←Heft 6 | Sonne der Wahrheit September 1931 |
Heft 8→ |
![]() |
SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT 7 | 11. JAHRGANG | SEPT. 1931 |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark |
Heft 7 | Stuttgart, im September 1931 ’Izzat — Macht 88 |
11. Jahrgang |
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Inhalt: Das Heilige Buch der Gewißheit. — Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ’Abdu’l- Bahá. — Das Gebot des Hütertums. — Die Gärten der Bahái. — „Tenrikyo“, eine japanische Religion mit weltreligiösem Einschlag. — Aus dem Esperanto-Pressedienst des Esperanto-Bundes E. V., Berlin SW 61. — Eindrücke eines Bahá’i vom bulgarischen Esperanto-Kongreß 1931. — Einsamkeit
Aus einem Tablet von ‘Abdu’l-Bahá Abbas nach Amerika[Bearbeiten]
Was Dich betrifft, so sei nicht voll Kummer über irgend ein Geschehen. Es ist eine große Weisheit in allem, was sich in dieser erhabenen Offenbarung ereignet. Sei nicht traurig, wenn sich die irdischen Güter verringern in Deinen Händen, denn Dein erleuchtetes Herz ist eine große Schatzkammer, insofern, als jedes Herz, das weiß um die Gnade seines Herrn erleuchtet wird durch das Licht des Schöpfers und eine Schatzkammer des Gottesreichs ist, angefüllt mit dem Reichtum Seiner göttlichen Welt und Seines himmlischen Segens. Dies ist ein großer Reichtum!
Bestelle meine Grüße an... und verkünde ihm die frohen Botschaften Gottes und sage ihm:
Dieser Tag ist der Tag der Auferstehung und der Tag der Erleuchtung. Dieser Tag ist der Tag der ewigen Ehre, des unermeßlichen Reichtums, der mächtigen Herrschaft und der großen Begnadigung. Schätze seinen Wert und sei seiner Bedeutung bewußt, damit Dir beschieden sei, wonach sich alle Heiligen von jeher gesehnt haben.
(Aus „Tablets of ‘Abdu’l-Bahá“, Band II)
Das Heilige Buch der Gewißheit[Bearbeiten]
(Fortsetzung)
(Kitab-El-Iqan aus der Feder von Bahá’u’lláh)
Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Dr. A. Mühlschlegel, Stuttgart
Diese Wesen waren so sehr umgewandelt, daß sie nur noch auf den Willen des Báb
schauten und keine anderen Befehle annahmen als die seinen und sich seinem
Gutdünken völlig unterwarfen. Im Vertrauen auf des Meisters Gedanken verschlossen sie
ihr Herz der übrigen Welt.
War eine solche Macht noch einem Menschen auf Erden zu eigen? Wer hätte es vermocht, diese heiligen Seelen, diese erhabenen Geister in solcher Art dem Tode entgegenzuführen? Nie ging ein Wort des Vorwurfs aus ihrem Munde, nie ein Wort, das anderes als gute Taten und Dankbarkeit bezeugt hätten. In den schlimmsten Qualen sahen sie nur göttlichen Willen, trotz des Hasses und der Grausamkeit, deren Opfer sie waren. Kann man sagen, die Ungläubigen wähnten, die Mörder seien Gott angenehm, und wären darauf bedacht, Wohlfahrt und Glück zu verdienen?
Ist seit Adam bis auf unsere Tage ähnliches Geschrei erschollen? Hat man jemals solche Unruhen unter den Völkern gesehen, in solchem Haß und Fluch? Fast scheint es, daß vor diesen Ereignissen nie etwas erduldet wurde, daß vorher nie etwas vollbracht wurde.
Ich wünsche, du könntest all diese Kämpfe und Trübsale, die Größe und die erhabene Art der Sache erschauen, auf daß du durch die Güte des Barmherzigen den Hauch der Stille fühlest und auf dem Throne der Gewißheit ruhest. Gott, der Eine, ist Zeuge: wenn du dich auch nur ein wenig darein vertiefst, so wirst du verstehen, daß außer all den Beweisen, von denen wir gesprochen haben, nichts mehr die Gerechtigkeit der Sache dieser Helden der Entsagung und Loslösung begründet, als die Mißhandlungen und Anfeindungen, denen sie von seiten aller Völker der Erde ausgesetzt waren. Und jedes Mal, wenn du die Widersprüche der Priester, Gelehrten oder Toren bemerkst, so wird dies deinen Glauben in dieser Sache nur verstärken. Denn alles, was geschehen ist, war vorausgesagt durch die Quelle der Erleuchtung und durch den Löwen der ewigen Gebote. Ich will hier nicht an alle Hadiß erinnern. Aber einige beziehen sich besonders auf diese Lage; und wenn es auch jetzt fast unnütz sein mag, sie anzuführen, da alles, was wir gesagt haben, ein hinreichender Beweis ist, und da das Geheimnis aller Bücher in diesem Buche erläutert ist, so werde ich nichtsdestoweniger einige nennen. Wenn du dich aber darein vertiefen willst, so wirst du in unseren eigenen Worten die Erklärung dafür finden, von dem, der zu diesem Könige der Wirklichkeit gelangt ist. Für jene aber, die dadurch nicht überzeugt sind, folgen hier die heiligen Worte, die ihre verwirrte Seele festigen, ihren ruhelosen Geist besänftigen und die göttlichen Beweise ergänzen werden für alle Völker der Erde.
Es ist gesagt: „Wenn die Fahne Gottes erhoben wird, werden die Völker des Ostens und des Westens sie beschimpfen.“ Trinke ein wenig vom Weine der Loslösung, wohne im Palaste der Enthaltsamkeit, wisse: „Eine Stunde Nachdenken gilt mehr denn fünfzehn Jahre Beten“, und du wirst dann die Erklärung dieser schrecklichen Geschehnisse schauen. Du wirst wissen, warum Menschen, die einstmals Gott suchten und ihre Ergebenheit bewiesen bis zu dem Tage, da Er erschienen ist, sich später unterfangen haben, sein Volk zu mißhandeln. Die Hadiß erklären es uns: die Aufhebung von Gesetzen, Einrichtungen und Gebräuchen durch einen neuen Gottgesandten ist die Ursache der Entfremdung der Völker.
