SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft I | VIII.JAHRG. | MÄRZ 1928 |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i - Prinzipien.
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ des Bahá’i-Bundes, Deutscher Zweig Herausgegeben vom Verlag des Bahá’i-Bundes, Deutscher Zweig, Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark. |
Heft 1 | Stuttgart, im März 1928 Bahá (Herrlichkeit) |
8. Jahrgang |
Inhalt: Tablet an Ahmad. — Vorfrühling. — Beantwortete Fragen. — Die wesentliche Einheit der Religionen. — Die Grundzüge allgemeiner Religionen.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.
Wenn ein toter Körper ins Meer geworfen wird, so tragen ihn die Wellen wieder ans Ufer
zurück. So ist es auch mit dem Ozean der Wahrheit — er wird keinen toten Körper annehmen;
wenn ein Gläubiger der Gnade Gottes nicht teilhaftig wird, so werden die Wogen rollen bis sie ihn
wieder ausgestoßen haben.
'Abdu'l-Bahá. (aus The Loom of Reality.)
Worte 'Abdu'l-Bahás.
Die Liebe bedeutet die höchste Ehre für alle Nationen der Erde. Vor den Menschen, in denen Gott die Liebe sichtbar werden läßt, neigen sich die erhabenen Heerscharen, die Engel des Himmels und die Legionen im Reiche des Herrlichsten. Wenn aber die Herzen der Menschen bar der göttlichen Kraft — der Liebe Gottes — sind, so sinken sie auf die niederste Stufe der Sterblichen herab; sie verirren sich in die Wüste des Irrtums und fallen in die Abgründe der Verzweiflung es gibt keine Befreiung für sie. Sie werden wie Gewürm, das sich damit zufrieden gibt, in der Erde zu wühlen.
O Freunde Gottes! Seid Offenbarungen der Liebe Gottes, seid Leuchten der Führung nach allen Horizonten hin, die strahlen im Licht der Liebe und Eintracht.
(aus Bahá’i-Scriptures.)
Tablet an Ahmad.
Er ist der Herrscher, der Allwissende, der Weise!
Wisse, der Vogel des Paradieses singt auf dem Zweig des unsterblichen Baumes seine süßen und heiligen Melodien, er verkündet den Aufrichtigen die Freude der ewigen Vereinigung, ruft die Gläubigen zu der Einheit Gottes und zu der Gegenwart des All-Gütigen, er macht das Volk des Dienstes mit dieser Botschaft bekannt, die von Gott, dem Mächtigen, dem Herrlichen, dem Unvergleichlichen, ausging, und führt die Liebenden zu dem heiligsten Sitz und zu dieser strahlenden Schönheit.
Wahrlich, Er ist jene Größte Schönheit, die erwähnt ist in den Büchern der Boten Gottes. Durch Ihn ist die Weisheit jeden Befehls geoffenbart. Wahrlich, Er ist der Baum des Lebens, beladen mit den Früchten Gottes, des Erhabenen, des Mächtigen, des Großen!
O Ahmad! Sei du ein Beweis, daß wahrlich, Er Gott ist und daß außer Ihm kein Gott ist, dem Beschützer, dem Gnädigen, dem Mächtigen. Und daß Ali (d.h. der Báb) der Eine Wahre, von Gott Gesandte, ist, Dessen Befehl wir alle gehorchen.
Sage: O Volk! Beachte die Verse, die im Beyan an dich gerichtet sind von Gott dem Herrlichen, dem All-Weisen. Wahrlich, Er ist der König der Botschafter und Sein Buch ist das Mutter-Buch. Würdest du dies doch erkennen!
Dessen ermahnt dich die Taube der Heiligkeit von Seinem Gefängnis aus. Und Seine Pflicht ist es, diese große und klare Botschaft zu künden. Wer es wünscht, sich von diesem Ratgeber abzuwenden, den lasse sich abwenden, und wer es wünscht, den Weg zu seinem Herrn zu wählen, den lasse diesen Weg gehen!
Sage: O Menschen! Wenn ihr diese Verse leugnet, auf welchen Beweis hin glaubt ihr dann an Gott? ihr zeiht ihn sogar der Irrlehre! Nein, beim Ewigen, in Dessen Hand meine Seele ist, ihr könnt es nicht, noch werdet ihr es jemals können, selbst wenn ihr euch alle gegen ihn verschwören würdet.
O Ahmad! Sei nicht unachtsam Meiner Großmut gegenüber, während Ich abwesend bin, und gedenke Mein, solange du lebst. Gedenke gleichfalls Meines Elends und Meiner Verbannung in diesem entfernten Gefängnis und sei standhaft in deiner Liebe zu Mir. Wenngleich die Schwerter der Feinde sich über dir kreuzen und alles im Himmel und auf Erden sich wider dich erheben sollte, darf dein Herz nicht zagen. Sei eine Feuerflamme für Meine Feinde und ein Strom des ewigen Lebens für Meine Geliebten, und zähle nicht zu den Zweifelnden. Sollte Kummer über dich kommen auf Meinem Pfad und Mutlosigkeit in Meinem Namen dich befallen, so sei nicht bestürzt darüber. Vertraue auf Gott deinen Herrn und den Herrn deiner Väter. Denn die Kinder der Welt gehen den Pfad ihrer eigenen Einbildungen. Beraubt der Einsicht, können sie Gott mit den Augen des Geistes nicht wahrnehmen noch mit dem geistigen Ohr Seine Melodie hören. Wir bezeugen dies, gehörtest du doch zu denen, die dies bestätigen. Ihre eitlen Vorstellungen haben ihre Herzen verschleiert und sie vom Pfade Gottes, des Erhabenen, des Großen ferne gehalten. Du aber wisse, daß, wahrlich, jeder, der sich von dieser Schönheit abwendet, sich gleichfalls von den Gottgesandten früherer Zeiten abwendet und abwegig ist vor Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Behüte dies Tablet und denke stets daran, o Ahmad! Sprich es täglich dein Leben lang und sei nicht nachlässig darin.
Wahrlich, Gott hat für jeden, der es spricht, die Belohnung für hundert Märtyrer und für die, welche sie anbeten, in dieser und in der nächsten Welt bestimmt.
Wir haben dich dadurch gnädig begünstigt als ein Zeichen Unserer Barmherzigkeit damit du denen zugehörst, die dankbar sind.
Bei der Gerechtigkeit des Herrn! Wer unglücklich oder bekümmert ist, und dies Tablet mit wahrer Aufrichtigkeit spricht, dem wird Gott seine Traurigkeit nehmen, seinen Schmerz lindern und seine Angst bannen.
Wahrlich, Er ist der Barmherzige, der Mitleidige!
Preis sei Gott, dem Herrn aller Geschöpfe!
Bahá’u’lláh.
Uebersetzt in Haifa im Dezember 1924.
Vorfrühling.
Nun fällt, was modrig ist und alt,
Lenzsonne spielt um die Ruinen
da fängt in jedem kleinsten Spalt
jungfrohes Leben an zu grünen.
und meine Seele tastet scheu,
die lang in Kerkerhaft gelegen,
will nun in Lenz und Sonne neu
die staubbeschwerten Schwingen regen
Und will vergessen, was da war,
all’ ihre Sorgen, die sie grämen,
und an des Frühlings Festaltar
dem neuen Leben sich vermählen.
M-L. Fack.
Der Suezkanal.
Beantwortete Fragen.
Worte 'Abdu'l-Bahás
gesammelt und aus dem Persischen übersetzt von Laura Clifford Barney. Autorisierte und überprüfte deutsche Uebersetzung von Wilhelm Herrigel.
(Fortsetzung.)
Dritter Teil.
Ueber den Ursprung, die Fähigkeiten und die Zustände des Menschen.
46. Kapitel.
Die Wandlung der Gattungen.
Wir kommen nun zu der Frage der Wandlung der Gattungen und ihrer organischen Entwicklung; d.h. wir wollen einmal erforschen, ob der Mensch vom Tier abstammt.
Diese Theorie hat Glauben gefunden bei einigen europäischen Gelehrten und es ist
jetzt sehr schwer, ihre Unrichtigkeit begreiflich zu machen, aber in der Zukunft wird
dies völlig klar werden und die europäischen Philosophen werden die Unrichtigkeit
dieser Theorie selbst einsehen, denn sie ist wahrlich ein offenbarer Irrtum. Wenn
der Mensch mit scharfem Blick die Lebewesen betrachtet, die verschiedenen
Daseinsformen aufmerksam prüft und sich den Zustand, die Organisation und die
Vortrefflichkeit der Welt besieht, dann wird er
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überzeugt sein, daß es in der Welt keine Möglichkeit gibt, etwas Wunderbareres zu
schaffen, als das, was schon vorhanden ist. Denn sowohl alle vorhandenen irdischen und
himmlischen Wesen, als auch dieser grenzenlose Raum und alles, was in ihm ist, wurden
erschaffen, organisiert, zusammengesetzt, angeordnet und so vollkommen gestaltet, wie
sie überhaupt sein können. Das Weltall ist in keiner Weise unvollkommen, und wenn
alle Geschöpfe reine Intelligenz würden, die sich für immer und ewig widerspiegelte,
so könnten sie sich doch nichts ausdenken, das besser wäre als das, was schon vorhanden
ist.
