SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT 5 | IX. JAHRGANG | JULI 1929 |
[Seite 64]
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i - Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Herausgegeben vom Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes, Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark. |
Heft 5 | Stuttgart, im Juli 1929 Kalimát — Vollkommenheit |
9. Jahrgang. |
Inhalt: Verzeichnis der „frohen Botschaften“. — Die Wirklichkeit der Religion. — Worte 'Abdu'l-Bahás. — 'Abdu'l-Bahá am See Tiberias zu einer Gruppe von Freunden. — Sei wachsam! — Auszüge aus Tablets von 'Abdu'l-Bahá. — Aus Tablets von 'Abdu'l-Bahá. — Läuterung. — 'Abdu'l-Bahá und das verheißene Zeitalter, von Ruth White.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.
Jedes Martyrium hat seine Ursache und seinen Zweck im Einzelleben wie im Völkerleben, ob wir dies begreifen und einsehen, ändert an der Tatsache nichts.
'Abdu'l-Bahá.
Was dem einen Reform und Verfassung bedeutet, nennt der andere unberechtigten Umsturz und Verschlimmerung, der Dritte, der wahre Weise lobt und tadelt nicht; er weiß, die Wahrheit liegt irgendwo zwischen Reform und Umsturz. Die Zeit kommt erst und wird die Spreu vom Weizen trennen.
'Abdu'l-Bahá.
'Abdu'l-Bahá hat wiederholt gesagt, daß es der Wunsch Bahá’u’lláhs war, die „frohen Botschaften“ immer wieder in den Versammlungen der Bahá’i zu lesen und sich mit deren Inhalt eingehend vertraut zu machen; zur leichteren Orientierung geben wir nachfolgend ein Inhaltsverzeichnis:
Kurzer Inhalt des Tablets „Ishrakat“ von Bahá’u’lláh.
1. Ishrakat: Gebot der größten Ehrfurcht vor der Religion, als dem
hellen Licht und dem starken Schutz für die gesamte Menschheit.
2. Ishrakat: Gebot des dauernden Völkerfriedens.
3. Ishrakat: Gebot der Erhaltung der äußeren Ordnung durch Strafe und Belohnung.
4. Ishrakat: Gute Taten und Sitten sind höher zu achten als ein mächtiges Heer und wahre Frömmigkeit mehr als ein guter Heerführer.
5. Ishrakat: Gebot einer gerechten Behandlung der Beamten nach Verdienst und Würdigkeit.
6. Ishrakat: Gebot der Vereinigung und Harmonie der Menschen untereinander durch eine Einheitssprache und Einheitsschrift. Vaterlandsliebe und Liebe zur ganzen Menschheit müssen vereinigt werden.
7. Ishrakat: Gebot einer allgemeinen, bestmöglichen Erziehung und Schulbildung für die Kinder beiderlei Geschlechts als Pflicht der Eltern und im Notfall als Fürsorgepflicht des „Hauses der Gerechtigkeit“.
8. Ishrakat (zum Buch Akdas gehörig) enthält Bestimmungen über die Obliegenheit und Bedeutung des „Hauses der Gerechtigkeit“ als oberste Verwaltungsbehörde, deren Mitglieder göttlich inspiriert und deshalb als „Vertrauensmänner Gottes“ zu betrachten sind.
9. Ishrakat: Die göttliche Religion ist die Sonne der Einigkeit, die Harmonie, die niemals Streit und Mißklang unter die Menschen bringen soll.
Kurzer Inhalt des Tablets „Tarázat“ von Bahá’u’lláh.
1. Taráz: Zweck dieses Tablets ist, die Menschen ihr eigenes Selbst und den
Sinn ihres Daseins erkennen zu lassen. Solche, die sich die Erziehung und
Veredlung der Menschen zur Aufgabe machen, bedürfen eines hinlänglichen Auskommens. — Ein klares
geistiges Auge ist nötig, um das zu entdecken, wofür der Mensch erschaffen wurde. — Die
Bahá’i müssen in allen Fällen richtig handeln und die Menschen zu dem
führen, was edel und würdig ist.
2. Taráz: Gebot, mit den Bekennern aller Religionen in Freundlichkeit zu verkehren und in allen Angelegenheiten Gerechtigkeit walten zu lassen. Wir sollen nach Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit, Einigung und Harmonie streben, denn sie sind die Ursache der Ordnung in der Welt und des friedlichen Zusammenlebens der Nationen. Von Haß und Zwietracht muß man sich frei machen und sich an dem Seil des Mitleids und der Freundlichkeit festhalten.
3. Taráz: „Ein guter Charakter ist das beste uns von Gott verliehene Kleid.“ Er besteht in den „Eigenschaften und Tugenden der allerhöchsten Heerscharen“. Gerechtigkeit und Unparteilichkeit ist stets unter allen Umständen zu beobachten, denn sie führen dazu, die Dinge mit den eigenen Augen und nicht mit den Augen anderer zu betrachten und sie zu erkennen durch eigene, nicht durch fremde Erkenntnis.
4. Taráz: Vertrauenswürdigkeit ist die größte Auszeichnung für das Volk
[Seite 67]
Bahás, sie ist ein Ehrenkleid und eine Ursache des Wohlstandes der Völker.
5. Taráz: Ueberall die Wahrheit zu sprechen und Aufrichtigkeit zu beweisen ist unsre Pflicht. Stellung, Rang und Talent des Einzelnen sind zu achten. Ueble Nachrede ist zu meiden.
6. Taráz: Die Zeitungen sind eine wunderbare Einrichtung und eine große Sache, sie müssen aber frei sein von Vorurteilen und Selbstsucht und über alles wahrheitsgetreu schreiben, nachdem sie die Tatsachen zuvor selbst erforscht haben.
Kurzer Inhalt der „Worte des Paradieses“ von Bahá’u’lláh.
Erstes Blatt: Die Gottesfurcht ist der sicherste Schutz für die gesamte menschliche
Gesellschaft und das Hauptmittel zur Erhaltung der Menschlichkeit.
Zweites Blatt: Die Religion ist das vortrefflichste Mittel, um Ordnung und Ruhe in der Welt zu erhalten.
Drittes Blatt: Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Selbstlosigkeit und Demut sind die Eigenschaften, die der gesamten Menschheit nützlich sind.
Viertes Blatt: Gesegnet ist der Regent, der die Ichsucht beherrscht, die Leidenschaftlichkeit überwindet und Rechtlichkeit und Unparteilichkeit übt.
Fünftes Blatt: Weisheit ist die größte Gabe und der höchste Segen Gottes.
Sechstes Blatt: Gerechtigkeit ist das göttliche Licht, das Einigkeit und Harmonie für die Menschen bringt.
Siebtes Blatt: Diese Welt ist nur ein Heim und ein Vaterland für alle Menschen! Von allem, was Mißklang hervorbringt, wende man sich ab und kehre sich dem zu, was die Harmonie fördert.
Achtes Blatt: Die Kinder müssen in den Prinzipien der Religion erzogen werden. Die religiöse Belehrung darf aber nicht in einer Weise geschehen, daß blinder Fanatismus und ungesunde Frömmelei entstehen. Die Erlernung von Sprachen soll sich zunächst auf zwei (Muttersprache und Weltsprache), später auf eine (die Welt-Einheitssprache) beschränken; ebenso soll nur eine Schrift gelernt werden, um Zeit für andere Kenntnisse zu gewinnen.
Die Mitglieder des „Hauses der Gerechtigkeit" müssen aus den allgemeinen Verordnungen das zur Durchführung bringen, was ihnen für die jeweiligen Verhältnisse als das Angemessene und Richtige erscheint.
Neuntes Blatt: Mäßigung in allen Angelegenheiten ist wünschenswert. Die Glieder des „Hauses der Gerechtigkeit" haben die Pflicht, sich der Dienstboten, Kinder und Arbeiter anzunehmen. Gesegnet ist der Fürst, der einem Gefangenen beisteht, der Reiche, der sich des Bedürftigen annimmt, der Gerechte, der dem Unterdrückten zu seinem Recht verhilft.
Zehntes Blatt: Strenge Kasteiung und ein Leben in völliger Trennung vom menschlichen Verkehr (Einsiedler) ist Gott nicht wohlgefällig und beruht auf falscher Einbildung. Von allem, was den Fortschritt hemmt, soll man sich abwenden. — Barmherzigkeit ist die hervorragendste unter allen Tugenden und vor Gott besonders angenehm. Vor dem Geiz soll man sich hüten.
Elftes Blatt: Ermahnt, das zu befolgen, was in der „größten Manifestation" geoffenbart ist, denn sie ist dazu bestimmt, die Menschheit zum höchsten Horizont (zur höchsten Stufe) zu erheben, sie von allem Mißklang, der durch religiöse Meinungsverschiedenheit entsteht, zu befreien, die Schätze der Erkenntnis und der Weisheit zu heben und zur Einigung der verschiedenen Nationen zu führen.