Warum müssen solche Verwirrungen entstehen, wenn der Gottgesandte nicht den
gebräuchlichen Irrtümern nachgibt und den Beschäftigungen des Volkes nicht seine ganze
Zustimmung schenkt? Folgender Vers des Korans läßt es uns verstehen: „Der Tag, da
der Engel, dem es obliegt, die Menschen zu rufen, sie zu etwas Schrecklichem rufen
wird... “ (Kor. LIV, 6.) Da der Erwecker der Einheit die Menschen zur Loslösung von
allen ihren
[Seite 75]
Gütern ruft, und da dieser göttliche Ruf ihren Bestrebungen entgegen ist, so sind solche
Prüfungen, solche Versuchungen der Gewichtstein für die Völker. Betrachte ihren
Zustand! Denken sie an die kraftvollen Hadiß, die sich alle bewahrheitet haben? Sie
klammern sich viel mehr an den Wortlaut, um darüber zu reden, und sie fragen sich,
warum sie sich nicht erfüllt haben. Indessen haben sie sehen können, was sich ereignet
hat, wie das Zeichen Gottes strahlt wie eine Sonne mitten am Himmel, und trotzdem
wandern sie weiterhin in den Wüsten der Unwissenheit und des Nichtverstehens um
den verheißenen Gottgesandten zu erwarten, der ihnen die Gesetze des Forkan offenbaren
wird. Wie viele Verse des Forkan und der kraftvollen Hadiß künden klar von der
neuen Religion und der wunderbaren Sache! Aber die Juden und die Christen machen
trotzdem weiter ihre Einwände.
Unter den Hadiß, welche die Neue Sache verkünden, findet sich das Gebet von Doaye-Notbe: „Wo ist der Verheißene, welcher die Vorschriften und Überlieferungen uns neu geben wird? Wo ist Er, der auserwählt ist, die Religion zu erneuern?“ In dem Gebete Ziarat findet man: „Friede sei dem Neuen Gottgesandten!“
Desgleichen wird erzählt, daß Abu-Abd’ullah auf die Frage nach dem Imam Mahdi antwortete: „Er wird handeln wie das Siegel der Propheten. Er wird vernichten, was vor ihm bestand, wie Muhammed die Jahelia vernichtet hat.“
Wie können die Menschen angesichts all dieser Hadiß an die Ewigkeit der Gebote glauben, wo es doch der Zweck eines jeden Gottgesandten ist, alles, was besteht, Sichtbares und Unsichtbares, in der körperlichen und sittlichen Welt zu wandeln und zu vervollkommnen? Denn wenn die Dinge sich nicht wandeln würden auf Erden, wäre es unnütz, daß die Gottgesandten erschienen.
Im Havalem, einem Buche, das von allen geachtet wird, steht geschrieben: „Aus den Beni-Hachim wird ein Kind geboren werden, ein Besitzer des Buches und des Gesetzes, ... und seine größten Feinde werden die Priester sein.“ An anderem Orte findet man die Worte von Sadekh-Ibn-Muhammed, einem der Imame: „Wahrlich, ein Kind der Beni-Hachim wird erscheinen und dem Volke gebieten, ihm den Eid der Treue zu schwören. Es ist der Besitzer des Neuen Buches, das die Völker ihm nachfolgen läßt, und ist hoch erhaben inmitten der Araber. Wenn du von ihm reden hörst, so eile Ihm zu begegnen.“
Wie weit haben die Völker die Gebote der Imame der Religion und der Leuchten der Gewißheit befolgt! Sie haben den Sproß der Beni-Hachem des Unglaubens gezeiht. Sie haben zu sagen gewagt, dieser Herr des Weltalls wäre ein Abtrünniger. Sie sind nicht anders diesem Lichte entgegengeeilt als mit gezücktem Schwerte und haßerfülltem Herzen.
All dies ist in dem Buche vorausgesagt, und obwohl die Prophezeiungen der klaren Hadiß sich erfüllt haben, bleiben die Menschen doch des reinen Wesens der Belehrung und Deutung beraubt und haben Verstiegenheit und groben Irrtum angenommen. Sie haben weiterhin nur das behauptet, was ihnen paßte, und haben alle, die ihnen nicht gefielen, des Unglaubens beschuldigt und gesagt: „Dies widerspricht den Imamen und den unfehlbaren Lichtern. All dies ist nicht in der Religion.“
Betrachte nun, wie alles vorhergesagt ist! Im Arbeyn steht geschrieben: „Es wird aus den Beni-Hachim ein Kind geboren werden, welches die Menschen zu neuen Geboten rufen wird. Keiner wird ihm antworten. Seine Feinde sind die Priester, welche sich weigern werden, ihm zu gehorchen. Sie werden sagen: Dies widerspricht dem, was wir von dem Imamen der Religion haben . .. .“ Ist dies nicht das, was heute geredet wird, ohne zu begreifen, daß Seine Erhabenheit auf dem Throne der unumschränkten Macht saß und auf dem Stuhle des Höchsten Befehles ruhte? Kein Verstand kann die Natur Seiner Erscheinung erfassen, keine Belehrung ist hinreichend, Seine Sache ganz erkennen zu lassen. Alles, was Er spricht, ist Wahrheit. Alles, was besteht, bedarf Seiner. Alles, was nicht Er ist, besteht nur auf Seinen Befehl. Er ist die Offenbarung des Gottesgeheimnisses, die Erfüllung ewiger, unsichtbarer Weisheit.
(Fortsetzung folgt)
Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]
Zehnter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart
Einzelunterhaltungen ‘Abdu’l-Bahás Abbas Effendi mit Miß E. St. Stevens betreffs
Prophetie und phrophetischen Aussprüchen in der Lehre des Báb und Bahá’u’lláhs.
Personen: Außer dem Meister und Miß Stevens ist noch ein persischer Dragoman, manchmal ein Vertrauter des Hauses oder auch Fr. Dr. F. anwesend.
Ort stets: Haus des Meisters, der kleine Empfangsraum.
Zeit: 2-3 mal wöchentlich nach Sonnenuntergang.
Dauer: Eineinviertel Stunden.
Frage von Miß Stevens: Ist der Begriff der Prophetie in der Lehre des Báb derselbe wie in der Lehre der göttlichen Manifestation (Bahá’u’lláh)?
