Sonne der Wahrheit/Jahrgang 10/Heft 12/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 12 10. JAHRGANG FEBR. 1931
 


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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.


Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.

Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Herausgegeben vom Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes, Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 12 Stuttgart, im Februar 1931
Mulk — Oberherrschaft 87
10. Jahrgang

Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


Inhalt: Gebet von Bahá’u’lláh. — Das Heilige Buch der Gewißhheit. — Mirza Rheza Kamsy †. — Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ’Abdu’l-Bahá. — Lebenskunst. — Worte 'Abdu'l-Bahá an die Theosophen in der Aula der Universität in Chicago. — Unsere Zeit und Gott. — Die Herrlichkeit des Herrn. — Ashraf aus Nabil. — Inhaltsübersicht über das Jahr 1930/31.



Gebet von Bahá’u’lláh[Bearbeiten]

O Gott, mein Gott! Deine Gnade gibt mir Mut und Deine Gerechtigkeit erfüllt mich mit Schrecken. Glücklich der Mensch, den Du mit Deiner Gnade bekleidest, und wehe dem, der Deine Gerechtigkeit erfährt.

O mein Gott, ich habe Deine Gerechtigkeit erfleht und Deine Gnade gesucht, ich habe mich von Deinem Zorne abgewendet und um Vergebung gebeten. Ich flehe zu Dir bei Deiner Gnade, die Menschheit mit dem Licht Deines Wissens zu erleuchten, damit alle Dinge Deiner Hände Werk künden, die Geheimnisse Deiner Macht enthüllen und das Licht der Erhabenheit Deines unerforschlichen Wissens offenbaren. Du bist es, der allein alle Dinge offenbart und darüber das Licht Seiner Achtsamkeit und Seiner Vorsehung ausgießt.


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„Und die Herrlichkeit des Herrn kam herein zum Hause, durch das Tor gegen Moren.“ Hesekiel 43, 4.

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und Meine Wege sind nicht eure Wege, spricht der Herr.“

„Wenn es auch sei, daß ein Bote zu euch kam, den eure Seele nicht erwünschte, so wieset ihr ihn hochmütig zurück, den einen des Betrugs, den andern der Lüge zeihend.

O das Unglück der Menschen! Kein Bote kommt zu ihnen, den sie nicht verächtlich verspotten.“ Muhammed.

„O mein Herr, o mein Gott! Ich habe jede Verfolgung auf mich genommen, um das Volk auf Dein Kommen vorzubereiten, damit, wenn Du dich offenbarst, sie bereit seien, Dir zu begegnen!“ Báb.

„Dies ist der Anbruch der Stunde der Einheit für die Menschenkinder — — Alle Nationen sollen im Glauben eins, und alle Menschen zu Brüdern werden. Die Bande der Zuneigung und Eintracht zwischen den Menschen sollen gefestigt werden, Religionsverschiedenheiten müssen aufhören und Rassenunterschiede aufgehoben werden —

So soll es werden, die fruchtlosen Streitigkeiten, diese zerstörenden Kriege sollen nicht mehr sein und der segensreichste Friede wird kommen!“ Bahá’u’lláh.

„Wahrlich Er ist wie Ich, der leuchtende Sammelpunkt Meiner Identität, der Orient Meiner Sache, der Himmel Meiner Gnade, das Meer Meines Wollens, die Leuchte Meiner Führung!“ Bahá’u’lláh.

„O mein Gott! Ich rufe Dich an, Deine Propheten und Deine Botschafter, Deine Heerscharen und Deine Heiligen, mir Zeuge zu sein, daß ich Deine Beweise Deinen Geliebten, überzeugend restlos erklärt habe und ihnen alle Dinge klargestellt habe, damit sie über Deinen Glauben wachen, Deinen geraden Weg einhalten und Deine strahlenden Gesetze behüten möchten. Du wahrlich bist der Allwissende, der Allweise!

'Abdu'l-Bahá aus dem Testament.


„Nicht durch die Höhe der Zahl, nicht allein durch die Darlegung einer Anzahl neuer und vornehmer Prinzipien, nicht durch einen organisierten Feldzug der Verbreitung der Lehren — wie umfassend und ausgearbeitet sie dem Charakter nach auch seien, auch nicht durh die Unerschütterlichkeit unseres Glaubens oder das Maß unserer Begeisterung, können wir letzten Endes in den Augen eines kritischen und skeptischen Zeitalters das hohe Ziel der Abhá-Offenbarung rechtfertigen. Nur eines wird unzweifelhaft und allein den unbestrittenen Sieg der hl. Lehre heraufführen, nämlich der Grad, in dem unser Seelenleben und unser eigenster Charakter, in jeder Beziehung die Herrlichkeit dieser ewigen Prinzipien, die Bahá’u’lláh verkündete, widerspiegelt.“

Shoghi Effendi.



Das Heilige Buch der Gewißheit[Bearbeiten]

(Fortsetzung)

(Kitab-El-Iqan aus der Feder von Bahá’u’lláh)

Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Dr. A. Mühlschlegel, Stuttgart


Habt ihr nicht den Vogel der Einheit singen hören: „Tausend Fatmes habe ich geheiratet, die alle Töchter waren Muhammed Ibn-Abd-Ullahs, des Siegels der Propheten?“ Wie sind die Zelte göttlichen Wissens voller Geheimnisse! Wieviele Perlen der Weisheit werden hier verborgen bleiben, bis daß ihr wisset, daß es für Gott weder Anfang noch Ende gibt und daß Sein Geschehen weder definiert noch erfaßt werden kann von den Herzen und ebensowenig Seine Vorausbestimmung! Die Schöpfung war von jeher da und wird unbegrenzt weiterbestehen: die Offenbarungen göttlicher Schönheit haben seit aller Ewigkeit bestanden und werden bis an die endlosen Ewigkeiten bestehen. Menschen mit Einsicht verstehen den Sinn des Verses, den wir vordem erwähnt haben, und auch den süßen Gesang der ewigen Schönheit Hussein-Ibn-Alis, der zu Salman [Seite 171] sprach: „Ich war mit tausend Adams zusammen, die alle fünfzigtausend Jahre einander folgten und einem jeden unter ihnen habe ich die Gewalt meines Vaters verkündet!“ Und dann nach einigen Erklärungen fügte er hinzu: „Tausend heilige Kriege auf den Pfaden Gottes habe ich geführt und der geringste unter ihnen war so furchtbar wie der Einfall in Khaiber, den mein Vater führte.“

Durch diese beiden Hadiß beginnst du zu sehen, was man unter endlosem Ende, Wiederkehr und Gebot zu verstehen hat. O mein Freund, das Wort des Göttlichen kann nicht durch die menschliche Fassungskraft eingeengt werden. Wie könnte die bescheidene Ameise zur Gegenwart des Vielgeliebten gelangen? Die Toren und Unfähigen begreifen dies nicht, begnügen sich damit, es zu leugnen und behandeln diese Hadiß als unecht. Nur wer Einsicht hat, erfaßt den Sinn davon. Sprich: „Er ist der Letzte, der kein Ende hat und keinen Anfang.“ Dann, o Völker der Erde, werdet ihr sehen wie die am Urbeginn Erschienenen auch die Manifestationen der letzten Tage sind. Ist es nicht befremdend, daß die Menschen, wenn nur ihre eigene Ansicht mit den im Koran geoffenbarten Worten übereinstimmt, diese sowie die Hadiß von dem Besitze der Gewißheit ohne das geringste Zögern annehmen, wogegen sie vollkommen alles verwerfen, was ihnen zuwider ist. „Könnt ihr denn an gewisse Seiten des Buches glauben und die andern verwerfen?“ Was für ein merkwürdiges Urteil haben doch die Menschen! Der Herr der Geschöpfe hat in dem unanfechtbaren Buche gesagt, als Er vom Ende gesprochen: „Muhammed ist der Gesandte Gottes und das Siegel der Propheten“ (Kor. XXXIII, 40.), und Er hat allen Völkern das Erscheinen am Ende verheißen, in zahlreichen Versen, von denen etliche uns schon bekannt sind.

Gott, der Einzige ist Zeuge: nichts ist hehrer, nichts steht höher über allem Widerspruch im ganzen Forkan als all das, was sich auf dieses Erscheinen bezieht. Glückselig die, welche dies erreicht haben in den Tagen, da, wie du siehst, fast die ganze Welt sich davon abkehrt! Und sagen, dies sei durch eines der Gottesworte so geschehen, daß die Menschen dessen beraubt sind, Sein Wort selbst zu erfassen! Das Erscheinen ist doch geweissagt in dem Buche für den jüngsten Tag, und wir haben gesehen, daß das Wiederauferstehen anhebt zur Zeit der Neuen Manifestation der Sache Gottes. Das Erscheinen muß doch in der Begegnung mit der göttlichen Schönheit unter der Form der Manifestation bestehen. Keiner kann Ihn anders erschauen. Gott hingegen sieht einen jeden von uns. Aber die Menschen ohne Gewißheit halten sich an das Wort „Siegel“ und haben sich des Schöpfers des „Siegels“ am Tage seiner Begegnung beraubt.