Kurzer Inhalt des Tablets „Tajalleyat“ von Bahá’u’lláh.
ı. Tajalley: Der erste Lichtstrahl von der Sonne der Wahrheit ist die Erkenntnis Gottes, die nur erlangt werden kann, wenn wir den „Größten Namen“ kennen.
[Seite 68]
2. Tajalley: Der zweite Lichtstrahl ist die Standhaftigkeit in der Sache Gottes
und in Seiner Liebe, die erlangt wird durch die Erkenntnis Gottes als den,
„Der tut, was Er will“.
3. Tajalley: bezieht sich auf die Bedeutung der Wissenschaften und Künste. Nützliches Wissen sich anzueignen, ist allen zur Pflicht gemacht, die Erkenntnis bildet gleichsam die Schwingen zum geistigen Aufstieg der Menschen und gewährt einen großen Vorzug gegenüber den Unwissenden. Sie ist das Mittel, um Ehre, Wohlergehen, Freude und Glück zu erlangen.
4. Tajalley: bezieht sich auf die Göttlichkeit der Manifestation. Die Bahá’i haben das anzunehmen und anzuerkennen, was durch die „Erhabene Feder“ (Bahá’u’lláh) geschrieben wurde, wie die Juden die Gebote Moses, die Moslems den Koran und die Babisten den Beyan.
Kurzer Inhalt der „Frohen Botschaften“ von Bahá’u’lláh.
1. Verbot des Religionskrieges.
2. Gebot eines gegenseitigen Verkehrs aller Völker der Erde in Freundschaft und Liebe.
3. Gebot der Erlernung einer Weltsprache in allen Schulen.
4. Gebot für alle Regierungen, die Bahá’i zu schützen, sowie der Pflicht zu gegenseitigem liebevollem Dienst.
5. Gebot des Gehorsams gegen die Regierung jeden Landes und Ermahnung zu Eintracht und Friede untereinander.
6. Gebot des allgemeinen Weltfriedens.
7. Freie Wahl in Dingen der Mode; man mache sich aber nicht auffällig.
8. Aufhebung des Einsiedler- und Mönchtums, sowie des Zölibats.
9. Das Sündenbekenntnis ist nur vor Gott, nicht vor Menschen abzulegen, weil dies den Menschen erniedrigt.
10. Verbot der Vernichtung fremder Religionsbücher.
11. Gebot des Studiums nützlicher Wissenschaften und Künste.
12. Allgemeine Pflicht zur gewissenhaften Erfüllung eines Berufs.
13. Errichtung des „Hauses der Gerechtigkeit“, dem zu gehorchen allen zur Pflicht gemacht ist.
14. Reisen und Wallfahrten zu den Gräbern der Verstorbenen sind nicht notwendig.
15. Eine Vereinigung der republikanischen Regierungsform mit dem Königtum (ähnlich der englischen parlamentarischen Regierung) wäre für alle Völker erstrebenswert und nützlich.
Die Wirklichkeit der Religion.
Worte von 'Abdu'l-Bahá.
O Heerscharen des Lebens! Ost und West beten sinkende Sterne an und wenden ihre Andacht einem sich verdunkelnden Horizont zu. Beide haben gänzlich die breite Basis von Gottes heiligen Gesetzen außer acht gelassen und sind unachtsam geworden gegen den Wert und die Herrlichkeit Seiner Religion. Sie haben gewisse Gebräuche und Synoden als die unveränderliche Basis des göttlichen Glaubens angesehen und haben sich fest darin verfangen; sie bildeten sich ein, die ruhmvollen Zinnen der Vollendung und des Gedeihens erreicht zu haben, während sie in Wirklichkeit an die äußerste Grenze der Unachtsamkeit gelangt sind und sich dadurch gänzlich der barmherzigen Gaben Gottes beraubt haben.
Der Eckstein der Religion Gottes ist das Erreichen von göttlicher Vollkommenheit und die Erlangung Seiner vielfältigen Gaben. Das wesentliche Ziel des Glaubens und der Ueberzeugung ist, das innere Wesen des Menschen zu veredeln durch das Herabströmen der Gnade von oben. Wenn dies nicht erreicht wird, so ist dies eine tatsächliche Selbstberaubung, es ist die Qual des höllischen Feuers.
[Seite 69]
Deshalb ist es Obliegenheit für alle Bahá’i, über diese köstliche und lebensnotwendige
Lehre von ganzem Herzen nachzusinnen, daß im Gegensatz zu anderen Religionen sie sich
nicht mit dem äußerlichen Gepräge der religiösen Lehren befaßten. Sie
sollten dagegen von jedem Gesichtspunkt ihres Lebens aus durch hohe Attribute und
Tugenden als Beispiele dienen, die göttlicher Natur sind und sollten sich in jeder
Lebenslage durch vorzügliches Betragen auszeichnen. Sie sollten ihre Bahá’izugehörigkeit
durch die Tat und nicht durch den Namen rechtfertigen. Der ist ein wahrer Bahái, der
sich Tag und Nacht bemüht, Fortschritte zu machen, der um menschliche
Wohlfahrt besorgt ist und dessen größter Wunsch es ist, so zu leben, daß die Welt
durch ihn bereichert und erleuchtet werde, dessen Quelle der Inspiration das Wesen
göttlicher Tugend ist, dessen Lebensziel es ist, sich so zu führen, daß er die Ursache
unbeschränkten Fortschrittes ist. Nur wenn er solche vollkommene Fähigkeiten erlangt,
kann von ihm gesagt werden, daß er ein wirklicher Bahá’i ist. Denn in dieser göttlichen
Offenbarung, welche die Herrlichkeit verflossener Zeitalter und Zyklen krönt, ist
nicht allein wahrer Glauben und lautere Erkenntnis der Einheit Gottes notwendig,
sondern es ist vielmehr Gebot, ein Leben zu führen, das alle Vollkommenheit und
Tugenden einbegreift, die solch einem Glauben zugrunde liegen...
Jugendbildnis 'Abdu'l-Bahás.
Seine Hochheiligkeit, der Erhabene — möge mein Leben ein Opfer für Ihn und
die Schönheit Abhá’s sein, möge mein Geist auf dem Weg Seiner Geliebten dargebracht
werden — hat uns den Weg der richtigen Lebensführung gezeigt, hat uns auf den
[Seite 70]
Weg der Aufopferung geführt, und uns gelehrt, wie man irdischer Ruhe und dem Behagen
entsagt, wie man sein Leben daransetzen soll, um anderen Gedeih und Erfolg zu
bringen. Bahá’u’lláh legte die hohe Stufe Seiner weltlichen Stellung ab; die
Erhabenheit Seines Geistes zog es vor, gefesselt und in Ketten gelegt zu werden, damit
wir das Licht göttlicher Führung erlangen möchten. Sein ganzes Leben lang ruhte Er
keinen Augenblick und dachte nicht an Sich selbst. Sein Leben verlief in Elend und
Leiden; wie können wir uns Seiner würdig erweisen und fernerhin müßig sein?
Ist es nicht vielmehr richtiger, daß wir uns aufmachen, diesen reinen und weitausgestreuten Samen zu begießen, daß wir uns um die jungen Pflanzen im Grund der Herzen kümmern, daß wir uns ganz dem Dienst der Menschheit weihen. Dann wird die Welt in ein Paradies umgewandelt werden, dann wird die Erdoberfläche sich wiederspiegeln in der Herrlichkeit des Abhá Königreichs. Wenn wir nicht dementsprechend handeln, so wird unser Verlust groß und unsere Beraubung überaus schmerzlich sein.
O Diener der Wahrheit! Solltest du die Herrschaft auf Erden und im Himmel erlangen, so suche dennoch nichts anderes als wahren Dienst an der Schwelle der Abhá-Herrlichkeit. Solltest du die Freude der Befreiung erringen in dieser Welt und in der nächsten, so wünsche dir nichts als Unterwerfung unter Seinen Heiligen Willen. Solltest du den richtigen Weg Gottes entdecken, so folge dem Pfad Seines Bündnisses. Solltest du das Licht ewigen Glanzes erblicken, so hefte Deinen Blick auf Seine wunderbare Gnade, die aus dem Abhá Königreich strömt.
Worte 'Abdu'l-Bahá’s.
Aus „Tablets of 'Abdu'l-Bahá“.
Verbot der Tötung harmloser Tiere.
