ab. Wahrlich, Er läßt hören, wen Er will: ich aber kann nicht die Toten hörend machen.

Du weißt doch, daß die unsterblichen Tauben und die Vögel der Wesenseinheit zwei Sprachen sprechen. Die eine esoterisch, ohne Sinnbild, ohne Dunkelheit, dient dazu die Menschen zu leiten und sie heraufzuziehen zu erhabenen Höhen und Orten des Entzückens: das sind die klaren Hadiß und die leicht verständlichen Verse. Die andere Sprache ist verhüllt. Sie dient dazu, die Bösen zu prüfen und erkennen zu lassen, wer sie sind. So sagt Sadekh-Ibn-Muhammed: „Ich schwöre bei Gott, daß ihr versucht und gerichtet werdet.” Dies ist die göttliche Waage und der ewige Prüfstein, womit die Diener geprüft werden. Keiner versteht die Sprache außer denen, deren Herz losgelöst und in Ruhe und deren Seele friedevoll ist.

[Seite 100] Diese letztere Sprache darf nicht wörtlich gedeutet werden. „Für jede Wissenschaft gibt es siebenzig Wege und die Menschen kennen nur einen davon. Kahim wird die andere zeigen.“ Es heißt ebenfalls: „Wir sprechen eine Sprache, welche sich in siebenzig verschiedenen Stufen ausdrückt.“ Das ist so, daß, wenn die eine Bedeutung des Hadiß nicht sich zu bewahrheiten scheint, du dich nicht verwirren lassen darfst. Denke, du habest sie nicht verstanden. Es kann ja keiner wissen, was die Absicht der Imame der Religion war. Den Gläubigen kommt es zu, sich der göttlichen Güte durch solche Fragen nicht berauben zu lassen. Die Antworten darauf müssen von den Dienern Gottes kommen.

Ach, gibt es auf Erden einen einzigen aufrichtigen Sucher, der sich der Offenbarung der Einheit anvertraut? Ein jeder wohnt im Lande des Vergessens und folgt den Ungläubigen und Tyrannen. Gott wird mit jedermann nach seinem Verdienst verfahren, und wie die einen der Begegnung mit Ihm in Seinen Tagen nicht achteten, so wird Er auch die Undankbaren zu vergessen wissen. So ist es für die Ungläubigen bestimmt worden, so wird es für alle sein, die Seine Zeichen mißachten.

Ich ende diese Zeilen mit Gottes Wort:

„Wer sich von Meinem Mahnruf abkehrt, wird ein erbärmliches Leben führen.“ (Kor. XX, 123.)

„Wer sucht, den Ermahnungen des Höchsten zu entgehen, den ketten wir an Satan fest. Er wird sein unzertrennlicher Gefährte sein.“ (Kor. XLIII, 35.)

Solche Worte kamen einstens von Gott herab. Sei du unter denen, die sie erfassen!



Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]

Elfter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart


Belehrung des Abbas Effendi 'Abdu'l-Bahá an Seine westlichen Besucher betreffs der kanonischen Bücher des Propheten Bahá’u’lláh (Sommer 1909).

Ort: Garten eines persischen Bahá’is am Karmelabhang. Ein persischer Bahá’i übersetzt die Äußerungen des Meisters ins Englische:

„Das Buch der gesegneten Vollkommenheit (Bahá’u’lláh), welches den herrlichen Namen ‚Eschrakat‘ trägt, vervollständigt in mancher Hinsicht das Heilige Buch, Kitáb-i-Aqdas. Der Titel ‚Eschrakat‘ bedeutet ins Englische übersetzt etwa: The rays of the Light (auf Deutsch: Lichtstrahlen). Wie sich die Sonnenstrahlen in einem Spiegel konzentrieren und zurückstrahlen, also auch spiegeln sich die prophetischen Lichtstrahlen seiner Heiligkeit Bahá’u’lláhs in den Zeilen dieses Buches und ihre leuchtenden Ausstrahlungen fallen zurück auf den glücklichen Leser und erhellen sein Verständnis. Betrachten wir die neun Lichtstrahlen, die aus dem Buche Eschrakat hervorbrechen:


1. Die Einheit der Menschheit soll zum Ausdruck kommen, daß die Bahá’i den Völkerfrieden mit all ihrer Kraft und ihrem Vermögen (Macht) herbeizuführen sich bestreben.

2. Daraus erwächst als eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit die Verbrüderung der Menschheit, auf Grund der neuen Einheitsreligion (Bahá’i-Lehre).

3. Die Einheitsreligion muß gepflegt werden mit Hilfe einer Einheitssprache, Einheitsschrift; auch dem Erlernen der wichtigsten Weltsprachen neben seiner Muttersprache soll die Aufmerksamkeit geschenkt werden.

4. Die Verständigung der Völker hat gesichert zu werden durch ein übernationales Haus der Gerechtigkeit (beitu’l adl), welches zugleich und vor allem der Bewachung und Sicherung des universalen Friedens dient (wie es der große Zar in Haag angestrebt hat [Bemerkung des Meisters]).

