Sonne der Wahrheit/Jahrgang 1/Heft 8/Text

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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis des Einzelheftes M. 3.50, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 9.—
Heft 8 Stuttgart, im Oktober 1921 1. Jahrgang

Inhalt: Tablet von Abdul Baha Abbas. — An die Freunde Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in Deutschland. — Ansprache von Abdul Baha an eine große Versammlung von orientalischen Gläubigen am 15. Januar 1914. — Aus Tablets von Abdul Baha. — Der Maschrak-El-Azkar oder der Universale Tempel. — Der Pfad, auf dem die Jünger Christi wandelten. — Ans Aufzeichnungen Ahmad Sohrabs. — Aus dem Leben und den Lehren Abbas Effendis. — Quäkertum und Bahaitum. — La suno de la vereco. — La lumo de la vereco nun brilas en oriento kaj okcidento. — Mitteilungen. —- An unsere Leser!

Durch die liebe Tochter Taereh, Fr. Konsul Schwarz, auf ihr sei die Herrlichkeit Gottes des Höchsten, an die Freunde Gottes, mit ihnen sei Baha’o’llah El Abba.
Er ist der Glorreichste!
O Ihr Kinder des Königreichs!

Es ist eine große himmlische Auffassungskraft in jenem Lande vorhanden. Die Menschen in eurem Land haben ein aufnahmefähiges Gemüt für die himmlische Gnade und sind bereit, die Lehren des Allmächtigen aufzunehmen. Deshalb sind etliche Menschen dort angezogen worden vom Einheitsgedanken der menschlichen Welt und empfinden Einigkeit und Zuneigung zu allen Nationen und allen Menschen.

Ich hoffe, daß sie frei sind von den Vorurteilen der Religionen und Rassen, des Naturells, des geschäftlichen und politischen Lebens und daß sie mit scharfem Auge und hellem Ohr die menschliche Welt als eine Familie betrachten. Aus diesem Grund hat Abdul Baha eine unbeschreibliche Anhänglichkeit an diese Seelen. Wenn auch dieses Land gegenwärtig unterdrückt ist und darniederliegt, so ist es doch meine Hoffnung, daß der Hauch der Gnade wehen und Euch alle stärken wird.

Kurz, bemüht Euch mit aller Kraft, in größter Liebe und Harmonie mit allen Nationen und allen Religionen der Welt verbunden zu sein. Bis jetzt fehlt es noch an der richtigen Ordnung in allen Ländern; manche Briefe kommen an und andere wieder nicht. Deshalb haben wir als einzigen Weg für die Korrespondenz angeordnet, daß alle deutschen Freunde ihre Briefe an den geehrten Konsul Schwarz senden sollen. Diese Briefe werden in Englisch übersetzt und per Post abgeschickt. Auch die Rückantwort wird wieder durch ihn gehen.

Tag und Nacht bete und flehe ich zum himmlischen Königreich und erbitte für Euch grenzenlose Gnade und Begünstigung. Euch allen meinen Gruß und meine Botschaft der Liebe.

Mit Euch sei die Herrlichkeit Abha’s,

Haifa, 28. August 1921.

(sig.) Abdul Baha Abbas.

Uebersetzt von Mirza Azizollah Khan S. Bahadur. Haifa, Palästina, 1. Septemb er 1921.

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An die Freunde Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in Deutschland.
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Auf ihnen sei die Herrlichkeit des glorreichsten Herrn!
Er ist Gott!

O Ihr Erwählten im Reiche Gottes!

Bringt Gott dem Herrn Euren heißen Dank dar, der aus dem unsichtbaren Himmel auf den Wolken herabkam auf die Erde und mit dem Lichtglanz der Sonne der Wahrheit den Orient und den Occident erleuchtete. Der Ruf aus dem Gottesreich erscholl, die Herolde des Reichs kündeten die frohen Botschaften der Offenbarung Gottes mit den Hymnen der erhabenen Heerscharen an, und die Welt der Existenz wurde neu belebt und erquickt. Alle Menschen schliefen am Tag der Offenbarung Gottes und des Herabsteigens des Herrn der Heerscharen den Schlaf der Nachlässigkeit, wie es in der Bibel heißt, daß sein Erscheinen gleich dem des Diebs im Hause ist, und der Besitzer des Hauses weiß nichts davon. Er erwählte Euch unter den Menschen; Eure Augen wurden durch das Licht der Führung aufgetan und Eure Ohren wurden hellhörig für den Gesang der höchsten Heerscharen; die Herzen wurden lebendig, und die Seelen erlangten neues Leben und Anteil an den grossen göttlichen Segnungen.

Danket Gott, danket der Hand des großen Wohltäters, die auf Euer Haupt eine diamantene Krone gesetzt hat, deren blitzende Juwelen hell aufleuchten durch Jahrhunderte und Zeitperioden bis in die Ewigkeit hinein; denn der Dank für diese erhabene Führung hebt Euer Sehnen hoch empor und steckt Euren Idealen weite Ziele. Handelt mit Glaubenskraft nach den göttlichen Lehren und bringt Eure Taten in Einklang mit den göttlichen Geboten des Allmächtigen.

Leset die „Verborgenen Worte“, denkt darüber nach und handelt darnach. Mit leuchtenden Augen singt die Tablets von Tarazat und Calemat, Taschaleat, Eschrayat und Bescharat. Macht Euch auf zur Betätigung dieser heiligen Lehren, so daß ein jeder von Euch eine strahlende Kerze und ein brennendes Licht der Gemeinde werde. Strömt wie die Paradiesblumen lieblichen Duft aus, wogt wie der stürmische Ozean und löscht das Kriegsfeuer, gießt wie die Wolken göttliche Gnade herab, singt die Weisen des Reiches Abhas, hißt das Banner des universalen Friedens und gründet die Einheit der Welt der Menschheit. Betrachtet die Religion als Werkzeug der Liebe und Güte für alle Menschen. Schaut alle als die Herde Gottes an und Gott als den gütigen Hirten, der alle seine Schafe weidet und pflegt. Er nährt seine Schafe, führt sie auf die Auen seiner Gnade und tränkt sie am Quell der Barmherzigkeit. Dies ist die Weisheit Gottes, dies ist die Gnade des Höchsten, dies ist die Einheitlichkeit der Welt der Menschen, dies ist eines der göttlichen Gesetze.

In Kurzem werden die Tore der grossen Verleihung geöffnet werden, die göttlichen Worte werden offenbar, und das Licht der Wahrheit scheint in unbegrenztem Segen. Schätzet den Wert der Zeit, bestrebt Euch mit ganzer Seele, und begeistert Euch, damit das dunkle Universum hell erleuchtet und diese Welt voll Beschränkung und Düsterkeit weit und licht werde, daß diese vergängliche Stätte des Staubs sich in die Wiederspiegelung des unvergänglichen Paradieses wandle, und diese irdische Welt einen Anteil von der Gabe des Barmherzigen erhalte. Die Feindschaft soll ausgerottet und die Ursache der Entfremdung[Seite 123] beseitigt werden; das Gebäude der Einheit soll errichtet werden, damit der gesegnete Baum der Menschheit seine Schatten über den Orient und Occident werfe und über dem Zelt der Welt der Einheit das Banner der Liebe und Zuneigung wehe, so daß die Wogen des Ozeans der Geistigkeit sich zur höchsten Höhe erheben. Das Universum soll das Paradies Abha’s werden, und die Blumen und Pflanzen der allergrößten Gnade sollen keimen und grünen. Dies ist das Testament Abdul Bahas.

Ich erhoffe von der Gnade des Herrn der Heerscharen, daß er der Anlaß der Erleuchtung und Vergeistigung der Menschheit werde und die Herzen der Menschen mit dem Band der Liebe verknüpfe, daß er den Totem in den Gräbern der Selbstsucht und Geistesträgheit Leben verleihe durch die Macht des Wortes Gottes, daß er den Blinden durch das Emporsteigen der Sonne der Wirklichkeit Sehkraft schenke und göttliche Heilung den geistig Erkrankten gebe. Solche Hoffnung hege ich von der Gnade des Allmächtigen.

Maine Gedanken sind stets mit Euch beschäftigt, und ich rede viel von Euch, ich erflehe vom Herrn des Königeichs, daß er auf Euch alle Seinen Segen sende und alle Herzen belebe, Freude und Begeisterung den Seelen spende und Euch gegenseitig Sympathie und Ergebenheit gewähre.

Auf Euch allen sei die Herrlichkeit des Allerhöchsten!

O mein gnädiger Gott, diese Seelen haben den Ruf zu Deinem Königreich vernommen und haben das Licht der Sonne der Wahrheit .erkannt, sie sind hingeeilt in die lebengebende Atmosphäre der Liebe; sie sind Anbeter Deines Angesichts und angezogen von Deinem Wesen; sie sehnen sich nach Dir und wenden ihre Achtsamkeit Dir zu; sie dürsten nach Deinem Brunnen und sind stets bemüht, Dich zu erwähnen und Deinem Namen zu nennen.