Wäre die Schöpfung in der Vergangenheit nicht mit äußerster Vollkommenheit geschmückt worden, dann wäre das Dasein mangelhaft und sinnlos, und in diesem Fall würde die Schöpfung unvollkommen sein. Diese Frage muß mit größter Aufmerksamkeit und tiefstem Nachdenken betrachtet werden. Denket euch z.B., daß die Welt im allgemeinen dem Körper eines Menschen ähnelt. Wenn nun diese Zusammensetzung, Organisation, Vollkommenheit, Schönheit und Vollständigkeit des menschlichen Körpers anders wäre, so wäre dies absolute Unvollkommenheit. Wenn wir uns nun eine Zeit denken, in der der Mensch dem Tierreich angehörte oder da er nur ein Tier war, so müßte einmal das Dasein unvollkommen gewesen sein, denn es hätte keinen Menschen gegeben, und dies Hauptglied, das für den Körper der Welt das bedeutet, was das Gehirn und der Geist beim Menschen ist, hätte gefehlt. Die Welt wäre in diesem Fall ganz unvollkommen gewesen. Es ist somit bewiesen, daß die Vollkommenheit des Daseins zerstört wäre, sofern es eine Zeit gegeben hätte, in der der Mensch dem Tierreich angehörte; denn der Mensch ist das höchste Glied dieser Welt, und ein Körper ohne dies Hauptglied wäre sicherlich unvollkommen. Wir betrachten den Menschen als das höchste Glied, weil er unter den Geschöpfen der Gipfel aller vorhandenen Vorzüglichkeit ist. Wenn wir vom Menschen sprechen, so meinen wir einen vollkommenen Menschen, das vornehmste Individuum in der Welt, das der Gipfel geistiger und sichtbarer Vortrefflichkeit ist, und das gegenüber den andern Wesen ist, wie die Sonne. Sich vorzustellen, daß die Sonne zu einer Zeit nicht vorhanden, sondern nur ein einfacher Planet war, würde bedeuten, daß zu einer solchen Zeit die Verhältnisse des Daseins in Unordnung waren. Wie kann man sich aber etwas derartiges denken? Für einen Menschen, der die Welt der Existenz prüft, genügt das bis jetzt Gesagte.
Es gibt aber noch einen anderen, feinsinnigeren Beweis: Von den unendlich vielen Wesen, die die Welt bewohnen, sei es der Mensch, das Tier, die Pflanze oder das Mineral, ist bekanntlich jedes einzelne aus Elementen zusammengesetzt. Ohne Zweifel rührt die in allen Wesen vorhandene Vollkommenheit von der von Gott geschaffenen Zusammensetzung der Elemente her, von ihrer angemessenen Mischung, ihrer richtigen Quantität, der Art und Weise ihrer Zusammensetzung und ihrer wechselseitigen Einwirkung aufeinander. Denn alle irdischen Wesen sind gleich einer Kette miteinander verbunden, und gegenseitige Hilfe, Beistand und Einfluß gehören zu den Eigentümlichkeiten der Dinge, sie sind die Ursachen des Daseins, der Entwicklung und des Wachstums der erschaffenen Wesen. Es ist einwandfrei bewiesen, daß jedes Wesen allgemein auf andere Wesen einwirkt, entweder direkt oder indirekt. Die Vollkommenheit der einzelnen Wesen also, d.h. die Vollkommenheit, die ihr innerhalb oder außerhalb des Menschen in Bezug auf ihre Atome, Glieder oder Kräfte seht, ist letzten Endes der Zusammensetzung der Elemente, ihrem Maß, ihrem Ausgleich der Art ihrer Verbindung und ihrem gegenseitigen Einfluß zuzuschreiben. Wenn diese alle miteinander verbunden sind, dann tritt der Mensch in die Existenz.
Da nun die Vollkommenheit des Menschen ganz und gar von der Zusammensetzung
der Atome, der Elemente, von ihrem richtigen Maß, der Art ihrer Verbindung,
dem gegenseitigen Einfluß und der Wirkung der verschiedenen Wesen abhängt, so muß
der Mensch, da er vor zehn- oder hunderttausend Jahren aus diesen irdischen
Elementen in derselben Art der Zusammensetzung, mit demselben Gleichmaß, derselben
Mischung und demselben Einfluß der andern Wesen hervorging, als genau derselbe
Mensch existiert haben, wie heute. Dies ist klar und bedarf keiner weiteren Besprechung.
Wenn nun diese Elemente des Menschen in Tausendmillionen Jahren in demselben besonderen
Verhältnis miteinander verbunden und nach derselben Methode gemischt sind
und denselben Einfluß von andern Wesen erfahren, dann wird genau derselbe Mensch
vorhanden sein wie heute. Wenn man z.B. nach 100 000 Jahren Oel, Feuer, eine Lampe,
einen Docht und einen Brenner zusammensetzt
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und miteinander in Verbindung bringt, so wird man ebenso sicher eine gleich
leuchtende Lampe haben, wie heute.
Dies sind folgerichtige und einleuchtende Tatsachen. Aber die Beweise der erwähnten europäischen Philosophen sind zweifelhaft und nicht überzeugend.
47. Kapitel.
Das Weltall ist ohne Anfang.
Der Ursprung des Menschen.
Wisset, daß es eine der schwerverständlichsten Wahrheiten ist, daß die Welt, d.h. dies unendliche Weltall, keinen Anfang hat.
Wir erklärten bereits, daß die Namen und Eigenschaften der Gottheit schon von selbst das Vorhandensein der Geschöpfe erfordern. Obwohl dies Thema schon ausführlich erklärt wurde, wollen wir doch noch einmal kurz darüber sprechen. Bedenket, daß ein Erzieher ohne Schüler undenkbar ist, daß ein König ahne Untertanen unmöglich wäre, daß es keinen Meister ohne Jünger, keinen Schöpfer ohne Geschöpfe, keinen Versorger ohne Versorgungsbedürftige geben kann, und alle die göttlichen Namen und Eigenschaften erfordern das Vorhandensein der Lebewesen. Wenn wir uns eine Zeit denken könnten, in der es kein Lebewesen gegeben hätte, so würde dieser Gedanke gleichbedeutend sein mit der Verleugnung der Natur Gottes. Außerdem kann gänzliche Nichtexistenz nicht zur Existenz werden. Wenn die Lebewesen wirklich nicht existiert hätten, so wäre die Existenz nicht zutage getreten. Da nun das Wesen der Einheit, d.h. die Existenz Gottes immerwährend und ewig ist oder mit andern Worten, weder Anfang noch Ende hat, so ist es gewiß, daß diese Welt, dieses endlose Universum ebenfalls weder Anfang noch Ende hat. Es mag zwar vorkommen, daß ein Teil des Weltalls, z.B. ein Himmelskörper ins Dasein tritt oder ein anderer sich auflöst, aber die andern unzählbaren Himmelskörper existieren doch, das Weltall wird dadurch nicht außer Ordnung gebracht oder zerstört, im Gegenteil, die Existenz ist ewig und fortdauernd. Da nun jeder Himmelskörper einen Anfang hat, so muß notwendigerweise auch jeder ein Ende haben, weil jede Zusammensetzung, ob in größerem oder kleinerem Maße, unbedingt der Auflösung unterworfen ist. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die einen schneller und die andern langsamer aufgelöst werden; unmöglich aber ist es, daß etwas Zusammengesetztes nicht wieder aufgelöst werden sollte.
Es ist daher notwendig für uns, jede wichtige Daseinsform in ihrem Anfang zu kennen, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß der Ursprung im Anfang ein und derselbe war; der Ursprung aller Zahlen ist die Zahl 1 und nicht 2. Es ist also klar, daß es im Anfang nur einen Urstoff gab und daß dieser eine Urstoff in jedem Element mit verschiedenem Ausdruck in Erscheinung trat. Auf diese Art wurden die verschiedenen Formen hervorgebracht, und diese verschiedenen Ausdrucksformen wurden — nachdem einmal erschaffen — fortdauernd, und jedes Element besaß seine ganz besonderen Merkmale. Aber diese Fortdauer war noch keine endgültige, und erst nach sehr langer Zeit erlangte sie Verwirklichung und wahre Existenz, als diese Elemente zusammengesetzt, organisiert und in unendlich viele Formen gebracht wurden, oder mit andern Worten: aus der Zusammensetzung und Verbindung dieser Elemente gingen unzählbare Wesen hervor.
Diese Zusammensetzung und Anordnung wurde durch die Weisheit Gottes und Seine
urewige Macht in einer natürlichen Organisation zustandegebracht, die entsprechend
der Weisheit und gemäß einem allumfassenden Gesetz gebildet und mit der größten
Kraft zusammengestellt wurde. Daraus geht klar hervor, daß es die Schöpfung Gottes ist
und keine zufällige Zusammensetzung und Anordnung. Dies ist der Grund, warum aus
jeder natürlichen Zusammensetzung ein Lebewesen ins Dasein kommen, aber aus einer
zufälligen Zusammensetzung kein Lebewesen entstehen kann. Wenn z.B. ein Mensch
nach seinem eigenen Sinn und Verstand einige Elemente sammelt und sie miteinander
verbindet, so wird dadurch kein Lebewesen entstehen, denn dies System ist unnatürlich.
Dies ist die Antwort auf die häufige Frage, warum es uns, da doch die Lebewesen durch
die Zusammensetzung und Verbindung der Elemente erschaffen wurden, nicht möglich
sei, durch Zusammensetzen und Verbinden der Elemente ein lebendiges Wesen zu schaffen.
Eine solche Voraussetzung ist falsch, denn der Ursprung dieser Zusammensetzung
ist von Gott. Gott ist es, der die Verbindung herstellt, und da dies nach dem natürlichen
System geschieht, so wird von jeder Zusammensetzung ein Lebewesen hervorgebracht
und eine Daseinsform verwirklicht. Eine von Menschen gemachte Zusammensetzung
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bringt kein Lebewesen hervor, weil der Mensch nichts zu erschaffen vermag.
Kurz, wir sagten, daß von der Zusammensetzung und Verbindung der Elemente, ihrer Trennung, ihrem Verhältnis zueinander und von der Wirkung anderer Wesen auf sie zahllose Gestaltungen, endlose Daseinsformen und unzählbare Wesen hervorgehen. Es ist aber klar, daß diese irdische Welt in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht auf einmal in Erscheinung trat, sondern daß dies allumfassende Dasein nach und nach durch verschiedene Phasen ging, bis es mit seiner gegenwärtigen Vollkommenheit geschmückt wurde. Die vielseitigsten Daseinsformen können verglichen werden mit den einfachsten, denn alle sind einem Natursystem, einem universalen Gesetz und einer göttlichen Organisation unterworfen. So werdet ihr finden, daß die kleinsten Atome im Weltensystem den größten Körpern des Weltalls ähnlich sind. Es ist klar, daß sie von einem Laboratorium der Macht aus, unter einem Natursystem und einem universalen Gesetz stehend, ins Dasein traten; deshalb können sie miteinander verglichen werden. Der Embryo des Menschen wächst und entwickelt sich allmählich im Schoße der Mutter, er weist verschiedene Formen und Zustände auf, bis er den Grad der Reife und der vollkommenen Schönheit erlangt und in einer vollendeten Gestalt und höchster Anmut geboren wird. So war auch der Same dieser Blume, die ihr hier seht, im Anfang sehr unbedeutend und klein; er wuchs und entwickelte sich aber im Schoße der Erde, und nachdem er verschiedene Formen angenommen hatte, kam er endlich in seinem jetzigen Zustand in höchster Frische und Lieblichkeit zur Entfaltung.