[Seite 101] 5. Den nationalen Häusern der Gerechtigkeit ist die Pflege der öffentlichen Moral auf der religiösen Grundlage der Bahá’i-Lehre anvertraut.

6. Denselben obliegt auch der sorgfältige Ausbau des niederen und höheren Schulwesens.

7. Die Staatsverwaltung soll organisiert werden von den kommunalen Häusern der Gerechtigkeit an beginnend bis zu den nationalen Häusern der Gerechtigkeit hin. Übernationale Fragen unterstehen dem internationalen Haus der Gerechtigkeit.

8. Durch eine solche hierarchisch gestufte kommunale und nationale Verwaltung wird auch ein zuverlässiger, unbestechlicher Beamtenstand herangebildet.

9. Die gerechte Verwaltung auf religiöser Grundlage in den göttlich inspirierten Collegien der kommunalen, nationalen (und der übernationalen) Häusern der Gerehtigkeit wird auch die Loyalität der Staatsbürger verbürgen, so daß keine Revolutionen, Staatsumwälzungen und Bürgerkriege mehr entstehen können!“

Der Meister fügte hinzu: „Die in diesen neun Lichtstrahlen niedergelegten Reformen haben bereits Samen und Keime gefördert in drei Ländern des Ostens, nämlich in Persien, in der Türkei und in Ägypten (Siehe die Jungtürken, Jungperser und Jungägypter 1908—1912.). Die nächsten zwei Jahrzehnte werden uns Freiheitsblüten und Kulturfrüchte in diesen Ländern erblicken lassen. Die wahrhaft göttliche Bahá’i-Lehre wird offen und geheim, durch Babi, Bahá’i, durch Anhänger und Freunde, durch inspirierte Jünger und auch durch Fernerstehende gleichermaßen verbreitet. — Der heilige Geist der Einheitsreligion liegt schon in den Lüften und dringt überall in das Dunkel der Völker ein. Ja Bahá El Abhá.“

Mit diesem Gruß zieht sich der Meister zu einer Andacht zurück und entläßt damit seine Gäste.



Beweise des Daseins Gottes[Bearbeiten]

Analyse nach dem Tablet von ‘Abdu’l-Bahá an Professor Forel von Frank D. Clark

Aus dem Englischen übersetzt von Ella Groth, Schwerin

(Vergleiche „Sonne der Wahrheit“ Jahrgang III, Heft 7)

Für Studienabende


Die göttliche Wirklichkeit ist eine Wesenheit (ein Sein). Sie ist einzig und einfach, unabhängig.

Sie zu begreifen ist unmöglich. Einige Kennzeichen aller menschlichen Begriffe: sie sind begrenzt oder umschrieben, durch den Menschen nachprüfbar, neuen Ursprungs — nicht seit Urzeiten her seiend, sie bestehen nur im Intellekt, — nicht in der Wirklichkeit.

Die Unterschiede der physischen Stufen des Seins sind dem Begriffsvermögen hinderlich: Jede höhere Stufe begreift die niedere und entdeckt deren Wirklichkeit, aber die niedere wird sich nicht der höheren bewußt und kann sie nicht verstehen.

Mineral, Pflanze und Tier besitzen nicht die geistigen Fähigkeiten des Menschen, die die Wirklichkeit aller Dinge enthüllen; aber ein Mensch begreift alle niederen Stufen. Somit kann der Mensch auch das Wesen des Göttlichen nicht begreifen. Das Wesen Gottes ist den Augen verborgen. Das göttliche Sein ist unberührbar. Die Wirklichkeit des Seins ist jenseits aller Beschreibungsmöglichkeit.

Die Beweise des Daseins Gottes: Der Beweis durch analogen Schluß: mit Hilfe der intellektuellen menschlichen Denkgesetzmäßigkeiten und seiner geistigen Fassensmöglichkeit: Vernunft, Beobachtung, Logik, Intuition und Entwicklung des Bewußtseins kommt der Mensch zum Glauben an die erhabene Gottheit, zur Entdeckung der göttlichen Gaben, zur Gewißheit, daß das Dasein jener unerschauten Wirklichkeit durch überzeugende göttliche Beweise erklärt wird. Zum Beispiel: das Wesen des Äthers ist unbekannt, dennoch wird sein Vorhandensein [Seite 102]


Am Sonntag, dem 4. Oktober, verschied in Stuttgart im 64. Lebensjahr

Frau Marie Stellwag

nach einem Leiden, das sie 18 Monate mit Geduld ertragen hat. Sie war eine stille Frau, die der heiligen Lehre in ihrem Kreis treulich diente. Ihre Auffassung der Religion ging weit über das Alltägliche hinaus, und so erwartete sie auch ihren Tod mit stiller Fassung, wissend, daß sie einer höheren Entwicklung entgegengehen werde. Sie bewies ihre Treue bis in den Tod, und so mag sie sich wohl auch die Krone des Lebens errungen haben. Am 7. Oktober geleiteten sie Freunde zu ihrer letzten Ruhestätte. Wir alle werden ihr ein freundliches Gedenken bewahren.



durch seine Wirkungen bewiesen: Wärme, Licht und Elektrizität sind seine Wellen. Durch diese Wellen wird das Vorhandensein des Äthers bewiesen.

