| SONNE DER WAHRHEIT | ||
| ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
| HEFT 4 | 11. JAHRGANG | JUNI 1931 |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die
Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“.
Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen
den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und
Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der
Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie
alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
| SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark |
| Heft 4 | Stuttgart, im Juni 1931 Rahmat — Barmherzigkeit 88 |
11. Jahrgang |
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Inhalt: Das Heilige Buch der Gewißheit. — Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. — Tagesregeln für Kinder und erleuchtete junge Menschen. — Vom Aufmarsch der Gottlosen. — Christus in der Bahá’i-Lehre. -— Bahá’i-Kongreß
Alláh o Abhá![Bearbeiten]
Wahrlich, derjenige, welcher sich durch den Odem Gottes an Seinem Tag nicht erhebt, ist in der Tat vor Ihm, dem Herrn aller Benennungen und Eigenschaften, tot. Erhebt euch von den Gräbern der Wollust und Begierde und wendet euch zum Königreiche des Herrn, des Regierengen auf dem Throne der Welten, damit ihr das, was euch von dem Herrn, dem Allmächtigen, verheißen wurde, zu sehen vermöget.
Erhebet euch, o ihr Menschen des Staubes! Haltet euch fest an die Gebote, seid treu in eurer Liebe zu Gott und bestätigt mich in allem, was euch näher zu Gott bringt.
Es ist eure Pflicht, mit den Flügeln der Glückseligkeit aufzusteigen zum höchsten Gipfel der Freude. Er hat euch in den Tagen der Auferstehung zum mächtigsten Führer geleitet.
Diejenigen, welche sich an dem Tag der Großen Offenbarung Bahá’u’lláh’s von den Toten erheben und ein reines Leben durch den beglückenden Ruf Gottes antreten, werden nie zur Finsternis zurückkehren. Alláh o Abhá ist das Wort der Auferstehung!
'Abdu’l-Bahá Abbas
Das Heilige Buch der Gewißheit[Bearbeiten]
(Fortsetzung)
(Kitab-El-Iqan aus der Feder von Bahá’u’lláh)
Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Dr. A. Mühlschlegel, Stuttgart
Jeder dieser Verse ist ein unumstößlicher und hinreichender Beweis für den, der Gottes
Wort versteht. Da liegen die Perlen der Geheimnisse vergraben und das Heilmittel
aller Krankheiten. Schenkt kein Gehör den Reden jener, welche sagen: „Das Buch
Gottes kann nicht erfaßt werden von Menschen niederen Standes“, wo doch der Koran für
die ganze Welt bestimmt ist vom Osten bis zum Westen. Wie hätte ihn Gott für alle
bestimmen können, wenn nicht alle ihn verstehen könnten. Wenn Toren daran glauben,
würde es unmöglich werden an Gott zu glauben, denn dies ist noch viel schwieriger als
das Buch zu verstehen. Solches sind nur nichtige und verächtliche Reden, welche auf den
Hochmut und die Eitelkeit derer hinweisen, die die Völker vom Garten des Wohlgefallens
Gottes entfernen wollen. Im Gegenteil, die Menschen niederen Standes sind Gott
viel lieber als ihre Führer, die jene von Ihm abkehren.
Um die göttlichen Worte zu erfassen und die Erklärungen des geistigen Botschafters zu verstehen, muß man durchaus nicht gebildet sein. Es genügt rein an Herz und Seele und friedvollen Geistes zu sein. Es gibt heute Menschen, die nie etwas gelernt haben und die doch auf dem Diwan des Wissens ruhen. Die Wolken göttlicher Güte haben aus ihrem Herzen die Rosen der Weisheit und die Anemonen der Belehrung sprießen lassen. Gesegnet sind die Reinen und die Aufrichtigen im Lichte des größten Tages!
Jene, welche durchaus nicht an die Worte Gottes glauben und an das Erscheinen vor Ihm, verzweifeln an Seiner Barmherzigkeit. Ein qualvolles Gericht wartet ihrer. (Kor. XXIX, 22.) — „Sie sagten: sollen wir unsere Götter wegen eines Dichternarrens verlassen?“ (Kor. XXXVII, 35.)
Diese Verse machen Erklärungen überflüssig. Denkt ein wenig an die Worte der Menschen, nachdem das Buch offenbart war. Sie behandelten Muhammed als Dichter und spotteten seiner Rede, indem sie sagten: das sind überlebte Begriffe, die er wiederaufgreift und Gott zuerteilt. Heute, sagen da die Menschen nicht auch von unserer Sache, daß ihre Schriften Nachahmungen oder Geheimnistuerei bedeuten? Wahrlich, dies sind sehr schwerwiegende Worte, ausgesprochen von sehr unbedeutenden Menschen!
In ihrer Spitzfindigkeit noch weitergehend sagen sie, daß nach Moses und Jesus kein Prophet mehr kommen muß, der das Gesetz ändern soll, sondern daß nach dem Buche im Gegenteil der erwartete Prophet die gegenwärtige Religion bestätigen muß. Sie vergessen diese gesegneten Verse, welche beweisen, daß die Güte Gottes niemals versiegen wird: „Joseph war schon mitten unter uns erschienen, begleitet von offensichtlichen Zeichen, aber ihr habt bis zum Augenblicke, da er starb, an seiner Wahrheit gezweifelt. Ihr sagtet damals: Gott wird keine Propheten mehr erwecken nach seinem Tode. So hält Er die Übertreter und Zweifler von sich fern.“ (Kor. XL, 36.) Sei darum versichert, daß zu allen Zeiten die Völker, wenn sie sich an einen Vers ihres Buches hielten, erklärt haben, daß nach ihrem Propheten irgend eine andere Manifestation nicht mehr kommen brauche. Ebenso halten sich die christlichen Priester an die Evangelien und sagen, daß diese unerschöpflich seien und daß die kommende Manifestation sie über die ganze Erde verbreiten werde. Die meisten Völker leiden unter einer ähnlichen Krankheit des Denkens. Der Muselman bleibt an dem Namen „Siegel der Propheten“ gebannt, während er doch anerkennen müßte: „Nur Gott und Menschen von festbegründetem Wissen kennen die Deutung.“ (Kor. III, 5.)