Der Meister: „Im ganzen Morgenlande ist die Auffassung über die Natur eines Propheten dieselbe, gleichviel, ob es sich um die Religion des Islams, oder der mosaischen oder christlichen Religion handelt, nämlich: Der Prophet ist durch von Gott dem Herrn in ihn gepflanzten, persönlichen Eigenschaften sowohl Führer wie Lehrer der betreffenden Religion (Glaubensbekenntnisses). Er, der Prophet, herrscht und lehrt im Namen Gottes. Das Wesen des Propheten trägt übermenschliche Züge, die beweisen, daß er über die gewöhnliche Menschlichkeit herausragt. Die Würde und Bürde des Prophetentums ist dem wahren Propheten nicht verliehen, sondern angeboren, anerschaffen. Die Durchdringung des präexistierenden, göttlichen Lichtes durch die Substanz seiner Seele macht den Propheten zum Herrn seiner Zeitepoche und verleiht ihm außerordentliche, die Natur des gewöhnlichen Menschen weit überragende Kräfte. Die Seelensubstanz eines Propheten ist reiner als diejenige des Durchschnitts-Sterblichen, sie hat keine Keime von unguten Regungen, sie ist durchglüht von heiligem Feuer. Deswegen sind wahre Propheten der Sündenbefleckung nicht zugänglich. Das göttliche Licht und das himmlische Feuer verleiht zugleich ein untrügliches Erkennen, ein geheimes Wissen, eine sichere Inspiration, die sich sowohl auf die ewigen Wahrheiten der Religion als auch auf alles weltliche, vergangene, zeitgenössische und zukünftige Geschehen erstreckt. — Du bist, o meine Tochter, Christin und eines Tages auch Bahá’i — so Gott es will und zuläßt —, ich führe Jesus Christus, den Messias deines jetzigen Glaubens, als Beispiel und Zeugen an: Er, der Heilige Gottes, war Er nicht unfehlbar in dreifacher Beziehung: 1. Sündlos, 2. Inhaber des prophetischen Geheimwissens und 3. mit dem berechtigten Anspruch als unbedingte Autorität über die Dinge des Glaubens, des Diesseits und Jenseits, des Irdischen und Ewigen?
Im Bajan, dem heiligen Buche des Báb hat dieser gesegnete, prophetische Vorläufer der
göttlichen Manifestation (Bahá’u’lláh) den entscheidenden Ausweis seiner prophetischen
Berufung und Ausstattung erbracht, nämlich: In den geoffenbarten Versen („ājat“1))
des Bajan zeigt sich Seine magische Inspiration, Seine fließende Diktion, die rapide
Auffassung (Konzeption), Sein unmittelbares Wissen (laduni), Seine aus den Versen
(ājat) herausspringende Macht über die Menschenseelen, die wie durch ein Wort
Gottes ergriffen werden. Denn ein entscheidendes Merkmal des Propheten ist, daß er
mit göttlicher Autorität redet und schreibt, ja er darf und kann Gott selbst als
redendes Subjekt einführen. Seine Heiligkeit, der Báb, hat oft Gott den Herrn reden lassen,
in der Formel: „Sage!“ Das gilt auch von allen wahren Propheten des Alten und
Neuen Testamentes. Die Naturwunder des Propheten können wohl allegorisch gedeutet
werden, jedoch die Verse „ājat“ erweisen die göttliche Inspiration und die unmittelbare
Erkenntnis aller Dinge. Große Geister, Genies haben oft ein erstaunliches Schulwissen,
sei es selbst erworben (Autodidakt), sei es durch Lehrer und Schulung gewonnen, doch
ist das erworbene Schulwissen (ilm i kasbi),
[Seite 77]
so bewundernswürdig es sich ausnimmt, nicht zu vergleichen mit dem unmittelbaren
Wissen (ilm i laduni) eines Propheten. Selbst der ungeschulte Prophet — siehe Seine
Heiligkeit, unser Herr Muhammed, der ungelernte Kamelstreiber — hat im Koran Verse
(ājat) von einer grammatischen Korrektheit, Stilreinheit (fasāhat) und von einer ans Herz
greifenden Sprache (balāghat)hervorgebracht, welche, für immer, die Richtungsschnur, das
ewig-gültige Maß der arabischen Sprache bleiben werden. Jeder wahre Prophet ist
von Natur — soweit er es im Leben braucht — allwissend. Der göttliche Geist ist das
„Constituens“ (Bildungselement, das arabische Wort ist unleserlich) der irdischen
Erscheinungswelt, somit umfaßt das prophetische Wissen nicht allein die metaphysische,
sondern auch die physische Wirklichkeit, nicht allein das Religiöse, sondern auch das
Profane. Gott der Herr steht aber weit über jedem seiner prophetischen Diener, denn Er,
der Höchste, ist allmächtig, was der Prophet nie ist, war oder sein wird. Das Wesen des
Propheten im Verhältnis zu Gott, seinem Herrn, erläutert schon Seine Heiligkeit der
Báb folgendermaßen: Der Prophet ist die wiedergespiegelte Sonne auf Erden, die Gottheit
jedoch ist die unzugängliche, unveränderliche Sonne vor und über der Welt. Die
Sonne, der göttliche Leuchtkörper, strahlt sein Wesen, Licht und Wärme aus, ohne
substantiell etwas zu verlieren, ebenso strahlt der Prophet sein Wesen aus, ohne etwas
einzubüßen, denn er hat ja Licht und Wärme von der ewigen Sonne, die in ihm beides,
Licht und Wärme, ausstrahlt. Der Prophet ist die Emanation (Ausstrahlung) des ewigen
Lichtes. Es ist nicht eine substantielle Emanation, sondern ein Überströmen, eine
Wiederspiegelung2) von Licht und Wärme. Alles Prophetische ist eine Erscheinung,
eine Spiegelung des Göttlichen.“
1) aja= Vers, ajat= Verse.
2) Wörtlich: wiederstrahlen, zurück werfen.
Pause. Der Meister erhält eine Botschaft vom französischen Konsul. Es verstreicht geraume
Zeit, bis der Meister wieder zur Verfügung seiner Gäste ist.
