| SONNE DER WAHRHEIT | ||
| Heft XI | JAN 1922 | |
| ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART | ||
Die Hauptpunkte der Bahailehre [Bearbeiten]
1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.
2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden Ein Gott, eine Religion.
3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.
4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.
5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.
6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.
7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.
8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.
9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorger ein.
10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.
11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.
12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre ist Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha’o’llah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde.
| SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis des Einzelheftes M. 3.50, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 9.— |
| Heft 11 | Stuttgart, im Januar 1922 | 1. Jahrgang |
Inhalt: Gebet von Abdul Baha. — Worte Abdul Bahas (Akka 1908). — Aus „Akka-Lichter“. — Aus einem Brief von Ahmad Sohrab. — Abdul Baha über seine Vorträge im Abendland. — Mitteilungen von Ahmad Sohrab. — Bericht von Herrn und Frau Professor J. Kunz, Urbana, Amerika, über ihre Begegnung mit Abdul Baha am See Genezareth. Ostern 1921. — Aus einem Brief von Frl. J. Hauff, Stuttgart, an ihre Eltern. — La bonfaroj, kiujn Dio donas al la homoj. — La beleco kaj harmonio en la diverseco. — Mitteilungen.
| Eilet, o Menschen, unter den Schutz Gottes, auf daß Er euch beschütze vor der Hitze des Tages, an dem niemand Zuflucht und Obdach für sich finden wird außer unter dem Schutz Seines Namens, des Barmherzigen. des Vergebenden. | Wahrlich, an diesem Tag gibt es für niemand eine Zufluchtstätte, außen in den Geboten Gottes und für keine Seele eine Erlösung außer in Gott. Wahrlich. dies ist die Wahrheit, und es gibt außer der Wahrheit nichts als augenscheinlichen Irrtum. Baha’o’llah (Tablet v. Zweig). |
| Gebet von Abdul Baha.
O Gott, erquicke und erfreue meinen Geist. Läutere mein Herz. Stähle meine Kraft. Alle meine Angelegenheiten gebe ich in Deine Hände. Du bist mein Führer und meine Zuflucht. Ich will nicht mehr traurig und unglücklich, sondern glücklich und freudig sein. Gott, ich will nicht mehr klagen. Ich will mich nicht länger quälen. Ich will nicht bei den niederen Dingen dieses Lebens verharren. O Gott, Du meinst es besser mit mir als ich selbst. Ich weihe mich Dir, o mein Gott! Von Haifa traf nachstehendes Telegramm an Konsul Schwarz-Stuttgart am 22. Dezember 1921 ein; „Memorial meetings worldover january seven produce prayers for“ „unity and steatfastness master left full instructions in his will and“ „testament translations will be sent inform friends“ greatest holy leaf.
Trauerfeier für Abdul Baha in der ganzen Welt soll am 7. Januar stattfinden durch Gebete für Einigkeit und Standhaftigkeit. Der Meister hinterließ genaue Instruktionen hinsichtlich seines Willens und Testaments. Die Überseßungen hierüber werden zugesandt werden. Seßet Freunde in Kenntnis. Größtes heiliges Blatt. |
Worte Abdul Bahas (Akka 1908). [Bearbeiten]
Es gibt nur eine absolute Existenz und diese ist Gott. Dieselbe manifestiert sich in verschiedenen Graden und Verhältnissen. Gott ist reine Vollkommenheit, der Mensch ist unvollkommen. Gott ist vollständig unabhängig, der Mensch ist gänzlich abhängig. Gott ist Schöpfer, der Mensch ist Geschöpf. Es gibt keinen Vergleich zwischen beiden. Gott ist reines Licht, die Schöpfung ist gänzlich dunkel. Wie kann ein Licht hernieder-kommen und gänzlich dunkel werden? Wie kann reine Vollkommenheit durch die verschiedenen Grade der Unvollkommenheit gehen? Gott ist ewig, Mensch ist vergänglich. Gott ist erhaben über unsere Vernunft. Er ist der Umgebende, der Mensch ist das, was umgeben wird. Wenn wir nun sagen, daß der Mensch mit seiner Vernunft Gott fassen könne, so wäre damit gesagt. daß er Gott umgibt. Deshalb kann die Wesenheit Gottes von keinem menschlichen Verstand begriffen werden. Die Philosophen behaupten, daß es einen Zusammenhang zwischen Gott und dem Menschen gebe: die universale Natur. Sie sagen: Gott ist wie die See und der Mensch wie deren Wellen.“
Sie sagen, daß die Manifestation der Reflexion der Sonne gleiche, welche herniederscheine und alle Dinge beeinflusse; aber die Sonne kommt, trotzdem sie in allem erscheint, nicht hernieder. Das Herz wird durch die Philosophie nicht gereinigt und geheiligt, sie bringt keine Gedanken, welche Taten fördern, hervor. Ist der Mensch mit materiellen und intellektuellen Dingen beschäftigt, dann sieht er nur das, was von der Welt ist; sind jedoch seine Gedanken aufwärts gerichtet, wird er zum ewigen Licht geführt.
Wenn du dich in dem' von Christo erwähnten Zustande befindest und durch das Feuer der Liebe Gottes gereinigt bist, dann wirst du von deiner Vernunft nicht abhängig sein, du wirst dich vielmehr zu Gott wenden und er wird dir helfen. Derjenige, dessen Herz durch die Gabe Gottes entzündet ist, ist stets bereit, ihm zu dienen.
Ein Kind hat auch Sinne, wodurch es die Denkungskraft entwickelt. Aus derselben tritt es in die geistige Welt und erhält die Empfindungen des Geistes. Die Kraft des Denkens ist end- und grenzen- los wie der Ozean, sie kann nie ein Ende erreichen.
Frage: Gibt es außer Gott noch eine Macht in der Welt?
Abdul Bahas Antwort: Dies ist ein umfassendes und tiefes Thema. In Kürze sei gesagt: Es gibt, wie wir wissen, eine Macht, welche zusammensetzt und seine solche, welche auflöst. Die Welt der Existenz verändert sich stets durch die Veränderungen der Zusammensetzung und der Auflösung, des Aufbauens und des Zerstörens. Verbinden sich die Elemente, so entsteht etwas, wird dieses zerstört, so geht es in seine Elemente zurück. Sowohl die Zusammensetzung als die Auflösung geschieht durch den Willen Gottes. Beides wird in der heiligen Schrift durch den Engel, welcher den Menschen Leben gibt und den Engel des Todes, welcher es wieder nimmt, versinnbildlicht. Der erste bedeutet die Macht der Komposition oder Zusammensetzung, der andere die der Dekomposition oder Auflösung, aber keines von beiden sind Engel.
Frage: Haben die Tiere eine Existenz nach diesem Leben, ist ihre Liebe und Anhänglichkeit, deren sie fähig sind, gänzlich verloren?
Der Meister sagt: Die Liebe,
welche sich in den Tieren zeigt, ist instinktiv
und nicht von ihrem eigenen Willen[Seite 171]
abhängig. Sie sind mit ihren besonderen Eigenschaften ausgestattet und
gebrauchen diese nach ihrem: Instinkt
und nicht durch ihren Willen.
Betrachte eine Blume, sie gibt ihre Düfte nicht durch ihren eigenen Willen, sondern sie wurde von der Natur mit denselben ausgestattet. Sie hat keine Macht, dieselben zurückzuhalten oder auszugeben. Ein Hund zeigt Anhänglichkeit durch Instinkt und nicht durch Willen. Ein Stück Brot gibt dem Körper nicht durch seinen Willen Kraft, sondern weil es muß.
Die Eigenschaften der Tiere sind ihnen von Gott gegeben; sollte eo ihnen auch noch eine Belohnung für seine Gabe geben?
Der Mensch ist die einzige Kreatur, die eine Belohnung erhalten kann, da er die Macht besitzt, seine Liebe zu geben oder sie zurückzuhalten. Er hat die Macht, ewiges Leben zu wählen, oder dasselbe zu verwerfen.
Frage: Was ist die Quelle derjenigen üblen Gedanken, welche nicht in unserem Selbst entspringen und uns beunruhigen?
Unser Herr antwortet: Sie kommen von außen her und werden von uns widergespiegelt. Man sollte kein Spiegel für dieselben werden, um sie zu reflektieren, ebensowenig sollte man versuchen, sie zu kontrollieren, was unmöglich ist; im Gegenteil befördert dies nur die Schwierigkeiten. Seinen Spiegel sollte man stets zu Gott wenden, damit er reine Gedanken reflektieren kann.
Frage: Welche Macht wird zum automatischen Schreiben gebraucht?
Antwort Abdul Bahas: Diese Macht ist weder himmlisch noch geistig; sie stammt vom Menschen, sie ist Magnetismus. Wenn die Gedanken seines Menschen das Gemüt eines anderen vollständig in Besitz genommen haben, dieses durch dieselben unbewußt geleitet wird, wird es diesen untertänig und nimmt den Stift und schreibt unbewußt oder automatisch Gedanken nieder. Je mehr dies geübt wird, desto mehr beherrschen die fremden Gedanken das Gemüt. Dies ist physischer Magnetismus. Die Gedanken sind in unserem Gemüte und diese magnetische Kraft ist in uns und wird nicht durch irgend eine andere beeinflußt. Z. B. man kann ein Gebet lernen und es so oft wiederholen, daß die Gedanken von demselben gänzlich eingenommen werden, alsdann wird man dieses Gebet unbewußt wiederholen, sogar im Schlafe. Oder es geht jemand des öfteren ein und denselben Weg und zwar so lange, bis er imstande ist, denselben automatisch zu gehen. Er folgt seinem eigenen Magnetismus. Oder eine Mutter schaukelt ihr Kind in einer Wiege in den Schlaf; aber die Gedanken an den Schlaf des Kindes nehmen von ihr in einem solchen Grade Besitz, daß sie sogar manchmal fähig ist, dasselbe ohne das Schaukeln zum Schlafen zu bringen. Dies ist auch Magnetismus.