Der Beweis durch die gottgegebenen Eigenschaften: die unendliche Zahl der Geschöpfe kann nur durch den unendlichen Schöpfer hervorgehen. Das Leben der Wesen baut sich auf der Zusammensetzung einfacher Elemente auf. Ihr Nichtsein dagegen auf der Nichtzusammensetzung dieser Elemente. Es erfolgt somit eine Zusammensetzung der Elemente und mit jeder Zusammensetzung wird ein Wesen gebildet. Diese Wesen sind der Zahl und Mannigfaltigkeit nach unendlich, d. h. das Ergebnis ist ein unendliches. Kann dann die Ursache eine endliche sein?

Die Zusammensetzung kann keine zwangsläufige sein. Wesentliche Eigenschaften eines Dinges sind von ihm untrennbar (sonst wären sie nicht wesentlich). So ist zum Beispiel die Wärme, die die Ausdehnung der Elemente verursacht, und das Licht, das alle Dinge offenbart, untrennbar vom Sonnenstrahl, der wiederum die wesentliche Eigenschaft der Sonne ist. Würde Zusammensetzung eine wesentliche Eigenschaft der Bestandteile des Dinges sein, wäre die Zerlegung des Dinges unmöglich. Da aber Zersetzung der Dinge eine unbestreitbare Tatsache in der Erscheinungswelt ist, kann die Zusammensetzung keine zwangsläufige (keine wesentliche Eigenschaft) sein.

Die eingetretene Zusammensetzung kann keine willkürliche sein, da das Vorhandensein des Weltalls bei Mangel an Gesetzmäßigkeit und Ordnung unmöglich ist, willkürliche Zusammensetzung gegenseitige Zerstörung und Wirrwarr zur Folgen haben würde.

Wenn Zusammensetzung nicht zwangsläufig noch willkürlich sein kann, muß sie unabhängig planmäßig sein, d. h. eine ungeschaute Kraft, die als die urewige Kraft bezeichnet wird, verursacht den Zusammenschluß dieser Elemente. Aus jedem Zusammenschluß geht ein bestimmtes Wesen hervor.

Der Beweis aus den Eigenschaften und Vollkommenheiten Gottes: Wir legen der göttlichen Wirklichkeit gewisse, ihr seit altersher innewohnende Eigenschaften bei, wie Wille (Schöpfungswille, griechisch Logos), Wissen, Macht und andere.

Diese Eigenschaften und Vollkommenheiten sind die Zeichen, die das Dasein des göttlichen Wesens auf die sichtbare Ebene wiederspiegeln, sie sind aber nicht die absoluten Vollkommenheiten (die Wirklichkeit) des göttlichen Seins selbst. Diese können nicht begriffen werden.

Wenn wir die erschaffenen Wesen betrachten, so sehen wir unendliche in ihnen wiedergespiegelte Vollkommenheiten, und daß in ihnen die höchste Regelmäßigkeit und Vervollkommnung entfaltet ist.

Wir müssen daraus folgern, daß die urewige Kraft, von der das Sein dieser Dinge abhängt, nicht unwissend sein kann (sonst wäre sie zu solcher Schöpfung außerstande) [Seite 103] — daher nennen wir sie Allwissenheit und Allweisheit; nicht unfähig sein kann — sie muß allmächtig sein, nicht arm sein kann — sie muß allbesitzend sein, niemals nichtexistierend gewesen ist, sie muß ewig seiend sein.

Dies zeigt, daß bei der Benennung dieser Eigenschaften und Vollkommenheiten jener universalen Wirklichkeit wir nur Unvollkommenheiten verneinen, statt im Gegenteil Vollkommenheiten zu bejahen, die der menschliche Verstand erfassen könnte. Deshalb sagen wir, daß seine Eigenschaften über unsere Wissenmöglichkeit hinausgehen.

Zusammenfassend können wir sagen, daß jene universale Wirklichkeit mit allen ihren erwähnten Eigenschaften und Attributen heilig und erhaben über allem Erfassen und Verstehen ist.

Die Notwendigkeit einer Hauptursache. Wenn wir mit erkenntnisfähigem Verstand über das unendliche Weltall nachdenken, so bemerken wir, daß Erregung ohne Erreger und Wirkung ohne Ursache unmöglich ist, jedes Wesen durch mancherlei Einwirkungen zum Dasein gekommen ist, es fortgesetzt während seines ganzen Daseins noch weiteren Einflüssen unterworfen ist, daß diese Einflüsse selbst wieder anderen Einflüssen unterworfen sind. Zum Beispiel: Pflanzen wachsen und blühen durch den Regen aus der Aprilwolke, während die Wolken selbst durch verschiedene andere Ursachen entstanden sind, und diese Ursachen wurden ihrerseits durch noch andere Kräfte hervorgerufen. Pflanzen und Tiere entwickeln sich unter der Einwirkung dessen, was die heutigen Gelehrten als Sauerstoff und Wasserstoff bezeichnen, während diese selbst der Reihe nach durch noch andere Einflüsse gebildet werden. Ebenso kann man bei anderen Erscheinungen unterscheiden, ob sie andere Dinge beeinflussen, oder durch sie beeinflußt werden.

