Sonne der Wahrheit/Jahrgang 11/Heft 11/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 11 11. JAHRGANG JAN. 1932
 


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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.


Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.

Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 11 Stuttgart, im Januar 1932
Masá’il (Fragen) 87
11. Jahrgang

Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


Inhalt: Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ‘Abdu’l-Bahá. — Dem alten Jahr. — Das Testament von ‘Abdu’l-Bahá. — Die Botschafter Gottes. — Der Schlüssel zur Welteinheit.


Worte von 'Abdu'l-Bahá Abbas Effendi[Bearbeiten]

zu Miss Stevens, Haifa 1910


Das Universum ist am ehesten zu verstehen als ein Spiegel Gottes. Schon die ältesten Denker und Dichter erkannten den Kosmos als die Enthüllung, Projektion oder Spiegelung der Gottheit, oder wie die indischen Pantheisten sagen: Die Welt ist die Arena (Schauplatz), vo Gottes Wesen und Eigenschaften sich äußern und entfalten. Wir Bahá’i haben nicht umsonst das große Glaubensbekenntnis: Es gibt nur einen Gott und nichts außer Ihm! Sehr schön sagt dies ein alter Dichter: wie in einem Schulbuch blättern wir in dem großen Buch des Kosmos, aber in Wahrheit lesen und sehen wir nichts anderes darin als das Sein und Wesen Gottes und Seine Eigenschaften.



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Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]

Dreizehnter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart


Unterhaltung im Garten, welcher das Grabdenkmal des Báb umgibt am Karmelabhang. Aprilabend nach dem Abendessen. Die Lichter der deutschen Kolonie leuchten wie ein Lichtkegel vom Karmelfuß bis zum Meeresstrand. Außer den Nahestehenden sind noch ein deutscher Jude, der gut arabisch spricht, und eine Engländerin als Gäste da.

Thema: Ausgehend von dem, zu unseren Füßen ausgebreiteten Lichterglanz, meinte der deutsche Gast, die Lichter da unten seien ein gutes Sinnbild für die Natur der menschlichen Seelen. Der Meister interessierte sich sofort für das Gleichnis und fragte: „Wie meinst du das, mein Sohn?“ Der Angeredete: „Siehe Herr, allmählich geht ein Licht nach dem andern da unten aus, ähnlich wie die Sonne abends am Horizont verschwindet. Das Licht ist ausgelöscht, die Sonne ging unter wie ein Menschenleben ausgeht und verschwindet aus dem Kreis der Lebenden, aber in Wirklichkeit wird das Licht morgen Abend wieder angezündet und die Sonne geht nicht unter, sie entschwand nur unsern irdischen Augen, sie leuchtet aber unaufhörlich fort — und so muß es mit unsrer Seele, unsrem Geist sein — nach dem irdischen Ableben leuchtet sie in einer anderen, besseren Welt weiter. Unser großer Dichter Goethe bezeugte einst: ‚Unser Geist ist ein Wesen von ganz unzerstörbarer Natur, ein von Ewigkeit zu Ewigkeit fortwirkendes Wesen‘.“

Nach einigem nachdenklichem Stillschweigen frägt der Meister: „Was weiß Herr Goethe über die Ewigkeit? Was ist Ewigkeit? Wie definiert und erklärt Euer Dichter den Begriff der Ewigkeit?“ — Es folgt eine längere Pause verlegenen Schweigens, dann sagt der Deutsche: „Ich weiß nicht, was ein Goethe auf eine solche Frage antworten könnte, ich selbst ahne gefühlsmäßig, daß die Ewigkeit eine zeitlose Größe, unvorstellbar, unausdenkbar sein muß.“ Nach einer Pause bittet die Engländerin (in englischer Sprache): „Meister, enthüllen Sie uns das Wissensmögliche über den Begriff Ewigkeit.“ Der Meister hebt an: „Unser Gast hat recht, der menschliche Verstand kann sich keinen deutlichen Begriff, keine klare Vorstellung davon machen, wo und wie die Zeit aufhören kann und in die Ewigkeit einzufließen vermag. Nicht mit logischem Erkennen vermögen wir den Begriff Ewigkeit in die Netze unserer Vernunft einzufangen, nur das mystische, das intuitive Erkennungsvermögen reicht an diesen Begriff heran und streift ihn. Lasset Euch hinweisen, o meine Zuhörer, auf folgende Tatsache: Zur Ewigkeit der Zeit gehört die Unendlichkeit des Raumes und die Allmacht und Unvergänglichkeit der Potenz (= Kraft, Schöpferkraft, Urkraft). Eines ist ohne das andere vollends unausdenkbar und unlogisch. Sagen wir uns, wenn der Raum begrenzt wäre und die Zeit — ohne eine Ewigkeit — irgendwann zu Ende ginge, so müßte es ein „Nichts“ geben. Das „Nichts“ ist aber vollends für unsern menschlichen Geist unvorstellbar, ganz unmöglich. Ein „Nichts“ müßte immer wieder für unsere Vernunft zum „Etwas“ werden. Das Weltall, der Makrokosmos, wird von unserem Geist, dem Mikrokosmos, wie in einem Spiegel eingefangen. Wir empfinden, wir überschauen, wir zerlegen und konstruieren dieses Spiegelbild während eines ganzen Menschenlebens und selbst der nüchternste wie der phantasievollste Mensch vermag sich nicht vorzustellen oder auszudenken, daß Raum und Zeit irgendwo und irgendwann zu Ende gingen. Was zu Ende gehen kann, müßte auch einen Anfang gehabt haben, was aber Anfang und Ende hat, muß von einem Schöpfer, einer Potenz, geschaffen worden sein, denn aus Nichts wird Nichts. Nehmen wir also das Unvorstellbare an, daß Raum und Zeit einmal einen Anfang hatten und einmal ein Ende haben werden — dann bleibt immer noch der Schöpfer, die Urpotenz, die ebensogut einen neuen Raum, eine frische Zeit produzieren kann. Daraus [Seite 123] ergibt sich, daß der Schöpfer, die Urpotenz — nennen wir Ihn Gott den Herrn —, daß Er der Unvergängliche ist, der im unendlichen Raum und in der unbegrenzten Zeit, d. h. in der Ewigkeit, existiert. Die Schöpferkraft, der unendliche Raum und die Ewigkeit verschmelzen damit in einen einzigen Begriff. Und da sich in unserem Geist das ganze Weltall spiegelt, so erkennen wir darin, daß auch unser Geist (ruch) eine Spiegelung des Schöpfergeistes ist und damit Teil hat an der Unendlichkeit des Raumes und der unbegrenzten Ewigkeit. O meine Söhne und meine Töchter: Unser Geist, der weder faßbar noch erklärlich ist, teilt die Unendlichkeit des Raumes und die unbegrenzte Ewigkeit mit seinem Schöpfer, das will heißen: der menschliche Geist, die schwache Spiegelung des göttlichen Geistes, des Schöpfergeistes, hat Anteil an der Unvergänglichkeit des Schöpfers: unser Geist ist unsterblich. — Ja sahibu’z zaman Allahu abhá*).“

Der Meister zieht sich zurück, die Gäste wandern heim.