Du bist der Geber aller Gaben, Du bist der Verzeihende, der Gütige.

(sig.) Abdul Baha Abbas.

20. August 1919.

Ueberbracht und übersetzt von Mirza Azizollah Khan S. Bahadur.

Stuttgart, Oktober 1919.


Ansprache von Abdul Baha an eine große Versammlung von orientalischen Gläubigep am 15. januar 1914.
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(Ans den Tagebuchblättern von Ahmad Sohrab, Haifa.)

„Ihr seid mir alle willkommen! Heute abend möchte ich zu Euch über eine sehr wichtige Sache sprechen, die Ihr Euch in Bildern in Eure Herzen wie auf diamantharten Fels schreiben sollt, so tief, daß Ihr es nie wieder vergeßt und Ihr auf Eurem Lebensweg den Gläubigen Gottes davon berichten könnt. Es ist folgendes: Die heiligen, göttlichen Manifestierten (die Offenbarer Gottes) sind in ihrem Wesen einzigartig und unvergleichlich. Sie sind unvergängliche Vorbilder (wie aus Erz) der göttlich- geistigen Tugenden in ihrem Zeitalter und Zyklus. Sie stehen auf dem höchsten Gipfel der irdischen Erscheinungen und bedeuten die vollkommene Stufe der sich entwickelnden Menschheit. Beispielsweise war zur Zeit Moses — Friede sei mit ihm — nicht eine einzige menschliche Seele ihm ähnlich oder vergleichbar. Er stand auch über allen, die nach ihm kamen, selbst über späteren, alttestamentlichen Propheten. Ebenso standen alle Menschen, die im Zyklus Jesu Christi lebten, weit hinter seiner geistigen Autorität zurück. Er war die Sonne, und die anderen waren nur wie Lampen. Er war einzigartig und unvergleichlich, der Mittelpunkt und Brennpunkt mächtiger Kräfte. Jeder Mensch stand unter seinem (geistigen) Schatten. Er bildete den Mittelpunkt, um den sich der Kreislauf der Sterne bewegte. Jedermann nahm seine Lichtstrahlen auf und war erleuchtet durch seinen Glanz. In[Seite 124] ähnlicher Weise verhält es sich mit der Epoche S. H.*) des Bab — möge mein Leben auch für ihn ein Opfer sein! Auch er war unvergleichlich und einzigartig. Alle Ströme erhielten ihre Kraft von diesem großen Meer. Und endlich stehen im Zyklus Baha’o’llahs, der „Gesegneten Vollkommenheit“ — möge mein Leben ein Opfer für seine Gläubigen sein — Alle unter seinem Schutz. Er ist der Einzigartige und Unerreichte bis zur nächstfolgenden großen Offenbarung. Es ist jedoch nicht bestimmt, ob es 1000 Jahre, 2000, 10 000 oder 20 000 Jahre bis dahin sein werden. Doch ist es sicher, daß für die nächsten 1000 Jahre keine Manifestation erscheinen wird. In den nächsten tausend Jahren wird keine neue (gei stige) Sonne aufgehen. Alle Erscheinungen werden unter dem Schatten dieser größten Erscheinung stehen, sie werden wie Sterne der Führung sein. Alle werden sich sammeln um diesen Lebensborn; alle werden erleuchtet werden von den Strahlen dieser Sonne; alle werden einen Anteil und Erbteil aus diesem unermeßlichen Reichtum erhalten. Alle werden unter diesem lebenspendenden Lufthauch und unter den Strömen dieses Regens stehen. Merkt Euch folgendes: S. H. der Bab verkündigte die frohen Botschaften vom Kommen des großen Gottesoffenbarers und S. H. „die Gesegnete Vollkommenheit“ war der Verkündiger für alle Nationen und Religionen, Der Bab war der Morgenstern, das Morgenrot, der das glorreiche Aufgehen der Sonne der Wahrheit verkündigte. Wir stehen nun alle unter seinem Schutz und erhalten die herrlichen Gaben von ihm. Ich bin Abdul Baha und nichts weiter. Ich bin unzufrieden mit dem, der mich mit einem anderen Titel ehren will. Ich bin der Diener an der Schwelle der „Gesegneten Vollkommenheit“ und ich hoffe, daß meine Dienste angenommen werden. Kein anderer Name außer dem genannten kann mir gefallen. Abdul Baha bin ich und nichts weiter. Kein Mensch soll mich anders ehren außer mit dem Namen Abdul Baha (Diener Gottes).

Die Gesegnte Vollkommenheit und der Bab sind einzig und unvergleichlich in diesem Zyklus der Gottesoffenbarung bis zur nächsten Manifestation. Der Glaube, die Ansicht und die Gedanken aller Gläubigen müssen sich um diesen gemeinsamen Mittelpunkt drehen.

Die Einheit des Glaubens muß völlig verwirklicht werden, damit in Zukunft keine Uneinigkeiten mehr entstehen. S. H. der „Bab“ ist der Morgen der Führung, die „Gesegnete Vollkommenheit“ ist der Ersehnte aller Religionen und Nationen, und wir alle stehen unter seinem gesegneten Schutz. Wir alle sind Diener an seiner hl. Schwelle. Wir alle sind seine Knechte, demütig, ergeben und schwach. Wir alle empfangen Licht von dieser Sonne der Wirklichkeit. Es gibt keinen andern Namen, keine andere Eigenschaften, die ihm gleich wären. Ich bin Abdul Baha. Die Gläubigen müssen mit dieser Erklärung zufrieden sein, auf daß ich mit ihnen zufrieden sei. Alle Freunde müssen in dieser Sache einig gehen. Gelobt sei Gott, daß bis heute durch die Gnade und Vorsehung der „Gesegneten Vollkommenheit“ kein anderer Titel, keine andere Benennung als Abdul Baha weder von meiner Zunge noch von meiner Feder geflossen ist. Ich hoffe, daß alle Gläubigen mir darin folgen werden, damit ich mit allen zufrieden sein kann. Unser höchstes Ziel muß es sein, daß wir darin bestätigt werden, nur einige schwache Dienste auf dem Pfade Gottes leisten zu können. Es gibt keine höhere Stufe als diese.

Nach dem Scheiden der „Gesegneten Vollkommenheit“ aus dieser Welt und bis zum Kommen der nächsten Manifestation gibt es keine andere Stufe als die des reinen und unbedingten Dienst es. Nicht ein Scheindienst, sondern ein unbedingter und unbeschränkter Dienst ist die wahre Tat. Wer eine andere Auslegung gibt, mit dem bin ich nicht zufrieden. Dies ist mein Rat an Euch. Dies ist mein Bescheid für Euch. Dies ist mein Bündnis und mein Vermächtnis an Euch. Dies ist mein Wunsch! Dies ist meine Freude! Dies ist mein letztes Vermächtnis an alle Gläubigen Gottes! Der Balsam für meine Wunden ist der Dienst an d. hl. Schwelle.**) Das Mittel gegen meine Schmerzen ist der Dienst an d. hl. Schwelle. Meine höchste Bestimmung ist Dienst an der hl. Schwelle. Mein erhabenes Paradies ist Dienst an der hl. Schwelle. Mein geistiger


*) Seine Heiligkelt. **) Hl. Schwelle ist ein vielgebrauchter Ausdruck in der Bahailehre und bedeutet soviel wie Thron Gottes.

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Tempel ist Dienstbarkeit an d. hl. Schwelle. Die leuchtendste Krone ist der Dienst an der hl. Schwelle. Welches Diadem ist strahlender als der Dienst an der hl. Schwelle? Welche Ehre ist größer als der Dienst an der hl. Schwelle? Ich hoffe, daß Euch alle beigestanden werde in diesem Dienste. Ich hoffe, daß ein jeder von uns bestätigt werde in völliger Ergebenheit und Demut an der hl. Schwelle. Dies ist das entzückende Paradies der Rechtschaffenen! Dies ist der höchste Wunsch der Gläubigen! Dies ist der Zenith der Hoffnung der Begnadeten!“


Aus Tablets von Abdul Baha.
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(Mitgeteilt von Ahmad Sorab.)

O Ihr Freunde Gottes und Helfer Abdul Bahas!