„Wollte Gott die Menschen um ihrer Verdorbenheit willen züchtigen, Er ließe kein Geschöpf auf Erden lebend. Doch Er gewährt ihnen Frist bis zum festgesetzten Tage (Kor. XVI, 63.)“ Es ist sicher: hätten die Menschen von den süßen Wassern des „Gott tut und gebeut, was Er will“ getrunken, so würden sie nicht verkommene Handlungen begehen angesichts der Manifestationen, deren Befehle, Reden und Taten in der gewaltigen Hand Gottes ruhen. „Alles, was besteht, ruht in Seinen Händen. Und wahrlich, dies ist Ihm ein Kleines!“ Er tut, was Er will und vollendet, was Er wünscht, wer daran zweifelt, ist ein Abtrünniger. Und wären die Menschen auch nur ein klein wenig sich dessen bewußt, so würden sie lieber sterben, als solche Taten begehen, wie sie es tun, oder würden sich selber ins Feuer stürzen, in ihre natürliche Wohnung. „Man wird von Ihm gar keine Rechenschaft fordern über seine Taten (Kor. XXI, 23.)“ Wie kann man sich nach solchen Worten noch mit nichtigen Gesprächen befassen? Ach! Die Torheit der Menschen ist so groß, daß sie Willen und Wunsch der Priester angenommen, und sich vom Willen und Wunsche Gottes — Ehre sei Ihm! abgekehrt haben. Doch seid gerecht! Wenn diese Menschen sich durch die schallenden Worte und heiligen Zeichen überzeugen ließen und solcher Art dann ganz dessen überzeugt wären, daß „Gott tut, was Er will“, würden sie dann noch all diesen Gesprächen Gehör schenken oder würden sie [Seite 172] nicht vielmehr von ganzem Herzen den Geboten gehorchen? Ich schwöre bei Gott: wäre dies nicht die Tatsache göttlicher Vorherbestimmung und ewiger Weisheit, so würde die Erde solche Menschen vernichten. Doch Gott verschiebt dies auf den festgesetzten Tag.

Wie dem auch sei: zwölfhundertundachtzig Jahre sind verflossen seit der Erscheinung des Punktes des Forkan, und diese Toren, die den Forkan alle Morgen lesen, haben noch keine einzige Linie davon verstanden. Sie lesen Verse, welche klar die heiligen, herrlichen Manifestationen beweisen, doch sie verstehen sie nicht. Sie sind noch nicht einmal davon überzeugt, daß die einzige Art, die Schriften zu lesen und immer wieder zu lesen die ist, dahin zu gelangen, die Geheimnisse davon zu erfassen, und daß andernfalls das Lesen nahezu nutzlos bliebe.

(Fortsetzung folgt.)



Die Geistige Arbeitsgemeinschaft Wien hat einen schweren Verlust zu beklagen. Einer ihrer Mitarbeiter

Mirza Rheza Kamsy

ein Perser, der seit 1911 in Wien ansässig war, ist im letzten Monat nach langem, schwerem Leiden in die ewige Heimat eingegangen.

Von Kindheit an Bahá’i, führte ihn seine Sehnsucht und Treue wiederholt in die Nähe 'Abdu'l-Bahá’s. Ihm verdankt die Geistige Arbeitsgemeinschaft Wien viel, da der Entschlafene ein eifriger Mitarbeiter und Verbreiter der heiligen Lehre war und sein ganzes Leben die Gebote Bahá’u’lláh’s vor Augen hatte.

Seinem letzten Wunsch zufolge wurde eine Trauerfeier von seinen Angehörigen veranstaltet, dabei wurden Gebete gelesen und Ansprachen von Herrn Pöllinger und Herrn Dr. Mayer zum innigen Gedenken dieses teuern Heimgegangenen gehalten.

Möge seine Seele im Reich des Lichts den heiligen Segen unseres Meisters empfangen.


Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1910[Bearbeiten]

Dritter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart


Wie stellt sich die Bahá’i-Lehre zu der islamitischen Doktrin der Vorherbestimmung (Prädestination)

Ort: Garten Ridwan in Akka-Haifa.

Zeit: April 1910 (1. oder 8. April, Freitag)

Anwesende: Außer 'Abdu'l-Bahá Abbas Effendi sind zugegen: persische Bahá’is, einige arabische Moslems von Akka, eine Engländerin und ein französischer Konsulatssekretär von Aleppo.

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Der Franzose frägt in fließendem Arabisch: „Teilt die Bahá’i-Lehre mit dem Islam die Doktrin der absoluten Vorherbestimmung und Gnadenwahl, so daß die menschliche Willensfreiheit sozusagen außer Frage kommt?“

Der Meister antwortet in Hocharabisch, welches von einem der Perser in leidliches Englisch übersetzt wird:

„Die Lehre Seiner Heiligkeit Muhammed, des gesegneten Propheten wird gerade von den Okzidentalen (Europäern und Amerikanern) im Punkte der Vorausbestimmung und Gnadenwahl nicht verstanden. Die Abendländer sehen in ihrem christlichen Gotte vor allem den liebevollen Vater aller Gotteskinder. Der Moslem ehrt in Gott dem Herrn, in erster Linie den Töpfer, welcher aus Seinem Lehm, nach Seinem Belieben Gefäße der Ehre oder der Unehre schafft. So entspricht die islamitische (Islam - Hingebung) Lehre ihrem Namen gemäß, der vollständigen Hingabe jedes Menschen in den unerforschlichen Willen Gottes. Wohl hat der Prophet Muhammed das Vorauswissen Gottes gelehrt, aber nirgendwo hat dieser Gesandte Gottes das unbeugsame Gesetz der absoluten Prädestination im Koran fixiert; im Gegenteil, der Prophet kannte die schmale Grenze der menschlichen Willensfreiheit. Hat nicht Muhammed, gesegnet seien Seine Worte, betont, daß der Mensch sich die von Gott angebotene Gnade aneignen oder fallen lassen kann? Gott der Herr kann einem Durstenden die Quelle zeigen, ja ihn hinführen, wie aber, wenn dessen Augen gehalten sind? Wenn er die Hand, die ihm den Becher Wasser anbietet, wegstößt, das Wasser in seinem Wahn verschüttet? Daher kam schon das lateinische Sprichwort: Quem perdre vult Deus, prius dementat“ (In Deutsch: Wen Gott verderben will, den schlägt er zuerst mit Blindheit [Verstockung]). Es erhebt sich die ernste Frage: „Hat Gott der Herr vorausgesehen, daß dieser Mensch sich nicht retten lassen werde, oder hat Er ihn, aus uns unerforschlichen Gründen, von Anfang an in einem Wahn, in eine Verblendung sich verstricken lassen?“ Da aber Gott der Herr nicht nur der Allmächtige ist, sondern auch der Allbarmherzige — denn wahre Kraft und Stärke paart sich stets mit Milde und Güte — und zugleich der Gerechte und der Vergelter ist, so müssen wir niedern Geschöpfe uns beugen vor Seinem geheimnisvollen Ratschluß und glauben, daß der Töpfer in Seiner absoluten Weisheit und Güte, in Seiner Gerechtigkeit und Wahrheit, alles zum Besten des Einzelnen und des Ganzen schafft, wendet und zu Ende führt — auch da, wo unser Erkennen und Begreifen weithin versagt. Vergiß nicht, o mein Gast, daß die christliche Religion mehr im Glauben als im Handeln sich äußert, der Islam aber liegt mehr im Tun als im Glauben.“

Der Franzose antwortet, da der Meister eine Pause eintreten läßt: „Abbas Effendi, gestatten Sie mir die Erwiderung: Die absolute Hingabe des Moslem, zusammen mit der doch machtvollen Prädestinationslehre, führt unleugbar zu einem indolenten Fatalismus, in dem der Orientale alles Gott überläßt und sich selbst nicht mehr hilft — oder was sagen die Bahá’i dazu?“

Der Meister: „In der Lehre der Prädestination (Vorherbestimmung) der Gnadenwahl und der menschlichen Willensfreiheit wird unser Herr Muhammed und seine gesegnete Offenbarung, der Koran, viel zu wenig gelesen, studiert und im Leben beobachtet. Als der Prophet im März 629 an der Spitze von zweitausend Kamelreitern, alles ergebene Moslems, die bekannte Pilgerfahrt von Medina nach Mekka machte, wurde der Prophet von seinem Diener gefragt, wie er vor allem Muhammeds berühmtes Kamel El-Kaswá sicher unterbringen solle, da antwortete ihm der Herr Muhammed: ‚Erst tränke und füttere es, dann binde es an, hierauf befiehl es Gott dem Höchsten.‘ Und hat nicht auch der Prophet im Koran gesagt (2, 191): ‚Stürzet euch nicht selbst ins Verderben‘, und anderswo: ‚Hilfe kommt von Gott, dem Höchsten, demjenigen, der Ihn darum bittet — aber erst soll er versuchen, sich selbst zu helfen!. (In Deutsch: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.) Wahrlich, der Prophet Muhammed [Seite 174] hat wohl gewußt, daß das schwere, theologische Problem vom Verhältnis des göttlichen Vorwissens und der Gnadenwahl zur menschlichen Willensfreiheit unter dem Schleier des Dunkels steht, wie das Mysterium des Leidens und das Geheimnis des Übels, des Bösen. Deswegen hat der Prophet auch eingesehen, daß dieses Problem leicht für einfältige und ungelehrte Gemüter zum Stein des Anstoßes werden konnte und es ist zu begreifen, daß Muhammed in Seiner Gegenwart nicht gerne müßige Disputationen darüber anhörte. Erinnern wir uns daran, wie der Prophet die klare Weisung im Koran gab: ‚Sitze nicht zusammen mit einem Streiter (Zänker) über das Schicksal und beginne keine Unterhaltung mit einem solchen!‘