So dauert die Ursachenkette fort.

Dennoch ist es widersinnig zu behaupten, daß dieser Vorgang unbegrenzt fortgeht, vielmehr müssen der Erzeuger der Wirkungen und die Wirkungen notwendig letzten Endes hinführen: zum Ewigseienden, zum Allmächtigen, zum Aus-sich Seienden, zur letzten Ursache. Diese universale Wirklichkeit kann durch die Sinne nicht wahrgenommen werden, durch den menschlichen Verstand nicht begriffen werden.

Der Beweis durch Gegensatz. Die Beschränktheit selbst beweist das Dasein des . Unbeschränkten, denn das Begrenzte wird durch das Unbegrenzte offenbar, wie die Schwachheit das Dasein der Macht, Unwissenheit das Dasein des Wissens, Armut das Dasein des Reichtums beweist. Ohne Reichtum würde keine Armut, ohne Wissen keine Unwissenheit, ohne Licht keine Finsternis sein. Finsternis selbst ist ein Beweis für das Dasein des Lichtes, denn Finsternis ist Abwesenheit des Lichtes.

Die Grenze des menschlichen Verstandes. Die Wohltaten der barmherzigen Wirklichkeit werden allen Dingen gewährt und der Mensch muß tief über die göttlichen Gaben, wie z. B. über den Geist nachdenken, statt über das göttliche Wesen selbst. Das ist die Grenze des menschlichen Verstandes.

Wenn wir sagen, daß das göttliche Sein Wissen hat (allwissend ist) und unabhängig ist, so heißt das nicht, daß wir damit die göttliche Wirklichkeit entdeckt, sondern vielmehr, daß wir es durch die göttliche Gnade in der Wirklichkeit der Dinge geoffenbart erkannt haben.



Das Rohr[Bearbeiten]

Von E.M.Gr.

Von dem Tage an, da du deine Seele in des Allmächtigen Hände gelegt hast, sind dir Flügel gewachsen. Du schreitest über schwindelnde Höhen, ohne daß dein Fuß auch nur im geringsten ins Wanken geriete. Du tust Dinge, zu denen dir vorher einfach die Kräfte versagt hätten. Das heißt — du tust Dinge? Menschenkind — o nein, — du bist nur das offene Rohr geworden, durch das das Göttliche von nun an hindurchdringen [Seite 104] kann. Jetzt stehst du an den Toren einer neuen Zeit und der Weg zum Paradiese liegt offen vor dir gebreitet. Die Seite des Buches ist umgeschlagen, auf der die Worte geschrieben standen: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.“ Ja, das war der erste Schritt und er hat Tränen gekostet. Bekenne es offen: du hast deinen innern Menschen umkehren müssen, daß das Unterste zu oberst trat und daß das Oberste, das du als unbrauchbar und wertlos erkanntest, von dir vernichtet wurde. In mancher Nacht hast du dich mit Tränen auf deine Kissen gelegt, und die Verzweiflung wollte dich packen, ob der Schwere des Weges und der Unwürdigkeit deines eigenen Menschen. Wie ein Kind, das von der Mutter in den Schlaf gewiegt wird, ist auch deine Seele allmählich ruhiger geworden. und als du dann am Morgen mit noch zaudernden Schritten über das Gras schrittest, das du mit deinen Tränen genetzt hast, begann die Erde, die du hinter dir ließest, leise zu flüstern: „Du hast mich überwunden“, und in lieblichem Glanze formten die Strahlen der aufsteigenden Sonne die Worte in das erwachende All: „Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen.“ Menschenkind, das ist die zweite Stufe, nun aber — o Seele — bedenke: während du mit klaren Augen von den Höhen, auf denen du jetzt wandeln darfst, auf die Abgründe, an denen du vorüberschrittest, niederschaust und mit sicherem Griff das Tor zum neuen Paradiese öffnest, muß wie ein unzerstörbarer Felsen das Wort in deinen Tiefen ruhen: „Herr, ich bin das Rohr, durch das Du nach Belieben hindurchströmst!“



Zum Gedächtnis ‘Abdu’l-Bahá’s[Bearbeiten]

(28. November 1921)

Von Karl Goll


„Mein Joch ist sanft

Und Meine Last ist leicht!“


Gott reckt die Rechte aus dem Busen

Der Allmacht und schafft alles Neu —

Was unrecht, weckt Er, mit der Musen

Erhabener Führung Seiner Treu.

Sieh’, Seine Zärtlichkeit. — In Liebe

Fährt der Gesegnete dahin,

Dich Seiner Schönheit hehrstem Triebe

Mit aller Sorgfalt zu erziehn.

Fragwürdig ist nur Er, der Eine,

Ihm nur gehorche, nimm’s nicht schwer,

Dich hat erschaffen Sich, der Reine,

Tu, was du kannst, zu Seiner Ehr‘.

Arbeit’ und liebe, — diese Worte

Aus des Erhabenen Beispiels Mund,

Erschließt das Heil, die enge Pforte,

Nimmt auf dich in den ew’gen Bund.

