Sonne der Wahrheit/Jahrgang 7/Heft 3/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
Heft III VII.JAHRG. MAI 1927
 
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


[Seite 32] Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahai-Prinzipien.


1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.

Baha’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Baha’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Baha’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Baha’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Baha’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Baha’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weitsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Baha’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.


Baha’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE    DER  WAHRHEIT
Organ des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig
Herausgegeben vom Verlag des Bahai-Bundes, Deutscher Zweig, Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1,80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark.
Heft 3 Stuttgart, im Mai 1927
Bahá (Herrlichkeit) 84
7. Jahrgang

Inhalt: An den geistigen Nationalrat in Deutschland. — Beantwortete Fragen. — Das Christentum in der Bahái-Botschaft. — Morgenfeier am Ostersonntag beim 5. Bahái-Kongreß 1927. — Osterlied. — Tablet an den Kronprinz Friedrich von Deutschland.


Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion



Die Diener und Dienerinnen des Barmherzigen müssen unbedingt den Wert der Bibel schätzen, denn sie sind die Entdecker ihrer wahren Bedeutung und sie verstehen die Geheimnisse des Heiligen Buches.

'Abdu'l-Bahá.



Worte von 'Abdu'l-Bahá.

Wahrlich der Strahl, der aus den ätherischen Sphären entsandt wird, zerreißt die Räume, erreicht die Erde und zerstreut die düstere Nacht. Wahrlich, sei Du ein solcher Strahl der Sonne der Wahrheit, dann wirst Du die Veranlassung sein, daß die Nacht des Irrtums schwindet. Du wirst das tiefe Dunkel in das enthüllende Licht umwandeln, das die Menschen zum Reich Gottes führen wird.


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An den geistigen Nationalrat in Deutschland.

Haifa, 20. März 1997.

Liebe Freunde!

Ich danke Euch im Auftrag unseres lieben Beschützers für Euren Brief vom 27. Januar und für Eure Neujahrswünsche, welche er sehr hoch schätzt. Er betet, daß der mächtige Geist des Herrn Euch segne und führe bei Euren Beratungen.

Was die notwendige Arbeit, die Wichtigkeit und Verantwortlichkeit des Nationalrats anbelangt, so geht Shoghi Effendi einig mit Eurer Ansicht und Euren Wünschen, und betont, daß Fragen von geringerer Wichtigkeit stets durch die geistige Arbeitsgemeinschaft dem Nationalrat mitgeteilt werden sollen und nur solche Probleme, welche über Entscheidung und Geschicklichkeit des Nationalrats hinausgehen oder Fragen von großer Wichtigkeit unserem lieben Beschützer vorgetragen werden sollen. Im übrigen hat Shoghi Effendi niemals allgemeine Instruktionen außer durch den Nationalrat in Deutschland erteilt.

Wegen den Abgaben der Freunde in Eurem Lande zur Verkündigung der heiligen Sache möchte Shoghi Effendi dieselben Instruktionen erteilen, wie er sie bereits nach Amerika gegeben hat. Dort haben sie einen Nationalen Fond, in welchem alle Beiträge zusammenkommen von den Freunden im ganzen Land und der unter der direkten Kontrolle des Nationalrats steht. Von diesem kann der Nationalrat jegliche Summe, die er für gut erachtet, für die mannigfaltigen Bedürfnisse verwenden. Wenn einem Bahái von einem andern eine Summe geschickt wird, sei es, um diese für die Sache zu verwenden oder nicht, so braucht dies nicht durch den Nationalrat zu gehen. Die Frage der Wahl für die geistigen Arbeitsgemeinschaften und den Nationalrat ist für Shoghi Effendi von großer Wichtigkeit und er wünscht, daß ich mit diesem Brief einige seiner Instruktionen übermittle, und so sende ich beifolgend auf seinen Wunsch gewisse amerikanische Wahlzettel, die als Vorlage zur Vorbereitung dienen sollen. Die Geistige Arbeitsgemeinschaft soll zwischen dem 2. April und 2. Mai gewählt werden. Die Wahl der Delegierten für den Nationalrat sollte entweder vor dem Rizwanfest oder während desselben getroffen werden (das Fest dauert ı2 Tage). Diese Delegierten sollten verteilt werden der Zahl und der Größe entsprechend in den verschiedenen Bahái-Ortschaften und -Gruppen, und sich, wenn möglich, auf 95 belaufen. Wenn nicht, dann auf ı9. Doch bleibt dies dem Gutdünken des Nationalrats überlassen. Man sollte sich besonders darum bemühen, diese Delegierten zusammenzubringen wie in Amerika, und gemeinsam unter allen Bahái, in Deutschland, (nicht nur aus der Zahl der Delegierten) die Wahl treffen. Wenn solch ein Kongreß unmöglich stattfinden kann, sollen sie zu dem andern Schema greifen und zwar ihre Stimmzettel durch die Post an den Nationalrat schicken.