*) El Abha (= der sehr Glänzende) ist bei den Bahá’i: der größte Name Gottes. Ja ist Anruf, sahib = Herr, u’z = der, Zaman = Zeit, Allahu abha = des sehr Glänzenden Gottes. Der ganze Gruß heißt auf Deutsch: O Herr der Zeit (also auch der Ewigkeit), Glänzender Gott.



Dem alten Jahr[Bearbeiten]

Von Paul Häcker, Stuttgart


Was du uns an Leid gebracht,
Sei vergessen und vergangen,
Sei in deine dunkle Nacht
Leise eingegangen.


Was du uns an stillen Freuden
In verfloss’nen Tagen hast geschenkt,
Soll den Pfad uns zubereiten
Der uns zu dem Herren lenkt.



Das Testament von 'Abdu'l-Bahá[Bearbeiten]

Nach Aufzeichnungen von Miss Rosenberg, aus dem Englischen wiedergegeben von der Bahá’i-Bewegung in Ostseebad Müritz (Mecklenburg)

Miß Rosenberg sagt, daß sich das Testament in einem Päckchen versiegelt befand, welches 'Abdu'l-Bahás eigenhändige Aufschrift an Shoghi Effendi trug. Bis zum Eintreffen von Shoghi Effendi konnte daher nichts unternommen werden. Miß Rosenberg war zu dieser Zeit in Haifa anwesend.

Nachdem Shoghi Effendi gekommen, war und er das Testament geöffnet hatte, wurde eine sehr feierliche Versammlung für die Verlesung des letzten Willens einberufen. Es waren alte, grauhaarige Männer zugegen, die der Bewegung seit vielen Jahren angehörten, und wenn der leiseste Zweifel über die Echtheit des Testamentes hätte bestehen können, so würde er diesen bekannt gewesen sein. Die ganze Urkunde war in Seiner eigenen Handschrift gehalten.

Es waren mindestens zweihundert Menschen bei der Verlesung des Testamentes anwesend, einem höchst eindrucksvollen Vorgang. Jedesmal wenn der Name Shoghi Effendis erwähnt wurde, erhob sich die ganze Versammlung und verbeugte sich.

Die ursprüngliche Einsetzung Shoghi Effendis geschah, als er erst neun Jahre alt war, und ‘Abdu’l-Bahá Sich in großer Gefahr befand.

Die drei Abschnitte des Testamentes haben verschiedene Daten.

Es bestand damals über die Gültigkeit nicht die geringste Einwendung, und die allerältesten Teilnehmer, die zugegen waren, erkannten das Testament an. Sie hatten dasselbe photographiert. Miß Rosenberg prüfte das Testament und sah, daß es alt war, von der Feuchtigkeit verfärbt, denn es war in einen haltbaren Kasten gelegt und viele Jahre eingegraben gewesen.

H. Dreyfus-Barney war anwesend und übersetzte vieles von ‘Abdu’l-Bahá.

[Seite 124] Die Überraschung war in Persien anfänglich groß.

Ein persischer Gläubiger, der viele Jahre bei 'Abdu'l-Bahá gewesen war, sagte, daß er sich einst in des Meisters Gegenwart befunden hätte, als Er ein Tablet schrieb, welches dieser Gläubige mit nach Persien nehmen sollte, und er mußte denken, daß alles auf den Meister zentriert war, und er überlegte sich, wer wohl als dessen Nachfolger in Betracht käme. Da rief 'Abdu'l-Bahá laut: „Shoghi Effendi“, und dieser kam eilig zu dem Meister gelaufen, und der Meister sagte:

„Hier ist. ein Freund, der dich dringend zu sehen wünscht.“

Jener persische Bahá’i sagte, daß er nach dem Tode 'Abdu'l-Bahás sich der Tragweite dieses Vorfalls bewußt wurde.

Die Verlesung des letzten Willens war eine sehr feierliche Handlung. Das Testament besteht ganz aus der eigenen Handschrift ‘Abdu’l-Bahás. Bei der feierlichen öffentlichen Versammlung bezeugten alle alten persischen Gläubigen, die anwesend waren, die Echtheit desselben.



Die Botschafter Gottes[Bearbeiten]

Von der Bahá’i-Bewegung in Ostseebad Müritz (Mecklenburg)

“Abdu’l-Bahá sagt: „...In der vergänglichen Welt gibt es vier Jahreszeiten: Der Frühling, der die Pflanzen hervorbringt, die Tiere neu belebt und Früchte verspricht; der Sommer, der die Bäume mit Obst belädt; der Herbst, der die Früchte reift, und nach dem der Winter eintritt, in dem die Bäume leer und kahl stehen. So hat auch die geistige Welt ihre vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter... .” („Sonne der Wahrheit“, März 1923, Seite 4.)

In der Natur weicht der aufgehenden Sonne des Frühlings die Dunkelheit des Winters. Die Kälte des Winters vergeht, das Eis schmilzt, und die Erde regt sich zu neuem Leben.

Die Bahá'i-Lehre sagt uns, daß ebenso wie die materielle Sonne auf die Erde scheint und die Entwicklung der materiellen Dinge bewirkt, so auch die Propheten Gottes die Lebensspender in der geistigen Welt sind und die Herzen und Seelen der Menschen erleuchten. Immer wenn „Finsternis das Erdreich bedeckte“, ging auch wieder „die Herrlichkeit des Herrn” auf und brachte eine neue geistige Zivilisation.

„... Geistige Erziehung ist die Erziehung zum Königreich Gottes. Durch sie erlangt der Mensch göttliche Eigenschaften, und dies ist die wahre Erziehung, denn in diesem Zustande tritt das Göttliche im Menschen in Erscheinung*), und er wird zur Offenbarung der Worte: „Lasset Uns Menschen machen nach Unserem Bild und Gleichnis.‘ Dies ist das höchste Ziel der Menschheit ... .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 8.)

*) „Kosmisches Bewußtsein“ von Dr. Richard M. Bucke, Verlag Niels Kampmann, Celle, sei hier empfohlen.