So bist du Kern in edler Schale,

Bist Keim und Kern und Schal’ zugleich —

Ein lichter Punkt bei Seinem Male,

Ein Stern in Seinem Königreich.



Tolstoi und die religiöse Einheit[Bearbeiten]

‚Aus dem Englischen übersetzt von der Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft in Schwerin (Mecklenburg)

(Aus Briefen des Grafen Tolstoi in dem Werk „Tolstoi und der Orient“ von Paul Birukoff, Verlag Rotapfel in Zürich; das Werk ist in deutscher Sprache erschienen und von Mrs. J. Stannard auszugsweise ins Englische übersetzt.)


Als Antwort auf einen Brief von Gabriel Sacy schreibt Tolstoi: „Ich habe Sie nicht vergessen, da Ihre Vorstellungen von der messianischen Frage mich sehr interessierten, ebenso auch Ihre Gedanken über den Bábismus1), dem Sie augenscheinlich angehören. Wie kommt es, daß Sie als Franzose ein Bábi1) geworden [Seite 105] sind? Der Bábismus hat mich lange interessiert . . . Während ich in der Bábi-Bibel nichts von sehr hoher Bedeutung gefunden habe, scheint es mir jedoch, daß ihr als kulturelle und humane Lehre im Osten eine sehr große Zukunft bevorsteht2). Sie hat eine gewisse Verwandtschaft (oder Ähnlichkeit) mit den revolutionären christlichen Begriffen und wird wahrscheinlich früher oder später in diese übergehen2) . . .“

Später schreibt er an Frau Grinewskaya:

„Verehrte Frau! Ich bin überaus glücklich, zu hören, daß W. Stassow Ihnen von dem sehr guten Eindruck mitgeteilt hat, den Ihr Buch auf mich machte. Ich danke Ihnen dafür, daß Sie mir eine Abschrift sandten .... Ich kenne die Bábi-Bewegung seit einiger Zeit und interessiere mich sehr für ihre Lehre. Ich glaube, daß sie eine große Zukunft hat, wie in der Tat alle, mehr vernunftgemäß gerichteten, sozialen und religiösen Lehren haben müssen, wenn ihr Ziel das ist, darüber hinauszugehen, was Priester oder die konfessionelle Theologie bieten. Der Brahmanismus, Buddhismus, das Judentum, das Christentum und der Muhammedanismus werden alle die verschiedenen Zutaten oder unwesentlichen Überwucherungen, die bewirkt haben, einen Glauben vom anderen zu trennen, aufgeben müssen, und es wird ihnen schließlich möglich sein, in einer humanen, universalen Religion2) aufzugehen. Daher denke ich mir, daß der Bábismus einen großen Einfluß auf die Massen ausüben wird.

Er wird am Ende viele alte muhammedanische Überlieferungen ausmerzen, die wie in anderen Glaubensbekenntnissen die Religionen streng voneinander getrennt haben, und wird sie befähigen, zu den grundlegenden Prinzipien, der Bruderschaft, Gleichheit und Liebe zurückzukehren3).

Starke religiöse Bewegungen, die von der muhammedanischen Welt ausgehen, werden da und dort wahrgenommen. Ich habe gehört, daß ein prophetischer Lehrer sich in Französisch-Afrika niederlassen soll. Ein anderer macht in Lahore in Indien viel Aufsehens und gibt Literatur heraus (Der Ahmadiakult). Ich las alles, was mir auf diesem Gebiete erreichbar war. Sie bringen nichts Neues und ändern das Aussehen der Welt nicht, gleichen aber in vielen Beziehungen dem Bábismus. So weit ich es beurteilen kann, sind sie absichtlich nicht theoretisch, sondern zielen (wie der Báb lehrt) auf praktische Betätigungen hin. Daher befinde ich mich mit dem Bábismus lebhafter in Übereinstimmung, so lange als dieser die Menschheit den Pfad der Bruderschaft und Gleichheit führt und die Menschen im Dienste für Gott erzieht4). . .“

Aus einem Brief an Fridul Khan Wadelbekow:

». . . Ihre dritte Frage beantworte ich dahin, daß, soweit ich den Islam verstehe, dieser, wie alle anderen Religionen, dem Brahmanismus, Buddhismus, Konfuzianismus usw., große grundlegende Wahrheit enthält, aber daß diese durch Überlieferung und unbeholfene Auslegungen verfälscht und mit unnötigen legendenhaften Erzählungen ausgeschmückt worden ist. Ich habe bei meinen Forschungen über den Muhammedanismus Klarheit zu erlangen, durch ein herrliches kleines Buch „Die Reden Muhammeds“ große Hilfe gehabt.