Ebenso ist es klar, daß auch dieser Erdball in ähnlicher Weise einmal seine Existenz erlangte; er wuchs und entwickelte sich im Schoße des Weltalls, ging durch verschiedene Formen und Zustände, bis er allmählich seine gegenwärtige Vollkommenheit erlangte, geschmückt wurde mit unzählbaren Wesen und als eine vollendete Organisation erschien.
Es ist also klar, daß der sich im Keimzustand befindende Urstoff und die vermengten und zusammengesetzten Elemente, als dessen früheste Formen, allmählich wuchsen und sich während vieler Zeitalter und Zyklen entwickelten; er ging von einer Gestalt in eine andere über, bis er durch die höchste Weisheit Gottes in dieser Vollkommenheit, in solchem System, solcher Organisation und solcher Einrichtung erschien.
Laßt uns zum Thema zurückkehren. Wir wissen, daß der Mensch im Anfang seiner Existenz und im Schoße der Erde gleich dem Embryo in dem Schoße der Mutter allmählich wuchs, sich entwickelte und von einer Form in eine andere überging, bis er in solcher Schönheit und Vollkommenheit, mit solcher Kraft und Macht in die Erscheinung trat. Es ist gewiß, daß er nicht, von Anfang an diese Lieblichkeit, diese Anmut und Schönheit besaß und daß er nur stufenweise diese Gestalt, diese Schönheit und diesen Liebreiz erlangte. Es besteht kein Zweifel darüber, daß der menschliche Embryo weder auf einmal in dieser Form erschien, noch von Anfang an die Offenbarung der Worte wurde: „Preis sei Gott, dem besten der Schöpfer“. Allmählich ging er durch verschiedene Zustände und Formen, bis er diese Gestalt und Schönheit, solche Vollendung, Anmut und Lieblichkeit erlangte. Somit ist es gewiß, daß die Entwicklung und das Wachstum des Menschen auf dieser Erde bis zu seiner gegenwärtigen Vollendung dem Wachstum und der Entwicklung des Embryo im Schoße der Mutter ähnlich ist; stufenweise ging er von Zustand zu Zustand, von Form zu Form, von einer Gestalt zur andern, denn dies entspricht dem Erfordernis des universalen Systems und dem göttlichen Gesetz.
Das heißt, der Embryo geht durch verschiedene Zustände und zahlreiche Stufen,
bis er die Gestalt erreicht, in der er die Worte offenbart: „Preis sei Gott, dem besten
der Schöpfer“, und bis die Zeichen der Vernunft und der Reife zum Vorschein kommen.
So ist es auch mit des Menschen Dasein auf dieser Erde; zwischen dem Anfang und
der Zeit, in der er seinen jetzigen Zustand und seine jetzige Gestalt erreicht,
liegt natürlich und notwendigerweise eine lange Spanne Zeit, und er ging durch viele Stufen,
bis er den jetzigen Zustand erreichte. Aber trotzdem bildet der Mensch vom Beginn seines
Daseins an eine Gattung für sich. Der Embryo des Menschen hat im
Schoße der Mutter zuerst auch eine fremdartige Gestalt, dann aber geht dieser Körper
von Form zu Form, von Zustand zu Zustand, bis er in äußerster Schönheit und
Vollendung erscheint. Aber wenn er sich auch in dieser fremdartigen Form und
gänzlich verschieden von seiner gegenwärtigen Gestalt im Mutterleib befindet,
ist er dennoch der Embryo der höchsten Gattung und nicht der eines Tieres; seine Gattung und
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seine Wesensart unterliegt keiner Veränderung. Wenn wir auch zugeben, daß
Spuren verschwundener Organe vorhanden sind, so ist dies noch kein Beweis von einer
Wandelbarkeit und Nicht-Ursprünglichkeit der Gattungsart. Dies beweist vielmehr, daß
die Form, die Gestalt und die Organe des Menschen Fortschritte gemacht haben. Der
Mensch war von jeher eine besondere Gattung, ein Mensch und kein Tier. Wenn nun
der Embryo des Menschen im Schoße der Mutter von einer Form in die andere übergeht,
so daß die zweite Form der ersten in keiner Weise mehr gleicht, ist dies dann ein
Beweis, daß sich die Gattung verändert hat? Beweist dies, daß er zuerst ein Tier war und
daß seine Organe sich entwickelten, bis er ein Mensch wurde? O nein! Wie kindisch
und unbegründet ist dieser Gedanke! Die Ursprünglichkeit der menschlichen Gattung
und die Fortdauer der menschlichen Natur steht absolut fest.
48. Kapitel.
Der Unterschied zwischen Mensch und Tier.
Wir haben schon mehrmals über das Thema vom Geist gesprochen, aber unsere Worte wurden nicht niedergeschrieben.
Wisset, daß die Menschen in Bezug auf dies Thema zweierlei Meinungen vertreten. Die einen leugnen den Geist und sagen, der Mensch ist auch eine Tiergattung, sie sagen: teilen wir nicht dieselben Kräfte und Sinne mit den Tieren? Aus diesen einfachen, einzelnen Elementen des Weltalls sind zahllose Verbindungen entstanden, und aus jeder einzelnen Verbindung ist ein Lebewesen hervorgegangen. Unter diesen Lebewesen finden wir den Besitzer des Geistes, der Kräfte und der Sinne den Menschen. Je vollkommener die Zusammensetzung ist, desto edler ist das Lebewesen. Die Zusammensetzung der Elemente im Körper des Menschen ist vollkommener als die Zusammensetzung irgend eines andern Lebewesens; sie ist gemischt in einem absoluten Gleichmaße und ist daher edler und vollkommener als die andern. „Der Mensch“, so sagen sie, „hat auch keine besondere Kraft oder einen besonderen Geist, der den Tieren abgeht, die Tiere besitzen empfindsame Körper, aber der Mensch hat in einigen seiner Kräfte mehr Empfindung, wenn auch das Tier in den äußeren Sinnen, wie Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, dem Tastsinn und sogar mit einigen inneren Kräften, wie dem Gedächtnis, reichlicher ausgestattet ist als der Mensch.“ Sie sagen ferner: „Das Tier hat Verstand und Wahrnehmungsvermögen.“ Alles, was sie zugeben, ist, daß die Vernunft des Menschen eine größere ist.
Dies ist die gegenwärtige Anschauung gewißer Gelehrter, dies sind ihre Worte, ihre Vermutungen und ihre eingebildeten Voraussetzungen. Mit nachdrücklichen Beweisen führen sie die Abstammung des Menschen auf das Tier zurück und sagen, es habe einmal eine Zeit gegeben, in der der Mensch ein Tier war; die Gattung habe sich verändert und sei allmählich vorgeschritten, bis sie den gegenwärtigen Zustand des Menschen erreicht habe.
Die Theologen aber sagen: Nein, dies ist nicht so. Obschon der Mensch gewisse Kräfte und Sinne mit dem Tier gemein hat, so wohnt ihm doch eine außerordentliche Macht inne, die dem Tier fehlt. Die Wissenschaften, Künste, Erfindungen und Entdeckungen, sowie das Handels- und Verkehrswesen sind die Resultate dieser geistigen Macht. Dies ist eine Macht, die alle Dinge umfaßt, ihr Wesen begreift, alle verborgenen Geheimnisse der Schöpfung entdeckt und sie durch diese Kenntnis beherrscht. Durch diese Macht nimmt der Mensch sogar Dinge wahr, die für die Sinne gar nicht existieren, wie z.B. geistige Wirklichkeiten, die nicht durch die Sinne wahrgenommen werden können und die keine sichtbare Existenz haben, weil sie unsichtbar sind. So nimmt er durch diese Macht der Vernunft den Geist, die Eigenschaften, den Charakter, die Liebe und den Kummer des Menschen wahr, die geistige Wirklichkeiten sind. Die heute vorhandenen Wissenschaften, Künste, Gesetze und zahllosen Erfindungen des Menschen waren auch einmal unsichtbare, unentdeckte, verborgene Geheimnisse; allein diese allumfassende menschliche Macht entdeckte sie und brachte sie aus dem Reich des Unsichtbaren in das Reich des Sichtbaren. So waren die Telegraphie, die Photographie, der Phonograph, ja alle Erfindungen und herrlichen Künste einmal verborgene Geheimnisse, aber der menschliche Geist entdeckte sie und brachte sie vom Reich des Unsichtbaren in das Reich des Sichtbaren. Es gab sogar eine Zeit, da die Eigenschaften dieses Eisens, das ihr hier seht wie überhaupt aller Metalle — verborgene Geheimnisse waren; der Mensch entdeckte dies Metall und verarbeitete es in diese verwendbare Form. Ebenso verhält es sich mit allen andern unzählbaren Entdeckungen und Erfindungen des Menschen.
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Dies können wir nicht leugnen. Wenn wir sagen, dies seien Auswirkungen solcher Kräfte,
die die Tiere auch haben, also der Kräfte der körperlichen Sinne, so müssen wir
bedenken, daß die Tiere in Bezug auf diese Kräfte dem Menschen sogar überlegen sind.
Die Sehkraft der Tiere ist z.B. schärfer als die des Menschen. Ebenso verhält es sich
mit ihrem Geruch- und Tastsinn. Kurz, in den Kräften, welche Tiere und Menschen
zugleich besitzen, ist das Tier oft das Stärkere. Betrachten wir z.B. das Gedächtnis.
Wenn man eine Taube von hier in ein fernes Land bringt und sie dort in Freiheit setzt,
wird sie wieder zurückkehren, denn sie erinnert sich des Weges. Nimmt man einen
Hund von hier mit in das Innere Asiens und setzt ihn dort in Freiheit, so wird er hierher
zurückkommen und niemals den Weg verfehlen. Ebenso verhält es sich mit den andern
Kräften, wie Gesicht, Gehör, Geschmack, Geruch und Gefühl.