Der Abend hat sich gesenkt und es ist die Zeit gekommen zur Andacht und zum Gebet zu gehen. So Gott will, sprechen wir noch mehrmals von diesem wichtigen Problem und wie die Gesegnete Vollkommenheit — Bahá’u’lláh — Sich darüber geoffenbart hat!“

Die Gesellschaft empfiehlt sich und die Bahá’i bleiben bei ihrem Meister.



Lebenskunst[Bearbeiten]

Von Heinz Helmel, Passau


Sinn und Zweck des Daseins? Sich Erfüllen, Erfassen, Erschöpfen! Selbst das Steuer seines Lebens in die Hand nehmen. Seine anvertrauten Pfunde: Fähigkeiten und Möglichkeiten entwickeln. Die Arbeit an sich selbst ist die lohnendste und wertvollste, die der Mensch tun kann. Sie wird zum Kapital, das tausendfältige Zinsen trägt. Baumeisterarbeit an Seele, Geist und Körper ist Pflicht, sind wir dem Schöpfer, unseren Nachkommen, unserer Umgebung und nicht zuletzt uns selber schuldig. Gesundheit, Glück und Wohlergehen ihre Ernte. „Erkenne dich selbst“ ist der Schlüssel zum Vor- und Aufwärts. Menschenkenntnis ist eine Stufe zur Lebensmeisterung. Die Kunst am Leben ist die schwerste Kunst, fordert sie doch liebgewonnene Gewohnheiten. Die Bequemlichkeit ist die größte Feindin unseres Fortschritts. Die fortwährenden Lebensverneinungen fordern von uns mehr Kraft als die schwersten Arbeiten. Lebensbejahung ist darum erste und höchste Forderung für den vor- und aufwärtsstrebenden Menschen. Frohernste Lebensauffassung und Führung, Liebe zur Arbeit und Sache allein führen zum Ziel. Nur nicht immer Sklave der Materie, des Stoffes, der Dinge und Umstände sein. Wir müssen diese zum Kunstwerk gestalten und formen, und das kann nur geschehen, wenn wir über ihnen stehen. Der Mensch, der aus Üblem Gutes zu ziehen vermag, meistert sich und das Übel. Diese Kraft und Können erreichen kann nur Selbstschulung und der Glaube an sich. Hätte die Menschheit mehr Glauben an sich und die Welt, es gäbe nicht so viel Elend auf der Welt. Je klarer und freundlicher es in uns ist, um so klarer und freundlicher wird es um uns sein. Wie die Saat, so die Ernte! Keine Wirkung ohne Ursache! Suchen wir diese in uns — und wir gehen den rechten Weg. Mit Selbstausweichen lassen sich keine siegreichen Schlachten schlagen. Goethe sagt: „Der Mensch, der Gewalt über sich hat und behauptet, leistet das Schwerste und Größte.“ Darin liegt alle Lebenskunst verankert. Tun wir darnach und es wird heller, wärmer und klarer in und um uns. Prägen wir uns täglich nachfolgenden Gedanken ins Bewußtsein und lassen wir ihn in unserem Leben zum beseelten Tun werden, wir gehen damit den einzig wahren Weg aller Lebenskunst: „Von heute ab duldest du keine Verstimmung mehr, du prägst dir den Tag zu einem Tag des Sieges, des Frohsinns, der Freude und Sonne. — Freundlich nimmst du jede Gelegenheit wahr, einem Wesen, sei es Mensch, Tier oder Pflanze eine kleine Freude zu bereiten.“ Tue wie da steht und du wirst allmählich zum Meister am Leben und damit zum wahren Lebenskünstler. Glückauf zu tatfrohem Tun! [Seite 175]



Worte 'Abdu'l-Bahás an die Theosophen in der Aula der Universität in Chicago[Bearbeiten]

„Es ist mir eine große Freude, heute abend in diesem Kreise weilen zu können. Gelobt sei Gott! Ich sehe vor mir die Gesichter von Menschen, die Geistesgaben besitzen, deren höchster Wunsch die Erforschung der Wahrheit ist, die zur höchsten Befriedigung beiträgt.

Bezüglich der Göttlichen Weisheit gibt es in der materiellen Welt oder in der Welt der Erscheinung zwei große Ereignisse. Das eine betrifft das Leben, das andere betrifft den Tod. Das eine bezieht sich auf das Bestehen, das andere auf das Nichtbestehen, das eine ist Zusammensetzung, das andere ist Auflösung. Die Menschen glauben, daß das Leben der Ausdruck der Wirklichkeit der Existenz sei, und daß die Nichtexistenz der Zerstörung folgt; einige glauben, daß der Tod des Menschen seine gänzliche Vernichtung bedeute. Das ist ein Irrtum. Vollständige Vernichtung ist eine Unmöglichkeit. Eine Komposition ist höchstens einer Zersetzung oder Auflösung preisgegeben. Leben bedeutet, daß gewisse Elemente in Verbindung zueinander getreten sind und aus dieser Verbindung sich ein Wesen formt. Insofern als diese Elemente durch die Bildung endloser Formen in die Schöpfung übergegangen sind, haben wir den verschiedenartigen Ausdruck des Lebens. — Nichtexistenz bedeutet einfach das Entgegengesetzte oder die Auflösung dieser Formen. Z. B. gestalten gewisse Elemente den Menschen, daher ist er auch wieder der Auflösung preisgegeben. Das ist nichts anderes als der Tod; die Elemente jedoch bleiben genau dieselben. Vollständige Vernichtung ist somit eine Unmöglichkeit, Existenz kann nie mit Nichtexistenz bezeichnet werden. Es würde dasselbe sein, wie wenn wir sagten, daß ein Licht Dunkelheit verbreiten könne und ein Licht kann nie Dunkelheit verbreiten. Leben kann nie zur Nichtexistenz werden, deshalb gibt es keinen Tod für den Menschen, im Gegenteil, der Mensch lebt ewig, und es kann deshalb als vernunftgemäßer Beweis folgendes angeführt werden: jedes Atom der phänomenalen Elemente geht von einer Form in die andere, von einer Stufe auf die andere über. Nehmet z. B. das Sand- oder Staubkorn, man kann sagen, daß jenes Korn alle Lebensstufen durchläuft. Es geht in die Bildung des Minerals über, indem es zum Stein wird, dann wird es vegetativ, indem es zum Baum wird; ein anderesmal finden wir es im Tierreich und zuletzt im Menschen. So durchläuft es eine Stufe nach der anderen im phänomenalen Sein, wird aber niemals nichtexistierend.

Nichtleben also ist ein Ausdruck, angewandt auf die Veränderung der Form. Die Menschen nehmen an, dieser Übergang oder diese scheinbare Veränderung sei der Tod oder vollständige Auflösung; wogegen dies niemals so ist. Ihr mögt dieses Beispiel des Sandkorns, das ich angeführt habe, überlegen. Damit ist gezeigt, daß es nur eine Umwandlung ist, und nicht eine vollständige Auflösung, denn die Elemente bestehen immer und ändern nur ihre Formen; also gibt es keinen Tod, das Leben ist ewig. Z. B. könnt ihr sehen, daß, wenn Staub im Mineralreich scheinbar stirbt, ein Baum daraus entsteht, aber es stirbt in Wirklichkeit nicht, sondern ist nur umgestaltet worden. Es ist übergegangen von dem Mineralreich in das Pflanzenreih. Diese Pflanze wird verbraucht oder verzehrt, und somit nutzbar gemacht. Nun könntet ihr sagen, sie ist vernichtet, aber in Wirklichkeit ist sie nur umgebildet und übergegangen in das Tierreich. Das Tier wird von dem Menschen verzehrt. Es stirbt in jener Tierform oder in seinem Reich, folglich ist es klar, daß es keine gänzliche Vernichtung gibt. Tod ist deshalb nur eine Änderung oder ein Übergang von einer Stufe zur anderen. Das primitivste ist das mineralische Wesen; im Pflanzenreich wird es umgestaltet und erscheint wieder in pflanzlicher Form; im Tierreich erreicht es das tierische Wesen, und im menschlichen Reich steigt es empor zur Bildung des menschlichen Wesens. So gibt es auch nur Stufen und Übergänge und nie vollständigen Untergang für den [Seite 176] Menschen. Der Mensch ist unsterblich. Und wenn wir an den Tod denken, so ist das nur eine Vorstellung, die Änderung bedeutet.