Einer der göttlichen Offenbarer war

Abraham.

Abraham wurde in Mesopotamien in einer Familie geboren, die nichts von der Einheit Gottes wußte. „...Er verwarf alle ihre Götter und widersetzte sich dadurch Seinem eigenen Volk, ja sogar Seiner eigenen Familie. Allein und ohne Hilfe widerstand Er einem mächtigen Volksstamm, eine Aufgabe, die nichts weniger als leicht war... .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 14.)

»...Durch die Widersprüche und Verfolgungen Seiner Feinde in äußerste Not getrieben, mußte Er schließlich Sein Heimatland verlassen. Sie verbannten Ihn nur, damit Er umgebracht würde und keine Spur mehr von Ihm übrig bliebe.

Abraham kam dann in die Gegend des hl. Landes. Seine Feinde dachten, Seine Verbannung werde zu Seinem völligen Untergang führen, da es unmöglich schien, daß ein Mensch, selbst wenn er ein König wäre, dem Untergang entrinnen könnte, wenn er [Seite 125] von seinem Heimatland verbannt, seiner Rechte beraubt und von allen Seiten unterdrückt wird. Aber Abraham hielt aus und zeigte eine übernatürliche Standhaftigkeit, und Gott gab, daß Ihm diese Verbannung zur ewigen Ehre gereichte, weil Er die Einheit Gottes inmitten eines Vielgötterei treibenden Geschlechtes aufrichtete. Gerade durch Seine Verbannung wurden die Nachkommen Abrahams mächtig, und das hl. Land wurde ihnen gegeben. Die Folgen der Verbannung Abrahams waren, daß Seine Lehre weit verbreitet wurde ..... Die Verbannung Abrahams war letzten Endes die Ursache, daß ganz Europa und der größte Teil Asiens unter den Schutz des Gottes Israels kamen . . .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 14/15.)


Moses.

„... Er war ein Mann, der eine große Nation von den Ketten der Gefangenschaft befreite, ihre Wünsche befriedigte und sie von Aegypten in das hl. Land führte.

Durch Ihn wurde dieses Volk aus den Tiefen der Erniedrigung zu den Höhen des Ruhmes erhoben. Sie waren Gefangene und wurden befreit. Sie waren Unwissende und wurden die Weisesten. Die Gesetze, die Moses ihnen gab, verursachten, daß sie eine ehrenvolle Stellung unter den Nationen erlangten und sich ihr Ruhm über alle Lande verbreitete, und zwar so sehr, daß man bei den benachbarten Völkern, wenn man jemanden loben wollte, ausrief: „Dies ist gewiß ein Israelit.“

Das Volk Israel erlangte einen solchen Grad der Entwicklung, daß die Weisen Griechenlands kamen, um sich die berühmten Männer Israels, die als Muster der Vollkommenheit galten, anzusehen. Einer dieser Griechen war Sokrates, der Syrien besuchte und von den Kindern Israels die Lehren von der Einheit Gottes und der Unsterblichkeit der Seele annahm. Nach seiner Rückkehr nach Griechenland verkündigte er dort diese Lehren ... “ („Beantwortete Fragen“, Seite 16/17.)

'Abdu'l-Bahá sagt weiter: „... Als die Kinder Israels sich rasch vermehrten, zerstreuten sie sich über alle Teile des Königreiches Ägypten. Die ägyptischen Könige der Hyksos-Dynastie begannen Würde und Macht unter ihrem eigenen Volk, den Ägyptern, zu verschenken, und die Hebräer, die als Eindringliche galten, wurden verachtet und unterdrückt. Die Kinder Israels, die im Lande zerstreut waren, wurden lange Zeit Gefangene in der Hand der Ägypter, wurden unterdrückt und gequält und von allen Menschen mißachtet, und zwar in einer Weise, daß der geringste Ägypter den vornehmsten Hebräer quälen und verfolgen durfte. Tatsächlich war die Knechtschaft, Entwürdigung und Bedrückung so groß, daß die Israeliten Tag und Nacht ihres Lebens nicht sicher waren. Auch ihre Frauen und Kinder konnten weder Zuflucht noch Schutz vor der Ungerechtigkeit und Grausamkeit der Minister des Pharao finden. Sie wurden so unglücklich, daß ihnen ihr Mahl wie ein Bissen im Munde quoll, und ihr Herzeleid war so groß, daß ihre Tränen wie der Jayhun (persischer Name für den Fluß Oseus) flossen. In einem solch gequälten Zustand befanden sie sich bis die Herrlichkeit Moses den Glanz des Feuers der Einheit im Tale der Gewißheit — dem geheiligten Schrein — erschaute. Und Er hörte die lebenspendende Stimme Gottes durch das geistig göttliche Feuer im Busch, das weder von Osten noch von Westen kam. Er war auserlesen zur universalen Prophetie und leuchtete wie eine Fackel der Führung unter den Hebräern. Und mit dem Licht der Führung führte Er jene in der Nacht der Unwissenheit Verirrten auf den rechten Weg des Wissens und der Vollkommenheit. Nachdem Er alle die verschiedenen Stämme der Israeliten unter den schützenden Schatten des Wortes der Einheit versammelt hatte, errichtete Er das Banner völliger Einheit auf den Höhen des Einvernehmens und der Freundlichkeit. So war sich dieses unwissende Volk, nachdem es durch die göttlichen Lehren erzogen war, in kurzer Zeit nicht länger entfremdet, sondern war von der Einheit Gottes angezogen. Es wurde befreit von seiner Verachtung und Erniedrigung, erlöst aus seiner Armut, seiner Gefangenschaft und Unwissenheit und wurde göttlich begnadet mit höchstem Ruhm und Wohlstand. Dann wanderten sie aus dem Königreich Ägypten aus [Seite 126] und wandten sich nach dem ursprünglichen Geburtsland Israels und erreichten so das Land der Kanaaniter und Philister. Zuerst eroberten sie die Länder am Fluß Jordan und die Stadt Jericho und wohnten daselbst. Späterhin besetzten sie alle benachbarten Städte Phönizien und Zoan bis Annuon.