Die Delegierten zu dem Kongreß sollen sich dessen bewußt sein, daß sie eine ernste und wichtige Pflicht zu erfüllen haben. Sie müssen abgesehen von persönlicher Einstellung versuchen, diejenigen herauszufinden, die durch ihre Aufrichtigkeit, ihren Glauben und ihr Wissen über die Sache, ihre Bescheidenheit und Begeisterung am meisten diese Eigenschaften verbinden, durch welche wie unser dahingegangener Meister und unser gegenwärtiger Beschützer es wünschen — sich die Mitglieder des Nationalrats auszeichnen sollen: nicht durch ihre Persönlichkeit, sondern durch ihre Treue, ihren Glauben und ihren Dienst, mit denen sie ihren unachtsamen Mitmenschen den Weg zur Aufrichtigkeit weisen können. Der Nationalrat muß regelmäßig und häufig zusammenkommen, um die mannigfaltige Tätigkeit der Freunde sowohl der einzelnen Personen wie der Gruppen anzuregen, zu fördern und zu beleben.

Ihm liegt es einerseits ob, die höchsten Interessen der hl. Sache zu beschützen und [Seite 35] andererseits bemüht zu sein, die noch kleinen Anfänge der Gemeinschaft mehr und mehr zu entwickeln und im Frieden zu arbeiten im mächtigen Geiste der Sache, die unentwegt und ungehindert durch die Länder und Meere zieht und in uns fremde Orte und ungeahnte Fernen ihre segensreiche Botschaft des Friedens trägt.

Mit den besten Wünschen für Eure Arbeit stets der Eure in Seinem Dienst

Soheil Afnan.

Gelesen und genehmigt

(gez.) Shoghi.



Eukalyptus-Baum mit der „Sakia“, dem Wasserrad, das das kleine Wasserwerk im Garten Ridwán bei Akka speist, dem Lieblingsaufenthalt von Bahá’u’lláh.

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Beantwortete Fragen.

Worte 'Abdu'l-Bahás

gesammelt und aus dem Persischen übersetzt von Laura Clifford Barney. Autorisierte und überprüfte deutsche Uebersetzung von Wilhelm Herrigel.

(Fortsetzung.)

Trotzdem entstand nach einiger Zeit infolge Uebertretung dieser Verordnungen seitens der Mohammedaner und der Christen Haß und Feindschaft zwischen ihnen. Alle Erzählungen der Mohammedaner, der Christen und anderer, die diese Tatsache nicht berücksichtigen, sind einfach Erdichtungen, die ihren Ursprung im Fanatismus oder in der Unwissenheit, wenn nicht gar in Feindschaft haben.

Die Mohammedaner sagen z.B., Mohammed habe den Mond gespalten, sodaß er auf den Berg von Mekka fiel. Sie glauben der Mond sei ein kleiner Himmelskörper, den Mohammed in zwei Teile gespalten und einen Teil auf diesen und den andern auf einen andern Berg geworfen habe. Solche Geschichten sind reinem Fanatismus entsprungen. Ebenso sind die Ueberlieferungen, welche die Geistlichen erzählen und ihre mit Irrtümern durchsetzten Berichte alle übertrieben, wenn nicht gar ohne jede Grundlage.

Kurz, Mohammed erschien in der Wüste Hedschas auf der arabischen Halbinsel, die eine einsame, unfruchtbare sandige und zum Teil unbewohnte Wüste ist. Einige Teile dieser Halbinsel, wie Mekka und Medina, sind außerordentlich heiß. Die Bewohner sind Nomaden mit den Sitten und Gebräuchen der Wüstenbewohner; sie sind gänzlich ohne Erziehung und ohne Wissen. Mohammed selbst war ungelehrt und der Koran wurde ursprünglich auf Schulterblätter von Schafen oder auf Palmblätter geschrieben. Diese Einzelheiten zeigen uns den Zustand des Volkes, zu dem Mohammed gesandt wurde. Seine erste Frage an sie lautete: "Warum nehmt Ihr die Bücher Moses und das Evangelium nicht an und warum glaubt Ihr nicht an Christus und an Mose?“ Diese Frage brachte sie in eine gewisse Verlegenheit und sie verteidigten sich mit den Worten: „Unsere Vorväter glaubten nicht an die Bücher Moses und an das Evangelium, sage uns, warum taten sie dies nicht?“ Er antwortete: „Sie waren irregeführt; ihr solltet diejenigen verwerfen, die nicht an die Bücher Moses und an das Evangelium glauben, selbst wenn sie eure Väter und Vorväter sind.“

In einem solchen Lande und mitten unter solchen barbarischen Volksstämmen schrieb ein ungelehrter Mann ein Buch und erklärte darin in einem vollendeten und fliessenden Stil die göttlichen Eigenschaften und Vortrefflichkeiten, das Prophetentum der Botschafter Gottes, die göttlichen Gesetze und einige wissenschaftliche Tatsachen.

