SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT I | IX. JAHRGANG | MÄRZ 1929 |
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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i - Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Herausgegeben vom Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes, Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark. |
Heft 1 | Stuttgart, im März 1929 Bahá – Herrlichkeit |
9. Jahrgang. |
Inhalt: Tablet über die Weisheit. — An die Geliebten des Herrn und die Dienerinnen des Barmherzigen überall im Westen. — Neujahr.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.
Allumfassende Liebe.
Das größte Geschenk an die Menschen ist allumfassende Liebe, denn diese Liebe ist der Magnet, der das Dasein ewig macht, die Wirklichkeit anzieht und unaufhörlich freudiges Dasein schafft. Wenn diese Liebe das Herz des Menschen beseelt, dann werden alle Kräfte im Universum in ihm lebendig, denn es ist göttliche Macht, die ihn auf eine göttliche Stufe hebt. Der Mensch wird keinen wirklichen Fortschritt machen, es sei denn, daß er von dieser Macht der Liebe entflammt ist. Trachtet darnach, diese Liebeskraft der Wirklichkeit zu steigern und eure Herzen zu größeren Mittelpunkten der Anziehung zu machen, um neue Ideale und Verwandtschaft zu schaffen.
Leider, leider hat die Welt die Wirklichkeit der Religion, die hinter den symbolischen Formen steht, noch nicht entdeckt.
'Abdu'l-Bahá
(aus Bahá’i-Scriptures)
Tablet über die Weisheit von Bahá’u’lláh.
Vom Ueberprüfungskomitee übersetzt unter Verwendung des englischen Textes der Bahá’i Scriptures und des französischen Textes von H. Dreyfus.
Im Namen Gottes, des Schöpfers, des Allwissenden, des Weisen.
Dies ist ein Buch, das der Barmherzige von dem Reich Seiner Aeußerungen veranlaßte, herabzukommen.
Es ist fürwahr der Geist des Lebens für alle im Reiche der Schöpfung. Erhaben ist Gott, der Herr der Menschheit.
In diesem großen Tablet erwähnt Er den, der Seinen Herrn erwähnte; wahrlich, es ist En-Nabil.*)
*) En-Nabil d. h. „der Tugendhafte“. Dies ist ein Name, der in gleicher Weise auch Mohammed, dem Propheten beigelegt war.
O Mohammed! Höre die Stimme, die sich von den höchsten Regionen der Größe und von dem hl. Baum im Lande Saafaran erhob und die also spricht: „Es gibt keinen Gott außer Mir, dem Allwissenden, dem Weisen.“
Gleiche dem wehenden Wind des Barmherzigen, der über die Bäume der erschaffenen Welt dahinfährt, und rüttle die Menschen auf im Namen deines Herrn, des Gerechten, des Allwissenden. Wahrlich, Wir wünschen, daß du erwähnen mögest, was von allen Menschen erwähnt werden wird, daß sie beiseite werfen, was sie haben und ihr Gesicht Gott dem Herrn, dem Aufrichtigen, zuwenden. Wahrlich, Wir ermahnen die Diener in dieser Zeit, in der das Angesicht der Gerechtigkeit durch Staub verhüllt ist, die Stirne der Unwissenheit leuchtet u. glänzt, die Schande der Gesinnung offenkundig wird, in der Ruhe und Aufrichtigkeit verschwunden sind, während Elend und Bedrückungen überhand nahmen, wo Bündnisse verletzt und Versprechen gebrochen wurden. Zu dieser Zeit wurden die Menschen unwissend und unfähig zu unterscheiden, was ihre Augen Öffnet und was sie blind macht, was sie irreführt und was sie auf den alten Pfad leitet.
O Menschenkinder! Meidet das Laster und nehmt die Tugend an, seid ein vollkommenes Beispiel für die Menschen und werdet ein Vorbild, das sie ermahnt.
Wer sich mit Standhaftigkeit aufmacht, um der Sache Gottes zu dienen, muß eine Offenbarung der Weisheit sein und muß bestrebt sein, die Unwissenheit unter den menschlichen Wesen zu beheben.
Sage: „Laßt euer Wort eins sein und stimmet überein in euren Meinungen. Euer Morgen sei besser als der Abend war und der morgige Tag besser als der gestrige. Der Wert des Menschen hängt von seinem Dienst und seiner Vollkommenheit ab und nicht von seinem Schmuck, seinen Reichtümern oder seinem Wohlstand. Laßt eure Wünsche von Falschheit und Lust, und laßt eure Handlungsweise geheiligt sein über jeglichen Argwohn und frei sein von Heuchelei.“
Sage: „Vergeudet den Reichtum eures kostbaren Lebens nicht für lüsterne Begierden und beschränket euch nicht nur auf eure privaten Interessen, sondern gebt, wenn ihr habt und seid geduldig, wenn ihr nichts habt. Der Not folgt Ueberfluß und der Verwirrung Klarheit. Meidet Lügenhaftigkeit und Trägheit und beschäftigt euch mit dem, was den Menschen nützlich ist, seien sie jung oder alt, Greise oder Witwen.“
Sage: „Hütet euch, das Unkraut des Mißklangs unter die Geschöpfe und die Dornen des Zweifels und des Argwohns in die reinen und strahlenden Herzen zu säen.“
Sage: „O ihr Geliebten Gottes! Begeht nichts, was die Klarheit des reinen Wassers der Liebe trübt oder das duftende Band der Freundschaft trennt.“ .
Bei Meinem Leben! Ihr seid für Liebe und Zuneigung erschaffen und nicht für Haß und Halsstarrigkeit.
Brüstet euch nicht mit der Liebe zu eurem eigenen Volk, sondern rühmt euch eurer Liebe zu all euren Mitgeschöpfen. Euer Ruhm besteht nicht darin, daß ihr eure Heimat liebt, sondern darin, daß ihr die ganze Welt liebt.
Laßt eure Augen keusch, eure Hände ehrlich, eure Zunge wahrhaftig und eure Herzen rein sein. Erniedrigt nicht die herrliche Stufe der Gelehrten und verkleinert nicht die Ehre der Oberhäupter, die gerecht richten unter euch.
Laßt Gerechtigkeit eure Armee, Vernunft eure Waffen, Verzeihung und Vergebung
euren Charakter und eure Natur sein. Bei Meinem Leben, es bekümmert Mich, von
den Sorgen zu hören, die du erwähntest.
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'Abdu'l-Bahá
nach einer Aufnahme in Dublin i. J. 1912. Abzüge dieses Bildes sind durch den Bahá’i-Verlag zu beziehen.
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Sieh nicht auf die Menschen und ihre Handlungen, sondern blicke auf die Wahrheit und
auf die Herrschaft Gottes, wahrlich, Er wird dich an das erinnern, was von Ewigkeit her
der Ursprung der Freude in der Welt war.
Trinke das reine Wasser der Wonne aus dem Kelch der Offenbarungen der Manifestation, die deiner gedenkt von dieser starken Festung aus *). Tue, was in deinen Kräften steht, die Wahrheit mit Weisheit und Erklärungen in den Menschenherzen zu festigen und zerstöre den Irrtum unter den Geschöpfen. Dies befiehlt dir der Aufgangsort der Erkenntnis von Seinem erhabenen Horizont aus.
*) Die Festung Akka.
O du, der du Meinen Namen anrufst! Betrachte die Menschen und was sie in Meinen Tagen begangen haben. Wir offenbarten einem Emir, was kein lebendiges Wesen auf Erden ihm hätte offenbaren können und baten ihn, Uns den Geistlichen gegenüberzustellen, um ihm die Beweise Gottes, Seine Argumente, Seine Größe und Seine Macht vor Augen zu führen. Außer Reines und Gutes wünschten Wir nichts. Er aber beging wahrlich, was die Bürger der Städte der Gerechtigkeit und Billigkeit zum Wehklagen brachte. Somit wurden die Geistlichen zu Richtern zwischen Mir und ihm. Wahrlich, dein Herr ist der Allwissende, der Lenker aller Dinge.
Der Fall liegt so, wie du siehst. Wie könnte es für den göttlichen Vogel nur möglich sein, sich in die Atmosphäre der Erklärungen aufzuschwingen, nachdem das meiste seines Gefieders durch die Steine des Argwohns und des Hasses zerbrochen ist und Er in einer Zelle aus leuchtendem Felsen eingekerkert worden ist. Bei Gott, die Menschen sind große Unterdrücker.
Ueber das, was du über den Anfang der Schöpfung erwähntest, sei gesagt, daß dies etwas ist, das im selben Verhältnis verschieden ist, wie die Gedanken und Vorstellungen der Menschen verschieden sind. Würdest du sagen „so und so ist es“, so würde es recht sein. Würdest du dasselbe sagen, wie es in den hl. Büchern berichtet ist, so würde es wahrlich auch keinen Zweifel darüber geben, weil dies von seiten Gottes, des Herrn der Welten herabkam. Wahrlich, die Schöpfung war ein verborgener Schatz, dies ist ein Zustand, der durch keine Erklärung oder Auslegung erklärt werden kann. In einer andern Stelle ist gesagt: „Ich wünschte bekannt zu werden, darum erschuf Ich dich.“
Die Wahrheit und die Schöpfung standen von Ewigkeiten an, die keinen Anfang haben unter Seinem Schatten, aber sie gingen der Priorität, die keine Priorität hat, voraus und ihre Ursache kann auch von den Gelehrtesten der Gelehrten nicht ergründet werden.