„Was kann ich schreiben oder sagen? Was im Herzen ist, kann nicht in Worte gekleidet oder auf Papier geschrieben werden, und was in Sätze geformt wird, kann die tiefsten Gefühle des Herzens und Gemüts nicht ausdrükken, darum rufe ich Euch zu: O Ihr wahren Freunde! Kehrt mir den Spiegel Eurer Herzen zu! Die Strahlen des Lichts werden dann in die Tiefen Eurer Herzen fallen, und die Gefühle der Sehnenden werden klar und offenbar werden in allen Religionen.“

„Die Welt ist dunkel! Der göttliche Horizont ist erhellt. Die Dunkelheit muß in Licht verwandelt werden, und diese enge, dunkle Sphäre muß in eine erleuchtete, unbegrenzte Ebene verwandelt werden. Der Körper der Welt ist ein Leichnam, er muß zu neuem Leben erweckt werden. Er ist fahl und farblos; er muß zu neuer Frische und neuem Blühen gebracht werden. Er ist am Erlöschen, er muß neu entzündet werden; er ist der Schauplatz der Feindseligkeit und des Hasses; er muß zum Erscheinungsort der Liebe und Freundschaft werden. Er ist die Geburtstätte des Streites; wir müssen ihn zum Mittelpunkt der Einigkeit machen. Er ist der Ort der Auswirkung der niederen Eigenschaften; wir müssen ihn zum aufstrebenden Körper des unvergänglichen Glanzes machen. Den Fremden müssen wir Freundschaft erweisen; die Achtlosen müssen wir aufmerken lernen; die Feinde müssen wir lieben, und den Hassenden müssen wir Güte erzeigen. Wir müssen flammenden Fackeln gleich werden und eine Bewegung schaffen ,die diese verdunkelte Welt erleuchtet. All dies hängt von den Anstrengungen der Freunde und den Opfern der Geliebten ab.“

In einem anderen Tablet sagt Abdul Baha:

O Du Diener des Allmächtigen!

„Bitte Gott, daß Dir in dieser Welt, die unter ihren Schmerzen und ihrem Elend stöhnt, ein Atemzug der Ruhe vergönnt sei und Du in dieser von Sorgen überbürdeten Welt Friede erlangen mögest. Diese Bestätigung (die Lehre) wird nicht entschleiert werden und diese Gnade wird die Vereinigung der Herzen nicht schmücken, wenn sie sich nicht von allem außer Gott trennen und ihre ganze Aufmerksamkeit nicht dem Königreich Gottes zuwenden. Diese Trennung vom Irdischen wird nur durch die Anziehung des Geistes Gottes und durch die Entzündung mit dem Feuer der Liebe möglich. Diese Anziehung und diese Begeisterung wird sich nicht verwirklichen, wenn man nicht die Sache Gottes lehrt und Standhaftigkeit und Treue im Bündnis und im Testament Gottes hält. Ueber dir sei Baha und über einem jeden, der sich von dieser Welt trennen kann, der angezogen und entzündet ist von der Liebe Gottes, die Botschaft andern übermittelt, und selbst fest und entschlossen in der Sache ist. — — —“[Seite 126]

O Ihr, die Ihr durch den Kelch des Getreuen belebt seid! "Ihr wiinschet einen bedeutenden Dienst an der Schwelle des Allmächtigen zu vollbringen. Glücklich seid Ihr, die Ihr mit diesem lobenswerten Ziel in der Lehre befestigt seid. Heute sind heilige Begeisterung und Entzündung durch das Feuer der Liebe Gottes. Anziehung durch den Geist Gottes und Vereinigung im Dienste Gottes die wahren Bahai-Dienste.“

„Sei du eine glühende Fackel und wirf auf alle Menschen, die Dich umgeben, Deine Strahlen. Entzünde das Feuer der Liebe und verbrenne allg verdunkelnden Schleier. Zeige jedem geistige Freude und Zufriedenheit und offenbare eine barmherzige Natur und Geistesbeschaffenheit. Befreie das Menschengeschlecht aus seinem Gefängnis und leite es zum Hof der göttlichen Führung.“


Der Maschrak-El-Azkar oder der Universale Tempel.
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(Aus Mirza Shogi Rabbanis Tagesberichten vom 8. Juni 1919.)

Das unvergängliche Monument des Maschrak-El-Azkars in Ischkabad, seine Vollkommenheit, seine Wichtigkeit und seine einzigartige Bauweise, war das Hauptthema unserer Unterredungen und der Punkt, mit dem sich unsere Gedanken hauptsächlich beschäftigen.

Der imposante Bau geht seiner Vollendung entgegen. Sein Dom, groß', weit und leuchtend, ist weithin sichtbar. Der in Gold gemeiselte „Größte Name“, welcher in seiner großen Ausführung in das Auge fällt, widerspiegelt die Strahlen der Sonne. Alle die den Dom umgebenden Gebäude sind fest geplant; es gehen viele von ihnen — wie beispielsweise die Schule für Mädchen, das Waisenhaus, das Empfangsgebäude und das Hospital — jetzt ihrer Vollendung entgegen. Neun reizende Gartenanlagen, unterbrochen von neun breiten Alleen, umgeben den Tempel. In der Mitte eines jeden dieser Gärten befindet sich ein prächtiger Springbrunnen, dessen helle Wasserstrahlen viel zur Schönheit dieses Platzes beitragen. Elektrisches Licht strahlt durch die Bäume, welche mit ihren ausgedehnten Aesten und Zweigen die Springbrunnen überschatten. An diesem kühlen und lieblichen Ort versammeln sich die Freunde, um dem allmächtigen Gott ihre Gebete und ihre Lobpreisungen darzubringen. Obgleich der öffentliche Park dieser Stadt groß und imposant wirkt, ist er doch im Vergleich zu diesem Ort öde und leer. Der Reiz und der Zauber der den Tempel umgebenden Gärten übertrifft weit die Schönheit des Stadtparks. Kein Fremder verläßt diese Stadt, ohne diesen unvergleichlichen Ort und den Tempel zu besuchen, und kein Bewohner der Stadt oder sonstiger Passant geht hier vorüber, ohne seine Bewunderung und seine Anerkennung über eine solch außergewöhnliche Reihe von Gebäuden, die so herrlich entworfen, so schön gebaut und so groß angelegt sind, zum Ausdruck zu bringen.

Manch einer macht folgende Bemerkung: „Der Mensch, der dies Gebäude errichtete und die Grundlage zu solch einem Monument legte, muß sicherlich viel Göttliches in sich tragen!“

Die Konstruktion des Tempels, die lieblichen Tempelgärten, die Mannigfaltigkeit und Vollständigkeit der verschiedenen Bauwerke, der geistige Zweck des Ganzen, der edle Charakter seiner Eigentümer, deren Gastfreundschaft, Eifer und gute Führung geben oft den Anlaß, die Gemüter der Menschen zu beeinflussen und sie der heiligen Sache zuzuführen.

Diese Beschreibung machte unser Freund Mirza Mahdi, als er heute nachmittag mit dem Geliebten am Grabe Baha’o’llahs in Akka zusammen war. Als ihn dann der Geliebte über den jetzigen Zustand und den Verkehr dem Freunde in Ischkabad fragte, antwortete er, daß die Freunde entgegen dem Brauch früherer Zeit, nun auch mit Leuten aller Farben, Ansichten und Meinungen und jeglichen sozialen Standes aufs innigste verkehren und sich mit ihnen verbrüdern.

Abdul Baha sagte: „Dies ist der Weg, der beschritten werden muß, denn nur durch intime Verbindung untereinander[Seite 127] werden die Freunde imstande sein, zu lehren und den Samen in die Herzen der suchenden Seelen zu säen. Um den Duft einer Blume einatmen zu können, müssen wir uns solche ganz nahe bringen.“

Sich auf den Maschrak-El-Azkar beziehend, sagte Abdul Baha: „Der Tempel in Ischkabad ist einzig in seiner Art, weil er der erste Bahaitempel ist, der errichtet wurde. In Zukunft werden viele solcher Tempel errichtet werden, aber dieser wird sich immer eines Vorrechts erfreuen. Wenn Seine Beiwerke vollendet sind und alles eingerichtet ist, wenn Gesang und Musik aus ihm ertönen und die lieblichen Klänge die Luft erfüllen, wenn die Gebete, welche zur Zeit der Morgendämmerung und beim Sonnenuntergang in ihm dargebracht werden, zum Throne des Allmächtigen emporsteigen, dann wird die Wirkung, die vom Maschrak-El-Azkar ausgeht, klar und offenbar werden.“

Der Tempel, welcher in den Vereinigten Staaten Amerikas errichtet werden soll, wird von großer Wichtigkeit sein. Sein Eindruck und seine Wirkungen für die Sache werden gewaltig und der Antrieb, der der Bewegung dadurch gegeben wird, ein unwiderstehlicher sein.

Bald wird auch die Stadt Teheran Zeuge von der Grundsteinlegung eines solchen Tempels der Anbetung Gottes sein, denn die vorhandenen Einschränkungen und Hindernisse werden beseitigt werden.

Zum Schluß dieser Ausführung über den Maschrak-El-Azkar dürfte es von Interesse sein, zu hören, daß von den Freunden in Ischkabad eine herzliche schriftliche und mündliche Einladung an den Geliebten erging, in welcher er gebeten wurde, nach Ischkabad zu kommen, um die lang gehegten Erwartungen dieser Freunde endlich zu erfüllen.

(Uebersetzt aus „Reality“ von W. Herrigel.)


Der Pfad, aui dem die Jünger Christi wandelten.
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Eine Rede Abdul Baha’s, gehalten am 11. Juni 1912 in New-York City.