Die Lehren der Bábis, die aus dem Islam zu uns kommen, sind durch Bahá’u’lláhs [Seite 106] Lehre allmählich entwickelt worden und bescheren uns jetzt mit der höchsten und reinsten Form der religiösen Lehre.“

Aus einem Brief an N. M. Krymbayew (1908):

". . . Es besteht eine Bruderschaft, die nach ihrem religiösen Inhalt sehr hoch steht, die des Bábismus. Diese Lehre wurde später durch Bahá’u’lláh, der durch die türkische Regierung nach Akka verbannt wurde, sehr verbreitet und entwickelt. Dort lebt jetzt auch Sein Sohn. Seine Jünger beobachten keine äußeren religiösen Förmlichkeiten und sehen alle Religionen als auf ein und derselben Grundlage basierend an. Sie leben ein rechtschaffenes Leben in Liebe zu allen und hüten sich davor, in irgendeine aufwieglerische oder rebellische Bewegung verwickelt zu werden.

Die Grundlage der Wassow-Gruppe „Gottes Heer“ hat dieselben Prinzipien. Diese beiden Sekten5) stellen für den Muhammedanismus, den sie von den toten äußeren Förmlichkeiten befreien wollen, einen wichtigen Schritt zur Vorwärtsbewegung dar, obgleich, wie aus Gerechtigkeit zum Islam (als die jüngste der Religionen) festgestellt sein mag, dieser weniger als die älteren Glaubensbekenntnisse mit Balast versehen ist.

Ich glaube daher, daß jeder, der die Wohlfahrt der Menschheit zu fördern und der Sache seiner eigenen Religion zu dienen wünscht, sich nicht davon abwenden, sondern mit ganzer Kraft danach streben sollte, ihre tiefe Wahrheit zu verstehen, und diese ist in allen Religionen, ebenso im Muhammedanismus, zu finden. Befreien Sie die Wirklichkeit von allen Überwucherungen, so werden sich auch im Koran die guten und tiefen Wahrheiten enthüllen.“

Der Verfasser, Herr Paul Birukoff, fügt am Schlusse dieser Briefe folgende Bemerkung hinzu:

„All dieses trägt dazu bei, zu beweisen, wie teuer Tolstoi die muhammedanische Gedankenwelt geworden war, und wie ernstlich er danach strebte, den Islam mit den anderen großen Religionen zu verbinden, um dadurch einer wiedergeborenen Menschheit zu einer universalen religiösen Einheit zu verhelfen.“

(Aus „The Bahá’i-Messenger Genf“, 20. Juli 1926, Nr. 1. Die Anmerkungen sind von der Übersetzerin hinzugefügt.)


1) Der Báb war der Vorläufer Bahá’u’lláh’s. Die Lehre des Báb wird Bábismus genannt, seine Anbänger Bábis oder Babisten.

2) Bei dem Bábismus handelt es sich um eine Bewegung des Ostens, während Bahá’u’lláh die universale Weltreligion offenbarte, die mit den Lehren von Zoroaster, Buddha, Moses, Christus und Muhammed übereinstimmt.

3) Diese Hoffnung Tolstois hat sich in der Offenbarung Bahá’u’lláh’s erfüllt, die den Kern von der Schale befreit und den Anhängern der verschiedenen Religionen zeigt, daß die grundlegende Wahrheit in allen Religionen dieselbe ist.

4) Der Báb hatte die Mission zu erfüllen, die Menschheit auf das Kommen des Weltenlehrers, des Geistes der Wahrheit, von dem Christus zu Seinen Jüngern sprach, vorzubereiten. In Seinen Schriften sagte Er an einer Stelle: „Im neunzehnten Jahre werdet ihr in eurer Begegnung mit Gott zur vollkommenen Glückseligkeit gelangen. Der Horizont wird erleuchtet sein. Der unendliche Geist wird Sein stilles, sanftes Wehen aussenden. Die göttliche Verkündigung wird reden.“ Der Báb wurde wegen Seiner Lehre auf einem öffentlichen Platz in Täbris erschossen. Neunzehn Jahre nach der Erklärung des Báb offenbarte Bahá’u’lláh der Welt Seine Mission, die die Erfüllung der Verheißungen aller Propheten ist.

5) Die Bahá’i-Botschaft ist eine universale Lehre, die die Anhänger aller Religionen zur Wahrheit in ihrer eigenen Religion zurückführen will.



Bahá’i-Organisation[Bearbeiten]

Star of the West 1925, Vol. 137 Nr. 12, 1923, Vol. 13, Nr. 12 Übersetzt von der geistigen Arbeitsgemeinschaft Zuffenhausen (Schluß)

Ihre Grundlage im geoffenbarten Wort

Durch Organisation werden die durch Bahá’u’lláh geoffenbarten grundlegenden Prinzipien, in Beratung und Güte — jede Versammlung erleuchten. Durch die Organisation des Volkes des Lichtes werden die Pfeiler, welche die Ordnung der Welt stützen, „Belohnung und Vergeltung”, gerechte Verwaltung erhalten.

Organisation erleichtert die Hilfe der Starken den Schwachen und der mehr Wirksamen den weniger Wirksamen gegenüber. Sie wendet täglich das Gesetz der Zusammenarbeit und der Voneinanderabhängigkeit an. Sie befähigt, eine beleidigte, aber aufrichtige Person, ihre Kränkungen durch die vereinigte Weisheit einer erleuchteten Gruppe richten zu lassen. Wenn ihr nicht Genugtuung geschieht, so soll ein Ruf an den höchsten Hof der Führung durch sie gerichtet werden. Organisation vereitelt Meinungsverschiedenheiten und hält die Einheit der Lehre hoch.