Was ist, war schon zuvor da, aber nicht in dem Zustand, in welchem wir es heute sehen. Die Welten wurden durch die emanierende Kraft der Reaktion der aktiven und passiven Prinzipien geformt; obgleich diese Welten die gleichen sind, so verändern sie sich doch beständig.
So unterrichtet dich der Unterweiser, der größer ist als diese Schöpfung.
Wahrlich, der Erschaffende und das Erschaffene wurden hervorgebracht durch das unwiderstehliche Wort Gottes, das in der Tat die Ursache der Schöpfung ist, und nichts außer diesem Wort Gottes hat je etwas erschaffen oder verursacht. Wahrlich, dein Herr ist der Erklärer, der Weise. Alsdann wisse, daß das Wort Gottes viel zu erhaben ist, um durch die Sinne begriffen werden zu können; und dies deshalb nicht, weil es weder zur Natur noch zum Dasein gehört, sondern weil es erhaben ist über die bekannten Elemente und frei ist von erfaßten und hohen Rudimenten. Es wurde offenbar, ohne geäußert zu werden, oder ohne daß es eine Stimme aussprach. Es ist der Befehl Gottes, des Beschützers aller Welten.
Wahrlich, das Wort Gottes hat niemals aufgehört auf die Welt herabzukommen. Es
ist die größte Gabe und die Ursache alles Ueberflusses. Es ist das Wesen, das
geheiligt über allem steht, was war und ist. Wahrlich, es ist nicht Unsere Absicht, die
Einzelheiten dieses Zustandes zu erklären, weil die Gegner gespannt lauschen, um
etwas zu hören was gegen Gott, den Beschützer, den Selbstexistierenden spräche. Da sie
unfähig sind, das, was vom Aufgangsort des Lichts der Einheit erschienen ist, durch die
Mysterien der Wissenschaft und Weisheit zu begreifen, machen sie Einwendungen
und erheben ein Geschrei. Aber Tatsache ist, daß sie Einwendungen machen
gegenüber dem, was sie selbst erkennen und nicht gegenüber dem, was vom Erklärer erklärt
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und durch die Wahrheit, die alles Sichtbare und Unsichtbare erkennende, verkündigt wurde.
Alle ihre Einwendungen kehren zu ihnen selbst zurück, aber bei Meinem Leben, sie verstehen dies nicht.
Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß es ohne Ursprung nichts gibt, wie es auch kein Gebäude ohne einen Erbauer gibt. Dies ist die der Existenz vorausgehende Ursache, die mit dem gestickten Gewand der Priorität voranschritt, obschon die Existenz zu allen Zeiten und unter allen Umständen der Erneuerung und der Produktion unterworfen ist. Erhaben ist der Weise, der dies große und edle Gebäude, die Schöpfung, erschaffen hat. .
Schaue dir die Welt an und denke über sie nach. Wahrlich, sie wird dir ihr eigenes Buch, und was durch die Feder deines Herrn darin geschrieben ist, widerspiegeln.
Dieses Buch wird dir zeigen, was in ihr und über ihr ist, und es wird dir eine solch klare Erklärung geben, daß du von keinem anderen beredten Erklärer mehr abhängig bist.
Höre: Die Natur mit ihrem ganzen Wesen ist nichts anderes als die Offenbarung des Schöpfers, Meines Namens, aber durch eine gewisse Ursache der Ursachen mag es vorkommen, daß diese Offenbarung verschieden ist, und diese Abweichungen sind in der Tat Zeichen für diejenigen, die sie wahrnehmen. Die Natur ist die Offenbarung des Willens Gottes in der sichtbaren Welt. Wahrlich, sie ist die Vorherbestimmung von seiten des Einen, des Vorherbestimmenden, des Allwissenden. Sollte gesagt werden, die Natur sei der göttliche Urwille, geoffenbart in der erschaffenen Welt, so hat niemand das Recht, dies zu verwerfen; denn in ihr (der Natur) ist eine große Macht errichtet, deren Grenze und Wesen von den Menschen dieser Welt nicht erfaßt werden kann. Wahrlich, auch der Klarsehende kann in ihr nichts anders sehen, als die Verklärung des Schöpfers, Meines Namens.
Sage: „Dies ist ein Zustand, zu dem Verderben keinen Zugang hat; dies ist ein Wesen, das die Natur ob Seines Erscheinens, Seiner Beweise und Seines Glanzes, der alle Welten umgibt, in Erstaunen versetzte. Es schickt sich nicht für dich, auf die früheren oder auf die späteren Dinge zu achten, sondern von diesem Tag zu sprechen und von dem, was an diesem erschienen ist.“ Wahrlich, dies genügt für die ganze Welt.
Wahrlich, alle Erklärungen und Andeutungen bezüglich solcher Fragen werden nur dazu dienen, die Wärme bei den Menschen zu dämpfen, und aus diesem Grunde schickt es sich für dich, an diesem Tag nur das auszusprechen, was die Herzen entzündet und was den Strebsamen Schwingen verleiht. Wer heute an diese Neuschöpfung glaubt und die unüberwindliche Wahrheit als Wächter und Beschützer über sie erkennt, der gehört zu den Klarsehenden; dies bezeugt jeder Erkennende und Ueberzeugte. Wandle durch die Welt mit der Macht des Größten Namens, damit du die Geheimnisse der Präexistenz wahrnimmst und wissest, was kein anderer weiß. Wahrlich, dein Herr ist der Erhalter, der Weise, der Allwissende. Sei wie eine Arterie, durch die das Blut im Körper der erschaffenen Welt pulsiert, damit die Zaudernden durch die von der Bewegung in ihr erzeugten Wärme neu belebt werden. Du hast dich mit Mir verbunden und sahst die Sonne des Himmels Meiner Weisheit und die Wogen der See Meiner Aeußerungen, als Wir Uns noch hinter 70000 Schranken des Lichts befanden. Wahrlich, dein Herr ist der Getreue, der Vollkommene. Gesegnet ist, wer in den Tagen seines Herrn, des Freigebigen, des Weisen, zu den überfließenden Gaben aus dieser See gelangt.
Als Wir Uns in Irak im Hause El Madschied befanden, erklärten Wir dir die Geheimnisse der Natur, ihren Ursprung und ihre Ursache. Als Wir aber dies Haus verlassen hatten, beschränkten Wir unsere Aeußerungen auf die Worte: "Wahrlich, es gibt keinen Gott außer Mir, dem Vergebenden, dem Großmütigen.“
Sei der Uebermittler der Sache Gottes und zwar in solcher Weise, daß durch deine Worte der Baum zum Brennen gebracht wird, so daß er spricht: „Wahrlich, es gibt keinen Gott außer Mir, dem Mächtigen, dem Unvergleichlichen.“
Sage: El Beyan ist ein Auszug, der Vertiefung und Vereinigung sucht. Die
erstere ist abhängig von Feinheit und ist eine Eigenschaft der wunschlosen und reinen
Herzen; und der andere Zustand (der Vereinigung) ist davon abhängig, mit der Weisheit
erfüllt zu sein, die Wir in den Büchern und Tablets offenbarten. Denke nach über
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das, was vom Himmel des Willens des Herrn, des Gütigen, herabkam, damit du
erkennst, was Wir mit dem tiefen Sinn Unserer Worte sagen wollten.
Wahrlich, diejenigen, welche Gott leugnen und sich an die Natur hängen, wie sie eben ist, sind sowohl der Wissenschaft als der Weisheit bar. Sind solche Leute nicht zu den Irrenden zu zählen? Wahrlich, diese Menschen gelangten niemals zur höchsten Stufe, noch zu dem, wonach sie trachteten, denn ihre Augen waren blind und ihre Gedanken verwirrt. Wäre dies nicht der Fall gewesen, dann hätten die Obersten des Volkes Gott bekannt und Seine Herrschaft anerkannt; dies bezeugt dir dein Herr, der Beschützer, der Selbstexistierende. Und als die Augen des Volkes des Ostens gesättigt und erfreut wurden durch die Künste, Gewerbe und die Industrien des Westens, hingen sie sich an deren Wirkungen und vernachlässigten die Sache und ihren Urheber. Doch die Leuchten der Weisheit haben niemals den Urheber, den Schöpfer des Ursprungs eines solchen Fortschritts verneint. Wahrlich, diese kannten Gott, aber die Mehrzahl des Volkes kennt Ihn nicht.
Unter diesen Umständen wird es ratsam sein, um der Sache Gottes willen, einige Worte der Weisen in diesem Tablet zu erwähnen, damit durch diese Worte den Dienern die Augen geöffnet werden und damit sie daran glauben, daß Er Gott, der Schöpfer, der Mächtige, der Urheber, der Allwissende, der Weise ist.
Obwohl es zur Zeit bekannt ist, daß die Weisen heutigen Tags die wichtigsten Organe für den Erfolg und den Fortschritt der Künste und Wissenschaften sind, so wird doch jedermann, der die Dinge mit erkennendem Auge untersucht, wahrnehmen, daß der größte Teil ihres Wissens und ihrer Künste von den Weisen des Altertums übernommen ist, die in der Tat der Anlaß zur Legung einer soliden Grundlage der Weisheit waren und somit ihren Aufbau erleichterten und ihre Grundlagen festigten. So unterrichtet dich der Herr, der Ewige.