Ich las dein Schreiben, das dem Erstaunen über das Verbot der Vernichtung harmloser Lebewesen, Ausdruck gibt. Wundere dich nicht darüber, denke über die zufällige Wirklichkeit, ihre Geheimnisse, ihre Weisheit, ihren Zusammenhang und ihre Verbindung untereinander nach. Die Welt ist in allem harmonisch und alles ist innig verbunden, und es fehlt an nichts. Die Dinge der stofflichen Welt sind Konsumenten und werden konsumiert. Die Pflanzen saugen Nahrung aus dem Mineral, das Tier frißt und schlingt die Pflanze und der Mensch ernährt sich vom Tier. Das Mineral hinwiederum geht in dem menschlichen Körper auf. Stoffliche Körper wenden sich vom toten Zustand zum Leben. Daher sind alle Dinge Gegenstand der Verwandlung und des Wechsels mit Ausnahme der Ursache alles Lebens der Macht Gottes, die sich nicht ändert und umgestaltet, denn sie ist die Urquelle des Lebens und aller Dinge und Arten und ist in allen Dingen und Arten und in allen erdenklichen Wirklichkeiten der erschaffenen Welt sichtbar.
Wenn du mit dem Mikroskop das Wasser genau beobachtest, das der Mensch trinkt, und die Luft, die er einatmet, so wirst du sehen, daß der Mensch mit jedem Atemzug viele Tiere einatmet und in jedem Schluck Wasser eine große Anzahl animalischer Lebewesen aufnimmt. Dies kann nicht verhindert werden, denn die lebenden Wesen sind Verzehrer und werden verzehrt, und dadurch ist die Existenz verursacht, andernfalls würden die Beziehungen zwischen den bestehenden Dingen aufhören. Wenn sich ein Ding auflöst und sich verzehrt, dadurch, daß es des Lebens beraubt ist, so wird es in eine höhere Lebenswelt befördert. Z. B. kann es enden im mineralischen Leben und wird dann in das Pflanzenleben erhöht, hierauf verläßt es das Pflanzenleben und wird in das Tierreich erhoben und endlich verläßt es auch dieses Reich und schreitet zum menschlichen Leben fort. Dies alles geschieht aus Gnade deines Herrn, des Barmherzigen, des Liebevollen.
Ich bitte Gott, daß Er dein Verständnis öffne, um die Geheimnisse, die in der Wirklichkeit der Existenz niedergelegt sind, zu erkennen, den Schleier von Dir und den Deinen zu lüften, damit dir die verborgenen Geheimnisse und die verhüllten Wirklichkeiten offenbar werden wie die Sonne zur Mittagszeit und du eintreten kannst in das Reich Gottes, wo du frei bist von allen körperlichen und geistigen Krankheiten der erschaffenen Welt. Pag. 55.
Die Schwingen der Seele.
Ueber die „zwei Schwingen“ der Seele sage ich Dir: sie bedeuten die Schwingen des Aufstiegs, die eine Schwinge ist die der Wissenschaft, die andere die des Glaubens. Sie sind das Mittel zum Aufstieg der menschlichen Seele zu den höchsten Stufen göttlicher Vollendung. Pag. 178.
Ueber Armut.
Verzage nicht, sondern sei froh über die Gnade des Herrn. Sei nicht traurig, wenn dir äußere Schwierigkeiten und Unterdrückungen begegnen, denn sie gehen vorüber.
Sei nicht traurig wegen Deiner Armut, noch sei betrübt, wenn Dich die Menschen geringschätzen. Erinnere Dich der Armut in der Jesus lebte, der Verfolgung Seiner erhabenen Person durch die Juden und der Geringschätzung, die Er erfuhr. Wahrlich, diese Armut ist Seine Herrlichkeit am Anfang und am Ende und Er ist ein Licht, das die Himmel und die Erde erleuchtet. Pag. 177.
Ueber den Tod.
Sei nicht traurig über den Tod Deiner geliebten Tochter; dieser göttliche Vogel flog hinweg in den Rosenhain des Barmherzigen, und diese Menschenblume eilte zu den Garten des Reiches El Abhás. Dieser Tropfen kehrte zurück zum größten Meer; dieser Lichtstrahl fiel zurück in das größte Königreich. Sei glücklich und dankbar, denn Du wirst ihr Antlitz leuchten sehen im göttlichen Reich und wirst sie sehen als eine Leuchte inmitten der Gemeinschaft der himmlischen Geister. Pag. 179.
Liebe zu Gott.
Die Liebe zu Gott macht den Menschen rein, heiligt ihn und kleidet ihn mit dem Gewand der Tugend und Reinheit. Wenn der Mensch sein ganzes Herz Gott weiht und in Verbindung mit der „Gesegneten Vollkommenheit“ tritt, so wird die göttliche Gnade über ihn scheinen. Diese Liebe zu Gott ist durchaus geistiger, nicht natürlicher Art. Die Seelen, deren Gewissen durch das Licht der Liebe Gottes erleuchtet sind, glänzen wie Lichter und gleichen Sternen der Heiligkeit am Himmel der Reinheit.
Die wirkliche größte Liebe ist die Liebe Gottes. Diese ist erhaben über alles Vorstellungsvermögen und aller Gedankenmacht der Menschen... Pag. 22.
Uebersetzt von A. Schwarz.
'Abdu'l-Bahá am See Tiberias zu einer Gruppe von Freunden.
„Vom Anfang der Bewegung oder noch bestimmter gesagt, von der Zeit an, da die
„Gesegnete Vollkommenheit“ von Teheran verbannt ward, sind alle die darauffolgenden
Begebnisse bekannt geworden; obgleich diese Zeit nach außenhin von Schmerz und Kummer
beladen war, waren dennoch die Begebnisse auf die allumfassende Weisheit
Gottes gegründet. Z.B. weinten am Abend unserer Abreise von Persien die Gläubigen
blutige Tränen. Es ist bewiesen, daß nach diesen schrecklichen Verfolgungen Leiden,
Trübsal und Martyrium, es sehr schwer für sie war, diesen letzten Sturm zu ertragen!
Sie dachten, die Stimme würde verstummen, die Wahrheit würde verhüllt, das Licht würde
verlöschen und die Wahrheit verworfen. Dennoch wurde die geistige Weisheit solch
eines Begebnisses späterhin klar. Elf Jahre Aufenthalts in Bagdad erweiterten gewaltig
den einflußreichen Kreis der Lehre und trug ihren Ruhm nach den vier Himmelsrichtungen
hin. Bei dem Firman der Verbannung von Bagdad nach Konstantinopel — als die
Freunde diese schreckliche Nachricht erhielten — wollte ihr Herz brechen. Wegen dieser
großen Qual weinten sie fassungslos. Ebenso wurde die Weisheit, die diesem Ereignis
zugrunde lag, späterhin offenkundig. Als die beiden despotischen Regierungen
sich entschieden, uns von Adrianopel nach Akka zu verbannen, wurde solch ein
Schmerz und eine Angst bekundet, daß weder Worte noch die Feder fähig sind, etwas
ähnliches zu beschreiben. Ein Sturm unzähliger Schmerzen war entfesselt. Daraus
kannst Du sehen, daß das Schiff dieser Bewegung solchen schrecklichen Feuerproben
[Seite 72]
widerstand, desgleichen Du Dir unmöglich auszudenken vermagst. Nun ist es offenbar
geworden, wie diese Ereignisse die unvergleichlichen Siege der Lehre ausmachen,
obgleich zur Zeit ihrer Geschehnisse viele Leute glaubten, es seien zermalmende
Niederlagen. Die ganze Verbreitung der Düfte der Lehre Gottes im Orient und im
Occident ist hauptsächlich diesen aufeinanderfolgenden Verbannungen und Gefangenschaften
der „Gesegneten Vollkommenheit“ zu verdanken. Hätten sich diese Ereignisse
nicht begeben, so hätte die heilige Sache die Grenzen Persiens nicht überschritten. Die
Prophezeiung der Propheten über das Erheben der Stimme des Herrn der Heerscharen
von den Bergen und Hügeln im Heiligen Land wäre nicht erfüllt worden und
das Zelt des Herrn der Heerscharen würde nicht auf ihren Ebenen und Wiesen
errichtet worden sein. Das kleinste und das größte Ereignis, das in dieser Sache
bekannt ist, stützt sich auf eine unsichtbare, geheime Weisheit des Allmächtigen, was
zur rechten Zeit offenbar werden wird. Von wem ihr auch heute erfragt, ob die
Verbannung Bahá’u’lláhs der größeren Ausdehnung förderlich war oder nicht, der wird
dies bestätigen. Doch keiner glaubte dies im voraus am Vorabend Seiner Verbannung!“
Einige jüdische Rabbis und späterhin mehrere Mönche gingen durch die Straßen von Tiberias. Er schaute nach ihnen und sagte:
„Die ersten Widersacher und Feinde Christi waren die Pharisäer und Sadduzäer. Sie waren die ersten, die Ihm den Tod zusprachen. Warum? Weil ihr Glaube an Christus ihre talmudischen Läden und rabbinischen Geschäfte geschlossen hätte, aus welchen sie an die arglose Menge traditionell ganze Ladungen von Dogmen verbreiteten, deren Gewicht leichter als Luft war und schwerer als die Kette des himalai’schen Gebirges. An Christus, als an ihren gottbegnadeten Boten zu glauben, setzte das gänzliche Aufgeben ihrer Angaben und ihrer Priesterschaft voraus, wenn sie in Seinen Fußstapfen wandeln wollten. Sie waren zu anmaßend in ihrer priesterlichen Autorität und von der unbeschränkten Macht Sanhedrins umgeben. Sie wußten, daß wenn sie Christus folgten, all dieses weltliche Gepräge und Ehren ihren Händen entgleiten würden; so trieben sie den Pöbel an, zu schreien: „Kreuziget ihn, kreuziget ihn!“ Viele der christlichen Priester und Missionare handeln heute ähnlich. Dennoch haben wir nichts gegen sie, noch verdammen wir sie. Ihre Taten sind ihre alleinigen Richter. Gleichwohl sei dies weitere noch gesagt: Christus rastete keinen Augenblick, noch suchte Er die geringste Bequemlichkeit. Er wanderte an diesen Ufern, in diesen Bergen und über diese Ebenen. Er hatte keine Zufluchtsstätte noch ein Obdach, kein Heim und nicht einmal einen Platz, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Oft waren die Kräuter auf dem Felde Seine einzige Nahrung. Er besaß wenig Gewänder und konnte wahrscheinlich diese nicht wechseln, wie Er wollte. Doch Tag und Nacht war Er beschäftigt mit der Wiedererweckung der Menschheit durch den Hauch des heiligen Geistes. Auf diese Weise arbeitete Er unaufhörlich. Auf diese Art lehrte Er einen jeden. Doch heutigen Tages lebt die Ueberzahl dieser Priester und Rabbis ein eitles Leben: sie vegetieren, sie essen, trinken u. schlafen, wie es in den Sprüchen Salomonis heißt: „Alles, was meine Augen verlangten, gewährte ich ihnen und hielt mein Herz von keiner Freude ab. Es scheint, daß viele Priester heutigen Tages vollständig in das Meer der Lust und Leidenschaft untergetaucht sind und die Gesetze Gottes beiseite gesetzt haben. Sie behaupten Christen zu sein und Nachfolger des einfachen Nazareners! Welch ein Zusammenhang besteht zwischen Christus und diesen sogenannten Freunden! Ist es für jemanden möglich, wahrer Christ zu sein und sich dennoch mit viel Gepräge, mit Zeremonien und toten Formeln zu befassen? Christus schlief nicht eine Nacht friedlich, noch hatte Er ein regelrechtes Mahl am Tage; hungrig, dürstend, leicht gekleidet, wandelte Er auf dieser Erde und ermahnte das Volk zur Wahrheit und Vergeistigung. Da wir so gut wissen, daß Er ein solch heiliges Leben führte, wie können wir uns dann zufriedengeben mit diesen menschlichen Begierden und Leidenschaften, oder daran denken, uns ein Nest zu bauen, den Gedanken an Ruhe und Behaglichkeit zu pflegen und nach Wohlleben und Vergnügen in dieser vergänglichen Welt zu streben?“
Aus dem Tagebuch von Ahmad Sohrab.
25. Mai 1914. Deutsch von A. Schwarz.
Sei wachsam!
Seit einiger Zeit läßt mich des öfteren ein munteres Flöten vor dem Fenster meines Arbeitszimmers aufhorchen. Wer ist denn so froh gestimmt? Ein Star. Tag für Tag sitzt er auf dem Mast der elektrischen Leitung. Sein im Sonnenschein schwarz-grün schillerndes Gefieder durchzaust zuweilen der Wind. Doch dies kümmert ihn nicht. Auf hoher Warte hält er treulich seine Wacht, während gegenüber unter der Dachrinne sein Weibchen brütet, vielleicht sind auch schon kleine Stare im Nest. Es ist rührend, wie wachsam dieses Tierchen ist. Sobald Gefahr im Anzuge ist, verstummt er und nähert sich immer mehr den Seinen, um sie rechtzeitig. zu schützen. Sind wir Menschen auch wohl immer so auf der Hut und um unsere Lieben besorgt? Wir wollen uns doch nicht von einem so kleinen Wesen beschämen lassen, zumal unser gütiger Schöpfer uns Menschen weit höhere Fähigkeiten verliehen hat. Ist es denn so schwer, unsere Lieben und nicht diese allein, sondern auch unsere Mitmenschen zu schützen, sofern es in unserer Macht steht? Ist es nicht unsere Pflicht? Es gehört doch wohl nur die rechte Liebe und ein bißchen guter Wille dazu, auch daß wir unser eigenes Ich ein wenig in den Hintergrund stellen. Wollen wir nicht einmal versuchen, recht wachsam zu sein? Wir haben ein so reiches Arbeitsfeld, wenn wir nur unsere Augen Öffnen. Im engsten Familienkreise können wir beginnen, das Ungemach abzuwenden, im Freundeskreise und dann immer weitere Bahnen ziehen. Allmählich werden wir dann auch die allumfassende Liebe besitzen, wie sie uns die Bahá’i-Lehre vorschreibt. 'Abdu'l-Bahá lehrt uns:
„Je mehr wir einander lieben, desto näher sind wir Gott.“
Schon Christus sagte:
„Daran wird euch die Welt erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt."
Durch Bahá’u’lláh haben wir die Erneuerung Seiner Lehre erhalten.
„Pflanze nur Blumen der Liebe...“ (Verborgene Worte.)
Jetzt ist es noch Zeit, darum
„...zerreiße den Schleier der Nachlässigkeit.. .“ (Verb. Worte.)
Laßt uns achtsam sein, bei jeder Tätigkeit, denn bald stehen wir an der Wende, dann heißt es zu spät. Bedenket wohl:
„Das gute Wort, sowie reine und heilige Taten erheben sich zu dem glorreichen Himmel der Einheit. Strebet darnach, daß eure Taten von dem Staub der Heuchelei, von der Unreinheit der Selbstsucht und der Leidenschaften gereinigt werden und somit in der Gegenwart des Herrlichsten Annahme finden. Denn bald werden die Prüfenden der Existenz in dem Vorhof des Angebeteten nichts annehmen als reine Tugenden und nichts als reine Taten zulassen. Dies ist die Sonne der Weisheit und der inneren Bedeutungen, welche an dem Horizont des göttlichen Willens dämmerte. Gesegnet sind die, welche sich ihr nähern.“ (Verb. Worte).
Ella Grothe-Schwerin.
Auszüge aus Tablets von 'Abdu'l-Bahá.
Die Stufe 'Abdu'l-Bahás.
„Alsdann merke dir: Mein Thron ist meine Matte, meine herrliche Krone ist mein Dienst, den ich Gott leiste. Meine Standarte ist die Nennung meines Herrn und meine Legionen bestehen in der Erkenntnis, die ich von der Gesegneten Vollkommenheit erlangte. Mein Schwert ist die Führung Gottes. Meine Herrschaft besteht in meiner Demut, meiner Niedrigkeit und meinem demütigen Gebet zu Gott. Darin besteht die für immer währende Herrschaft, die niemand anfechten, noch an sich reißen kann.“
„O du, der du durch den Mittelpunkt des Bundes deinen Ruf zu den himmlischen
Horizonten erhebst!“ Nach den klaren Darstellungen im Kitab el Akdas (dem größten
heiligen Buch) und dem zuverlässigen Zeugnis des Kit el Ahd (Buch des Testaments)
ist dieser Diener ('Abdu'l-Bahá) der Ausleger und Erklärer des Wortes Gottes. Alle
diejenigen, die im Bund und Testament Gottes fest und treu sind, dürfen nicht über die
deutlichen Erklärungen und Auslegungen dieses Dieners hinausgehen. Er gibt euch
die wahren und wirklichen Erklärungen.
„Das tiefe Geheimnis dieser Darstellung liegt in dem Dienst, der für die Schönheit
Abhás an der gesegneten Schwelle in vollkommener Demut geleistet wird. Dieses ist
mein glänzendes Diadem, meine herrliche Krone. Durch diesen Dienst werde ich
[Seite 74]
verherrlicht in den Reichen des Himmels und der Erde. Die Menschen, die sich zu Gott
hingezogen fühlen, erkennen die Schönheit dieses Dienstes. Was diesen Punkt betrifft,
so sollte ihm keine andere Auslegung gegeben werden, denn er enthält die reine und
lautere Wahrheit.
„O du, der du den Namen Gottes verkündigst! Der, welcher dies bestimmte, ist der Ausleger der Worte, und er ist der Diener, der über jegliches Lob, jegliche Verherrlichung und über alle Eigenschaften und Tugenden erhaben ist. Aber mein Name, mein Wesen, meine Persönlichkeit und meine Wirklichkeit bestehen in nichts anderem als im Dienst für die Schönheit Abhás, und ich verdiene, nicht betrachtet zu werden, als hafte auch nur ein Schatten von Selbstverherrlichung an mir; wie auch von der Manifestation (Bahá’u’lláh) gesagt wurde: „Pflanzet diesen Zweig in die Herzen und haltet ihn heilig über jeglichen Schatten der Selbstüberhebung.“
„Du möchtest Auskunft haben über die Stufe, die ich einnehme, über meine
erhabene Stellung und meine Größe.