Aus „Akka-Lichter“ [Bearbeiten]
Für diese Erzählung*) gibt es zwei Deutungen, eine wirkliche und eine symbolische. Man kann annehmen, daß sich dies wirklich und tatsächlich, wie berichtet, zugetragen hat, man kann es aber auch sinnbildlich deuten. Symbolisch aufgefaßt bedeutet Abel den geistigen, Kain den natürlichen Menschen. Die göttliche Natur liegt im Menschen und erreicht eine gewisse Entwicklung, wenn er die natürliche Veranlagung beherrscht. Der Mensch vermag durch geschickte Pflege einen Urwald in einen Garten umzuwandeln. Wird dieser aber eine Zeit lang vernachlässigt, so sinkt er in den früheren Zustand der Wildnis zurück. So ist auch stets die Neigung zur Vernichtung des Göttlichen im! Menschen
*) Gemeint ist die Geschichte von Kain und Abel (1. Mose 4).
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oder seines religiösen Triebes vorhanden.
Die Religion Moses erreichte die höchste
Entwicklung, aber vor Christi Zeiten
sind an ihre Statt menschliche Satzungen
getreten. Auch das Christentum erreichte
seinen Höhepunkt, bis andere
Mächte von außen her eindrangen und
das göttliche Gesetz beiseite schoben.
Es mag ein Mensch mit äußerster Sorgfalt
hundert Jahre einen Garten pflegen,
wird er aber ein einziges Jahr vernachlässigt,
so wird er zu einer Wildnis ...
Frage: Macht alles einen Fortschritt nach aufwärts und kommen folglich alle Menschen in ihrer Entwicklung voran?
Antwort: Es gibt keine Rückwärtsbewegung in der menschlichen Entwicklung, ebensowenig als der Erwachsene wieder zum Kind werden kann. Das Mineral ist die niederste Lebensform; sie könnte nicht tiefer sinken. Völlige Unwissenheit ist das tiefste menschliche Stadium, es kann kein tieferes geben. Völlige Dunkelheit ist der gänzliche Mangel an Licht, es ist auch da kein tieferer Grad denkbar. Der Mensch kann wohl, wenn er einmal den Aufstieg begann, hie und da wieder zurücksinken, aber der Gang seiner Entwicklung geht im ganzen doch aufwärts. — Es wurde nun gefragt, ob alle Menschen vielleicht den gleichen Grad der Vollkommenheit erreichen können.
Abdul Baha sagte, daß dies in Gottes heiligem Willen stehe, daß aber bis zur Erreichung dieses Ziels alle Grade der Existenz stets vertreten sein müssen. Wenn z. B. alle Menschen Könige wären, so würde es in Wirklichkeit keinen König geben, das Königreich erfordert auch Minister, Soldaten, Untertanen usf. Das zu erstrebende Ziel ist die Vollkommenheit der betreffenden Art oder Stufe, und diese Vollkommenheit bedeutet das Glück.
Frage: Was ist notwendig für die Mannigfaltigkeit in der seelischen Entwicklung? — Abdul Baha erwiderte, daß Mannigfaltigkeit wirkliche Harmonie bedeute. Wenn unsere Nahrung immer aus einerlei bestände, so würde sie einförmig. So ist also die Existenz verschiedener Grade der Entwicklung in Wirklichkeit die Vollendung der Harmonie, und ein jedes möge die Vollkommenheit in seiner Art erlangen.
Frage: Ist es Pflicht für die Gläubigen, die wöchentlichen Versammlungen zu besuchen?
Abdul Baha antwortete: Es ist für sie keine absolut obliegende Pflicht (es ist nicht obligatorisch); wenn sie aber keine besondere Verpflichtung in dieser Zeit haben, so sollen die Gläubigen den Versammlungen anwohnen. Es kann jemand besondere Pflichten haben, denen er nachkommen muß, dann kann er eben nicht kommen, aber es muß eine wirkliche Pflicht sein. Wenn sie nicht so wichtig ist und er dennoch ferne bleibt, so ist dies nicht angängig. Wenn die Liebe zu Gott wirklich in eines Menschen Herzen wohnt, so wünscht er aufrichtig, bei allen Versammlungen zugegen zu sein. Tatsächlich möchte er dann jeden Abend und jeden Tag dabei sein.“
Frage: Welches ist die Wirkung der pflanzlichen und animalischen Kost auf Geist und Gemüt des Menschen?
Abdul Baha sagte: Dies hat keinen entscheidenden Einfluß. Pflanzliche Diät allein entwickelt den Geist nicht. Es kann ein Mensch ohne Vernunft und Verstand sein, obgleich er weder Fleisch noch Fisch ißt, und wiederum kann jemand Fleisch genießen, der geistig sehr hoch steht. Je mehr aber der Mensch vermeidet, dem Tiere Schaden zuzufügen, desto besser ist es. Es ist recht eigentümlich, daß der Mensch Tiere tötet, um sich zu ernähren. Wenn jedoch Fleisch auf dem Markte feil ist, wird es auch gekauft. Es ist sehr schmerzhaft für die Tiere, getötet zu werden, denn die Schmerzempfindung eines Tieres ist so groß wie unsere eigene. Bei dem leisesten Schmerz, z. B. einem Dornstich, schreit der Mensch auf; wie viel schmerzvoller.ist es für ein Tier, getötet zu werden. — — —
Abdul Baha: „Um alle Ursachen verschiedener Auffassung zu beheben, müssen die Gläubigen wissen, daß der gesegnete Bab die frohe Botschaft vom Kommen der Gesegneten Vollkommenheit Baha’o’llah brachte und daß dies die größte Gottesoffenbarung ist. Was mich betrifft, so bin ich der Diener von Baha’o’llah und nichts Höheres; das Wort Abdul Baha ist die Totalsumme aller Vollkommenheit, man sollte nie den Namen Abdul Baha (Diener Gottes) überbieten wollen.“
Es sollten also alle wissen, daß er die
Forderung stellt, Abdul Baha (Diener
Gottes) genannt zu werden. Die Gläubigen[Seite 173]
sollen ihn mit diesem Namen nennen,
wie er es wünscht. Es ist dies der
einzige Titel, den er sich selbst beilegt.
Er sagte es noch deutlicher mit den Worten: „Meister ist ein Strahl, ein Attribut Gottes, Herr ist ein anderer Strahl, Christus wieder ein anderer. Auch die anderen Benennungen, aus Liebe gebraucht, sind nur wie Strahlen. In dem Namen Abdul Baha ist alle Vollkommenheit vereint. Ihn mit einem anderen zu nennen, möchte ihm eher etwas nehmen als hinzufügen.“
Wir erwähnten, welch ein Vorzug es für uns sei, daß wir so öffentlich kommen durften, da doch früher so viele ihrem Wunsch entsagen mußten und ihr Besuch nur kurz sein konnte. Abdul Baha sagte: „Die Zeit ist nicht maßgebend sondern die Aufnahmefähigkeit. Es kann ein Knabe 10 Jahre zur Schule gehen und dennoch unwissend bleiben, und ein anderer bekommt vielleicht nur wenig Unterricht und kann weise werden. Einem! Kranken mag viel Arznei eingeflößt werden, und er bleibt dennoch krank, indeß ein anderer vielleicht nur einmal einnimmt und gesund wird. Ein Kaufmann kann sich jahrelang schwer abplagen und nur wenig Erfolg haben, ein anderer macht nur ein einziges Geschäft und ist dadurch reich. Somit ist es nicht die Dauer des Aufenthalts, sondern die Aufnahmefähigkeit, die den Segen bringt.“
Abdul Baha nahm uns nach dem heiligen Grab des Bab mit und stellte uns in Aussicht, daß wir jüdische Gläubige treffen würden. Er sagte, daß christliche Missionare jahrelang sich Mühe gegeben hätten, diese Leute zu überreden und vieles versucht hätten ohne allen Erfolg; aber durch die Macht der Worte Baha’o’llahs wurden sie zum Glauben an Christus gebracht.
Die nächste Frage handelte von der Verheiratung eines Gläubigen mit einer Nicht-Bahai. Abdul Baha sagte darüber: „Es liegt kein Uebel darin, es ist sehr gut. Jm Gesetz Gottes, d. h. in dieser neuen Offenbarung wird bezüglich der Ehe kein Zwang ausgeübt. Auch alle Zeremonien der Vergangenheit sind durch diese Lehre aufgehoben.“
Abdul Baha war sehr gerührt von den Gaben einiger amerikanischer Kinder, die Geld für den Tempelfond gebracht hatten. Solche Beiträge, wenn sie auch klein sind, werden von ihm angenommen. Es ist so, als ob ein Kind in einen Garten geht und seinem Vater eine Blume pflückt. Die Gabe ist klein, aber der Geist, der aus ihr spricht, läßt sie ihm willkommen sein. Es wurden schon große Vermögen Abdul Baha angeboten, aber er nahm sie nicht an; während von ihm kleine Dinge, wie z. B. ein einfaches Taschentuch, das aus Liebe geschenkt war, angenommen wurde.
Nach dem Abendessen sagte Abdul Baha: „Haltet euch fest an all das, was Einigkeit und Freundschaft verursacht. Das Resultat von allem sollte die Liebe zu Gott sein. Dies ist die wesentliche Wirkung von allem, daß wir einander mit göttlicher Liebe lieben. Der Name Liebe ist eigentlich nur anwendbar für die Liebe zu Gott. Neben dieser Gottesliebe gibt es auch noch eine Liebe, die eher Leidenschaft genannt werden sollte. Sie gehört eigentlich in das tierische Reich, nicht in das menschliche. Göttliche Liebe aber, mit der die Freunde Gottes einander lieben, gehört zu den menschlichen Merkmalen; denn sie haben keine andere Absicht, als das göttliche Wohlgefallen zu erringen. Wie viele Seelen waren schon in höchster Liebe vereint, die schließlich doch mit Feindschaft endigte, denn ihr Fundament war nicht auf Gottesliebe gestellt!“
Beim Abschied sagte Abdul Baha: „Dies ist ein Abschied, der in Wirklichkeit ein Begegnen ist. Wenn ihr die Lehren der gesegneten Vollkommenheit hinaustragt, so wird dies zu ewigem Beisammensein führen. Dies ist besser, als untätig hier zu bleiben. Die Lehre in die Tat umzusetzen ist mehr wert als ein tausendjähriges Zusammensein. Wenn ein Baum auch nur eine Frucht trägt, so ist dieser Baum weit mehr wert als ein unfruchtbarer Baum, der tausend Jahre an eines Baches Ufer steht. Es besteht zwischen den Herzen der Geliebten eine gewisse Empfänglichkeit, die lauter göttliche Gnade ist. Es bestehen zwischen ihnen ideale Bande, die die stärkste innere Verbindung herstellen. Gelobt sei Gott, daß diese Bande zwischen uns eng geknüpft sind. Deshalb sollt ihr nicht traurig sein ob dieser Trennung. So es Gottes Wille ist, werden wertvolle Resultate daraus entstehen. Bestellt meine Grüße an einen jeden der Geliebten Gottes und umarmt einen jeden in meinem Namen.