Aber nicht nur dies, sondern die Alten hatten ihr Wissen durch die Propheten, welche die Aufgangspunkte der göttlichen Weisheit und die Offenbarer der himmlischen Geheimnisse waren.
Von den damaligen Menschen gelangten einige zu dem reinen und klaren Wasser ihrer Lehren und andere tranken den Rest aus ihrem Kelch. Jeder empfing seinen Teil nach seiner eigenen Fähigkeit. Wahrlich, Er ist der Unparteiische, der Weise.
Empedokles, berühmt ob seiner Weisheit, war ein Forschergeist wie David; Pythagoras war ein Weiser wie Salomo, der Sohn Davids. Beide empfingen ihr Wissen aus der Quelle der Weisheit (Salomo), Pythagoras war es, der lehrte, er habe die rauschende Stimme der Arche (des Propheten) gehört, und gelangte dadurch auf autoritative Stufe. So kann dein Herr, wenn Er will, jedes Ding erklären. Wahrlich, Er ist der Allwissende, der Allumfassende! Wahrlich, das Fundament und der Ursprung der Weisheit waren immer die Propheten selbst, aber die innere Bedeutung und die Geheimnisse der Weisheit wurden verschieden gemacht nach den Anschauungen und den Folgerungen der Menschen.
Wir wollen dich bekannt machen mit dem Bericht über einen Tag, an dem einer der Propheten unter den Menschen sprach und ihnen kund tat, was Er von dem Machtvollen gelehrt wurde. Wahrlich, dein Herr ist der Inspirierende, der Mächtige, der Unbesiegbare! Als die Brunnen der Weisheit und der Aeußerungen aus der Quelle Seiner Erklärungen hervorströmten und die, welche um Ihn standen, von dem Wein der Erkenntnis berauscht waren, sagten sie: „Nun sind wir erfüllt vom Geist." Einige unter den damaligen Leuten, die diese Darstellung anerkannten und nach ihrem Vorgehen das Innewohnen und Einströmen des Geistes wahrnahmen, erklärten dies auf verschiedene Weise und wurden so Führer, denen wieder andere folgten. Wenn Wir deren Namen erwähnen und alles über sie ins Einzelne gehend erklären wollten, so würde dies sehr viel Zeit erfordern und uns von dem beabsichtigten Thema ablenken. Wahrlich, dein Herr ist der Weise, der Allwissende!
Und von diesen haben wieder andere den versiegelten Wein getrunken, dessen Siegel geöffnet wurde durch den Schlüssel des Mundes des Aufgangsorts der Zeichen deines Herrn, des Mächtigen, des Gütigen.
Sage: „Die Philosophen haben niemals den Ewigen geleugnet, ja die Mehrzahl von
ihnen gingen tiefbekümmert aus diesem Leben, weil sie Ihn nicht erkannten, wie dies
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von einigen unter ihnen bezeugt ist.“ Wahrlich, dein Herr ist der Unterweiser, der
Gelehrteste.
Betrachte Hippokrates! Er war einer der größten Philosophen, und dabei glaubte er an Gott und anerkannte Seine Herrschaft.
Nach ihm kam Sokrates. Dieser war ein weiser, tugendhafter und demütiger Mann. Er widmete sein Leben der Entwicklung der Geistigkeit, ermahnte das Volk, Leidenschaft und Sinnenlust zu meiden, er mied die Verführung der Welt, zog sich zurück in eine Höhle eines Berges und verbot dem Volk die Anbetung der Götzen. Er lehrte die Menschen die Wege des Barmherzigen, bis ihn endlich die Unwissenden anfielen, ergriffen, und ihn ins Gefängnis warfen. So erzählte dir die flüchtige Feder, welch’ reine und gute Ansicht dieser Mann über Philosophie hatte. Wahrlich, er war der Meister der Philosophie und ein sehr weiser Mann.
In der Tat, Wir bezeugen, daß Sokrates ein „Ritter der Weisheit" war, der ihr ein ernster und standhafter Diener wurde und somit der Weisheit einen wichtigeren Dienst erwies, als alle anderen Philosophen. Er war ein fähiger Mann und hatte eine umfassende Kenntnis von allen Wissenschaften seiner Zeit, die bei den Leuten bekannt waren und ebenso von dem, was verborgen war und über den Grenzen des Wissens anderer lag. Er hatte getrunken von diesem großen Meer als es überfloß von diesem reinen und klaren Wasser. Er wurde bekannt mit der spezifisch und immer sich gleichbleibenden Natur, die die Welt regiert und zur Ordnung der Dinge in der gleichen Beziehung steht, wie der Geist des Menschen zu seinem Körper. Ueber diese transzendenten Probleme gab er besondere Erklärungen, die die Weisen von heute nicht nur nicht erklären könnten, wenn sie darüber befragt würden, sondern sogar unfähig wären, zu begreifen. Wahrlich, dein Herr spricht die Wahrheit, aber die Mehrzahl des Volkes versteht dies nicht!
Nach Sokrates kam der herrliche Plato. Wahrlich, er war der Jünger des Sokrates und saß nach diesem auf dem Stuhl der Weisheit. Er bekannte seinen Glauben an Gott und an Seine Zeichen, welche die Wächter sind über das, was war und ist.
Dann kam Aristoteles der berühmte Weise. Er war es, der die Theorie der Bewegung entdeckte.
Alle diese Männer waren Häupter und Führer des Volkes und alle bekannten Gott und anerkannten den Ewigen, in Dessen Hand die Zügel der Wissenschaft liegen.
Ich will dir gegenüber auch noch erwähnen, was Plinius gesagt hat, der in seiner Naturgeschichte vertraut mit allem war, was Kikmat, der Vater der Weisheit, (Sokrates) über die Geheimnisse der Schöpfung aussprach. Mögen so alle Gewißheit erlangen über das, was Wir dir in diesem glänzenden Tablet offenbarten, das, wenn es gedrückt würde, mit den Händen der Gerechtigkeit und der Erkenntnis, dem Geist des Lebens Einlaß verschaffen würde zur Belebung alles dessen, was in der Welt ist. Gesegnet ist, wer sich auf diesem Meer treiben läßt und seinen Gott, den Mächtigen, den Geliebten, preist.
Die Düfte der Inspiration wurden von den Worten deines Herrn in einer Weise verbreitet, daß sie von niemand unbeachtet gelassen werden konnten, außer von denen, die des Gehörs, des Gesichts, der Vernunft und aller menschlichen Sinne beraubt sind. Wahrlich, dein Herr bezeugt dies, aber die Menschen erkennen und verstehen es nicht. Apollonius sagte von sich: „Ich, Apollonius, bin der Weise, der Wundertäter. Er war es, durch den Künste und Wissenschaften verbreitet wurden, wie sie kein anderer hervorbrachte. Er war es, der sich zu den Höhen der Menschlichkeit und der Anbetung emporschwang. Höre, was er in seinen Gebeten zu dem Unabhängigen, dem Erhabenen sagte: „Ich erhebe mich in den Händen meines Herrn und erwähne Seine Gunst und Seine Gnade. Ich beschreibe Ihn, wie Er sich selbst beschreibt, damit ich Erbarmer und Führer denen sei, die meine Worte annehmen.“ Er betete weiter: „O Herr, Du bist Gott und es gibt keinen Gott außer Dir. Du bist der Schöpfer und es gibt keinen Schöpfer außer Dir. Stärke mich und richte mich auf; denn mein Herz erbebt, meine Glieder erschauern, mein Geist ist dahin und meine Vernunft erloschen. Deshalb gib Du mir Kraft und laß meinen Mund beredt sein, damit ich mit Weisheit rede. Du bist der Allwissende, der Weise, der Ewige, der Mitleidige.‘“
Wahrlich, er war der Weise, der vertraut wurde mit den Geheimnissen der Schöpfung
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und mit den Zeichen und Bedeutungen, die in den Hermetischen Schriften (Büchern des
Hermes) verborgen waren. Wahrlich, mehr als Wir sagten, wollen Wir nicht erwähnen.
Wir sagen besser, was Uns der Geist eingibt, nämlich: „Es gibt keinen Gott als
Ihn, den Allwissenden, den Mächtigen, den Beschützer, den Machtvollen, den Hochgelobten.“
Bei Meinem Leben! Dies ist ein Tag, an dem der Sadrat nichts wünscht, als der Welt zu sagen: „Es gibt keinen Gott als Mich, den Unvergleichlichen, den Wissenden.“ Würde es nicht um Meiner Liebe zu dir geschehen, so würde Ich, was hier steht, nicht erwähnt haben. Deshalb erkenne den Wert dieser Stufe! Alsdann behüte und bewahre sie, wie du deinen Augapfel hütest, und sei dankbar!
Du weißt in der Tat, daß Wir die Bücher von Menschenhand geschrieben nie gelesen haben oder bekannt wurden mit dem, was sie als Wissenschaft benennen. Wenn Wir aber irgend etwas bezüglich der Aeusserungen der Gelehrten und Weisen erwähnen wollen, d. h. von dem, was vorhanden und in den Büchern enthalten ist, so wird dies vor den Augen deines Herrn in einem klaren Tablet offenbar. Auf diese Weise sehen Wir es und schreiben dann nieder, was Wir lesen.