Die Wahrheit ist die, daß es nur einen Übergang von einer Stufe zu einer anderen gibt, von einer Form der Zusammensetzung oder Erschaffung zu einer anderen, und Übergänge sollte man nie als Tod benennen. Wir wollen als Beispiel dieses Licht nehmen und sagen, daß dieses Licht, nachdem es in einer andern Lampe wieder aufgetaucht ist, in der seinen gestorben und in der andern wieder erschienen ist. Das bedeutet keine Vernichtung, sondern nur Veränderung. Deshalb ist Tod nur ein Ausdruck, der für diese Umwandlungen anzuwenden ist, und die Frage des Nichtexistierens ist nur eine relative!

Vollständiger Untergang ist unfaßbar. Z. B. wird diese Rose zerfallen oder diese Symmetrie gestört werden; aber die Elemente bleiben unveränderlich; nichts hat eine Einwirkung auf jenes elementare Wesen. Es ist unmöglich, daß die Elemente, die diese Rosen bilden, zunichte werden sollten, und es liegt die Sache einfach so, daß diese Elemente von einer Stufe übergehen oder von einer Zusammensetzung übergeführt werden in eine andere und der Mensch fürchtet sich nur durch seine Unwissenheit vor dem Tod; der Tod ist eingebildet und unwirklich; er ist menschliche Einbildung.

Die Gaben Gottes haben das Reich des Bestehenden bewegt und voll Leben gestaltet. Für das Leben gibt es keine Veränderung oder Umgestaltung: Leben ist immer Leben, und es kann nie in Nichtexistenz übertragen werden! Es gibt nur verschiedene Stufen. Eine Stufe unter der nächsthöheren wird als Nichtleben angesehen. Z. B. ist dieser Staub unter unseren Füßen im Vergleich zu uns kein Leben. Der menschliche Körper zerfällt zu Staub und man kann sagen, er ist leblos geworden, deshalb ist dieser Staub im Vergleich oder in Beziehung zu der höheren Form des menschlichen Wesens nichts Lebendes, aber in seinem eigenen Kreis ist er mit Leben ausgestattet; er hat sein mineralisches Leben; so ist sehr wohl bewiesen, daß vollständige Auflösung unmöglich ist; sie ist nur relativ, Der Sinn ist der: die ewig bestehende Gabe Gottes, die den Menschen gewährt ist, ist nie dem Untergang preisgegeben. Da Er das Bestehende oder die phänomenale Welt mit Leben ausgestattet hat, so ist für dasselbe ein Untergang unmöglich; denn es ist die eigene Schöpfung Gottes; es ist das Reich der Schöpfung; es ist eine schöpferische Welt und nicht eine subjektive Welt und jene Gabe währt immer und ewig. Er stattet z. B. den Menschen mit der Gabe des Lebens aus, und jene Gabe oder Schenkung währt ewig; da ist kein Aufhören; deshalb, so wie die Strahlen der Sonne währen, die Hitze der Sonne für ewig da ist und man kein Aufhören ihrer Tätigkeit fassen kann, kommt die Gabe Gottes, was die Menschheit anbetrifft, ewig auf uns herab, immer und ewig. Wenn wir sagen, daß die Schenkung des Lebens einmal aufhöre, so könnte man ebensogut sagen, die Sonne könne ohne Strahlen bestehen. Ist es möglich, daß der Glanz und die Strahlen der Sonne nicht mehr bestehen werden? Deshalb sind auch die Strahlen des Lebens ewig und unaufhörlich. Der Begriff eines völligen Untergangs entspringt dem menschlichen Unwürdigkeitsgefühl, er ist die Ursache menschlicher Erniedrigung, menschlicher Furcht, der Verschiedenheit menschlicher Gedanken; aber der Begriff der Zusammensetzung und des Lebens trägt zur menschlichen Würde bei, erhebt die Menschen und führt sie zur Veredlung. Deshalb soll der Mensch an ein Fortleben glauben, niemals an einen Tod. Nie muß er an das denken, was ihn erniedrigt, noch an die Erniedrigung der menschlichen Seele. Der Mensch muß erkennen, daß er immer lebt, damit er Stunde um Stunde vorwärts komme, bis die menschliche Wirklichkeit sich immer mehr zeigt. Wenn er an kein Fortleben glaubt, so wird er unwissend bleiben, sein Wille erlahmen, seine Kraft schwinden, die Liebe zum Fortschritt wird aufhören und damit die Aneignung zu menschlichen Tugenden.

Deshalb müßt ihr Gott danken, daß Er euch allen Leben geschenkt hat. Bemüht euch Tag und Nacht, mehr Tugenden des menschlichen Wesens zu erwerben, und seid wie Lichter, die nie verlöschen. Wenn der Mensch nicht mit Einblick ausgestattet ist, [Seite 177] so ist er nicht über diese wichtigen Geheimnisse unterrichtet.

Die Schenkungen Gottes, die in allen phänomenalen Wesen sichtbar sind, sind zuweilen unsichtbar für die zarte Netzhaut des Auges, welche ein Hindernis bildet. Aber wenn jene Schuppen wegfallen, wenn der Schleier entzwei gerissen ist, dann werden die Zeichen Gottes sichtbar werden. Er wird das Licht, das die Welt erfüllt, beweisen. Die Schenkungen Gottes werden alle geoffenbart werden. Die Versprechungen des Himmels gehen in Erfüllung. Die Gnade Gottes umgibt alle, sollte aber diese Hülle bleiben, so erkennt der Mensch alle diese großen Zeichen nicht und ist beraubt aller dieser Offenbarungen von Gottes Schenkungen: deshalb müssen wir uns bemühen, den Schleier, der uns den Einblick verwehrt, wegzubekommen, daß wir die Offenbarung der Zeichen Gottes bezeugen können und die geheimnisvollen Gnadenbeweise Gottes wahrnehmen und sehen können, daß die materiellen Segnungen im Vergleich zu den geistigen Segnungen nichts sind. Die geistigen Segnungen Gottes sind die größten. Wenn wir im Mineralreich wären, so wären, obgleich wir dort mit gewissen Segnungen Gottes ausgestattet sind, diese Segnungen im Vergleich zu den Segnungen im menschlichen Reich nichts. Wenn wir im Schoß der Mutter Erde wären, wären wir mit gewissen Segnungen Gottes gesegnet, die aber im Vergleich zu den Segnungen und Schenkungen dieser Welt nichts wären. Gleicherweise, wenn wir von den phänomenalen zu den geistigen Lebensstufen übergehen und Einsicht erlangen, so werden wir bemerken, daß die materiellen Segnungen im Vergleich zu den geistigen wie ein Nichts sind. In der geistigen Welt sind die göttlichen Schenkungen unendlich; denn das, was der materiellen Welt angehört, ist der Auflösung preisgegeben. Für jede Verbindung gibt es eine Auflösung; aber in der Welt des Geistes gibt es keine Trennung, keine Auflösung. Die Unsterblichkeit besteht und völlige Festigkeit und Stärke; deshalb müssen wir Gott danken: denn Er hat für uns materielle Segnungen und auch geistige Gaben geschaffen. Er hat uns materielle und himmlische Schenkungen gegeben; Er hat uns Augen gegeben, womit wir die Leuchte Gottes sehen können. Er hat uns das Ohr gegeben, womit wir Melodien hören können, und Er hat uns ein inneres Gehör gegeben, womit wir die Melodien Gottes vernehmen können. Deshalb müssen wir mit Herz und Seele streben, damit die Vollkommenheiten und Tugenden, die in der Wirklichkeit der phänomenalen Welt verborgen sind, enthüllt und geoffenbart werden können; denn die menschliche Wirklichkeit kann mit der Saat verglichen werden. Wenn ihr den Samen sät und ihn pflegt, so kann daraus ein mächtiger Baum hervorgehen. Die Vollkommenheit jenes Samens wird geoffenbart werden; es wird ein Zweig sprossen, er wird Blätter und Blüten treiben und Frucht bringen. Alle die Tugenden waren in dem Samen verborgen. Durch die Wohltat oder den Segen der Bebauung traten diese Vollkommenheiten zutage. Gleicherweise hat der gütige Vater in die menschlichen Wirklichkeiten gewisse ausgezeichnete Tugenden gelegt, die verborgen oder geheim sind. Wenn das menschliche Wesen erzogen wird, so werden jene Tugenden, die von Gott in ihn gelegt sind, wie bis zur Entwicklung des Baumes aus der befruchteten Saat, von der menschlichen Wirklichkeit geoffenbart werden.