Wenn die Erklärung von jenem, „der dies Wissen besitzt“, der „die Mutter“, „die
Seele“, „das Wesen“ ist, ihnen auch nur ein bißchen mißfällt, dann sieh, was die
Menschen sagen und tun. All dies ist das Ergebnis des Werkes der Priester, welche ihre
Begierden zu ihrem Gott machen und welche
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keine andere Religion haben als die des Goldes. Sie sind vom Wege abseits gegangen
durch die Abirrung der Wissenschaft, wie klar gesagt ist: „Sieh jenen, der aus seinen
Leidenschaften seinen Gott macht, und den Gott aus dem Schoße des Wissens bis
außer Hörweite verstoßen hat und dessen Herz Er versiegelt hat und dessen Augen Er
mit einer Binde bedeckt hat. Wer könnte einen solchen Menschen führen, nachdem
Gott ihn verstoßen hat? Willst du nicht darüber nachdenken?“ (Kor. XLV, 22.) Versteh
die Bedeutung des „Gott hat ihn aus dem Schoße des Wissens verstoßen“. Bezieht sich das
nicht auf die Priester von heute, die sich von der Schönheit Gottes abgewandt haben und sich
an ihre Wissenschaft anklammern, die doch nur ihren Wünschen und Leidenschaften
dient, um der Botschaft Gottes und Seiner Sache zu widersprechen. „Die Botschaft ist
eine wichtige Botschaft, und du verschmähst es, sie zu hören.“ (Kor. XXXVIII, 67.) Anderswo
ist gesagt: „Wenn man ihnen unsere Belehrungen weitergibt, so sagen sie: dieser Mensch
will uns nur von den Göttern abwenden, die unsere Väter anbeteten.“ (Kor. XXIV, 42.)
Höret die göttliche Stimme und die wundersame Weise. Welche Mahnung und welcher Verweis für jene, die Gottes heilige Worte leugnen! Wie fern sind sie dem Kauther der Nähe, sie, die widersprechen und sich aufblähen angesichts der Heiligen Schönheit! Obwohl Muhammed, dieses Urbild der Güte und Großmut, die unsterblichen Wesen zu den Gärten des Altheiligen führte und die Armen zu den heiligen Ufern des Reichtums, behandelten sie ihn als Ketzer und sagten, er würde die Menschen vom Flusse der Religion und des Glaubens abkehren. Andere hießen ihn einen Narren und überhäuften ihn mit Beleidigungen, so wie ihr es mitangesehen habt. Welche Irrtümer und Fehler hat man doch dieser Quelle der Unfehlbarkeit angedichtet! Obwohl auf jeder Seite Seines Werkes Gott den Menschen droht, die ihn als Lügner behandelten und sich von der Offenbarung abwandten, und andererseits den Gläubigen gute Nachrichten sendet, so hindert dies nicht, daß die Gegenreden in unseren Tagen sich wiederholen.
Jedoch das Weltall hat nie eine Güte geschaut oder erlebt, die dieser vergleichbar wäre, welche heute von den göttlichen Worten ausstrahlt wie der Aprilregen aus den Wolken des Barmherzigen. Denn die größten Propheten, deren göttliche Art am wenigsten bestritten wird, haben jeweils nur ein einziges Buch gebracht, das wir kennen und von Anfang zu Ende gelesen haben. Dagegen von dieser Wolke göttlicher Barmherzigkeit sind so viele Werke geoffenbart worden, daß keiner sie zu zählen vermag: man kennt bis heute nur zwanzig Bände. Aber wie viele mag es geben, die nicht zu uns gelangt oder den Götzendienern in die Hände geraten sind, die damit getan haben, was niemand weiß.
(Fortsetzung folgt)
Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]
Siebenter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart
Sie baten mich, unter meinen Notizen nachzusehen, ob ‘Abdu’l-Bahá Abbas Effendi,
Ihr geliebter Meister, uns irgendwo und irgendwann genaue Erklärungen hinterließ
über die kabbalistische Weltanschauung der großen Manifestation des Báb, niedergelegt
in dessen Buch „Bayan“, und des Propheten Bahá’u’lláh, niedergelegt in dessen
Buch „Kitab i aqdas“. In der Tat hat 'Abdu'l-Bahá Abbas Effendi der Miß St. von
Southampton, anläßlich ihres mehrmonatlichen Aufenthaltes in Haifa (1910) zu verschiedenen
Malen die Lehre vom „abdschad“ genauer erläutert. Ich lasse hier, in deutscher Übersetzung
aus dem „Dragoman-Englisch“ einiges
[Seite 40]
folgen, was Ihr Meister einst in arabischer Sprache dargelegt hatte:
- 1. Lektion, 7. Februar (Montag) 1910.
Der Meister: Meine lieben Gäste! Die Lehre vom „abdschad“ ist die Lehre von der mystischen Verwandtschaft von Worten, deren Zahlenwerte ihrer Buchstaben zusammenaddiert übereinstimmen. Ein Beispiel:
1. Das Prädikat (Eigenschaftswort) Gottes ist „Eins“. Gott ist einzigartig — allein. Eins heißt auf Arabisch „wahid“. 2. Ein anderes Prädikat Gottes heißt „wudschud“ — „der Seiende“, der ist. Ein drittes Prädikat Gottes heißt: wahad il wudschud = das einzig Seiende. Ein viertes Prädikat heißt haj — der Lebendige und als fünftes Prädikat ahaj = der das All Belebende.
Nun ist der Zahlenwert
- von „wahid“ = 1+9
- von „wudschud“ = 19
- von „wahad il wudschud” = 19
- von „haj“ = 19
- von „ahaj“ = 19
Also, der alles Sein und Lebende bedingende Gott ist ausgedrückt in der Zahl 1 und die übrigen achtzehn Buchstaben werden Ihm als die Buchstaben des Lebendigen (huruf-il-haj) gegenüberstellt. Deswegen hat Seine Heiligkeit der Báb die Zahl 19 = 1+18 vor allem auserwählt für seine Kalenderreform, für die Zahl seiner Jünger usw.
Die Buchstaben (Alphabet) und die Zahlen (Arithmetik) haben eine mystische Übereinstimmung mit der transzendenten Wirklichkeit. Die Buchstaben und Zahlen sind die Elemente (das griechische Wort für Elemente, welches auch die arabischen Philosophen gebrauchen, heißt „Stoicheia“) der geistigen und materiellen Welt. Als Worte sind diese Elemente die Quelle alles Intellektuellen, als Schriftzeichen stellen sie die Quelle der Materie dar. Die Vielheit (27 bis 28) der Buchstaben läßt sich auf den Punkt (nukta) zurückführen, bei den Zahlen auf die Eins. Der Punkt der Buchstabenwelt und die Eins der Zahlenwelt werden so zum Weltprinzip, das die Vielheit der Erscheinungswelt bedingt, durchdringt und begrenzt. Jeder Prophet, von Adam bis Bahá’u’lláh, hat sich erwiesen als der Logos (Ev. Joh. Kap. I, Vers 1, 2.), der Demiurg, als die Manifestation, als die Emanation der allerhöchsten Gottheit; der Prophet beweist seine ihm von Gott mitgegebene Schöpferkraft in der Hervorbringung eines Buches, dessen Buchstaben und ihre Zahlenwerte ein Widerspiel (eine Spiegelung) der transzendenten Wirklichkeit darstellen. Alle heiligen Bücher, wie Avesta, Veda, Altes und Neues Testament, Koran, Bayan, Kitab i aqdas, können geistlich nur richtig erfaßt und begriffen werden mit Hilfe der vom Propheten selbst geoffenbarten Buchstaben- und Zahlenwissenschaft. Deshalb werden z. B. Bücher, wie das Buch Daniel im Alten Testament und die Offenbarung Johannis im Neuen Testament, von wenigen Juden wie Christen voll verstanden, denn wem offenbart der betreffende Prophet*) seine Buchstaben- und Zahlenwissenschaft? Nur dem Jünger, der sein Herz dem heiligen Geist der Wahrheit, Einheit und der Liebe geöffnet hat!