Wahrlich, Sein Wissen umfaßt Himmel und Erde, Dies ist ein Tablet, in dem durch die Verborgene Feder über die Wissenschaft von dem, was war und ist, geschrieben steht und für das es außer Meiner erschöpfenden Aussage keinen Ausleger gibt.
Hinsichtlich dessen, wie Mein Herz sich dazu stellt und welch Anteilnahme davon ausgeht, sei gesagt, daß es Gott sicherlich frei gemacht hat von allen Vorstellungen der Gelehrten und daß Er es rein erhielt von allen Aeußerungen der Weisen. Wahrlich, es spricht allein von Gott. Das Wort des Erhabenen bezeugt dies in diesem klaren Buch.
Sage: „O Mensch auf Erden! Hüte dich, damit dich die Beredtsamkeit auch der Weisen nicht von dem Tagesanbruch und dem Dämmerungsort der Weisheit abhält. Klammere dich an deinen Herrn, den Beschützer, den Weisen.“ Wahrlich, Wir haben für jedes Land die Zukunft, für jede Stunde das Schicksal, für jede Aeußerung die Zeit und für jede Sachlage das Wort bestimmt.
Siehe auf Griechenland! Wahrlich, Wir machten es für eine lange Zeit zum Mittelpunkt der Weisheit; als aber die Zeit zu Ende ging, wurde sein Thron gestürzt, seine Zunge verstummte, seine Lampe verlöschte, und seine Standarte wurde umgestoßen. So geben und nehmen Wir. Wahrlich, dein Herr ist der Geber, der Nehmer, der Mächtige, der Starke!
Wir haben der Obhut jeden Landes die Sonne des Wissens anvertraut, damit, wenn die Zeit kommt, von ihr ein Befehl Gottes, des Allwissenden, des Weisen, ausgeht. Wenn es Unser Wunsch wäre, dir jeden Verlauf der Länder der Erde aufzuzählen und ebenso, was darinnen ist und was aus einem jeden vorging, so wären Wir wahrlich dazu imstande, denn das Wissen deines Herrn umfaßt tatsächlich Erde und Himmel.
Alsdann wisse, daß die Alten Dinge zustande brachten, wie sie den modernen Weisen noch nicht gelungen sind. Zu den früheren zählt Martosi, der ein Instrument erfand, das den Klang auf eine Entfernung von sechzig Meilen übertrug.*) Doch nicht nur er, sondern auch andere haben Wunderbares entdeckt; Dinge, die die Menschen von heute niemals gesehen haben. Wahrlich, dein Herr läßt in jedem Land erscheinen, was Er wünscht und zwar als eine Weisheit Seinerseits, Er ist in der Tat der Herr, der Weise.
*) Zur Zeit als das Tablet geschrieben wurde, war das Telefon noch nicht erfunden.
Ein wahrer Philosoph leugnet niemals Gott und Seine Beweise; er anerkennt vielmehr Seine Größe u. Macht, die einen Schutz für die ganze Welt bilden. Einige der Weisen haben in der Tat geschaffen, was den Menschen von Nutzen ist, und Wir haben sie durch Unsern Befehl unterstützt. Wahrlich, Wir haben die Macht, dies zu tun!
Hütet euch, o ihr Meine Geliebten, die Erhabenheit Meiner Weisen zu leugnen, sie sind die Diener, die Gott zu Aufgangsorten Seines, des Schöpfers Namen in der Welt gemacht hat. Machet alle Anstrengungen, die in eurer Macht stehen, daß Künste und alles, was jedermann, ob jung oder alt, von Nutzen ist, durch euch erscheinen möge.
Wahrlich, Wir sind fertig mit den Törichten und Unwissenden, die glauben, die
Weisheit beschränke sich darauf, von
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Begierden und Leidenschaften zu sprechen oder sich von Gott, dem Herrn der Welten
abzuwenden, wie Wir es heute von so manchen Haltlosen behaupten hören.
Sage: Der Anfang der Weisheit und Erkenntnis und ihr Ursprung ist, zu bekennen und anzuerkennen, was Gott offenbar machte, denn dadurch wurde Ordnung eingesetzt, die wiederum zu einem Panzer für die Erhaltung des Körpers der Welt wurde. Denket hierüber nach, damit ihr erkennt, was durch Meine erhabene Feder in diesem herrlichen Tablet geoffenbart wurde.
Sage: „Alles, was sich auf Ordnung oder Verordnung bezieht, über welche ihr rechtet und debattiert, ist abgeleitet von jedem Wort der Worte, die durch die Macht der Aeußerung Dessen geoffenbart wurden, der der Mächtige, der Unüberwindliche ist.“
Somit haben Wir dir nun berichtet, was dein Herz erfreuen und deine Augen trösten wird, damit du dich mit Standhaftigkeit erheben und der Sache bei den Menschen der Welt dienen mögest.
Sage: „Preis sei Dir, o Gott, mein Gott! Ich bitte Dich durch Deinen Namen, von dem das Licht der Weisheit ausging, als die Atmosphäre Seiner Aeußerungen sich unter den Geschöpfen regte, stärke mich durch Deine Macht und hilf mir Deinen Namen unter Deinen Dienern zu erwähnen.
O Gott, ich habe mein Gesicht Dir zugewendet; Mich lösend von allem außer Dir, und mich festhaltend am Saum Deines Gewandes und Deiner Freigebigkeit und nun bitte ich Dich, hilf mir das zu äußern, was die Seelen anzieht und was dazu verhilft, Seele und Geist emporzuheben. Alsdann festige mich in Deiner Sache, daß ich weder durch den Einfluß der Unterdrücker, noch durch die Macht der Ungläubigen unter den Bewohnern Deines Reiches daran gehindert werde. Mache mich in Deinem Reich zu einer Lampe, die alle führen wird, in deren Herzen das Licht Deiner Erkenntnis leuchtet, und in die Deine Liebe gelegt ist.
Wahrlich, Du bist mächtig, alles zu tun, was Du willst, und in Deiner Hand liegt das Reich der Schöpfung.
Es gibt keinen Gott außer Dir!
An die Geliebten des Herrn und die Dienerinnen des Barmherzigen überall im Westen.
Haifa, Palästina, 12. Februar 1929.
Mitarbeiter im Göttlichen Weinberg!
Mancherlei Umstände veranlassen mich, Euch Nachricht zu geben von neuerlichen Geschehnissen in den Ländern des nahen und mittleren Ostens, die nach dem Willen der Vorsehung in diesen Tagen eine Verwandlung über sich ergehen lassen müssen, die in ihren Hauptzügen so erschreckend ist, wie sie bezeichnend ist in ihren Wirkungen auf die Interessen unseres geliebten Glaubens.
Ich habe mich bereits in meiner vorhergehenden Mitteilung kurz mit der Natur und den Wirkungen der plötzlichen Umwälzung befaßt, die mit überraschender Schnelligkeit eine westlich orientierte und verjüngte Türkei an Stelle des primitiven und altersschwachen Ottomanischen Reiches erstehen ließ. Ich habe auch versucht, die ersten Stadien der sich kürzlich abspielenden, ans Herz greifenden Episode zu beschreiben, die dazu diente, die Bahá’i-Gemeinschaft in der Türkei in einer Weise, die wahrlich durch die Vorsehung bewirkt ist, aus der Dunkelheit gegnerischer Vernachlässigung in das helle Tageslicht der amtlichen und öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken.
Seit neuestem nun wird es nach den Berichten der erwählten Vertreter der Gläubigen
in verschiedenen Teilen der Türkei offenbar, daß die Untersuchungen, die die
amtliche Polizei in der Hauptstadt und den Provinzen des Landes durchführte, nur als
eine Einleitung für eine noch offiziellere und noch mehr ins Einzelne gehende
Untersuchung darüber anzusehen waren, welche Stellung die Bahá’i zu den Gesetzen einnehmen,
die die Republikanische Regierung kürzlich erlassen hat. Denn kaum waren
die Anhänger Bahá’u’lláhs aus der Haft bei der Polizei entlassen und hatten die
Versicherung abgegeben, daß ihr Glaube in keiner Weise mit irgend einer politischen
Richtung zusammenhänge, als eine amtliche Mitteilung an ihre Vertreter erging und sie
aufforderte, sich vor dem Staatsgerichtshof wegen der Uebertretung des Gesetzes der
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Republik zu verantworten, das Anmeldung und Genehmigung für alle öffentlichen
Versammlungen und Zusammenkünfte durch das Staatsgericht verlangt. Dieser Aufforderung
leisteten unsere Brüder unmittelbar und auf der Stelle Folge. Sie bewillkommneten
in der Tat diese weitere Gelegenheit, nicht allein die Unschuld ihres Glaubens
zu vertreten, sondern auch die Erhabenheit der Lehren Bahá’u’lláhs zu rechtfertigen. Da
sie fühlten, daß mit dieser neuen Entwicklung ihre Sache einen ernsten und gerichtlichen
Charakter erhalten habe, beschlossen die unerschrockenen Führer der Sache, Hilfe
bei einem erfahrenen und teilnehmenden Rechtsbeistand zu suchen, der von rein
gesetzlichem Standpunkt aus die geistige Beweisführung unterstützen sollte, die
vorzutragen sie sich selbst vorbehielten. Für die Zeit von einer Woche bis zu ı8 Tagen war
die ganze Aufmerksamkeit der Gerichtsbeamten, der erwählten Vertreter der Gläubigen,
ihrer amtlich bestellten Rechtsbeistände und des erschienenen Publikums auf
die Beratungen eines Gerichtshofs konzentriert, der genau nicht nur die Lebensführung
und die Grundsätze der Bahá’i-Anhänger durchforschte, sondern auf die Gesetze und
Prinzipien, die vergangene Geschichte und die gegenwärtige Stellung des Glaubens
selbst einging.