Main Wunsch ist, daß ihr für mich betet, und ich will für euch beten. Der Weg, den wir wandeln sollen, ist der Weg, den die Jünger Christi gingen. Nachdem sich Seine Heiligkeit Christus zum allerhöchsten Paradies erhoben hatte, versammelten sich seine Jünger auf dem Gipfel eines Berges in der Nähe von Jaffa, um miteinander zu beraten, was nun zu geschehen habe. Eine Beratung wie diese, wurde zuvor noch nie gehalten. Sie sagten zueinander: „Jesus Christus wurde gekreuzigt. Er gab sein Leben hin auf diesem Pfade. Er verzichtete auf Ruhe, Bequemlichkeit, irdische Glückseligkeit und Besitztümer, sowie auf seine Angehörigen, und trank den Kelch des Märtyrertums. Er erzog uns, damit wir nach ihm in seiner Sache auftreten möchten. Er opferte sein Leben, damit wir den Baum, den er gepflanzt hatte, begießen möchten. Er unterwarf sich einem grausamen Tod, damit die Saat, die er gesät hatte, von uns gepflegt und erhalten werde. Nun müssen wir ihm freu sein, und wenn wir hiezu bereit sind, dann müssen wir uns erheben, um die Pflichten der Treue zu erfüllen. Falls wir dies aber nicht tun, wird jeder von uns wieder seiner eigenen Hantierung nachgehen und darnach trachten. Ruhe und Bequemlichkeit zu erlangen. Gleich andern Leuten wird dann auch ein jeder von uns seine Häuslichkeit finden; er wird sich einer Familie und des nötigen Lebensunterhalts erfreuen und darnach streben, Ruhm und Macht zu erlangen. Sollen wir dies tun ?“ Sie alle sagten: „Nein! Wir müssen Jesus Christus treu sein. Mit dem Hang zu dieser Welt können wir aber nicht in seine Dienste treten. Entweder, müssen wir für uns selbst leben, oder wir sind in seinem Dienste tätig. Dies ist eine sehr wichtige Sache, aber auch eine Sache, die nicht leicht auszuführen ist; denn vor allem müssen wir uns jeder anderen Beschäftigung enthalten und unsere Familienbande lösen. Dies ist notwendig, weil die Führung, eines Haushalts[Seite 128] und die Familie ein Hindernis-in seinem Dienste ist. Gott erschuf keine zwei Herzen für den Menschen, eines für das Leben in dieser Welt und eines für den Dienst in seiner Sache. Entweder muß ein jeder von uns mit seinen eigenen Angelegenheiten oder im Dienste Christi beschäftigt sein. Sind wir hierin einig? Ja! Der, welcher ledig ist, soll nicht die Pflichten leines Familienhauptes auf sich nehmen; dann wird er frei sein, und kein Hindernis wird sich ihm im Dienste Gottes in den Weg stellen. Ist dies das richtige? Sind wir hierin einig? Ja! Ferner, in dem Pfade Christi wird uns Kampf, Verfolgung, Beschimpfung, Gefangenschaft, Verbannung und Leiden aller Art bevorstehen. Sind wir bereit, dies alles zu erdulden? Antw.: Ja, wir geloben es! Wir müssen ferner unter die Völker der Welt gehen und die frohen Botschaften vom Reiche Gottes verküddigen und die Düfte Christi verbreiten. Wir müssen die Völker unter die Sonne der Wirklichkeit versammeln, damit diese dunkle Welt erleuchtet werde. Sind wir hierin alle einig? Ja!

Dann nahmen sie einander einen Eid ab, schlossen einen Bund miteinander und gingen vom Berg herab, die einen nach dem Osten und Westen, die anderen nach dem Norden und Süden. Auf diese Weise zerstreuten sie sich. Von einigen hat man keine Spur mehr; man weiß nicht, wohin sie gingen oder wo sie starben. Man sagt, einige seien in Indien gestorben.

Unsere wirkliche Stellung ist folgende: Wir müssen der „Gesegneten Schönheit“ (Baha’o’llah) treu sein. Wir müssen bereit sein, unser Leben für ihn hinzugeben. In seinem Dienste müssen wir unsere Bequemlichkeit und alle anderen Verhältnisse opfern. Tun wir dies nicht, dann wird unser Dienst nicht erfolgreich sein. Tun wir dies nicht, dann wird Gott an unserer Stelle andere Seelen erstehen lassen, die sein Werk vollführen. Wir wollen damit sagen, daß wir uns in seiner Sache erheben sollten, ungefesselt durch weltliche Zustände und unbeschwert durch das Gewicht materieller Verpflichtungen. Wir müssen den Faden nach einer Richtung herausziehen, einerlei ob es leicht geht oder nicht. (Dies bezieht sich auf das Suchen des richtigen Fadens beim Entwirren eines verwirrten Garnstranges.) Es gibt viele Fäden; wir werden alsdann den richtigen herausfinden und an uns ziehen.

Deshalb will ich, wie folgt, für euch beten, und ihr müßt für mich beten: „Baha’o’llah! Hier ist dein Diener! Bestätige ihn an Deiner Schwelle! Stärke ihn in der Treue zu Dir! Verleihe ihm Selbstaufopferung! Mache ihn heimatlos und ruhelos! Erfülle sein Herz mit Deiner Liebe, damit er alles andere ausser Dir vergißt, nach keiner andern Gunst trachtet als nach der Deinigen, und daß er alles für Dich opfert!“

Betet in dieser Weise für mich, und ich will für euch beten.

Warnet die Freunde vor übler Nachrede und lieblosem Kritisieren. Sie sollen sich hüten, die Fehler und Sünden der andern zu besprechen, sollen sie vielmehr übersehen. Sobald ihr auch nur eine Spur von Liebe zu Baha’o’llah in einer Seele entdeckt, dann ehret diese Seele unter allen Umständen.


Aus Aulzeichnungen Ahmad Sohrabs.
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(Fortsetzung.)

III.

Indem wir das Wort Gottes lehren, die frohen Botschaften des Königreichs verbreiten, die Botschaft der Einigkeit verkünden und die Flagge des internationalen Friedens hissen, leisten wir eine grundlegende Arbeit für die Bahai-Sache.[Seite 129] Wenn wir gewisse himmlische Vorrechte und geistige Auszeichnungen erhalten, müssen wir dieselben weise mit unseren übrigen Mitmenschen teilen. Die Tatsache, daß wir sie erhielten, ist gleichbedeutend damit, daß wir sie weiterzugeben haben. Indem wir lehren, lernen wir selbst. Wasser, welches nicht fließt, wird stagnieren und verderben, auch wenn es zunächst klar erscheint. Wenn du eine Handvoll Samen hast, mußt du denselben rechtzeitig säen, auf daß du in der Erntezeit einen Ertrag hast. Jetzt ist die Zeit der Saat für das Königreich Abhas. Es kann heute noch nicht geerntet werden. Wir müssen sein wie der kluge Landmann, der früh morges aufsteht und mit keinem anderen Gedanken im Herzen an seine Arbeit geht, als die Saat zu säen. Wir müssen alle den Samen säen, den Baha’o’llah und Abdul Baha uns gegeben haben, und wenn der Vorrat aufgebraucht ist — was ich kaum für möglich halte — so werden die beiden aus ihrer unsichtbaren Schatzkammer ihn rasch ergänzen. Wenn die Saat gesät sein wird, wird die Sonne der Vorsehung scheinen, der Hauch der Gnade wird wehen, der Regen der Milde wird niederfallen. Die Saat wird aufsprossen, und ein liebliches Kornfeld wird emporwachsen, wogend in saftigem, herrlichem Grün. Es wird zur Reife gelangen, die Halme, unter ihrer goldenen Last sanft rauschend, werden beladen sein mit Korn. Dann ist die Zeit der Freude für den Landmann, weil vor seinem Auge das wundervolle Feld ausgebreitet liegt, als Erfolg seiner Arbeit und Mühe. Vor allem müssen wir den Grund legen und dann Mörtel, Steine, Ziegel, Kalk, Werkzeuge herbeibringen und Arbeiter aufstellen, die das Haus bauen. Was für einen Nutzen würden wir davon haben, wenn wir Möbel oder Hausgeräte kaufen würden, ehe das Haus fertig ist? Wie können wir das Dach bauen oder die Wände mit Steinen ausfüllen, bevor nicht das Gerüste des Hauses aufgerichtet ist? Es würde dies eine Kraftverschwendung und eine Zeitvergeudung bedeuten. Ein kluger Baumeister legt zuerst den Grund für das Hans, bringt alle nötigen Materialien zusammen, und dann beginnt er Schritt für Schritt mit dem Bau. Abdul Baha hat uns durch sein Leben, seine Taten und seine Lehren gezeigt und zeigt es uns täglich, daß dieser Aufbau das wichtigste Werk für die Sache Gottes ist.