*) Alle Propheten von Adam bis Bahá’u’lláh haben ihre heiligen Bücher geschrieben, selbst wenn ihre schriftlichen Überlieferungen nicht auf spätere Zeitalter sich erhalten haben.
In der arabischen Sprache ist der erste Buchstabe „alif“ — das Buchstabenzeichen für die transzendente Gottheit. Der zweite Buchstabe „ba“ ب bezeichnet den Logos, d. h. den jeweiligen Propheten. Der Punkt im „ba“ = ب auf arabisch nukta ist die Essenz im „ba“, also im höhern Sinne das Zeichen und Symbol des Logos, des betreffenden Propheten. Deswegen nannte sich seine Heiligkeit der Báb auch der Punkt = nukta. „Hadrat-il-nukta-il-ula” = „Seine Heiligkeit der erste Punkt oder Urpunkt“.
Der Koran fängt an mit dem Wort Bismillah = im Namen Gottes. Das arabische
Wort nukta = Punkt stellt also das erste Schriftzeichen im „ba ب“ des Bismillah dar
und umfaßt somit den Inbegriff des ganzen Korans. In der Dogmenlehre des Korans,
Hadith genannt, heißt es: „Alles was im Koran ist, liegt in der ersten Sure, der fatiha,
und alles was in der fatiha ist, findet sich im ersten Satz:
Bismillahi’r-Rahmani’r-Rahim = Im Namen Gottes, des barmherzigen
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Erbarmers, und alles was in diesem ersten Satz ist, steckt im Bismillah (dem ersten
Wort), und alles was im Bismillah liegt, ist im ba (seinem Anfangsbuchstaben), und
alles, was im ba enthalten ist, findet man im Punkt unter dem ba ب (seinem kleinsten
Teil) und ich (der Prophet, hier Ali1)) bin der Punkt (nukta) unter dem ba ب.
— Seine Heiligkeit der Báb hat aus der Zählung der Buchstaben der Formel:
„Bismillahi’r-Rahmani’r-Rahim“ die Zahl 19 als die mystische Grundzahl des Kosmos
(Weltalls) herausgefunden. Diese mystische Grundzahl 19 repräsentiert zugleich den Logos,
die Manifestation, die Emanation Gottes, die zugleich durch das ba ب oder den Punkt (nukta)
unter dem ba bezeichnet werden kann. Die große Eins — die absolute Gottheit (Gott Vater)
legt sich in ihrer Entfaltung und Zahlenentwicklung auseinander zum Kosmos, der Vielheit
der Erscheinungen. Meine lieben Gäste! Denket nicht, daß die Buchstaben- und Zahlenmystik nur den
Islam, die Babi- und Bahá’i-Lehre beherrsche — nein, alle heiligen Bücher, wie Avesta,
Veda, Altes und Neues Testament, enthalten die uralte kabbalistische Weisheit des Ostens.
Wir, der Osten, unterscheiden zwischen dem völlig transzendenten Urgott, im christlichen Sinne
Gott-Vater, und dem Logos2), im christlichen Sinne Gott-Sohn,
auch Demiurg genannt (im Sinne der griechischen Philosophen), von seiner Heiligkeit dem Báb
auch als Urwille aufgefaßt und von den Sufis (religiöse Bruderschaft) mit dem Namen
„Tauhid = Einheit“ bezeichnet. Der jüdisch-christliche Begriff des Messias, Erlösers,
erscheint im Islam als Mahdi, in der Bahá’i-Lehre als nukta, die gesegnete Vollkommenheit
Bahá’u’lláh wählte für Sich die Bezeichnung: „Ka’im al-zaman“, das heißt
„Vorsteher der Zeit“, denn die göttliche Manifestation Bahá’u’lláh ist der Herr
seines Zyklus, Herr und Vorsteher seines Zeitalters, das sich über tausend
Jahre erstrecken kann, aber auch je nach der Entwicklung der Menschheit zur
Wahrheit und Einheit früher als in tausend Jahren zu seinem Abschluß kommt! Zeit und
Stunde gehört Gott dem Allerhöchsten.
1) Nachfolger und Ausleger von Muhammed und Koran.
2) Ev. Joh. Kap. I, Vers 1 und 2.
Geliebte Gäste! Wir haben eure Sinne und euren Intellekt über die Maßen in Anspruch
genommen mit den schwierigen Aufgaben der uralten Weisheit des Ostens, des
Sonnenaufgangs. Möget ihr nicht gering denken von diesen, für westliche,
nüchterne Gemüter so bestimmten und tiefsinnigen Gottes- und Menschheitsproblemen
und grüßet mit mir die gesegnete Schönheit Bahá’u’lláhs, des letzten Trägers
des göttlichen Offenbarungswillens: „Ja sahibu’z3) zaman, Allahu
Abha.“
3) „sahib = Herr, gleichbedeutend mit „Ka’-im“ = Vorsteher, also: „ja = oh, sahib = Herr, uz-zaman = der Zeit, der Epoche. (= „oh Herr der Zeit“.)
Der Meister hebt die Sitzung auf und zieht sich in Seine Gemächer zurück.
Tagesregeln für Kinder und erleuchtete junge Menschen[Bearbeiten]
Zusammengestellt von E. Jörn, Warnemünde
1. Hab deine Worte des Lichts und der Führung, zu denen du am Tage öfter wieder
zurückkehrst, glaube unbedingt an sie und handle danach.
2. Alle Glieder — Herz, Auge, Hand, Zunge — müssen täglich dem Dienste des Geistes und der Liebe geweiht werden. Wachet über sie! (Verborgene Worte S. 69.)
3. „Seid ein Muster der Reinlichkeit unter allen Menschen.“ (Bahá’u’lláh.)