Schließlich, zur Zeit Josuas, des Bani, erlangte Israel die Herrschaft über das Gebiet von einunddreißig Königreichen. Sie überflügelten sodann alle Völker der Erde in allen Arten menschlicher Fähigkeiten, in der Kunst und Wissenschaft, in der Standhaftigkeit und Entschlossenheit, in Tapferkeit und Mut, in der Ehre und im Großmut. Wenn zu jener Zeit ein Israelit sich unter eine Gesellschaft anderer mischte, so konnte er von ihnen an seinem liebenswürdigen Wesen unterschieden werden, und wenn jemand aus einer anderen Nation einen Menschen loben wollte, so verglich er ihn mit einem Israeliten. In verschiedenen Geschichtsberichten ist erzählt, daß griechische Philosophen wie Pythagoras ihr meistes Wissen über göttliche und naturalistische Philosophie von den Schülern des großen Königs Salomo erworben haben.

Sokrates traf auf einer Reise einige der berühmtesten Theologen Israels und lernte vieles von ihnen. Nach seiner Rückkehr nach Griechenland lehrte er den Glauben an die Einheit Gottes und die Unsterblichkeit der Seele nach der Auflösung der den Körper bildenden Elemente . .. .“ („Die geheimnisvollen Mächte der Kultur“, „Sonne der Wahrheit“, Dezember 1929, Seite 150/151.)


Christus.

Später trat Christus auf und sagte: „Ich bin geboren vom Hl. Geist.“ Wenn es jetzt auch für die Christen leicht ist, diesem Ausspruch zu glauben, so war dies doch zu jener Zeit sehr schwer. In den Evangelien lesen wir die Worte der Pharisäer: „Ist dieser nicht der Sohn Josefs von Nazareth, den wir kennen? Wie kann Er sagen: ‚Ich bin vom Himmel kommen?'“

Kurz, dieser Mann, der in den Augen aller ein Geringer war, trat mit einer solchen Macht auf, daß Er eine Religion aufhob, die seit 1500 Jahren bestand, und zwar zu einer Zeit, da die geringste Abweichung von der mosaischen Religion den Übertreter großer Gefahr, ja sogar dem Tode aussetzte. Außerdem war zur Zeit Christi die Moral der ganzen Welt verdorben, und die Israeliten befanden sich in höchster Verwirrung. Sie waren in einen Zustand äußerster Entartung, in Elend und Knechtschaft geraten. Einmal wurden sie Gefangene der Chaldäer und Perser, ein andermal Sklaven der Assyrer, später Untertanen und Vasallen der Griechen und zur Zeit Christi die Unterjochten der Römer . . .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 18/19.)

Weiter sagt 'Abdu'l-Bahá: „...Was ich feststellen möchte, ist, daß Christus eine Sache aufrichtete, die alle Könige der Erde nicht zu gründen vermochten. Er vereinigte verschiedene Religionen und veränderte alte Gebräuche. Bedenket die großen Gegensätze zwischen den Römern, Griechen, Syrern, Ägyptern, Phöniziern, Israeliten und anderen Völkern. Christus hob diese Gegensätze auf und wurde zur Ursache der Liebe zwischen diesen Völkern. Wenn auch nach einiger Zeit diese Einigkeit von den Mächten wieder zerstört wurde, so war doch das Werk Christi vollbracht .. .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 12.)

In „Die geheimnisvollen Mächte der Kultur“ lesen wir: „... Betrachtet wiederum den Zeitabschnitt, als der Heilige Odem des Geistes Gottes (Jesus Christus) das Land Palästina, Galiläa, die Ufer des Jordanflusses und die Gegend um Jerusalem erfüllte, als die herrlihen Worte des Evangeliums den geistig Gesinnten zu Gehör kamen. Zu jener Zeit waren alle Nationen und Völker in Asien, Europa, Afrika, Amerika und auf den ozeanischen Inseln außer der jüdischen Nation, welche an die Göttliche Einheit glaubte, Feueranbeter und Götzendiener und dem Rufe zum Tage des Gerichtes unachtsam.

In der Mission des Heiligen Einen wurde der herrliche, reine, Leben gebende Odem der ewigen Wahrheit durch die Eingebung von Gott den Bewohnern dieser Gegenden verliehen, und die natürliche Grundlage des Gesetzes Jesu gelegt, welches zu jener Zeit die Arznei und das unmittelbare Heilmittel für den kranken Körper der Menschheit war.

[Seite 127] Obschon zu Lebzeiten jenes Heiligen Einen es nur einige wenige Seelen gab, welche an Gott glaubten — waren es doch in Wirklichkeit nur zwölf Männer, die Apostel (unter ihnen Judas Ischariot, ein Abtrünniger, so daß elf Apostel übrig blieben) und einige Frauen —, so wurde doch nach der Himmelfahrt des Heiligen Einen zu dem Horizont der Herrlichkeit diese kleine Zahl von Männern und Frauen wegen ihrer geistigen Fähigkeit, ihres heiligen Lebens und durch die Göttliche Macht und Eingebung des Geistes Christi der Würde teilhaftig, das ganze Volk der Erde zur Wahrheit zu führen.

Die heidnischen Nationen und die Juden jener Zeit erhoben sich mit der Absicht, durch ihre Gewalt und Anstrengungen das Göttliche Licht auszulöschen, welches in der Lampe des Landes um Jerusalem angezündet worden war. Wie geschrieben ist: „Sie beabsichtigen, das Licht Gottes durch ihr Geschrei auszulöschen, aber Gott hat beschlossen, Sein Licht zu vollenden, obgleich die Ungläubigen ihm abgeneigt sind und es als unmöglich betrachten.“

So marterten sie jeden dieser Heiligen mit den schrecklichsten Martern und Qualen. Einige von ihnen wurden in Stücke geschnitten. Andere von ihnen wurden in einen feurigen Ofen geworfen, um lebendigen Leibes verbrannt zu werden. Von den Nachfolgern dieser Heiligen Männer wurden welche lebendig begraben, nachdem sie mit allen Arten Folterwerkzeugs gemartert worden waren. Trotz aller dieser schrecklichen Martern und des weitverbreiteten Vorurteils im Volke und der gegen sie geübten Feindseligkeit hörten sie nie auf, die Religion Gottes zu verkünden, und sie taten dies, ohne das Schwert aus der Scheide zu ziehen oder irgend jemanden im geringsten zu kränken.

Die Nachfolger Jesu Christi haben sich schließlich so weit über die Welt hin verbreitet, daß auf den Kontinenten Europa und Amerika keine Spur irgendeiner anderen Religion übrig geblieben ist. In Asien, Afrika und auf den Inseln des Ozeans gibt es heute ebenfalls eine große Anzahl von Menschen, die in den Schatten des Evangeliums eingetreten sind . . .“ („Sonne der Wahrheit“, Mai 1929, Seite 39.)


Muhammed.