Die Herbst- und Winterzeit wird für die Versammlungen des Westens bald näher kommen, deren höchste Pflicht es ist, einmütig zusammenzuarbeiten, um die Menschen zu erwecken und den Ruf Gottes überall ertönen zu lassen. Wenn sie dem Beispiel des göttlichen Landmanns in der kommenden Jahreszeit folgen, so werden sie fraglos eine große Ernte im nächsten Jahr einheimsen. Sie werden den Wiederschein ihrer frohen Gesichter in dem Spiegel des Königreichs sehen, und sie werden ihre Namen in dem Herzen unseres geliebten Meisters mit der Feder des Lichts eingeschrieben finden. Die Freunde in ganz Amerika und Europa sehnen sich darnach, der Sache zu dienen. Gepriesen sei Gott, daß ihre Absichten der Menschenliebe entspringen, daß ihre Ideen erhabene sind, daß ihre Liebe für den Mittelpunkt des Bündnisses eine offensichtliche ist, daß ihr Drang, das Licht der Sonne der Wirklichkeit zu verbreiten, augenscheinlich und ihre geistige Empfänglichkeit warm und rein ist. Sie sind die Diener der ganzen Menschheit und das Gold des Königreichs Abhas! Mögen sie gestärkt werden, um die Sache mit neuem Eifer und neuer Begeisterung zu lehren!

In einem Tablet, welches der Meister vor mehreren Jahren kundgab und welches auf die obigen Ausführungen bezogen werden kann, sagt er:

„Die Gläubigen müssen mit der äussersten Festigkeit und Standhaftigkeit sich bemühen, die Sache zu lehren. Sie müssen einig sein und mit einander übereinstimmen. Sie sind alle Tropfen eines Stromes, Wogen einer See, Düfte eines Gartens, der Strom aus einer Quelle. Sie sind Vögeln gleich, die sich zu einem Gipfel erheben, Hyazinthen, welche einen Park schmücken; sie sind trunken vom gleichen Wein und ihre Herzen sind entzückt durch eine Melodie.

Es ist zu hoffen, daß die Freunde geheiligt werden und erhaben über alle irdischen Zustände, daß sie leben in Eintracht, in Harmonie, in Einigkeit, in der Ruhe des Herzens, in der Einheit der geistigen Stufe, in der Einigkeit[Seite 130] der Ansichten und in der Eintracht der Gedanken, ein Beispiel für die Gläubigen anderer Länder, als geistige Leiter dieses Schauplatzes des irdischen Lebens. Jetzt müssen alle Ziele auf einen Punkt gerichtet sein und alle Bemühungen auf einen Gegenstand konzentriert werden, und das ist die Verbreitung der Wohlgerüche des Gnadenreichen und die Ausbreitung des Wortes des Allmächtigen. Wenn jeder einzelne dieses Ziel im Auge hat und verfolgt, so wird er zweifellos ein Kind des Lichtes werden. Wenn aber jemand andere Gedanken als diese hegt, so wird er es sicher noch bereuen.

Zur Zeit der Saat kannst du keine Ernte einbringen und solange du bewässern mußt, ist ein Sammeln undenkbar. Wer während der Sommerzeit Bäume pflanzen wollte, würde hievon keinen Dank haben, denn das ist die Zeit, Früchte zu sammeln und nicht die Zeit, Bäume zu pflanzen. Kurz gesagt: Während der Zeit dieses göttlichen Frühlings müssen wir alle unsere Zeit mit Säen und Bewässern zubringen und nicht mit Ernten und Einbringen der Frucht.“


Aus dem Leben und den Lehren Abbas Effendis.
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(Von Myron H. Phelps.)
2. Kapitel.*)

Um Abbas Effendi beim Leser einzuführen habe ich im 1. Kapitel meines Buches Charakterzüge von ihm erzählt, die ungewöhnlich sind und besonders die Aufmerksamkeit auf ihn lenken. Diese Eigenschaften sind nur der Ausfluß einer starken, sich im Ebenmaß bewegenden und ganz ausgeglichenen Natur, die in allen ihren Zügen beachtet werden solite. In den mannigfaltigen Beziehungen zum Leben, wenn die Umstände es fordern, kann er ebenso entschlossen, ernst, unnachgiebig als zart und mitleidsvoll sein. Seiner großen Familie ist er ein festes und achtsames Oberhaupt und nichts desto weniger ein gütiger Vater und zärtlicher Gatte. Im Verkehr mit den Menschen ist er kraftvoll und männlich, mit einem starken und klaren Intellekt, einem tiefen Scharfsinn und einer hohen Intelligenz. Unter seinen Leuten ist er der Vollstrecker, der Verwalter, der Organisator der Angelegenheiten der großen: Lehre.

Prof, Brown, der Akka i. J. 1890 besuchte, beschrieb ihn anschaulich, wie er ihn zu jener Zeit sah (A Travellers Narrative, Einführung Seite 36) wie folgt:

„Es ist mir selten jemand begegnet, der auf mich einen so tiefen Eindruck gemacht hätte. Ein schlanker, doch stark gebildeter Mann, der sich Pfeilgerade hält in weißem Turban und Gewand, lange weiße bis zur Schulter reichende Locken, eine hohe, mächtige Stirne, die einen starken Intellekt verrät, der sich mit einem unerschütterlichen Willen verbindet, klare Augen wie ein Falke, und ernst gezeichnete, doch edle Gesichtszüge — dies war mein erster Eindruck von Abbas Effendi „dem Meister“ wie er als Auszeichnung von den Babisten genannt wird. Eine darauf folgende Unterredung mit ihm erhöhte nur die Hochachtung, die mir seine Erscheinung zuerst einflößte. Eine größere Sprachgewandtheit, passendere Illustrationen, eine genauere Kenntnis der hl. Schriften der Juden, Christen und Mohammedaner ist, glaube ich, sehr schwer zu finden, selbst bei der beredten, gewandten, klugen Rasse, der er angehört. Diese Eigenschaften, verbunden mit einem Auftreten, das zugleich majestätisch und genial ist, ließen mich nicht mehr verwundert sein über den Einfluß und die Hochachtung, die er selbst im Kreise der Anhänger seines Vaters genießt. Ueber die Größe dieses Mannes kann keiner, der ihn gesehen hat, irgend welche Zweifel hegen.“ Die höchste Wertschätzung des Charakters von Abbas Effendi kann aber aus den Ereignissen in seinem Leben geschöpft werden, wovon ich nun eine kurze Beschreibung, folgen lassen will. Die Geschichte wurde durch Behiah Khanum seiner Schwester, wie folgt, erzählt:

„Mein Bruder Abbas Effendi; jetzt unser Herr, wurde im Frühling 1844 in Teheran geboren, um Mitternacht des darauffolgenden

*) Kapitel 1 des Phelpschen Buches ist im Heft III erschienen; das Buch kommt demnächst im Bahai- Verlag heraus.

[Seite 131]

Tages, an dem abends sich der Bab erklärte. Ich bin drei Jahre später geboren. Er war 8 und ich 5 Jahre alt, als im August 1852 der Anschlag auf das Leben des Schah von Persien durch einen jungen Babisten verübt wurde, der in unbeherrschtem Fanatismus sein geistiges Gleichgewicht verloren hatte. Die darauffolgenden Ereignisse sind mir in lebhafter Erinnerung. Meine Mutter, Abbas Effendi, ich und mein jüngerer Bruder, ein Säugling, waren damals in Teheran. Mein Vater war vorübergehend auf dem Lande.

Die versuchte Ermordung rief großen Aufruhr und Erregung in der ganzen Stadt hervor. Nach allen Babisten wurde gefahndet und wenn sie gefunden waren, wurden alle arretiert. Eine Rotte plünderte unser Haus und raubte die Einrichtungsgegenstände. Meine Mutter floh mit uns ins Haus einer Schwester väterlicherseits (Tante), deren Gatte ein Regierungsbeamter war; doch als sie sah, welche Gefahr ihre Anwesenheit mit sich brachte, wollte sie keinesfalls ihre Verwandten einer solchen aussetzen und kehrte in ihr Heim zurück.

Dort suchten wir die Gerätschaften zusammen, die uns von der Volksmenge zurückgelassen worden waren und wohnten in einem Zimmer, das außer dem allernotwendigsten völlig ausgeraubt war.

Mein Vater wurde, wie meine Mutter von einem Diener erfuhr, der bei ihm war, als er arretiert wurde, nicht lange nachher in die Stadt gebracht und in Ketten mit vielen anderen Bahai in ein unterirdisches Gewölbe eingekerkert. Sie waren in Gruppen mit schweren Ketten um den Hals aneinander gefesselt. Er erwartete als ihr Führer als erster getötet zu werden, doch wurde er zurückbehalten für grausamere Leiden, indem er zum Zeugen der aufeinanderfolgenden Torturen und des Todes seiner Gefährten im einzelnen gemacht wurde.

Täglich wurde einer oder mehrere zu diesem Schicksal bestimmt, und die anderen blieben zurück, bis die Reihe nächsten Tages an sie kommen sollte.