Unsere Zeit und Gott[Bearbeiten]

Von M.L. Fack, Stuttgart

Es ist seltsam, daß das Interesse für die Bahá’i-Bewegung in Deutschland noch so verhältnismäßig klein ist. Woher kommt das? Stört uns das fremd Gewand, der fremdklingende Name, unter dem wir uns zunächst nichts vorstellen können? Der Deutsche ist ja bekannt dafür, daß er sehr weitherzig ist in bezug auf die Aufnahme dessen, was von außen her an ihn herankommt. Bahá heißt Licht. Licht dringt durch [Seite 178] tiefste Finsternisse, Licht ist Leben, das Licht ist zuerst von Gott erschaffen, als Sein Schöpferwort „Es werde“ über die Welt hin ertönte, und Bewegung in das Chaos des Universums brachte. Im Lichte leben und sind wir, licht, rein und unverfälscht sind die Gedanken aller guten Menschen, das Symbol der Klarheit, der Reinheit, der Freude, des Wachstums, der Vergeistigung ist das Licht. Was aber macht uns diese Lehre vom Licht so schwer faßbar?

Wir sind so übersättigt mit philosophischen und religiösen Gedanken heute. Meinungen und Meinungsverschiedenheiten verwirren uns, sektiererische Einseitigkeit hemmt unsere freie Entfaltung, Gott und Sein Wort sind für uns Begriffe geworden, die man lieber nicht mehr allzuoft erwähnt, weil man ihre Wucht und Stärke fürchtet, und die man lieber im letzten Winkel seines Herzens gebannt hält, mit sieben Siegeln verschlossen, wie Reliquien und Altertümer. Noli me tangere! So die einen. Andere, Fanatiker, die sich heute ja auf allen Gebieten finden, suchen mit Grübeln und Sinnieren, mit flaggellantenhafter Wollust und großen Gebärden den Sinn der Masse für das Abstrakte zu gewinnen, sie durch Buchstabenweisheit zu fesseln. Daher soviel Werkheiligkeit und Scheinheiligkeit. Dem Untergang nahe durch Absperrung vom Leben auf der einen Seite, Mißbrauch auf der anderen Seite ist der Gottesbegriff unserer heutigen Zeit und für die meisten ist er überhaupt schon tot, weil die vielgepriesene moderne Sachlichkeits- und Zweckmäßigkeitstheorie keinen Raum mehr übrig hat für geistige Dinge, für den Glauben an Nichtsichtbares, für Sichversenken in der Betrachtung ewiger und unvergänglicher Werte. So arm sind wir geworden, viel ärmer als wir wissen und uns eingestehen, so sehr hat die Betäubung durch Rauschmittel der Sinne die Leere in uns schon erfüllt, daß wir uns nicht einmal mehr so recht zu sehnen vermögen in der Tiefe unseres Herzens, weil das Ziel unserer Sehnsucht so fern, so unfaßlich, so sehr unserem wirklichen Erkenntnisvermögen entrückt erscheint. Und ist doch so nah. Ist das unsere hochgepriesene abendländische Kultur, auf die wir so stolz sind?

„Euer Gott ist ein lebendiger Gott“ — gibt uns das nicht zu denken?

Und da geht Einer hin durch die Stätten des heiligen Landes, unter der östlichen Sonne. Geht bedächtigen Schrittes, mit einer Ruhe und Sicherheit in Wesen und Bewegung, königlich in Haltung und Geste. Und in Seinen Augen ist ein Leuchten, das man, einmal gesehen, so schnell nicht wieder vergessen kann. Er spricht von Gott. Und Seine Worte sind lind wie Frühlingswehen und mächtig wie das Brausen des Meeres, das gegen unerschütterliche Felsenmauern anschlägt. Sein Auftreten ist ernst und bestimmt, von hoher Verantwortung erfüllt. Ein Kämpfer und Held, ein Helfer und Heiland. Mit einem Griff reißt Er Schleier um Schleier hernieder, die uns von der Wahrheit trennen und läßt uns einen tiefen Blick tun in das gütige Antlitz Gottes, der Anklage und Erlösung zugleich ist. Ich kann mir — für uns Abendländer — nur eine Gestalt denken, die absolute Reinheit und Heiligkeit, gerechten Zorn und überirdische Würde so stark und einheitlich zum Ausdruck gebracht haben mochte: Christus. Und wenn ich unter dem Eindruck der wundervollen Belehrungen und Erklärungen Bahá’u’lláhs Christi Worte auf mich wirken lasse, so erfüllt mich jedesmal Jubel ohnegleichen über diesen Reichtum an kostbarstem Lebensgut, der sich da auftut. Ich behaupte nicht zuviel: Bahá’u’lláh öffnet uns erst die Augen, daß wir wieder sehend werden und wertschätzen lernen, was wir haben. Und Er schärft unser innerstes Wahrnehmungsvermögen und unterstützt unser Erkennen und lehrt uns gehen auf dem schmalen Pfad, freudig, sicher und leicht. Und ich glaube, wenn Hände imstande sind, den gordischen Knoten der Verwirrung unserer heutigen Zeit zu lösen, so sind es Seine Hände, wenn Augen imstande sind, alle Dunkelheiten unseres heutigen Tages zu durchdringen, so sind es Seine Augen, und wenn Worte Kraft haben, Zweifel und Meinungsverschiedenheiten über die letzten Fragen, die heute schlimmer denn je sind, zu zerstreuen, so sind es Seine Worte, Seine Ermahnungen und Belehrungen.

Das ist die Bahá’i-Lehre, die Lehre vom Licht, von der Einheit der Menschheit, von [Seite 179] der Einheit der Religion, von der Möglichkeit eines universalen Friedens, die Lehre von Gott. Warum haben wir so wenig Vertrauen zu Ihm? Ist denn wirklich gar kein Funke von Sehnsucht mehr in uns nach Seiner Gegenwart, daß wir das Bedürfnis hätten, hinzugehen, um ihn neu zu entzünden an Seinem großen Licht? Hält uns das Gefühl des Fremdseins ab, uns zu Ihm hin zu suchen? War Christus nicht auch einmal ein Fremder in unserem Lande, für unsere Vorfahren? Die Persönlichkeit ist nur das Gewand, das geändert werden kann, auf den Geist müssen wir achten lernen. Stört uns, daß die neue Lehre von Gott aus dem Morgenland kommt? Ist denn die Lehre von Gott an ein Land, ein Volk oder eine Rasse gebunden? Wir hatten diese Anschauung, ja, um der Dogmen willen. Wenn aber die Dogmen fallen und die enge Beschränkung, wenn unser Blickfeld sich weitet und wir uns der Erkenntnis nicht mehr verschließen können, daß eine und dieselbe Sonne alle Menschen auf Erden bescheint? — Gott ist allgegenwärtig. Er ist überall da, wo sich die Innigkeit eines reinen Gemütes Ihm ganz hingibt, Ihn zu erleben und zu offenbaren. Haben wir den rechten Geist, Ihn zu empfangen?

Hier ist mehr als wir ahnen eine Fülle von Weisheit, Klarheit, Wahrheit und Kraft. Keiner, dem es wirklich ernst ist um seine Frage nach Gott, sollte achtlos daran vorübergehen. „Prüfet alles“, das gilt auch hier. Es ist uns ausdrücklich gesagt, nur das zur Grundlage unseres Glaubens zu machen, was wir mit all unseren Sinnen, Verstand und Gefühl, als wahrhaftig hinnehmen können. Es soll hinfort keine Verschiedenheit mehr zwischen Wissenschaft und Religion geben, denn beider Ziel ist die Wahrheit und es gibt nur eine Wahrheit. Und es gibt untrügliche Beweise.

An zwei Gleichnisse muß ich immer denken, wenn ich mich mit der Lehre Bahá’u’lláhs beschäftige: an das Gleichnis vom geknickten Rohr, das nicht ganz zerbrochen, sondern wiederaufgerichtet werden soll, und an das Gleichnis vom Schatz im Acker, der darin liegt, daß die Tat segensreich an sich ist.

Zur Tatreligion fordert Bahá’u’lláh uns auf, das ist vielleicht das Wichtigste, das Er uns heute gibt. Nicht Worte, nicht Weltflucht, nicht Asketentum, nicht Weihrauch und Sakramente, nicht Verschiedenheit der Bekenntnisse, sondern die Tat, die dem Verantwortungsgefühl des Herzens und Gewissens entspringt, und dem Bewußtsein, daß wir von Gott sind und göttlich werden sollen.



Die Herrlichkeit des Herrn[Bearbeiten]

Von der Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft Schwerin (Mecklenburg)

Der Apostel Johannes sagt: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Ev. Johs. 1,14.)

Immer, wenn Finsternis das Erdreich bedeckte, ging ein himmlisches Licht auf, und die „Herrlichkeit des Herrn” brachte der Menschheit eine geistige Erneuerung, damit sie von neuem geboren und zu einer höheren Lebensstufe geführt werden möchte.