Hinsichtlich der Prophetenschaft Muhammeds sei es uns gestattet, zur Ersparung von Zeit und Raum auf die ausführlichen Darlegungen ‘Abdu’l-Bahás in „Beantwortete Fragen“, Seite 20 ff., und in „Die geheimnisvollen Mächte der Kultur“, „Sonne der Wahrheit“, Seite 167 ff., Bezug zu nehmen.


Bahá’u’lláh. — Die Vorhersage Christi.

Jesus saß auf dem Ölberge, und Seine Jünger traten zu Ihm und sprachen: „.. Und welches wird das Zeichen sein Deiner Zukunft und des Endes der Welt?“ (Ev. Matth. 24, 3). Jesus antwortete ihnen: „... Wenn ihr nun sehen werdet den Greuel der Verwüstung, davon gesagt ist durch den Propheten Daniel, daß er stehe an der heiligen Stätte (wer das lieset, der merke drauf!)“ (Ev. Matth. 24, 15.)

Im 12. Kapitel, Vers 11, des Buches Daniel lesen wir: „Und von der Zeit an, wenn das tägliche Opfer abgetan, und ein Greuel der Verwüstung aufgerichtet wird, sind tausend zweihundert und neunzig Tage.“

Das tägliche Opfer hörte dadurch auf, daß der Muhammedanismus Jerusalem an sich zog, und die Juden aus Syrien verbannt wurden. Das Erscheinen Muhammeds war die symbolische Erfüllung dieser Prophezeiung.

Im 4. Moses 14, 34 ist gesagt: „...je ein Tag soll ein Jahr gelten... .“, und im Hesekiel 4, 6 heißt es: „...denn Ich dir hie auch je einen Tag für ein Jahr gebe... .“ Es gilt als eine feststehende Tatsache, daß allen biblishen Berechnungen Mondzeiten zugrunde gelegt werden. Wir haben also in den im Buch Daniel 12, 11 genannten 1290 Tagen 1290 Mondjahre. Wir multiplizieren nun die 1290 Mondjahre mit der Anzahl Tage eines Mondjahres = 354 und dividieren das Ergebnis mit der Anzahl Tage eines Sonnenjahres — 365, so erhalten wir Sonnenjahre. Zählen wir das Ergebnis nun weiter zu den 622 Jahren n. Chr., als die Hegira oder die Mondzeit aufgerichtet wurde, so erhalten wir das Jahr 1873. Nun hat Muhammed sich aber 10 Jahre früher erklärt. Wenn wir diese von der Zahl 1873 abziehen, so erhalten wir das Jahr, 1863. Dies ist das [Seite 128] Jahr, in dem Bahá’u’lláh sich als der in allen hl. Schriften verheißene Weltenlehrer offenbarte.


Das Wiederkommen der göttlichen Wirklichkeit.

Jesus spricht oft von der zukünftigen Manifestation in der ersten Person, oft wieder in der dritten Person. Er sagt zum Beispiel Ev. Joh. 14, 3: „Und wenn Ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, so will Ich wiederkommen und euch zu Mir nehmen, auf daß ihr seid, wo Ich bin.“ Solche Aussprüche haben viele Christen in den Glauben versetzt, daß derselbe Jesus, der vor 2000 Jahren auf Erden wandelte, wiederkommen müsse.

In Maleachi 3, 23 lesen wir: „Siche, Ich will euch senden den Propheten Elia, ehe denn da komme der große und schreckliche Tag des Herrn.“

Diese Verheißung hatte viele Juden in den Glauben versetzt, daß dem Erscheinen des Messias die Wiederkunft des Elias voraufgehen würde. Im Ev. Matth. 11, 14 sagt Jesus: „Und (so ihr’s wollt annehmen) er ist Elias, der da soll künftig sein.” Weiter heißt es im Ev. Matth. 17, 10—13: „Und Seine Jünger fragten Ihn und sprachen: ‚Was sagen denn die Schriftgelehrten, Elias müsse zuvor kommen?' Jesus antwortete und sprach zu ihnen: ‚Elias soll ja zuvor kommen, und alles zurecht bringen. Doch Ich sage euch: Es ist Elias schon kommen, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben an ihm getan, was sie wollten. Also wird auch des Menschen Sohn leiden müssen von ihnen.‘ Da verstunden die Jünger, daß Er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte.“

In den hl. Schriften finden wir viele Stellen, in denen die Gottgesandten wie eine Person betrachtet werden, obgleich sie sich in der Person, dem Namen, der Zeit und dem Orte ihres Erscheinens von einander unterscheiden.

Petrus schrieb in seiner 1. Epistel, Kapitel 1, 10 und 11 hierüber: „Nach dieser Seligkeit haben gesucht und geforschet die Propheten, die von der Gnade geweissagt haben, so auf euch kommen sollte, und haben geforschet, auf welche und welcherlei Zeit deutete der Geist Christi, der in ihnen war, und zuvor bezeuget hat die Leiden, die über Christum kommen sollten, und die Herrlichkeit darnach.“

Mit der Wiederkunft des Gottgesandten ist daher das Wiedererscheinen der göttlichen Wirklichkeit zu verstehen, welche unter allen Umständen eine einheitliche Wesenheit bildet. Daher konnte Jesus auch sagen: »... Ehe denn Abraham ward, bin Ich.“ (Ev. Joh. 8, 58.)

Zum besseren Verständnis seien hier die folgenden Worte Bahá’u’lláhs angeführt:

„... Wenn die Sonne von heute sagte: ‚Ich bin die Sonne von gestern‘, so ist es wahr. Und wenn sie gleichwohl wegen ihrer täglichen Aufeinanderfolge sagen würde: ‚Ich bin anders als die Sonne von gestern‘, so ist dies auch wahr. Betrachte ferner die Tage: Wenn jemand sagte, daß alle Tage dieselben seien, so ist dies richtig und wahr, und wenn man sagte, daß sie dem Namen und der Bezeichnung nach einander ungleich seien, so ist, wie du siehst, dies ebenfalls wahr. Obgleich sie dieselben sind, so hat jeder doch einen Namen und eine Eigenschaft und eine Bezeichnung, die verschieden ist von den anderen. Auf dieselbe Art und nach derselben Erklärung verstehe die Stufen der Trennung, Verschiedenheit und Einheit der Heiligen Manifestationen, so daß du die Auslegungen der Worte des Schöpfers der Namen und Eigenschaften betreffend die Trennung und Vereinigung begreifen mögest... .“ („Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter”, Seite 354/355.)


Die Art des Kommens.