„So merke dir, daß ich 'Abdu'l-Bahá (der Diener Gottes) bin. Ich rufe die Menschen zum Königreich Gottes; ich verbreite die Lehren Gottes und verkündige den Menschen die Gunst und Gnade Gottes.
„Ich bin das über den Domen des Königreiches Gottes entfaltete Banner des Friedens, das den Menschen Schutz und Erlösung gewährt. Ich bin der Stern der Liebe für die Welt, der die Horizonte erleuchtet. Ich bin der, welcher die Menschen zur Einigkeit, zur Harmonie und zur Vereinigung ruft, einerlei, welcher Nation oder Religion sie auch angehören. Ich lade sie ein, zu dem Licht der Wirklichkeit und zur göttlichen Wahrheit. Ich halte den Kelch der Führung in meiner Hand und erquicke die Menschen mit dem Wein der Liebe Gottes. Ich rufe die Völker zu dem Königreich Gottes und bereite den Weg, der mit Hilfe der Allerhöchsten Heerscharen zu dem Herrn der Heerscharen führt, damit die Seelen zu dem göttlichen Licht gelangen, und sie dadurch unter dem Schatten des Wortes Gottes erzogen werden.
„Die Stellung, die dieser Diener ('Abdu'l-Bahá) einnimmt, ist die des Dienstes an der Schwelle Bahá’u’lláhs und nur durch diese fühle ich mich geehrt. 'Abdu'l-Bahá ist das Banner der göttlichen Liebe, das Zeichen der Gaben Gottes, der Diener der Scharen des Barmherzigen, das Licht in den Versammlungen der Geistiggesinnten. Er ist der Stern des Friedens und der Versöhnung und das Licht der Liebe in der Welt. Er ist der Herold des Königreiches des Barmherzigen und der Verbreiter der Religion der Aufrichtigkeit und der Gewißheit.
„Dies ist die Stellung dieses Dieners. Dies ist die Wahrheit.“
„Ich hoffe, daß es durch die göttliche Gnade dahin kommt, daß der Glanz der Liebe
Gottes alle Himmelsgegenden durchdringen wird, und daß es mir gelingt, allen
Kampf und Streit aus der Welt zu schaffen. Alsdann wird die menschliche Welt
die Einheit und Einigkeit der Weit des Barmherzigen zum Ausdruck bringen. Diese
niedere Welt wird zu einem hellen und klaren Spiegel werden, der die himmlische
Welt mit ihren erhabenen Heerscharen widerspiegelt. Der Osten und der Westen
werden sich umarmen, wie zwei sehnsüchtig nacheinander verlangende Menschen,
der Norden und der Süden werden sich die Hände reichen und sich in die
Arme fallen, wie zwei Liebende. Dies seiner Verwirklichung entgegen zu führen ist die
Aufgabe 'Abdu'l-Bahás und aus dieser ist seine Stellung zu ersehen.“
„Nun höret auf das, was ich euch sage, denn dies ist das Fundament des Erfolgs
und die Grundlage der Gerechtigkeit für die Menschheit: Ihr müßt 'Abdu'l-Bahá
in allem, was er wünscht und sagt, gehorchen. Wahrlich, dies heißt einen
starken Glauben haben!"
„Deshalb merket euch, ich opfere meine Seele, meinen Geist, mein Leben und mein
Ansehen auf dem Pfade Gottes, und ich wählte für mich weder einen Rang noch irgend
welchen Besitz. Was ich für mich erwählte, ist der Gehorsam gegenüber Bahá,
d. h. ich bin 'Abdu'l-Bahá (der Diener Bahás), und außer dieser Bezeichnung steht
mir kein Name noch Titel zu. Deshalb gebt euch zufrieden mit diesem Namen und
befolget meine Worte und meine Wünsche; denn sofern ihr dies tut, werden die
gesegneten Bäume, die im Paradiese Gottes wachsen, sprossen und grünen. Wenn ihr loben
und preisen wollt, so preiset die Schönheit
[Seite 75]
El Abhás; wenn ihr jemand rühmen wollt, so rühmet den Namen eures erhabenen
Herrn, denn, wenn ihr den Baum hochhaltet, so haltet ihr auch den Zweig hoch.
Wenn ihr das Meer erwähnet, so erwähnet ihr damit auch seinen Golf und seine Bucht,
denn diese gehören zu ihm. Deshalb erwähnet die Schönheit Abhás nach diesem
wohlgemeinten Befehl an alle Menschen, denn mein Befehl enthält Seinen Befehl,
und meine Eigenschaften sind verkörpert in Seinen Eigenschaften.
„Wenn ihr daher jemand rühmet, so rühmet ihr damit auch seine Angehörigen. Dies ist der Punkt, auf dem alle Gläubigen geeinigt und in Harmonie gebracht werden können. Deshalb lasset nichts aufkommen, das Trennung unter den Erwählten verursachen könnte. Da ich euch von ganzem Herzen liebe, ist es mein Wunsch, daß ihr in meinen Fußstapfen wandeln sollt, meinen Willen erfüllt, meine Worte beachtet, und daß ihr Gott danken sollt für die große Gabe, die ihr durch meine Tablets erlangt habt.“
„Merket euch ferner, daß dies Gefängnis infolge meiner Liebe zu Bahá in Wirklichkeit
mein wunderbares Paradies ist. Es ist meine erhabene Feste, meine unüberwindliche
Burg und mein herrlicher Thron. Seid deshalb nicht bekümmert um mich, bittet
vielmehr Gott, daß Er mich den Kelch der Aufopferung in dem Pfade Bahás bis
zur Neige trinken lasse; denn durch Trübsal wird das Herz 'Abdu'l-Bahás angezogen.
Durch Leiden und Unterdrückungen wird die Brust 'Abdu'l-Bahás geweitet; durch
Mißgeschicke wird die Aufrichtigkeit 'Abdu'l-Bahás bewiesen; durch die Gefangenschaft
wird die Seele 'Abdu'l-Bahás erheitert. Immer wünscht er den Kelch der Aufopferung
auf dem Pfade Gottes bis zur Neige auszutrinken.“
„Fürchtet nichts, wenn dieser „Zweig“ von der Erde genommen und seine Blätter
anscheinend beiseite geworfen werden. Nein, seine Blätter werden alsdann noch üppiger
gedeihen, als zuvor, denn dieser Zweig wird, nachdem er auf dieser Erde abgeschnitten
ist, emporwachsen, bis er das ganze Weltall beschirmt. Sein Laubwerk wird bis zu dem
erhabensten und höchsten Punkt reichen, und er wird Früchte tragen, deren Düfte
über die ganze Welt verbreitet werden.“
Frage: „Wird nach dem Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás eine große geistige Offenbarung über die ganze Erde gehen?"
Antwort: 'Abdu'l-Bahás:
„Was die Frage meines Heimgangs in die Nähe der Barmherzigkeit meines Herrn betrifft, so merke dir, daß alsdann wunderbare Zeichen erscheinen werden. Der Odem Gottes wird über die Erde wehen, die Düfte Gottes werden verbreitet, und der Geist Gottes wird vor und nach meinem Hinscheiden in den Körper dieser Welt eintreten. Ich bitte aber Gott, daß er auch schon in diesen Tagen die größte Geistigkeit verleihen möge. Bemühe dich daher, damit du einen großen Teil davon erlangst.“
„Mein Name sollte in allen Schriften auf den Namen 'Abdu'l-Bahá beschränkt bleiben. Dies ist der Sammelname, der alle Menschen zusammenschließen wird, und er ist eine starke Festung und der Schutz für die Sache Gottes. Die Geliebten Gottes müssen sich auf diesen Namen beschränken; erwähnen können sie mich jedoch als das Licht der Liebe Gottes, als die Flamme der Führung Gottes und als das Banner des Friedens und der Harmonie. Ich hoffe zu Gott, daß ihr immer mehr durch den Heiligen Geist gefestigt werdet."