4. Möglichst täglich baden oder den ganzen Körper abwaschen. Vergiß bestimmt am Morgen nicht den Mund spülen, Fußwaschen, Nägelreinigen — die Körperübung (ohne Kleidung).
5. „Bemühet euch und lernet eifrig, damit ihr schnell vorwärts kommt und euch vervollkommnet.“ (‘Abdu’l-Bahá.)
6. Wenn du arbeitest, dann arbeite tüchtig
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und gut — im Aufblick zu Gott als dem Herrn aller Welten.
7. Täglich, wenn irgend möglich, zwei Stunden in frischer Luft sein. Pflege Luft- und Sonnenbäder und Tiefatmen. Reine Luft ist die wichtigste Nahrung für den Körper.
8. „Seid rein wie die Luft, daß ihr in die geheiligte Wohnung Meiner Freundschaft einzutreten vermögt.“ (Bahá’u’lláh.)
9. „Rein sein heißt selbstlos sein.“ „Mache dich zum Diener aller und diene allen gleich.“ „Beherrsche deine häuslichen Pflichten, aber sei nicht ihr Sklave.“ ('Abdu'l-Bahá, Epheser 6, 1.)
10. Beim Essen nicht hastig sein und nichts Heißes essen. Gründlich kauen! Viel Obst und Gemüse essen. „Die zukünftige Nahrung des Menschen wird in Früchten und Getreide bestehen.“ Beherrsche die Gaumenreize!
11. Die schädlichen Gewohnheiten, wie Rauchen und Alkoholtrinken, meide. Unterstütze die Bewegung der Enthaltsamkeit!
12. Kleine Winke: Achte auf gute Körperhaltung. Dein Kleid sei rein von jedem Fleck. Atme durch die Nase, besonders bei Ostwind und wenn du erhitzt bist. Abends den nächsten Tag vorbereiten und gründliche Reinigung (Zähne!). Die Körperübung!
13. Laß dir die Beachtung dieser Punkte keine Last sein. Lieber vergiß zuerst einiges. Nur eins vergiß nicht, nämlich dies:
14. „Sprecht die Worte Gottes jeden Morgen und Abend. Wer dies vernachlässigt, ist dem Bunde Gottes nicht treu.“ (Bahá’u’lláh.)
15. Erfreue dich des Glückes deines Herzens, damit du würdig bist, auf Mich zu schauen und Meine Schönheit zurückzustrahlen.“ (Bahá’u’lláh.)
Vom Aufmarsch der Gottlosen[Bearbeiten]
Von Rudolf Paulsen, Berlin
Wie die Zeitungen melden, wurde kürzlich in Moskau die „antireligiöse Universität“
eröffnet, der die Aufgabe zufallen soll, den Kampf gegen sämtliche Religionen auf
wissenschaftlicher Grundlage zu führen. Diese Neugründung bedeutet immerhin eine
gewaltige Stärkung der antireligiösen Front, und die Sache geht uns Deutsche an, sofern
wir derartiges als feindlichen Aufmarsch empfinden. Dennoch kann man im Grunde
sich kaum eines Lächelns erwehren, indem es scheint, als werde da mit Kanonen in den
leeren Raum geschossen, oder als wolle man ein Licht, das ohne Flamme leuchtet, mit
Wasser auslöschen.
Religion ist doch ein Wesen, das von keinerlei Anti getroffen werden kann, ja, sie besteht ja gerade in ihrer Unverletzlichkeit. Konnten einst die Schriftgelehrten mit der Flut ihres Rationalismus die Seele Christi gar nicht berühren, so werden die Bolschewisten einen wirklichen Glauben nicht durch eine atheistische Universität ausrotten können. Wenn Religion überhaupt ist und nicht nur scheint, dann kann sie von keiner Dynamik der Welt gestört werden. Als ein Sein ist sie unangreifbar für jedes Werden, und als einem Glauben kommt ihr kein Wissen nahe. Sie steht außerhalb der Zweifelnden und auf Grund des Zweifels sie beredenden Diskussionen. Da sie keine Masse des Wissens hat, sondern nur eine Qualität, eben das, was wir Glauben nennen, kann ihr eine Vermehrung des Wissens nicht schaden. So scheint denn diese Art der Religionsbekämpfung geradezu reaktionär, insofern sie noch einmal mit den Mitteln kämpft, mit denen einst die Büchner, Vogt usw. ins Feld zogen. In Deutschland sind, seit um die Jahrhundertwende Haeckels Materialismus die größten Triumphe feierte, längst neue lebendige religiöse Kräfte aufgebrochen, und so scheinen uns die Russen in der Entwicklung eher zurück als voran.
Da der Glaube keine wissenschaftlichen Behauptungen aufstellt, ist jede Gegenbehauptung
sinnlos. Man braucht nur an Christus am Kreuz zu denken — wer hätte gegen
diesen zur Tat erhärteten Glauben eine Gegenbehauptung aufstellen mögen? Auch
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hier lag ja keine wissenschaftliche Behauptung vor, vielmehr nur Christi
Selbstbehauptung.
Wie wollen die Professoren dieser Universität die Religion bekämpfen? Man kann sie doch niemanden nehmen, der sie nicht weggibt. Wohl kann man die Kirche zerstören, den Religionsunterricht beseitigen und jede Betätigung des Glaubens bei Todesstrafe verbieten, aber der Religion selbst kommt man nicht bei. Denn sie ist überall und nirgends wie das unendliche Selbst — wie will man ihrer habhaft werden? Der religiöse Glaube ist keine Materie und hat keine materiellen Grundlagen — wie soll der Gewaltmechanismus entseelter Menschen ihn packen? Gewiß, soweit entartete Religion in die Materie gegangen ist, kann sie mit dieser und von dieser vernichtet werden; Religion indessen, als Friede, höher als alle Vernunft, ist nicht auf dieser Erde, in dieser Stoffwelt, in diesen Menschen lokalisiert. Was könnte es also den russischen Gottlosen helfen, wenn sie die Schädel derer, die sie als religiöse Menschen erschlagen, zu Pyramiden türmen wollten? Der Glaube fände dennoch seinen Weg, weil er mehr ist als das Produkt physischer Gehirne. In euch selbst oder in euren Kindern, ihr Gehirnlinge, muß die Seele wieder auferstehen, die zwar gebunden werden, aber nicht sterben kann.