Aus einem Brief von Ahmad Sohrab.*) [Bearbeiten]
Die Arbeit in meinem kleinen „Bahai-Nest“ geht voran. In 3-4 Tagen wird es fertig sein, und ich werde freudig in meine neue Wohnung einziehen. Sie wird meinen ganzen irdischen Besitz darstellen, solange ich in Haifa bin, ein einsamer Wachposten, der am Karmel steht, von dessen Höhenlage ich Ebbe und Flut und jeden Morgen den Sonnenaufgang beobachten werde. In diesem kleinen Bahai-Heim werde ich leben, und so gut als möglich die göttlichen Lieder und geistigen Gesänge, die vom himmlischen Künstler verfaßt sind, zu singen versuchen. Wir werden gemeinsam die kühlen schattigen Wege des Gartens Abha’s ziehen; wir werden lauschen, um das melodische Jauchzen der dankerfüllten Nachtigallen zu hören. Am Frühmorgen werden wir die Tautropfen an den Blättern beobachten; wir werden die lichten Engel vom Himmel niedersteigen sehen, welche die Herzen mit neuem Leben erfüllen; still werden wir mit dem großen Quell des All-Göttlichen verkehren. Wir werden Arme voll Rosen und Anemonen an den Ufern des christallhellen Stromes pflücken; ja, gemeinsam werden wir Lieder des Lebens und Lichtes singen und die Zwischenzeit mit süßen Erinnerungen, mit sanftem Lachen und reizendem Phantasie-Spiel ausfüllen. Wie erstaunlich werden unsere Herzen dem sehnsüchtigen Ruf des Wunderbaren und des Erhabenen antworten! Jeden Tag wird uns ein neuer Lebensbegriff klar werden, ein neuer, geheimnisvoller, unsichtbarer Weg wird sich vor unseren Augen ausdehnen. Unser Lebensstrom wird fort und fort fließen, und wir werden tief und tiefer tauchen und neue Perlen unschätzbarer Schönheit emporheben. Wir werden die Tore unserer Seele öffnen, um das Hereinströmen des heiligen Geistes zu ermöglichen. Wir werden unser Gesicht schärfen, unseren Ausblick erweitern und Stufe um Stufe zu dem Gipfel des Berges der göttlichen Gnade und Gunst emporsteigen. Nicht einen Augenblick wollen wir lässig sein, sondern Gedanken der ewigen Liebe und Güte in die kalten und eisigen Menschenherzen senken. Unser Geist wird verfeinert und aufnahmefähig werden für die hohe Botschaft der Verbrüderung. Unser wird das heilige Vorrecht sein zu arbeiten und zu schaffen für die universale Bruderschaft. Wir werden den Weltball mit goldenen Ketten geistiger Einheit umspannen. Wir werden uns nur mit dem Höchsten und Würdigsten zufriedengeben. Unsere Ehrsucht ist nicht mittelmäßig und gering. Wir haben, unser Ziel hoch gesteckt und haben den unerschütterlichen Glauben, daß wir bei ihm anlangen, ja darüber hinaus kommen werden. Die schwachen und ängstlichen Menschen fallen zurück in diesem Anlauf der glänzenden Phalanx des Königreichs. Ihre Kräfte werden erschöpft. Nur die, welche die Welthymne des 20. Jahrhunderts vernommen haben, und mit dem Gedanken des Triumphes erfüllt sind, werden den frischen Blütenduft der Blumen des Geheimnisses der Liebe, welche in dem Rosengarten der Entsagung aufgeblüht sind, einatmen.
Beinahe täglich gehe ich den Berg hinab. Als ich heute in der heiligen Gegenwart des Geliebten war, betete er. Nur einen Augenblick, aber erhaben und wunderbar. — Den ganzen Morgen regnete es; als sich jedoch die dichten Wolken zerteilten, ging der Meister aus und besuchte den persischen Konsul. Auch ich machte einen Spaziergang; mit dem alten Haji Ali, wobei er mir das Haus zeigte, in dem die Gesegnete Vollkommenheit mehrere Monate lebte; auch erzählte er mir die Einzelheiten des Tages, an dem Er das Kloster auf dem Karmel besuchte. Haji Ali war unter denen, die ihn begleiteten. Er verblieb den ganzen Tag daselbst, ging durch die Räume, interessierte sich für die große Bibliothek, nahm sein Mittagsmahl daselbst, teilte Geld unter den Mönchen aus, kaufte für seine Begleiter eine Art gelber Limonade und ging am Abend wieder fort. Alle Mönche waren höflich und artig, erkannten jedoch nicht, daß der verheißene König der Könige unter ihnen weilte. Sie hatten wohl Augen, konnten jedoch den König der Heerscharen nicht sehen.
Wir machten einen Besuch im Geschäft von Mirza Jalal und fanden dort
*) Ahmad Sohrab ist der,Sekretär Abdul Bahas.
[Seite 175]
einen Brief von Frau Getzinger vor, der
von ihrem Aufenthalt in Bombay berichtet
und ihrer beabsichtigten Reise nach
Haraschi, um eine Rede bei dem eben
stattfindenden Kongreß zu halten. Bei
unserer Rückkehr spazierten wir um
den Garten des Geliebten, bewunderten
die Rosen, Anemonen und viele andere
Blumen, die in voller Blüte stehen.
Die Dämmerung brachte alle Pilger und anwesenden Bahai herbei und als sie alle versammelt waren, brachte Mirza Jalal die frohe Botschaft, daß der Meister bereit sei, sie zu empfangen. Sie alle füllten den oberen Stock und als sie Platz genommen hatten, trat der Geliebte ein. Sie erhoben sich ehrerbietig und er grüßte sie mit leuchtendem Lächeln auf seinem sanften Antlitz. Nachdem er sie um Entschuldigung gebeten hatte, daß er sie nicht so oft als er wünschte, gesehen habe, fuhr er fort:
„Gelobt sei Gott, daß die Gläubigen des Gnadenvollen auf dem Gipfel des Karmel im Pilgerhause wohnen. Jeden Morgen sehen sie sich dem Grabe Baha’o’llahs gegenüber und das Grab des Bab ist in nächster Nähe. Dies ist wirklich ein seltener Vorzug, für welchen ihr alle dankbar sein müßt. Es ist hier Licht über Licht bei Tag und Nacht; Freude folgt auf Freude, geistiger und himmlischer Art. Ihr müßt sehr glücklich sein, denn Gott hat euch solchermaßen mit seinen Gaben und Segnungen umgeben. Ihr verherrlicht die gesegnete Vollkommenheit, weil ihr die Empfänger göttlicher Gaben geworden seid. In verflossenen Zeitaltern sehnten sich viele heiligen Seelen darnach und beteten dafür, daß sie in den Tagen des Herrn auf dem Berge Karmel leben dürften. Gott sei gelobt, daß ihr es erlangt habt; ihr habt bei dem Schatz des erhabenen Vereinigungspunktes gelebt, ihr habt das gesegnete Grab des Herolds der Sonne der Wirklichkeit besucht. Sehr gesegnet seid ihr, daß ihr in dem Zyklus des Ersehnten lebt! Dieser Zyklus ist die Periode der gesegneten Vollkommenheit. Ein jeder der Propheten hatte ein Zeitalter. So haben wir die Zeit Moses, das Zeitalter Christi und das des Mohammed. Doch diese Zeit ist der Zyklus der Gesegneten Vollkommenheit. In diesem Zyklus habt ihr den Ruf des Wortes Gottes vernommen und seid Zeugen geworden der Wunder der Majestät des Herrn. In dieser Periode seid ihr von den heiligen Düften des Gartens des Gnädigen umgeben. Diese Gnade ist unvergleichlich, und diese Gunst hat nicht ihresgleichen. Gelobt sei Gott, daß wir — gleichviel, was wir sind — an der heiligen Schwelle stehen, beschützt von dem Baldachin seiner geistigen Macht. Wir sind alle um seinen Lebensquell versammelt und trinken aus seinem reinen Kelch und sind trunken von seinem Wein!“
Nach seiner Rede gebot er Foronghi ein Gebet zu singen. „Ich liebe die Gebete Baha’o’llahs“ sagte der Meister. Als er geendet hatte, sagte der Herr: „Flehentliches Bitten kommt aus Ergebenheit und Demut. Es reinigt die Herzen und zieht die Seelen an. Es bringt innere Erleuchtung und führt zu bewußter Heiligung.“ — — —
Als wir aus seiner Gegenwart schieden, schien der Mond auf uns herab, und ein jeder fühlte den Stern eines neuen Glücks durch seine Seele ziehen.