Indessen hörten wir täglich das Schreien des Pöbels, wenn ein neuer Gefangener gemartert oder hingerichtet wurde und wußten nicht, ob dies Opfer nicht vielleicht unser Vater sei. Täglich ging die Mutter zum Haus ihrer Tante, um Nachrichten über ihn zu erhalten und blieb gewöhnlich den ganzen Tag dort in Erwartung, daß Stunde um Stunde Nachricht kommen möchte. Dies waren endlos lange und schreckliche Tage für meine Mutter, die jung und an die Sorge nicht gewöhnt war.“

(Fortsetzung folgt.)


Quäkertum und Bahaitum.
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Daß der Name „Quäker“ für die „Gesellschaft der Freunde“ (Society of friends) eigentlich ein Spottname ist und soviel wie „Zitterer“ bedeutet, ist wohl allgemein bekannt. Durch die Kinderspeisungen, die die Quäker in der letzten Zeit überall bei uns ins Leben riefen und deren Wohltat sich viele unserer unterernährten Kinder erfreuten, sind diese Leute und ihre Bestrebungen auch in solchen Kreisen bekannt geworden, wo man bisher nicht viel mehr von ihnen wußte als ihren sonderbaren Namen. Da dies Quäkertum nach seinem ganzen Wesen viel Aehnlichkeit mit dem Bahaitum hat — man hat ja schon die Bahai die Quäker des Orients genannt — so ist es jedenfalls von Interesse, Näheres über die „Society of friends“ zu erfahren.*)

Die Quäker gehören einer religiösen Richtung an, deren Anfänge in das 17. Jahrhundert zurückgehen und die, wie die meisten sektiererischen Bewegungen, in England ihren Anfang genommen hat. Die Reformation war dort nicht vollständig durchgedrungen. Sie hatte eine bischöfliche Kirche geschaffen, die im Kultus sehr viel Katholisches beibehalten hatte (die sog. englische Hochkirche). Neben ihr bildeten sich dann freiere Richtungen, die bestrebt waren, die Kirche von allem katholischen Wesen gründlich zu reinigen; man hieß sie die Puritaner. Sie wurden aber von der herrschenden Kirche nicht geduldet und erlangten keine Gleichberechtigung mit der Staatskirche. — Entschiedener als in England hatte sich in Schottland der Bruch mit dem alten Kirchenwesen vollzogen. Dort wurde an die Stelle der kathol. Kirche die presbyterianische nach dem Vorbild Calvins (dem Genfer Reformator) gesetzt. In ihr bildete in der Einzelgemeinde das „Presbyterium“ die entscheidende Behörde und in der Gesamtkirche die aus den

*) Vergl. Württ. Schulwochenblatt 1921, 28 und Ernst Kalb, Kirchen und Sekten der Gegenwart.


[Seite 132] Presbyterien hervorgegangene „Generalsynode“. An Unduldsamkeit gegen Andersdenkende gab sie aber der bischöflichen Kirche nichts nach. Der politische und religiöse Druck steigerte sich unter den Stuarts derart, daß es zur Revolution kam, in deren Verlauf eine neue religiöse Richtung aufkam, die noch viel weiter ging als die Presbyterianer; das waren die sog. Independenten, d. h. die Unabhängigen. War die englische Staatskirche ihrem Geiste nach monarchisch und die presbyterianische Kirche aristokratisch, so war diese neue Richtung durchaus demokratisch. Bei ihr gab es keine Gesamtkirche, sondern nur Einzelgemeinden, und in ihr entschied kein Presbyterium, sondern die Gesamtheit der Kirchenglieder. Die Frömmigkeit der Independenten war im ganzen schwärmerischer Art, aber sie zeichneten sich aus durch Toleranz gegen Außenstehende. Ihr hervorragendster Vertreter war Oliver Cromwell, der im Namen der politischen und religiösen Freiheit das Königtum stürzte, das presbyterianisch gesinnte Parlament auflöste und sich selbst an die Spitze des englischen Staatswesens schwang.

Aus dieser politisch-religiösen Bewegung und Gärung heraus ist das Quäkertum entstanden. Es beruht eigentlich auf dem Täufertum und wurde begründet durch Georg Fox, einem einfachen Schuhmacher, der schon mit 19 Jahren, von einer schwärmerischen aber aufrichtigen Frömmigkeit ergriffen und unbefriedigt von dem herrschenden Kirchentum lehrend und predigend durch England zog, dabei immer betonend, daß der Geist es ist, der lebendig macht, nicht der Buchstabe. „Es ist nicht die Schrift, es ist der Geist!“ ruft er in der Kirche zu Nottingham dem predigenden Geistlichen zu. Er bekämpfte alles äußerliche Wesen in der Religion und drängte auf Innerlichkeit, auf wirkliche Herzensfrömmigkeit. Der Christus in uns, der Geist, das innere Licht ist bei ihm der Mittelpunkt alles religiösen Lebens und Erlebens. Kirche, Geistlichkeit, Kultus, alle äußeren Einrichtungen sind ihm nebensächlich; das neue Leben durch den Geist Christi ist ihm das Wichtigste. In seiner religiösen Schwärmerei - hatte er vielfach Visionen, er verfiel in Zuckungen und Erschütterungen, die schließlich auch bei seinen Anhängern auftraten und ihnen den Spottnamen Quäker (Zitterer) eintrugen. Trotz heftiger Verfolgung ‚Peinigung und Einkerkerung ließ er sich in seiner religiösen Begeisterung und Ueberzeugung nicht erschüttern, und gerade diese Festigkeit gegenüber allen Anfeindungen, sowie die Lauterkeit und Aufrichtigkeit seines Wesens verschaffte ihm einen ungeheuren Anfang. In seinem engeren Freundeskreis zeigte Sich allerdings anfänglich ungesunde Schwärmerei, exaltierte Gefühlsaufwallung und falsche Messiashoffnung — ist doch einer seiner Freunde, James Nayler, als neuer Messias in feierlichem Zug in Bristol eingezogen — aber die Bewegung lenkte doch bald in ruhigere Bahnen ein und wurde von Fox auf seinen Reisen durch England, Schottland, Deutschland, Westindien, Nordamerika immer besser organisiert. Die Einrichtung, die er in seiner Gemeinschaft gab, ist eine durchaus freie. Es gibt keine Kirchen und keine Geistlichen. Die Freunde kommen am Sonntag in einem Versammlungslokal zusammen; wenn über irgend einen der Geist kommt, so redet er, wenn nicht, so entfernt sich die Gemeinde wieder in aller Stille. Der Geist, das innere Licht, ist also den „Freunden“ die höchste Autorität. Von jedem wird ein Wandel verlangt, der unbedingt Ernst macht mit dem. Willen Jesu. In seinem Geist soll das Leben gestaltet werden — auch da, wo die herrschende Meinung und Sitte ihm entgegensteht. Deshalb trat Fox auch für ein Leben in Liebe und Frieden zwischen den Einzelnen und den Völkern ein, forderte und übte selbst Barmherzigkeit und Milde gegen Unterdrückte und Verirrte. Er hatte ein Herz für alle Menschen, ohne Unterschied der Nation, der Konfession und der Rassenzugehörigkeit; er hat sich deshalb namentlich auch für die Sklavenbefreiung in Amerika eingesetzt. Sein Hinscheiden im Jahr 1690 wurde darum von vielen Millionen betrauert; in ihm war einer der Großen im Reiche Gottes von dieser Erde gegangen. Doch sein Geist wirkte fort in seinen Schülern.

Einer der hervorragendsten war William Penn. Wohl besaß er nicht die Kraft, die Tiefe und Ursprünglichkeit seines Meisters, aber er hatte ein großes Organisationstalent und wußte namentlich auch in höheren Kreisen, bis zum königlichen Hof hinauf, seiner Sache Gehör zu verschaffen. Von König Jakob II. erhielt er einen großen Landstrich in Nordamerika, dem er den Namen Pennsylvanien gab und den er zu einem Staat auf den Grundlagen des Evangeliums, zu einem Gottesreich auf Erden gestalten wollte. Ohne Machtentfaltung, ohne Zwangsmittel, ohne Militär, ohne Polizei, ohne Strafgesetzbuch, ohne Gefängnisse und andere Strafen sollten die Freunde hier zusammenleben. „Ein heiliges Experiment“ hat er diese Einrichtung, die ganz auf dem Vertrauen auf das Gute im Menschen gegründet war, genannt. Leider mußte aber auch dieser große Idealist die Erfahrung machen, daß er den Menschen zu viel zutraute. Sein Experiment ist nicht gelungen, und bittere Erfahrungen sind ihm nicht erspart geblieben. Aber trotz des Mißlingens hat sein Staat viel Gutesgebracht. Da in ihm volle Religionsfreiheit[Seite 133] herrschte, so wurde er ein Zufluchtsort für religiös angelegte Menschen, die in ihrer Heimat ihres Glaubens nicht leben konnten, und zwar aus allen Nationen, auch für Deutsche; und es darf mit besonderer Freude darauf hingewiesen werden, daß gerade deutsche Quäker in der Stadt Germantown es gewesen sind, die im Jahr 1688 unter Führung von Franz Daniel Pastorius zum erstenmal in der Weltgeschichte nen flammenden Protest gegen die Sklaverei erhoben haben. Auch den Indianern, den Ureinwohnern Nordamerikas, die sonst von den eindringenden Europäern nur harte Bedrückung, Ausbeutung und schreiendes Unrecht zu erfahren hatten, ist Penn mit aller Liebe als Freund und Vater entgegengekommen.