Gestärkt durch den Gedanken daran, daß nie zuvor in der Bahá’i-Geschichte die Gläubigen Bahá’u’lláhs von den für die Justizverwaltung verantwortlichen Beamten des Staats aufgerufen worden waren, die Geschichte und die Prinzipien ihres Glaubens darzulegen, entschieden sich unsere Brüder in der Türkei dafür, in voller Aufrichtigkeit für die ausgezeichneten Gesetze und Verordnungen der Bahá’i-Offenbarung einzutreten, die im Verborgenen zu lassen sie die Gewalttaten einer argwöhnischen Gewaltherrschaft so lang gezwungen hatten.
Ich kann nichts Besseres tun, als in diesem Zusammenhang einige Stellen aus dem Text der offiziellen Verteidigung anzuführen, die in beweglichen Worten der Vorsitzende der Konstantinopler Geistigen Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft in einer Vollversammlung des Gerichtshofs bei dieser geschichtlichen Gelegenheit vortrug:
„Die Bahá’i-Lehre ist eine universale Religion, modern und absolut unabhängig.
Wenn man eine noch zeitgemäßere Bezeichnung für sie will, so ist sie eine Sache der
Barmherzigkeit, des guten Einvernehmens unter den-Menschen, und der Liebe, mit
andern Worten, des moralischen und geistigen Fortschritts. Sie ist weder eine Sekte,
noch ein Zweig von den andern Religionen und den verschiedenen Lehren. Sie ist
jedoch ihre natürliche, logische und sozusagen wissenschaftliche Ergänzung. Dies ist
der Grund, warum man unter ihren Anhängern Personen findet, die aus allen vorhandenen
Religionen und Lehren kommen, und die sich heute nach Millionen zählen. Diese
Erklärungen können gleichwohl nicht das Geheimnis enthüllen bezw. genügend würdigen,
das auf dem Grund der in diesem Jahrhundert vom Orient geduldeten Opfer
von mehr als 20000 Märtyrern der Bahá’i-Sache liegt, unter denen sich auch
Qurratu’l-Ayn Tahirih (der Augentrost, die Reine) befindet, jene junge türkische Frau, von der
auch unser berühmter Schriftsteller Suleyman Nasif eine Schilderung gegeben hat,
und von deren Martertod, der ohne Vorgang ist, heute durch die ganze Welt hin als
von einem Heldengedicht der Menschheitssache ohnegleichen gesprochen wird. Ich
weiß nicht, ob diese Ausführungen die Ursachen deutlich aufzeigen können, warum
sich dies bei dieser Lehre findet, die geknetet ist gleichermaßen aus dem türkischen
Blut der Freunde unter dem türkischen Volk, jener Rasse, die in der ganzen Entwicklung
des Menschengeschlechts und seiner edlen Bestrebungen nie gezögert hat, ihr Blut zu
vergießen ... Gleichwohl, die Bahá’i haben ihr Vorhandensein in der Türkei gar nicht
verheimlicht, besonders nicht unter der Republik. Haben sie sich doch in Konstantinopel
bei der letzten Volkszählung als Bahá’i in die Listen eingezeichnet. Ist es andererseits
statthaft, daß die Regierung ihr Vorhandensein in dieser Stadt übersieht?
Unter solchen Umständen könnte es nur Einbildung sein, daß die Bahá’i würden unter
dem Regime der Republik als solche verfolgt, nachdem sie auch noch ihre Freiheit
unter dem Regime der Verfassung erlangt haben, die auf das Regime der Tyrannei
folgte, unter der sie verfolgt waren. Aber ehe ich schließe, kann ich nicht umhin, mit
voller Zuversicht zu sagen, daß die türkischen Anhänger dieser Lehre sich auf die
Gerechtigkeit eines Landes verlassen können, das von der ersten wirklichen Republik regiert
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wird, die voll einer Einsicht ist, durch die sich heute der ganze Orient geehrt fühlt.
Diese Darlegungen einerseits und andererseits das Verhalten der Bahá’i bei Gelegenheit
dieses Vorfalls, der mit dem Verhör begann, dem sie von der Polizei unterworfen wurden,
bilden den überzeugenden Beweis von der Aufrichtigkeit und dem guten Glauben,
deren wir uns gegenüber der Justiz sowohl wie der Regierung bewußt sind. So hätten
wir gewisse Urkunden zurückhalten können, die die einzigen Dokumente bilden, die dazu
dienen konnten, uns Gesellschaften gleichzustellen. Wir sehen uns nicht in Widerspruch
mit dem Gesetz, wir haben nichts verheimlichen wollen, wie ich für meine Person nichts
suche, als hier alles zu sagen. Es ist dies überdies eine von der Bahá’i-Sache
diktierte Notwendigkeit, und die Befolgung eines Gebots von Bahá’u’lláh. Er
sagte uns: „Saget vor Gericht die Wahrheit ohne alle Furcht.“
Diesen feurig geführten Debatten verliehen zwei Umstände unerwarteten Charakters Farbe und Nachdruck und mußten in nicht geringem Maße zum erfolgreichen Ausgang des Prozesses beitragen. Die Teilnahme eines bekannten türkischen Publizisten und Schriftstellers, dessen zum Ausdruck gebrachte Sympathie für die Sache ihn mit der Gruppe der verdächtigen Gläubigen identifizierte, und die Verbindung des Namens der Königin-Witwe von Rumänien mit dem Bahá’i-Glauben. als Ergebnis der Entdeckung ihrer öffentlichen Erklärungen zur Sache und ihrer persönlichen Botschaft an die Freunde in dieser Stadt, unter den beschlagnahmten Dokumenten der Konstantinopler Bahá’i- Arbeitsgemeinschaft, beides diente dazu, die Lage der Bahá’i zu stärken und ermutigte sie sehr für ihre Aufgabe. Ein Brief, den der Vorsitzende der Konstantinopler Arbeitsgemeinschaft an mich gerichtet hat, versichert mich, daß die Sitzungen des Gerichts würdig waren in ihrem Verlauf, erhaben in der Darlegung der Ideale unserer Sache und vorbildlich im Charakter der daran Beteiligten. Er schrieb:**) „Es war dies eine Erklärung der Sache in all’ ihrer Größe, und noch nie hat der Orient den Namen Bahás in ähnlichem Zusammenhang ertönen hören... Ich habe vorgezogen, den Rechtsbeistand, der nicht Bahá’i ist, sprechen zu lassen. Es hatte eine grössere Wirkung, den Rechtsbeistand, hingerissen von, ich weiß nicht welchem geheimnisvollen Drang, also rufen zu hören, nachdem er die Prinzipien zitiert hatte: „Herr Richter, haben wir hier nicht das ganze Ideal, zu welchem gegenwärtig unsere Zeit marschiert, mit unserem großen Gasi an der Spitze?“
*) Das in Anführungszeichen stehende steht im Original-Brief in französischer Sprache.
**) Die folgende Anführung im Brief Shoghi Effendis ist wieder englisch.
Die überspannte Sprache der Zeitungen beim Bericht über die Einzelheiten dieser amtlichen Untersuchung dienten nach einander dazu, das bereits erlangte öffentliche Interesse noch zu vertiefen, und veranlaßte die Beamten des Gerichtshofs, gewissenhafte Unparteilichkeit in der Betrachtung und Beurteilung der Angelegenheit walten zu lassen. Was den Urteilsspruch anbelangt, der am 13. Dezember bekannt gegeben wurde, so wurde klar festgestellt, daß obwohl die Anhänger Bahá’u’lláhs in ihrer unschuldigen Auffassung von dem geistigen Charakter ihres Glaubens es für unnötig hielten, um Erlaubnis zur Fortführung ihrer verwaltenden Tätigkeit einzukommen, und deswegen mit einer Geldstrafe belegt wurden, sie doch zur Zufriedenstellung des gesetzlichen Vertreters des Staats (Staatsanwalts) nicht nur die Untadelhaftigkeit der Sache Bahá’ulláhs dargetan haben, sondern sie sich auch würdig ihrer Aufgabe entledigt haben, die Unabhängigkeit der Sache, ihren göttlichen Ursprung und ihre Angemessenheit für die Verhältnisse und die Erfordernisse der gegenwärtigen Zeit darzutun. Man wird zugeben, daß diese Anerkennung seitens der amtlichen Stellen nie so schnell gegeben worden wäre, wenn die Vertreter der Gläubigen den gewöhnlichen und offiziellen Weg gegangen wären, solche Anerkennung von ihrer Regierung zu erlangen.