Abdul Baha über seine Vorträge im Abendland. [Bearbeiten]
Am Abend einer großen Versammlung
hielt Abdul Baha eine lange, herrliche
Rede über die sieben Prinzipien der Gesegneten Vollkommenheit und erklärte
die Art, wie er seine Vorträge im Abendlande
hielt. Er sagte: Die Beweise,
welche die orientalischen Lehrer geben
und verbreiten, hätten für eine skeptische,
oft irreligiöse abendländische Zuhörerschaft
keinerlei Gewicht. Sie
wünschten vernunftgemäße und logische
Begründungen und nicht überlieferte
oder biblische Beweise. Deshalb hätte,
er die Fahne der Lehre dem Verlangen
der Menschen in Europa und Amerika
gemäß gehißt und die humanen Lehren
der Bewegung betont, deren Wohltaten
selbst von den Materialisten nicht geleugnet
werden könnten. Er sagte weiter,
daß er anfange, sich von der. Ermüdung
zu erholen, daß er gut schlafe
und sein Gesundheitszustand sich sehr gebessert
habe. Er lobte die Bequemlichkeit,
welche die amerikanische Eisenbahn[Seite 176]
bietet, die starken und rasch fahrenden
Züge und wie die weiten Strecken mit
der größten Geschwindigkeit befahren
werden. Er verglich seine Fahrt von
Boston nach Kalifornien mit der schwierigsten
Reise von Bagdad nach Samson
zu jener Zeit, als Baha’o’llah von ersterer
Stadt verbannt wurde. Man hat
60 Stationen mit der Karawane zurückzulegen.
Die Straßen waren oft von! Räubern
belagert, sie konnten kein Futter
für die Tiere bekommen, und die Wege
waren oft äußerst schlammig und führten
wiederholt durch Engpässe und hohes
Gebirge. Diese Reise war wirklich unbeschreiblich
schwierig, doch jetzt ist
es verhältnismäßig leicht, um die Welt
zu reisen und der Sache zu dienen. Dann
sprach er: „Gott hat für uns alle
brauchbare Wege für die Reise geschaffen,
auf daß wir überall hin reisen
und die Lehre verkündigen können.
Die amerikanische Zivilisation hat viel
zum Fortschritt und dem Aufbau der
Welt beigetragen. Gott hat seinen besonderen
Blick nach Amerika geworfen
und hat diesen Kontinent mit seiner besonderen
Gnade umgeben. Tag für Tag
macht dieses Land Fortschritte. Wahrlich
ich sage, es ist dieser gesegneten
Sache würdig. Es verdient wirklich, der
Herold dieser frohen Botschaften zu sein.
Man braucht viele persische Lehrer in
Amerika, welche die Schwierigkeiten der
englischen Sprache gut beherrschen.
Wenn eine Anzahl persischer Lehrer,
welche mit Beredsamkeit begabt sind,
die englische Sprache erlernen und in
jene Länder reisen, können sie viele
Leute zu der Lehre führen. Z. B. wenn
Mirza Abul Fazl englisch gekonnt hätte,
wäre sein Einfluß im Westen hundertfältig
größer gewesen.“
Die persischen Pilger waren sehr glücklich, von seinen eigenen Lippen die Auslegung der göttlichen Grundsätze, wie er sie in den Kirchen und Versammlungen in Amerika und Europa gab, zu vernehmen.
Ahmad Sohrab.
Mitteilungen von Ahmad Sohrab. [Bearbeiten]
Da das Wetter nebelig und regnerisch ist, verließen wir erst am Abend den Karmel und blieben nur eine halbe Stunde aus, Ich traf den Geliebten im Vorraum seines Hauses, Ein Wagen hielt vor der Türe und entführte ihn. Sein Aussehen war ein sehr gutes. Er händigte mir eine Menge soeben eingetroffener Briefe ein, und ich übergab ihm die Uebersetzung eines Artikels in der „Sind Gazette“ vom 24, Dezember 1913, den Bericht über einen Vortrag von Mrs. J Mrs. Stannard, den sie in dem Theosophischen Saal in Karaschi in Indien hielt. Der Inhalt der Rede ist so gut wiedergegeben, daß der Meister sehr damit zufrieden war und Abschriften davon werden in allen den morgenländischen Versammlungen zirkulieren. Der Verleger schreibt: „Ein sehr wichtiger Besuch in Karaschi — bedeutender als irgend einer bei dem Kongreß und den Konferenz-Rednern — ist Mrs. Stannard, die Bahai -Missionarin. Diese talentierte Dame, welche alle Religionen und Philosophien der Welt studiert hat, ist zu der Ansicht gelangt, daß die Religionen nicht alle zumal falsch sind, sondern daß sie alle richtig sind, sie hat eine neue Botschaft zu predigen, nicht ihre eigene, sondern die ihres Meisters Baha, dem prophetischen Oberhaupt der Bahai-Bewegung.“ Der Artikel füllt eine ganze Seite. Folgende Sätze sind typisch: „Die Welt in ihrer Ausdehnung ist, wenn richtig verstanden, wie ein Garten, in dem Blumen von allerlei Art, Duft, Form und Farbe blühen, doch das ganze ist harmonisch und wunderschön. Es ist die Mission der Bahai, die Welt dahin zu bringen, dies anzuerkennen.“ „Ich habe ein größeres Fassungsvermögen für die Bahai-Lehre unter den ungebildeten Menschen in den armen Vierteln Londons getroffen, als unter den Gelehrten der Universitäten Aegyptens.“ „Einigkeit ist der Zweck der Bewegung, eine Einigkeit nicht nur der Religionen, sondern auch der Rassen.“ „Religion ist nicht eine Sache des Intellekts, sondern des Gemüts und des Herzens. Sie ist ein Gefühl, dem der Liebe verwandt. Es braucht keine gelehrte Schulweisheit, um sie zu erlangen; sie liegt in eines jeden Bereich.“
In dem ganzen Aufsatz sind solche Bahai-Gedanken eingestreut.
Ein sehr interessanter und wichtiger Brief traf
ebenfalls von Frau Stannard ein. Damit alle
Freunde bekannt werden mit ihrer glänzenden
Arbeit, will ich hier einen kleinen Auszug
niederschreiben, Sie sagt: „Der liebe alte
Freund Mohamed Mostafa von Calcutta begleitete
mich, sonst hätte ich allein reisen müssen,
und doch war es sehr notwendig, daß die Bahai-Lehre
in diesem Zentrum über die lange[Seite 177]
Dauer der Kongresse vertreten wurde. Ich
glaube, unser Herr hat unseren Besuch gewünscht,
der nichts zu tun hat mit dem grossen
indischen Kongreß, doch mit dem Brahmo-Samaji-Kongreß
und allen theistischen Vereinen
Indiens. Als Mirza Shirazi bei einer Begegnung
mit Dr. Getzinger hörte, daß ich von Aegypten
gekommen sei, schrieb er mir sehr herzlich und
lud mich ein zu kommen und ihm bei der Arbeit
zu helfen. Sogleich wurde mir die Wichtigkeit
klar, die Delegierten zu treffen, die aus
allen Teilen Indiens kommen würden und uns
die Mittel zum Zusammenkommen an vielen
Orten verschaffen konnten. — — — Ich bin
froh, daß ich hieher kam und so viel als möglich
Vorträge halten kann; wir werden in jeder
Beziehung arbeiten. Ich finde Shirazi rasch;
er ist rascher als ich in allem; wir könnten
zusammen ein „hustle“ (Wettrennen) — wie
es die Amerikaner nennen — veranstalten. Ich
bin glücklich zu erfahren, daß Promotho Lall Son
von Calcutta kommen wird. Auch der gute alte
Mann Bannerji Shirazi hat recht mutig gute
Reden in Indien gehalten, und kann deshalb recht
nützliche Informationen geben. Wenn wir nach
Bombay zurückkehren, werden wir ernstlich arbeiten
und eine öffentliche Bewegung durch
Reden in verschiedenen Sälen hervorgerufen.
— — — Zwei öffentliche Vorträge habe ich
hier schon gehalten, die eine recht gute Zuhörerschaft
herbeizogen. Mr. Temple, der Verleger
der „Sind-Gazette“, brachte seine junge
Frau mit, sie wollen mich in ihrem Hause einen
Vortrag halten lassen und alle Engländer, die
Interesse zeigen, einladen. — — — Einige der
theosophischen Perser wollen, wie ich glaube,
zu uns kommen, denn sie sind in dieser
Gedankenrichtung erzogen und es mangelt ihnen
etwas. Die ganze Perser-Gemeinde und auch
viele andere Seelen werden sich der Bahai-Erhebung
anschließen. Es wurde mir gesagt,
daß gerade jetzt eine religiöse Bewegung bestehe,
daß gerade jetzt der richtige Moment
sei, die Sache zu lehren. Gestern sprach ich in
einem zweiten Vortrag über die großen sozialen
und ethischen Formen, welche Baha’o’llah festgelegt
hat. Ich sprach 1 1/2 Stunden und als ich
geendet hatte und ihnen Schriften und Flugblätter
gab, scharten sich die Leute auf der Terasse
und lasen in den Papieren, Es war rührend,
die ernsten, erwartungsvollen Gesichter zu sehen,
als ob ihnen etwas völlig Unerwartetes geoffenbart
worden sei. Bei jeder Versammlung
waren auch einige Engländer zugegen. — — —
Ich ging zu der Gruppe von Brahmo-Somay-Leuten
in Calcutta und hatte eine schöne,
friedvolle Stunde bei ihnen; sie baten mich, über
meine Botschaft zu sprechen und schienen sehr
interessiert. Der Präsident der All-Theistischen
Gemeinden war zugegen und er bat mich, bei
ihrem Kongreß eine Rede zu halten. Mein Name
steht nun auf ihrer Rednerliste (unter großen
philosophisch und religiös bekannten Namen)
und da ich die einzige Dame und eine Engländerin
bin, fühle ich mich sehr geschmeichelt.
Dies wird mir weitere Gelegenheit zur Wirksamkeit
bieten, Auf meinem Weg von hier zurück
nach Bombay hoffe ich es zu ermöglichen,
mich in Heydarabad aufzuhalten, um einen Vortrag
zu halten, da dort ein Herr aus Indien lebt,
der sagte, daß er mich anmelden und mich begleiten
wolle. Auch beabsichtige ich für Calcutta
etwas festzulegen, da ich fühle, daß es
dort ebenso wichtig ist wie in Bombay.“ — Laßt
uns alle beten, daß das geistige Werk dieser
unserer Schwester zur Einigung der Menschheit
mit bleibendem Erfolg gekrönt sei; damit viele
Menschen in Indien aus dem tiefen Schlummer
der Untätigkeit und der sektiererischen und religiösen Vorurteile erweckt werden.