Meister: „Frage, meine Tochter, was willst du noch weiter wissen?“
Miß Stevens: „Was läßt sich über ‚Göttliches‘ wissen und aussagen?“
Meister: „Das Göttliche stellt sich zu allen Zeiten dar als eine geheimnisvolle Potenz (Kraft, Vermögen) eines magischen Erkenntnisvermögens und einer mystischen Liebesgewalt (Liebeskraft). Die Gottheit kann bezeichnet werden als Urliebe und infolgedessen als Einssein von Erkenntnis und Erkanntem. In dem Abgrund (Urtiefe) der Alleinheit Gottes versinkt alle Dualität, Pluralität und Individualität. Das ‚Prophetische‘ ist die vollkommene Spiegelung des Göttlichen. Alles wahrhaft Religiöse ist die mehr oder weniger vollkommene Spiegelung des Göttlichen, reicht aber nie an die Vollständigkeit der prophetischen Spiegelung des Göttlichen heran! Die Welt der Frommen (der Gerechten!) stellt die Summe dar von mehr oder weniger auffassungsfähigen und wiederstrahlungsfähigen Spiegeln, die alle die Gottheit reflektieren. Der Orientale begreift besser als der Abendländer, daß die Welt (der Kosmos) eine Ausstrahlung des Schöpfers ist. Die Gottheit wird in der Kategorie (im Bilde) des Lichtes, der Sonne dargestellt und das Geschaffene (die Welt) ist eine göttliche Lichtspiegelung, denn das Verhältnis des Geschaffenen zum Schöpfer ist unfaßbar und kann nur im blassen Vergleich (Analogie) angeschaut und dargestellt werden. Der wahre Prophet (es gibt auch falsche Prätenden) ist also eine reine Manifestation des göttlichen ‚Urwillens‘. Alle Propheten: Adam, Noah, Abraham, Mose, Christus, Muhammed, Báb, Bahá’u’lláh sind identische Größen, in denen dieselbe Gottheit zu verschiedenen Zeiten, als dieselbe ewige Wahrheit erschienen ist (sich manifestiert hat) und sich nur den verschiedenen Entwicklungsstufen der Menschheit in ihrer jeweiligen Fassungskraft angepaßt hat. Die Propheten und ihre Religionen sind zu vergleichen der Sonne, die an verschiedenen Tagen und Zeiten aufgeht — doch immer als die gleiche, in ihrem Wesen identisch, verschieden nur in ihrem geschichtlichen Ort und ihrem Wirken —, welche die Menschheit erziehen, wie der Lehrer das Kind. Die Religion Gottes ist Eine, nur die Theophanien (Gotteslehren) sind verschieden.“
Der Meister wird abgerufen, die Anwesenden sind entlassen.
Das Gebot des Hütertums[Bearbeiten]
Im Testament Bahá’u’lláhs finden wir folgende Stelle: „Es ist der Wille Gottes, daß die Zweige (Aghsanen), Reiser (Afnanen) und Verwandten (Muntesabeen) alle und jeder einzelne auf den größten Zweig (Ghusn Azam) schauen müssen. Denkt über das nach, was in meinem Buch, dem Aqdas, offenbart ist: ‚Wenn der Ozean Meiner Gegenwart verschwunden und das Buch des Ursprungs vollendet ist, wendet euer Angesicht Ihm zu, den Gott erkoren hat und der von dieser vorbestehenden Wurzel abgezweigt ist.‘ Die Veranlassung zu diesem gesegneten Verse gab der größte Zweig (Ghusn Azam). Wir haben euch diesen Befehl als eine Gnade Unsererseits erklärt, denn Ich bin der Freigebige, der Allwalter.“
Dieser Absatz bezieht sich deutlich auf 'Abdu'l-Bahá. Dann heißt es weiter:
„Wahrlich, Gott hat das Amt des größeren Zweiges (Ghusn Akbar) nach dem Amt des vorherigen verordnet. Wahrlich, Er ist der Befehlende, der Weise. Wir haben wahrhaftig den Größeren (Akbar) nach dem Größten (Azam) als einen Befehl des Allwissenden, des Allweisen erwählt.“
Aus diesem Abschnitt erkennen wir unzweideutig die Verordnung des Hüters, d.h. also, daß dieses Amt und diese Einsetzung nicht erst von ‘Abdu’l-Bahá in Seinem Testament erwähnt ist, sondern bereits von Bahá’u’lláh ausgeht. Die vorstehenden Zitate sind übersetzt aus einer englischen Ausgabe des Testaments Bahá’u’lláhs (Kitab-el-Ah’d), die durch Ali Kuli Khan übersetzt und zusammen mit zwei anderen Tablets von Bahá’u’lláh unter dem Titel „Three Tablets of Bahá’u’lláh“ im Dezember 1918, also vor der Bekanntwerdung des Testamentes 'Abdu'l-Bahás durch die Bahá’i Publishing Society, Chicago, veröffentlicht worden ist. Der Wortlaut stimmt überein mit der bereits in den neunziger Jahren erschienenen russischen Übersetzung von Tumanskij in Zapiski Wostotschago Obstschwa (deutsch von Adam Benke, Leipzig).
Anschließend hieran sei berichtet, daß 'Abdu'l-Bahá kurz vor Seinem Heimgang zu einem Freund in Haifa sagte, daß Sein Werk vollbracht sei und daß sich in Europa derjenige aufhalte — Er bezog Sich dabei auf Shoghi Effendi, der zu jener Zeit an der Universität Oxford in England studierte —, der die Welt in Staunen versetzen werde.
Ein frühes Tablet ‘Abdu’l-Bahás nach Amerika lautet:
„O Dienerin Gottes! Wahrlich dies Kind ist geboren und lebt, und es wird durch Seine Sache ein Wunder geschehen, von dem Du in künftiger Zeit hören wirst. Du wirst Ihn in vollendeter Gestalt, mit den größten Gaben bedacht, in ganzer Vollkommenheit mit hoher Macht und großer Kraft erblicken. Von Seinem Antlitz geht ein Leuchten aus, durch das die Horizonte erleuchtet werden. Vergiß diese meine Worte nicht, solange Du lebst, besonders deshalb nicht, weil Hinweise hierauf schon in vergangenen Jahrhunderten und Zeitaltern vorhanden sind.
Auf Dir sei Gruß und Lob. (gez.) 'Abdu'l-Bahá Abbas. ("Star of the West“ 1923, Band 13, Heft 11.)
Die Gärten der Bahá’i[Bearbeiten]
Von Prof. Dr. Theodor Lessing-Hannover
Als ich in den Ostertagen nach Jerusalem kam, da erlebte ich eine Enttäuschung. Es war das Fest der auferstehenden Sonne. Man feierte die Neugeburt alles Lebens, die Herzen sollten sich verjüngen wie die Bäume und die Blumen. Diese frohe Botschaft der Unsterblichkeit alles Lebens, so sollte man meinen, hätte die Wesen vereinen müssen, die doch alle dasselbe schwere Sorgenlos des Menschenlebens zu bestehen haben. Aber nein! Jede Gruppe feierte für sich, und immer kehrten sich die Gebete und Feste der einen wider die andere.