Als Christus vor fast 2000 Jahren erschien, befanden sich die Kinder Israels in großer Bedrängnis, denn ihr Heimatland Palästina war von römischen Soldaten besetzt, die das Land sehr bedrückten. Täglich flehten sie unter Tränen: „O Gott, beschleunige das Kommen des Messias!“

Als der Heiland der Welt erschien, nahmen die Seinen Ihn nicht auf. Er wurde in dem Winkel eines Stalles geboren und in eine Krippe gelegt, denn ein anderer Raum war für Ihn nicht vorhanden.

Der Ort, an dem das göttliche Licht erscheint, ist für die Ausbreitung Seiner Lehren ohne Bedeutung. Christus erschien im Osten und Seine Lehren breiteten sich sogar im Westen aus und wurden zur Führung für die Nationen Europas.

„... Die Bahá’i sagen, daß die Herrschaft [Seite 180] Christi eine himmlische, göttliche, ewige Herrschaft, nicht eine napoleonische Herrschaft war, die in kurzer Zeit zu Ende ging. Diese Herrschaft Christi blieb beinahe 2000 Jahre bestehen und dauert noch fort, und für alle Ewigkeit wird dieses heilige Wesen auf ewigem Throne erhöht sein . . .“ („Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter“, Seite 11/12.)

An 'Abdu'l-Bahá wurde einst die Frage gerichtet: „Wie denken Sie über die Bedeutung Christi?“ Er antwortete: „Denket darüber nach, mit welcher Erkenntnis Bahá’u’lláh die Bahái begnadigt hat, daß, wenn man ihnen auch die ganze Welt böte, sie dennoch Christus nicht verleugnen würden. Die Bahá’i lieben Christus mehr als ihr eigenes Leben. Wenn man mich zum Beispiel unter das Schwert des Scharfrichters brächte und mich zwingen wollte, meinen Glauben an Christus zu verleugnen, so würde ich mit großer Freude mein Leben nach Seinem Vorbilde hingeben, anstatt meinen Glauben an Ihn aufzugeben.“ ("Sonne der Wahrheit”, März 1921, Seite 12.)

Ein andermal erklärte Er: „Niemand hat Christus je so geliebt, wie ich es tue.“ („Sonne der Wahrheit“, Mai 1927, Seite 41.)

Hunderttausende Bahá’i aus dem Osten, sowohl Muhammedaner als auch Israeliten. haben durch die Bahá’i-Lehre gelernt, daß Christus der Sohn Gottes ist. Sie besitzen und schätzen die Bibel. 'Abdu'l-Bahá sagt: „Die Bibel ist bei allen Bahá’i hoch angesehen. Eine der geistvollen Äußerungen Christi in der Bergpredigt ist kostbarer als alle Schriften der Philosophen.“ („Sonne der Wahrheit“, März 1921, Seite 12.)

Einst kam ein junger, jüdischer Soldat zu 'Abdu'l-Bahá und sagte: „Ich kann ihren vermeintlichen Messias nicht anerkennen, den sie Jesus Christus nennen, aber ich kann Bahá’u’lláh als unseren Messias erkennen und annehmen.“ 'Abdu'l-Bahá antwortete: „Du kannst nicht ein Jünger Bahá’u’lláhs werden, bis du glaubst, daß Seine Heiligkeit Christus der göttliche Geist, der Sohn Gottes ist.“ („Sonne der Wahrheit", Mai 1927, Seite 41/42.)

Christus ist die Ursache aller Vollkommenheit. 'Abdu'l-Bahá sagt hierüber: „Christus hat Sich selbst geopfert, um die Menschen von der Unvollkommenheit der körperlichen Natur zu erlösen, damit sie sich mit den Tugenden der geistigen Natur schmücken möchten. Diese geistige Natur, die von der Güte der Wirklichkeit Gottes kommt, ist die Vereinigung aller Vollkommenheit, und sie besteht aus den Eingebungen des Heiligen Geistes, aus der göttlichen Vollkommenheit, dem Lichte, der Geistigkeit, der Liebe, der Wohltätigkeit, der Barmherzigkeit gegen den Nächsten, der Menschenfreundlichkeit, kurz: aus dem Wesen des Lebens.“

In Stuttgart sagte 'Abdu'l-Bahá: „... Christus nahm viele Trübsale und Leiden auf sich, um Liebe und Einigkeit unter den Menschen zu schaffen. Viele Tage und Nächte wanderte Er in der Wüste. Er nahm willig jede Trübsal auf sich. Er ertrug alle Verleumdungen, und zuletzt erduldete Er den Tod am Kreuz. Warum tat Er dies alles? Sein Ziel war, die Menschheit zu erleuchten, damit Einigkeit und Harmonie in ihren Herzen Platz greifen möchte. Friede und Vergebung sollten in allen Ländern herrschen.“ („Sonne der Wahrheit”, Dez. 1925, Seite 152.)

Christus besaß nur wenige Jünger. „...Es war eine verhältnismäßig kleine Zahl Seiner Nachfolger, die an Seine Lehre glaubten und Seine Gebote befolgten. Die Unwissenden sagten: ‚Wer ist dieser Mensch? Er hat ja nur wenige Jünger.‘ Aber diejenigen, die Ihn kannten, sagten: ‚Er ist die Sonne, die im Osten und Westen scheinen wird. Fr ist die Manifestation Gottes, die der Welt Leben geben wird. Was die ersten Jünger erkannten, wurde von der übrigen Welt erst viel später wahrgenommen . . ." („Ansprachen 'Abdu'l-Bahás in Paris“, Seite 128/129.)

»...Nach dem Tode Christi waren die Jünger betrübt und bekümmert, und ihre Gedanken und Ideen waren uneins. Später wurden sie fest und geeinigt, und am Pfingstfest versammelten sich alle und lösten sich von den Dingen dieser Welt. Nicht auf sich selbst sehend, verzichteten sie auf ihre Ruhe und ihre weltliche Glückseligkeit, opferten Leib und Seele dem Geliebten, verließen ihre Wohnstätten und wurden heimatlose Wanderer, ja sie vergaßen sich selbst. Da empfingen sie die Hilfe Gottes, und die Macht des Heiligen Geistes wurde offenbar. Der Geist Christi triumphierte, und die Liebe Gottes regierte. Zu dieser Zeit wurde ihnen [Seite 181] große Hilfe zuteil, und sie zerstreuten sich nach verschiedenen Richtungen, lehrten die Sache Gottes und lieferten Beweise und Zeugnisse dafür. .... Sie empfingen durch den Geist der Liebe Gottes ein neues Leben und sahen, daß Christus lebte, ihnen half und sie beschützte. Sie waren wie Tropfen und wurden wie Meere, sie glichen winzigen Insekten und wurden königliche Adler, sie waren schwach und wurden voller Macht, sie waren wie Spiegel, deren Oberfläche der Sonne zugekehrt ist. Wahrlich durch sie wurde das Licht geoffenbart!“ („Beantwortete Fragen“, Seite 137/138.)

Was lehrte Christus: „ . . . Liebet eure Feinde. Segnet, die euch fluchen. Tut wohl denen, die euch hassen. Bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen . . .“ (Ev. Matth. 5, 44.) „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“ (Ev. Matth. 7, 1.) „Was siehest du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?“ (Ev. Matth. 7, 3.) »...so jemand will unter euch gewaltig sein, der sei euer Diener.“ (Ev. Matth. 20, 26.) „Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöhet, der wird erniedriget, und wer sich selbst erniedriget, der wird erhöhet.“ (Ev. Matth. 23, 11 u. 12.) „Ein neu Gebot gebe Ich euch, daß ihr euch untereinander liebet, wie Ich euch geliebet habe, auf daß auch ihr einander lieb habet. Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.“ (Ev. Joh. 13, 34 u. 35.)

Christus lehrte: „Stecke dein Schwert in die Scheide!“ — doch heute stehen sich die Nationen in großer Feindschaft gegenüber, bereit, einander zu vernichten. Heute steht die Welt im Zeichen des Aufruhrs, und ihr Antlitz ist der Abirrung und Religionslosigkeit zugekehrt.

Es gibt zwar viele Bestrebungen, die eine Reformation herbeiführen wollen, doch reichen bloße Lehren nicht aus. Sie bedürfen einer himmlischen Bestätigung. Auch zu Christi Zeiten gab es viele Reformbewegungen, aber nur das Christentum war erfolgreich, denn letzteres war göttlichen Ursprungs und wurde durch eine himmlische Macht verbreitet, während die anderen aus dem menschlichen Verstande hervorgegangen waren und durch menschliche Anstrengung gefördert wurden.

Christus veränderte alte Gebräuche und hob die Gegensätze zwischen den Römern, Griechen, Syrern, Ägyptern, Phöniziern, Israeliten und anderen Völkern auf. Alle Menschen, die Sein heiliger Geist erfüllte, wurden andere Wesen. Sie machten eine neue Geburt durch. Sie lebten in der Welt, aber sie waren nicht von der Welt. Sie brachten ihr Leben in Heiligkeit zu, und ihre Taten wiesen Liebe, Gerechtigkeit und Güte auf.