Das Quäkertum, dem auch Verweigerung des Eids und des Kriegsdienstes eigen ist, hat keine große Ausdehnung gewonnen. Es hat sich gezeigt, daß innere Kraft und Lauterkeit der Gesinnung — ursprünglich nur auf kleinere Kreise beschränkt — sehr schwer auf die Allgemeinheit zu übertragen sind. Aber an dem Grundsatz ihres Gründers, in allen Dingen unbedingt Ernst zu machen mit dem Willen Christi, haben die Quäker festgehalten. Sie waren und sind in Amerika und England für jede Art von Fortschritt zu Gunsten der bedrückten Menschenklassen eingetreten: für eine Besserung des Gefängniswesens, für geistige und materielle Hebung der Industriearbeiter, für den Weltfrieden, für Beseitigung des Kriegs, für Gleichberechtigung aller Menschen. Das wichtigste Verdienst, das sie sich erworben haben, ist wohl die Abschaffung der Negersklaverei.

Während des Kriegs haben die Quäker zu denjenigen gehört, die — als überzeugte Pazifisten — gegen den Krieg und Völkerhaß Einspruch erhoben haben, einfach deshalb, weil dies gegen das Gebot Christi ist. Viele von ihnen mußten ihre Ueberzeugungstreue mit Gefängnis büssen; das konnte sie aber nicht von ihrem Glauben und ihren Grundsätzen abbringen. Jetzt sind sie darauf aus, das Los der durch den Krieg so hart betroffenen Völker soweit es in ihren Kräften stehst, zu lindern, und diesem Zweck dient auch die „Quäkerspeisung“. Damit geben sie — ohne jedoch ihr Nationalitätsbewußtsein aufzugeben — den Beweis allgemeiner Menschenliebe, schlagen eine Brücke zur Verständigung und Versöhnung der Völker und zeigen, wessen die Menschheit fähig wäre, wenn sie sich streng und rückhaltlos an die Lehre Christi, deren Quintessenz das Gebot der Liebe ist, halten würde.

Dieses Gebot der allgemeinen Menschenliebe, die Forderung der Gleichachtung und Gleichberechtigung aller Menschen, der weitgehendsten Duldung gegen Andersgläubige, der Beseitigung des Völkerhasses, des Kriegs und Streits zwischen den Nationen, des Haders und der Anfeindung der Konfessionen und alles selbstischen, lieblosen Wesens wurde von Baha’o’llah wieder neu unter die Menschheit getragen, weil bei vielen das so gut als vergessen war und die bestehenden Religionen statt gemeinsam in diesem Sinne auf die Menschen einzuwirken, sich gegenseitig befehdeten und vielfach in Dogmen glauben das Wesen der Religion erblickten. Insofern besteht also sicher eine Verwandtschaft zwischen Quäker- und Bahaigeist. Aber die Bahailehre faßt diese Gedanken noch tiefer, allgemeiner, universaler; sie kann deshalb auch nicht als eine sektiererische Bewegung angesehen werden, ähnlich der der Quäkerbewegung; sie ist vielmehr eine Universalethik und Universalreligion, die die Wahrheiten aller bisherigen Religionen in sich faßt, den Kern derselben herausschält und vergeistigt; sie vertritt einen vernünftigen, gerechten Sozialismus, sie bietet eine in sich abgeschlossene Weltanschauung, eine Philosophie, die wirkliche Lebensweisheit enthält und also das ist, was z. B. Hermann Keyserling von ihr verlangt, ja sie ist mehr als Schulphilosophie, sie atmet Geist aus Gott und ist zugleich, wie Abdul Baha sagt, der Geist dieses Zeitalters, der überall — offen und verborgen — wirkt und eine neue Zeit heraufführen wird, wenn sich auch manche kirchliche und weltliche Machthaber noch so sehr dagegen sträuben. Dieser Geist weht da und dort, in dieser und jener Vereinigung und so auch unter der „Gesellschaft der Freunde“. Der Verein für ethische Kultur, der Friedensreichbund, die Friedensgesellschaft, die Bilthovenbewegung, der Bund für Gegenwartschristentum, die Freie Volkskirche, die Freunde der christlichen Welt, der Weltbund zur Förderung der internationalen Verständigung etc, und wie diese Vereinigungen alle heißen, sie alle haben etwas von diesem Geist in sich und möchten von innen her unsere Zustände bessern. — Dabei genügt es aber nicht, den Blick gläubig und erwartungsvoll nach oben zu richten und alles dem göttlichen Walten zu überlassen; nein, jeder muß selbst dazu mithelfen, muß mit sich und seiner Umgebung anfangen, daß ein anderer Geist unter die Menschen Kommt. Recht und Gerechtigkeit, Friede und Lebensglück müssen wir schaffen, dann wird auch Gott das Seine tun und durch seine Kraft das vollbringen, was menschliche Schwachheit und Unvollkommenheit nicht vermag.

[Seite 134]

La suno de la vereco.
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Abdul Baha parolis: „Hodiaŭ estas ĉarma tago, la suno brilas belege kaj donas lumon kaj varmon al ĉiuj kreitaĵoj.

La suno de la vereco ankaŭ brilas; ĝi donas lumon kaj varmon al la animoj de l' homoj. La suno estas l'h lumfonto por ĉiuj estaĵoj surteraj; sen ĝia varmo ĉiu kreskado kaj ĉiu evoluo estus mal helpata, ili estus velkantaj kaj mortantaj. Same estas ankaŭ necese por la animoj de la homoj, ke la suno de la vereco verŝu siajn radiojn super la animojn, por ilin evolui, eduki kaj kuraĝigi. Tio, kio estas la suno por la korpo de la homo, tio estas la suno de la vereco por lia animo.

Homo povas atingi la plej altan nivelon de la materia progreso; sen la lumo de l'vereco lia animo malsatas kaj mizeriĝas. Alia homo, eble staranta sur la plej malsupra ŝtupeto de la socia ŝtuparo, havas neniajn matariajn talentojn, sed post kiam li ricevis la varmon de la suno de l'vereco, lia animo vastiĝis, kaj lia spirita kompreno estis eklumata.

Greka filozofo, kiu vivis en la tempo de la komenzanta kristanismo, estis plenigita de la kristana elemento. Li, kiu ne konfesis kiel kristano, skribis: „Mi estas konvinkita, ke la religio estas la plej perfekta fundamento por vera civilizacio“. Se la morala karaktero de nacio ne estas tiel bone edukita kiel la prudento kaj la talentoj de ĝiaj burĝoj, la civilizacio ne havas firman fundamenton.

La religio estas tial la vera filozofo, ĉar ĝi kondiĉas moralon; sur ĝi povas esti konstruita la sole daŭranta civilizacio. Tiu greka filozofo prezentis la kristanojn kiel tipon, kies moralo tiamatempe atingis la supron. La konvinko de tiu filozofo harmonias kun la vero, ĉar la civilizacio de la kristanismo estis la plej bona en la mondo. La kristanaj dogmoj estis lumigataj per la suno de la vereco; iliaj anoj estis instruitaj rigardi ĉiujn homojn kiel ratojn, timi nenion, eĉ ne la morton. Ili estis instruitaj ami siajn kunhomojn kiel sin mem kaj rezigni siajn proprajn egoi- stajn interesojn en la. klopodo pri la bon- farto de la homaro. La alta celo de la religio de Kristo estis la alproksimigo de ĉiuj koroj al Dio.

Se la postenloj de nia Sinjoro Jesuo Kristo estus vivintaj konstante kaj fidele laŭ liaj principoj, renovigo de la kristana misio ne estus estinta necesa, ĉar alta, belega civilizacio nun regus la mondon, kaj la ĉielregno estus veninta sur la teron.

Sed kio nun akazis anstataŭ tio. La homoj sin forturnis de la vereco kaj ne obeis la diajn ordonojn de sia majstro. Spirita vintro rigidigis la korojn de la homoj. Same kiel la vivo de l'homa korpo estas dependa de la suno, tiel la ĉielaj virtoj en la animo nur povas kreski per la radioj de la suno de l'vereco.