So sehr sich der bolschewistische Atheismus auch in seinem wissenschaftlichen
Kampf gegen die Religion auf Nietzsche und Feuerbach, überhaupt auf viele Deutsche
berufen wird, ein so vollkommener Gegensatz ist er ja doch zum deutschen
Individualismus und Aristokratismus. Atheismus als Massenerscheinung ist naturgemäß
etwas ganz anderes als jener Atheismus eines Nietzsche, der immer mit Gott konfrontiert
blieb, auch wenn er ihn leugnete, und sich daher den Frömmsten derer nennen konnte,
die nicht an Gott glauben. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß sich für das
Genie gebühre, was der Masse nicht zukommt, und umgekehrt; aber ein geprüfter Unglaube
ist mehr wert als ein hingenommenes Dogma, welcher Art auch. Zwischen einem frommen
Atheismus und jenem mechanisierten russischen Militarismus des Unglaubens ist ein
großer Unterschied. Freilich ist das russische Gebilde schwer durchschaubar. Wie man
aber auch die Leistung des Kommunismus werte — in dem kämpfenden Unglauben
müssen wir ein vollkommenes Versagen gegenüber dem erblicken, was wir Deutsche
Größe nennen und jemals Größe genannt haben. Für uns ist Größe ohne Innerlichkeit
immer noch undenkbar. Mechanische Häufungen verlieren an Tiefe, was sie an Breite
gewinnen. Wolkenkratzer sind uns nicht groß, sondern nur hoch, beinahe nur viel,
weil sie nur Wiederholungen desselben sind, Etage über Etage stellend. Sanssouci aber
ist nur ein Stockwerk ohne jede Wiederholung in die Höhe und ist dennoch groß.
Der Trugschluß des antireligiösen Kampfs liegt darin, daß man durch Ausrottung des
Glaubens die Menschen erst böser machen will, um danach mit diesen automatisierten
Puppen die Welt besser zu machen. Aber man kann sich nicht vornehmen, erst ein
Verbrecher zu sein und das vermeintliche Böse auf der Gegenseite mit Bösem auszurotten
und danach ein Edelmensch zu werden —, dann wird man es nie. Die Lehre
der Religion ist im Gegensatz dazu die, daß man von allem Anfang an versuchen müsse,
gut zu werden —, nicht dadurch, daß man das Böse leugnet und eine böse Tat eine gute
nennt, vielmehr dadurch, daß man seine Sünde nicht anders nennt als Sünde und sich
bemüht, aus ihr herauszukommen. Wer aber den Haß edel nennt, der kann niemals in
die Liebe kommen, weil er seinen ihm höchst edel scheinenden Haß schon für Liebe
nimmt. Und wer dann solche falsche Liebe in sein Werk baut, dem wird es nicht zum
Paradiese werden. Darf der den Himmel ernten wollen, der die Hölle sät? Wird dem
das Licht reich sprießen, der Bosheit ausstreut? Die Gottlosen sagen: erst roden wir
das Unkraut aus, damit die guten Pflanzen frei wachsen können. Aber sie pflanzen ja
mehr Unkraut als sie jäten. Wie soll ihr Acker rein werden? Wenn sie aber die Gläubigen
für böse halten und nun diese vermeintlich Bösen mit Mord ausrotten, so
müßten sie schon die wahnsinnige Rechnung aufmachen: Böses mit Bösem gibt Gutes.
Solches kann wahrlich nur die seellose Vernunft aushecken, die den Eisbergen des
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Gehirns und nicht dem warmen Atem des Herzens traut.
Was hat nun die Gründung der antireligiösen Universität für uns Deutsche Gutes? — Die Aufrüstung der Gottlosen nötigt die Gläubigen nicht nur zur Prüfung ihrer Glaubenssätze, sondern auch zur Bewährung der Kraft und Echtheit ihres tatsächlichen Glaubens. Da die Gläubigen um so mehr als Reaktionäre erscheinen, weil die große Masse jetzt erst die vormalige Ungläubigkeit der Gebildeten erreicht hat, gehört Mut zum Bekennen des Glaubens. Mut aber muß den Menschen in jeder Beziehung fördern. Dies ist der Vorteil der Gläubigen vor den Ungläubigen, die nicht mutig zu sein brauchen in einer Zeit, da jeder Gassenjunge bereits Atheist geworden. Die Gottesleugnung erfordert nur Frechheit; denn sie ist in 99 Prozent aller Fälle lediglich ungeprüfter Unglaube. Der Glaube dagegen muß heute ein in jeder Hinsicht geprüfter sein, wenn anders er überhaupt sein soll. So wird auch die neue Moskauer Universität für einen wahrhaft religiösen Menschen keinen Schrecken haben.
Christus in der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Zusammengestellt von der Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft in Schwerin (Mecklenburg)
Die Göttlichkeit und die Bedeutung Christi.
Frage: „Wie stellt sich die Bahá’i-Lehre zu der Göttlichkeit Christi und zum Christentum? Anerkennen die Bahá’i in Jesus nur einen Propheten?“
Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „ . . . Die Höhe und Erhabenheit der Stufe Christi ist klar aus den Büchern und Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláhs ersichtlich. Das Ziel der Bahá’i-Lehre ist dasselbe wie dasjenige der Bibel und der Evangelien. Sie erneuert nur deren Botschaft. Die Bahá’i müssen über den Inhalt des Alten und Neuen Testamentes unterrichtet sein. Was die Stellung der Bahá’i zu der Sendung Jesu Christi betrifft, so glauben sie, daß Er das verkörperte Wort Gottes — der Logos — ist . . . Die Bibel ist bei allen Bahá’is hoch angesehen. Eine der geistvollen Äußerungen Christi in der Bergpredigt ist kostbarer als alle Schriften der Philosophen. . .“ („S. d. W.“, März 1921, S. 12.)
Frage: „Wie denken die Bahá’i über die Bedeutung Christi?“
Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „Denke darüber nach, mit welcher Erkenntnis Bahá’u’lláh die Bahá’i begnadet hat, daß, wenn man ihnen auch die ganze Welt böte, sie dennoch Christus nicht verleugnen würden. Die Bahá’i lieben Christus mehr als ihr eigenes Leben. Wenn man mich zum Beispiel unter das Schwert des Scharfrichters brächte und mich zwingen wollte, meinen Glauben an Christus zu verleugnen, so würde ich mit großer Freude mein Leben nach Seinem Vorbilde hingeben, anstatt meinen Glauben an Ihn abzulegen.“ („S. d. W.“, März 1921, S. 12.)
". . . Schauet auf Christi Zeiten zurück! Hätten die Menschen damals erkannt, daß Gottes Geist durch Seinen göttlichen Mund zu ihnen sprach, so hätten sie nicht Jahrhunderte darüber hingehen lassen, bis sie Seine Lehre annahmen . . ." („S. d. W.“, März 1921, S. 13.)
Der Baum des Lebens.