Sicherlich kann sich jeder unvoreingenommene Beobachter, wenn er einerseits auf die
stürmische Geschichte der Sache in der Türkei blickt und andererseits sich der Reihe
innerer Erschütterungen erinnert, die dies Land heimsuchten, nur wundern über den
Gegensatz zwischen dem schnellen Sinken einer allmächtigen Priesterherrschaft und
der stufenweisen Festigung eines verfolgten Glaubens. Er wird die Bedeutung der
Umstände würdigen, die einerseits den Zerfall dessen herbeiführten, was die
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mächtigste Einrichtung des Islam war, und andererseits dazu beitrugen, daß sich auf seinen
Trümmern der wahre Glaube erhob, an dessen Unterdrückung jener mitgearbeitet
hatte. Blickt er noch weiter zurück in die Vergangenheit und zieht die Annalen des
Christentums aus dem ersten Jahrhundert der christlichen Aera zu Rate, wird er ohne
Zweifel die auffallende Parallele zwischen der umstürzenden Heimsuchung bemerken,
die die heiligsten Einrichtungen der Juden im hl. Land befiel, und dem gänzlichen
Zusammenbruch des Sultanats und des Kalifats, den höchsten Einrichtungen des
strenggläubigen Islam, in diesem, dem ersten Jahrhundert der Bahá’i-Sache. Er wird
sich der Härten erinnern, die die Hand des Titus den Juden auferlegte, der qualvollen
Belagerung Jerusalems, der Zerstörung der hl. Stadt, der Entweihung des Tempels, der
Entheiligung des Allerheiligsten, der Ueberführung seiner unmeßbaren Schätze in die
Kaiserstadt Rom, an die Errichtung der heidnischen Kolonie der Cella Capitolina auf
der Stadt Zion, an das Gemetzel unter den Juden und die Vertreibung und Zerstreuung
der meisten der Ueberlebenden. Er wird bemerken, daß in der gleichen Weise und
beinahe im entsprechenden Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts der Aera Bahá’u’lláhs,
nicht durch die Hand der Ungläubigen, sondern von einem anerkannten Herrscher, der
sich zum Islam bekennt, ein in seiner Größe ohne Vorgang dastehender Schlag auf die
höchsten Sitze der Autorität in der islamitischen Welt geführt wurde. Er wird sich
den kürzlichen Zusammenbruch der Staatsreligion der Türkei vor Augen führen, den
Sturz der Dynastie des Hauses Othman, den Verlust der Einigkeit bei der überwiegenden
Mehrheit der Anhänger des mohammedanischen Glaubens, die Erniedrigung, die auf
die ganze Hierarchie seiner kirchlichen Vertreter in diesem Land gelegt wurde, die
Abschaffung der religiösen Gerichte, die Aufhebung der Anordnungen des Koran, die
Einführung eines allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs die nach Art der des Westens,
die Abschaffung der Gebote der mohammedanischen Religion und die Schließung
ihrer Schulen und Einrichtungen.
Solch eine enge Uebereinstimmung zwischen dieser geschichtlichen Vergeltung, die der rächende Arm der Allmacht beschloß, den Verfolgern Christi und Bahá’u’lláhs aufzuerlegen, kann nicht anders als das Vertrauen eines jeden Bahá’i-Gläubigen auf die künftigen Herrlichkeiten dieses göttlichen Zeitalters zu stärken. Besonders gestärkt wird er sich fühlen, wenn sich der Bahá’i der Triumphe erinnert, die den Fortschritt des Christentums nach der Erniedrigung durch seine Feinde bezeichnen. Und wenn er über die Umstände nachdenkt, die die Sache so überraschend in die Oeffentlichkeit gerückt haben, nicht nur in der Türkei, sondern auch in den benachbarten Ländern, so kann er nicht anders als in diesem seltsamen Vorkommnis, das so unmittelbar auf den Fall der mächtigen Feste der Bahá’i-Gegnerschaft folgt, ein Vorspiel zu erkennen für eine noch höhere Anerkennung und völligere Entfaltung des Glaubens an Bahá’u’lláh.
In Persien, wo der Schritt der Reform, anders als in seinem unglücklichen Schwesterland Afghanistan, weise geregelt worden ist, beginnen die heilsamen Folgen der fortschrittlichen Regierung, die ihr erleuchteter Herrscher eingerichtet hat, nicht nur ihre Wirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Struktur der persischen Volksgemeinschaft zu äußern, sondern sie werden in wachsendem Maße gefühlt von der Masse der Bahá’i-Anhänger in jenem Land. Die Flut der Feindschaft, in die die drastischen Reformen einer zielbewußten Regierung, die die allmähliche Verweltlichung des Staates bezweckten, eine widerstrebende Geistlichkeit stürzte, gab unsern persischen Brüdern die langersehnte Gelegenheit, ihren geistigen und humanitären Tätigkeiten ungehinderten Lauf zu lassen. Die Verschickung einer beträchtlichen Anzahl mohammedanischer Geistlicher Beamter, unter ihnen der Erbe des berüchtigten blutdürstigen Mudsch-tahids von Isfahan, dem „Sohn des Wolfs", trug dazu bei, der Ausdehnung und Befestigung der Bahá’i-Einrichtungen die Wege zu ebnen. Bereits hat, wie von einer Außengruppe in der Provinz Yazd berichtet wird, ein leitender, aber redlich gesinnter Mulla auf die Entdeckung der besonderen Prophezeiung 'Abdu'l-Bahás über die erzwungene Abschaffung der traditionellen Kopfbedeckung der mohammedanischen Geistlichen den göttlichen Ursprung des Bahá’i-Glaubens anerkannt, seine Wahrheit angenommen und sich offen als aktiver Gönner seiner Einrichtungen eingeschrieben.
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Weiter steht fest, daß an verschiedenen Stellen und bei verantwortlichen Abteilungen
der Gemeinschaft freimütig über den Gegenstand der Kodifikation und Einführung
eines bürgerlichen Gesetzbuchs nach der Art des Westens und seine allgemeine
Anwendung auf all die verschiedenen Religionsgemeinschaften freimütig gesprochen
und immer mehr betont wird, wie wünschenswert dies wäre. Als einleitende
Maßnahme für die Einführung einer solch weitreichenden Reform sind kürzlich bereits
gewisse Aenderungen im öffentlichen Leben in Angriff genommen worden, nicht in der
Form von voreilig erlassenen diktatorischen Befehlen, sondern als Ergebnis reifer
Ueberlegungen und mit Billigung der nationalen Vertreter des Volks. Die Vereinheitlichung
(Systematisierung) der Gesetze über die Ehe und den Vertrag, die Einrichtung eines
Grundbuchs, völlig unabhängig von kirchlicher Kontrolle, die Verteilung von
Geburtsscheinen, die in nichts mehr an eine Glaubensgemeinschaft erinnern, die wachsende
Wichtigkeit, die man den gesellschaftlichen Rechten der Frauen einräumt, die gespannte
Aufmerksamkeit, die die staatlichen Autoritäten der Erziehung der persischen Jugend
in europäischen Universitäten schenken, das Verbot der Abhaltung mohammedanischer
Passionsspiele auf dem Gebiet des Schahs, die kühnen und verschiedentlichen Pläne
für die Verschönerung der Persischen Hauptstadt — all dies sind willkommene
Zeichen der kommenden Aera, die den geistigen und materiellen Aufstieg Persiens
unter den Völkern und Nationen der Welt sehen wird.
In diesen immer besser werdenden Zuständen und während sie allerseits den Fall jener Einrichtungen sehen, die ihren sich abmühenden Glauben gelähmt haben, ergreifen die Gläubigen in Persien freudig jede Gelegenheit, die erlösende Kraft der Sache Bahá’u’lláhs darzutun. Ins hl. Land kam kürzlich ein Aufklärungsbericht eines der fähigsten und vertrautesten Reiselehrer in Persien. Darin beschreibt dieser in ausdrucksvoller und sorgfältiger Sprache die verschiedenen Beweise für die wachsende Vitalität, die der Glaube in den verschiedenen Teilen Persiens zeigt. Auf Aufforderung des Persischen Geistigen Nationalrats unterbrach unser unermüdlicher Lehrer und Bruder seine Reisen in der Nachbarschaft der Stadt Maschhad, um seine unmittelbare Aufmerksamkeit einer Situation zu schenken, die unerwartet in Isfahan aufgetreten war. Er war bei seiner Ankunft in dieser Provinz überrascht, in den verschiedenen Städten und Dörfern, die er besuchte, ein zehnfaches Wachstum der Zahl der Anhänger des Glaubens vorzufinden, seit er diese Gegenden das letzte Mal besucht hatte. Er war auch verwundert über die Gastlichkeit, die ihm von Personen erwiesen wurde, die vor sechs Jahren daran mitgearbeitet hatten, ihn von jenen Oertlichkeiten zu vertreiben, und die sich nun freiwillig unter das Banner Bahá’u’lláhs eingeschrieben hatten. Er war weiterhin höchst stolz darauf, zu erfahren, daß der Ruf, die Unbescholtenheit und die Fähigkeit der örtlichen Arbeitsgemeinschaften in dieser Provinz seit neuestem so hoch steht, daß Nichtbahá’is, erbittert über die Korruption und die Untüchtigkeit ihrer eigenen Richter, mehr denn einmal ihre Rechtsfälle dem Urteil der erwählten Vertreter der Bahá’i-Gemeinschaft in ihrem Ort unterbreiteten.
