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SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft XII | VIII.JAHRG. | FEBR. 1929 |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i - Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ des Bahá’i-Bundes, Deutscher Zweig Herausgegeben vom Verlag des Bahá’i-Bundes, Deutscher Zweig, Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark. |
Heft 12 | Stuttgart, im Februar 1929 Mulk — Oberherrschaft |
8. Jahrgang |
Inhalt: An die Geliebten Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in Deutschland. — An die Geliebten Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen im Osten und Westen. — An die Geliebten des Herrn und an die Dienerinnen des Barmherzigen im Osten und Westen. — Das neue Jerusalem und seine zwölf Grundsteine. — Weihnachtsfeier im Sinne der Heilerziehung. — An unsere Leser. — An Gott. — Mitteilungen des Verlags.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.
O Freunde Gottes! Seid Kinder der Liebe Gottes und Leuchten der Führung, aus denen das
Licht der Liebe und Eintracht strahlt nach, allen Horizonten hin.
Wie wundervoll ist der Glanz dieses Lichtes. —
'Abdu'l-Bahá.
Er ist Gott!
O Du gütiger Herr! Läutere mich und heilige mich. Nimm mich auf in Dein ewiges Königreich. Mache mich allen wert und erhebe mich in ihren Augen. Berausche mich mit dem überfließenden Kelch Deiner Liebe, verleihe mir Freude und unwiderstehliche Anziehung. Gewähre mir eine beredte Sprache und hilf mir, eine Verkörperung der Weisheit und des göttlichen Verstehens zu werden, damit ich mich aufmachen kann um die süßen Düfte des Paradieses Abhá’s zu verbreiten.
Geoffenbart von 'Abdu'l-Bahá.
An die Geliebten Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in Deutschland.
Haifa, Palästina, 21. Dezember 1928.
Meine innig geliebten Geschwister in 'Abdu'l-Bahá!
Von tiefem Schmerz erfüllt, sehe ich mich veranlaßt, Euch einen kurzen Bericht von einem Todesfall zu machen, der für die heilige Sache zweifellos einen großen Verlust bedeutet, und zwar eines Mannes, der viele Jahre und unter Umständen von besonderer Bedeutung an der heiligen Schwelle vorzügliche und unschätzbare Dienste geleistet hat. Die Hand göttlicher Macht hat unseren hoch begabten und geliebten Freund Hypolyte Dreyfus-Barney von uns genommen. Er war eine hervorragende Persönlichkeit in der Sache Baha’u’lláhs, der sowohl durch seine vorzüglichen Gaben des Geistes und des Herzens, als durch seine wertvollen Leistungen die Analen von Gottes unsterblichen Glauben bereichert hat.
Als Pionier der Sache Baha’u’lláhs, seitdem ihr himmlisches Licht zuerst den Westen erwärmte und erleuchtete, hat Hypolyte Dreyfus-Barney durch seine enge Verbindung mit 'Abdu'l-Bahá, durch seine zahlreichen und ausgedehnten Reisen in östlichen und westlichen Ländern, durch seine Beziehungen zu allen Teilen der Gesellschaft, durch seine gelehrten Darlegungen der Geschichte und Grundlagen des Baha‘iglaubens und zuletzt durch seine unvergessliche Mithilfe in der Schlichtung verwickelter und dringender Angelegenheiten, die in den Tagen nach 'Abdu'l-Bahás Hingang einen sachverständigen Beistand erheischten, eine Stellung in der Sache erlangt, die bis jetzt wenige erlangt haben.
Während der Tage seiner geistigen Gemeinschaft mit 'Abdu'l-Bahá und Seinem Haushalt hinter den Gefängnismauern von Akka nahm er die Lehre auf, die er später in so trefflicher Weise den Menschen im Abendlande kundtat. Dr. Dreyfus spielte eine hervorragende Rolle in Paris, als er die Fackel anzündete, die dazu bestimmt ist, ewige Erleuchtung seinem Vaterland und seinem Volk zu bringen. Er knüpfte das Band aufrichtiger Kameradschaft mit unseren persischen Glaubensgenossen im Verlauf seiner historischen Aufgabe, mit der er seinerseits durch unseren Geliebten betraut war; er streute die Saatkörner weit und breit auf seinen späteren Reisen aus, die ihn bis ins Innere Asiens, nach Indien, in die entferntesten Teile Burma’s, und bis zu den östlichen Distrikten Indo-China‘s führten. In wirksamer Weise vertrat er in den Anfangs- und Zwischenstadien das Interesse am Hause Baha’u’lláhs in Bagdad. Er bemühte sich unaufhörlich durch Intervention mit den Staatsbehörden den Weg zur endlichen Befreiung unserer ägyptischen Glaubensgenossen aus der veralteten Orthodoxie des Islam zu bahnen. Die aufmunternde Anregung, die seine Besuche in den Bahai-Gemeinschaften in Tunis, an den nördlichen Gestaden von Afrika, hervorrief und nicht zuletzt die Geschicklichkeit und die Sorgfalt, mit der er sich der Lösung der besonderen und schwierigeren Probleme im hl. Land in den kritischen Jahren, die auf 'Abdu'l-Bahá‘s Heimgang folgten, widmete -- dies alles sind bezeichnende Abschnitte in einem Leben, das ebenso mannigfaltig in seinen internationalen Leistungen, als auch reich an geistigen Erfahrungen war.
Dr. Dreyfus war mit nie versagender Sympathie begabt. Seine umfassende Einsicht, seine weiten Kenntnisse und reichen Erfahrungen, die er zum Ruhm und zur Verkündigung der Botschaft Baha’u’lláh's in den Dienst stellte, werden künftig, von kommenden Generationen, die den bleibenden Wert der Verantwortung, die er durch die Einführung und Festigung des Bahá’i-Glaubens im Abendland auf sich genommen hat‚ erkennen, dankbar erwähnt werden.
In seinen letzten Tagen litt er an einer schleichenden, schmerzhaften Krankheit, er ertrug heroisch seinen Teil an den Leiden dieser Welt, und nimmt nun in den Reichen der seligen Erlösung teil an der göttlichen Belohnung, die er gewißlich verdient hat. Für mich und besonders während der Sturm- und Drangperiode, welche mein Leben nach 'Abdu'l-Bahá's Heimgang erschütterte, war er ein hilfreicher und tröstlicher Gefährte, ein intimer und treuer Freund.
Mit grosser Ergriffenheit und tiefer Dankbarkeit bete ich an der heiligen Schwelle
und bitte Euch, Eure Gebete mit den meinen zu vereinen, um die geistige Weiterentwicklung
in den höheren Reichen für eine Seele zu erbitten, die sich außerordentliche [Seite 179]
Verdienste erworben hat, und die unter den dahingegangenen Getreuen verdient,
hoch eingeschätzt zu werden.
Möge er für immer in Frieden ruhen.
Shoghi.
Uebers. A. Schwarz.
Der im Dezember 1928 erfolgte Tod von Herrn Dr. Hypolyte Dreyfus—Paris bedeutet für die
Baha‘i-Welt einen großen Verlust und wird bei allen Freunden, die Gelegenheit hatten,
diesen feinsinnigen Menschen kennen zu lernen, aufrichtige Trauer hervorrufen. Die von
Dr. Dreyfus in seiner Muttersprache aus dem Persischen übersetzten Werke: Les Lecons
de St. Jean d‘ Acre, l’Oeuvre de Baha‘u‘llah, Le Livre de la Certitude, Le Beyan, l’Epitre
au Fils du Loup, Essai sur le Bahaisme, sowie weitere selbstverfaßte Broschüren sind
wertvolle Bereicherungen der internationalen Baha'i-Literatur. Der zu frühe Dahingegangene
hat sich durch seine Arbeit und seine Treue für die Heilige Sache ein bleibendes Denkmal geschaffen.
Die Schriftleitung.
An die Geliebten Gottes und die Dienerinnen des Barmherzigen im Osten und Westen.
Haifa in Syrien, 6. Dezember 1928.
Innig geliebte Brüder und Schwestern in 'Abdu'l-Bahá!
Ereignisse überraschender Art und von größter Bedeutung für den Glauben an Bahá’u’lláh sind kürzlich aus dem nahen und mittleren Orient in so schneller Aufeinanderfolge bekannt geworden, daß es mich drängt, allen denen zu schreiben, die in fernem Lande brennenden Herzens erwarten, Zeuge der Erfüllung der Prophezeiungen Bahá’u’lláhs sein zu dürfen. Ich bin dessen sicher, daß Ihr Euch mit mir darüber freuen werdet, zu hören, daß die belebende Macht der internationalen Reform die Länder, die Bahá’u’lláhs Fuß betreten hat, zu schnellem Erwachen aus ihrem seitherigen langen Schlaf der Nachlässigkeit bringt. In jenen Ländern spielten sich ja die wichtigsten Ereignisse Seiner Geburt, Seiner Berufung, Seiner Ausweisung, Seiner Verbannung, Seiner Leiden und Seines Hingangs ab, und diese Länder sind dazu ausersehen, eine bedeutende Rolle in der Erneuerung des Ostens — oder besser gesagt — der ganzen Welt zu spielen.