Wenn also der Mensch nicht eine Kraft besäße, die andersartig ist als die Fähigkeit der Tiere, so müßten die Tiere den Menschen in den Erfindungen und Entdeckungen überlegen sein. Folglich hat der Mensch eine Gabe, die das Tier nicht besitzt. Das Tier gewahrt wohl durch die Sinne wahrnehmbare Dinge, aber geistige Tatsachen nimmt es nicht wahr. Das Tier sieht z.B., was im Bereich seines Gesichtsfelds liegt, aber was außerhalb desselben liegt, kann es nicht wahrnehmen und sich nicht vorstellen. Es ist dem Tier nicht möglich zu verstehen, daß die Erde die Gestalt einer Kugel hat. Aber der Mensch schließt von Bekanntem auf Unbekanntes und entdeckt unbekannte Wahrheiten. Er sieht z.B. die Krümmung des Horizonts und folgert daraus, daß die Erde rund sein muß. Der Polarstern steht z.B. in Akka im 33. Grad, d.h. er steht im Winkel von 33 Grad über dem Horizont. Wenn nun jemand dem Nordpol entgegengeht, so wird sich der Polarstern bei jedem Grad, den der Mensch weiterwandert, je um einen Grad am Horizont erheben, d.h. der Polarstern wird zunächst im 34. Grad, dann im 40. dann im 5o., dann im 60. und im 70. Grad stehen. Wenn der Wanderer den Nordpol erreicht, dann beträgt die Höhe des Polarsterns 90 Grad oder mit andern Worten, der Polarstern steht im Zenit, d.h. direkt über dem Haupt des Wanderers. Dieser Polarstern und seine Steigung sind wahrnehmbare Dinge; je weiter jemand in der Richtung des Nordpols wandert, desto höher steigt der Polarstern. Aus diesen beiden bekannten Tatsachen wurde etwas unbekanntes abgeleitet, nämlich die Tatsache, daß der Horizont gekrümmt ist. Dies bedeutet, daß der Horizont an jedem Grad der Erde ein anderer ist. Der Mensch nimmt dieses wahr und beweist daraus etwas unsichtbares, nämlich die Rundung der Erde. Etwas derartiges wahrzunehmen ist für die Tiere unmöglich: Ebensowenig kann das Tier verstehen, daß die Sonne der Mittelpunkt ist, um den sich die Erde dreht. Das Tier ist durch seine Sinne beherrscht und durch sie gebunden; alles, was über die Sinne hinausgeht, und nicht durch diese wahrnehmbar ist, kann das Tier niemals verstehen, obwohl seine physischen Sinne denen des Menschen überlegen sind. Es ist daher bewiesen, und dargetan, daß dem Menschen eine Entdeckungskraft innewohnt, durch die er sich von den Tieren unterscheidet, und dies ist der Geist des Menschen.
Preis sei Gott! Der Mensch neigt immer zum Höheren hin und sein Sehnen ist erhaben. Sein Wunsch ist stets, eine höhere Welt zu erreichen als die, welche er bewohnt, und sich in eine höhere Sphäre zu erheben, als die, in der er lebt. Der Wunsch, sich zu erheben, ist eines der Merkmale des Menschen. Ich bin erstaunt, daß sich einige Philosophen in Amerika und Europa damit begnügen, sich allmählich der Tierwelt zu nähern und somit rückwärts zu gehen, denn das Ziel des Daseins muß Erhöhung sein. Wenn ihr aber zu einem solchen Philosophen sagen würdet: „Du bist ein Tier", so würde er doch sich außerordentlich beleidigt fühlen und zornig sein.
Welch’ ein Unterschied zwischen dem Menschenreich und dem Tierreich, zwischen
der erhabenen Stufe des Menschen und dem Tiefstand des Tieres, zwischen der
Vortrefflichkeit des Menschen und der Unvollkommenheit des Tieres, zwischen dem Licht
des Menschen und der Finsternis des Tieres, zwischen der Herrlichkeit des Menschen
und der Niedrigkeit des Tieres! Ein zehnjähriges Araberkind kann zwei- oder dreihundert
Kamelen in der Wüste gebieten und sie mit seiner Stimme vorwärts und rückwärts lenken.
Ein schwacher Hindu kann einen gewaltigen Elefanten bändigen, so daß er zu
einem der gehorsamsten Diener wird. Alle Dinge sind der Hand des Menschen unterworfen;
er kann der Natur widerstehen, während alle anderen Geschöpfe an die Natur
gebunden sind, keines von ihnen kann ihren Gesetzen entrinnen. Der Mensch allein kann
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der Natur widerstehen. Die Anziehungskraft der Erde zieht die Körper an sich,
der Mensch aber entfernt sich von ihr mit Hilfe mechanischer Instrumente und schwingt
sich in die Lüfte. Die Natur des Menschen verbietet ihm, die Meere zu durchkreuzen,
der Mensch aber baut sich Schiffe und durchquert damit den großen Ozean. Dies
Thema ist geradezu unerschöpflich. Der Mensch reist z.B. mit Maschinen über Berge und
durch Wüsten und sammelt an vielen Orten Nachrichten über die Ereignisse
des Ostens und des Westens. Dies alles steht im Gegensatz zu seiner Natur. Das
Meer in seiner Größe kann auch nicht um ein Atom von den Naturgesetzen abweichen,
die Sonne in all’ ihrer Pracht kann auch nicht um die Größe einer Nadelspitze den
Gesetzen der Natur entrinnen und kann niemals die Lebensbedingungen, Zustände,
Eigenschaften, Bewegungen und die Natur des Menschen begreifen.
Worin besteht alsdann die Kraft dieses kleinen Menschenkörpers, die dies alles umfaßt? Worin besteht diese herrschende Macht, durch die der Mensch sich alle Dinge unterwirft? Es bleibt uns aber noch eine weitere Frage: Die modernen Philosophen sagen: „Wir haben noch nie den Geist im Menschen gesehen und trotz unseres Suchens im Innern des menschlichen Körpers haben wir keine geistige Macht wahrgenommen. Wie können wir uns eine Kraft denken, die nicht durch die Sinne wahrnehmbar ist?“ Die Theologen erwidern: "Der Geist des Tieres kann auch nicht durch die Sinne wahrgenommen werden, auch ist er nicht zu erkennen an seinen Körperkräften. Womit wollt ihr das Vorhandensein des Tiergeistes beweisen? Ohne Zweifel beweist ihr aus dem Verhalten des Tieres, daß ihm eine Kraft innewohnt, die die Pflanze nicht hat, und dies ist die Macht der Sinne; d.h. das Gesicht, das Gehör und die andern Kräfte. Daraus schließt ihr, daß es einen Tiergeist gibt. Ebenso beweisen wir durch die erwähnten Zeichen, daß es einen Menschengeist gibt. Da nun das Tier Zeichen äußert, die nicht in der Pflanze vorhanden sind, so sagt ihr, diese Macht der Empfindung ist dem Tiergeist eigen. So seht ihr auch am Menschen Zeichen, Kräfte und vortreffliche Eigenschaften, die das Tier nicht hat, und ihr folgert daraus, daß dem Menschen eine Macht innewohnt, die das Tier nicht besitzt.“
Wenn wir alles leugnen wollten, was nicht durch die Sinne wahrnehmbar ist, dann müßten wir wesentliche Kräfte leugnen, die unzweifelhaft vorhanden sind. Der Aether ist z.B. nicht durch die Sinne wahrnehmbar, obgleich er unzweifelhaft vorhanden ist. Die Anziehungskraft ist nicht durch die Sinne wahrnehmbar, obgleich sie doch existiert. Woran erkennen wir, daß diese Dinge bestehen? An ihren Wirkungen. So entsteht Licht durch die Schwingungen des Aetherstoffes, und aus diesen Schwingungen schließen wir auf das Vorhandensein des Aethers.
Die wesentliche Einheit der Religionen.
Von Maye Harvey Gift. Deutsche Uebersetzung von Karl Klitzing, Schwerin.
Alle Göttlichen Religionen beruhen auf derselben Grundlage. Vielleicht kann im Hinblick auf das Vielerlei der Glaubensbekenntnisse u. den religiösen Wettstreit, der uns in den Abgrund zu stürzen droht, keine epochemachendere Erklärung abgegeben werden. Und dabei finden wir bei näherer Betrachtung diese Tatsache so einfach und zugleich wesentlich, daß wir uns wundern müssen, warum diese Erkenntnis dem Denken und Handeln der Welt so lange vorenthalten blieb. Die logischen und geistigen Beweise dieser Wahrheit sind so klar und einleuchtend, wie es das Sonnenlicht dem aufmerksamen Sucher nach Wirklichkeit ist.
In früheren Zeiten haben wir keinen Einblick in die heiligen Schriften anderer Völker gehabt. Wir haben nur ihre trennenden Dogmen und uns fremde, veraltete Gebräuche, die der geistigen Bedeutung und Kraft völlig entbehren, wahrgenommen. Diese haben wir mit den reinen Lehren Jesu Christi verglichen, und die Schlußfolgerung hat uns gezeigt, wie weit jene von der Wahrheit entfernt sind. Ein Vergleich der heiligen Schriften der ursprünglichen Lehren einer jeden Religion, oder eine Prüfung, bis zu welchem Grade jede Richtung ihren ursprünglichen, göttlichen Vorbildern nachgefolgt ist, zeigt uns ein Vergleich der gemeinsamen fundamentalen Lehre. Max Müller’s Uebersetzung und Sammlung der "Heiligen Bücher des Ostens" hat jetzt alle heiligen Schriften jeder Religion zu unserer Verfügung gestellt. Die Schlußfolgerung, zu welcher diese Studien ihn brachten, ist in einem Brief an einen amerikanischen Freund enthalten, er schreibt:
„Die wahre Religion der Zukunft wird die Erfüllung aller Religionen der Vergangenheit sein.
Die wahre Religion der Menschheit ist das, was in dem Kampfe der Geschichte als der unzerstörbare
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Teil von allen sogenannten falschen Religionen der Menschheit übrig bleibt. Es gab nie einen
falschen Gott, noch gab es je eine falsche Religion, es sei denn, daß Du ein Kind einen falschen
Menschen nennen kannst. Alle Religionen hatten, soweit ich sie kenne, den gleichen Zweck. Alle waren
Glieder einer Kette, die Himmel und Erde mit einander verbindet, und die von ein und derselben
Hand gehalten wird und schon immer gehalten wurde. Alles hier auf Erden strebt nach Recht,
Wahrheit und Vollkommenheit. Nichts kann hier auf Erden je ganz recht, ganz wahr und ganz
vollkommen sein, nicht einmal das Christentum, oder das, was jetzt Christentum genannt wird,
solange es alle anderen Religionen ausschließt, anstatt das, was Gutes in jeder ist, zu lieben
und anzunehmen.