Nur ein aufmerksamer und unbefangener Beobachter der Lebensweise und der Gewohnheiten des persischen Volkes, der bereits vertraut ist mit den herrschenden Tendenzen der verschiedenen Zweige der Bevölkerung, z. B. mit ihrer Apathie und Trägheit, dem Fehlen des Sinnes für Bürgerpflicht und für Grundsatztreue, dem Mangel an gesammelter Anstrengung und Ausdauer in der Handlung, der Gewohnheit der Heimlichtuerei und des blinden Sichergebens in den unberechenbaren Willen einer unwisssenden und fanatischen Geistlichkeit, kann die Unermeßlichkeit der Aufgabe würdigen, der jeder wissende Gläubige in diesem Land gegenübersteht. Er wird gleichwohl bereitwillig die hohe Stufe anerkennen, die die Bahá’i Persiens in ihren Bemühungen bereits erreicht haben, in die Herzen ihrer Mitbürger die Prinzipien der Göttlichen Zivilisation einzuprägen, wie sie Bahá’u’lláh geoffenbart hat.
Wir dürfen nur auf die seelenbewegend geschriebenen Versicherungen ‘Abdu’l-Bahás
blicken, um die Größe und den erhabenen Charakter der Mission zu erkennen, die von
Ihm, den Anhängern des Glaubens in Bahá'u’lláhs Geburtsland übertragen worden ist.
Durch die gläubige Anwendung der geistigen Prinzipien, die zu verbreiten die
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gegenwärtige Verwaltung bestrebt ist; durch den Charakter der unauflöslichen Bande der
Bahá’i-Gemeinschaft, die die Einheit der Masse der Gläubigen mit ihren erwählten Beratern
schafft, durch die Vorzüge ihrer künftigen Mitarbeit in Kunst, Wissenschaft und Handel,
Erziehung und Industrie — durch solche und andere überzeugenden Offenbarungen
der erfrischenden Lebenskraft ihres Glaubens sind unsere persischen Brüder dazu
bestimmt, den herrschenden Mächten auf Erden die Majestät, die ausdauernde
Stabilität und die unfehlbare Wirkung der Herrschaft Bahá’u’lláhs darzutun.
Die folgende Stelle aus dem Tablet ‘Abdu’l-Bahás, geoffenbart vor mehr als 30 Jahren, während Er in den Wällen der Gefängnisstadt Akka eingekerkert war, und das an die Bahá’i von Korassan gerichtet war, wird unzweifelhaft jene energischen Freunde im Westen aufmuntern, die sich sehnen, mit all ihrer Kraft dazu beizutragen, daß ihres Meisters Geburtsland wieder zum Aufblühen gebracht werde:
„Binnen kurzem werden Eure Brüder aus Europa und Amerika nach Persien reisen. Dort werden sie zu einem nie dagewesenen Grad die Interessen von Kunst und Industrie fördern. Sie werden dort die Einrichtungen der wahren Zivilisation schaffen, die Entwicklung von Landwirtschaft und Handel fördern und bei der Verbreitung der Bildung helfen. Sie werden sicherlich kommen; sicherlich werden sie dazu beitragen, um das iranische Land zum Gegenstand des Neids und der Bewunderung der Völker und Nationen der Welt zu machen.“
Und indem wir über diese Worte ‘Abdu’l-Bahás in unserm Herzen nachdenken, laßt uns auch der prophetischen Aeußerungen Bahá’u’lláhs gedenken, die nicht nur die unbarmherzige Grausamkeit der kirchlichen Leiter des Islam offenbaren, sondern auch das Maß der göttlichen Vergeltung, die jetzt die Unterdrücker von Gottes hl. Glauben heimsucht:
„O Volk des Koran! Wahrlich, der Prophet Gottes, Mohammed, würde Tränen vergießen angesichts eurer Grausamkeit. Ihr seid sicherlich euren schlimmen und verdorbenen Wünschen gefolgt und habt euer Angesicht vom Licht der Führung abgewandt. Binnen kurzem werdet ihr die Früchte eurer Taten sehen; denn Gott der Herr steht hinter Uns und wacht über Unser Ergehen.
..Binnen kurzem wird Er in jeder Stadt die Standarte Seiner Oberherrschaft aufrichten und wird die Spuren derer hinwegfegen, die Ihn am Tage Seiner Wiederkehr verleugnet haben... O all ihr mohammedanischen Geistlichen! Eure Taten haben die erhabene Stufe der Nation erniedrigt, durch sie wurde die Standarte des Islam gestürzt und sein mächtiger Thron in den Staub gestoßen. So oft der Göttliche Erneuerer suchte, die Stufe des Volkes zu veredeln, erhobt ihr euch stürmisch gegen Ihn und verhindertet Ihn, Seine Absicht durchzuführen. Das Reich ist darüber in schweren Verlust geraten.“
Und zum Schluß wünsche ich in wenigen Worten, wenn auch ungenügend, meinen Dank auszusprechen für die herrlichen Dienste, die die vorbildliche und unermüdliche Lehrerin der Sache, unsere innigst geliebte Schwester Miß Martha Root, geleistet hat.. Ihre internationalen Reisen im Interesse des Bahá’i-Glaubens, so weit in ihrem Ziel, so ausgedehnt in ihrer Dauer, so begeisternd in ihren Erfolgen werden die Annalen von Gottes unsterblichem Glauben schmücken und bereichern. Ihre jüngsten Reisen zu den südlichsten Grenzen des amerikanischen Erdteils, nach Indien und Südafrika, nach den östlichen Grenzen von Asien, den Inseln der Südsee und den Skandinavischen Ländern des Nordens, ihre noch neuere Berührung mit den Herrschern und gekrönten Häuptern Europas und der Eindruck, den ihr unerschrockener Geist in den königlichen Kreisen der Balkanländer hinterließ, ihre enge Verbindung mit internationalen Organisationen, Friedensgesellschaften, menschenfreundlichen Bewegungen und Esperantistenkreisen, und ihre jüngsten Siege in Universitätskreisen Deutschlands, all dies bildet einen zwingenden Beweis dafür, was die Macht Bahá’u’lláhs erreichen kann. Diese der Geschichte angehörenden Arbeiten, ganz allein vollbracht und unter Umständen von finanzieller Beschränkung und körperlichem Unwohlsein, waren durchaus gekennzeichnet von einem Geist der Treue, der Selbstverleugnung, der Vollständigkeit und Kraft, wie sie noch von niemand bewiesen wurde.
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Ich appelliere an die einzelnen Gläubigen wie an die Bahá’i-Gemeinschaften, durch
jedes nur mögliche Mittel die sehr ernsten Bemühungen einer solch köstlichen Seele zu
unterstützen, schnell und völlig jeder Aufforderung nachzukommen, die sie von Zeit
zu Zeit sich bewogen fühlt, an ihre Mitarbeiter in jedem Land zu richten, die Freunde
möchten sich bestreben, die hohe Standarte der Dienstbarkeit (?) zu erreichen, die sie
aufgepflanzt hat und aus der Tiefe des Herzens zu beten für die ununterbrochene
Fortführung ihrer edlen Bemühungen.
Euer treuer Bruder Shoghi.
Deutsch von H. Küstner.
Neujahr.
Die Bahá’i-Welt feiert mit Frühlingsanfang am 21. März ihr Neujahr. Bisher ist bekanntlich noch keine Einheit weder in der Jahreszahl noch im Datum des Jahreswechsels unter den Völkern über die Welt hin eine Uebereinstimmung getroffen worden.
Die Mohammedanische Zeitrechnung beginnt mit der Hedschra (der Auswanderung Mohammeds von Mekka nach Medina).
In Indien herrschen vorzugsweise drei verschiedene Aeren, die auf religiös-nationale Anschauungen gebaut sind: a) Die Aera des Kali-yuga, diese beginnt am 18. Februar 3102 v. Chr. b) Die Aera des Vikramaditya von 57 v. Chr. an gerechnet. c) Die Aera des Calivähama, beginnend vom Jahr 78 n. Chr. Ihre ganze Zeitrechnung ist eine sehr komplizierte.
Die Buddhisten rechnen nach dem Todesjahr des Buddha Cakyamuni, das wieder bei verschiedenen, verschieden angegeben ist. Nach der geschichtlich am meisten übereinstimmenden Angabe fällt das erste Jahr der buddhistischen Aera auf den Anfang des Jahres 477 v. Chr.
Bei den Japanern laufen vier verschiedene Jahrzählungen nebeneinander. Die neuerdings gebräuchliche Zählung beginnt mit dem Regierungsantritt des Kaisers Immu Tenno (18. Febr. 660 n. Chr.)
Der jetzige (77.) chinesische Cyklus beginnt mit dem Jahr 1864 unserer Zeitrechnung.
Der jüdische Kalender ist gleichfalls sehr verwickelt und nahm seinen Anfang im Herbst 3761 v. Chr., mit dem die jüdische Welt-Aera beginnt.
In heutiger Zeit zeigt es sich nun immer mehr als notwendig, eine Einheit auch in der Zeitrechnung der Völker zu schaffen bei der sich immer mehr zusammenschließenden Welt, die nach den Worten Bahá’u’lláhs im Licht der Bahá’i-Lehre von allen Erdenbewohnern als eine Heimat betrachtet werden wird.