‘Abdu’l-Bahá sagt: „... Eine heilige Seele gibt der Menschheit Leben, verändert das Aussehen der Erde, fördert die Intelligenz, belebt die Seelen, legt das Fundament zu einem neuen Dasein und gründet eine wunderbare Schöpfung, gibt der Welt eine neue Ordnung, bringt die Nationen und Religionen unter ein Banner, befreit die Menschen von Unvollkommenheit und Irrtum und legt den Wunsch und das Verlangen nach höchstmöglicher Vollkommenheit in sie. Sicherlich kann nichts geringeres als die göttliche Macht ein so großes Werk zur Durchführung bringen . . .“ („Beantwortete Fragen“, Seite 10/11.)

Diese göttliche Macht ist nicht verloren gegangen. Alle heiligen Schriften enthalten folgende Grundgedanken: Wenn Unterdrückung und Tyrannei in der Welt überhandnehmen, wenn sich Not und Trübsal unter den Völkern steigern, wenn die Verschiedenheiten der Religionen und Bekenntnisse immer mehr zunehmen, wenn die Anbetung Gottes immer verschiedener und zuletzt verworfen wird, wenn sich die Gier der Seelen derart steigert, daß sie Menschen und Eigentum bedroht, wenn Schrecken und Trübsale vorherrschen, dann wird sich der göttliche Herold erheben, um die Wunden zu heilen, die Sorgen zu beseitigen und die Tränen zu trocknen.

Die Bahá’i-Offenbarung verkündet uns nun die frohe Botschaft, daß die „Herrlichkeit des Herrn“ durch die Manifestation Bahá’u’lláhs von neuem über uns aufgegangen ist. Bahá’u’lláh hat den Plan für das Glück und die Wohlfahrt der Völker entworfen. Seine Prinzipien sind die lebengebende Kraft für den kranken Körper der Welt.

Wir möchten diese Ausführungen mit [Seite 182] folgendem Worte 'Abdu'l-Bahás beschließen: „Seid ihr euch dessen bewußt, was es für ein Tag ist, an dem ihr lebet? Habt ihr schon darüber nachgedacht, in welchem Zeitalter ihr lebet? Habt ihr nicht in den heiligen Schriften gelesen, daß am Ende dieses Zeitalters ein Tag erscheinen werde, der die Sonne aller vergangenen Tage ist? Dies ist der Tag, an dem der Herr der Heerscharen auf den Wolken der Herrlichkeit vom Himmel herniederkam. Dies ist der Tag, an dem die Bewohner der ganzen Welt unter das Zelt des Wortes Gottes treten werden. Dies ist der Tag, dessen wirklicher Herrscher der Allmächtige ist. Dies ist der Tag, an dem sich der Osten und der Westen wie zwei Liebende umarmen werden. Dies ist der Tag, an dem Kriege und Streitigkeiten für immer beseitigt werden. Dies ist der Tag, an dem die Nationen und Regierungen ein ewiges Bündnis der Freundschaft und der Versöhnung eingehen werden. Dieses Jahrhundert ist die Erfüllung des verheißenen Zeitalters.

Dieser Tag ist die Morgendämmerung, in der die Spuren der herrlichen Visionen der Propheten der Vergangenheit erscheinen werden. Jetzt leben wir in der Zeit der Dämmerung. Binnen kurzem wird die strahlende Sonne aufgehen und sich in ihrer Majestät am Mittagshimmel zeigen. Alsdann werdet ihr sehen, welch eine himmlische Erleuchtung offenbar wird. Dann werdet ihr begreifen, daß dies die unendlichen Gaben Gottes sind, die euch zuteil werden. Dann werdet ihr sehen, daß diese Welt eine andere Welt geworden ist. Alsdann werdet ihr wahrnehmen, daß die Lehren Gottes allgemein verbreitet sind..

Seid versichert, daß diese Dunkelheit zerteilt wird und diese undurchdringlichen Wolken, die jetzt den Horizont verdunkeln, vertrieben werden, und daß die Sonne der Wirklichkeit in ihrem vollen Glanze erscheinen wird. Ihre Strahlen werden die Eisberge des Hasses und der Meinungsverschiedenheiten, die die bewegte See der Menschheit in eine hartgefrorene Unermeßlichkeit verwandelt haben, hinwegschmelzen. Die Laster dieser Welt werden in lobenswerte Eigenschaften verwandelt werden, und die Lichter der Vortrefflichkeit werden in dem göttlichen Reiche scheinen.

Die Prinzipien Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh werden den Körper der Welt durchdringen, wie der Geist den menschlichen Körper durchdringt, und die Liebe Gottes wird das Herz der fünf Erdteile durchdringen, gleich dem Blut, das durch die menschlichen Arterien strömt. Der Osten wird erleuchtet, der Westen durchduftet werden, und die Menschen werden sich unter dem allumfassenden Baldachin der Einheit der Menschheit sammeln.

Heute schläft die übrige Welt noch. Gelobt sei Gott, daß ihr erweckt seid! Sie alle sind sich dieser Tatsachen noch nicht bewußt. Aber Gott sei Dank! Ihr seid mit den Geheimnissen Gottes bekannt. Danket Gott, daß ihr in dieser Arena den anderen voraus seid. Ich hoffe, daß jedes von euch ein Pfeiler in dem Palast der Einheit der Menschheit wird. Ich hoffe, daß jedes von euch ein leuchtender Stern wird, der denjenigen, die den Gipfel der menschlichen Vollkommenheit suchen, den Pfad erhellt.“ (Aus „Die Bahá’i-Bewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien“, Seite 13/14.)



Ashraf aus Nabil[Bearbeiten]

genannt „die Krone der Märtyrer“. Ein Stück Geschichte, erzählt von Rizwanje Chanum

In der Stadt Zanjhan lebten viele Anhänger des Báb. Wegen der Verfolgungen und der Angriffe der fanatischen Muhammedaner wurden sie, um sich zu verteidigen, zu einer Befestigung ihres Dorfes gezwungen. Ihr Führer hieß Jenabi Hudjhat, ein bedeutender Mullah, der die Stufe des Báb erkannte, nachdem er einige Schriften des Báb gelesen hatte. Er wurde Sein Anhänger und treuer Nachfolger und späterhin einer der achtzehn „Buchstaben“, die der Báb berief. Er war hochgeachtet und sehr einflußreich bei Muhammed Shah, dem Vater von Nassaredin. Als er erkannte, daß während der [Seite 183] Belagerung in Selbstverteidigung das Leben vieler junger Leute so gut wie verloren war, gebot er, daß Familien gegründet und Kinder gezeugt werden, um die aus ihren Reihen fallenden zu ersetzen. Zweihundert Verehelichungen wurden auch vollzogen zu jener Zeit, zu denen auch die des Vaters und der Mutter Ashraffs zählten. Während dieser Belagerung wurden einer Mutter von sieben Söhnen sechs getötet. Eines Nachts sah sie im Traum den Neffen Muhammeds, der sein Schwert in die Brust ihres noch einzig überlebenden Sohnes stieß. Sie weinte bitterlich und sagte: „O Gott, ich habe dir sechs Söhne geopfert, lasse mir diesen einen!“ (Dieser Traum bewahrheitete sich später und sie verlor auch noch ihren letzten Sohn.) Sie erzählte diesen Traum einer der jung Vermählten aus dem Kreis der zweihundert. Dies junge Weib sagte zu ihr: „Ich wünschte mir hundert Söhne, um sie der geliebten Sache zu opfern!“

Die Zeit ging hin und sie wurde die Mutter des Ashraff. Sie zog ihren Knaben mit größter Sorgfalt auf und gab ihm die beste Erziehung. Er erreichte das Mannesalter, ward schön von Antlitz, ebenso an Größe und Charakter. Der Tag kam, an dem auch er vom fanatischen Mob ergriffen wurde. Man lud ihm ein Kreuz auf, an das er geschlagen werden sollte. Nun erfreute er sich aber allgemeiner Beliebtheit und Verehrung. Sie sagten zu ihm: „O Achmed, leugne, daß du ein Babi bist und wir wollen dein Leben retten!“ Fr aber sprach: „Ich habe noch niemals in meinem Leben eine Lüge gesagt, ich bin Babi und somit kann ich dies nicht verleugnen!“ Sie holten seine Mutter, in der Annahme, daß diese ihn überreden könne zu leugnen. Als sie ihn sah, sprach sie: „O Ali Ashraff, mein lieber Sohn, als ich Braut war, sagte mir eine Mutter von sieben Söhnen, wovon sechs getötet worden waren, daß ihr träumte, ihr letzter Sohn sei gleichfalls getötet worden; sie weinte und sagte: ‚O Gott, erhalte mir diesen einen, ich habe Dir schon sechs meiner Söhne gegeben.‘ Ich sagte damals zu ihr: ‚O, ich wünschte mir hundert Söhne, die ich für Ihn hergeben dürfte.‘ Ashraff sei stark und fest; wenn du es nicht bist, so kann ich dich nicht länger meinen Sohn heißen.“ Als die Leute sahen, daß es nutzlos war, ihn zu überreden, und sie seine Mutter in dieser Weise reden hörten, gerieten sie außer sich und kreuzigten ihn.