Aus Persien, der Wiege unseres Glaubens und dem Ziel unserer größten Zuneigung, kommt die Nachricht dieser ersten, überraschenden sozialen und politischen Reformation, welche, was wir bestimmt annehmen dürfen, lediglich die direkte und unabwendbare Folge dieser großen geistigen Wiederbelebung durch .die Offenbarung Bahá’ulláhs ist. Diese sozialen und politischen Mächte, die durch die Quelle einer so gewaltigen Neubelebung freigeworden sind, räumen notwendigerweise wiederum ein Hindernis nach dem anderen hinweg, durch die so lange ihr Lauf aufgehalten, ihre Lebensfähigkeit untergraben und ihr Glanz verdunkelt wurde.
Aus einer Mitteilung, die mir kürzlich von dem Geistigen Nationalrat Persiens zuging, wie auch aus den zuverlässigen Berichten der lokalen Vertreter der persischen Gläubigen und bestätigt durch die lebendigen Berichte der zu Besuch weilenden Pilger, wird es immer klarer, daß die glühenden Verheißungen, die so viele Male von unserem dahingeschiedenen Meister ausgesprochen wurden, mit außergewöhnlicher Genauigkeit und bemerkenswerter Schnelligkeit eine nach der anderen in Erfüllung gehen. Reformen umwälzenden Charakters vollziehen sich ohne Blutvergießen und bei nur unbedeutendem Widerstand, und verwandeln allmählich die Basis und die Struktur der persischen Bevölkerung. In der Hauptsache wurde die öffentliche Sicherheit und Ordnung energisch nach allen Seiten hin durch die Herrschaft des Schah geschaffen und im besonderen mit Genugtuung von einem bis dahin am meisten beunruhigten Teil der Bevölkerung begrüßt, nämlich von unseren geduldig ausharrenden Glaubensgenossen jenes Landes.
Die Schnelligkeit und die unglaubliche Leichtigkeit, mit der die einleuchtenden
Vorschläge seiner Regierung in Bezug auf Erziehung, auf Handel und Finanzen, auf
Transport und Reisen und auf die Entwicklung der Internationalen Hilfskräfte des
Landes vor sich gehen, erlangen die rückhaltlose Billigung der bis dahin reaktionären
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Gesetzgebung und überwinden den Widerstand und die Gleichgültigkeit der Massen.
Diese Vorschläge haben zweifellos dazu geführt, unsere persischen Brüder aus
den noch vorhandenen Fesseln eines einstmals despotischen und blutbefleckten
Regimes zu befreien. Die strengen despotischen und erniedrigenden Maßnahmen, die durch
die Initiative fortschrittlicher provinzialer Gouverneure im stillschweigenden
Einvernehmen mit den Staatsbehörden der Residenz unternommen wurden, bezweckten die
Austreibung und die schließliche Aufhebung einer rasch sich vermindernden Priesterschaft
durch Absetzung, durch Inhaftierung, Verschickung und in vereinzelten Fällen
durch unbarmherzige Hinrichtung. Diese Maßnahmen bereiteten den Weg für die völlige
Aufhebung der Fesseln, die durch eine unwissende und fanatische Priesterschaft
der Verwaltung der staatlichen Angelegenheiten auferlegt war. In Angelegenheiten
hinsichtlich der Kleidung, in der obligatorischen Durchsetzung einer einheitlichen
nationalen Kopfbedeckung, in der strengen Begrenzung, der Zahl der Rechte und
Vorrechte hoher Kirchenbeamter, in der wachsenden Unbeliebtheit des Schleiers bei fast
allen Bevölkerungskreisen, in der betonten Unterscheidung, die inoffiziell und in
verschiedenen Phasen des öffentlichen Lebens von einer erleuchteten, voranstrebenden
Minderheit zwischen den wankenden Formen einer in Verruf geratenen Kirchenherrschaft
und den bürgerlichen Rechten und Pflichten einer zivilisierten Gesellschaft gemacht wird,
in der allgemeinen Lauheit gegenüber religiösen Vorschriften u. Zeremonien, in dem
langsamen und verborgenen Prozeß der Einziehung kirchlicher Güter, den manches
Departement unter der mutigen Führung der Gouverneure der Außenprovinzen durchführt, — in
all diesem kann ein offenes Auge leicht die Anzeichen entdecken, die für
die Zukunft wohl vorhersagen, daß es sicher ist, daß die formelle und vollständige
Trennung von Kirche und Staat mit Sicherheit bevorsteht.
Zu diesen erfreulichen Bewegungen kommen äußerliche Faktoren, die dazu führen, diesen Prozeß internationaler Verjüngung, der so bedeutungsvoll im Leben des neuaufsteigenden Persiens ist, anzuregen und zu beschleunigen.
Die Mehrung und die zunehmende Erleichterung der Reise- und Transport-Möglichkeit, die Besuche energischer und erleuchteter Reformer in der persischen Hauptstadt, die bevorstehende und weithin angekündigte Reise des Schah selbst nach den fortschrittlichen Städten West-Europas, der Widerhall der erstaunlichen Reformen der Türkei bei einer besonders sensitiven und empfänglichen Bevölkerung, der laute und anhaltende Lärm einer umstürzlerischen Verordnung in Rußland gegen die üble Herrschaft und die dunklen Machenschaften aller Arten religiöser Sektierereien, die unverminderte Kraft, mit welcher der ehrgeizige Regent Afghanistans, unterstützt durch das Beispiel seiner anmutigen Gemahlin, seinen Feldzug der Unterwerfung gegen ähnliche Verordnungen einer korrupten Priesterherrschaft in seinem Lande führt, — all dies führt dazu, jene öffentliche Meinung zu bilden und zu fördern, die allein eine dauernde Grundlage für eine reformierende Bewegung schafft, die dazu bestimmt ist, jene goldene Aera heraufzuführen, die von den Anhängern des Bahá’i-Glaubens in Bahá’u’lláhs Heimatland erfleht wird.
Als direkte Folge des Anbruchs dieses neuen Bewußtseins im Leben der Nationen,
bewiesen durch den Beginn der Erweckung des Geistes der Menschen, hoch und nieder,
wurden in Teheran unter dem Vorsitz der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft
öffentliche Versammlungen abgehalten, die einen ausgezeichneten Charakter trugen, die
beispiellos waren in der Zahl der Teilnehmer, im Ton ihrer öffentlichen Ansprachen,
in der ungestörten Atmosphäre ihres Verlaufs, und im allgemeinen Eindruck ihrer
Organisation. Besonders bedeutend und ausdrucksvoll waren die Versammlungen, die
anläßlich der Doppelfeier, der Erklärung des Báb und des Geburtstags 'Abdu'l-Bahás im
Haziratu’l-Quds-Haus, dem administrativen und geistigen Mittelpunkt des Bahá’iglaubens
in der Hauptstadt gehalten wurden, wobei zum Haupttag nicht weniger als 2000
Bahá’i-Delegierte und Nichtbahá’i, Führer der öffentlichen Meinung, Staatsbeamte und
Auslandsvertreter offiziell eingeladen waren. Die Ansprachen, die die Universalität der
Bahá’ilehre betonten, der regelrechte und geordnete Charakter der Hergänge, der bei
einer Versammlung von solchem Ausmaß eine außergewöhnliche Erscheinung ist, das
Vermischen der Bahá’i mit Repräsentanten fortschrittlicher Gedanken in der Hauptstadt,
welch bedeutende Persönlichkeiten vermöge ihres hohen Amtes und ihres großen
Ansehens der Versammlung der Gläubigen
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einen besonderen Anstrich verliehen — all dies trug dazu bei, den Glanz und die
geistige Bedeutung dieser anläßlich der denkwürdigen Gelegenheit stattgefundenen
Versammlung zu erhöhen.
Unser Flugdienst in Persien. Blick auf Isfahan, aufgenommen vom Verkehrsflug auf der Strecke Teheran—Buschir.
Ueberdies treffen ununterbrochen von den lokalen Geistigen Arbeitsgemeinschaften und
einzelnen Gläubigen ermutigende Berichte ein, die die Namen und die Zahl einflußreicher
Perser nennen, die bisher abgeneigt, ihren Glauben an Bahá’u’lláh zu bekennen,
als Folge dieses wiederberuhigenden und verheißungsvollen Standes der Bahá’isache
aus dem Dunkel ihres Verborgenseins auftauchen und sich um das Banner Bahá’u’lláhs
scharen. Dies hat dazu geführt, daß die Bahá’i unter der Leitung ihrer Geistigen
Arbeitsgemeinschaften die notwendigen Schritte taten zur Errichtung von Bahá’i-Schulen,
zur Abhaltung öffentlicher Versammlungen, zur Eröffnung von Bahá’i-Gasthöfen,
Bibliotheken und öffentlichen Bädern, zur Erbauung öffentlicher Hauptquartiere
als Sitz ihrer Verwaltung und zur allmählichen
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Durchführung der im Kitabu’l Aqdas geoffenbarten Gesetze und Verordnungen
unter sich selbst innerhalb der ihnen vom Staat gezogenen Grenzen.
Es fehlen mir Worte, die Gefühle der geduldig leidenden Glaubensgenossen in jenem Lande zu beschreiben, die mit Tränen in den Augen und mit von Dank und Lob überströmenden Herzen die nach allen Seiten hin zunehmende Macht und Entfaltung ihres Glaubens, dem sie so treu gedient haben, und der ihnen so teuer ist, sehen. Beredte und ermutigende Berichte sind von jenem standhaften und beglückten Kreis frohgestimmter Gläubigen eingetroffen und mit den im Heiligen Land befindlichen Bahá’i gewechselt worden, die, nachdem sie den Vorzug enger und fortgesetzter Verbindung mit der Person 'Abdu'l-Bahás hatten, sich nicht genug tun können über den Umfang, die Macht und Genauigkeit der Prophezeiungen ihres dahingeschiedenen Meisters.