Am Abend wurde über den „Mashrak El-Azkar“ gesprochen, und die Bahai von Ashkabad, die hier sind, sagten, daß — außer den Kosten für das Land — bis jetzt etwa 500 000 Dollar für den Bau des Gebäudes ausgegeben wurden. Sie sind froh, daß die Schuld für das Terrain des Mashrak El Azkar beglichen ist.
Des Menschen Entwicklung im Leben ist bestimmt
durch die Erfüllung gewisser Pflichten
und Taten und duch göttl. Führung. In
dieser Probezeit müssen wir gewissenhaft unsere
Fähigkeiten erziehen, unsere keimenden
Anlagen unter strikte Disziplin bringen und
den ewigen Idealen der Gerechtigkeit, der
Barmherzigkeit und der Reinheit gemäß leben. Es
ist wahr: je höher wir steigen, desto universaler
wird unsere Moral und unser Gefühl
der Verantwortlichkeit. Wenn wir nicht ausgestattet
sind mit diesen verfeinerten Anlagen,
ist es sehr schwer, die reine Athmosphäre
der geistigen Höhen zu atmen. Wir geben zu,
daß uns Gott eine Natur verliehen hat,
welche in ihren Nerven so empfindsam ist,
wie eine elektr. Leitung und auf die feinsten
Eindrücke antwortet; doch in unserer Verblendung
denken wir nicht daran, daß dieses zarte
Instrument durch den Staub und Schmutz weltlicher
Wünsche und fleischlicher Leidenschaften
unempfindlich für höhere und reinere Töne
himmlischer Harmonien gemacht wird. Wie ein
empfindsamer Mechanismus schon gestört wird
durch ein wenig Staub, dem physischen Auge[Seite 178]
unsichtbar, so wird auch unsere geistige Natur
stumpf und matt durch Nachlässigkeit und
Unachtsamkeit in moralischer Beziehung. Wir
müssen das Wachsen unserer Seele beobachten
mit größter Achtsamkeit. Wenn wir den 1000.
Teil der Achtsamkeit, die wir auf unseren Körper
verwenden, unserem Geiste widmeten, würden
wir sicher zu unserer höchsten Bestimmung
gelangen. Unsere Körper sind gut genährt
und gekleidet. So soll auch unser Geist angetan
und ernährt sein mit geistigen Tugenden und den Eigenschaften des heiligen Geistes.
Unser Geist muß! sich immer mehr ausbreiten,
unsere Sympathie muß zunehmen, unsere
Empfänglichkeit muß größer, unsere Taten
müssen selbstloser werden, und unser Bestreben
soll sein, der Menschheit zu dienen.
— — —
Den ganzen Morgen spazierte der Meister im Garten in Gesellschaft des alten Mannes, des persischen Konsuls von Akka. Ab und zu kamen Pilger am Tor vorüber, die er einlud einzutreten. Die Sonne schien hell, die Rosen, Hyazinthen, Nelken, Veilchen, Anemonen u. s. f. blühen in ihrer Ueppigkeit an Farbe und Duft. Stühle wurden herausgetragen, und der Geliebte setzte sich zu den Rosenbeeten. Er war von leuchtender Freundlichkeit und verbreitete die zarten Düfte des Geistes um sich. Er sprach mit seinen Gästen über die religiösen Gebräuche der Menschen. „Es ist sehr befremdend“, sagte er, „daß gewisse „fromme“ Leute unglaubwürdige und unwissenschaftliche Ueberlieferungen ihres Glaubens skrupellos festhalten, jedoch einen ähnlichen Glauben, welchen andere festhalten, verlachen.“ Dann gab er einige Beispiele aus der mohammedanischen und christlichen Religion, um diesen Punkt zu erläutern.
Um Mittag trat er ins Haus und ich war im Begriff wegzugehen, als Basheer mit der Meldung kam, daß der Meister wünsche, ich möchte mit ihm speisen. Ihr könnt Euch meine Freude vorstellen, denn dieses Vorzugs erfreute sich keiner von uns in diesen Tagen. Der Tisch war rund und etwa 1 Fuß hoch. Wir saßen am Boden. Nur der persische Konsul und ich waren mit dem Geliebten zusammen. Ueber das Mittagessen fuhr der Meister fort, unsere Teller mit Reis, Ragout u. dgl. zu füllen. Ich genoß herzlich gerne dieses Mahl, und besonders den Vorzug, daß ich am gleichen Tisch mit Abdul Baha sitzen durfte.
Am Nachmittag war eine große Versammlung am heiligen Grab des Bab; sie wurde von Mirza Jalal und Mirza Habeeb Ahmad Off von Tiflis gehalten. Auch der Meister war zugegen. Herr und Frau Holbach waren ebenfalls da. Die Pilger setzten sich an den Wänden entlang, und als die Stühle vergriffen waren, nahmen sie am Boden Platz. Der Meister gebot mir, zu Herr und Frau Holbach zu sitzen, die ihm zunächst saßen. Seine Worte über die Scheidung zwischen Ost und West wurden ihretwegen gesprochen.
„Ihre Grenzlinien sind eingebildete. Menschlicher Geist hat sie geschaffen. Sie sind bloße Einrichtungen der Menschen“, sagte er. Dann folgten wir ihm zum heiligen Grabe. Mit zarter und manchmal kaum vernehmlicher Stimme sang er das Besuchs-Tablet. Es waren lange Pausen zwischen den einzelnen Sätzen. Den geheiligten Ort durchfluteten geistige Schwingungen, und es herrschte eine unbeschreibliche Atmosphäre der Ruhe und des Friedens. Als er den Raum verließ, nahm er Abschied von den Freunden und ging den Berg hinab. Später machten Herr und Frau Holbach einige Aufnahmen der neuen Pilger, besonders von Karaalai Emran. Letzterer bat um Erlaubnis, für alle Pilger, solange als er in Haifa ist, ihren Unterhalt bestreiten zu dürfen. Er schreitet unter den Gläubigen wie ein wahrer Riese einher. Neben seiner Größe und Breite erscheinen wir ganz klein. Es scheint mir, daß er immer zum Lächeln bereit ist und sein Lachen ungeheuer ansteckend wirkt. Auch Euch würde es so gehen.
Bei Sonnenuntergang sah ich das idealste Bild, wie ich es noch niemals zuvor gesehen hatte. In Gruppen erstiegen die Freunde den Berggipfel, dann setzten sie sich gruppenweise auf die Felsen und wie angetrieben von einer geheimnisvollen, unbekannten Macht, brachen sie in Lobgesänge und Danksagungen aus. Wie die Vögel im Paradiese sangen sie fort, bis der graue Mantel der Nacht sich über sie breitete und die Sterne auf ihrer ewigen Bahn leuchteten. Von den Bergen tönten ihre geistlichen Lieder als Echo zurück. Unsere Seelen waren entzückt von dem Reiz und der einzigartigen Schönheit dieses Anblicks, Gestern abend kannten sich diese Menschen noch nicht und heute abend vereinigten sie sich in solch intimer und freundschaftlicher Weise, daß es ist, als ob sie sich ihr Leben lang schon gekannt hätten. Ruhm sei Ihm, der diese Einigung schuf! Lob sei Ihm dargebracht, der die Herzen mit dem Licht seiner Liebe erhellt!
Bericht von Herrn und Frau Professor J. Kunz, Urbana, Jll. Amerika, über ihre Begegnung mit Abdul Baha am See Genezareth. Ostern 1921. [Bearbeiten]
Abdul Baha bewillkommnete uns herzlich und sprach: „Ich war sehr erfreut, als ich von eurer Ankunft hörte. Wenn auch alle Menschen unachtsam sind, ihr seid von Gott auserwählt. Ihr seid nach dem heiligen Land gekommen und hattet das Glück, das heilige Grab (Baha’o’llahs) besuchen zu dürfen; auch war es euch möglich, hierher zu kommen, um mich hier zu besuchen. Wie steht es um die Gläubigen in Amerika?“ Wir erwiderten dem Geliebten, die Freunde seien wohl und Mr. Vail komme jeden Monat nach Urbana, um Versammlungen zu halten. Er sagte: „Mr. Vail ist sehr standhaft, liebenswürdig und rein; seine Festigkeit in der Sache wird sich immer vergrößern. Er ist jetzt schon in hohem Maße befestigt.
Der Meister sagte uns auch, daß wir Mr. Vail sehr dankbar sein sollen, weil er uns Licht gab und für uns zur Ursache der Führung und ddes ewigen Lebens wurde. Wir sagten ihm, daß die Freunde in Aegypten herzliche Liebe ünd Grüße senden. Er erwiderte: „Sie sind entzündet und belebt von Liebe.“ Alsdann erzählten wir ihm von einer größeren Anzahl Juden, die mit unserem’ Schiff von Brindisi nach Palästina reisten. Er sagte: „In den heiligen Büchern sprechen die Propheten von dem Tag des Herrn in der letzten Zeit, und was sie voraussagten, wird jetzt alles verwirklicht. Vor 60 Jahren prophezeite die „Gesegnete Schönheit“ (Baha’o’llah) in einigen Tablets, daß die Juden ins heilige Land zurückehren werden, und was er sagte, wird sich erfüllen: „Das Zelt des Herrn wird auf dem Berg errichtet.“ Dies hat sich erfüllt. Das Zelt der „Gesegneten Schönheit“ wurde teils auf dem Berg Karmel teils auf den Ebenen und Hügeln um Akka aufgerichtet, während er ein Gefangener war. Er war zwei despotischen Königen unterworfen und verschiedenen Einschränkungen ausgesetzt. Wachen waren ihm vor die Türen gestellt und jedermann war verboten, ihn zu besuchen; aber sein Zelt wurde auf den Hügeln aufgerichtet. Er ging und hielt sich einige Tage darin auf, trotzdem er ein Gefangener war.“
Wir erzählten dem Geliebten die Geschichte des Herrn Schneider, den wir unterwegs trafen. Dieser besaß eine Fabrik in Südrußland, die er in bolschewistischem Sinn mit seinen Arbeitern betrieb. Er wurde aber bei Trotzky denunziert, kam dadurch in Lebensgefahr und mußte unter Zurücklassung von Frau und Kindern fliehen. Seine Arbeiter halfen ihm über die persische Grenze. In Persien, wo es auch sehr unruhig ist, fiel er in die Hände einer Gruppe Leute, die ihn sehr gut verpflegten und ihm jegliche Art von Freundlichkeit und Gastfreundschaft erwiesen. Diese Leute, erzählte er, nennen sich Bahai. Sie geleiteten ihn sicher nach dem nächsten Ort und übergaben ihn dort wieder Bahai. Aut diese Weise wurde er sicher bis zum persischen Golf geleitet und dort von den Bahai auf ein englisches Schiff gebracht, auf dem er sicher nach Port Said kam, wo er mit uns zusammentrat und erfuhr, daß es nicht nur in Persien Bahai gebe. Wenn Abdul Baha zur Zeit in Haifa gewesen wäre, hätte ihn Herr Schneider, welcher Deutscher ist, aufgesucht; aber so reichte ihm die Zeit nicht.