Ihr wisst, daß vor den Entdeckungen der neuen Zeit, d.h. während der ersten Jahrhunderte und bis zum fünfzehnten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung, alle Mathematiker der Welt darin übereinstimmten, daß die Erde der Mittelpunkt des Universums sei und daß sich die Sonne um sie bewege. Der berühmte Astronom (Kopernikus), der die neue Theorie aufstellte, entdeckte, daß sich die Erde bewegt und die Sonne still steht. Vor ihm waren alle Astronomen und Philosophen der Welt Anhänger des Ptolemäischen Systems, und wer irgend etwas dagegen sagte, wurde als unwissend angesehen. Obschon Pythagoras und auch Plato in seinen späteren Lebensjahren die Theorie annahmen, daß die jährliche Bewegung der Sonne um den Tierkreis nicht von der Sonne herrührt, sondern vielmehr von der Bewegung der Erde um die Sonne, wurde diese Theorie doch gänzlich vergessen und das Ptolemäische System von allen Mathematikern angenommen. Der Koran enthält aber einige Verse, die dem Ptolemäischen System widersprechen. Einer von ihnen lautet: „Die Sonne bewegt sich an einem bestimmten Ort *)“, was das Feststehen der Sonne und ihre Bewegung um ihre eigene Achse anzeigt. In einem andern Vers heißt es: „Und jeder Stern bewegt sich in seinem eigenen Himmelskreise **)“. So ist die Bewegung der Sonne, des Mondes, der Erde und anderer Himmelskörper erklärt. Als der Koran erschien, bespöttelten alle Mathematiker diese Darstellung und hielten diese Theorie für Unwissenheit. Ja, sogar die Gelehrten des Islams sahen sich genötigt, diese dem anerkannten Ptolemäischen [Seite 37] System entgegengesetzten Verse zu beseitigen.

Erst nach dem 15. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung, nahezu neunhundert Jahre nach Mohammed, machte der berühmte Astronom (Galiley) mit Hilfe des von ihm erfundenen Teleskop neue Beobachtungen und wichtige Entdeckungen. Er entdeckte, daß sich die Erde um die Sonne dreht, daß die Sonne feststeht und sich nur um ihre eigene Achse bewegt. Es wurde somit offenbar, daß die Verse des Korans mit den bestehenden Tatsachen übereinstimmen und daß das Ptolemäische System falsch war.

Kurz gesagt, unter dem Schatten der Religion Mohammeds blühten während der Dauer von 1300 Jahren viele Völker auf. Im Mittelalter, da Europa auf der niedersten Stufe der Barbarei stand, waren die arabischen Völker den anderen Nationen der Erde in der Bildung, in der Kunst, in der Mathematik, in der Zivilisation, in der Verwaltung und in weiteren Wissenschaften überlegen. Der Erleuchter und Erzieher dieser arabischen Volksstämme und der Gründer der Zivilisation und hoher Menschlichkeit unter diesen verschiedenen Rassen war ein ungelehrter Mann — Mohammed. War nun dieser ausgezeichnete Mann ein vollkommener Erzieher oder nicht? Hier ist ein gerechtes Urteil erforderlich!

*) Koran Sure 36.
**) Koran Sure 36.



8. Kapitel.

Der Báb.

Der Báb *) — möge meine Seele ein Opfer für Ihn sein — trat schon im jugendlichen Alter, im 25. Jahre Seines gesegneten Lebens auf und verkündigte laut Seine Sache. Es wird von den Schiiten ohne Ausnahme zugegeben, daß Er in keiner Schule ausgebildet wurde, auch bei keinem Lehrer Kenntnisse erworben hat, und alle Bewohner von Schiras bezeugen dies. Trotzdem trat Er eines Tages vor das Volk, ausgestattet mit dem vollkommensten Wissen. Obgleich Er nur ein Kaufmann war, beschämte Er doch alle Ulemas **) Persiens. Er allein behauptete Seine Sache in unausdenkbarem Heldenmut gegenüber den Persern, die wegen ihres religiösen Fanatismus bekannt sind. Dieser ausgezeichnete Mann erhob sich mit solcher Macht, daß Er die Stützen der Religion, die bestehende Moral, die Zustände, die Gebräuche und Sitten Persiens erschütterte und neue Regeln, neue Gesetze und eine neue Religion einsetzte. Obgleich sich die führenden Persönlichkeiten des Staats, nahezu alle Geistlichen und die Beamten aufmachten, um Ihn zu vernichten, widerstand Er allein ihnen doch und setzte ganz Persien in Bewegung.

Viele Ulemas, viele Menschen, solche, die im öffentlichen Leben standen, und andere, opferten freudig ihr Leben in der Sache und nahmen das Märtyrertum auf sich.

Die Regierung, die Nation, die führende Geistlichkeit und die großen Staatsmänner wollten Sein Licht auslöschen, aber es gelang ihnen nicht. Zuletzt ging Sein Mond auf, Sein Stern leuchtete, das von Ihm gelegte Fundament wurde fest gegründet und die Stätte Seines Aufgangs erglänzte im hellsten Lichte. Er brachte einer unerleuchteten Menge göttliche Erziehung und verursachte wunderbare Resultate in den Gedanken, Sitten, Gebräuchen und den Zuständen des persischen Volkes. Er verkündigte Seinen Anhängern die frohe Botschaft von der Offenbarung der Sonne Bahás und bereitete sie vor, an diese zu glauben.

Das Erscheinen solcher wunderbarer Kennzeichen und großer Resultate, ihre Wirkung auf das Denken des Volkes, ja sogar auf die vorherrschenden Meinungen, das Errichten der Fundamente des Fortschritts und die Organisation der Prinzipien des Erfolgs und der Wohlfahrt durch einen jungen Kaufmann liefern den größten Beweis, daß Er ein vollkommener Erzieher war. Jeder Gerechtdenkende wird dies ohne Zögern zugeben.