Aus der Türkei, auf deren Boden während nahezu drei bezeichnenden Jahren und während weiteren zehn Jahren einige überaus erhabene und tragische Szenen der Geschichte der heiligen Sache sich abspielten, der Türkei, unter deren Herrschaft Bahá’ulláh sich zweimal erklärte, dreimal gefangen genommen und verbannt wurde und schließlich in des Abhá Königreich emporstieg, und wo 'Abdu'l-Bahá mehr als 50 Jahre Seines Lebens in Einkerkerung und Leiden verbrachte, ist kürzlich die Kunde eingetroffen, daß das Land gewaltsam für eine Botschaft erweckt wurde, die es so lange und hartnäckig verachtet und übersehen hat. Dem Sturz der überlebten Priesterschaft, die auf den beiden Institutionen, dem Kalifat und dem Sultanat beruhte — diesen zwei unheilvollen Mächten, die sich vereint hatten, um tötliche Streiche gegen unsere geliebte Sache im Anfangsstadium ihrer Entwicklung und ihres Wachstums zu führen — folgte ein beispielloses politisches Bestreben der Verweltlichung des Staates, und die Aufhebung des Islam wurde mit musterhafter Energie in Angriff genommen und durchgeführt. Religiöse Einrichtungen und Mönchsorden, die unter der Maske religiöser Propaganda in Lager für politische Intriguen und Aufruhr sich gewandelt hatten, wurden rücksichtslos geschlossen, ihre Anhänger zerstreut und verbannt, ihre Vermögen beschlagnahmt, ihre Vorrechte und ihre Macht aufgehoben. Niemand außer Bahá’u'lláhs kleinem Kreis von ergebenen Anhängern entging der scharfen Axt des unnachsichtlichen Reformers. Alle hatten sich ohne Ausnahme dem Ergebnis seiner gründlichen Forschungen, seinen diktatorischen Befehlen, seinem strengen u. unumstößlichen Urteil zu unterwerfen. Kürzlich hat die türkische Regierung, getreu ihrer Politik unablässiger Wachsamkeit die zunehmende Tätigkeit der Bahá’i in ihrem Staate fürchtend, sich dazu entschlossen, die Polizei in Smyrna anzuweisen, eine eingehende Untersuchung einzuleiten zu dem Zweck, den Charakter und die Wirkung der Bahá’i-Tätigkeit in jener Stadt zu erforschen. Kaum waren die Bahá’i-Vertreter dort in Haft genommen und vor den Gerichtshof zum Verhör gebracht, als der Vorsitzende der Geistigen Arbeitsgemeinschaft in Konstantinopel, der in der Morgenzeitung den Bericht aus Smyrna gelesen hatte, sich entschloß, unaufgefordert die nötige Erklärung den betreffenden Behörden abzugeben. Auch er wurde in Haft genommen und auf das Polizei-Hauptquartier gebracht, wo er bald darauf den andern Bahá’i zugesellt wurde. Die amtliche Durchsuchung ihrer Heime, die Beschlagnahme sämtlicher Bahá’i-Literatur, die sie im Besitz hatten, ihre 24stündige Festhaltung auf der Polizeistation, die scharfe Strenge des Kreuzverhörs, dem sie unterworfen waren — alles dies erwies sich als machtlos, den Glauben dieser furchtlosen Vorkämpfer der heiligen Sache zu beunruhigen und zu erschüttern. Auch zeigte sich nichts, das gegen das wahre Interesse des Staats gewesen wäre! Im Gegenteil, diese Sache diente vielmehr dazu, einen tiefen Eindruck auf Herz und Gemüt der Beamten zu machen durch die Erhabenheit, die Reinheit und die dynamische Kraft des Glaubens an Bahá’u’lláh. Dies zeigte sich so sehr, daß die Freunde ihre Bücher zurückerhielten, daß sich ein reges Interesse nach Vertiefung in die heilige Sache bei den Untersuchungsbeamten kund tat, und eine umfangreiche Veröffentlichung, wie sie sich in den Artikeln von etwa zwölf führenden Zeitungen in der Türkei widerspiegelte, wurde von der Regierung veranlaßt, durch die die Unschuld der heiligen Sache verkündet und der Bann aufgehoben wurde, der so drückend auf religiösen Einrichtungen in der Türkei lastete.
Von Konstantinopel in der Europäischen Türkei bis zu den östlichen Grenzen von
Anatolien, an den Ufern des Euphrat, woselbst sich kürzlich eine kleine blühende
Bahá’i- Gemeinschaft zusammenschloß, erstreckt sich eine Woge von öffentlichem
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Interesse, von Kritik und Nachfrage über das Land, wie der Charakter und die Zahl der
Leitartikel, Illustrationen und Karikaturen, die in den bedeutendsten Zeitungen sowohl
in der Hauptstadt als auch in den Provinz-Städten der Asiatischen Türkei erschienen,
kund gaben. Nicht nur die Türkei, sondern auch die Nachbarländer im Osten und Westen
erheben ihre Stimme zur Rechtfertigung der Bahá’i-Wahrheit.
Soweit wir uns informieren konnten, erfuhren wir, daß in Ungarn, im Irak, in Aegypten und in Syrien, im fernen Westen, wie Frankreich und England, die Zeitungen aus eigenem Antrieb mehr oder weniger ausführlich in ihren Spalten über diesen Vorfall berichteten und dadurch ungebeten und ungewollt zur Verbreitung unseres geliebten Glaubens beigetragen haben, was durch keinen auch noch so sorgfältig organisierten Feldzug in der Lehrtätigkeit der Gläubigen selbst heutigen Tages hätte erreicht werden können. Sicherlich wird die unbesiegbare Hand Bahá’u’lláhs auf unbekannte und geheimnisvolle Weise weiterhin die heilige Sache behüten und hochhalten. Er wird den Kurs bestimmen und schließlich die universale Bekanntgabe und den Sieg Seines heiligen Glaubens bewerkstelligen.
Während der Osten durch Leiden und Unruhen hindurch in allmählichem und
mühsamem Marsch sich zur Annahme von Gottes heiligem Glauben durchringt, laßt uns
einen Augenblick unser Augenmerk nach der Westlichen Halbkugel lenken, im
Besondern nach Amerika, uns die Möglichkeit künftiger Verbreitung der heiligen Sache
vergegenwärtigen, und aufs Neue die günstige und so rasch vorüberziehende Gelegenheit
wahrzunehmen, die Bahá’u’lláh Seinen Erwählten in jenen fernen Ländern bietet.
Ich bin dessen ganz gewiß und teile durchaus die ernste Ueberzeugung mit
jener großen Zahl der westlichen Gläubigen, daß in der raschen Wiederaufnahme
des bedauerlicherweise vernachlässigten Baues des Masraqu’l-Adhkar in
Wilmette unser unzweifelhaftes Vorrecht liegt, unsere erste Pflicht, unsere beste
Gelegenheit, dem Fortschritt der heiligen Sache einen nie dagewesenen Antrieb zu
verleihen, nicht nur über den Westen hin, sondern in jedem Lande der Welt. Ich möchte
hier nicht auf das Prestige und den guten Namen der heiligen Sache hinweisen, so sehr
sie mit dieser Frage in Verbindung steht, ich möchte nicht bei der Sehnsucht verharren,
mit welcher die ungezählten Nachfolger im Glauben und auch eine große Anzahl von
Nichtgläubigen in nahezu allen Gesellschaftsklassen im Osten erwarten, daß dieser
bedeutungsvolle Bau inmitten des fernen Westens seine Zinnen erhebe. Ich möchte
mich auch nicht über den unbeschreiblich schönen Bau dieses geheiligten Tempels,
seinen weithin strahlenden Glanz, weder über die künstlerischen Baupläne, noch über den
einzigartigen Charakter oder dessen Funktion im organischen Leben der Bahá’i-Gemeinschaft
der Zukunft weiter verbreiten. Aber ich möchte mit aller Kraft meiner
Ueberzeugung die unermeßliche geistige Bedeutung eines Baues betonen, der so herrlich
u. heilig, allein errichtet wird durch die vereinten Bemühungen, angespannt bis zum
äußersten Grad der Selbstaufopferung der ganzen Körperschaft der Gläubigen, die
sich der Bedeutung der Offenbarung Bahá’u’lláhs voll und ganz bewußt sind. In diesem
heiligen Bemühen, das in der weltweiten Bedeutung nicht seinesgleichen hat, in
seiner Freiwilligkeit, seinem heroischen und heiligen Charakter müssen die amerikanischen
Gläubigen, die Gläubigen des Landes, auf dessen Boden Bahá’u’lláhs erster
universaler Tempel der Anbetung gebaut wird, wenn sie ihrer Zuversicht treu bleiben,
einen überwiegenden Anteil an den Sammelbeiträgen beanspruchen und aufbringen, die
von den Bahá’i aus aller Welt dargebracht werden. Aus diesem Grund fühle ich mich
veranlaßt, unaufhörlich meine Bitte im Besondern an die Gläubigen in den Vereinigten
Staaten und Canada zu richten, sich aufzumachen und ihren Teil zu tun, so lange
es noch Zeit ist und nicht zu gestatten, daß ihre ernstlichen Bemühungen zunichte
gemacht und wirkungslos werden vor dem heroischen Opfermut ihrer vielen persischen
Brüder. Wiederholt drängt es mich, sie alle an die Notwendigkeit zu erinnern, die
grundlegende Wahrheit immer im Gedächtnis zu behalten, daß die Wirksamkeit der geistigen
Kräfte, die in dem ersten Masraq’ul-Adhkar im Westen liegen und von ihm ausstrahlen,
im Wesentlichen von dem Ausmaß abhängen, daß wir, die Vorkämpfer in jenem Land,
fähig sind, mit klarem Blick, mit unerschütterlichem Glauben u. mit unbeugsamer
Entschlossenheit alles aufzubringen im freiwilligen Entsagen auf zeitliche Vorteile
bei unserer Unterstützung eines so verdienstvollen Unternehmens. Je größer der Grad unserer
Entsagung und Selbstaufopferung, je weiter der Kreis der beisteuernden Gläubigen ist,
desto deutlicher und sichtbarer werden die
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belebenden Mächte, die von diesem einigenden heiligen Bau ausgehen müssen, und
umso größer wird in der Folge die belebende Wirkung sein, die der Bau auf die
Verbreitung des Glaubens in den künftigen Tagen ausüben wird. Nicht durch die Höhe
unserer Gaben, auch nicht durch das Freiwillige unserer Bemühung, sondern vielmehr
durch den Grad unserer Selbstverleugnung, den unsere Beiträge weitervererben, können
wir wirksam die schnelle Verwirklichung von 'Abdu'l-Bahás liebstem Wunsch fördern.