Als Abdul Baha diese Geschichte gehört hatte, sagte er: „In solcher Weise sollten alle Bahai handeln. Sie sollten die Barmherzigkeit Gottes allen Menschen der Erde angedeihen lassen, und zwar ohne Unterschied der Rasse und Religion. Baha’o’llahs Licht leuchtet für alle, der Regen der Barmherzigkeit ging auf alle Himmelsgegenden nieder, seine Sonne scheint gleich warm auf die Reinen und die Sünder. Der Regen fällt auf den guten wie auf den steinigen Boden. Die Eigenschaften der Bahai sollten so beschaffen sein, daß jeder einzelne ein Licht der Führung für alle Menschen würde.“
Abdul Baha fuhr fort: „Ostern hat
für uns eine neue Bedeutung. Die Auferstehung
erscheint in neuem Lichte. Es
ist ein bedeutungsvolles Zusammentreffen,[Seite 180]
daß wir uns an diesem Ort befinden,
wo Christus den Petrus aufforderte, seine
Netze zu verlassen und ein Menschenfischer
zu werden.“ Er bezeichnete uns
den Platz, wo dieses geschehen sein soll,
etwa 150 Meter von uns entfernt. Die
Bergpredigt sei auf dem Berge Tabor
gehalten worden. Ein uns begleitender
Jude sagte uns, dieser Berg beherrsche
ganz Galiläa.
Ostermontag. Der Meister besah sich eine Photographie von Kindern, dabei konnte man sehen, wie sein Gesicht aufleuchtete, und als er sie eine Zeit lang angesehen hatte, sagte er: „Dies sind leuchtende Gesichter. Diese Kinder werden wirkliche Bahai werden. denn sie haben eine Bahaierziehung, Sie werden gute Bahai werden.
Frage des Herrn Kunz: „Die Wissenschaft leugnet die Unsterblichkeit; wie erkennt der Prophet das Gegenteil?
Antwort: „Die Wissenschaft weiß in dieser Hinsicht nichts; aber die Manifestation macht Entdeckungen durch die Macht des Geistes. Zum Beispiel, ein Philosoph findet einen Weg mit Hilfe der Induktion (Schlußfolgerung) heraus. Der Prophet aber unterscheidet und erkennt ihn durchs Schauen. Ein Blinder muß seinen Weg Schritt für Schritt mit dem Stock suchen. So ergeht es auch dem Philosophen: er gelangt durch Argumente von Voraussetzungen zu Schlüssen; er findet also nichts durch Schauen. Aber die göttlichen Manifestationen sehen mit dem inneren Auge; sie haben nicht nötig, auf andere Weise Entdeckungen zu machen. Der Wissenschaftler gleicht mit seiner Induktion dem Blinden, der keine zwei Schritte vor sich sehen kann. Der Prophet aber sieht auf weite Entfernungen und in die Zukunft!“
Frage: Werde ich meine verstorbene Mutter wieder sehen?“
Antwort: „Sicherlich, eine Trennung gibt es nur dem Körper nach.“
Frage: Wird einst der Tag kommen, an dem es allen Menschen möglich sein wird, durchs Schauen zu erkennen?“
Antwort: „Es wird immer solche geben, die durchs geistige Schauen erkennen, Es ist aber nur eine bestimmte Anzahl, wie Christus sagte: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ Es wird immer so sein. Eine solche innere Verwandlung ist von den göttlichen Gaben abhängig. Das Mineral macht auf seiner eigenen Stufe Fortschritte; aber der Uebergang vom Mineral- zum Pflanzenreich geht nur durch die göttliche Macht vor sich. Ebenso vollzieht sich der Uebergang vom Pfanzen- zum Tierreich nach Gottes Plan. Von selbst vollzieht sich diese Verwandlung nicht. Im Menschenreich ist diese Verwandlung in eine andere Persönlichkeit nur durch göttliche Gabe möglich.“
„Frage: „Wenn manche Wissenschaftler die Religion ablehnen, wie sollen wir ihnen alsdann entgegnen?“
Antwort: „Ihr müßt weitherzig (tolerant) und geduldig sein, weil die Stufe des Schauens eine Stufe der göttlichen Gaben ist. Sie ist nicht auf besondere Fähigkeit gegründet.“
Frage: „Was ist nötig, um erfolgreiche Versammlungen zu bekommen?“
Antwort: „Vor der Versammlung müßt ihr beten und flehen um göttlichen Beistand.“
Frage: „Sollen wir viel Zeit zum Studium der Philosophie verwenden?“
Antwort: „Ihr müßt in allem Maß halten. Maßlosigkeit ist verwerflich. Uebertreibet nichts, auch nicht im Denken. Auch in diesem Stück müßt ihr Maß halten; denn wenn ihr zu viel denket, seid ihr unfähig, eure Gedanken zu kontrollieren.“
Ich bat den Meister, er möchte mir beim Lösen von Problemen in den physikalischen Wissenschaften beistehen. Er sagte: „Du wirst imstande sein, diese Probleme zu lösen. Zu uns beiden gewandt sagte er: „Ihr seid bestätigt, euch wird neben der wissenschaftlichen Macht eine andere Macht beistehen.“
Frage: „Warum ist so viel Uebel in der Welt?“
Antwort: „Gott erschuf für jede Krankheit ein Heilmittel; aber dieses muß angewendet werden. Anstatt dies zu tun, rennen die Patienten von dem erfahrenen Arzt weg, behandeln ihn geringschätzig und laufen unerfahrenen Aerzten nach, die ihr Leiden noch verschlimmern. Die Worte der religiösen Führer haben keinen Einfluß mehr auf sie. Diese Aerzte sind kränker als ihre Patienten. Diese sogenannten geistigen Führer haben keinen Glauben, obgleich sie, um sich ihre Stellung zu sichern, vorgeben, Glauben zu haben.“
Aus einem Brief von Frl. J. Hauff, Stuttgart, an ihre Eltern. [Bearbeiten]
Haifa, Samstag, 3. Dez. 1921,
....Wie im Traum sind diese letzten Tage vorübergegangen. Seit ich Euch am! Montag schrieb, nachdem! das Unfaßbare geschehen war — unfaßbar, weil es so unerwartet geschah — hat sich viel zugetragen, Ehe ich Euch einiges davon erzählte, möchte ich Euch danken aus tiefstem Herzen dafür, daß Ihr mich hierher reisen ließt, daß ich die herrlichen, die schweren und unbeschreiblich schönen Zeiten hier erleben durfte.... Erst nach Tagen, nachdem ich hier war, ging mir allmählich ein Gefühl dafür auf, was das ist, wer das ist, der in unbeschreiblich vergeistigter menschlicher Hülle, immer gütig, immer liebevoll, aber schon halb abwesend, unter uns war, mit uns sprach. Ich bin es nicht wert, daß diese strahlenden, leuchtenden, durchdringenden blauen Augen auf mir ruhten, daß dieser gütige Mund liebevolle, schöne Worte über mich sprach — und nutzlos und verfehlt müßte mir mein Leben erscheinen, wenn nicht die Macht des Erlebten mir die Kraft gäbe, mein Leben wirklich umzuwandeln und zu einem hohen Ziel zu führen!