Diese Schlußfolgerung steht mit den klaren Worten der verschiedenen heiligen Schriften in Uebereinstimmung, denn diese bringen übereinstimmend ihre Einheit zum Ausdruck. Dies allein schon liefert einen völlig hinreichenden Beweis. Aus einer vorzüglichen Sammlung führen wir hier einige Beispiele an:
Buddhistische Schriften: „Der, welcher an Gott glaubt, verehrt jede Form des religiösen Glaubens.“
Hebräische Schriften: „Was der Herr von dir verlangt, ist, stets gerecht zu handeln und Barmherzigkeit zu üben und demütig vor deinem Gott zu wandeln."
Evangelien: „Wer immer den Willen Meines Vaters, der im Himmel ist, tut, derselbe ist Mein Bruder, Meine Schwester und Meine Mutter.“
„Als Wahrheit empfinde ich, daß Gott nicht auf die Person Rücksicht nimmt; sondern in jeder Nation ist der, welcher Ihn verehrt und redlich arbeitet, Ihm angenehm.“
Chinesische Sprüche: "Der rechtgläubige Mensch sieht alle Glaubensbekenntnisse als die Verkörperung derselben Wahrheiten an. Der engherzige Mensch nimmt nur ihre Verschiedenheiten wahr.“
Hindu-Sprüche: "Der Altar blüht auf viele Arten, aber aller Gottesdienst ist gleich. Die Glaubenslehren sind verschieden, aber es gibt nur einen Gott.“
Koran: "Wir glauben an Gott, und daran, was uns vom Himmel herniedergesandt worden ist, und daran, was auf Abraham, Ismael, Isaak, Jakob u. auf die Stämme hernieder gesandt worden ist, und daran, was den Propheten von ihrem Herrn eingegeben wurde. Keinen Unterschied machen wir zwischen einem von ihnen.
Ein Tag wird kommen, an dem die Lichter der Einheit die ganze Welt erleuchten werden.“
Bahá’i-Schriften: „Der Inhalt aller Religionen ist die Liebe zu Gott, und dies ist die Grundlage von allen heiligen Lehren.“
Diese Schriften sind noch auf einer zweiten Grundlage mit einander verbunden: der gleiche Gottesdienst und derselbe Gott, obgleich Er mit verschiedenen Namen angerufen wird. Sie stimmen alle darin überein, Ihm Vollkommenheit über alle Vorstellungen des Menschen zuzuschreiben und Ihn über alle Schöpfung zu erheben. Die Abgötter oder Götzen der verschiedenen Religionen sind ihre vergötterten Helden und mit den Propheten und Heiligen der Juden u. Christen zu vergleichen. „Gott stehet in der Gemeinde des Mächtigen. Er richtet unter den Göttern“ ... „Ich habe gesagt: Ihr seid Götter und ihr alle seid Kinder des Allerhöchsten, aber ihr werdet wie Menschen sterben, ...“ (Psalm 82,1 und 6—7.) Und dann das Beispiel des Uebermenschen, namens Paulus, ein Gott, als der Biß der Natter ihm keinen Schaden zufügte. So ist es augenscheinlich, daß die Vielheit der Götter in anderen Religionen nicht ihrem Glauben an Ein Einzigartiges und Höchstes Wesen widerspricht, ebenso wie der Glaube an die Propheten und Heiligen und die Lehre der Dreieinigkeit unserem Glauben an die Einheit und Einzigkeit Gottes nicht widerspricht.
Die Notwendigkeit eines Vermittlers zwischen Gott und dem Menschen — ein Offenbarer der Göttlichkeit — ist eine dritte wesentliche Lehre in allen göttlichen Religionen. Gerade so wie in den verschiedenen Reichen der Natur die niedrige Form die höhere nicht begreifen kann, so ist es mit dem Menschen und Gott. Das Mineral hat kein Mittel, den Einfluß der Sinne, von dem das Tier beherrscht wird, zu begreifen. Das Tier hat keine Möglichkeit, des Menschen Fähigkeit für abstrakte Vernunftschlüsse zu verstehen. So ist auch der Mensch, als Geschöpf, unfähig, den Schöpfer dieses unendlichen Universums zu begreifen. Aus diesem Grunde hat Gott Offenbarungen Seiner Selbst, die in menschlicher Gestalt erscheinen, vorgesehen. Immer, und wo auch in allen Zeitaltern eine wahre Kenntnis von Gott bestanden hat, werden Spuren von einem mächtigen Offenbarer zu finden sein.
Die Thora beschreibt die Stellung von Moses in folgender Weise: „Er (Aaron) soll zu dir statt eines Mundes sein, und du sollest zu ihm statt Gottes sein.“
In den Evangelien ist von Jesus Christus gesagt: „Kein Mensch hat jemals Gott gesehen. Nur der eingeborene Sohn, welcher in dem Schoße des Vaters ist, hat Ihn verkläret.“
Der Koran erklärt den Offenbarer Gottes wie folgt: „Es ist nicht für den Menschen, daß Gott mit ihm sprechen sollte, sondern durch Vision oder hinter einem Schleier, oder Er sendet einen Botschafter, mit Seiner Erlaubnis zu offenbaren, was Er begehret.“
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Es ist unmöglich, von Gott anzunehmen, daß Er Sich durch jemand anders als durch vollkommene
Botschafter offenbart. Diese Botschafter drücken die Vollkommenheit Gottes vollständig aus. Zum
Beispiel, ihr Wissen drückt Sein Wissen aus, ihre Macht, Seine Macht, ihre Herrschaft, Seine
Herrschaft. Daher ist gesagt: "Es gibt keinen Unterschied zwischen Ihm und ihnen, außer dem, daß
sie Seine Geschöpfe sind." (Bahá’i-Schriften.)
Die nicht übereinstimmenden Lehren und die Unvollkommenheit, die einigen von diesen Manifestationen zugeschrieben wird, ist auf verschiedene Weise zu erklären. Sie können von ungenauen und unsachlichen geschichtlichen Berichten herrühren oder von Auslegungen, die durch die Unreife des Zeitalters, in welchem sie offenbart werden, bestimmt sind, oder wiederum von dem Mangel an Unterscheidung zwischen den ewig wesentlichen Lehren, die allen gemein sind, und den zeitlich unwesentlichen Bestimmungen ‚welche sich den Bedürfnissen der Zeit entsprechend verändern. Das Auge der Wirklichkeit sieht alle diese mächtigen Offenbarer der Religion als von einem Gott kommend an, die eine Botschaft bringen; ein jeder hat die Lehre und das Ansehen Seines Vorgängers bestätigt und auf den Einen hingewiesen, der nach Ihn kommen soll, um dieselbe ewige Offenbarung. zu erneuern, nur in den Ausdrücken seines anbrechenden Zeitalters.
Die Geschichte ist voll weiterer Beweise der Einheit der Manifestationen Gottes. Jedes dieser unvergleichlichen Wesen erschien, als die Welt so tief im Materialismus versunken war, daß weder die Weisheit des Weisen, noch die Stärke des Mächtigen sie wiederbeleben konnte. Jeder begründete ohne menschliche Hilfe Seine Sache im Angesicht erbitterten Widerstandes und grausamer Verfolgung. Bahá’u’lláh sagt von diesen Manifestationen: „Kein anderer hat den Mut, in der Welt auf diese Art der Dienstbarkeit zu erscheinen." Jeder war so mit der Macht des heiligen Geistes erfüllt — jener mächtigsten Kraft im Universum, — daß Tausende Seine Lehren trotz Verfolgungen und Märtyrertum freudig annahmen. Jeder bestellte eine Saat, welche sich zu einer mächtigen Zivilisation entwickelte.
Mit der glänzenden hebräischen Zivilisation, die auf der mosai’schen Lehre beruht, sind wir vertraut, wenn auch nicht in dem Grade der Erkenntnis, wie sie die wahrscheinliche Quelle der Inspiration für solche griechischen Philosophen wie Empedokles, Pythagoras und Sokrates war. Der Einfluß von keinem anderen Seiner Zeit ist mit demjenigen von Jesus Christus zu vergleichen. Ihm fehlte jeder politische Einfluß in der despotischen Welt, und dennoch vereinigte Er durch göttliche Macht Griechen und Römer, Aegypter und Assyrier, Chaldäer und Phönizier und legte den Grundstein für die christliche Zivilisation. Die fortgeschrittenen, wissenschaftlichen Geschichtsforscher, wie z. B. Professor T. W. Arnold, richten jetzt auf den Einfluß von Muhammed ihr Interesse. Keine frühere Religion und kein Gesetz hatte vermocht, die wilden Araber, unter welchen er erschien, zu beeinflussen. Sie lagen miteinander in beständiger Fehde und waren grausamer als die Apachen, ja sie verbrannten ihre Töchter lebendigen Leibes. Muhammed vereinigte die Stämme durch eine geistige Macht. Er schweißte sie zu einer mächtigen Nation zusammen, die zu dem Gipfel der Kultur emporstieg. Sie machten in Künsten und Wissenschaften Fortschritt und dehnten ihre Herrschaft sowohl nach dem fernen Westen als auch nach Spanien und Andalusien aus, wo sie jene großen Universitäten gründeten, die als die Erleuchtung der Welt während des Dunklen Zeitalters anzusprechen sind. Die Berührung der Kreuzfahrer mit dieser glänzenden sarazenischen Zivilisation, führte das Wiederaufleben der griechischen Wissenschaft und die Renaissance in der ganzen christlichen Welt herbei. So sind die Urquellen von Weisheit und Zivilisation die Manifestationen des Willens Gottes gewesen. Die inneren Bedeutungen und die Mysterien ihrer Weisheit wurden nach der Verschiedenheit der Aufnahmefähigkeit und der Verstandeskraft der Völker eines jeden Zeitalters verschieden aufgefaßt.