Im Ev. Matth. 24, 30 lesen wir: „Und alsdann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns im Himmel. Und alsdann werden heulen alle Geschlechter auf Erden, und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“

‘Abdu’l-Bahá erklärt: „Christus sagte, daß sich nichts in den Himmel erheben könne, ausgenommen das, was vom Himmel hernieder kam. Er sagte auch: ‚Ich kam vom Himmel und werde in den Himmel zurückehren‘. und ‚Des Menschen Sohn ist im Himmel.‘ Er sagte dies, während Er noch auf dieser Erde lebte und ungeachtet dessen, [Seite 129] daß Er von Maria geboren war. Darüber gibt es keinen Zweifel, Christus kam vom Himmel und war immer im Himmel. Wenn Er aber davon sprach, meinte Er nicht den buchstäblichen Himmel (das Firmament). Was ist dann unter ‚Himmel‘ zu verstehen? Die Wissenschaft beweist, daß es keinen Himmel oder ein Firmament gibt, sondern daß dies ein grenzenloser Raum und ein Weltall ist. In diesem grenzenlosen Raum bewegen sich die Himmelskörper und ziehen dort ihre Bahnen. Aber der ‚Himmel‘, von dem Christus spricht, ist die unsichtbare Welt, welche über Gesicht und Fassungsvermögen des gewöhnlichen Menschen hinausreicht. Es ist der geistige Zustand. Es ist der Wille Gottes. Die Sonne an diesem Himmel wird niemals untergehen. In ihm scheinen Mond und Sterne für immer. Er ist das grenzenlose Reich Gottes. Er ist erhaben über jeden Begriff von Raum und Zeit. Christus ist immer in ihm. Elias und alle heiligen Propheten leben ewig darin. Er ist erhaben über alle Fassungskraft. Die Juden waren seiner beraubt, weil sie diesen geistigen Zustand nicht verstehen konnten.

Der Himmel der materiellen Welt ist etwas anderes. Er ist das Firmament über uns, in welchem sich die Wolken bewegen. Dieser Himmel ist ‚über‘ uns, und ‚unter‘ denjenigen, die auf der anderen Seite der Erde wohnen, während umgekehrt ihr materieller Himmel ‚unter‘ uns ist. In den hl. Büchern ist gesagt, daß die Sterne vom Himmel fallen werden. Aber wohin sollen sie fallen? Die Wissenschaft beweist, daß die meisten Sterne größer als die Erde sind. Wo sollten sie dann Platz finden?

Wenn das Herz rein und mit dem Lichte des Geistes erfüllt ist, dann werden wir wissen, daß wir im wahren Himmel sind. Christus kam vom Himmel und doch verwarfen Ihn die Juden, weil sie verfinstert waren. Das Himmelreich ist in deiner Seele. Laß alle Leute sehen, daß du das Licht hast, damit sie in dir erkennen mögen, was sie selbst nicht besitzen.“

Weiter beziehen wir uns auf die Erklärung ‘Abdu’l-Bahás über: „Das zweite Kommen Christi und der Tag des Gerichts“ in „Beantwortete Fragen“, Seite 140 ff.

Zu der vorstehend angeführten Bibelstelle schreibt Bahá’u’lláh: „... Der Sinn des Wortes ‚Himmel‘ ist kein anderer, als die Höhe und Erhabenheit zu bezeichnen, die die Stufe der Erscheinung dieser Aufgangsorte und Dämmerungsplätze der Prä-Fxistenz ist. Obwohl diese von jeher Existierenden vom Mutterschoß kommen, stammen sie doch in Wirklichkeit aus den Himmeln der Herrschaft, und trotzdem sie auf Erden weilen, ruhen sie doch auf dem Lager der Bedeutung, und während sie unter den Dienern weilen, schweben sie in den Himmeln der Nähe. Sie reisen im Lande des Geistes ohne die Bewegung der Füße und fliegen aufwärts zu dem Gipfel der Einheit ohne Schwingen.

(Schluß folgt.)



Der Schlüssel zur Welteinheit[Bearbeiten]

Von Louise Drake Wright, Genf (Schweiz) 1930

Deutsch von Ella Grotli, Schwerin (Mecklenburg) (Schluß)


Er befahl seinen Anhängern, sich der groBen Persönlichkeit zuzuwenden, wenn sie erschiene. „Zur Zeit Seiner Offenbarung wird es für sie (die Menschen) kein größeres Paradies geben, als Ihm zu vertrauen“, schrieb er im „Beyan“.

Nachdem dieser „Aufgangspunkt der Offenbarung“, der Báb, die Heerstraße des Glaubens für den Verheißenen geöffnet hatte, war sein junges Leben verwirkt, und der Märtyrertod befreite ihn von den Fesseln dieser Welt.

In den Religionsbüchern wurden in großen Zeitabschnitten gewisse heilige Namen wiederholt, die die Propheten durch ihre Außerungen und Visionen im Gedächtnis des Volkes lebendig erhielten. Diese vertrauten Begriffe können durch lange Perioden der Entwicklung nachgewiesen werden, bis sie sich schließlich in großen Persönlichkeiten verkörpern, die Gottes Absichten offenbaren. Wie viele Generationen von Juden grübelten über den geheiligten Namen des Messias, der die Erfüllung ihres Herzenswunsches bedeuten [Seite 130] sollte, nach, bis Er als Christus, das Wort, der Sohn Gottes, zu einer Zeit geboren wurde, als sich geistige Begriffe noch in den ersten Entwicklungsstadien befanden.

Die erschütternden Ereignisse um Bahá’u’lláh gehören der Geschichte an. Wir wissen, wie das Gefängnis von Akka zu einem gewaltigen Throne wurde, von dem Sein Licht in alle Welt strahlte. Man sagt, daß der stärkste Eindruck, den man von Seiner Persönlichkeit empfing, die Verwirklichung zartester Sorgfalt und unaussprechlicher Liebe des himmlischen Vaters gewesen sei. Er kam, um des Menschen starke, göttliche Natur zu wecken und die darin verborgenen Schätze ans Licht zu heben. Er schrieb jene wundervollen Verse:

„Um Kleinodien zu sammeln, bin Ich in die Welt gekommen. Wenn ein Splitter eines Edelsteins in einem Gestein verborgen ruht und jener Stein jenseits der sieben Meere liegt, wird Meine Hand das Forschen und Suchen nicht lassen, bis Ich den Edelstein gefunden.“

Wer durch einen nahen Einblick in Bahá’u’lláhs tägliches Leben begnadet wurde, erzählt von Seiner ständigen Ausgeglichenheit, Seiner Würde, Seiner Ruhe und Güte während der langen Jahre bittersten Elends. Mißgeschick wurde Ihm niemals zum Anlaß von Erregung; menschlichen Zuständen, mochten sie günstig oder ungünstig sein, wurde mit demselben Gleichmut begegnet. Der Wille dieses „Gefangenen“ des Sultans der Türkei und des Schah von Persien war so machtvoll, daß kein Gesandter eines herrschenden Machthabers vor Ihn trat, bevor Er nicht in dessen Herzen würdige Beweggründe gelesen und ihm den Zutritt gewährt hätte.