Bahá’u’lláh, der mit Seiner allumfassenden Lehre ein neues Weltbild schafft, hat Sich auch dieser Unterschiedlichkeit angenommen, begründet aber schon allein durch Sein Auftreten eine neue Zeitepoche, mit der die Bahá’i-Welt heute schon rechnet. Der auf Frühlings-Anfang verlegte Jahresbeginn ist rein physikalisch das Natürlichste.
Das Dämmern des Bahá’i-Zeitalters ist mit vollem Recht mit dem Frühlingsanfang zu vergleichen. Ueber der Erde lag Kälte und Winterstarre — auf die einst so blühende, vergeistigte, ursprünglich reine und erhabene Religion ist, in jeder ihrer Formen, der Raureif gefallen, das Wort ihres Urhebers klingt nicht mehr beseeligend und lebendig im Herzen der Menschheit fort. Gott, der All-Gütige, ist vielen Menschen fernegerückt. Der Glaube, die restlose Hingabe an die allewige göttliche Wirklichkeit ist nur vereinzelt zu finden. Aeußerlichkeiten, Egoismus, Weltsinn und Macht regieren heute die Welt, die ohne das göttliche Erbarmen unabwendbar des Köstlichsten, das ihr bestimmt ist, verlustig ginge.
Der Geist, der den Lehren der Gründer der Religion innewohnte, ist verweht, die Gesetze gelten nicht mehr, fernegerückt ist das Höchste, was den Menschen heilig sein soll.
Doch, des Winters Härte ist vorüber. Gott sandte uns in Seiner Gnade den Geistigen Frühling durch Seinen Erwählten, der mit mächtigem, schöpferischem Wort Gottes Willen und Seine Anweisungen den in der Finsternis irrenden Erdenpilgern kund tat.
Wie im Frühling in der Natur, so beginnt durch das Kommen Bahá’u’lláhs neues Leben, ein Grünen hebt an am Baume der Menschheit. Von einem neuen Horizont entsendet eine warme Sonne ihr lebenspendendes Licht über die Welt, an deren Strahlen alle Menschen gleichen Anteil haben.
Kein Geist, den diese frohe Botschaft berührt, bleibt unbeteiligt und die Erweckung tritt ihren weltweiten Siegeszug an. Und wie einst keiner Macht der zeitgenössischen Gegner dieses großen Manifestierten es gelang, Seiner Lehre und Seinem erneuernden umwälzenden Geist dem Altüberlieferten, Geistarmen, gegenüber Schranken zu setzen, so kann keine Macht der Erde mehr die sich vollziehende Umgestaltung und den Aufbau einer neuen Weltanschauung Einhalt gebieten.
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Hätte Bahá’u’lláh nur ein einziges Seiner vielen Prinzipien ins Bewußtsein der Menschheit
getragen — wie z. B. den Weltfrieden zu errichten — so hätte Er schon eine ungeheure Tat vollbracht,
die Auswirkung aber der vielen einschneidenden umfassenden Gebote, nicht zuletzt der Zusammenschluß
aller Konfessionen in eine religiöse Einheit, läßt sich ja heute überhaupt in seiner
Auswirkung nicht ermessen. Wer möchte da nicht mit dem Dichter sagen: "Weh’ zu früh bin ich geboren,
erst beginnt die goldne Zeit. Zank und Streit hat sich verloren, ewiger Frühling ist erneut!“
Der klarste und ausschlaggebende Beweis für die Stufe Bahá’u’lláhs und Seine Mission ist der, daß Alle, die von Seinen Worten berührt sind, eine seelische Umwandlung erleben‚ die ihnen neue Horizonte zeigt und ihre Wesensart ändert.
Für manche Unbeteiligten mag auch die Opferfreudigkeit der Bahá’i-Märtyrer, wie wir sie der Geschichte entnehmen, als unglaublich oder als reiner Fanatismus erscheinen, ich glaube aber sagen zu dürfen, daß diese Menschen durch Bahá’u’lláh und auch schon durch den Báb Gott so nahe gerückt waren, daß es ihr höchstes Streben war, aus der Welt des Scheins in die reine, heilige Atmosphäre des Ewigen zu gelangen mit der Hingabe ihres Lebens und der Opferwilligkeit eines glühenden Herzens für Gott und Seinen Gesandten Zeugenschaft abzulegen.
Würden wir heute bei allen Konfessionen das Opfer des Lebens für ihren Religionsgründer, dem sie zugehören, fordern, so würden wir wohl sehr wenige antreffen, die sich bei klarem Bewußtsein dazu bereit fänden.
Die Kunde vom Kommen eines so über alle menschlichen Begriffe begnadeten Trägers des Wortes Gottes in unserer Zeit, allen früheren Manifestationen übergeordnet und doch in engster geistiger Verbindung mit ihnen verwandt, ist für viele schwer faßlich. Wir sind gewohnt, diesem oder jenem Philosophen, einer wissenschaftlichen Kapazität oder einem Reformator, der diese oder jene Theorien zu bestimmten Fragen aufstellt, einen gewissen zeitlich begrenzten Einfluß einzuräumen und machen uns mit deren Gedanken vielleicht durch die Presse bekannt. Aber es fällt doch schwer, sich auszudenken, daß etwas absolut Unfehlbares in die Welt getreten ist und Gottes Wille in unserer Zeit verkündet wurde, der im Verlauf von etlichen Jahrzehnten sich allerorts, im Abendland wie im Orient als lebensnotwendiges Prinzip zeigt und auswirkt und Anschauung und Einstellung bei den verschiedensten Rassen auf die gleichen Werte einstellt.
Das Wort unseres teuren Meisters 'Abdu'l-Bahá bewahrheitet sich immer deutlicher, mit dem Er sagt: „Die Worte, die eine Manifestation Gottes äußert, sind nicht wie die Worte des Menschen, sondern sie sind aus Elementen geschaffen, die unmittelbare schöpferische Wirkung haben.“
Alles ist Gnade, was aus des Herren Munde geht.
Um aber Bahá’u’lláh und die Größe Seines Wesens denen, die mit der Bahá’i-Lehre noch nicht vertraut sind, mitzuteilen, müssen wir mit sorgsamer Hand die Saat des heiligen Wortes ins Herz legen, damit — so es Gottes Wille ist — diese zur reichen Ernte heranreife und sich die Menschen wahrer geistiger Reife und weiter Erkenntnis erfreuen möchten.
Durch den Gesandten Gottes, der uns Vorbild ist, kommen die Eigenschaften, die die Würde des Menschen ausmachen, zum Ausdruck. Die edlen, hohen Eigenschaften, wie Reinheit des Herzens, Treue in Allem, Zuverlässigkeit, Keuschheit, Wahrhaftigkeit, Verzeihen und Verstehen, Herzensgüte, Ehrlichkeit, Opferwilligkeit u. a. m. können mit gutem Willen durch Selbsterziehung und vor allem durch Selbsterkenntnis erworben werden. Wir müssen aber auf der Hut sein vor unseren angeborenen und erworbenen Fehlern.
Beseelen wir unsere Tage durch die Versenkung in Gott und in der restlosen Hingabe unseres Vertrauens an Seine unerschöpfliche Gnade, mit der Bitte um Führung und Erkenntnis, so werden wir Gott begegnen, und Ihn auch in kleinen Dingen und im Alltag finden. Dieses Begegnen aber verleiht uns in allen Lebenslagen eine tiefe innere Ruhe und wir fühlen, daß wir niemals verlassen sind.
Wie nun in der Natur in kurzer Zeit die Veilchen blühen und die Finken schlagen werden, der Frühling mit all seiner Schönheit ins Land und bis ins tiefste Tal zieht, so wird auch der geistige Frühling in dieser neuen Aera dem Körper der Menschheit ein neues Gewand anlegen, in dem sie von Stufe zu Stufe bis zur Höhe wahrer Menschenwürde gelangen kann, wenn sie den Weg geht, den ihr der Allmächtige weist.
A. Schwarz.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, wenn bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart, Alexanderstr.3, Nebengebäude, zu richten.
Druck von W. Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’ilehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, p. 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart
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In unserem Verlag sind erschienen:
Bücher:
Verborgene Worte von Baha’u’llah. Deutsch von A. Schwarz und W. Herrigel, 1924 1.--
Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, 1921, in Halbleinen geb. . . . . 4.50
In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--
Abdul Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--
Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, 1925, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60
Bah’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. 1927. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
Broschüren:
Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922 . . . . -.20
Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel, 1911 . . . . -.20
Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von A. T. Schwarz, 1919. . . . -.50
Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1910 . . . -.50
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. 2. Auflage 1920 . . . -.50
Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, nach Berichten eines Amerikaners zusammengestellt und mit Vorwort versehen von Wilhelm Herrigel, Stuttgart 1922 . . . . -.50
Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch v. W. Herrigel, 1912 . . . -.20
Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz, 1922 . . . -.50
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1923 . . . . —.50
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann-Wandsbel . . . . —.20
Religiöse Lichtblicke, Einige Erläuterungen zur Bahá’i-Botschaft, aus dem Französ. übersetzt von Albert Renftle, 2. erweiterte Auflage, 1928 . . . . --.30
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Großmann-Wandsbek . . . . . --.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 8 in Halbleinen gebunden à . . . . 9.--
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