*) Der Bab ist hier angeführt unter Seinem Namen Hasrati ’Ala, Seine höchste Erhabenheit, aber zur Erleichterung für die Leser werden wir Ihn ständig mit dem Namen nennen, unter dem Er in ganz Europa bekannt ist, nämlich der Bab (das Tor).

**) Religionsgelehrte des Islams.


9. Kapitel.

Bahá’u’lláh.

Bahá’u’lláh *) erschien zu einer Zeit, als das persische Reich in die tiefste Dunkelheit und Unwissenheit versunken war und sich in den blindesten Fanatismus verirrt hatte.

*) Dschamali Mubarak, die Gesegnete Schönheit, ist hier der Name für Bahá’u’lláh. Man nannte Ihn auch Dschamali Qidam, den Ewigbestehenden, die Schönheit von Ewigkeit her. Aber wir werden Ihn unter dem Namen Bahá’u’lláh anführen, unter dem Er auch im Westen bekannt ist.

In den europäischen Geschichtsbüchern habt Ihr ohne Zweifel über die Sitten, Gebräuche und Ideen der Perser während der letzten Jahrhunderte gelesen. Ich brauche sie daher nicht zu wiederholen. Wir wollen nur kurz erwähnen, daß Persien damals so tief [Seite 38] gesunken war, daß alle fremden Reisenden den Tiefstand und die Würdelosigkeit dieses Volkes, das früher eine so hohe Kulturstufe einnahm, bedauerten.

Zu dieser Zeit erschien Bahá’u’lláh. Sein Vater war ein Vesier, kein Ulema. Wie in ganz Persien bekannt, hat Er keine Schule besucht, auch stand Er weder mit den Ulemas noch mit den Gelehrten in Verbindung. Seine Jugendzeit verbrachte Er in größter Glückseligkeit. Seine Umgebung, Seine Freunde waren Perser von höchstem Rang, aber keine Gelehrten.

Sobald der Báb auftrat, sagte Bahá’u’lláh: „Dieser große Mann ist der Herr der Gerechtigkeit und an Ihn zu glauben, ist allen zur Pflicht gemacht.“ Und Er erhob sich, um dem Báb beizustehen, auch gab Er viele Beweise und nachdrückliche Zeugnisse der Wahrheit für Seine Lehre, obgleich die führende Geistlichkeit die persische Regierung gezwungen hatte, Ihn aufs heftigste zu bekämpfen. Sie erließ sogar Befehle, in denen sie Metzelei, Plünderung, Verfolgung und Verbannung Seiner Anhänger anordnete. In allen Provinzen begann man darauf die Bekehrten auszuplündern, sie zu töten, ihre Häuser in Brand zu setzen und selbst ihre Frauen und Kinder anzugreifen. Trotzdem erhob sich Bahá’u’lláh, um das Wort des Báb mit der größten Festigkeit und Energie zu verkünden. Er verbarg sich nicht, auch nicht für einen Augenblick, sondern trat unerschrocken unter Seine Feinde. Er zeugte für die Wahrheit der Lehre des Báb, lieferte Beweise für sie und wurde erkannt als der Herold des Wortes Gottes. In allen Wechselfällen erduldete Er das größte Mißgeschick, und jeden Augenblick mußte Er gewärtig sein, den Märtyrertod zu sterben. Er wurde in Ketten gelegt und in einem unterirdischen Gefängnis eingekerkert, Sein ererbtes großes Vermögen eingezogen, und Seine übrige Habe geplündert. Viermal wurde Er von Ort zu Ort verbannt und fand erst Ruhe in dem „Größten Gefängnis" *).

*) Zuerst wurde Er nach Bagdad verbannt, dann nach Konstantinopel, dann nach Adrianopel und im Jahre 1868 in Akka im „Größten Gefängnis“ gefangen gesetzt.

Trotz all’ dieser Schwierigkeiten hörte Bahá’u’lláh auch nicht einen Augenblick auf, die Größe der Sache Gottes zu verkündigen. Er offenbarte solche Tugend, solches Wissen und solche Vollkommenheit, daß Er bei allen Bewohnern Persiens als Wunder galt und die Gelehrten und Wissenschaftler, die in Teheran, Bagdad, Konstantinopel, Rumelien und sogar in Akka mit Ihm in Berührung kamen — ob Freund oder Feind — auf jede Frage, auch auf die schwierigste, die zutreffendste und überzeugendste Antwort erhielten. Sie alle anerkannten wiederholt, daß Er alle Vollkommenheit in sich vereinige.