In einem Tablet sprach Bahá’u’lláh von der Sendung, die Er zu erfüllen habe: „Meine Aufgabe ist es, diese große und erhabene Botschaft zu übermitteln.“

Die Vermittlung einer so hohen bedeutungsvollen Botschaft konnte nicht nur durch die höchste Feder geschehen, sondern mußte aufgezeichnet werden auf der lebendigen Seite, auf der jene ewigen Wahrheiten unauslöschlich eingetragen sind, die der Mensch imstande ist, sich in seiner Aufwärtsentwicklung anzueignen und die er durch die Macht des heiligen Geistes erreichen kann. Jede Manifestation schätzt, gleich einem göttlichen Arzte, die Fassungskraft und Aufnahmefähigkeit der menschlichen Gesellschaft ab und schafft Möglichkeiten, in denen das prophetische Wissen über das Wohl der Menschheit zur Auswirkung kommt.

‘Abdu’l-Bahá sagte einmal, daß das Wort einer Manifestation nicht nur eine Prophezeiung, sondern von schöpferischer Kraft sei. In dem Tablet von Joseph schrieb Bahá’u’lláh:

„Mein Beweis wurde zu Erfüllung und Vollendung für alle, die im Himmel und auf Erden sind, ehe Ich Mich Selbst offenbarte, da dieser von solch wunderbarer Art und Beschaffenheit war, daß niemand einen Weg zum Zögern und zum Widerstand finden konnte.“

Der einzigartige Genius Bahá’u’lláhs hat dieser chaotischen Welt einen einheitlichen, unzerstörbaren, allumfassenden, durchdringenden Plan gebracht. Dieser Plan ist nicht statisch, sondern dynamisch und fortwirkend und bewegt sich heute ständig schaffend vorwärts auf allen Gebieten des Lebens, gestaltet unser Denken und Fühlen um und weckt jene schlummernden, lange zurückgehaltenen, von Gott geschenkten großen Hoffnungen und Erwartungen durch seine ermutigende Verheißung des Sieges, die den Beginn des neuen Zeitalters kennzeichnet.

Bahá’u’lláh verkündet, daß in einer kürzeren Frist, als irgend aus vergangenen Zeiten nachgewiesen werden kann, eine neue Ordnung unter den Völkern entstehen werde, die sich sicher und stark auf dem Felsen göttlicher Gerechtigkeit aufbauen wird.

Bahá’u’lláh gab 'Abdu’l-Bahá eine Anzahl bedeutungsvoller und sinnbildlicher Namen: der Mittelpunkt des Bundes, die Bundeslade, der größte Zweig, das Geheimnis Gottes, der Meister. Und bevor Er zu Seiner geistigen Heimat in den höchsten Höhen emporstieg, erklärte Er ‘Abdu’l-Bahá zu Seinem Nachfolger und hinterließ in Seinem Testament keinerlei Zweifel in bezug auf die Bedeutung dieser Gabe.

So heißt es im Tablet des Zweiges: „O Volk! Preis sei Gott für Seine Offenbarung (der Zweig), denn wahrlich Er (der Zweig) bedeutet die größte Gunst für dich und die vollkommenste Segnung, denn siehe, durch [Seite 131] Ihn wird jedes modernde Gebein neu belebt. Wer sich Ihm zuwendet, hat sich wahrlich zu Gott gewendet, und wer auch immer sich von Ihm abwendet, hat sich von Meiner Schönheit abgewandt, verleugnet Meinen Beweis und gehört zu den Übertretern.“

Wäre es nicht durch die erschöpfende Kenntnis von 'Abdu’l-Bahás vollkommenem Leben und dem Reichtum Seiner Erklärungen in bezug auf Bahá’u’lláhs Stufe und Seine Prinzipien gewesen, so hätten die Lehren zu weit von der Fassungskraft der Geschöpfe gelegen, um begriffen und in Auswirkung gesetzt zu werden, ehe noch eine längere Reihe von Jahren darüber verging. Aber durch die Berührung mit 'Abdu’l-Bahá, dem Beispiel selbstlosester Aufopferung und Ergebenheit, wurde den Menschen vor Augen geführt, was wahres Menschentum ist, das sie zum Teil verstehen und ganz mit ihrer Liebe umfassen konnten. Durch Seine Erklärungen wird das Wort der Gesegneten Vollkommenheit der Fassungskraft und Aufnahmefähigkeit der Menschen angepaßt.

Das reine Licht der Weisheit Bahá’u’lláhs, das gleichfalls aus dem Mittelpunkt des Bundes leuchtet, durchdringt alle Schatten und gibt den Menschen neue Erkenntnis.

In einem Tablet spricht 'Abdu'l-Bahá davon, was Sein Kommen bedeutet (Band II, S. 429):

„O ihr Freunde Gottes! ... Niemand darf glauben, daß ‘Abdu’l-Bahá das ‚zweite Kommen Christi‘ sei, nein, vielmehr muß er wissen, daß er die Offenbarung des Dienstes ist, die Ursache der Einheit der menschlichen Welt, der Herold des Wahren, Dessen geistige Macht alle Regionen durchdringt, der Ausleger des Buches nach dem göttlichen Texte und die Erlösung für jeden der Gläubigen Gottes in dieser vergänglichen Welt.“