Wie groß ist unsere Verantwortung, wie ungeheuer unsere Aufgabe, wie unschätzbar
sind die Vorteile, die wir uns erringen können. Ich kann meiner Dankbarkeit und
Anerkennung nicht genug Ausdruck verleihen für die bedeutenden und
fortlaufenden Beiträge, die schon geleistet worden sind, und die, besonders im
vergangenen Jahr, von den Gläubigen in den Vereinigten Staaten und Canada unter der
weisen und klugen Leitung ihrer erwählten Internationalen Vertretung für den Plan der
vereinigten Aktion, deren ausgesprochene Absicht ist, ehe dies Bahá’i-Jahr zu Ende geht,
den Baufond, der für das Gebäude der ersten Einheit des Masraqu’l-Adhkar benötigt wird,
bereit zu stellen. Die Wachsamkeit und Treue, mit welcher der Nationalrat in
den Vereinigten Staaten und Canada sein Gelübde bewahrt hat, in Verbindung mit der
Begrenzung der laufenden Verwaltungskosten der heiligen Sache und der Eifer und
die Bereitwilligkeit, die die örtlichen Geistigen Arbeitsgemeinschaften und einzelne
Gläubige kundgetan, im Interesse des Tempelfonds ihre örtlichen und privaten
Ausgaben einzuschränken, um spenden zu können, ist des höchsten Lobes wert, und
sie werden auch verdientermaßen die mannigfaltigen Segnungen eines liebenden und
gütigen Herrn empfangen. Viel wurde in der Tat erfüllt in dem letzten Jahr an ernster
und geheiligter Selbstaufgabe für diesen erhabenen Zweck. Doch viel mehr bleibt noch
unvollendet, wenn wir uns in den Augen einer wartenden Welt des ehrenvollen Namens,
der unerschöpflichen und wunderbaren Lebenskraft der Offenbarung Bahá’u’lláhs
wert zeigen wollen.
Um Mitternacht das Andenken an das Hinscheiden Dessen feiernd, der mit eigenen Händen den Grundstein zu Seines Vaters Bethaus in jenem Land gelegt hat, im geheiligten Gebiet Seiner Grabstätte mit einer Schar Seiner nächsten Gefährten Wache haltend, habe ich mehr als einmal in meinen Gebeten jener Erwählten Gottes gedacht, auf deren Schultern eine so ungeheuere Verantwortung gelegt ist und deren herrliches Erbe ist, dies zur Erfüllung zu bringen. Ich erinnere mich in dieser friedevollen mondhellen Nacht mit tiefer Gemütsbewegung und Dankbarkeit der unschätzbaren Gnade, die Er so reichlich auf Euch ausgoß, solange Er unter Euch weilte; ich belebe in meiner Erinnerung die glühenden Versprechungen, daß Seine sichere Führung und Sein gnädiger Beistand unaufhörlich aus den Höhen Seiner erhabenen Stufe auf Euch herabkommen werden. Ich male mir im Geist jene herrliche Vision einer Sache entfaltet in all der Herrlichkeit aus, die Er in Seinen unsterblichen Schriften Euch geoffenbart hat. Und mein Haupt auf die heilige Schwelle gelegt, habe ich wieder und wieder gebetet, daß wir uns als würdige Jünger eines so gnädigen Meisters erweisen mögen, damit wir, wenn Er uns zu Sich ruft, unvermindert und ganz unsern Teil an dem unermeßlichen kostbaren Erbe, das Er uns allen hinterließ, erhalten.
Zum Schluß, zärtlich geliebte Freunde, was könnte geeignet sein, meine heiße Bitte an Euch zu beschließen als die eindrücklichen Worte, die von den Lippen Bahá’u’lláhs fielen: O, Meine Freunde! Ich bezeuge, daß die göttliche Gnade auf Euch ausgegossen ist. Sein Argument ist erfüllt, Sein Beweis offenkundig geworden; Seine Führung hat auf Euch geschienen. Laßt nun sehen, was Eure Bemühungen auf dem Pfad der Entsagung zeitigen."
Euer treuer Bruder Shoghi.
Uebers. A. Schwarz.
An die geliebten des Herrn und an die Dienerinnen des Barmherzigen im Osten und Westen.
Haifa in Syrien, 6. Dezember 1928.
Liebe Mitarbeiter!
Ich möchte Euch in wenigen Worten meinen Eindruck über die kürzlich
veröffentlichte „Bahá’i- World" mitteilen, wovon Exemplare, wie ich annehme, dank der
großen Fürsorge und der unermüdlichen Bemühungen des Veröffentlichungs-Komitees
des Natonalrats in Amerika weithin bei den
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Freunden in Ost und West verbreitet wurden.
Dieser einzig dastehende Bericht der Bahá’i-Tätigkeit allerorts gereicht dazu, sowohl der Allgemeinheit als im besonderen den Studierenden und den Schülern solche historischen Tatsachen und fundamentale Prinzipien, welche die hervorragenden Merkmale der Botschaft Bahá’u’lláhs in diesem Zeitalter enthalten, klar zu machen. Ich habe stets seit ihrem Erscheinen ein reges und anhaltendes Interesse an deren Entwicklung genommen, habe auch persönlich an der Sammlung des Materials, der Inhaltsanordnung, und an den dazugehörigen Feststellungen der in ihr angeführten Daten mitgewirkt.
Ich empfehle diese Schrift vertrauensvoll und eindringlich jedem nachdenklichen und eifrigen Anhänger des Glaubens, sei er im Osten oder Westen, dem daran liegt, eine Schrift in die Hände kritischer und intelligenter Fragesteller, aus welcher Klasse sie auch seien, welchem Glauben oder welcher Farbe sie auch angehören, zu legen, aus der sie wirklich die hohen Absichten, die ergreifende Geschichte, die fortdauernde Durchführung, den unaufhaltsamen Fortgang und den unbegrenzten Ausblick der Offenbarung Bahá’u’lláhs ersehen können. Außerordentlich lesenswert und anziehend in ihrem Stoff, leicht verständlich und zuverlässig, gibt die Zeitschrift bis jetzt bündig und überzeugend die grundlegenden Gesichtspunkte an, durchaus vorbildlich in der Darstellung und Erklärung. Sie steht unübertroffen da und ist unerreicht an abwechslungsreicher Literatur in unserer geliebten Sache jeder Veröffentlichung gleicher Art gegenüber. Sie wird ohne allen Zweifel, sofern sie großzügig und kraftvoll unterstützt wird, beispielloses Interesse in allen Schichten der gebildeten Gesellschaft finden.
Ich bitte Euch, meine geliebten Freunde, ernstlich die größten Anstrengungen zu machen, um eine Zeitschrift unverzüglich und weithin zu verbreiten, die so getreulich und lebendig in allen wesentlichen Grundzügen und weitreichenden Verzweigungen, so umfangreich den allumfassenden Glauben Bahá’u’lláhs darlegt. Welche Hilfe es auch sei, in finanzieller oder moralischer Beziehung, welche die Geistigen Arbeitsgemeinschaften und einzelne Gläubige denen leisten, welche für ein so hochwertiges und representatives Werk verantwortlich sind, so sollte dieser Hilfe gedacht werden und sie direkt dazu verwendet werden, das Interesse zu steigern und dem Fonds zu dienen, der um des Masraqu’l-Adhkar willen erhoben wird und sie wird indirekt dazu dienen, einen mächtigen Antrieb zu schaffen, um die böswilligen falschen Auslegungen zu widerlegen, wie auch die unglückseligen Mißverständnisse zu beheben, die so lange und so bedauerlich den leuchtenden Glauben Bahá’u’lláhs verdüstert haben.