Die Religion ist hauptsächlich als das Verhalten des Menschen Gott gegenüber zu bezeichnen, das im Verhalten des Menschen zu seinem Mitmenschen zum Ausdruck kommt. Die Richtlinie für dies vorbildliche Verhalten nennt die Christenheit die Goldene Regel. Laßt uns die Goldene Regel als die vierte Grundlage betrachten, um hierdurch die geistige Beschaffenheit aller Religionen in der Welt zu prüfen, wobei uns der Ausspruch von Jesus Christus als Merkmal diene:
„Daher, alles, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, dasselbe tut ihr ihnen; denn dies ist das Gesetz und die Propheten.“
In dem vermutlich ältesten Buch der Welt, den Lehren von Ptah Hotep in Aegypten vor 5500 Jahren, (3550 Jahre v. Chr.), heißt es: „Wenn du unter Menschen bist, so laß in dir selbst die Liebe der Anfang und das Ende des Herzens sein.“
Ein ägyptisches „Tal zu den Toten", 1600 Jahre v. Chr., enthält folgende Stelle: „Er suchte für andere das Gute, das er für sich selbst wünschte. Laßt ihn weiter wandern.“
Wieder wurde viele Jahrhunderte v. Chr., als die Hindu-Königreiche am Ganges entlang errichtet wurden, geschrieben: „Die wahre Geschäftsregel ist, die Sachen anderer wie seine eigenen zu schützen und zu behandeln.“
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In China schrieb Laotse 600 Jahre v. Chr.: „Erwidere Unrecht durch Güte!“ „Zu denen, die
nicht gut sind, würde ich gut sein, um sie gut zu machen!“
Confucius riet: „Was du nicht wünschen möchtest, das dir getan wird, tue auch keinem andern.“
In dem Gesetz von Moses steht geschrieben: „Du solltest deinen Nachbarn wie dich selbst lieben.“
Die Griechen kamen im Jahre 1070 v. Chr. dem Wortlaut von Jesus noch näher durch: "Tue deinem Nachbarn nicht das, was du ihm übelnehmen würdest."
Auf dem ersten buddhistischen Konzil im Jahre 477 v. Chr. wurde gesagt: „Man sollte für andere das Glück suchen, das man für sich selbst wünscht.“
Eine zoroastrische Vorschrift, die von Alexander dem Großen in Persien im Jahre. 334 v. Chr. vorgefunden wurde, lautet: „Handle, wie du behandelt zu werden wünschest."
Wiederum lehrt der Koran: „Laßt keinen von euch seinen Bruder in einer Weise behandeln, in der es euch mißfallen würde, selbst behandelt zu werden.“
Endlich ist heute eine andere Vorschrift in der Offenbarung von Bahá’u’lláh hinzugefügt: „O Sohn des Menschen! Würdest du Barmherzigkeit üben, so würdest du nicht deine eigenen Interessen, sondern die Interessen der Menschheit beachten. Würdest du Gerechtigkeit üben, so wählest du für andere, was du für dich selbst wählest.“
Die Ausführung der Goldenen Regel schließt den Besitz von solchen verschiedenen wesentlichen geistigen Tugenden in sich, wie sie die Evangelien nennen. Diese sind in allen hl. Schriften der Welt enthalten. Die Unsterblichkeit der Seele wird von allen gelehrt. Selbst die sinnbildliche Darstellung der Prophezeiung ist überall dieselbe. Diese Tatsache hat christliche Schriftsteller veranlaßt, anzunehmen, daß Teile des Korans dem Sinne nach vom Alten Testament und den Evangelien übernommen wurden. Aber wenn Priester der alten Parsen glaubhaft verkünden, daß die ganze Bibel auf ihren noch älteren Schriften begründet ist, und wenn ein alter ägyptischer Lobgesang eine genaue Wiedergabe des 104. Psalms ist, so liegt die sehr genaue und vollkommene Erklärung in der Erkenntnis der wesentlichen Einheit aller Religionen. Weiter ist diese Ansicht ganz unwiderleglich durch ägyptische Archäologen bewiesen, welche die Religion des „Aton" wieder ans Licht brachten, die in ihrer Reinheit die Lehre Moses um einige ansehnliche Zeitabschnitte zurückversetzt. Mr. Arthur Weigall, der die Einheit aller Glaubenslehren der Welt nicht anerkennt, bestätigt diese Tatsache sehr beredt in einer Anmerkung seines Werkes „Das Leben u. die Verhältnisse unter Achnaton“:
„Gleich einer blendenden Feuersäule zur Nachtzeit ragt der „Aton“ für einen Augenblick mitten aus der Dunkelheit der ägyptischen Finsternis hervor und verschwindet wieder — das erste Anzeichen auf dieser Welt für die künftige Religion des Westens. Niemand, dessen Geist frei von Vorurteilen ist, wird verfehlen, zu den Lehren von Christus in der Religion des „Aton" ein weit getreueres Ebenbild zu sehen, als in jener von Abraham, Isaak und Jakob. Der Glaube der Patriarchen ist der unmittelbar im Zusammenhang stehende Vorgänger des Christentums, aber der Glaube des „Aton" ist sein von ihm getrennt befindliches Vorbild. Man möchte glauben, daß der Allmächtige Gott Sich für kurze Zeit in Aegypten offenbart habe, und dies klarer, wenn auch kürzer als Er Sich jemals in Syrien oder Palästina vor der Zeit Christi offenbarte.“
Weitere Beweise und Tatsachen von der fundamentalen Einheit der Religionen sind dem Studierenden enthüllbar, aber es ist hier genug angeführt worden, um diesen Punkt über die Annahme eines Zweifels zu erheben. Die verschiedenen hl. Schriften verkünden es selbst. Sie alle preisen den einen Gott, welcher Sich der Menschheit von Zeitalter zu Zeitalter in mächtigen menschlichen Tempeln offenbart, und die fundamentalen Merkmale ihres geistigen Wesens sind ein und dieselben.
Die weitreichenden Zusammenhänge der Einheit der Religionen sind für die Menschheit von Leben gebender Wichtigkeit. Sie bezeichnen den Weg zu der Lösung der verwickeltsten Probleme dieses Zeitalters. Die Bruderschaft des Menschen auf eine nicht geistige Grundlage gestellt, wird als unmöglich nachgewiesen. Aber sie ergibt sich als eine einfache und logische Schlußfolgerung, wenn die Einheit der Religion einmal aufgerichtet ist. In solcher Theorie der Bruderschaft liegt die Lösung der wirtschaftlichen Frage, sowie der universalen Angelegenheiten und die erfolgreiche Sache im nationalen und internationalen Kampf. Die Verwirklichung der geistigen Einheit begreift die völlige Ablegung der Vorurteile in sich ein, die für das Glück der Welt so verderblich sind. Durch diese Macht ist die Erlangung des universalen Friedens möglich; ohne diese werden fortwährend unüberwindliche Hindernisse auftreten. Eine Würdigung dieses Gesetzes der Einheit wird die Wissenschaft und Religion als ergänzende Gesichtspunkte von Gottes Offenbarung an die Menschen erkennen lassen und dadurch andere fruchtbare Probleme aufstellen.
Die Religion wird dann in Wirklichkeit die Ursache von Liebe und Einheit werden, und die
Menschheit wird in ein Zeitalter des Friedens und der Zuneigung geführt werden, als Erfüllung der
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Erwartung der Seher aus alten Zeiten. Es ist die gewaltige Aufgabe von Bahá’u’lláh, dem Begründer der
Bahá’i-Bewegung, nicht nur diese lebengebende Botschaft zu verkünden, sondern auch der Menschheit eine
geistige Kraft zu übermitteln, die nötig ist, um diese leuchtenden Ideale in die Wirklichkeit zu übertragen.
(Star of the West, April 1926.)
Die Grundzüge allgemeiner Religion.
Von Prof. Jenabe Fazel, Washington.
Es ist uns eine besondere Freude, heute den Vorzug zu haben, über diese ewige Wahrheit und den unendlich strömenden Segen, welche den Menschen Glück und Seligkeit bringen, sprechen zu dürfen.
In den letzten Monaten bin ich durch die Staaten Nordamerikas und Canadas gereist, um die große, universelle Botschaft Bahá’u’lláhs in vielen Gesellschaften und Organisationen zu verbreiten. Ich komme von dem fernen Orient, tausend und aber tausend Meilen entfernt. Wären die Erfindungen und Entdeckungen nicht gemacht gewesen, die entfernte Teile der Erde miteinander verbinden, so wäre es für einen Orientalen unmöglich gewesen, durch so viele Continente und Ozeane zu reisen, um dieses Land zu erreichen. Die Beförderungs- und Verbindungsmittel zwischen den fünf Erdteilen haben die verschiedenen Völker der Welt einander näher gebracht, ja, wir leben heute in einer Art Nachbarschaft, gleichsam im Zusammenschluß mit den Ländern und Nationen, als lebten sie im selben Land. Da in früheren Jahrhunderten diese Mittel gegenseitiger Mitteilung noch fehlten, kannten die einzelnen Rassen und Völker nicht die Ansichten der andern, noch ihre Gewohnheiten und Gebräuche. Nicht allein die verschiedenen Erdteile waren von einander getrennt, sondern auch die Provinzen und Landstriche eines Erdteils konnten von einem andern nicht Nachricht erhalten und mit den Geschehnissen dieser andern Leben in Berührung kommen.
Früher gab es keine Eisenbahn, keine Dampfschiffe, keinen Telegraph oder drahtlose Telegraphie, kein Telephon oder Phonograph, demzufolge konnten die Leute sich nicht vorstellen, daß sie miteinander verwandt seien, sie konnten nicht von einem Ende der Erde ans andere auf Kamelen, Maultieren oder Eseln reiten und blieben so ganz ihrem eigenen Wissen überlassen und wurden dadurch Inselbewohner und Stämme. Die Ursache der Entfremdung und Trennung zwischen den verschiedenen Religionen hat ihren Ursprung in der tatsächlichen Trennung der Völker voneinander, die aus Mangel an Beförderungsmitteln entstand. In früherer Zeit wurden Religionen durch ihre diesbezüglichen Propheten in verschiedenen Teilen der Erde begründet zum Zwecke der Erziehung, Entwicklung und Entfaltung des Charakters einer besondern Rasse; weil diese verschiedenen Religionen nun verschiedene Sprachen und verschiedene Gebräuche hatten, so blieben sie in Unkenntnis dessen, was andere dachten und lehrten und entwickelten auf diese Weise ein Gefühl der Verachtung und der Feindseligkeit gegen einander.