Dio ne lasas senkonsolaj siajn infanojn. Kiam la malheleco de la vintro venas je ili, li sendas al ili denove ciajn senditojn, la profetojn kun renovigo de la benita printempo. La suno de la vereco brilas sur la horizonto de la mondo, ĝi brilas en la okulojn de la dormantoj kaj vekasilin, por ke ili ekvidu la belecon de la nova taĝigo. Tiam la arbo de la homaro denove floros kaj portos fruktojn de justeco por resanigo de la nacioj. La melheleco de milito, de tumulto, de maltrankvilo kaj de mizero tial dezertigis la mondon, ĉar la homo ŝtopis siajn orelojn kontraŭ la voĉo de la vereco, ĉar li fermis siajn okulojn kontraŭ la sankta lumo, kaj ĉar li malzorgis la leĝon de Dio. Mi pregas, ke vi klopodu alporti ĉiun infanon de Dio en la radiojn de l'suno de la vereco, por ke la mallumeco estu disigata per la penetrantaj radioj de ĝia beleco, kaj la severo kaj malvarmo de l' vintro estu degeligataj per la milda varmo de ĝiaj radioj.


La lumo de la vereco nun brilas en oriento kaj okcidento.
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Se homo trovis la ĝojojn de la vivo en iu ajn loko, li ĉiam revenas al tiu loko por trovi pluajn ĝojojn. Se homo trovis en minejo oron, li revenas denove en la minejon por fosi pli da oro. Je tio ni rekonas la internan forton kaj la naturan instinkton,[Seite 135] kiun Dio donis al la homo, kaj same la viv-energion, kiun li havas de l'naskiĝo.

La okeidento ĉiam ricevis de la oriento spiritan lumon. La himno de la ĉielregno unue estis aŭdata en oriento, sed okcidente ĝi resonas pli forte en la aŭskultantaj oreloj.

Nia Sinjoro Jesuo Kristo leriĝis kiel hela stelo sur la orienta firmamento, sed la lumo de liaj instruoj brilis pli perfekte en la okzidento, kie lia influo pli firme enradikiĝis kaj lia afero pli disvastiĝis ol en lando de lia naskiĝo. La sono de la voĉo de Kristo cĥois en ĉiuj landoj okcidentaj, kaj liaj vortoj enpenetris la korojn de l'poplo.

La loĝantoj de la okcidento estas firmaj, kaj la fundamentoj, sur kiuj ili konstruas, konsistas el rokoj; stas konstantaj kaj konservas bone, kion ili estas lernintaj.

La okcidento estas kvazaŭ planto: se la pluvo ĝin milde freŝigas, la suno varme brilas sur ĝin, ĝustatempe ĝi iloras kaj portas bonajn fruktojn. Pasis jam multe da tempo, ke la suno de la vereco, relektita per Jesuo Kristo, verŝis siajn radiojn sur la okcidenton. La vizaĝo de Dio estis vualita per la peko kay la forgesemo de la homoj. Sed gloro al Dio! Nun la Sankta Spirito denove parolas al la mondo. La signo de la amo, de la saĝeco kaj majesteco malsuprenbrilas ree de la dia horizonto, por ĝojigi ĉiajn, kiuj direktas siajn vizaĝojn al la lumo de Dio.

Baha'o'lla forigis la vualojn de la antaŭjuĝoj kaj de la superstiĉo, kiuj sufokis la animojn de la homoj. Ni preĝu al Dio, ke la spiro de la Sankta Spirito donu esperon kaj refreŝiĝon al la homoj, ke li veku en ni la deziron plenumi la volon de Dio, por ke la koroj kaj animoj de ĉiuj homoj estu virigataj. Tiam ili estas ĝojigitaj pri denova naskiĝo; la homaro en la radioj de la amo de Dio vestiĝos per nova vestaĵo, kaj la tagiĝo de nova kreado ekestos. La favoro de la plej granda kompatemulo estos verŝata sur ĉiujn homojn, kaj ili leviĝos je nova vivo.

Estas mia sincera deziro, ke vi, ĉiuj klopodas kaj laboras por tiu ĉi bela celo; estas mia deziro, ke vi, la sinceraj kaj amplenaj laboristoj je la konstruaĵo de la nova spirita civilizacio, fariĝos la elektitoj de Dio, kiuj efektivigas volonte obeante lian plej altan celon. Verŝajne la sukceso ne longatempe atentigos; ĉar la standardo de Dio estas ekstarigita kaj la suno de la dia justeco brilas de la horizonto en la vizaĝojn de la homoj.


Mitteilungen.
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Herr und Frau Bosch aus Geyserville in Kalifornien haben uns, nach mehrwöchentlichem Aufenthalt in Stuttgart und Eßlingen, lebewohl gesagt, um dem Ziel ihrer großen Reise — Akka und Haifa — näher zu rücken. Diese beiden aufrichtigen und treuen Diener der Bahai-Sache sind beide Deutsch-Schweizer. Fr. Bosch ist seit 20 Jahren Anhängerin der Lehre und gehört zu der Newyork-Bahai-Assembly, sie besuchte Akka i. J. 1910 und durfte 6 Tage in der hl. Nähe Abdul Bahas sein. Sie erzählte uns, wie sie durch ein Tablet von Abdul Baha aus der Sammlung einer Anzahl von Tablets, die Abdul Baha an die amerik. Bahai unter dem Namen „Divine Plan“ (die göttliche Absicht) richtete, angespornt worden sei, eine Reise nach den Gesellschafts-Inseln zu unternehmen. Die Insel Tahiti sollte das Feld ihrer Arbeit bilden, 6 Monate lehrte H. u. Fr. Bosch diese Inselbewohner, die einst Kanibalen waren, und sie haben nun die wahre Gotteserkenntnis und den aufrichtigen Bahaiglauben bei den Maßgebenden dieser Bevölkerung erweckt. Ihre Worte darüber waren: „Ich kann nur soviel sagen, daß es jetzt in Tahiti einige Seelen gibt, die Gott tagtäglich danken, daß sie den Vorzug genießen durften, von Abdul Baha zu hören.“ Sie erzählten, daß diese Menschen eine unvergleichliche Gastfreundschaft übten, daß sie mit Geschenken überschüttet worden seien. Sie sprachen davon, daß das Gesetz der Gastfreundlichkeit, worüber Baha’o’llah geschrieben hat, nicht für dieses Volk anwendbar ist, da sie dies Gebot schon im Herzen tragen. Von dieser langen Reise nach Hause zurückgekehrt, machten sie sich nach der Schweiz und nach Deutschland auf den Weg und werden voraussichtlich im Oktober in Haifa sein. In unermüdlicher Tätigkeit haben sich diese Bahai bemüht, ihrer Umgebung und denen, mit welchen sie in Berührung kamen, vom Kommen des größten Gottesgesandten zu reden. Ihre Absicht ist, falls dies mit dem Wunsch Abdul Bahas übereinstimmt, über Deutschland in ihre Heimat zurückzukehren. Die besten Wünsche geleiten sie auf ihrem Weg.

[Seite 136]Mitte Oktober findet hier in der Bahai-Bibliothek eine Zusammenkunft der Vertreter der verschiedenen Bahai-Vereinigungen, die sich in Württemberg, Baden, Sachsen, Bayern, der Schweiz und Oesterreich gebildet haben, statt. Die Einladungen hiezu ergehen an eine persönliche Adresse der betreffenden Komitees.


An unsere Leser!
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„Die Sonne der Wahrheit“ hat nun das erste Halbjahr ihres Erscheinens hinter sich. Nur mit großen finanziellen Opfern war es möglich, die Zeitschrift erscheinen zu lassen. Es sollte zu erreichen sein, daß sich die Abonnentenzahl im zweiten Halbjahr mindestens verdoppelt; das kann leicht dadurch geschehen, daß jeder Leser einen weiteren gewinnt, und wenn der rechte Wille hiezu vorhanden ist, ist dies auch erreichbar. Es ist im Interesse unserer großen Sache, daß sich der Leserkreis der „Sonne der Wahrheit“ so viel als möglich erweitert. Möge daher jeder Leser dafür arbeiten, daß unsere Zeitschrift viele neue Abonnenten findet.


Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher 7675 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 35
  1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . . —.50
  2. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W. Herrigel —.50
  3. Das heilige Tablett, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . —.50
  4. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . 1.50
  5. Die Offenbarung von Baha’o’llah, von J. D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 1.50
  6. Verborgene Worte von Baha’o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff 1.50
  7. Baha’o’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . . .10.-
    in Ganzleinen gebunden. . . . 12.50
  8. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflag . . 2.—
  9. Ein Jahr unter den Bahai in Indien und Birma, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 1.50
  10. Religiöse Lichtblicke. Deutsch von Albert Renftle
  11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . —.50
  12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden. . . 12.-
    in Ganzleinen gebunden. . .14.-
  13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, in Halbleinen geb. . . 10.60.
    In Ganzleinen gebunden . . . 12.—
Durch obige Preise werden alle früheren ungültig.

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Die Zeitschrift betreffende Anfragen bittet man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3, richten zu wollen. Schritten, die über Geschichte und Inhalt der Bahailehre näher orientieren, können von dem Verlag des deutschen Bahaibundes, Stuttgart, Hölderlinstr. 35, bezogen werden.



Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.