Euer treuer Bruder Shoghi.
Uebers. A. Schwarz.
Das neue Jerusalem und seine zwölf Grundsteine.
Von Shanaz Waite. Deutsch von Doris Loose, Washington.
'Abdu'l-Bahá sagte einmal bezüglich der Lektüre und des Studiums der Bibel:
„Du hast geschrieben, daß du die Bibel liebst. Den Freunden und Dienerinnen sollte der Wert der Bibel bekannt sein, denn sie kennen das verborgene Geheimnis der Heiligen Bücher.“
Ein andermal sagte Er:
„Die Bibel und die Heiligen Bücher der andern Religionen müssen in den Bahá’i-Versammlungen studiert und gelesen werden. Dieses Studium wird bei jedem den Erkenntniskreis erweitern.“
Als 'Abdu'l-Bahá in London war, schrieb Er im City-Temple, wo Er zum erstenmal öffentlich sprach, folgende Worte in die alte Bibel ein:
„Dieses Buch ist das Heilige Buch Gottes und himmlische Eingebung. Es ist die Bibel der Erlösung, das edle Evangelium. Es ist die göttliche Mildtätigkeit und das Zeichen von Gottes Führung.“
In diesem Buch der „göttlichen Führung“ lesen wir im 21. Kapitel der Offenbarung St. Johannis: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, bereitet als eine geschmückte Braut ihrem Manne. Und ich hörte eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.
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Und ein Engel führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg, und zeigte mir die
große Stadt, das heilige Jerusalem, herniederfahren aus dem Himmel von Gott, die hatte die
Herrlichkeit Gottes, und ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein, einem hellen Jaspis.
Und die Gründe der Mauer und der Stadt waren geschmückt mit allerlei Edelgesteinen. Der erste Grund war ein Jaspis, der andere ein Saphir, der dritte ein Chalzedonier, der vierte ein Smaragd, der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Sarder, der siebente ein Chrysolith, der achte ein Berill, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. — —
Und die Nationen, die da selig werden, wandeln in demselben Licht; und die Könige auf Erden: werden ihre Herrlichkeit in dieselbige bringen.“
Zur Erklärung dieser Erscheinung der Offenbarung Johannis sagte 'Abdu'l-Bahá:
„Was am häufigsten mit der in den Heiligen Büchern erwähnten Heiligen Stadt, dem Neuen Jerusalem von Gott, gemeint ist, ist das Gesetz Gottes. Es wird mit einer Braut, manchmal mit dem Neuen Jerusalem, und dann wieder mit einem Neuen Himmel und einer Neuen Erde verglichen. Beachte, wie klar und deutlich es ist, daß der erste Himmel und die erste Erde das frühere Gesetz bedeuten, denn es steht geschrieben, daß der erste Himmel und die erste Erde vergangen und das Meer nicht mehr sei, was bedeutet, daß die Lehren und das Gesetz Gottes vollkommen die Erde bedecken, alle Menschen in die Sache Gottes eintreten werden und die Erde vollständig mit Gläubigen bewohnt sein wird. Deshalb wird kein Meer mehr sein, denn die Wohnstätte der Menschen ist das trockene Land. Mit andern Worten: zu der Zeit wird das Feld jenes Gesetzes zum Garten für die Menschen werden. Eine solche Erde ist fest, und die Füße gleiten nicht darauf aus. Das Gesetz Gottes ist auch als die Heilige Stadt; das Neue Jerusalem, beschrieben. Es versteht sich, daß das Neue Jerusalem, das vom Himmel herniederkam, nicht eine Stadt aus Stein, Mörtel, Ziegel, Erde und Holz ist. Es ist das Gesetz Gottes, welches vom Himmel herniederkommt und "Neu" genannt wird.“
Hieraus ersehen wir, daß in jedem göttlichen Zeitalter oder Zyklus den Menschen von Gott ein neues Gesetzbuch durch Seinen Auserwählten oder Propheten gegeben worden ist, und diese Gesetze sind zwiefältig, geistig und materiell, wodurch der Neue Himmel und die Neue Erde, entsprechend der Entwicklung der Menschheit zu jener bestimmten Zeit, gegeben sind.
Wir leben nun im Tage der Erfüllung der Johannes-Offenbarung, und die göttlichen Gesetze des Neuen Tages sind durch Bahá’u’lláh, Gottes jüngster Manifestation, geoffenbart worden. Dieses Neue Buch der Gesetze ist das Neue Jerusalem, und es ist auf der sicheren Grundlage des Wortes Gottes aufgebaut.
Es gibt zwölf Grundprinzipien, auf denen das Neue Jerusalem ruht, und die ihrer geistigen Bedeutung und ihren Farben nach in einer bemerkenswerten Weise mit den zwölf Grundsteinen des Neuen Jerusalem der Johannesoffenbarung in Verbindung stehen, denn sie sind nach 'Abdu'l-Bahás Erklärung geistige Symbole und nicht materielle Steine. Betrachten wir sie nun in diesem Lichte:
Das erste Bahá’i-Grundprinzip ist das der Einheit der Menschheit.
Die Hände mögen schwarz, weiß, gelb oder braun sein, aber das Herz hat nur eine Farbe. Der erste Grundstein ist der Jaspis, er ist leuchtend rot wie die Farbe des Herzens.
Das zweite Grundprinzip:
„Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig und vorurteilslos erforschen.“
Alle müssen frei sein, die Wahrheit auf ihre eigene Weise zu erforschen. Der zweite Grundstein ist der Saphir, er ist durchsichtig blau, „treu blau“, das ist die Farbe des Glaubens, der Inspiration, der Gesinnungstüchtigkeit und der Wahrheit. Die Menschheit muß frei sein, um sich in diesen „Dom der Himmelsbläue“ aufzuschwingen und einer Wahrheit treu sein, wenn sie diese findet.
Das dritte Grundprinzip:
„Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.“
Jeder Offenbarer gab denselben „Neuen Himmel und Neue Erde“, aber die Menschen haben diese göttlichen Gesetze entweiht und falsch dargestellt. In Wirklichkeit sind sie alle eins. Der dritte Grundstein, der Chalzedan, ist rein weiß, wovon 'Abdu'l-Bahá gesagt hat:
„Obwohl die Farbe augenscheinlich weiß ist, so sind dennoch in ihr die sieben Farben verborgen enthalten. Im Weiß sind alle Farben verbunden.“
Weiß ist das Symbol der Reinheit, und in ihrem Ursprung ist jede Religion rein und ein Bruder
jeder andern Religion, denn es gibt nur eine Wahrheit.
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Das vierte Grundprinzip:
„Die Religion muß die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein. Ist dem nicht so, so wäre ihr Nichtsein besser als ihr Sein.“
Der vierte Grundstein, ein Smaragd, ist grün. Grün ist die Farbe der Harmonie und Einigkeit. Es gibt keine Farbe, die nicht mit grün harmoniert, wie das grüne Laub mit der Färbung einer jeden Blume zusammenstimmt. Es ist die Farbe der Unsterblichkeit und auch der Demut.
Das fünfte Prinzip:
„Religion muß mit Wissenschaft und Vernunft in Uebereinstimmung sein.“
Keines darf das andere verleugnen. Der fünfte Grundstein, der Sardonyx, ist rot oder braun, je nachdem das Licht auf ihn fällt. So ist es mit Wissenschaft und Religion; sie sind im Wesen gleich, aber verschieden in Farbe und Manifestation.
Das sechste Prinzip:
„Mann und Frau haben gleiche Rechte.“
Sie müssen wie zwei Flügel der Seele sein, jeder gleich stark entwickelt. Der sechste Grundstein, ein Sarder, ist ein Stein mit zwei Lagen, einer weißen und einer roten, symbolisch zwei in eins.
Das siebente Prinzip:
„Vorurteile religiöser, rassischer usw. Natur müssen abgelegt werden.“
Der siebente Grundstein, der „reine Chrysolith“ ist vorzüglich klar grün. Wir lesen in den alten Philosophien vom „Chrysolith-Täfelchen“. Er ist ein Symbol der absoluten Aufrichtigkeit und Wahrheit, der Feinheit und Selbstlosigkeit. Nur wenn unsere Herzen von jeder Form des Vorurteils frei geworden sind, können sie zu „Chrysolith-Täfelchen“ werden, auf denen unsere Gedanken über unsere Brüder eingeschnitten werden mögen.
Das achte Prinzip:
„Der universale Friede muß verwirklicht werden."
Der achte Grundstein, ein Beryll, ist blau-grün, das Blau des Glaubens und der Treue unseren Nächsten gegenüber, das Grün der Demut und der Einigkeit, die harmonische Zusammenstimmung in ein symmetrisches Ganzes, gleich einem schönen Blumenstrauß. Wenn das fest in den Menschenherzen begründet ist, wird auch der universale Friede erstehen.
Das neunte Prinzip:
„Universale Erziehung.“
Der neunte Grundstein, ein Topas, der Sonnenglanz, symbolisch für das Licht der Wissenschaft und den Glanz der Weisheit, die universale Erziehung in der Welt schaffen wird, wenn der „Goldene Topas“, das Licht der Lehren Bahá’u’lláhs verstanden und gelebt wird.