„Ihr müßt wissen, daß das Prinzip der göttlichen Grundlage die Liebe, Uebereinstimmung,
Einheit und Reinheit der Absichten ist. Wenn ihr Liebe habt, dann werden die
Geheimnisse der Wahrheit offenbar. Es sollte sich niemand an verschiedene
Titel klammern; ein Titel genügt, und dieser ist 'Abdu'l-Bahá. In diesem Wort
müssen sich alle einigen, bis die verschiedenen Meinungen gänzlich aus ihrer Mitte
beseitigt sind. Aber das, was zur Anerkennung dieses Wortes ('Abdu'l-Bahá) von
Bedeutung ist, ist die Anziehungskraft; es ist die Liebe zu Gott, der Dienst für die
Sache Gottes, die Verbreitung des Wortes Gottes, die Trennung von allem, außer von
Gott — Uebereinstimmung, Einigkeit, Einheit, Demut, Sanftmut, Selbstentäußerung
und der Dienst für die Geliebten Gottes. Solange sich jemand nicht mit diesen
Eigenschaften auszeichnet, hat er die Stufe 'Abdu'l-Bahás noch nicht erkannt;
denn 'Abdu'l-Bahá ist das Banner der Liebe Gottes, die Lampe der Erkenntnis Gottes,
der Herold des Königreiches Gottes, der Gebieter der
[Seite 76]
Heerscharen des Friedens und der Versöhnung, der Stern der Ewigkeit und der
Harmonie unter allen Nationen der Welt. Deshalb muß jedes, in dessen Herz die Liebe
'Abdu'l-Bahás leuchtet, darnach handeln; wenn die Menschen auf diesem Pfade wandeln,
werden alle Meinungsverschiedenheiten beseitigt.“
„O meine Freunde! Enthaltet all eure Fähigkeiten und Sinne jeder andern Erwähnung und allen andern Gedanken, und folget dem Beispiel 'Abdu'l-Bahás im Dienst an der heiligen und erhabenen Schwelle. Eilet zu dem Feld der Aufopferung, sehnet euch nach dem großen Martyrium. Lebet euer Leben in der Liebe zu Gott und in der Anziehung zu der Schönheit El-Abhás.“
„'Abdu'l-Bahá, der Diener Bahás, hat sich mit dem Mantel des Dienstes und der Ergebung für die Geliebten El-Abhás bekleidet; wahrlich, dies ist ein großer Sieg.“
„O ihr Dienerinnen Gottes! Wenn ihr von mir sprechen wollt, so sprechet von meinem Dienst Gott gegenüber, von meiner Demut und meiner Unterwürfigkeit den Geliebten Gottes gegenüber, von meiner Selbstentäußerung und größten Demut an der Schwelle Bahás. Wahrlich, ich bin der Diener Bahás und der Gefangene Bahás. Ausser diesem nehme ich keinen Rang ein, noch beanspruche ich irgend etwas für mich.
„Deshalb erwähnt mich nur in meinem reinen Dienst, damit kann jede Dienerin, die das Lob Gottes ausspricht, mein Herz erfreuen.“
„Uebermittle der Dienerin Gottes mein Lob und sage ihr: „Wahrlich, du hast das physische Bild 'Abdu'l-Bahás gesehen, das mit Hilfe der sichtbaren Sonnenstrahlen hergestellt wurde, und deine Augen füllten sich mit Tränen. Bitte Gott, daß Er dir 'Abdu'l-Bahás geistiges Bild zeigen möge, das durch jene Strahlen hergestellt wurde, die von dem Königreich des Barmherzigen herableuchten. Dann wird die Anziehungskraft Gottes über dich kommen und dich zu einem Feuerfunken machen, der von der Liebe Gottes entzündet ist.“
„Bedenke, daß die Schriften von 'Abdu'l-Bahá und seine Ansprachen ein verborgenes Geheimnis und eine noch verhüllte Tatsache sind; niemand ist zur Zeit über seine Größe und Wichtigkeit unterrichtet. Aber im Lauf der Zeit und besonders in den künftigen Jahrhunderten werden seine Zeichen offenbar werden und seine Lichter leuchten. Die von ihm ausströmenden Düfte werden verbreitet und die jetzt noch in ihm verborgene Größe und Wichtigkeit wird bekannt werden. Wahrlich, ich sage dir, jedes Blatt, das von 'Abdu'l-Bahá stammt, wird ein weitverbreitetes Buch werden; ja noch mehr, es wird ein glänzender Edelstein in der herrlichen Krone sein. Wisse seinen Wert zu schätzen und halte seine Stufe hoch.“
„So wisse mit Bestimmtheit, daß 'Abdu'l-Bahá eine geistige Sprache führt, himmlische Unterredungen und Herzensoffenbarungen hat.“
„Wahrlich, durch die Mildtätigkeit El-Bahás spreche ich im Geist und in der Vision zu jedem, der mich geistig anspricht, und dies ist dem bekannt, von dessen Augen Gott die dunkle Hülle weggezogen hat."
„O Diener Gottes! Wenn ihr euch in den geistigen Versammlungen vereinigt und Gott durch Seinen Größten Namen erwähnt, so ist 'Abdu'l-Bahá sicherlich unter euch im Geiste und bittet Gott, daß Er eure Gebete in Seiner ewigen Gnade erhören möge.“
„Dein Brief ist angekommen, und wir nahmen Kenntnis von seinem Inhalt. Du weißt,
wie gütig 'Abdu'l-Bahá zu dir ist. Ich bitte den barmherzigen Herrn, daß du ein
Zeichen des Segens und ein Gefäß der Vorsehung für die Schönheit El-Abhás werdest.
Was nun deine Frage betrifft, die du stelltest, so bedenke, daß deren Beantwortung
Verwirrung unter den Gläubigen hervorrufen und in Streit und Mißklang endigen
würde. Es würde dies Kummer in den Herzen der Gläubigen verursachen, und deshalb
wollen wir sie lieber nicht schriftlich beantworten. Bemerken möchte ich aber,
daß die Erwähnung 'Abdu'l-Bahás nicht zur Ursache der Disharmonie unter den
Geliebten Gottes werden darf, denn mein Wunsch ist, der Anlaß zu Einklang und Harmonie
unter allen Menschen zu sein, und alles hängt davon ab, daß sämtliche Gläubige
(hinsichtlich meiner Person) nur das sagen, was durch meine Feder kundgetan wurde,
und daß sie dies auch nicht mit einem Wort überschreiten. Deshalb erwähnet mich nur
unter dem Namen 'Abdu'l-Bahá; -außer diesem wurde weder ein Wort durch meine
[Seite 77]
Feder geschrieben, noch ein solches durch meinen Mund geäußert. Die Freunde müssen
sich mit diesem Namen begnügen. Es mag euch über meine Stufe befragen wer
da will, saget ihm nicht mehr als: „Er ist 'Abdu'l-Bahá.“ Wenn sie euch auch noch so
sehr bestürmen, mehr zu sagen, so saget: „Es ist uns befohlen, gehorsam zu sein und
das anzuerkennen, was er sagt, deshalb wisset, seine Stufe ist 'Abdu'l-Bahá.“
O mein Geliebter, wie gerne würde ich deine Frage beantworten, aber die Weisheit gestattet es mir nicht. Auf dir sei Gruß und Lob!“
„Die Engel des allerhöchsten Königreiches riefen den Bewohnern der Erde und des Himmels mit lauter und melodischer Stimme zu: „Dies ist die Stadt Gottes und Sein Wohnort unter den heiligen und geheiligten Seelen Seiner Diener. Und Er wird unter ihnen wohnen, denn sie sind Sein Volk und Er ist ihr Gott.“ Er hat ihre Tränen abgewischt, ihre Leuchten entzündet, ihren Herzen Frieden gegeben und ihre Brust geweitet. Daher wurden die Wurzeln des Todes ausgerissen, Sorgen, Leid und Klagen hörten auf, seine Majestät der König bestieg den Thron des göttlichen Königreiches und erneuerte die Verrichtung unzähliger Tätigkeiten. Dies ist die absolute Wahrheit, sie tritt mit größerer Bestimmtheit zutage als das, was in der Offenbarung Johannes gesagt ist, mit den Worten: „Ich bin das Alpha und das Omega.“ Dies ist der, der den Durst löscht mit dem Wasser des Lebens. Dies ist der, der die Kranken heilt mit dem Mittel der Gewißheit und sie stärkt mit einer Flut von Gnade, die von diesem Königreiche ausgeht. Er ist das größte Erbe nach den Aposteln und Heiligen, der Herr ist Sein Gott, und Er ist Sein geliebter Sohn.“
„Meine Hilfe ist die Hilfe der „Gesegneten Vollkommenheit.“ Wenn sich die ganze Welt gegen mich erheben würde, so würde ich diese Hilfe stets haben, und die ganze Welt wäre nicht imstande, sie von mir zu nehmen. Ich bin im Besitz einer Waffe, mit der ich für immer und ewig kämpfen kann.. Mit ihr bin ich immer siegreich. Es ist ein Schwert, das niemals stumpf wird, ein Gewehrmagazin, das immer gefüllt ist.“
„Wir sind alle Diener an der Schwelle Bahás und wer am meisten dient an Seiner heiligen Schwelle, wird am meisten geliebt. Mein größter Wunsch ist, unterwürfig und dienstbar zu sein an Seiner heiligen Schwelle. Mein Name 'Abdu'l-Bahá bedeutet Diener Gottes; mein Herz und mein Geist sind die Diener Bahás, sie erfreuen sich nur dieses Namens. Meine Absicht ist, Liebe zu erwecken, Liebe, die nicht bloß in Worten, sondern durch die Tat zum Ausdruck kommt.“
Uebersetzt von W. Herrigel.