Große Scharen frommer Pilger zogen in jenen Tagen nach Jerusalem. Aber die Scheidung
der Gemüter kam zum Ausdruck nicht
[Seite 79]
nur in den Gegensätzen der großen Religionen, des Judentums, Christentums und
Muhammedanismus, sondern auch jede dieser Religionen zerfiel in Sekten und Untersekten,
deren jede behauptete, die reine klare ursprüngliche Lehre zu bewahren, die von
den andern vertrübt und mißbraucht worden sei. Niemals aber und nirgends ist mir
der Mensch so unerlöst und unerlösbar erschienen wie am Grabe Christi. Um dieses
Grab, noch dazu ein leeres verlassenes Grab, ist jahrhundertelang Blut vergossen worden.
Um dieses Grab wird noch heute gehadert. Man hat ein Heiligtum darüber gebaut, aber
ist das ein Heiligtum? Es sind viele Kirchen, eine in die andere geschachtelt. Sie zerstören
einander die Baustile und verhindern jene Schönheit, welche Einheit ist im Mannigfaltigen.
So zeigen sie schon im Äußeren den Streit und den Ehrgeiz der Bekenntnisse.
Tritt über den Hof mit den gefährlich glatten und unebenen Pflastersteinen in die
Grabeshalle, und du hast das ganze Elend der Menschheit vor Augen. Zahllose Bettelnde
stellen ihr Elend zur Schau; andere wollen auch hier noch Geschäfte machen. Sie handeln
mit Devotionalien, mit geweihten Kerzen, Rosenkränzen, griechischen oder römischen
Kreuzen, Amuletten, bunten Bildern. Alles eifersüchtelt inmitten der Frömmigkeit.
Die römischen Katholiken beten für sich, die griechischen Katholiken beten für sich; die
Evangelischen haben ihre eigene Kirche, und alle behaupten, ihnen gehöre diese Stätte,
an der sie mit ihren Gebeten und mit der Entfaltung von Prunk und Worten konkurrieren.
Und während diese Hunderttausende uneins und gespalten in allen Sprachen der
Erde zum Himmel flehen und betteln, spielen rechts und links, wieder nur durch ein
paar Mauerwerke und Steinhaufen getrennt, zwei andere Tragödien der Frömmigkeit.
Links feierten die Juden ihr Passah und rechts die Muhammedaner das halb
religiöse, halb politische Nebi Musa. Welche Bilder, welche Szenen! Die Glocken der
Grabeskirche und der Erlöserkirche läuteten. Die Prozessionen sangen wider einander.
Weihrauch qualmte, Fahnen wehten, Seidenbrokate, Stickereien, schwere Prunkstoffe
leuchteten im Sonnenlicht und im Kerzenlichte. Die Priester in weißen Gewändern und die
Priester in schwarzen Gewändern verkündeten einander ablehnend die frohe Botschaft
der Liebe. Einige Schritte davon, an der Klagemauer, dem Rest ihres Tempels,
standen die Juden, nach Tracht, Sitte, Sprache und Gestalt ganz verschiedene Typen,
einzig geeint im Klagen und Weinen um ein verlorenes Paradies. Das große Zaubergebiet
des Hiram aber war abgeschlossen und unzugänglich gemacht für alle, die nicht zu
Muhammed beten. Hier begingen die Muhammedaner das von dem Mamelukensultan
Beibar im 15. Jahrhundert eingesetzte Osterfest, welches dafür sorgen soll, daß zur
Osterzeit, da die christlichen Pilger kommen, ein muslemisches Übergewicht in
Jerusalem bewahrt bleibe.
Alle diese Festtage waren mit ebenso viel Unfrömmigkeit wie mit Frömmigkeit durchsetzt.
Es war ebenso viel Haß wie Liebe in den Gebeten. Und wer in die lauten Gesänge der
Aufzüge und Darbietungen lauschte, der hätte meinen können, daß hier
ein wechselseitiger Krieg und Sieg gefeiert werde. Überall spielten Kompetenzstreitigkeiten.
Die Schlüssel der Grabeskirche sind in den Händen muslemischer Wächter; kein
anderer darf die Kirche öffnen; die Kuppel über dem Grabe gehört den Griechen und
Armeniern; kein anderer darf dort Messe lesen. Das Grab ist wie ein Trog, den alle
gierig umdrängen. Die Jahrhunderte bauten sich ineinander, die Völker verkrampften
sich ineinander. Es kam ein wunderlicher Wirrwarr heraus. Einzig das älteste Bauwerk,
von Helena, der Mutter Konstantins, errichtet, ist rein und edel geblieben. Die
Ordnung in diesem Wirrwarr stiftete die englische Regierung, der sämtliche religiöse
Streitigkeiten gleichgültig sind. Alle Ostergebete standen unter Polizeiaufsicht, und die
Gebete wurden von den Soldaten überwacht. Indes der Zug der Muhammedaner,
Schwerter schwingend und tanzend, aufbrach in die judäische Wüste zum Mosesheiligtum
am Toten Meer, da waren Maschinengewehre gegen Moschee und Kirche gerichtet. Jede
Pilgergruppe wurde von Soldaten mit gezücktem Bojonett begleitet. Man
befürchtete Ausbrüche des Fanatismus, Pogrome, Raserei der Gruppen wider einander.
War denn das Religion? Dieser Wille
[Seite 80]
zur Macht? Dieser Selbstbehauptungsdrang, diese Lebensgier der leidenden Masse?