In bezug auf das Erscheinen und Offenbarwerden der göttlichen erhabenen Eigenschaften war die Stufe Adams noch in einem Keimzustande. Die Stufe Christi dagegen befand sich in einem Zustand der Reife... Von den Tagen Adams bis auf die Tage Christi sprach man wenig vom ewigen Leben und der himmlischen universalen Vollkommenheit. Dieser Baum des Lebens (1. Moses 3, 24.) war die Stufe der Wesenheit Christi. Durch Seine Manifestation wurde er gepflanzt und mit ewigen Früchten geschmückt...
Als der geheiligte Odem Christi und der heilige Lichtstrahl des größten Lichtes weit
verbreitet waren, wurden die menschlichen Seelen, d. h. diejenigen, die sich dem Worte
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Gottes zuwandten und Seine Gaben im Überfluß empfingen, von diesem Hang (Zu dieser Welt.)
und der Sünde (Die sich auf die Nachkommen Adams vererbte.) errettet. Sie erlangten
ewiges Leben. Sie wurden von den Ketten der Knechtschaft erlöst und gelangten zu der
Welt der Freiheit. Sie wurden von den Lastern der Menschenwelt befreit und mit den Tugenden
des Königreiches Gottes gesegnet. Dies ist auch die Bedeutung der Worte Christi: ‚Ich
gab Mein Blut für das Leben der Welt.‘ Damit wollte Er sagen: Ich habe diese Schwierigkeiten,
diese Leiden, dieses Elend und sogar das größte Märtyrertum erwählt, damit die Menschen
von der Sünde lassen, d. h. damit sich ihr Geist von der Menschenwelt trennt und sich
der göttlichen Welt nähert, damit sich Seelen erheben mögen, die das wahre Wesen der
Führung für die Menschen und die Offenbarung der Vortrefflichkeit des höchsten
Königreiches sein werden...
Christus errettete die Menschen durch Seinen heiligen Odem von diesem Hang (Zu dieser Welt.) und befreite sie von dieser Sünde (Die sich auf die Nachkommen Adams vererbte.). . . („Beantwortete Fragen“, S. 157/160.)
Die Quelle der göttlichen Vollkommenheit.
Frage: „Wer war Jesus?“
Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „Christus war eine Manifestation Gottes. Alles an Ihm gehörte Gott. Ihn zu kennen, heißt Gott erkennen. Ihn zu haben, heißt Gott haben. Ihm zu gehorchen, bedeutet Gott gehorchen. Christus war die Quelle der göttlichen Vollkommenheit. Er war eine Erscheinung aller göttlichen Eigenschaften. In dieser Erscheinung wurde das Licht der Sonne der Wirklichkeit auf die Welt gestrahlt. Durch diesen Spiegel wurde der Welt die Kraft und der Wille Gottes übermittelt. Die Sonne der Wirklichkeit wurde in Ihm widergespiegelt.“ („S. d. W.“, November 1922, S. 133; aus „Notizen an Montfort Mills“.)
Der Mittelpunkt mächtiger Kräfte.
". . . Ebenso standen alle Menschen, die im Zyklus Jesu Christi lebten, weit hinter Seiner geistigen Autorität zurück. Er war die Sonne, und die anderen waren nur wie Lampen. Er war einzigartig und unvergleichlich, der Mittelpunkt und Brennpunkt mächtiger Kräfte. Jeder Mensch stand in Seinem (geistigen) Schatten. Er bildete den Mittelpunkt, um den sich der Kreislauf der Sterne bewegte. Jedermann nahm Seine Lichtstrahlen auf und war durch Seinen Glanz erleuchtet. . ." („S. d. W.“, Oktober 1921, S. 123; aus „Tagebuchblättern“.)
Die Widerspiegelung der Wirklichkeit.
". . . Die Manifestationen sind Anhaltspunkte oder Quellen der Hilfe für alle Völker. Sie sind die Erzieher der Menschen. Sie gleichen den Spiegeln, und die Wirklichkeit, das Wesen (Gott) selbst, gleicht der Sonne. Die Sonne wurde zum Beispiel durch Christus widergespiegelt. Sie erschien in Ihm mit ihren Strahlen und ihrer Wärme.
Obgleich der Spiegel nur eine phänomenale Wirklichkeit ist — er ist der Empfänger der Sonne - , so sagte Christus doch: ‚Der Vater ist in Mir‘, und dies bedeutet: Die Sonne hat sich in diesem Spiegel widergespiegelt. Wenn der Spiegel sagt: ‚Die Sonne ist in mir‘, so ist dies richtig. Es ist die Wahrheit. Damit ist aber nicht gemeint, daß die Sonne von ihrer erhabenen Höhe herabgekommen sei und im Spiegel wohne.“ („S. d. W.“, September 1921, S. 114; aus „Naturwissenschaft und Bahá’i-Lehre“.)
Das Licht der Sonne.
". . . Die Juden besaßen in ihrer Religion zuletzt nur noch ein großes Bündel von Überlieferungen und Annahmen. Als diese Religion zu solchem Tiefstand gekommen war, sandte Gott Seine Heiligkeit Christus. Dieser erschien als das Licht der Sonne, und Er richtete die Religion Gottes wieder neu auf. Auch belebte Er das von Moses gegebene Gesetz und erfüllte es — dem Geiste nach — . . .“ („S. d. W.“, September 1921, S. 109; aus „Ansprache ‘Abdu’l-Bahás in Stuttgart“.)
". . . Zur Zeit Christi kam eine Lichtwelle von Osten zum Westen, die die Menschen unter ein himmlisches Banner stellte, und sie mit göttlicher Erkenntnis erleuchtete. Das Abendland wurde durch das Licht Christi erleuchtet. . .“ („S. d. W.“, Februar 1923, S. 184.)
Die Macht des Wortes Gottes.
". . . Die große Macht Neros wurde zertrümmert, und die Fahne Christi erhob sich an ihrer Stelle. Die Könige der Erde, die Weisen der Welt wurden dem Wort (Gottes) untertan und nahmen es an... Obgleich Jesus kein großer und gelehrter Mann war, obgleich Er einem armen und niedrigen Stande angehörte und in einem Stalle geboren wurde, veränderte Er dennoch durch Seine Macht und Göttlichkeit die ganze Welt. Welcher Beweis für Seine göttliche Sendung könnte größer sein als dieser? Wie kann jemand diesen Beweis leugnen? . . .“(„S. d. W.“, August 1922, S. 88; aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“.)
Das „Wort“.