Es ereignete sich oft, daß sich in Bagdad einige mohammedanische Ulemas, jüdische Rabbiner und Christen mit europäischen Gelehrten in einer gesegneten Versammlung mit Ihm zusammenfanden. Jeder von ihnen legte Ihm einige Fragen vor, und obwohl sie auf den verschiedensten Bildungsstufen standen, erhielt doch jeder eine ausreichende und überzeugende Antwort und alle gingen befriedigt von dannen. Sogar die persischen Ulemas von Kerbela und Nedschef sandten einen weisen Mann namens Mulla Hasan Amu mit einem Auftrag zu Ihm. Er kam zu Bahá’u’lláh und stellte im Auftrag der Ulemas eine Anzahl Fragen, die Bahá’u’lláh beantwortete. Hierauf sagte Hasan Amu: „Die Ulemas anerkennen und bekennen ohne weiteres das Wissen und die Tugenden Bahá’u’lláhs, und sie sind einstimmig davon überzeugt, daß Er an Wissen nicht Seinesgleichen hat. Es ist auch erwiesen, daß Er weder studiert, noch sich dies Wissen erworben hat. Trotzdem sagten die Ulemas noch: Damit sind wir nicht zufrieden. Seine Weisheit und Gerechtigkeit beweisen uns noch nicht die Wahrheit Seiner Mission. Um unsere Herzen zu beruhigen und zu befriedigen, bitten wir Ihn, uns ein Wunder zu zeigen.“

Bahá’u’lláh erwiderte: „Obgleich ihr kein Recht habt, dies zu erbitten — denn Gott sollte Seine Geschöpfe prüfen und nicht die Geschöpfe Gott — so will Ich es doch erlauben und dies Ersuchen annehmen. Die Sache Gottes ist aber kein Schauspiel, dessen Aufführung immer wieder zum Zeitvertreib verlangt werden kann. Wäre dies der Fall, so würde die Sache Gottes zum Kinderspiel werden. Die Ulemas müssen sich deshalb versammeln, einstimmig ein Wunder wählen und eine schriftliche Erklärung abgeben, daß sie nach Verrichtung dieses Wunders nicht mehr länger Zweifel über Mich hegen wollen und daß sie dann alle willens sind, die Wahrheit Meiner Sache zu bekennen und anzuerkennen. Laßt sie diese Schrift versiegeln und sie Mir übergeben. Folgende Bedingung soll also angenommen werden: Wenn das Wunder vollbracht ist, darf kein Zweifel für sie übrig bleiben, und wenn es nicht vollbracht wird, sollen Wir des Betrugs überführt sein.“ [Seite 39]

Darauf erhob sich der Gelehrte Hasan Amu und erwiderte: „Darüber gibt es nichts mehr zu sagen.“ Er küßte sodann das Knie des Gesegneten, obwohl er kein Gläubiger war, und ging.” Er versammelte die Ulemas und überbrachte ihnen die heilige Botschaft. Sie berieten miteinander und sagten: „Dieser Mann ist ein Zauberer; vielleicht will er eine Zauberei verrichten und dann werden wir nichts mehr zu sagen haben.“ Beeinflußt von diesem Gedanken, wagten sie nicht, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. *)

Hasan Amu berichtete diese Tatsachen in vielen Versammlungen. Er verließ Kerbela und ging nach Kirmanschah und Teheran; er gab überall ausführlichen Bericht and betonte dabei die Furcht und den Rückzug der Ulemas.

Kurz, alle Gegner Bahá’u’lláhs im Orient anerkannten Seine Größe, Seine Erhabenheit, Sein Wissen und Seine Tugenden; und obgleich sie Seine Feinde waren, sprachen sie immer von Ihm als von dem „berühmten Bahá’u’lláh“.

Zu jener Zeit, als dies große Licht plötzlich am Horizont Persiens aufging, erhoben sich alle, die Minister, die Ulemas und die Männer anderer Klassen gegen Ihn; sie verfolgten Ihn in größter Erbitterung und sagten: „Dieser Mann will die Religion, das Gesetz, die Nation und das Reich unterdrücken und zerstören.“ Das gleiche wurde seinerzeit 3 von Christus gesagt. Ihnen allen widerstand Bahá’u’lláh allein und ohne Hilfe. Er zeigte nie die geringste Schwachheit. Schließlich sagten sie sogar: „Solange dieser Mann in Persien ist, gibt es weder Friede noch Ruhe; wir müssen Ihn verbannen, damit Persien wieder zur Ruhe kommt.“