Aus Tablets von 'Abdu'l-Bahá.
Offenbarung 21 Kap. 10 u. 17. Pag. 92.
Du frugst wegen des 10. und 17. Verses im 21. Kapitel der Offenbarung: „Wisse,
daß das Firmament der strahlenden Sonne der Welt der Möglichkeiten in zwölf
Sektionen eingeteilt ist, genannt nach dem mathematischen Prinzip die zwölf
Konstellationen; ebenso offenbart sich die Sonne der Wahrheit und strömt ihre Gnade in
zwölf Konstellationen der Heiligkeit aus. Mit diesen Konstellationen sind die heiligen
Seelen gemeint, welche die Manifestationen der Reinheit und der Aufgangsort der Lichter
der Einheit sind. Beobachte, daß in den Tagen Seiner Heiligkeit des Sprechers Gottes
(Moses) es zwölf heilige Seelen waren, die die Herolde der Wahrheit waren. In
gleicher Weise beachte, daß es im Cyklus des Geistes (Jesus Christus) zwölf Apostel
waren, die im Schatten des Lichtes des Höchsten standen, und die Sonne der Wahrheit
wurde durch diese hellen Dämmerungsorte wie das sichtbare Tagesgestirn geoffenbart.
Bedenke, daß es ebenso zur Zeit Mohammeds zwölf Aufgangspunkte der Heiligkeit waren,
welche die Offenbarer der Bestätigung waren. So verhält es sich. Hiervon sprach
Johannes der Seher, in seiner Vision von den zwölf Toren und zwölf Fundamenten.
Mit der großen und heiligen Stadt Jerusalem, die vom Himmel herabkam,
ist das heilige Gesetz Gottes gemeint. Diese Frage ist wiederholt in vielen Tablets
und in Schriften der alten Propheten erklärt. Z. B. ist an einer Stelle gesagt: „Ich schaue
Jerusalem, das in die Wildnis geht.“ Der Sinn ist, daß dieses himmlische Jerusalem
zwölf Tore hat, durch die die vorwärtsschreitenden Seelen die Stadt Gottes betreten.
[Seite 78]
Diese Tore sind die Seelen, die die Sterne der Führung und die Tore der Gnade und
des Wissens sind. „An den Toren standen zwölf Engel.“ Mit dem Wort „Engel“ sind
die Mächte der göttlichen Bestätigung gemeint. Das Licht der Macht der göttlichen
Bestätigung leuchtet auf und ist erhellt in solchen Seelen, eine jede dieser
Seelen wird bestätigt durch die mächtigste Kraft. Diese zwölf Tore umgeben das ganze
Universum. Dies bedeutet, daß alles Bestehende im Schutze dieser Seelen steht;
daß diese Tore die Grundmauern der Stadt Gottes sind, das „Göttliche Jerusalem“, daß
auf jeder dieser Grundmauern der Name eines der Apostel des Geistes (Christus)
geschrieben steht, bedeutet die Manifestation der Vollkommenheit, der frohen
Botschaften, der Tugenden und der hohen Attribute dieser heiligen Seele. Kurz gesagt heißt es:
„Und der da mit mir sprach, hatte ein golden Maßrohr, um die Stadt zu messen, und
die Tore darin und die Mauern darum.“ Der Sinn ist der, daß gewisse Seelen die Menschen
führten mit einem Maßstab aus einem Steckreis, d.i. ein Stab, mit dem der
Hirte die Schafe leitet, wie der Stab Mose; andere führten die Menschen mit
einem Stab aus Eisen und lenkten sie wie in den Zeiten Mohammeds (das Scepter
Mohammeds war das Schwert). An diesem großen Tag sind der Stab aus Holz und der
Stab aus Eisen vertauscht in den Stab, der aus gutem Golde ist und aus dem
unendlichen Schatz des Reiches Gottes kommt.
Mit diesem Stabe werden alle Menschen erzogen. Beachte den Unterschied: zu einer gewissen Zeit waren die Lehren Gottes wie Zweige eines Baumes und durch diese wurden die Zeichen Gottes verbreitet. Dann kam eine Zeit, in der der Stab des göttlichen Hirten wie eisern war und nun, in diesem gesegneten und glorreichen Cyklus ist dieser Stab pures Gold geworden. Was für ein großer Unterschied besteht zwischen diesen! Wisse deshalb, daß das Gesetz Gottes und die göttlichen Lehren einen grossen Fortschritt an diesem Tag aufweisen. Sie haben einen Grad der Oberhoheit erreicht im Vergleich mit den früheren Zeitaltern. Nun sind sie pures Gold, während sie ehedem aus Eisen und Holz waren.
Vater und Sohn. Pag. 102.
Du hast mir zwei Fragen gestellt: „Ob der gleiche Geist in allen Manifestierten und Propheten geoffenbart ist? Was ist dann die Auszeichnung oder Verschiedenheit zwischen Christus (oder besser Jesus) und den anderen Propheten, was ist dann der Unterschied zwischen Vater und Sohn?“
Wisse, daß der menschliche Geist einheitlich ist, er offenbart sich aber in mannigfaltigen Gliedern des Körpers in einem gewissen Ausdruck. Der menschliche Geist existiert in der Sehkraft (dem Auge), er existiert im Gehirn, das die Stätte großer Tätigkeiten und Kräfte ist, er existiert auch im Herzen, das als Organ in weitläufiger Verbindung mit dem Gehirn oder mit dem Geisteszentrum steht, und das Herz oder das Zentrum, das mit dem Gehirn in Verbindung steht, hat eine besondere und eigene Funktion, Auswirkung und Erscheinung. Im Vergleich zu diesen haben die Haare und Nägel keine ausübende Tätigkeit.
Figürlich gesprochen ist der Vater der Mittelpunkt des Gehirns, und der Sohn ist der Mittelpunkt des Herzens, die übrigen Propheten sind Glieder und Teile. Vaterschaft und Prophetenschaft in diesem Fall sind zwei Ausdrücke für dieselbe Sache, wie Mensch und Geschöpf zwei Bezeichnungen derselben Wirklichkeit sind. Das Wort „Mensch“ ist jedoch größer als das Wort „Geschöpf“, denn es enthält eine schwerwiegendere Bedeutung als das Wort „Geschöpf“; beide aber bedeuten dasselbe.
Läuterung.
Segne dein Leid, o Menschenkind,
Gott ist dir nah in deinen Schmerzen
Und heilet dir ganz still und lind
Die Traurigkeit in deinem Herzen.
Je größ’res Leid, je größ’re Lieb’.
Du mußt das Werk in dir vollenden
Und bitten: Herr aus Deinen Händen
Mir Deiner Weisheit Fülle gib!
M.L.F.
Aus 'Abdu'l-Bahá und das verheißene Zeitalter, von Ruth White.
Aus dem V. Kapitel. Deutsch von H. Küstner.
Mohammed verwendete nicht nur das Symbol des Höllenfeuers als Strafe des Schlechten, er malte auch den Himmel in der einzigen Weise aus, die Eindruck auf die damaligen Araber machte — mit viel Wein und bevölkert mit herrlichen Jungfrauen. Ganz ohne Zweifel waren dies Symbole. Z. B. spricht er wieder und wieder von fließendem Wein, aber er beschreibt ihn als Wein solcher Art: „Ihre Stirnen glühen nicht davon, noch nimmt er ihnen die Sinne“, und wollte ihnen damit zeigen, daß er keinen berauschenden Wein meine; verbietet er doch auch in seinen Lehren den Gebrauch berauschender Getränke. So war es nur ein symbolischer Wein, wie auch Himmel und Hölle symbolisch gemeint waren, die er ihnen vormalte, die Darstellung des Himmels ähnelte so dem Erdenleben der Araber, damit sie verstünden und daran glaubten. Jede Rasse wie der Einzelne kann gewöhnlich nur soviel begreifen, als er sich geistig zu eigen gemacht hat, und steht allem, was darüber hinausgeht, gewöhnlich verständnislos gegenüber. Für viele von uns ist es unmöglich, unsern augenblicklichen Zustand zu sehen, bis wir beginnen, uns in einen höheren zu entwickeln, denn was auch unsere Stufe ist, sobald wir uns dessen durch Selbstbemeisterung und durch Selbstbesiegung würdig gemacht haben, liegen unendlich mehr Stufen vor uns entfaltet.