". . . Das Lehren der Wahrheit gleicht dem Erbauen von Brücken, auf denen die Menschheit über den reißenden Strom gelangen kann. Die Welt muß dahin kommen, daß sie Christus als das ‚Wort‘ anerkennt. Obgleich sie Ihn verspotteten, verachten und verlachten, bestand Seine Mission doch darin, die Menschheit, die Ihn verwarf, auf eine höhere Stufe zu erheben. Wenn dies allgemein erkannt wird, so wird es die, die Ihn verleugneten, zum Weinen, Schweigen und Nachdenken bringen. Christus bleibt ewig Christus.“ („S. d. W.“, Mai 1922, S. 41/42; aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“.
". . . Die Juden waren auf einem geistigen Tiefstand angelangt und befanden sich unter Pharao in sklavischem Zustand, als Moses auftrat und sie auf eine hohe Stufe der Zivilisation emporhob, bis unter der Regierung Salomos Wissenschaft und Künste in höchster Blüte standen, so daß selbst griechische Philosophen die salomonischen Lehren studierten. Dadurch ist die göttliche Sendung Moses als Prophet erwiesen.
Nach einiger Zeit verloren sie ihr Land und wurden Untertanen der Römer und Griechen. Dann stieg Jesus Christus als leuchtender Stern am Horizont des jüdischen Landes auf und brachte der Welt neues Licht, woraufhin bei allen Religionen, Glaubensrichtungen und Nationen die Lehre von der Liebe und Einigkeit bekannt wurde. Es gibt keinen stärkeren Beweis als diesen, daß Jesus Christus das ‚Wort Gottes‘ war. . .“ („S. d. W.“, Februar 1923, S. 182.)
Keine örtliche Beschränkung.
". . . Der Ort, an dem die Lehre auftritt, ist bedeutungslos. Seine Heiligkeit Christus trat in Palästina auf. Seine Lehren durchfluteten aber die ganze Welt und brachten durch göttliche Macht viele Nationen unter Sein Wort. Somit ist die anfängliche örtliche Beschränkung durchaus nebensächlich. . .“ („S. d. W.“, Mai 1922, S. 39.)
Die Fußstapfen Christi.
". . . Gesegnet ist, wer gütig gegen seine Feinde ist, denn er wandelt in den Fußstapfen Christi. . .“ („Star of the West“, Juni 1916.)
". . . Auch Christus sagte zu einem reichen Manne: ‚Gehe hin und gib alles auf, was du hast, nimm dein Kreuz auf dich und folge Mir nach.‘ Dieser Ausspruch Christi bezeugt, daß, wenn man nicht von allem befreit ist, man kein wahrer Nachfolger von Ihm sein kann. . .“ („S. d. W.“, Dezember 1921, S. 157.)
Ein wirklicher Christ.
". . . Am Anfang deines Briefes steht ein gesegnetes Wort, und dies heißt: ‚Ich bin eine Christin.‘ Ich wünsche, es wären alle wirkliche Christen; denn ein Christ dem Namen nach zu sein, ist leicht, aber ein wirklicher Christ zu sein, ist schwer. Gegenwärtig gibt es über fünfhundert Millionen Christen, aber die wirklichen Christen sind selten, denn dies sind Seelen, deren Schönheit das Licht Christi und der himmlischen Vollkommenheit ausstrahlt. Dies ist etwas Großes. Es ist der Brennpunkt aller Tugenden. Ich hoffe, daß du auch eine wirkliche Christin bist. . .“ („S. d. W.“, Juni 1922, S. 53; aus einem „Tablet“.)
Menschen der Tat.
". . . Die Jünger Christi vergaßen sich und alle irdischen Dinge. Sie gaben alles
Irdische, alle irdischen Sorgen, ja ihre Familie auf, befreiten sich von ihrem Selbst
und allen Leidenschaften, zogen getrennt nach allen Seiten aus und riefen die Menschen
zur göttlichen Führung, bis sie schließlich die Welt zu einer anderen machten, die
Erde erleuchteten und selbst bis zu ihrer
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letzten Stunde die größte Aufopferung auf dem Pfade des Geliebten Gottes (Jesus Christus)
bewiesen. Sie erlitten schließlich in verschiedenen Ländern einen ruhmreichen Märtyrertod.
Laßt die, die Menschen der Tat sind, in ihre Fußstapfen treten! . . .“("S. d. W.", August 1922,
S. 82; aus dem „Testament 'Abdu'l-Bahás“.)
Die Frauen aus der Zeit Christi.
". . . Denket an die Frauen, die zu Christi Zeit lebten, und die damals an Ihn glaubten. Obwohl sie nicht wissenschaftlich gebildet waren, sind sie doch ins Gottesreich eingetreten, trugen Früchte in ihrem Leben und waren somit Fruchtbäumen gleich...
Wie viele Könige und Königinnen sind seit Christi Zeiten gekommen und gegangen, ohne daß ihr Name heute erwähnt wird. Aber die Namen der Frauen aus der Zeit Christi — Maria Magdalena und andere, die der Gottessache dienten — sind heute noch unter uns lebendig.
Maria Magdalena war nur eine einfache Frau und wurde viel getadelt, aber nachdem sie an Christus glaubte, kam sie zu großem Ansehen. Bedenket, welch lange Zeit seitdem verstrichen ist, und doch reden wir heute noch von ihr! . . ." („S. d. W.“, Oktober 1922, S. 117/118; aus „Tischgesprächen ‘Abdu’l-Bahás“.)
". . . Nachdem Jesus Christus Sein Leben beendet hatte, weinten die Jünger und gaben ihrem Schmerz Ausdruck. Sie glaubten, daß alle ihre Erwartungen zunichte gemacht wären, und daß die Sache Jesu völlig verloren wäre, bis Maria Magdalena zu ihnen kam, sie ermutigte und zu ihnen sagte: ‚Beweint ihr den Körper unseres Herrn oder Seinen Geist? Wenn ihr um Seinen Geist klagt, so irrt ihr euch, denn Jesus Christus lebt! Sein Geist wird uns niemals verlassen.‘ Durch ihre Klugheit und ihren Zuspruch wurde die Lehre Christi für alle Zeiten gerettet. Ihre Intuition befähigte sie, die Tragweite der geistigen Tatsache zu erkennen.“ („S. d. W.“, August 1923, S.88; aus „'Abdu'l-Bahá in London“.)
Der Weg zum ewigen Licht.
". . . Ist der Mensch mit materiellen und intellektuellen Dingen beschäftigt, dann sieht er nur das, was von der Welt ist. Sind jedoch seine Gedanken aufwärts gerichtet, wird er zum ewigen Licht geführt.
Wenn du dich in dem von Christus beschriebenen Zustande befindest und durch das Feuer der Liebe Gottes geläutert bist, dann wirst du dich nicht allein auf deine Vernunft verlassen, du wirst dich vielmehr Gott zuwenden, und Er wird dir helfen. . .“ („S. d. W.“, Januar 1922, S. 170.)