Sie fuhren fort in ihrer Gewalttätigkeit gegen Ihn und wollten Ihn dadurch zwingen, um Erlaubnis zu bitten, Persien verlassen zu dürfen. Sie dachten, dadurch würde das Licht Seiner Wahrheit ausgelöscht, aber das Gegenteil war der Fall. Die Sache vergrößerte sich und ihre Flamme lohte noch heftiger empor. Zunächst verbreitete sie sich nur über Persien, aber die Verbannung Bahá’u’lláhs verursachte, daß sie auch über andere Länder verbreitet wurde. Jetzt sagten Seine Feinde: „Irak Arabi **) ist nicht weit genug entfernt von Persien; wir müssen Ihn in ein weiter entferntes Land verschicken.“ Aus diesem Grunde bestimmte die persische Regierung, daß Bahá’u’lláh vom Bezirk Irak nach Konstantinopel gebracht werden sollte. Wiederum erwies es sich, daß die Sache nicht im geringsten geschwächt wurde; sie sagten wieder: „Konstantinopel ist ein verkehrsreicher Platz, wo sich die verschiedensten Rassen und Nationen treffen und unter denen auch viele Perser weilen.“ Aus diesem Grund verbannten sie Ihn nach Rumelien. Jetzt aber wurde die Flamme noch mächtiger und die Erhabenheit der Sache trat deutlicher zutage. Schließlich sagten die Perser: „Nicht einer dieser Plätze ist vor Seinem Einfluß sicher, wir müssen Ihn an einen Platz verbringen, wo Er machtlos wird und wo Seine Familie und Seine Anhänger dem schrecklichsten Elend ausgesetzt sind.“ Sie wählten daher das Gefängnis von Akka, das für Mörder, Diebe und Straßenräuber bestimmt ist, und tatsächlich zählten sie Ihn zu diesen. Aber die Macht Gottes wurde offenbar, Sein Wort wurde verbreitet und die Größe Bahá’u’lláhs wurde sichtbar; denn gerade von diesem Gefängnis aus und trotz dieser Umstände verursachte Er, daß Persien von Erkenntnis zu Erkenntnis gelangte. Er besiegte alle Seine Feinde und bewies ihnen, daß sie Seiner Sache nicht zu widerstehen vermöchten. Seine heiligen Lehren durchdrangen alle Lande, und Seine Sache war somit aufgerichtet. In der Tat, in allen Teilen Persiens erhoben sich Seine Feinde mit größtem Haß gegen Ihn; sie nahmen Seine Anhänger gefangen, mißhandelten und töteten sie. Sie verbrannten und zerstörten Tausende von Wohnungen und strebten mit allen Mitteln danach, die Sache zu vernichten und auszurotten. Aber trotzdem griff die Sache von dem Gefängnis der Mörder, Straßenräuber und Diebe aus immer weiter um sich. Seine Lehren wurden weiter verbreitet und Seine Ermahnungen wirkten auf viele Seiner gehässigsten Feinde derart, daß sie treue Gläubige wurden. Selbst die persische Regierung erwachte und bedauerte das Unheil, das durch die Schuld der Ulemas entstanden war.

*) Dies feine Urteil Bahá’u’lláhs besiegte bei dieser Gelegenheit die Bosheit Seiner Feinde, die sicherlich nie einig geworden wären, was für ein Wunder sie wählen sollten.

**) Das Gebiet um Bagdad herum.

Als Bahá’u’lláh in das Gefängnis im heiligen Lande kam, vergegenwärtigten sich die weisen Männer, daß die frohen Botschaften, die Gott den Menschen vor 2—3000 Jahren durch den Mund der Propheten kundgab, nun verwirklicht wurden und daß Gott Seine Verheißungen erfüllte; denn einigen Seiner Propheten hat Er geoffenbart und kundgetan, daß „der Herr der Heerscharen im heiligen Lande erscheinen werde.“ Alle diese Verheißungen waren nun erfüllt, und es [Seite 40] ist nicht leicht denkbar, wie Bahá’u’lláh ohne die Verfolgungen Seiner Feinde und ohne die Verbannung hätte gezwungen werden können, Persien zu verlassen, um Sein Zelt im heiligen Land aufzurichten. Seine Feinde beabsichtigten mit dieser Einkerkerung, die gesegnete Sache vollständig zu vernichten, aber dies Gefängnis war in Wirklichkeit eine große Hilfe und wurde zum Mittel ihrer Entfaltung. Der göttliche Ruf Bahá’u’lláhs erreichte den Osten und den Westen und die Strahlen der Sonne der Wahrheit erleuchteten die ganze Welt. Preis sei Gott! Obwohl Er ein Gefangener war, wurde Sein Zelt doch auf dem Berge Karmel aufgerichtet, und Er bewegte sich in der weiteren Umgebung in größter Hoheit. Jeder, der in Seine Nähe kam, Freund oder Fremder pflegte zu sagen: „Dies ist ein Fürst und kein Gefangener.“

Gleich nach Seiner Ankunft in diesem Gefängnis sandte Er durch den französischen Gesandten ein Sendschreiben an Napoleon III. Der Hauptinhalt dieses Schreibens war: „Erkundige Dich, was für ein Verbrechen Wir begangen haben und warum Wir in diesem Gefängnis und Kerker eingesperrt sind.“ Napoleon gab keine Antwort. Bahá’u’lláh schickte ihm ein zweites Sendschreiben, das im Suratu’l-Haikal *) enthalten ist. Ein Auszug davon lautet: „O Napoleon! Da Du nicht auf Meinen Ruf gehört und ihn nicht beantwortet hast, so wird Dir Deine Herrschaft binnen kurzem aus den Händen genommen und Du wirst zugrunde gerichtet werden.“ Dies Sendschreiben wurde Napoleon durch Cäsar Kitafagoo, den Sohn des französischen Konsuls in Syrien, mit dem Bahá’u’lláh in freundschaftlichen Beziehungen stand, per Post übermittelt, was allen denen bekannt war, welche die Verbannung mit Ihm teilten. Der Inhalt dieses Warnungsrufes verbreitete sich über ganz Persien, denn gerade zu dieser Zeit wurde der Kitab’ul Haikel in Persien herausgegeben, und dieser Brief ist darin enthalten. Dies ereignete sich im Jahre 1869, und als der Surat’ul-Haikel durch die Hände aller Gläubigen in Persien und Indien ging, erwarteten sie gespannt die kommenden Ereignisse. Bald darauf, im Jahre 1870 brach der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich aus, und obwohl zu jener Zeit niemand an den Sieg Deutschlands dachte, wurde Napoleon geschlagen. Er ergab sich seinen Feinden und seine Herrlichkeit verwandelte sich in tiefste Erniedrigung.