Die Ermahnungen zur Liebe und Einheit, die sich so oft in den Bahá’i-Lehren wiederholen, richten sich an die Aufrichtigkeit des Menschen zu seiner inneren und äußeren Sicherheit. Gemeinfaßlich heißt das: sich zu dem Mittelpunkt des Lichtes und der Führung wenden. Es ist Tatsache, daß jedwelche Einrichtung oder Organisation auf Erden durch die himmlische Kraft mit aller Macht unterstützt wird. Die göttliche Zivilisation fördert immer des Menschen mitarbeitende [Seite 107] Bemühung. Mitarbeit besagt in ihrer eigentlichen Natur Organisation. Wenn Organisation in kleinen Angelegenheiten sogar notwendig ist, um wie viel notwendiger ist diese, wenn menschliche Wohlfahrt durch die Gesetze des Königreiches gewährleistet werden soll?

Die göttliche Vorsehung wird die göttlichen Lehren vor allzuviel Organisation bewahren. Wenn diejenigen, die sich erheben, zu dienen, die Bedeutungen der göttlichen Worte nach ihren eigenen Begrenztheiten erklären, so werden sie um sich Anhänger versammeln und dadurch werden sich unzählige Sekten bilden innerhalb der Körperschaft der Bewegung. In Übereinstimmung mit der Offenbarung dieses Tages dürfen die Worte der Lehrer nur gesprochen werden, wenn sie von Gott geoffenbart und in Tablets berichtet sind. Der Lehrer wird zu allen Zeiten bezüglich seiner Autorität befragt werden. Sollten sich Meinungsverschiedenheiten ergeben, so können sie leicht berichtigt werden durch die Verordnungen der Organisation, die der göttliche Plan erklärt. Die vorsorgliche Bewahrung der Bücher und Tablets, ihre richtige Übersetzung in andere Sprachen als die, in der sie geoffenbart sind, ihre Verbreitung über alle Länder der Erde sind zu wichtig, um einer individuellen Richtung anvertraut werden zu können. Wie bald würden unschätzbare Schätze zerstreut sein, ihre Reinheit verlieren durch Veränderungen und verloren sein für künftige Geschlechter! Hier beweist wieder die Organisation ihren großen Wert.

Organisation wurde unter den Freunden in Amerika seit einer Reihe von Jahren eingeführt. Dies liegt in der natürlichen Ordnung der Entwicklung. In den frühen Tagen der Bewegung in Amerika wurden die neuen Lehren durch eine Gruppe von Gläubigen gelesen, und wenn ein Neuling erschien, wurde die Botschaft geschichtlich erklärt. Als die Zahl sich vergrößerte, bemühte man sich, die Menschen der Umgegend zu erreichen und es wurden Versammlungen an öffentlichen Plätzen gehalten. Veröffentlichungen u. a. waren natürlich die Folgen. Mit weiterem Fortschritt kam die Organisation der Ausschüsse, um die lokalen Versammlungsarbeiten zu leiten. So kam denn mit dem Plan, einen Mashriqu'l-Adhkar (allgemeines Haus der Anbetung), der jährliche Kongreß. Der Umfang an Arbeit, zuerst klein, vergrößerte sich von Jahr zu Jahr. Der Dienst für den Kongreß sowie für den Lehrkörper, der Tempelbau, ein Mittel zur Einigkeit, Liebe und Harmonie unter den verschiedenen Versammlungen wurde gesegnet und ruhmreich. Doch die wachsende Verantwortlichkeit hat Teilung der Arbeit verursacht und verschiedene Ausschüsse mußten sich bilden, damit sich das Werk sorgfältig entfalte. Im vergangenen Jahr erging die Anweisung des Führers der Bewegung, daß Versammlungen in ganz Amerika unter sich selbst wieder geistige Arbeitsgemeinschaften zu erwählen haben, die die lokalen Angelegenheiten zu beaufsichtigen und zu erfüllen haben. Durch den Bahá’i-Nationalrat sind die Angelegenheiten des Mashriqu’l-Adhkar, die Lehr-, Veröffentlichungs-, Überprüfungs- und Erziehungsausschüsse mit voller Tätigkeit betraut worden, um alle Bahá’i-Angelegenheiten in Amerika zu betreuen.