Herr und Frau Bosch, Dr. Krug und Frau und ich, die einzigen westlichen Gäste, waren fast immer drüben, im engsten Familienkreise. Am Montag Abend durften wir, als einzige außer der Familie, auf unsere Bitte hin nochmals das Gesicht des Meisters sehen. Wie schön das war! Der Friede, die Ruhe! Ich glaube nicht, daß ich je in meinem Leben wieder ein so über alle Worte schönes Antlitz sehen werde, wie es das Abdul Bahas im Leben und im Tode war —. Den ganzen Tag und die Nacht darauf war ich noch wie erstarrt, kaum fähig zu denken, kaum fähig, den Jammer mitzufühlen und mitanzusehen bis zum nächsten Morgen; da änderte sich das alles! Wir waren um 8 Uhr hinübergegangen, waren noch einmal, ein letztes Mal in dem Zimmer, in dem Er zu uns gesprochen hatte, als er nicht wohl gewesen war, und in dem er gestorben ist — vor dem Lager, auf dem die schöne, weiß verhüllte Gestalt ruhte — dann standen wir, Bosch’s und ich allein in der großen Halle und die Schwiegersöhne kamen vorbei, um den Sarg zu holen; sie riefen Herrn Bosch, der half den Sarg ins Sterbezimmer zu tragen und den Körper hineinzulegen. Für kurze Zeit wurde der Sarg dann in der Halle gelassen und mohamedanische Geistliche, die ebenso wie die Juden und Christen um die Erlaubnis gebeten hatten, kommen zu dürfen, sprachen ein kurzes Gebet. Dann wurde der Sarg auf den Schultern von 8 Männern, die oft wechselten, den Berg hinaufgetragen. Nie in meinem Leben werde ich diesen Gang vergessen! Ueber eine Stunde lang folgten wir dem Sarg, der die. sterbliche Hülle des geliebten Meisters barg — nach stürmischen Regentagen strahlendes Wetter, tiefblau das Meer, tiefblau der Himmel — langsam, langsam folgte die Menschenmenge, ehrfurchtsvoll und scheu, dem Herrscher, der zu tiefem Schweigen, zu tiefer Ruhe gegangen war. Wer konnte, ging mit, Volk und Militär zu beiden Seiten des Wegs. Die Regierung und die Vornehmen „Sir Abbas Effendi“, die Armen ihrem Wohltäter, die Bewohner von Haifa ihrem Berater, andere dem größten Gelehrten, Philosophen und Weisen, mit dem sie gerne sprachen, zu geleiten — Menschen aller Sprachen, Nationen und Bekenntnissen, die sich aber nur flüchtig oder auch gar nicht für seine Sache interessierten, drängten sich um seinen Sarg. Ein Siegeszug, die erste Frucht, wenigstens die erste sichtbare Frucht seines Leideniebens in dieser mit Blindheit geschlagenen Gegend war es. Aber ehe ich all das bemerkte, war das Neue, Beglückende über mich gekommen: während wir langsam den steilen Berg hinaufstiegen und das tiefblaue Meer, die weiße Stadt Baha’o’llahs, den strahlenden blauen Himmel sahen, wich alle Traurigkeit, und ein Gefühl der Stärke, des Trostes kam über mich, es war, als ob Abdul Baha nicht gegangen wäre, als ob der Geist der Kraft und Schönheit, der aus seinen Worten sprach, plötzlich, unerklärlich, ohne Worte, ohne Anlaß, über mich gekommen wäre und mich über die trauernde Menge tröstend in die Nähe seiner Liebe und seines lebendigen Lebens führte — (Was ich da schreibe, kann ja unmöglich ein Bild geben von dem, was ich empfand, aber ich finde nicht die Worte.) Frau Bosch hatte ähnliche Empfindungen wie ich und Mrs, Krug sagte: it was the most wonderful experiance (dies war das wunderbarste Erlebnis) —
Oben vor dem Grabgebäude des Bab wurde
der Sarg niedergesetzt und ungefähr 5 oder 6
arabische und eine französische Rede wurden
gehalten, alle von Nichtbahai, die von seinem
Leben und von seinen Lehren wenig wußten.
Ich hoffe, daß ich Uebersetzungen bekommen
kann. Der Franzose sagte, daß alle tiefbewegt
am Sarge eines Mannes ständen, der die Religion
der Seele verkündigt habe, dessen Worte
und Taten sich völlig decken, der die schönsten
Gedanken aller Phiolsophen und Religionen der
Welt so gab, daß diese sie annehmen kann, und[Seite 182]
er schloß etwa mit den Worten: Nicht nur die
Einwohner von Akka und Haifa und die Perser
in seinem Lande, sondern alle zivilisierten Völker
weinen heute an der Bahre dieses Großen.“
Sehr schön seien auch die arabischen Reden gewesen.
Allen in Haifa, der Regierung, die
ihre Flagge auf Halbmast senkte, sogar den Leuten, die gleichgültig oder feindlich uns gegenüberstanden,
weil sie aus ihrem Fanatismus und
ihren Vorurteilen nicht herauskommen, allen ging
eine Ahnung auf, daß einer der Allergrößten von
ihnen gegangen ist. Wieder wie bei Christi
Begräbnis „Der Vorhang des Tempels zerriß
in 2 Stücke“. Der Vorhang, der das wirkliche
Licht nicht in den Tempel der Religion kommen
lassen will. Gebe Gott, daß er zerrissen
bleibt und das Licht hereinkommen kann! Abdul
Baha wurde vor 2 Jahren gefragt, wann
das Blutvergießen und die schrecklichen Aufstände
auf der Welt aufhören. Er antwortete:
„Wenn die Welt weise genug geworden sein
wird, die Lehre Baha’o’llahs anzunehmen.“
Nachdem alle Reden vorüber waren, wurde der
Sarg im Grabgebäude beigesetzt, wo er bleiben
wird, bis die Bestimmungen, die Abdul Baha
getroffen hat und sein letzter Wille gelesen
werden, was durch seinen ältesten Enkel, der
nächster Tage aus England zurückerwartet wird,
geschehen wird.
Der herzbrechende Jammer der Familie, besonders der armen eingesperrten Frauen, deren einziges geistiges Leben er war, ist noch schwerer, noch furchtbarer und schmerzlicher als für die Männer, er ist für sie ein unersetzlicher Verlust! Für alle war es so plötzlich gekommen, obwohl der Meister seit Monaten fortwährend von seinem Heimgang sprach — sie hatten es nicht verstanden, wohl weil sie es einfach nicht glauben konnten. Erst jetzt kam es allen zum Bewußtsein. Und er war so müde, so müde! Er sagte es uns, er sagte es allen. Frau Bosch sagte mir schon am ersten Tag: „Sein Werk ist vollbracht, volltändig getan, alles wurde gesagt — jeder weitere Tag ist ein Gnadengeschenk.“ Wir haben nicht gewagt, Fragen zu stellen, nicht die Briefe abzugeben, da wir hörten, 400 Briefe lägen noch unbeantwortet da, aber er wollte sie in seiner großen Liebe und Güte für Deutschland doch haben und sein allerletztes Tablet geht an Deutschland. Auch Krugs sagten, es läge wie ein Schleier um ihn, er sei ganz anders als früher. Ich habe erst die Fremdheit wie gegen etwas zu hohes, zu unbegreifliches beim ersten Begegnen empfunden und später, als seine Güte das überbrückte, das Gefühl gehabt, daß er kaum mehr Mensch sei. Am Sonntag, als er wieder so viel besser war, daß wir alle ganz glücklich waren, sagte er seiner Familie, daß er sie jetzt verlasse, daß sie der Sache Gottes treu dienen und keine Feinde hereinkommen lassen sollen, Und dann habe er noch gesagt „Dies ist mein letzter Tag.“ Aber keinem kam zum Bewußtsein, was er damit meinte, sie dachten, er wolle eine plötzliche Reise machen; wie er es oft tat, und wie er am letzten Tage sprach, habe er gelächelt wie bei einem Scherz, und da er es liebte, Scherze zu machen, nahmen sie es nicht ernst. Dann sagte er seiner Tochter Ruah, er brauche nichts, er sei ganz wohl, alle sollten sich schlafen legen — nur sie blieb bei ihm, Als er in der Nacht um 1 Uhr über Atemnot klagte und sie ihm das Moskitonetz zurückschlug und ihm Milch reichen wollte, habe er gesagt: „Du willst mir Milch geben, jetzt wo ich sterbe?“
Sie hat sofort Dr. Krug kommen lassen, an dem Rufen bin ich auch aufgewacht, aber wie er kam, war der Meister schon gegangen. „Wie der Dieb in der Nacht“ war sein Kommen und sein Gehen, damit auch diese Prophezeiung erfüllt sei!
Aber jetzt ist die Zeit zu arbeiten für alle, für die Deutschen besonders, die er so liebte, an die seine letzte Botschaft geht — zu arbeiten, um die Einheit vor allem aufrecht zu erhalten und alle Kinderkrankheiten endgültig zu überwinden! — Am schwersten zu tragen für mich war der Jammer der unglücklichen, hilflosen Frauen, die in ihren Häusern eingeschlossen und hinter ihren dichten, schwarzen Schleiern verborgen, nicht wie wir arbeiten oder sich zerstreuen können, um über ihren Schmerz hinwegzukommen — dazu die schauderhafte orientalische Sitte, die sie zwingt, 7 Tage lang von früh bis abends Besuche anzunehmen und das Geheul und Gejammer von all den syrischen Weibern mit anzuhören, die ihnen ganz fern stehen, auch türkische und arabische sind da — den ganzen Tag geht es weiter ohne Erbarmen; je vornehmer und geehrter der Verstorbene, je mehr Geheul und je länger der Besuch. Es tut mir in der Seele leid, aber ich kann kaum was helfen, weil ich die Sprache nicht beherrsche. Wir sind oft drüben, vorgestern schickten sie sogar nach. uns, unsere Anwesenheit mit unserer beherrschten Ruhe und wirklichem Mitgefühl und Mitschmerz scheint ihnen sehr wohl zu tun, ihre einzige Freude sei noch, die Freunde bei sich zu haben und zu beten, würdig zu werden, des Meisters Willen auszuführen.......
La bonfaroj, kiujn Dio donas al la homoj. [Bearbeiten]
Dio regas ĉion, li estas ĉiopova. Kial li sendas ĉagrenegojn al siaj servistoj? Estas du specoj da mizero.
1. La sekvoj de la propra agmaniero. Se homo tro multe manĝas, li malutilas sian digeston. Englutante venenon, li grave malsaniĝas aŭ eĉ mortas. La ludulo perdas sian monon. Homo, malmodere trinkante, perdas sian egalpezon. Ĉitiuj suferoj estas memŝulditaj, kaj tial estas tute klare ke multaj zorgoj estal la sekvo de nia propra agmaniero.
2. Estas ankaŭ zorgoj, kiujn Dio sendas al siaj fideluloj. Kemoru la grandajn suferojn de Kristo kaj de liaj apostoloj. Tiuj, kiuj pleje suferas, akiras la plej grandan perfektecon,
Tiuj, kiuj diras, ke ili volonte suferus por la afero de Kristo, devas pruvi sian sicerecon; tiuj, kiuj akcentas sian oferemon, povas pruvi la verecon de siaj vortoj per faroj. Hiob montris la sincerecon de sia amo al Dio per tio, ke li restis fidela ne nur en feliĉo, sed ankaŭ en malfeliĉo. Ĉu la apostoloj de Jesuo Kristo ne persiste suferis mizeron kaj ĉagrenegon? Ĉu tiu Beralaicmo, ne estis la plej bona pruvo? Tiuj suferoj nun estas finiĝintaj.