Das zehnte Prinzip:
„Die Lösung der sozialen Frage.“
Der zehnte Grundstein, der Chrysopras, ist gleich dem Chrysolith von klarem Grün, das Wahrheit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, und Reinheit verkörpert, und das sind die Erfordernisse, die zur Lösung aller sozialen Fragen notwendig sind, die goldene Regel „wie ihr wollt, daß euch die Leute tun, also tut auch ihr ihnen.“ (Luk. 6.31).
Das elfte Prinzip:
„Eine universale Hilfssprache.“
Der elfte Grundstein, der Hyacinth, ist wie der Jaspis von klarem Rot, der universalen Farbe. Der Ruf des Herzens einer Rasse kann nur das Herz einer anderen treffen, wenn es die gleiche Sprache spricht.
Das zwölfte Prinzip:
„Ein Weltschiedsgericht oder Weltparlament.“
Der zwölfte Grundstein, der Amethyst, ist violett. Es ist das Symbol des geistigen Lichtes: Ehrerbietung, Heilung, Ruhe und Einklang. Dieser Gerichtshof aller Nationen muß wie die ultra-violetten Strahlen für die „Heilung der Nationen“ sein und muß geistiges Licht in aller Ehrerbietung suchen, damit er seine hohe Aufgabe erfüllen möge, den Herzen der Menschheit ein Gefühl der Sicherheit, des Einklangs und der Ruhe mitzuteilen.
Auf dieser sicheren Grundlage wird das Neue Jerusalem aufgebaut werden. Es gibt kein menschliches Bedürfnis, sei es geistiger oder materieller Natur, dem nicht durch die „Neuen Gesetze Bahá’u’lláhs“ begegnet worden ist, und wenn diese in der Welt errichtet sind, werden die Nationen in Wahrheit jubeln. Dann wird jene „Heilige Stadt“ erscheinen, in der „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenbarung d. Joh. 21: 4). Und ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages, denn da wird keine Nacht sein. — Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Nationen in sie bringen.“ (Offenb. d. Joh. 21: 25, 26.)
In jedem Herzen muß individuell diese „Heilige Stadt“ erst erbaut werden, damit wiederum
jedes Herz einer der köstlichen Steine werden
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möge, aus denen die „Universale Stadt“ des Neuen Himmels und der Neuen Erde aufgemauert
wird, und auf dem Fundament dieser zwölf Grundprinzipien wird sie ruhen. Ueber diese
Prinzipien hat 'Abdu'l-Bahá gesagt:
„Die Prinzipien Bahá’u’lláhs müssen einzeln studiert werden, bis sie in Verstand und Herzen begriffen und verwirklicht sind; dann werdet ihr starke Nachfolger des Lichtes werden, wahrhaft geistig, himmlische Soldaten Gottes, die die wahre Zivilisation bringen und über die ganze Erde verbreiten. Dies wird das Paradies sein, das auf die Erde herabkommen soll, worin sich die ganze Menschheit unter dem Zelt der Einigkeit im Reiche des Glanzes versammeln wird.“
Weihnachtsfeier im Sinne der Heilerziehung.
„Herr, daß ich sehen möge!"
Zwanzig Minderbegabte, darunter Schwerschwachsinnige im Alter von 17 und 18 Jahren, sitzen in zwei konzentrischen Halbkreisen an kleinen weißen Tischen und schauen in das flackernde Licht des Christbaums, zusammen mit den Kindern des „Gärtleins der Freundschaft“ und den Eltern und erwachsenen Freunden. Auf allen Gesichtern liest der, der tiefer blickt, die stille heiße Bitte um Licht und Erkenntnis. „Ach, die Not treibt uns zu rufen, alle flehen wir dich an, zeig’ uns doch die ersten Stufen der gebrochenen Freiheitsbahn."
Leid verbindet, und in gemeinsamer Arbeit empfundenes Leid verpflichtet. Je ein Gärtleinkind und ein Hilfsschulkind bilden ein Freundschaftspaar im geistigen Sinn. Diese Freunde sehen im Laufe des Jahres nacheinander hin, versuchen sich zu lieben, erfreuen sich durch kleine Geschenke. Nicht alle Kinder, die sich dazu bereit erklären, sind der hohen Aufgabe gewachsen, aber zu Weihnachten werden diese Freundschaften immer wieder lebendig. Wenn noch zu jedem Paar ein erwachsener Freund dazutreten wollte, dann wäre das der Anfang zu einer kleinen Gemeinschaft im Sinne geistiger Heilung.
Aber heute wollen wir uns einmal freuen. Mütter vergeßt alles Seufzen und alle Sorgen! Geistige Freude hat erziehenden Wert. „Vor Freuden müssen sich die Menschen verwandeln“, sagt 'Abdu'l-Bahá. Kinder, Freunde, Gottes Barmherzigkeit ist viel größer, als wir alle ahnen. Glaubt das, freuet euch und seid getröstet! Wir wollen uns freuen!
Seht die strahlenden Sprüche, die uns aus dem Baum grüßen: „Ihr seid die Brüder Jesu Christi!“ „Der Friede sei mit euch!“ „Wir beten Tag und Nacht für alle Völker der Erde.“ Wir verpflichten in dieser Stunde auch die Worte an den Wänden: „Kämpfet mit uns gegen den Alkohol.“ „Ueber Meer und Land, Beruf und Stand reicht euch in Frieden die Bruderhand.“ O Freunde dieser Kinder, laßt uns wieder glauben, mit aller Konsequenz, an die erlösende und gesunderhaltende Macht eines reinen Lebenswandels. Wollen wir uns nicht in diesem Sinne vereinigen und zusammenschließen, um zu sühnen und geistig tragen zu helfen denen, die ohne ihre Schuld leiden. Ganz gewiß, von dieser Vereinigung würden erneuernde Kräfte ausgehen, und unsere Gebete würden ein starkes Rufen sein. Denn „Das Heilungswerk ist keine Sache, die nur den Patienten und den Heiler allein angeht, sondern jedermann. Alle müssen mithelfen, und zwar durch Anteilnahme und Dienst, durch richtiges Leben, richtiges Denken, und ganz besonders durch Gebet; denn von allen Heilmitteln ist das Gebet das wirksamste.“ (Esslemont S. 178.) Das gäbe ein kollektives Ringen und Kämpfen um Licht und Befreiung, Heilung und Fortschritt für jeden Einzelnen. Vor dem Thron Gottes sind wir alle schwachbegabt, und niemand darf sich über den andern erheben.
O Freunde, die ihr dies lest, bitte, vereinigt euch mit uns um das erhabenste aller Heilungsgebete:
„O mein Gott, mein Gott! Ich bitte Dich durch den Ozean Deiner heilenden Macht; durch das dämmernde Licht der Sonne Deiner Großmut, durch Deinen Namen, welcher Deine Diener befähigt, Deine Gebote zu halten; durch die schöpferische Macht Deines erhabenen Wortes; durch die Macht Deiner erhabenen Feder, durch Deine herrliche Sonne der Gerechtigkeit; und durch Deine Barmherzigkeit, welche vor der Erschaffung des Himmels und der Erde existierte - gieße aus über mich und diese Kinder Dein lebengebendes Wasser, um uns von jeder Betrübnis und von jeder Krankheit, von jedem Gebrechen und von jeder Schwachheit zu reinigen.
Du siehst, o mein Gott, daß der Dürftige an dem Tor Deiner Mildtätigkeit steht und der Wartende
sich an dem Seil Deiner Großmut hält. Ich bitte Dich, enttäusche ihn nicht in dem, was
er von der See Deiner Gunst und von der scheinenden Sonne Deiner Vorsehung wünscht, denn
Du bist der Allmächtige. Es gibt keinen Gott außer Dir! Du bist der Mächtigste und der Gewaltigste.“ [Seite 189]- die Liebe Gottes.
Wie müssen wir uns täglich von aller verborgenen Unlauterkeit reinigen, um diese erhabenen Worte mit innerer Wahrhaftigkeit sprechen und dann ihrem Geist gemäß den Schwachen dienen zu können! Welch eine Hoheit und emporziehende Kraft liegt in ihnen! Welch ein süßes Fluten aus der See der göttlichen Heilung! Liebe Seele, wirf dich ganz in dies Meer und werde tief innerlich gesund, gesund froh.
Kommt, meine Freunde, groß und klein, setzt euch nah, ganz nah um diesen Baum. Von Liebe laßt uns reden, von der Güte, vom Reinsein und von diesem kleinen flackernden Licht. Was sagt es uns? So still und hell und leuchtend ist die Liebe Gottes. Lies doch einmal den Spruch da vor Dir am Baum: „Gott ist gütig zu uns. Darum wollen wir lieb und gut zu allen Menschen sein.“ So steht es in unserm Sammelbuch auch. Lieb und gut zu allen, zu allen, zu jedem, der Dir begegnet, der mit Dir spricht, freundlich und gut.
Und kommt einer, der Dir wehe tut — sei gut zu ihm. Ihn hungert danach, daß einer lieb zu ihm sein soll, sonst tät er Dir nicht weh...