Die Bahái-Organisation hat im Osten nach allen glaubwürdigen Berichten eine höhere Stufe als die im Westen erreicht. Dort finden wir eine größere Anzahl Bahá’i mit langjähriger Erfahrung, da schwere Trübsale und heftige Verfolgungen die Macht und Durchdringung der Liebe zur Sache vergrößert haben und sie eng verbunden hat. Die Glückseligkeit, der Frieden und der Zustand der Freunde an jedem Ort sind unzertrennlich verbunden miteinander. Wie beglückend ist das Bewußtsein, daß solch ein Zustand in heutiger Zeit in der Welt gefunden wird. Unsere orientalischen Brüder sind immer achtsam auf die größte Führung und das Gemeinwohl. Sie verwalten erfolgreich in höchst organisierter Weise nicht nur die Angelegenheiten der Bewegung, sondern sie arbeiten mit an gemeinsamen Unternehmen privater Natur. Ihre Organisationen sind sowohl weise wie vollendet, und bedeuten einen starken Schutz gegen den Betrug und die Bestechung in ihrer staatlichen Verwaltung. Sie bringen eine gute und gerechte Verwaltung und liebenden Ansporn für die Tätigkeit der Freunde untereinander. Die Kaufhäuser der geistigen [Seite 108] Versammlung versorgten und versahen die Freunde mit Nahrung während der jüngsten Bedrückung und des Elendes, verursacht durch den Krieg, so daß nicht ein Bahá’i den Entbehrungen erlag. Dies ereignet sich in einer Zeit, da Tausende von Menschen Hunger leiden. Solch ein Segen ihrer Organisation spricht für sich selbst.

Die Freunde in Persien haben nicht nur einen Lehrausschuß, sondern auch Lehrervereine ins Leben gerufen. Diese sind zu dem Zweck organisiert, daß gemachte Erfahrungen besprochen, doppelte Anstrengungen vermieden, Pläne für die Arbeit erörtert und größte Weisheit und klare Führung bei Vorträgen über die Botschaft gewährleistet werden.

Es sollte klar sein, daß Organisation im Bahá’i-Sinn immer eine geistige ist. Bahá ist die Offenbarung des Abhá-Lichtes in dieser Welt für die Führung der Menschen. Darum hat Gott Sich Selbst in dieser größten Manifestation geoffenbart, die Erde mit Seinem Glanz erleuchtet und in den Kreis Seines Bündnisses eingeschlossen und heute gibt Er Seinen Anbetern die Führerschaft der Allgemeinheit ja aller Geschöpfe in die Hand. So kommt die Bahá’i-Organisation in beste Anwendung durch die Führung und Mitarbeit aller Freunde in geistigen und weltlichen Angelegenheiten. Frieden durch weltliche Organisation der geistigen Angelegenheiten ist zu erreichen. Die Menschen gelangen jetzt zu ihrem höchsten Glück durch geistige Organisation der materiellen Angelegenheiten. Gewiß kann hieraus für die Welt nur Gutes entstehen.

Der Pfeiler der Bahá’i-Organisation ist Gerechtigkeit, ihre Ehre ist der Dienst, ihre glänzenden Juwelen sind Demut, ihr Panier ist Vertrauenswürdigkeit, ihr Licht ist Führung, ihre Waffen sind Gebet, ihre Schatzkammer ist die göttliche Liebe, ihr erhabener Zweck ist Einigkeit. Ihre Glieder müssen frei sein von Vorurteilen allen Menschen gegenüber. Sie sollten Gott gleichen in ihrer Festigkeit, Standhaftigkeit und All-Liebe. Sie sollten dem Mittelpunkt des Bündnisses der göttlichen Macht gehorchen und sich als Nichts ansehen auf Seinem Pfad. Sie sollen ihre eigenen Fehler zu erkennen suchen, sie vor Gott bekennen und fähig sein, die Tugenden der anderen Menschen zu achten. Sie sollten nicht für sich selbst ehrende Stellungen wünschen, sondern andere dafür auserwählen. Die Anweisungen ‘Abdu’l-Bahás lauten dahin, daß eine größere Körperschaft aus ihrer Mitte eine kleinere Körperschaft wählt. Auf diese einfache ruhige Weise ist die Erregung bei Wahlen vermieden und Harmonie gefördert.

Die Zukunft der Bahá'i-Organisation ist glänzend und glorreich.

Der Mashriqu'l-Adhkar wird zum Mittelpunkt, umgeben von vielen Einrichtungen, wie Schule für Waisen, ein Hospital, ein Hospiz, das Heim für Greise und Unmündige, eine Hochschule für angewandte Wissenschaften. Dies alles wird notwendigerweise eine sorgfältige Verwaltung und nachdrückliche Organisation erfordern.

Das internationale Haus der Gerechtigkeit, behütet durch den verehrten Führer der Bewegung, die verschiedenen nationalen geistigen Versammlungen, die geistigen Versammlungen in den Städten, der internationale Schiedsgerichtshof, die ganze Verbindung der Welt, dies alles vermag die göttliche Entwicklung der Organisation zu einem wirksamen Ganzen zu gestalten, an das man nicht gedacht, zu dem edelsten und höchsten Ziel.

Die geistige Welt, organisiert in dem Licht der Bahá’i-Prinzipien, wird die Wiederspiegelung der Höchsten Heerscharen bedeuten.

Gez. Louis G. Gregory, Agnes S. Parsons, Mariam Haney, als Ausschuß, der von der Nationalen geistigen Arbeitsgemeinschaft im Januar 1923 beauftragt wurde, ein Dokument für die Bahá’i-Organisation zu entwerfen.



In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.


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Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]

Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)


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Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart

Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude

In unserem Verlag sind erschienen:


Bücher:

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . 1.--

Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.50

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--

'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 3.--

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 3.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50

Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 5.--


Broschüren:

Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.50

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.50

Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.50

Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 9 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--

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