Kaitas vivis komforte kaj feliĉe, dum la vivo de Petro estis plena de zorgoj kaj ĉagrenoj; kiu el ambaŭ nun estas la pli enviinda? Certe ni elektus la nuntempan staton de Petro; li posedas etetnan vivon, dum Kaifas akiris eternan honton. La tentaĵoj de Petro atestis lian sinceron, Tentoj estas bonfaroj de Dio, por kiuj ni devas al li danki. Ĉagrenoj kaj zorgoj ne atakas nin hazarde, ili estas senditaj al ni per dia kompato por nia perfektiĝo. Kiam homo estas feliĉa, tiam li oite iorgesas sian Dion; sed kiam mizero kaj zorgoj lin subigas, tiam li memoras pri sia dia patro, kiu estas kapabla, lin savi de lia subigo.
Tiuj homoj, kiuj neniam suferis, ne akiras perfektecon. Planto, zorgeme detranĉita de la ĝardenisto, plej bele floros kaj portos la plejmultajn fruktojn.
La kamparano plugas kaj fosas la teron, kaj de tiu tero li ricevas riĉan rikolton. Ju pli homo estas punata, des pli granda estas la rikolto de la spiritaj virtoj, kiun li akiras. Soldato, ne estinte en fajro de la batalo, ne ricevinte gravajn vundojn, ne povas fariĝi bona generalo.
La preĝo de la profetoj estis kaj estas ĉiam; Ho, Dio! Mi sopiras, verŝi mian sangon por vi kaj montri mian ofermon al vi.
La beleco kaj harmonio en la diverseco. [Bearbeiten]
La kreinto de ĉio estas unu Dio. Tiu ĉi Dio estigis la tutan kreitaĵaron, kaj ĉiuj estaĵoj en la naturo bezonas lin. La ideo de la tutaĵo estis korbigita en la vortoj de Kristo, kiam li diris: „Mi estas la ,alfas kaj omega', la komenco kaj la fino“. La homo estas la krono de la universo, kaj la perfekta homo estas la esprimo de la ideala pensado de la kreinto.
Rigardu la estaĵojn, kiel diversaj kaj multilankaj ili estas en siaj specoj, kaj tamen ĉiuj havas nur unusolan originon, Ĉiuj diversaĵoj, kiuj povas esti perceptataj en la tuta naturo, konsistas nur laŭ la ekstera formo kaj laŭ la koloro.
Rigardu belan ĝardenon, plena de floroj, arbetaĵoj kaj arboj. Ĉiu floro havas alian ĉarmon, specialan belecon, apartan bonodoron kaj sian belan koloron. Ankaŭ la arboj, diversaj ili estas laŭ la grando, laŭ kreskado kaj en foliaro; diversspecaj estas la fruktoj, kiujn ili portas. Tamen, ĉi tiuj arboj, arbetaĵoj kaj floroj kreskas en la sama tero; la sama suno varmigas ilin kaj la samaj nuboj donas al ili pluvon.
La samo estas ankaŭ ĉe la homaro. Ĝi estas kunmetita el multaj rasoj, kaj ĝiaj popoloj havas diversajn koloroj: nigra, blanka flava, bruna, ruĝa; sed ili ĉiuj estas kreitaj de la sama Dio, kaj ĉiuj estas liaj servistoj. Tiu diverseco inter la homoj malfeliĉe ne havas la saman efikon, kiel oni povas ĝin rimarki en la vegetaĵaro. Tie ĝi efikas harmonie, dum inter la homoj regas la pasio, kaj tiu ĉi estas, kiu kaŭzas militon kaj malamon inter la diversaj nacioj de la mondo.
Iliaj diveraĵoj, ĝustadire nur diversaĵoj
de la sango, igas ilin pereigi kaj mortigi
unu la alian. Ve, se tio daŭrus por ĉiam.
Ni admiru la ĉarmon de la diverseco kaj
la belecon de la harmonio, kaj ni lernu de
la vegetaĵaro. Se vi vidus ĝardenon, en
kiu siu ŝiuj plantoj rilate je formo, koloro
kaj bonodoro estus la samaj, vi ne juĝas
ĝin bela, sed unuforma kaj enuiga. En
ĝardeno, kiu estos plaĉanta niajn okulojn
kaj estas ĝojiganta nian koron, devas [Seite 184]
unu apud la alia floroj de diversa koloro,
de diversaj formoj kaj bonodoroj; ĉar precipe
la kontrasto en la coloro donas al la
ĝardeno ĝian ĉarmon kaj ĝian belecon.
Ankaŭ ĉe la arboj ni rimarkas la saman.
Fruktĝardeno kun multe da fruktarboj estas
same raviga kiel parkaĵo, plantita per multspecaj
arbetaĵoj. Tiu diverseco kaj multo-
bleco havas apartan ĉarmon; apud la fakto,
ke ĉiu kreskaĵo estas bela je si mem, ĉiu
floro, ĉiu arbo kaj ĉiu frukto akcentas per
kontrasto la ecojn de la aliaj kaj montras
en profita maniero la apartan ĉarmon de
unu kaj de ĉiuj.
Tiamaniere devus esti ankaŭ inter la homoj. La diversaĵoj en la homa familio devus kaŭzi amon kaj harmonion, simile kiel en la muziko diversaj notoj, ĝuste kombinitaj, formas perfektan akordon. Renkontante homon, kiu apartenas al alia raso kaj havas alian koloron ol vi mem, ne suspektu lin kaj ne montru rezervan konduton, sed ĝoju pri la okazo, fari al li afablaĵojn.
Pensu pri tia homo kiel prie diverskoloraj razoj, kiuj kreskas en la bela ĝardeno de la homaro, kaj ĝoju, ke vi estas rajtigataj, esti inter ili. Ne deturnu vin de persono, havanta alian opinion ol vi; ĉiuj serĉas la veron, kaj ekzistas multaj vojoj, kiuj kondukas al ĝi. Ekstere la vers estas diversaspekta, sed ĝi estas kaj restas ĉiam nur unu.
Zorgu pri tio, ke opinioj diversaj aŭ eĉ kontrastaj ne vin disigu de viaj kunhomoj, ke vi ne fariĝu la kaŭzo de disputo, de malamo kaj milito en la koroj de viaj kontraŭnloj. Serĉu fervore la veron kaj inter amikiĝu kun ĉiuj homoj.
Ĉiu konstruaĵo konsistas el multaj diversaj ŝtonoj. Ĉiu ŝtono estas dependa de la aliaj tiamaniere, ke la tuta konstruaĵo havus malutilon, se unu ŝtono estus malĝuste lokigita; mankhava ŝtono malperfektigas la tutan aranĝon.
Baha'o'llah projektis la unuigon de ĉiuj popoloj, la kunvenigon de ĉiuj sub la tendo de la universala unueco. Tio estas la faro de la dia favoro. Ni ĉiuj devas klopodi kore kaj anime, ĝis ni estas efektivigitaj la unuecon en nia mezo; fevore laborante ni ankaŭ rizevas la forton por tio. Subpremu ĉiujn egoistajn pensojn kaj klopodu nur pri tio, esti obeemaj, humilaj laŭ la volo de Dio. Nur tamaniere ni povas fariĝi anoj de Vreĝlando de Dio kaj akiri eternan vivon.
Mitteilungen. [Bearbeiten]
Die Gedächtnisfeier für Abdul Baha findet in Stuttgart am 7. Januar 1922 abends 8 Uhr im Versammlungssaal des Bahai-Bundes — Bürgermuseum, Langestr. 4 — statt. Die auswärtigen Bahaifreunde, welche an der Versammlung in Stuttgart nicht teilnehmen können, werden freundlichst gebeten, entsprechend der Anordnung von Haifa, an ihrem Wohnsitz mit ihren Freunden eine ernste Feier zum Gedächtnis an das Abscheiden unseres geliebten Meisters und seinen Eingang in das Reich seines Vaters zu begehen, Beherzigenswert ist die ernste Mahnung zur Einigkeit, Wer diese Mahnung außer Acht läßt, verstößt gegen einen der hauptsächlichsten Wünsche des geliebten Meisters und handelt nicht im Sinne der heiligen Sache. S
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Soeben ist im Bahai-Verlag ein Heftchen mit der Aufschrift 9 erschienen, das in vielen Sprachen in gleicher Ausführung unter Wahrheitssucher verteilt wurde. Wir machen besonders darauf aufmerksam, da dies kleine Heft Perlen der Weisheit birgt und als vorzüglicher kleiner Auszug gelten kann, der die Bahai-Prinzipien und das Wesentlichste der Lehre enthält, Preis für 100 Stück Mk. 55.—, Einzelheft Mk. —.60. Zu beziehen durch den Bahai-Verlag, Stuttgart, Hölderlinstraße 35.
Mit diesem Heft, das auf unser bürgerliches Neujahr erscheint, senden wir allen lieben Bahaifreunden von nah und fern die herzlichsten Glück- und Segenswünsche. Möge in diesem Jahr, dem ersten, an dem unser aller Vorbild und Meister Abdul Baha körperlich nicht mehr unter uns weilt, sein Geist der Liebe, des Friedens und der Einigkeit um so mächtiger unter uns und in der ganzen Welt wirken, und möge er jedem Einzelnen von uns wie ein hellstrahlendes Licht auf seinem Gang durchs neue Jahr, das so dunkel vor uns liegt, voranleuchten!
Die Bahailehre bringt eine neue Zeitrechnung, die ihren Jahresanfang auf den 21, März verlegt. Wir werden in der Märznummer näher darüber berichten. Die Schriftleitung.
Anfragen, Beiträge und alle die Schriftleitung betreffende Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstraße 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre. [Bearbeiten]
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion“ und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha’o’llahs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde“) und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation“, die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha’o’llahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha’o’llah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc, Dies kommt daher, daß Baha’o’llah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha’o’llah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha’o’llah).
Die Hauptschriften Baha’o’llahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete, Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert. Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha’o’llah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha’o’llah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustré supplement, p. 66.)