Die heiligen Schriften.
„Die Bibel und die hl. Schriften anderer Religionen müssen in den Bahá’i-Versammlungen immer studiert und gelesen werden. Dieses Studium wird den geistigen Horizont der Bahá’i weiten und sie mit den wundervollen Prophezeiungen, die sich heute erfüllen, bekannt machen .. ("S. d. W.“, August 1921, S. 95.)
". . . Du schriebst, daß du die Bibel liebst. Die Diener und Dienerinnen des Barmherzigen müssen zweifellos den Wert der Bibel schätzen, denn sie sind diejenigen, die ihre wahre Bedeutung entdeckt und die Geheimnisse des heiligen Buches verstanden haben. . .“ („S. d. W.“, April 1923, S. 23; aus „Tablets nach Amerika“.)
Das Schwert des Geistes.
Frage: „Was ist für eine unterworfene Nation, wie beispielsweise auch Deutschland, . Österreich, Indien usw., besser, die Freiheit durch Gewalt mit den Waffen zurückzuerobern oder in Frieden zu leben?“
Antwort 'Abdu’-Bahás: „Vom Gesichtspunkte Gottes aus ist es besser in Frieden zu leben, alsdann wird die Freiheit erlangt werden. Das Schwert der Gedanken oder der Weisheit ist schärfer als das Schwert aus Stahl. Das Schwert aus Stahl hat nicht die gleiche Macht, die die Gedanken haben. Christus siegte mit dem Schwert der Gedanken und nicht mit dem Schwert aus Stahl.“ (Aus einem Bericht von Mrs. Professor Kunz, Urbana [Amerika], über ihre Begegnung mit ‘Abdu’l-Bahá am See Genezareth, Ostern 1921, „S. d. W.“, Februar 1922, S. 191.)
‘Abdu’l-Bahá Ostern 1921 am See Genezareth.
'Abdu'l-Bahá fuhr fort: „Ostern hat für uns eine neue Bedeutung. Die Auferstehung
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erscheint im neuen Licht. Es ist ein bedeutungsvolles Ereignis, daß wir uns an diesem
Ort befinden, an dem Christus einst Petrus aufforderte, seine Netze zu verlassen und
ein Menschenfischer zu werden.“ Er bezeichnete uns die Stelle, an welcher dies geschehen
sein sollte, etwa hundertfünfzig Meter von uns entfernt. Die Bergpredigt sei
auf dem Berge Tabor gehalten worden. Ein uns begleitender Jude sagte uns, daß dieser
Berg ganz Galiläa beherrsche.... (Aus einem Bericht von Professor Kunz, Urbana
(Amerika], „S. d. W.“, Januar 1922, S. 179/180.)
Bahá’i-Kongreß[Bearbeiten]
Der auf Pfingsten anberaumte 9. Kongreß der Bahá’i Deutschlands verlief im Geiste einer beglückenden Harmonie und im Sinn reiner Brüderlichkeit. Am Samstag, den 23. Mai, fand die Begrüßung der Freunde im Bahá’i-Büro, Alexanderstr. 3, im Namen des deutschen Nationalrats durch Herrn Brückner, Göppingen, statt, der mit tiefempfundenen Worten des verstorbenen Nationalrats-Vorsitzenden gedachte. Namens der Geistigen Arbeitsgemeinschaft hieß Frau Alice Schwarz die Freunde aus nah und fern herzlich willkommen. Die Delegierten der Geistigen Arbeitsgemeinschaften aus Nord- und Süddeutschland sowie aus Wien überbrachten ihre Grüße und referierten über ihre Erfahrungen der Ortsgruppen, bezüglich der Verbreitung der Lehre Bahá’u’lláhs. Pfingstsonntag in der Frühe fand die Neuwahl des Bahá’i-Nationalrats gleichfalls im Bahá’i-Büro statt.
Die Namen lauten alphabetisch geordnet:
- Frau Marta Brauns, Karlsruhe
- Herr Julius Brückner, Göppingen
- Herr Paul Gollmer, Stuttgart
- Herr Dr. Herm. Großmann, Weinheim
- Frl. Edith Horn, Frankfurt/Main
- Frl. Anna Köstlin, Eßlingen
- Herr Theo Lehne, Berlin
- Frau Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart
- Herr Karl Schweizer, Zuffenhausen.
Nach der Wahl begaben sich die Freunde nach Eßlingen zu der Einweihung des nunmehr
vollendeten ersten Bahá’i-Heims in Deutschland.
Gastlich von den Freunden aus Eßlingen aufgenommen durften die Geladenen einen entzückenden schönen Tag verbringen, zu dem Freunde von nah und fern beitrugen. Durch Fräulein Anna Köstlin geleitet fanden größere Vorträge von Dr. Großmann und Frau Alice Schwarz statt, umrahmt von musikalischen Vorträgen und Rezitationen. Die herrliche Pfingstsonne strahlte nicht nur über dem Häuschen selbst inmitten blumendurchwirkter Wiesen, sondern auch jedem der Freunde ins Herz. Mit welcher Liebe so viele Freunde an der großen Heiligen Sache hängen, beweist das Zustandekommen dieses nun neu geweihten Hauses, in dem der Geist der Liebe und Eintracht wohnen wird. Es war diese Pfingsttagung durch des Meisters Segen gekrönt, Dessen hoher Geburtstag am 23. Mai zugleich so feierlich begangen werden konnte.
Von Shoghi Effendi, dem treuen Beschützer der Lehre Bahá’u’lláhs, lief folgendes Telegramm ein:
Haifa — Schwarz, Alexanderstraße, Stuttgart. convey convention delegates expression profound admiration constancy german believers overjoyed their succesful resistance severe trials assure them loving continued prayers — shoghi.
Übermittle den Kongreß-Delegierten den Ausdruck hoher Bewunderung über die Beständigkeit der deutschen Gläubigen. Überglücklich über ihren erfolgreichen Widerstand den schweren Prüfungen gegenüber, versichere ich sie meiner liebevollen, fortgesetzten Gebete. (gez.) Shoghi.
Der Kongreß klang mit einem Ausflug am Pfingstmontag nach Göppingen im gastlichen Heim der Familie Brückner harmonisch aus. Erfüllt von neuer Schaffensfreudigkeit gelobten sich die Freunde innige Zusammenarbeit zum Aufbau am großen Friedensreich Bahá’u’lláhs.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Iqhan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart
Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude
In unserem Verlag sind erschienen:
Bücher:
Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . 1.--
Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 3.--
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 3.50
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 5.--
Broschüren:
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.50
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.50
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.50
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 9 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--
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