Dieser Verkünder der „Einheit der menschlichen Welt“ wob für die Erde ein neues Gewand. Der geschickte und erfahrene Weber bewegte sich mit nimmermüdem, sorgsamem Tritt durch Aufzug und Einschlag des Daseins, um die zahllosen ungleichen Fäden des Lebens zu sammeln und miteinander zu verbinden. In Scharen strömten Sucher nach Wahrheit aus allen Religionen, Ländern und Völkern zu Ihm. Hindus aus hoher und niedriger Kaste fanden den Weg, lang festgehaltene Vorurteile abzulegen, als sie Seite an Seite in Gegenwart Seiner Heiligkeit saßen. Die Armen und Vernachlässigten, die Ihm doppelt teuer waren, griff Er heraus und tröstete sie durch geistige und materielle Hilfe. Miteinander streitende Araberhäuptlinge kamen, um ihre Beschwerden gerecht entscheiden zu lassen, und gingen zusammen in Frieden davon; hohe Beamte aus der Umgegend und Vertreter verschiedener fremder Nationen, die in Seiner Nachbarschaft stationiert waren, kamen zur Beratung über Staatsangelegenheiten; muhammedanische Mullahs begehrten Seine Auslegung problematischer Stellen im Koran; aus allen Religionen kamen sie und trugen Ihm ihre schwierigen Fragen zur Lösung vor, entweder vermittelst des ungeheuren, sich immer mehr häufenden Briefwechsels, oder durch Unterredungen mit Ihm während Seines Aufenthaltes in der Gefängnisstadt Akka, oder später, als Er in ferne Länder reiste, um Bahá’u’lláhs Lehre zu verkünden, oder auch in Haifa, wo zahlreiche Pilger während der ganzen letzten Jahre Seines Lebens Seine Gastfreundschaft genossen. Sein Liebeswerk, Seine liebevolle Güte und nie versagende Weisheit leiteten und hoben die Menge empor, die sich immer um Ihn drängte.

Bahá’u’lláhs langjähriges Märtyrertum endete am 28. November 1921, und die geheiligte Hülle Seines Geistes wurde in dem Mausoleum am Berg Karmel beigesetzt, wo der Sarkophag des Báb seit vielen Jahren steht.

Vereint zu gleichem Lebenszweck, bilden diese beiden mächtigen Erscheinungen um Bahá’u’lláh — der Morgenstern der Verkündigung, der Báb und der Vollmond vollendeter Zurückstrahlung, 'Abdu'l-Bahá — in enger Vereinigung mit der Sonne der Wahrheit den neuen Tag der Schöpfung.

Als 'Abdu’l-Bahás Testament verlesen wurde und es bekannt ward, daß Er allen, die Ihn liebten, ein großes Vermächtnis hinterlassen habe, ging eine Welle der Erleichterung und Dankbarkeit durch die Bahá’i-Welt. Er bestimmte einen „Hüter der Sache“ zur Regelung der zahlreichen Angelegenheiten. Er schuf diesen neuen Dienstgrad in der Welt und legte genau seine Art und [Seite 132] Beschaffenheit, seine Aufgaben und seine verantwortungsvollen Pflichten fest. Sowohl den „Hüter der Sache Gottes“ als auch „Das Universale Haus der Gerechtigkeit“ verzeichnet das Testament. Er ernannte Seinen ältesten Enkel Shoghi Effendi zu dem hohen und schwierigen Amt der Hüterschaft und erwählte ihn, um diese heilige Pflicht in gegenwärtiger Zeit zu erfüllen.

Einige wenige Zeilen aus dem Testament seien hier angeführt:

„O meine geliebten Freunde! Nach dem Hinscheiden dieses Bedrückten liegt es den Aghsanen (Ästen), den Afnanen (Zweigen) des Heiligen Lotosbaumes, den Händen (Pfeilern) der Sache Gottes und den Geliebten der Abhá-Schönheit ob, sich an Shoghi Effendi zu wenden, den jugendlichen Zweig, hervorgegangen aus den beiden geweihten und heiligen Lotosbäumen und der Frucht, gereift aus der Vereinigung zweier Sprößlinge des Baumes der Heiligkeit — denn er ist das Zeichen Gottes, der erwählte Zweig, der Hüter der Sache Gottes... Er ist der Ausleger des Wortes Gottes und ihm wird der Erstgeborene seiner Nachkommen in gerader Linie folgen.

Sowohl der heilige und jugendliche Zweig, der Hüter der Sache Gottes, wie das Universale Haus der Gerechtigkeit, das universal zu wählen und zu errichten ist, stehen beide unter der Obhut und dem Schutz der Abhá-Schönheit, unter dem Schutz der unfehlbaren Führung Seiner Heiligkeit des Erhabenen (Möge mein Leben ein Opfer für sie beide sein!). Was immer sie entscheiden, ist von Gott... Wer abweicht, sich absondert und sich von ihm (dem Hüter) abwendet, ist in Wirklichkeit abgewichen, hat sich abgesondert und sich abgewandt von Gott...

Wer ihm nicht gehorcht, hat Gott nicht gehorcht; wer sich von ihm abwendet, hat sich von Gott gewandt; wer ihn verleugnet, hat den Wahrhaftigen verleugnet.“

Nichts hätte unserer Generation das Zustandekommen der Welteinheit in absehbarer Zukunft nachdrücklicher sichern können, als die weitsichtige Verordnung des Hütertums. Beschützer, die, dem Willen Bahá’u’lláhs durchaus ergeben, in künftigen Jahrhunderten Sein Wort verbreiten und rein erhalten und den jeweiligen Bedürfnissen der Menschheit anpassen, so lange sie ihres Amtes walten. Den langgesuchten Schlüssel, der das Tor zu einer neuen Weltordnung eröffnen wird, hat ‘Abdu’l-Bahá der verständnisvollen, sorgsamen Obhut Shoghi Effendis anvertraut. Er ist der „Baumeister“, der einzige, der fähig ist, diesen mächtigen Bau, das Universale Haus der Gerechtigkeit, aufzurichten. Er ist von Gott mit Einsicht, Weisheit, Liebe und Macht begabt, damit er ein so gewaltiges Unternehmen, wie ein universales Haus der Gerechtigkeit, zu einer Zeit, da die Nationen sich gegenseitig bekämpfen, ins Leben rufe.

Die gemeinsame Tätigkeit einer Körperschaft von befähigten Bahá’i wird durch die Errichtung eines Schiedsgerichts den Weg zum dauernden Weltfrieden finden.

Jesus Christus sagte: „Meine Schafe kennen meine Stimme.“ Alle, die gelernt haben die Stimme ‘Abdu’l-Bahás zu hören, wissen, daß das unschätzbare Vermächtnis für die heilige Sache unser teurer Hüter als Führer im Dienst ist, daß es ‘Abdu’l-Bahás treueste Liebe ist, die wieder zu uns durch das geheiligte Leben, die vollkommene Ausgeglichenheit der Seele und das geistig gestimmte, reine Herz Shoghi Effendis spricht. Durch ihn werden die „Hände der Macht“ und die irdische Wohnstätte für das Herabkommen des sich erfüllenden göttlichen Planes ernannt und errichtet werden.



In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.


[Seite 133]


Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]

Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)


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Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart

Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude

In unserem Verlag sind erschienen:


Bücher:

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . 1.--

Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.50

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--

'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 3.--

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 3.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50

Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 5.--


Broschüren:

Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.50

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.50

Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.50

Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 9 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--

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