Heute sollten wir uns vor Augen halten, daß es viele Stufen und Arten von Glauben gibt. Die Räuber des Altertums, z. B. pflegten zu beten, daß wenn Gott ihren Raubzügen zu Erfolg verhelfe, so würden sie einen Teil der Beute der Kirche opfern. Es waren einfache Menschen, und sie glaubten, sie hätten den rechten Glauben, obwohl der rechte Glaube der Glaube der guten Taten ist, verbunden mit der Fähigkeit, sich zu den weiten universalen Höhen einer Religion zu erheben. Aber wie jedermann seinen Glauben nur gemäß seinen geistigen Errungenschaften gestalten kann, so sind die meisten Menschen unfähig, zu unterscheiden zwischen einem geistigen Glauben und dem Glauben an die zweite Geburt. Sogar wenn man die zweite Geburt erlangt hat, was äußerst selten ist, gibt es noch unendlich viele Stufen des Fortschritts zu erlangen, von denen wir uns bis zum Augenblick ihrer Erlangung keinen Begriff machen können.
Der einzige Beweis wahren Glaubens liegt in der Betätigung, aber hier hindert wiederum eine Schwierigkeit die Menschen am Verständnis, worin die Betätigung der Religion besteht. Laßt uns die verschiedenen christlichen Glaubensbekenntnisse zu verschiedenen Perioden untersuchen. Was hier zu sagen ist, paßt gleicherweise auf andere Religionen. Die Räuber des Mittelalters, welche gelobten, einen Teil ihrer Beute der Kirche zu schenken, wenn ihr Raubzug Erfolg habe, taten dies im Bewußtsein des rechten Glaubens. Die Fanatiker, die im Namen Jesu Menschen verbrannten und marterten, dachten ebenfalls, sie hätten Glauben. Die heutigen Glieder der Kirchen schreiben sich ebenfalls Glauben zu und denken, sie seien gute Christen, weil sie sich von augenscheinlichen Sünden frei halten und die Kirchengebräuche beachten, ohne daran zu denken, daß Christus solche Dinge bei den Pharisäern verdammt hat. Sie vermögen nicht zu sehen, daß von einem höheren und feineren Standpunkt aus ihr Glaube gerade soweit vom richtigen wahren Glauben entfernt ist, wie der Glaube der Räuber, der Fanatiker und der Pharisäer es war; der Unterschied liegt nur in der Stufe und der Beschaffenheit des Glaubens, das ist alles. Die früheren Generationen sündigten z. B. in grober Weise, und die heutige Generation macht sich der Sünden des Geistes, der Selbstsucht, des Hochmuts und der Selbstvergötterung, und vieler Unterlassungssünden schuldig. Letztere werden in unzähligen Arten begangen. Die Strafe dafür, sagte Christus, sei die Hölle, was modern im Sinne der Bahái-Lehre ausgedrückt, die niederste Stufe geistigen Bewußtseins bedeutet, das Behaftetsein mit einem Mangel der Erkenntnis der geistigen Welt.
Als Christus sagte: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen; wenn’s nicht so wäre,
so wollte ich zu euch sagen, ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten,“ bestätigte Er, oder wies
darauf hin, daß, was jetzt die Bahá’i-Religion lehrt, das Leben hier und dort in ununterbrochenem
Fortschritt besteht; denn diese Wohnungen sind die verschiedenen Stufen und Zustände der
Seele, die in der nächsten Welt geradeso wechseln, wie hier. Sich befriedigt zu fühlen im
Bewußtsein, daß wir erlöst sind zu völliger Seligkeit, die den Anhängern einer jeden Religion
durch die Geistlichkeit gelehrt wurde, heißt daher glauben, daß Religion sich immer gleich bleibt,
sie keine neuen Kräfte entwickelt, denn unser Fortschritt befindet sich in beständigem Fluß.
[Seite 80]
Wir werden alle zu ewigem Leben gelangen, allein dort gibt es noch mehr Verschiedenheit in
den Graden des Lebens als auf dieser Ebene. Das Mineral hat Leben; allein verglichen mit dem
Menschen ist es als tot zu bewerten. Ein intellektueller Atheist von dieser Welt wird in der
Welt des Geistes mit einem Sinnesmangel behaftet sein.
Das heutige Bestreben geht, wie früher bei den Griechen, dahin, die Wichtigkeit materiellen Wohlbefindens zu überschätzen. Als Christus erschien, brachte er ein neues Gebot: Gott müsse angebetet werden im Geist völliger Uneigennützigkeit, nicht, um in dieser Welt schnell zu Wohlhabenheit zu gelangen. Es war außerordentlich schwierig für die Griechen, sich diesen neuen Standpunkt zu eigen zu machen und vom Anbeten der Götter ihres Eigeninteresses zurückzutreten. Tatsächlich haben sich weder die Griechen noch ein anderes Volk seither zu diesem neuen Standpunkt aufgeschwungen, abgesehen von einem sehr begrenzten Umfang. Auch hier gehen die modernen Kulte analog den verschiedenen Göttern der Griechen, wie sie die Griechen vor Christi Erscheinen besaßen. In jenen Tagen pflegten die Menschen die verschiedenen Götter um Gesundheit, Wohlstand, weltliche Wohlfahrt zu bitten, und wenn sie nicht erhört wurden, wandten sie sich sofort einem andern Gott zu. In gleicher Weise gehen heute die Menschen bald zu diesem, bald zu jenem Kult, und suchen, durch Flehen zum Gott der Bestätigung ihres Herzens Wünsche erfüllt zu erhalten. Die Namen der Götter und der Götzen haben sich geändert in die Namen der Kulte, aber das Prinzip ist dasselbe, denn der Versuch, die höheren Mächte zu benutzen, unsere eigenen Zwecke zu fördern ist geradesogut eine Form des Götzendienstes der Griechen.
In einer Welt, welche allem Anschein nach dies neue Gebot Jesu Christi vergessen hat, wiederholt die Bahá’i-Lehre heute wieder das Gebot der Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit, und stellt das Allgemeinwohl über das Eigeninteresse. Wenn auch von den Religionen manche das Gegenteil der andern zu sein scheint, so leuchtet doch klar aus allen dasselbe fundamentale Prinzip; es ist die Abkehr von der Geistesrichtung der Griechen, deren Streben hauptsächlich nach materieller Wohlfahrt, Gesundheit, Wohlstand, nach geheimer Kraft ging, um deren Ich sich alles dreht, und deren Wille auf Macht gerichtet war. Ihre Geweihten versuchen, den heilsamen Lehren zu entrinnen, die Gott für das Wohl ihrer Seele sendet. Dies kommt einem Betäubungsmittel gleich, es werden dadurch die geistigen Empfindungen abgestumpft so sicher, wie Kinder ihre geistige Entwicklung verscherzen, die das Lernen vernachlässigen. 'Abdu'l-Bahá sagt hierüber folgendes:
„Kummer und Sorgen kommen nicht von ungefähr, sie werden uns von der göttlichen Barmherzigkeit zu unserer Vervollkommnung gesandt.
Solange der Mensch glücklich ist, denkt er nicht an Gott; wenn aber Kummer und Sorgen über ihn hereinbrechen, dann erinnert er sich seines Vaters im Himmel, der die Demütigungen wieder von ihm nehmen kann.
Menschen, die nicht leiden, gelangen nicht zur Vollkommenheit. Die Pflanze, die der Gärtner am meisten beschneidet, wird, wenn der Sommer kommt, die schönsten Blüten und die meisten Früchte tragen.“
Fortsetzung folgt.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden.
Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden
Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart, Alexanderstr.3, Nebengebäude, zu richten.
Druck von W. Heppeler, Stuttgart.
80
[Seite 81]
Geschichte und Bedeutung der Bahá’ilehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, p. 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart
Fernsprecher Nr. 26168 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Alexanderstr. 3, Nebengebäude
In unserem Verlag sind erschienen:
Bücher:
Verborgene Worte von Baha’u’llah. Deutsch von A. Schwarz und W. Herrigel, 1924 1.--
Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, 1921, in Halbleinen geb. . . . . 4.50
In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--
Abdul Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--
Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, 1925, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60
Bah’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. 1927. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
Broschüren:
Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922 . . . . -.20
Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel, 1911 . . . . -.20
Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von A. T. Schwarz, 1919. . . . -.50
Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1910 . . . -.50
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. 2. Auflage 1920 . . . -.50
Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, nach Berichten eines Amerikaners zusammengestellt und mit Vorwort versehen von Wilhelm Herrigel, Stuttgart 1922 . . . . -.50
Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch v. W. Herrigel, 1912 . . . -.20
Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz, 1922 . . . -.50
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1923 . . . . —.50
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann-Wandsbel . . . . —.20
Religiöse Lichtblicke, Einige Erläuterungen zur Bahá’i-Botschaft, aus dem Französ. übersetzt von Albert Renftle, 2. erweiterte Auflage, 1928 . . . . --.30
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Großmann-Wandsbek . . . . . --.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 8 in Halbleinen gebunden à . . . . 9.--
Der Versand erfolgt gegen Nachnahme oder gegen Voreinsendung des Betrages.