Dieser treue und standhafte junge Mensch, der so heldenhaft sein Leben für seinen Glauben hingab, wurde von nun an „die Krone der Märtyrer“ genannt.



„Nur noch eine kleine Weile“, spricht der Herr der Heerscharen, „so erschüttere Ich den Himmel und die Erde, das Meer und das Trockene. Ich bringe alle Völker in Erregung, daß die Kleinodien aller Völker herbeikommen sollen, und Mein Haus erfülle ich mit Herrlichkeit.

Altes Testament.


„An diesem Tag wird bei den erhabenen Heerscharen ein großes Fest gefeiert; denn alles, was in den göttlichen Büchern verheißen wurde, hat sich erfüllt.“

Bahá’u’lláh.


„Der beste Gottesdienst ist, Liebe unter die Menschen zu tragen und sie zu entwickeln.“

'Abdu'l-Bahá.



Berichtigung: In Heft 11, Seite 158, Zeile 45 hat sich ein Druckfehler eingeschlichen, anstatt „persische Syrili“ muß es „persische Lyrik“ heißen.


In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.


[Seite 184]


Inhaltsübersicht über das Jahr 1930/31[Bearbeiten]

Bahá’u’lláh Seite

Gebet . . . . . 1, 169

Das hl. Buch der Gewißheit . . . 14, 30, 46, 62, 78, 94, 110, 122, 138, 154, 155, 170

Tablet an 'Abdu'l-Bahá . . . . . 29


'Abdu'l-Bahá

Die Frühlingszeit . . . . . 2

Gebet . . . . . 13

O Menschen erwachet . . . . . 45

Worte . . . . . 61

Tablet . . . . . 65

Worte . . . . . 77

Ansprache in Paris . . . . . 93

Aus „Priedensprogramm“ . . . . . 109

Über Aufrichtigkeit . . . . . 112

Über Tolstoi . . . . . 119

Über Bahá’u’lláh . . . . . 121, 137, 152

Gebet . . . . . 153

Ansprache an die Theosophen in Chicago . . . . . 175


Briefe

Shoghi Effendi an die Gläubigen in Stuttgart . . . . . 34

Telegramm des Geistigen Nationalsrats in Amerika . . . . . 44

Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi:

Erster Brief Dr. Fallscheers . . . . . 139
Zweiter Brief Dr. Fallscheers . . . . . 157
Dritter Brief Dr. Fallscheers . . . . . 172

Bahá’i-Brief über Indien und Birma. Marta L. Root . . . . . 125


Aufsätze und Artikel

Bahá’i-Bewegung und Politik. Dr. E. Klienke . . . . . 2

Die soziale Seite der Bahá’i- Bewegung. Dr. H. Dreyfus . . . . 5

Das einfache Leben. Dr. H. Großmann . . . . . 8

Glauben und Vertrauen. Dr. H. Großmann . . . . . 9

Unser Flugdienst in Persien. Die Schriftl. . . . . . 12

Das Leben nach dem Tode. G. A.G. Schwerin . . . . . 18

Reise durch Frankreich. Dr. H. Großmann . . . . . 3

Vom Wesen Gottes. Dr. H. Großmann . . . . . 35

Zum 23. Mai. A. Schwarz. . . . . . 36

Leid läutert und führt zum Licht. E. Groth . . . . . 38

Lehre uns beten. G. A.G. Schwerin . . . . . 51

Die dynamische Kraft des Gebets. G. A.G. Stuttgart . . . . . 55

Über das Beten. E. M. Großmann . . . . . 59

Sehnsucht. Dr. W. Werckmeister . . . . . 60

Die Bahái-Bewegung an deutschen Universitäten . . . . . 69, 82

Was will die Bahái- Bewegung. Dr. H. Großmann . . . . . 75

Allah il Allah. v. Bomsdorff-Bergen . . . . . 84

Wie ein Lagerfeuer. G. J. Bertelink . . . . . 87

Demut. G. A.G. Schwerin . . . . . 89

Der Universale Friede. Zusammengestellt von der G. A.G. Schwerin . . . . . 98

Die Bahá’i-Religion in Persien. Dr. Jouness Khan . . . . . 107

Der Bahá’i-Esperanto-Weltsprachegedanke. Adolf Spieth . . . . . 113

Mit dem grünen Stern. E. M. Großmann . . . . . 116

Das Gelöbnis des Propheten Muhammed. Übersetzt von E. M. Großmann . . . . . 117

Religion. Dr. H. Großmann . . . . . 119

Die Doppelnatur des Menschen. E. Jörn . . . . . 120

Weltgeschehen und Bahá’i-Lehre. G.A.G.Schwerin . . . . . 124

Bahá’u’lláh zum 12. November. M. L. Fack . . . . . 127

Ewigkeitsschau. Helmel-Passau . . . . . 142

Der religiöse Gedanke in der Jugend. E. Schmidt . . . . . 144

Die Religion und der gesunde Menschenverstand. v. Bomsdorff-Bergen . . . . . 147

Ein Internationales Programm. Dr. A. Forel . . . . . 149

Der Gärtner. E. M. Großmann . . . . . 150

Die unendliche Linie. Dietrich . . . . . 150

Schicksal und Willensfreiheit. Paul Häcker . . . . . 151

Nachruf für Herrn Konsul Albert Schwarz . . . . . 154

Weltliches und geistiges Leben. G. A.G. Schwerin . . . . . 159

Das neue China. Dr. H. Penzel . . . . . 163

Wie ein Märchen, aber Wirklichkeit. L. Ragaz . . . . . 167

Lebenskunst. H. Helmel . . . . . 174

Unsere Zeit und Gott. M.L. Fak . . . . . 177

Die Herrlichkeit des Herrn. G.A.G. Schwerin . . . . . 179

Ashraf aus Nabil. Rizwanje Chanum . . . . . 182


Gedichte

Kommt, laßt uns gehen. K. Goll . . . . . 28

Bahá’u’lláh. M. L. Fak . . . . . 38

Leg’ deine Hand. E. M. Großmann . . . . . 89

Der neue Tempel. M. L. Fak . . . . . 92

Es gibt nur ein Ziel. M. L. Fack . . . . . 122

An Ihn. M. L. Fak . . . . . 142

Weihnacht. E. v. Wildenbruch . . . . . 152

Verwandlung. M. L. Fak . . . . . 155

Gebet. M. L. Fack . . . . . 167


Reproduktionen

Busdhir . . . . . 12

Bildnis 'Abdu'l-Bahás- . . . . . 37

Das große Gefängnis in Akka . . . . . 50

Ansicht von Haifa . . . . . 66

Ansicht von Bahji . . . . . 88

Aufgang zum Mausoleum . . . . . 106

'Abdu'l-Bahá im Hof Seines Hauses . . . . . 112

Lieblingsplatz Bahá’u’lláhs . . . . . 141

Bild von Herrn Konsul Albert Schwarz . . . . . 154

Der Mashriqu'l Adhkár in Chicago . . . . . 168

Der Mashriqu’l Adhkár in Eschkabat . . . . . 168


Mitteilungen der Schriftleitung . . . . . 27

Bahá’i-Tagung . . . . . 28

Betreffend Buch der Gewißheit . . . . . 28

Bericht über die Bahá’i-Tagung . . . . . 40


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Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]

Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Iqhan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)


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Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart

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In unserem Verlag sind erschienen:


Bücher:

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Deutsch von A. Schwarz und W. Herrigel, 1924 1.--

Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . 2.50

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--

'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen über die Bahá’i-Lehre. Deutsch von W. Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . . . 3.00

in festem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.50

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, 1919, in Halbleinen geb. . . . . 4.50

In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, 1925, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. 1927. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50

Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt und in englischer Sprache herausgegeben von L. Clifford Barney, deutsche Übersetzung von W. Herrigel, 1929 . . . . . 5.--


Broschüren:

Bahá’i-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922 . . . . -.20

Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel, 1911 . . . . -.20

Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von A. T. Schwarz, 1919. . . . -.50

Die Offenbarung Bahá’u’lláhs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1910 . . . -.50

Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. 2. Auflage 1920 . . . -.50

Die Bahá’i-Bewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, nach Berichten eines Amerikaners zusammengestellt und mit Vorwort versehen von Wilhelm Herrigel, Stuttgart 1922 . . . . -.50

Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch v. W. Herrigel, 1912 . . . -.20


Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") Deutsch von Alice T. Schwarz, 1922 . . . -.50

Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1923 . . . . —.50

Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Hamburg 1923 . . . . —.20

Religiöse Lichtblicke, Einige Erläuterungen zur Bahá’i-Botschaft, aus dem Französ. übersetzt von Albert Renftle, 2. erweiterte Auflage, 1928 . . . . --.30

Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Großmann-Wandsbek . . . . . --.20

Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 8 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--

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