Ich habe in den Ostertagen viele, viele Klöster, Kirchen, Orden, Moscheen, Synagogen besucht. Ich habe Sekten besucht, die wie die Essäer nur aus zehen Seelen bestehen, und war bemüht, die Unterschiede zu begreifen, die Maroniten, Jakobiten und Nestorianer trennen oder Benediktiner, Johanniter, Franziskaner und Dominikaner auszeichnen. Das Ergebnis war eine Stimmung wie jene der Tochter des Indra: „Es ist doch schade um den Menschen.“ Ein altes Sprichwort der Hindu sagt: „Die Altäre rauchen alle vom Weihrauch des Unglücks.“ Niemals ist mir diese Wahrheit so zu Herzen gegangen. Niemals ist mir so zum Bewußtsein gekommen, daß Religion ein Negativum sei. Nicht (was sie doch eigentlich sein sollte) das beglückende Geborgensein im Ewigen, im Außermenschlichen, nein, gar nichts anderes als eine einzige Menschenangelegenheit, ein einziger „Hominismus", wobei jeder immer dasselbe sagt: Ich, Ich, Ich! Ein Erlöstseinwollen, ein Sichstärkenwollen, ein Getröstetseinwollen aller unsrer menschlichen Bedürftigkeiten. Nicht aus der Freude übervoller, sich verströmender Seelen brach diese Frömmigkeit, nicht aus der Stärke, Dankbarkeit, Seligkeit und Liebesfülle. Immer nur Bitten und Bettel; hinter Heiligengewändern die Bettlernacktheit; hinter irdischem Prunk die Hilfsbedürftigkeit der Seele. Und so gab ich schon denen recht, die heute lehren: man werde alle diese aus Notständen fließenden Glaubensmythen eines Tages durch eine generelle Menschheitsethik ersetzen. Denn der geglaubte Gott sei nicht ewige Natur, sondern Menschenhelfer in Zeit und Geschichte. Die Menschheit schreie nach der starken Faust, die als letzter Egotismus im Kampfe der vielen Egotismen alle die National- und Gruppen- und Privatselbstsüchte in Ordnung bringt. Ja, auch die Bolschewiken haben recht, die in den Kirchen nichts sehen als Opiate für das Volk, dem von Priestern das Denken und von Soldaten die Disziplin abgenommen werden muß und dem die weiseren Raubaffen sagen müssen, was es mit sich anzufangen habe.
In solcher Stimmung des Zweifels und Widerwillens kam ich nach Haifa, wo mir Freunde von den Blumengärten der Bahá’i sprachen, in denen zwei gute Männer, Bahá’u’lláh und ‘Abdu’l-Bahá, in Frieden ruhn. Ich bin dorthin gegangen, weil ich die Blumen liebe als die wahren Kinder des Lichtes (Bahá’i) und ich fand in den Gärten, was ich an den Heiligtümern der Erde vergebens suchte: echte Weisheit, echte Menschlichkeit, wahre Religion, die alle Formen ehrt und alle überwindet. Aber um das verständlich zu machen, muß ich eine Anekdote erzählen, die tiefsinnigste, die ich kenne.
Unser großer Friedrich Schiller hat ein Epigramm geschrieben, welches sein religiöses Bekenntnis aufs knappste formuliert.
„Welche Religion ich bekenne? Keine von allen, die du mir nennst,
Und warum keine? Aus Religion.“
Es wird nun erzählt, daß Goethe nach seiner Meinung über dieses Schillersche Bekenntnis befragt, geäußert habe, das Epigramm sei schon gut, aber es werde noch besser und wahrer, wenn man statt des Wörtchens „Keine“ nur einsetzen wolle das Wörtchen „Jede“, so daß es nunmehr also heißt:
„Welche Religion ich bekenne? Jede von allen, die du mir nennst,
Und warum jede? Aus Religion.“
Dies haben mir die Blumen in den Gärten von Haifa und Akko anvertraut, daß, wie
sie dort vereint im Orchester des Frühlings duften, so auch wir Menschen ein gemeinsames
Gartenland benötigen, wo wir nicht mehr „konkurrieren“, sondern wo jeder Ehrfurcht
und Liebe findet, wie er Ehrfurcht und Liebe gibt. Diese universale Religion
liegt nicht jenseits der Gestalt wie die Logik oder die Ethik. Ihr Gleichnis ist
der Blumengarten und der Gärtner. Darum haben die echten religiösen Genien, wie neuerdings
Swami Vivekananda, die verschiedenen Religionen nach einander angenommen, um zu
zeigen, daß für ihr Lebensgefühl es wirklich nicht entscheidend ist, ob sie katholisch oder
evangelisch, buddhistisch oder muhammedanisch sind. Die Theologen jedes Bekenntnisses
werden da freilich gleich bei der Hand sein mit dem Worte „Synkretismus“. Aber
es handelt sich um ganz etwas anderes. Um eine ganz seltene Art letzter Sachlichkeit und
Sicherheit, die nur aus dem allerpersönlichsten Quellpunkt unsres Lebens bricht und
[Seite 81]
alle Formen aufhebt und zugleich erfüllt. Gelänge es uns nämlich, den tiefsten Punkt
unsres eigenen Wesens aufzugraben, also vollkommen „individualistisch“ zu sein, so
hätten wir just die allgemeingültige und objektivste Stelle der Welt erobert. Wer nur
Das tun kann, was sein innerstes Gewissen gebietet, der tut auch genau Das, was alle
sollen und wollen, selbst dann, wenn sie nicht darum wissen und just das Gegenteil
zu wollen vermeinen. Unter den Lebenden ist mir wenigstens ein Mensch bekannt, der
diesen allerpersönlichsten und sachlichsten Punkt erobert hat; das ist der Hindu Jiddu
Krischnamurti, welcher sämtliche Bindungen, Kirchen, Religionen, Anthroposophie, Theosophie,
christian science von sich abwarf und eine gewaltig große Gemeinde sammelt, der
er lediglich lehrt, daß er nichts zu lehren hat. Denn sämtliche Schriften und Reden
Krischnamurtis (ich glaube sie alle zu kennen), kommen immer auf dasselbe hinaus.
Er löst alle Konflikte der Menschen, indem er sie ausschimpft, daß sie solche Konflikte
haben. Er zeigt angesichts jeder Frage die Verkehrtheit der Fragestellung. Er zeigt, daß
es keine Probleme gibt. Er führt jede beliebige Antithese bis zu dem Punkte, wo die
Begriffe sich aufheben und der Gedanke umzukehren beginnt. Indes das ist ein genialer
Einzelner, der zuguterletzt alle und alles auf Erden da lassen wird, wo es steht. Wo ist
der Versöhner? Wo der Einer des Mannigfaltigen? Wo der Friede? Ich sage getrost:
In den Gärten der Bahá’i.