*) Eines der Werke Bahá’u’lláhs, das Er bald nach Seiner Erklärung schrieb.

Auch an andere Könige wurden Sendschreiben *) gesandt. Eines derselben ging an Seine Majestät Nasiru’d-Din Schah. In diesem Sendschreiben sagte Bahá’u’lláh: „Laß Mich vorladen, versammle die Ulemas und frage nach Beweisen, auf daß die Wahrheit und der Irrtum offenbar werde.“ S.M. Nasiru’d-Din Schah sandte dies gesegnete Schreiben an die Ulemas und schlug ihnen vor, sie möchten dem Wunsch Bahá’u’lláhs nachkommen, aber sie wagten es nicht. Dann bat er sieben der berühmtesten Ulemas, diese Aufforderung schriftlich zu beantworten. Nach einiger Zeit gaben sie dem Schah den gesegneten Brief zurück und sagten: „Dieser Mann ist ein Gegner der Religion und der Feind des Schah.” S.M. der Schah von Persien war sehr böse und sagte: „Dies ist eine Frage, die sich um Beweise und Begründungen, um Wahrheit oder Irrtum dreht; was hat sie mit der Feindschaft gegenüber der Regierung zu tun? Ach, wie hoch schätzten wir diese Ulemas, die nicht einmal dies Sendschreiben beantworten können.“

*) Auch Tablets genannt.

Alles, was in den Sendschreiben an die Könige vorausgesagt wurde, geht in Erfüllung. Wenn wir alle Ereignisse vom Jahre 1870 an mit diesen Prophezeiungen vergleichen, so werden wir finden, daß nahezu alle erfüllt sind, nur einiges, das später eintreffen wird, ist noch übrig geblieben.

Auch fremde Völker und Glaubensgemeinschaften, die nicht an Bahá’u’lláh glauben, schrieben Ihm viel Wunderbares zu. Einige sagten, Er sei ein Heiliger (Wali) und andere schrieben sogar über Ihn. Einer von ihnen namens Siyyid Dawoudi, ein sunnitischer Gelehrter aus Bagdad schrieb eine kurze Abhandlung, in der er einige übernatürliche Taten von Ihm berichtete. Selbst heute gibt es noch im ganzen Osten manche Menschen, die zwar nicht an Seine Manifestation glauben, Ihn aber trotzdem für einen Heiligen halten und an Seine Wunder glauben.

Kurz gesagt, sowohl Seine Gegner als Seine Anhänger, sowie diejenigen, die an diesem heiligen Ort empfangen wurden, bezeugten die Größe Bahá’u’lláh. Auch die, welche nicht an Ihn glaubten, anerkannten doch stets Seine Hoheit, und sobald sie den heiligen Ort betraten, übte die Gegenwart [Seite 41] Bahá’u’lláhs auf die meisten eine solche Wirkung aus, daß sie keines Wortes fähig waren. Wie oft kam es vor, daß einer Seiner erbittertsten Feinde sich vornahm, dies und jenes zu Ihm zu sagen und mit Ihm zu diskutieren und zu rechten. Aber sobald er in Seine heilige Nähe kam, wurde er bestürzt und verwirrt und brachte kein Wort hervor.

Bahá’u’lláh hatte niemals arabisch gelernt. Er hatte keinen Hofmeister oder Lehrer, auch besuchte er nie eine Schule; trotzdem riefen Seine beredten und schönen, gesegneten Darlegungen in arabisch und Seine arabischen Schriften bei den tüchtigsten arabischen Gelehrten Erstaunen und Bestürzung hervor, und alle anerkannten und erklärten, daß Er unvergleichlich und unübertroffen sei.

Wenn wir die Bibel sorgfältig studieren, so finden wir nie, daß die göttliche Manifestation zu denen, die Sie leugneten, sagte: „Welches Wunder ihr auch wünscht, Ich bin bereit, es zu vollbringen, und Ich will Mich jeder von euch gewünschten Prüfung unterziehen.“ Aber in dem Sendschreiben an den Schah sagte Bahá’u’lláh klar: „Versammle die Ulemas und lade Mich vor, damit Beweise und Zeugnisse erbracht werden *)“.

*) Damit, daß 'Abdu'l-Bahá diesem Beispiel des feinen Gefühls Bahá’u’lláhs solche Wichtigkeit beimißt, will Er betonen, wie nutzlos es ist, Wunder als einen Beweis der Echtheit der Manifestationen Gottes anzusehen. Vergl. Kapitel 22 „Wunder“.

Fünfzig Jahre lang stand Bahá’u’lláh Seinen Feinden wie ein Fels gegenüber; alle wünschten Seine völlige Vernichtung. Wohl tausendmal hatten sie sich vorgenommen, Ihn zu kreuzigen und zu verderben, und während dieser fünfzig Jahre war Er in beständiger Gefahr.