Wer könnte weiter so sprechen, wenn er den großen 18jährigen Willi dort ansieht! Er war ganz normal und gesund, hat alle Klassen der Ortsschule durchlaufen, zum Teil als Erster. Dann hat ihn ein Unmensch schrecklich gegen den Kopf geschlagen, davon ist er nun ganz blöde geworden. Wie kann ich diesen Jungen zum Nichtwiedervergelten auffordern! Er ist vielmehr eine Predigt für mich. Sieht doch jeder, wie gütig und still leidend sein ganzes Wesen ist. Aber, Willi, nicht ich sage es ja, sondern unser Herr: „Liebet die Feinde!“ Wir wollen zusammen uns in der Güte üben, Tag für Tag. Güte heilt. Güte macht frei. „Gesegnet sind, die gütig sind und in Liebe dienen.“
Aber verstehen denn die Kinder so geistige Worte und Deklamationen? „Wir wissen, daß bei schwachsinnigen Kindern die betreffende seelische Anregung ohne das Bild der physischen Parallelleistung garnicht wirksam vermittelt werden kann.“ Im Sinne dieses Wortes von Friedrich Wilhelm Foerster und in Anlehnung an Maria Montestori sind wir zu geistig-ethischen Uebungen gekommen, die als Symbolisierung rein geistiger Wahrheiten grundlegend für den ganzen Unterricht geworden sind. Die Kinder tragen sehr empfindliche Vasen, Gläser, Glocken (die nicht klingeln dürfen), Teller mit Wasser usw., indem sie auf dem Kreidestrich gehen (der heute als Ellipse um den Tannenbaum geht) — ein Bild des „schmalen Weges“, um den wir uns alle mühen. Zugleich ist das eine Leiseübung. Alles horcht. Niemand darf das Gehen, das Hinsetzen der Teller hören können. Es ist wie eine Andacht. So leise und lieb und gütig wollen wir mit allem umgehen, was wir Zartes in die Hand nehmen. Man sieht es förmlich an den Augen der Kinder, wie in den Herzen Kräfte aufsprießen. Vom Geist aus Herrschaft gewinnen über die Glieder des Leibes, daß sie in Zucht und Disziplin kommen, das ist der Sinn dieser Uebungen. Die Kinder erfinden sie zum Teil selber. Außer den Gleichgewichtsübungen sind wichtig die Zungenübungen und die Uebungen für Auge und Ohr.
Aber plötzlich werden wir durch starkes Klopfen an der Tür unterbrochen. Es tritt der Emil, den die Leser der „Sonne“ schon kennen, als Weihnachtsmann ins Zimmer. „Von drauß vom Walde komm’ ich her.“ Er verhört die Kinder in allerlei Schulleistungen. Dann geht er noch einmal hinaus, und nun gibt es eine große Bescherung für alle Kinder. Dank der Hilfe mehrerer Freunde kann jeder das bekommen, was er sich vorher gewünscht hat. Dann verteilen die Mädchen Kuchen und Pfeffernüsse.
Wir wollen aber nicht eigentlich „berichten“, sondern nur auf die Bedeutung der Bahá’ilehre für die Heilpädagogik hinweisen. Hat man sie doch die "Religion der Erziehung“ genannt. Gerade die Praxis der Heilerziehung wird aus den Heilungsgebeten Bahá’u’lláhs neue Befruchtung gewinnen. Das ist keine Frage. Erzieher müssen beten und müssen wieder beten lernen. Denn gerade sie haben jeden Tag alle Schwierigkeiten der menschlichen Natur vor Augen.
Die Bahá’ifreunde aber, die in Wahrheit Kinder des Lichts sein wollen, werden jederzeit die schönen Worte des österreichischen Dichters Peter Rosegger beherzigen:
„Auf dem Wege zum Licht lasset keinen zurück.
Führet jeden mit euch, der vergessen vom Glück,
Dem die Ampel verlosch, dem die Glut nie gebrannt,
Das Kind, das den leitenden Stern nie gekannt.
Sie taumeln in Nacht und Verlassenheit.
Ihr begnadeten Pilger der Ewigkeit,
Führt alle mit euch in Liebe und Pflicht.
Lasset keinen zurück auf dem Wege zum Licht.“
Emil Jörn.
An unsere Leser.
Aus unserem Freundeskreis ist uns eine Anregung zugegangen, die vielleicht die Leser der Sonne der Wahrheit gleich uns begrüßen werden. Es handelt sich darum, nachstehende Fragen zu beantworten:
1. Was hat Sie anfänglich am meisten an der Lehre Bahá’u’lláhs angezogen und interessiert?
2. Inwiefern unterscheidet sich Bahá’u’lláhs Lehre von der der früheren Gottgesandten?
3. Wodurch beweist sich die Notwendigkeit einer neuen Gotteslehre, und womit beweist sie uns ihre Wahrhaftigkeit?
4. Welche besonderen Ziele verfolgt die Bahá’i-Bewegung und wo setzt sie in der Jetztzeit am wirkungsvollsten ein?
5. Kann ein reiner Materialist seine "Zwecke und Ziele in der Lehre Bahá’u’lláhs finden?
6. Welche Prinzipien Bahá’u’lláhs sind für das Abendland am bedeutendsten?
7. Welche Parallelen sind zu ziehen zwischen den vorangegangenen Manifestationen und Bahá’u’lláh sowohl in ihren Lehren als in ihrem Schicksal?
8. Was ist unumstößliche Wirklichkeit?
9. Was erfolgt erfahrungsgemäß auf das Auftreten eines Gottgesandten?
10. Wird die Bahá’i-Lehre auch späterhin wieder verflachen und veräußerlicht werden?
Wer die Bahá’i-Lehre kennt, findet in den Schriften Stoff genug zur Beantwortung dieser Fragen, es liegt uns aber hauptsächlich daran, die persönlichen Ansichten unserer Freunde zu Wort kommen zu lassen. Die druckreifen Beantwortungen der gestellten Fragen werden wir gerne hier veröffentlichen.
Möge diese Anregung dazu beitragen, Arbeitslust zu erwecken und zugleich dazu führen, die Freunde zum Nachdenken anzuregen, wie man Außenstehenden in kurzer, logischer Ausführung Fragen beantworten kann, die jederzeit gestellt werden.
Wir würden uns aufrichtig freuen, zahlreiche Abhandlungen in unserem neuen Jahrgang veröffentlichen zu können und werden fortlaufend ähnliche Fragen weiterhin stellen.
Die Schriftleitung.
An Gott.
Deine Liebe soll ich tragen
in der Menschheit Herz hinein,
all das Flimmern schöner Tage
wandeln in verklärten Schein?
All die Schönheit gold’ner Stunden
tragen tief im Herzen fein,
daß aus Tiefen, heiß empfunden
quillt die Liebe klar und rein?
Deine Liebe soll ich künden
jedem Wesen, klein und zart? --
laß zuerst mich zu Dir finden,
der in Sehnsucht Deiner harrt!
Laß zuerst aus Nacht und Dunkel
Deine Schönheit aufersteh’n,
daß ich fühl’ im Sterngefunkel
Deinen Odem heilig weh’n.
Dann vermag auch ich im Kreise,
mich und andre zu erfreu’n,
Deiner Wahrheit stiller Weise,
Deiner Liebe Bote sein.
Paul Häcker.
Mitteilungen des Verlags.
Bücherzettel.
Eine vorzügliche kleine Druckschrift, benannt „Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehre und Bedeutung“ von Herrn Dr. H. Großmann-Wandsbek verfaßt ist uns in 500 Expl. zugegangen. Wir möchten diese Schrift als Flugblatt für die Verbreitung der Bahá’i-Lehre den Freunden wärmstens empfehlen. Der Preis beträgt pro Heftchen RM. —.20. Wir möchten auch hier dem Verfasser für die Bereicherung unseres Propogandamaterials herzlich danken.
Einbanddecken für den 8. Jahrgang der S. d. W. können bis spätestens 15.März beim
Verlag, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, bestellt werden zum Preis von RM. 1.—. Das Einbinden der
Zeitschrift übernimmt gleichfalls der Verlag zum Preis von RM. 2.— einschließlich Decke.
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Inhaltsübersicht über das Jahr 1928/29..
Bahá’u’lláh
Tablet an Ahmad . . . . . 3
Worte . . . . . 32, 129, 161, 177
Tablet . . . . . 162
'Abdu'l-Bahá
Worte . . . . . 1, 17, 33, 49, 65, 81, 97, 113, 128, 145, 168
Beantwortete Fragen: gesammelt von Laura Clifford Barney, übersetzt von W. Herrigel. Ueberprüft vom Ueberprüfungskommittee.