Man hat mir im Orient gesagt: Der Bahá’ismus will doch nichts anderes als was auch jeder Monistenbund, jeder Freimaurerorden will: die einheitliche Vernunftreligion der gesamten Menschheit mit Weltsprache und Einheitsrecht, den diktatorischen Sieg des Geistes über das Chaos dieser Welt. Nein! Es war anders! Ich bin immer wieder in die Gärten der Bahá’i geflohen, nicht um zu lernen oder zu lehren. Wir haben gar nicht viel gesprochen. Wir wußten was wir uns zu sagen haben, das ist so einfach und allgemein, daß jedes Kind es verstehen kann. Aber nicht die Formel und nicht das Wort bindet uns. Wir sind internationale Menschen aus aller Welt. Nach Sitte, Sprache, Kultur, Religion, Kleidung, Bildung, Begabung, Gewöhnung verschieden. Aber wir sind die kleine Schar, die reinen Willens ist. Wir vertrauen, glauben und ehren. Denn die Sache ist so:
Wenn du alle Länder der Erde, alle Religionen, alle Lebensformen erkennen willst, so drehst du dich mit Sicherheit im Kreise. Denn die Erde ist rund. Wer sie durchwandern will, kommt zuletzt doch immer nur wieder an auf dem Punkte, von dem er ursprünglich ausging. Nun aber bleibe fest stehen, wo Schicksal und Zufall dich stehen ließ. Und mache es wie Blume und Baum: Schicke die Wurzel von dem beliebigen Punkte aus so tief wie immer möglich. Du kannst von jedem beliebigen Punkte aus bis ins Letzte, bis in den Mittelpunkt gelangen. Im Mittelpunkte aber sind Dinge gleich schwer. Da gibt es kein Oben und kein Unten, kein Rechts und kein Links. — Ich habe in den Bahá’i-Gärten den Mittelpunkt gefunden. Wie inmitten der Sand- und Steinwüste im Morgenland fromme Hände und Herzen einen Blumengarten pflegen, in welchem die Edlen und Geistigen aller Nationen eine Heimat fühlen, so muß in der Wüste der Welt ein Garten sein, wo jenseits der Worte und der Begriffe, die uns trennen, alle sich finden, die reinen Willens sind und Liebende.
„Tenrikyo“, eine japanische Religion mit weltreligiösem Einschlag[Bearbeiten]
(Tenrikyo-Kwai, die Kirche der Lehre von der himmlischen Vernunft)
Von Paul Häcker-Stuttgart
In dem Jahrbuch der Ostasien-Mission für das Jahr 1928 findet sich ein hochinteressanter Bericht über die „Tenrikyo“-Bewegung in Japan.
[Seite 82]
Es ist für die Bahá’i-Bewegung von großer Wichtigkeit zu wissen, daß dort in
Japan eine Religionsgemeinschaft existiert, die einen ihrer Grundsätze dahin formuliert:
„Greife nicht andere Religionen an.” — Es ist ferner wichtig zu wissen, daß die ganze
Bewegung durch eine Frau, und zwar durch eine schlichte Bäuerin ins Leben gerufen
wurde.
1789 geboren, hatte sie im Jahre 1839 ihre erste Offenbarungen, und obwohl des öftern durch Gefängnis und vielen Entbehrungen verfolgt, blieb sie immer standhaft, bis ihre ganze Bewegung im Jahr 1908 von der japanischen Regierung als selbständige Religion anerkannt wurde.
Nun sei kurz Wesen und Art dieser uns nahverwandten Bewegung dargestellt. Die Lehre erkennt nur einen einzigen Gott, der Schöpfer und Erhalter des Universums ist. Sein Name ist: „Tenrio wo no mikoto“. Aus dieser Eingottlehre, wissenschaftlich Theïsmus, ergibt sich auch eine klare Einstellung zum Menschen. Jede Vielgötterei fällt weg. Der ganze polyandrische Olymp des Ostasientums gipfelt sich in einem einzigen Begriff der Gottheit. Dadurch ist auch die viel höhere und weltumspannendere Einstellung dieser Bewegung begreiflich. Der Asiate selbst muß nicht über einen ganzen Götterolymp zum Erhalter seines Lebens kommen, sondern er kann frei vor seinen Gott hintreten, der zugleich auch seine Erlösung bedeutet. — Durch tägliche Arbeit, an Stelle des Opfers, kann sich der Tenrikyo ein unsterbliches Verdienst erwerben. Aus diesem Grunde arbeiten die Glieder und die Missionare der Bewegung mit Hingebung ihres ganzen Seins und scheuen keinen Weg und keine Mühe, selbst die nicht des vollkommenen Verzichtes auf Speise und Trank, und es ist schon vorgekommen, so berichtet das Ostasien-Jahrbuch, daß Verkünder der Lehre auf der Wanderschaft buchstäblich zusammengebrohen sind durch übergroße Entbehrungen und durch ihr leuchtendes Beispiel Andersgläubige für ihre Religion überzeugt haben.
Man kann ruhig sagen, daß diese Bewegung unsere volle Beachtung verdient, zumal ihre Einstellung zu anderen Religionen gegenüber vollkommen tolerant ist. Es ist und bleibt bezeichnend wie beachtenswert, daß immer gerade der Orient oder der Osten, wie man sagen will bleibt sich gleich, solche religiöse Kräfte hervorbringt, die an ihren Taten gemessen weit das Christentum unserer Tage übertreffen und auch an ethischen Momenten wirklich beachtenswertes hervorbringen, denn es ist klar, daß eine Religion, die bis zur Selbstaufgabe schreitet auch ein reines Herz und ein gottgeheiligtes Seelenleben voraussetzt.
Nur wer reinen Herzens ist, wird zur Selbstaufgabe an das andre und für Gott fähig sein im tiefsten Sinne, alles andre ist nur ein Spiel mit Worten und Gedanken und vielleicht schönen Vorstellungen, das hat aber gemessen am Maßstab des Unvergänglichen und Göttlichen keinen Wert und wird verwehen wie Spreu in alle Winde.
Aus dem Esperanto-Pressedienst des Deutschen Esperanto-Bundes E.V., Berlin SW 61[Bearbeiten]
(Johanniterstraße 9, Fernruf F6 Baerwald 3911). Von Theodor Lang-München
Esperanto und Schule.
Statistisch festgestellt sind (Januar 1931) 6262 des Esperanto kundige Lehrer in 61 Ländern der Erde; in 926 Schulen in 38 Ländern wurde oder wird nachweisbar Esperanto-Unterricht erteilt.
Das Internationale Esperanto-Museum in Wien, das in der Neuen Burg untergebracht ist und jederzeit besichtigt werden kann, umfaßt zur Zeit (März 1931) 3500 Bücher, 600 Zeitungen in vollen Jahrgängen, 250 Photographien u. a. m., die sämtlich von Esperantisten aus aller Welt zur Verfügung gestellt worden sind.
Esperanto im praktischen Leben.