So lange im Grunde die Ideen und Prinzipien, die von den Religionen aufgestellt wurden, identisch und übereinstimmend waren, veranlaßte die Sprachverschiedenheit u. die überaus schwere Verkehrsmöglichkeit, besondere Ideen und Ideale herauszubilden, die scheinbar Unterschiede enthielten, nach denen sie in Widerspruch und Gegensatz zueinander standen. Der einstmals Reisende, zu Pferd oder zu Fuß, benötigte viele Jahre, um die Eigenheiten eines Landes zu erforschen. Denken wir an Marco Polo, der im 12. Jahrhundert nach Asien, China und Japan kam und das erste Buch über die Sitten und Gebräuche des damals in Europa unbekannten Landes schrieb. So kam diese tatsächliche Trennung der Nationen, wie auch das Mißtrauen zwischen den Religionen tatsächlich daher, daß jene alten Völker nicht die Mittel und Möglichkeiten hatten, die wir heute zu unserer Verfügung haben, und die wir zur Aufklärung der Geister und Erleuchtung der Herzen benutzen. In dieser glorreichen Zeit aber, in der wir leben, können die Menschen des fernen Ostens telegraphische Nachrichten aus dem fernen Westen in wenigen Minuten oder Stunden erhalten, und die Amerikaner können in Berührung treten mit allen Teilen der Welt, dadurch, daß sie die drahtlose Verbindung zu jeder Sekunde benützen können. Wir können wirklich sagen, daß dies in gesteigertem Maße ein Jahrhundert des Reisens ist, und durch Reisen erhält man Aufklärung, die das menschliche Wissen vergrößert, die Welt miteinander verbindet und den Geist mit dieser Lehre erfüllt, und bewirken wird, daß die Welt zu einer Völkerfamilie wird.
Alle diese natürlichen und sichtbaren Beweise der Wissenschaft und Industrie beweisen Ihnen,
daß wir in dem Zeitalter einer „Universalität“ leben. Sie beweist uns, daß, eben wie die Weltkugel
materiell betrachtet mehr u. mehr vereinigt wurde, so auch die zahllosen Herzen besänftigt und
erobert werden müssen durch eine dynamische geistige Macht, die in das höhere Bewußtsein des
Menschen die allgemeine Lehre einer Weltreligion trägt, von der Männer und Frauen schon vor
Jahrhunderten träumten. Wir haben heute eine Weltreligion nötig, die wie eine Leuchte über dem
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Erdball materieller Zivilisation wirken muß, eine Weltreligion, welche wie der Geist in dem politischen
Körper wirken muß, im Reich der Menschen, eine Weltreligion, die unter ihr Zelt alle Lehren der
Welt bringt, diese verschmelzt und befähigt, zu einer Einheit zu gelangen.
Es ist vor allem nicht weiter nötig, zu beweisen, daß die Welt heute einer solchen Weltreligion dringend bedarf, weil Stimmen der Menschen von allen Seiten gehört werden, daß die Welt notgedrungen dahin gelangen muß, von woher diese große Lehre ausgeht, um all unsere Probleme und Streitigkeiten zu lösen. Nicht nur ein leiser Ruf geht durch die Welt, daß wir eine universale Lehre brauchen, sondern die Prophezeiungen und Voraussagungen der alten Propheten bekräftigen auch diese Tatsache sehr deutlich. Diese Prophezeiung wird nicht allein im Alten und Neuen Testament geoffenbart, sondern auch die heiligen Schriften der sieben großen Religionen der Welt beweisen, daß „am Ende der Zeiten" eine Lehre und eine Wahrheit erscheinen wird, die allumfassend, allgemein und weltpolitisch in ihrer Beschaffenheit und Anwendung sein wird. Jeder denkende Mensch fühlt irgendwie, daß er an der Schwelle dieses großen Zeitalters des tausendjährigen Reiches oder einer einheitlichen Religion steht; was aber sind die Grundzüge und Prinzipien dieser Lehre und was macht sie zu einer lebendigen Kraft im täglichen Leben des Menschen?
Die erste Bedingung zu einer universalen Religion ist ein allumfassender Geist. Es muß ein Mittelpunkt für alle höchsten, edelsten und göttlichsten Ideale der Jahrhunderte seit der Schöpfung sein, an die Spitze dieses Kernpunkts müßte man die Tugenden, Vollkommenheiten und Merkmale setzen, welche als vollkommen von den früheren Religionen angesehen wurden und alles ausschließen, was nebensächlich, sektenhaft und bloße Erzählung ist. Die Menschen, die frei von den Ketten und Fesseln vergangener Ueberlieferung und ohne irgend welche Vorurteile die heiligen Schriften der früheren Religionen studieren, anerkennen, daß eine jede einen besonderen Vorzug hat, ein allgemeines Gesetz, das in diese allgemeine Lehre aufgenommen werden kann, so daß es jedermann zusagt. Gerade wie Jesus Christus die höchsten und edelsten Gesetze der Ethik und Moral gab, so finden wir gleichsam in den Schriften Buddhas die erhabensten, selbstlosesten, göttlichsten Gesetze und Prinzipien in Bezug auf das geistige Leben des Menschen, dem es nicht an Wundern in den Ueberlieferungen an die Welt fehlt. Jede einzelne dieser großen Religionen hat Juwelen und Perlen von Erkenntnis und Weisheit, die verborgen sind, im Staub der Jahrhunderte, der Tradition und des Sektenwesens. Wenn wir nun einmal diese Hindernisse beseitigen, so erkennen wir, daß jede dieser großen Religionen Edelsteine der Wahrheit in sich birgt. So breitet nun diese universale Religion, die sich auszudehnen bestrebt ist, ihre Schwingen über die Menschheit aus und will ihr Moral, Internationalität, eine Zusammenschließung bringen, die alle hohe Auffassung der Philosophie, Literatur und Religion, von der bisher der Geist der Menschen Besitz ergriffen hat, einschließt.
Der zweite Grundzug einer allgemeinen Religion ist der, daß alle geistigen Gründer der sieben großen Religionen der Welt als Offenbarer Gottes anerkannt werden müssen, lehnt man einen derselben ab, so kann kein Zusammenschluß stattfinden. Sie wird dann immer eine nationale Religion, eine Stammesreligion bleiben, aber nicht eine solche für die gesamte Menschheit. Wir können wahrlich ohne Furcht vor Widerspruch feststellen, daß jede Religion in ihrem Anfang den anderen ähnlich und rein war und dem Herzen des Gründers wie ein klarer Bach entquoll. Wir haben im Orient die vielen Versuche gewisser Sekten-Missionare beobachtet, die an Stelle der Lehre der Eingeborenen ihre eigene Religion einzuführen bestrebt sind, und die Menschen aufforderten, die Glaubens-Lehre, in denen sie aufgewachsen waren, abzuschwören. Dies ist unmöglich für jemand, der in einer Religion, die ihm geistige Eigenschaften der Redlichkeit und Rechtschaffenheit lehrte, aufgewachsen ist; es ist nicht möglich, die eigene Religion abzuschwören und eine andere anzunehmen. Er kann seine eigene, die vor ein- oder zweitausend Jahren seinen Vorfahren gelehrt wurde, nicht so leicht aufgeben, und warum auch? Laßt uns die Menschen lehren, die Schönheit und Verwandtschaft der eigenen Religion, die auf uns vor so und so viel hunderten von Jahren durch unsere Vorväter vererbt wurde. Alle Religionen sind eins. Daher müssen allgemeine, grundlegende Prinzipien als göttliche Eingebung an alle die Religions-Gründer ohne Ausnahme angesehen werden, und dadurch beweist die einheitliche Religion, daß ihre Gründer wie Brüder zueinander stehen und keine sich bekämpfende Parteien bilden.
Der dritte Grundsatz einer einheitlichen Religion ist folgender: Alle Prinzipien und Direktiven
müssen logisch, vernünftig und einsichtsvoll sein. Sie dürfen keinen Punkt enthalten, der nicht durch
die Wissenschaft und die Vernunft bewiesen werden könnte; wenn beispielsweise heutzutage eine
Lehre erschiene, mit der Anmaßung, daß dieser blind nachzufolgen sei und ein Suchen nach Beweisen
ausgeschlossen sei und sie glaubwürdig sei, weil es etwa die Religionsführer sagen, so wäre
eine solche Religion heute nicht nur unmöglich, sondern lächerlich. Es müssen die Lehren einer
Religion, die sich die Welt erobern will, verständig,
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sozial und menschlich in ihrem Ziel und ihrer Natur nach sein.
Der vierte Grundzug einer universalen Religion muß der sein, daß sie frei sein muß von allem Sektenglauben, Formenwesen, von Riten und Zeremonien, die lokal und national sind. Der Glaube und der Ritus einer Religion unterscheiden sich von einem andern oft wesentlich, weil sie unter gewissen Erwägungen mit Rücksicht auf die Erfordernis der Zeit und des Orts, in dem ihre Anhänger leben, eingerichtet wurden; es müssen diese Dinge dem Temperament und der Natur der verschiedenen Völker überlassen werden, die gleichzeitig einheitliche internationale Gesetze und moralische Verpflichtungen haben werden, die alle Menschen unterschreiben können, ohne ihr Gewissen zu belasten.
Der fünfte Grundzug einer einheitlichen Religion ist geistige Volksherrschaft. Es darf kein Vorrecht geben, keine verbrieften Rechte irgend einer besonderen Kaste der Priesterschaft oder des Klerus, wodurch diese eine Kaste, eine Klasse für sich mit bestimmten Merkmalen und Vorrechten bilden können. Die einheitliche Religion muß rein demokratisch sein mit dem Welt-Ideal, daß alle Menschen Brüder sind.