IV. Teil:
Über den Ursprung, die Fähigkeiten und die Zustände des Menschen
46. Kap.: Die Wandlung der Gattungen . . . . . 3
47. „ Das Weltall ist ohne Anfang . . . . . 5
48. „ Der Unterschied zwischen Mensch und Tier . . . . . 7
49. „ Wachstum und Entwicklung der menschl. Rasse . . . . . 18
50. „ Geistige Beweise für den Ursprung des Menschen . . . . . . 20
51. „ Geist u. Vernunft des Menschen . . . . . 21
52. „ Das Vorhandensein des Geistes im Körper . . . . . . . 22
53. „ Die Beziehungen Gottes zum Geschöpf . . . . . . . 23
54. „ Das Hervorgehen des menschlichen Geistes aus Gott . . . . . . 24
55. „ Seele, Geist und Vernunft . . . . . . . 25
56. „ Die physischen und die geistigen Kräfte . . . . . 37
57. „ Die Ursache der Verschiedenheit in den Charakteren . . . . . 38
58. „ Der Wissensgrad des Menschen und der der göttlichen Manifestation . . . . . . . 39
59. „ Des Menschen Kenntnis v. Gott . . . . . 40
60. „ Die Unsterblichkeit des Geistes I. Teil . . . . . . . . 42
61. „ Dasselbe, II. Teil . . . . . 43
62. „ Die Vollkommenheit ist ohne Grenzen . . . . . . . 44
63. „ Die Entwicklung des Menschen in der andern Welt . . . . . . .45
64. „ Die Stufe des Menschen und sein Fortschritt nach dem Tode . . . . . 46
65. „ Erklärung eines Verses im Kitabul Aqdás . . . . . . 50
66. „ Die Existenz der vernünftigen Seele nach dem Tod des Körpers . . . . . 50
67. „ Ewiges Leben und Eintritt in das Königreich Gottes . . . . . 52
68. „ Schicksal . . . . . . . 53
69. „ Der Einfluß der Sterne . . . . . 53
70. „ Der freie Wille . . . . . 54
71. „ Visionen und Verkehr mit Geistern . . . . . . . 55
72. „ Heilung durch geistige Mittel . . . . . 69
73. „ Heilung durch materielle Mittel . . . . . 70
V. Teil:
74. „ Die Nichtexistenz des Bösen . . . . . 71
75. „ Es gibt zwei Arten von Qual . . . . . 72
76. „ Die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes . . . . . 72
77. „ Die richtige Behandlungsweise der Verbrecher . . . . . 73
78. „ Streiks . . . . . . . 75
79. „ Die Wirklichkeit der irdischen Welt . . . . . 77
80. „ Wirkliche Präexistenz . . . . . 77
81. „ Reïnkarnation . . . . . 78, 86
82. „ Pantheïsmus . . . . . 98
83. „ Die vier Wege zur Erlangung von Wissen . . . . . 91
84. „ Die Notwendigkeit, die Lehren der göttlichen Manifestation zu befolgen . . . . . . 92, 103
--
Eine Erzählung . . . . . . . 82
Die Weisheit in den Prüfungen . . . . . 34
Die Einheit der Sprachen als Mittel zum größten Frieden . . . . . . . 66
Ueber die Gestaltung des Schulunterrichts . . . . . 67
Die geheimnisvollen Mächte der Kultur . . . . . 98, 117
Ueber das Wesen und die Entwicklung der Atome . . . . . . . 114, 134, 164
Göttliche Perlen . . . . . . . . . 130
Tablets nach Amerika . . . . . . . . 173
Shoghi Effendi, Briefe:
An die beim Ridwanfest versammelt gewesenen Freunde . . . . . . 57
An die Bahá’i-Kinder in Stuttgart . . . . . . 66
An Herrn Albert Renftle, Karlsruhe . . . . . . . 146
Ueber den Fortschritt der heiligen Sache in aller Welt . . . . . . . 179
Todesanzeige von Herrn Dr. Dreyfus, Paris . . . . . 178
Ueber die Zeitschrift „Bahai-World“ . . . . . 184
Aufsätze:
Die wesentliche Einheit der Religionen, M.H. Gift . . . . . . 9
Die Grundzüge allgemeiner Religion, Prof. J. Fazl . . . . . 13
Die Bahá’i-Lehre und die soziale Frage, Dr. H. Grossmann-Wandsbek . . . . . 26, 64
Glückseligkeit, Karl Klitzing-Schwerin . . . . . . . 27
[Seite 192]
Papst und Einheitsreligion, A. Diebold-Stuttgart . . . . . . . . 30
Einheit, O. Schmitt-Hamburg . . . . . 36
Der Weg zur Erkenntnis, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . 47
Das Neue in der Lehre, Ruhi Afnan-Haifa . . . . . 57
Der Sinn unserer Zeit, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . 61
Die Stellung der Frau in der Bahá'i- Lehre, A. M. Schweizer-Zuffenhausen . . . . . . . . 63
Einen Gedanken täglich für den Frieden, E. T. Leland . . . . . . . 64
Masraqu’| Adhkar, Ch. M. Remey-Washington . . . . . . . . 79
Wie 'Abdu'l-Bahá eine wohlvorbereitete Frage beantwortete, Mrs. Hannen . . . . . 84
Aus dem Tagebuch von J. Thompson . . . . . 85
Ein paar Worte an die heranwachsende Jugend, M. L. Fack-Stuttgart . . . . . 94
Der Bahá’i-Gedanke, Dr. H. GroßmannWandsbek . . . . . . 96
Der Erziehungsgedanke in der Bahá'i-Lehre, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . . 107
Einheit der Religion, H. Küstner-Stuttgart . . . . . 105
Professor Forel und die Bahá’i-Lehre, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . 109
Ein Rundgang durch die Bahá’i-Zeitungswelt, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . 111
Mein Freund Emil, E. Jörn-Warnemünde . . . . . . 121
Ein Erlebnis mit 'Abdu'l-Bahá, A. Rideout . . . . . 124
Ein Besuch bei 'Abdu'l-Bahá, L.J. . . . . . . . 125
Das Weltbild des Gelehrten, A. H. Forel-Yvorne . . . . . . . 126
Leitsätze für die Bahá'i-Arbeit, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . 128
Zum 12. November, A. Schwarz-Stuttgart . . . . . 132
Fortschritt in aller Welt, aus Tagebuchblättern 1914 . . . . . . . . 136
Prophezeiungen für alle Welt, Akka, aus Tagebuchblättern 1914 . . . . . 138
Die aufstrebende Kulturbewegung, G. Bauer-Cannstatt . . . . . . . 142
'Abdu'l-Bahá in Amerika, Dr. Bagdadi . . . . . 146
Advent, M. L. Fack-Stuttgart . . . . . . . 150
Friede auf Erden, K. Klitzing-Schwerin . . . . . . 151
Universalität der Bahá’i-Lehre, H. Küstner-Stuttgart . . . . . . . 153
Was die Seele des Kindes bittet und fragt, E. Jörn-Warnemünde . . . . . . . . 174
Vom wahren Gebet, Dr. H. Großmann-Wandsbek . . . . . . . . 175
Das neue Jerusalem und : seine 12 Grundsteine, S. Waite . . . . . . . 185
Weihnachtsfeier im Sinne der Heilerziehung, F. Jörn-Warnemünde . . . . . 188
An unsere Leser . . . . . 190
Gedichte
Vorfrühling, M. L. Fack-Stuttgart . . . . . 3
Morgenlied, P. Häcker-Stuttgart . . . . . . . 87
Warum denn zagen..., M. L. Fack- Stuttgart . . . . . . . 128
Göttlicher Friede, P. Häcker-Stuttgart . . . . . 144
Weihnachtszeit, M. L. Fack-Stuttgart . . . . . 160
Der Weg, E. M. Großmann-Wandsbek . . . . . 167
Gebet, Dr. A. Mühlschlegel-Stuttgart . . . . .175
An Gott . . . . . . . 190
Nachrufe
Für Herrn Gottlieb Pfund-Waiblingen . . . . . . 32
Für Frau Amalie Bender-Eßlingen . . . . . . . 32
Für Herrn Dr. Hyppolyte Dreyfus-Paris . . . . . 178
Reproduktionen
Suezkanel . . . . . . . 3
Ansichten von Akka . . . . . 19
'Abdu'l-Bahá auf dem Weg nach dem Berg Karmel . . . . . . . . 19
Hirten in Palästina . . . . . . 25
Das Pilgerhaus auf dem Karmel . . . . . . 51
Wohngebäude 'Abdu'l-Bahás in Haifa . . . . . 51
Das Gebet . . . . . 67
Die Pyramiden von Gizeh . . . . . . 83
Landschaft bei den Pyramiden . . . . . 99
Gruppe von Bahá’i in Khorassan . . . . . 114
'Abdu'l-Bahá . . . . . 115
Das Heilige Grab . . . . . . . 131
Portal des Hauses 'Abdu'l-Bahás . . . . . 131
Innenansicht des Pilgerhauses . . . . . 146
In der Lybyschen Wüste . . . . . 163
Isfahan . . . . . 181
Mitteilungen des Verlags
Religiöse Lichtblicke, A. Renftle-Karlsruhe . . . . . 144
Geschäftsstunden des Verlags . . . . . 144
Weihnachtsbestellungen . . . . . 144
Flugblatt von Dr. H, Großmann-Wandsbek . . . . . 190
Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr.3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.
Druck von W. Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’ilehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, p. 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes Stuttgart
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In unserem Verlag sind erschienen:
1. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
2. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.20
3. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’u’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.20
4. Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . . -.50
5. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.50
6. Verborgene Worte von Baha’u’llah. Dtsch. v. A. Schwarz u. W. Herrigel . . . 1.--
7. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
8. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
9. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien. von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
10. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.20
11. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . . . 3.--
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.50
12. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, in Halbleinen geb. . . . . 4.50
In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--
13. Abdul Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--
14. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
15. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . —.50
16. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . . . . —.20
17. Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60
18. Bah’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
19. Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 6 in Halbleinen gebunden . . . . . 9.--
20. Religiöse Lichtblicke, Einige Erläuterungen zur Bahá’i-Botschaft, aus dem Französ. übersetzt von Albert Renftle, neue erweiterte Auflage . . . . --.30
21. Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Großmann-Wandsbek . . . . . --.20
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