Die Britische Vereinigung für den Völkerbund (League of Nations Union) hat
[Seite 83]
beschlossen, die Frage einer Unterstützung der Welthilfssprache Esperanto und ihre
Nutzbarmachung im Dienste dieser Vereinigung zwecks Erleichterung der Verständigung im
zwischenvölkischen Verkehr ihrem Erziehungsausschuß zu unterbreiten. Sie hat beim
Völkerbund den Antrag gestellt, möglichst bald eine Welterziehungskonferenz unter
den Auspizien des Zentral-Erziehungsausschusses in Genf einzuberufen. Zu diesem
Zwecke hat sie folgende Entschließung angenommen:
„Die unter den Auspizien des Völkerbundes einberufene Weltkonferenz wird gebeten, zu berichten über
- 1. die Notwendigkeit einer internationalen Hilfssprache als Mittel zur Förderung
der internationalen Verständigung,
- 2. die geeignetste Hilfssprache, wenn eine solche als Mitteilungsmittel
wünschenswert erachtet wird,
- 3. die Methode, durch welche sie am besten unterrichtet werden kann.
Der Welt-Esperanto-Kongreß, der im Jahre 1929 in Budapest stattfand, hat in amtlichen Kreisen großen Eindruck hinterlassen. Dem ungarischen Esperanto-Landesverband ist seitens der Regierung eine Unterstützung von 1800 schw. Franken gewährt worden.
Professor Samojlovič, der Leiter der Krassin-Hilfsexpedition für Nobile (1928), berichtete, wieviel Sprachen nötig waren, um sich mit den Mitgliedern der Nobile-Expedition zu verständigen und in wieviel Sprachen seine überall gehaltenen Vorträge übersetzt werden mußten; er betont, daß er die Welthilfssprache Esperanto als das wichtigste Hilfsmittel für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit der Nationen betrachte.
Der Ungarische Pfadfinderbund in Budapest (Magyar Cserkeszrzovetseg) hat alle Pfadfinderorganisationen der Welt eingeladen, zu der in diesem Jahre bei Budapest stattfindenden Esperanto-Pfadfindertagung (Zeltlager) des Esperanto kundige Pfadfinder zu entsenden.
Eindrücke eines Bahá’i vom bulgarischen Esperanto Kongreß 1931[Bearbeiten]
Von Adam Benke-Leipzig
Ich besuchte den bulgarischen Esperanto-Kongreß in Stara-Sagore vom 20.—22. Juli.
Mit dem Vorsitzenden des Esperanto-Verbandes in Bulgarien, Georg Aktardjieff,
Sofia, wurde ich am Tag vor der Abfahrt auf den Kongreß auf die Versammlung der
Esperantisten in Sofia bekannt. Die Fahrt nach Stara-Sagore (etwa 8 Stunden) habe ich
in seiner und der Delegierten Gesellschaft zurückgelegt. Ich hatte also bis zu meinem
Eintreffen auf dem Kongreß schon eine stattliche Anzahl Bekannter, ja ich darf sagen
Freunde, darunter ein Grieche und zwei Türken. Der Freude über die Gegenwart eines
Deutschen auf dem bulgarischen Esperanto-Kongreß Ausdruck zu verleihen, hat man mich
zum Vizevorsitzenden des Kongresses bestellt. Der Kongreß tagte im Theater, das etwa
1200 Personen faßt und mehr als zur Hälfte besetzt war. Nach der einleitenden Ansprache
des Herrn Vorsitzenden Aktardjieff, sprach zunächst in anerkennender und wirklich
anerkennungswürdiger Weise der Vertreter der Stadt Stara-Sagore, dann Vertreter der
verschiedenen Verbände und Organisationen. Alle betonten einmütiglich den Wert der
einheitlichen Hilfssprache und gaben der Hoffnung Ausdruck, daß sich Esperanto immer
weiter ausbreiten und zum einflußreichen Mittel zur Herstellung des Friedens
unter den Völkern werden möge. Die Eröffnungs- und Begrüßungssitzung dauerte
zweieinhalb Stunden. Um vier Uhr nachmittags traten die Delegierten an die Durcharbeitung
des Programmes. Es herrschte eine Temperatur, die sich ein Deutscher kaum vorstellen kann,
doch arbeiteten die Teilnehmer mit ganz kurzer Unterbrechung bis in den späten Abend.
Die Vorsitzenden der verschiedensten Komitees erstatteten Bericht und
legten ihre Wünsche dar, Esperanto war kein Schatten, sondern unleugbare Wirklichkeit.
[Seite 84]
Teilnehmer des bulgarischen Esperanto-Kongresses 1931
Ich ließ meine Gedanken aus der Arche der Bahá’i-Lehre hinausschweifen und ich sah, wie die Taube mit einem Ölblatt heimkehrte. Meine kurze Ansprache als Bote der Liebe und des Friedens wurde mit vollstem Anklang aufgenommen. Nachher wurde ich von den verschiedensten Freunden gefragt, ob ich Miß Marta Root kenne und ob ich wisse, wo sie zur Zeit sei. Man merkte es allen Fragern an, daß sie in Liebe und Achtung ihrer Begegnung mit unserer lieben Bahá’i-Freundin Marta Root gedenken. Die Sitzungen der Delegierten dauerten den ganzen nächsten Tag mit einer Mittagspause von drei Stunden. Der Ernst und die Freudigkeit bei der Arbeit war erhebend und stärkend für alle Beteiligten. Am nächsten Tag machte ein Teil der Kongreßteilnehmer, unter ihnen auch ich, einen Ausflug per Bahn und dann zu Fuß und kehrte am Abend wieder nach Stara-Sagore zurück.
Bahá’u’lláh lehrt uns die Seelen der Menschen zu sehen und zu erkennen. Welch wunderbare Gnade! Welche Freude! Alle Tage sehen zu dürfen: „Alle sind Seine Diener und alle stehen unter Seinem Befehl!“
Einsamkeit[Bearbeiten]
Von M.L.Fack
Ich liege still und träume vor mich hin
und meine Seele wandelt stille Pfade.
Kaum kann ich mehr empfinden, daß ich bin,
nur Glück und unaussprechlich große Gnade.
Die Vöglein jubilieren um mich her
und Blütenduft durchzieht die Einsamkeiten,
die Luft ist still, und von Erfüllung schwer,
als würd’ der liebe Herrgott sie durchschreiten.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Iqhan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart
Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude
In unserem Verlag sind erschienen:
Bücher:
Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . 1.--
Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 3.--
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 3.50
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 5.--
Broschüren:
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.50
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.50
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.50
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 9 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--
Der Versand erfolgt gegen Nachnahme oder gegen Voreinsendung des Betrages.