Der sechste Grundzug ist der, daß die universale Religion die Welt als Einheit ansehen muß, es darf keine Rassen-, Religions- und nationale Vorurteile geben. Sie muß die Gründerin der Einheit der Welt, der ganzen Menschheit sein. Wie die leuchtende Sonne allen Menschen ohne Unterschied scheint und ihr lebenspendendes Licht und ihre Wärme auf alle Reiche der Welt strahlt, so muß die Welt-Religion über den Menschen stehen wie die Sonne. Die Welt-Religion darf weder theologisch noch metaphysisch sein. Sie muß die Gesetze der Ethik und Moral in sich tragen, sie muß im Einklang mit den Wissenschaften und den Entdeckungen in der ganzen Welt stehen und muß alle in der Vergangenheit auseinanderstrebenden Religionen durch ihre gemeinsame Basis vereinen. Heute müssen diese alle in eine gemeinsame Auffassung der Wahrheit zusammengeschlossen werden. Ihre Prinzipien müssen wie ein Feuer sein, das allen Ballast des Aberglaubens und der Ueberlieferung versengt, und wie ein Regen, der das Wachsen der Blumen der Freundschaft fördert. Die hauptsächliche Ursache der Trennung der Religionen war ihr gegenseitiges Mißverstehen und ihre Ueberlieferungen.
Vor 12 Jahren reiste ich in Indien und kam eben dazu, wie zwischen den Mohammedanern und den Hindus ein großer Kampf stattfand. Die Straßen waren verbarrikadiert und Leichen lagen auf der Straße. Ich befrug mich, was der Grund dieses Bürgerkrieges sei. Ein Mann erzählte mir, daß die Hindus heilige Kühe hielten. Sie erwählen dazu ganz fleckenlose Kühe, deren Rinder als heilige Kühe aufgezogen werden. Sie lassen diese Kühe durch den Markt und die Straßen laufen und die Vorräte von den Ständen in den Straßen, durch die sie kommen, fressen. Die Einwohner neigen sich vor ihnen, die Hindus knien vor ihnen und berühren sie mit ihren Händen und segnen sie. Wenn diese heilige Kuh durch die Straßen geht, ist sie wie eine Königin. Sie fordert von jedem Tribut, und jedermann ist mehr als glücklich, wenn er diesen darbringen darf, sie wird natürlich mit der Zeit so feist und dick, wie nur irgend ein Führer einer Religion. Auf ihrem Weg kam die Kuh, die nichts anderes wußte, an dem Fenster eines Mohammedaners vorbei; der Mohammedaner, der die geweihte Kuh nicht mit denselben Augen betrachtete wie ein Hindu, trieb sie fort. Die Kuh aber, die in ihrem Leben noch nie so behandelt worden war, schaute den Mann einfach an und ließ sich weiter nicht stören, sie betrachtete ihn mit einem sonderbaren Blick und fraß weiter. Schließlich wurde der Mann wütend, rief seine Nachbarn herbei, die ihre Aexte brachten und die Kuh mitten auf dem Markt töteten. Als die Hindus dieses schreckliche Unglück vernahmen, schrien sie: „Diese Teufel von Mohammedanern haben unsere göttliche Kuh getötet!” Sie kamen in Massen herbei, griffen das Mohammedanerviertel an und es gab viele Tote beiderseits. Dies ging so weit, daß die britische Regierung Soldaten schickte, um den Aufstand zu unterdrücken. Wie die Hindus mit Ehrfurcht auf die Kuh sehen, so fanatisch sind die Mohammedaner in ihrer Abneigung gegen das Schwein. Um sich zu rächen, brachten nun die Hindus in der Nacht ein Schwein in die hl. Moschee der Mohammedaner gerade an den Platz, wo der hohe Priester jeden Morgen betet. Wie der Hohe Priester und seine Schüler vor Sonnenaufgang in die Moschee kamen, sahen sie das Schwein die geweihte Stätte verunreinigen, sie riefen ihre Anhänger herbei, und griffen das Hinduviertel an. So wurden denn noch viel mehr Menschen eines Schweins wegen getötet. Jetzt weiß der aufgeklärte Verstand ganz gut, daß Brahma, Vishnu und Siva nicht in die Welt kamen, um die Kuh heilig zu sprechen, und daß Mohammed nicht auf die Halbinsel Arabiens kam, um seine Anhänger das Schwein hassen zu lehren. Das ist ein Aberglaube, der in diesen Religionen vor Hunderten von Jahren sich entwickelt hat, nachdem ihre Gründer gestorben waren.
Die Weltreligion muß mit all diesen unnatürlichen und unvernünftigen Glaubensansichten, die
zu Blutvergießen führen, aufräumen, und Prinzipien schaffen, die die Menschen dieses aufgeklärten
Jahrunderts zu ihrem Heil und Glück führen. Die Menschheit brauchte eine einheitliche
Religion noch nie so nötig wie heutigen Tags. Ihre
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Ideale müssen wie ein klarer Quell sein, der alle dunklen und schwarzen Flecken abwascht und
den Weg klärt für den unbegrenzten, unendlichen Fortschritt der menschlichen und göttlichen
Erkenntnis.
Die Bahá’i-Bewegung ist die Bewegung, welche diese allgemeinen Grundsätze und Wahrheiten verkörpert, und welche die Welt aus der Verderbnis jeder Begrenzung erlöst. Die Bahá’i-Bewegung ist keine neue Religion, sie ist die Quintessenz aller Religionen der Vergangenheit; sie ist Religion erneuert in ihrer früheren Reinheit und Schönheit. Wenn jemand die Grundsätze der Bahá’i-Lehre studiert, so wird er in ihr alle Edelsteine und Reichtümer seiner eigenen Religion wiederfinden, die er wiederentdeckt nach ihrem eigentlichen Untergang. Die Bahá’i-Bewegung beruht auf der Einheit der Menschheit, sie betrachtet den Erdkreis als ein Heim ohne irgend welchen Unterschied. Sie ist der Ruf zur Einheit und Einigkeit. Sie ist eine geistige Aufklärung, welche die alten Religionen von der Bürde des Aberglaubens und der menschlichen Einbildung befreit.
Wenn wir die Grundsätze Bahá’u’lláhs mit denen von Jesus in seiner Bergpredigt vergleichen, so sehen wir, daß sie dieselben grundlegenden Gesetze, dieselben geistigen Grundsätze enthalten, nur hat Bahá’u’lláh Seine Lehre für die heutige Zeit der weiteren geistigen Einstellung und der Sehnsucht nach Erfassung der Wahrheit entsprechend geäußert. Wenn die Anhänger aus den sieben Religionen der Vergangenheit den weiten Horizont überblicken und die göttliche Schönheit der Bahá’i-Lehre erkennen dann werden sie in ihr alles das wiederfinden, was in ihrer Religion lebendig und wirklich war, und das nun in eine große Einheit zusammengefaßt ist, was zuvor voneinander getrennt war. In den letzten 70 Jahren, seitdem die Bewegung in Persien ihren Anfang genommen hat, sind Tausend und aber Tausend Anhänger verschiedener Religionen zu der Bahá’i-Lehre übergetreten, sie haben ihren Fanatismus und ihre Engherzigkeit abgelegt und arbeiten miteinander an der Verwirklichung dieser allgemeinen Gesetze, wie sie schon erwähnt sind. Rev. Campbell an der Staatskirche in London hat kürzlich einen Artikel über die große Bahá’i-Bewegung geschrieben, in dem er sagt: „Ich habe schon viele Jahre über die Grundzüge einer allgemeinen Religion nachgedacht und davon geträumt und habe versucht, gewisse Grundsätze, unter denen eine allgemeine Religion eine schöpferische Kraft werden könnte, aufzustellen. Je mehr ich nun die Bahá’i-Bewegung studiere, desto größer wird meine Bewunderung, daß Bahá’u’lláh in dem großen Gefängnis zu Akka in Palästina fähig war, diese Grundzüge einer allgemeinen Religion vor 70 Jahren klarzulegen, ohne die es unmöglich wäre, internationale Eintracht und Verständnis zu schaffen."
Ich denke an den Gedanken der Verbrüderung, der durch die Welt geht, ich meine, daß die sieben großen Religionen unter sich in diesem Verhältnis zueinander stünden und versuchen sollten, die verschiedenen Glauben zu vereinen. Wir haben eine Reformbewegung bei den Juden, sie versuchen, alle die veralteten Glaubens- und Kulturbräuche, die sich heute überlebt haben, abzutun.
Der „Brahma Somay“ in Indien macht gleichfalls einen Versuch, alles Unwesentliche im Hinduglauben zu beseitigen, und die allgemeinen Grundzüge in den Vordergrund zu stellen, durch den alle Hindus in dem großen Reich Englands zusammengefaßt werden könnten. Hier in Amerika haben wir die „Höhere Kritik" wir haben manch fortschrittliche und freidenkende Bewegung in den Kirchen, die dieses allgemeine Bewußtsein ausdrücken, dadurch, daß sie ihre Glaubensgebräuche und Unwesentliches aufgeben und die Lehren Christi aus der Bergpredigt in den Vordergrund stellen. Diese auf nationalen oder religiösen Boden gestellten Versuche, sind Bewegungen, die aufwärts streben. Die Bahá’i-Bewegung ist eine geistige Bewegung, die vom Himmel herabkam u. noch kommt; solange die Menschen versuchen, himmelwärts zu streben, so lange geschieht die Ausgießung des Geistes und Wollen und Gnade werden sich irgendwo zwischen Himmel und Erde treffen. Dadurch, daß sie in eine gegenseitige Abhängigkeit und Zusammenwirkung treten, geschieht die Auswirkung, die das Ziel aller wahrheitssuchenden Menschen ist. Demzufolge ist jetzt das Zeitalter des Weltbewußtseins angebrochen. Das ist das Zeitalter der Erleuchtung, die Zeit einer vereinigenden Religion. Jedermann strebt nach innerem Fortschritt, und Gott hat die Schleusen Seiner Eingebung und Offenbarung geöffnet; der Strom des Lichts und Lebens ergießt sich über die Gemüter und Herzen der Menschen und verursacht dieses geistige Wachsen des Bewußtseins, das uns einen herrlichen Ausblick auf künftige Zeiten bringt.
Uebersetzt durch die Eßlinger Arbeitsgemeinschaft.
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Druck von W. Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’ilehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, p. 66.)
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In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.20
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.20
5. Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Dtsch. v. A. Schwarz u. W. Herrigel . . . 1.--
8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.20
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . . . 3.--
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.50
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, in Halbleinen geb. . . . . 4.50
In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . —.50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . . . . —.20
18. Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60
19. Bah’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
20. Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 6 in Halbleinen gebunden . . . . . 6.50
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