Heute befindet sich Persien in einem derartigen Zustand des Verfalls und Niedergangs, daß alle denkenden Menschen sowohl Perser als Fremde, die den wahren Stand der Dinge richtig beurteilen, anerkennen, daß der Fortschritt Persiens, seine Zivilisation. und Wiederaufrichtung von der Verbreitung der Lehren und der Entfaltung der Gedanken dieser großen Persönlichkeit abhängen.

Christus erweckte an Seinem gesegneten Tag in Wirklichkeit nur 11 Männer; der größte unter ihnen war Petrus, der ihn jedoch, als er versucht wurde, dreimal verleugnete.

Trotz dieser Tatsache durchdrang die Sache Christi später die Welt. An dem jetzigen Tag erweckte Bahá’u’lláh Tausende von Seelen, die noch unter dem drohenden Schwert, den Ruf Ya Bahá el Abhá *) gen Himmel sandten, und deren Gesichter in dem Feuer der Prüfungen leuchteten wie Gold. Bedenket daher, was sich in der Zukunft ereignen wird!

Wir müssen nun gerecht sein und eingestehen, welch’ ein Erzieher dies herrliche Wesen war, welch’ wundervolle Zeichen durch Ihn offenbart und welche Kraft und Macht durch Ihn in der Welt verwirklicht wurden.

*) Ein Ruf, der von den Bahai als Bekenntnis ihres Glaubens gebraucht wird und buchstäblich „O Herrlicher der Herrlichsten“ heißt."



Das Christentum in der Bahái-Botschaft.

Lady Sitarih Blomfield. Deutsche Uebersetzung von Karl Klitzing.

„Niemand hat Christus je so geliebt, wie ich es tue.“

'Abdu'l-Bahá.

„Sollte ein Diener wünschen, die Worte, Taten und Handlungen anderer Diener zu verrichten, die bewußt oder unbewußt das Banner der Kenntnis Gottes und Seines Erwählten sind, so wird er nie den Rizwan der Kenntnis des Herrn der Macht betreten.“

Bahá’u’lláh.

Hunderttausende unserer östlichen Brüder, sowohl Juden als auch Moslemiten, haben durch die Lehren von 'Abdu'l-Bahá gelernt, daß Seine Heiligkeit Christus der göttliche Geist, der Sohn Gottes ist.

Einige junge jüdische Männer kamen auf einer Pilgerfahrt aus Persien nach dem Heiligen Lande. Nachdem sie 'Abdu'l-Bahá begrüßt hatten und von Ihm gesegnet waren, sagten sie: „Jetzt gehen wir nach Jerusalem, um Fürbitte zu leisten und über die Blindheit unserer Vorväter zu weinen, weil sie unseren Messias verwarfen und kreuzigten. Unsere Eltern gaben uns auch diesen Auftrag, damit wir ihren Jammer beseitigen und für sie Vergebung erflehen sollten.“

Wieder kam ein junger jüdischer Soldat zu 'Abdu'l-Bahá und sagte: „Ich kann ihren vermeintlichen Messias nicht anerkennen, [Seite 42] welchen sie Jesus Christus nennen, aber ich kann Bahá’u’lláh als unseren Messias erkennen und annehmen.“

'Abdu'l-Bahá sagte zu ihm: „Du kannst nicht ein Jünger von Bahá’u’lláh werden, bis du glaubst, daß Seine Heiligkeit Christus der göttliche Geist, der Sohn Gottes ist.“

Ein Arzt, welcher in Alexandrien gewesen war, wo er 'Abdu'l-Bahá sah und Augenzeuge von Seinem Christus ähnlichen Leben war, sagte mir, daß er zum ersten Male fähig gewesen wäre, zu verstehen, wie der Herr Christus auch gewesen sein müßte. „Jetzt bin ich fähig, zu glauben,“ sagte er.

Die Bahái-Lehre hat den allumfassenden Geist der Gebote Christi.

Bahá’u’lláh gab niemand von uns den Rat, unsere Religion zu wechseln, sondern dem Gesetz Gottes zu gehorchen, wie es in dem Kern von jeder Religion zu finden ist, damit unsere Religion uns verändern möchte. Ein ganz anderer Vorschlag!

Niemand, der durch den Geist des Christentums berührt worden ist, kann nach genauer Prüfung und Ueberlegung umhin, anzuerkennen, daß die Bahái-Offenbarung wahrlich die Vollendung des Christentums ist.

Denn ein wirklicher Christ im Geist und in der Wahrheit zu sein, heißt ein Bahái sein — ein Verehrer des Lichtes — und ein wahrer Bahái zu sein, heißt ein Christ sein, denn er bringt die Gesetze des Christentums zur Ausführung, indem er die wunderbaren Worte in die Tat umsetzt. Die Gesetze von Bahá’u’lláh stellen dieselbe Anforderung an die Bewegung, wie es das Christentum an den Einzelnen tat: da eine Goldene Bruderschaft nur aus kleinen Einzelwesen gebildet werden kann, so hat die Arbeit notwendigerweise bei den Einzelwesen zu beginnen. Wir können keine Bruderschaft ohne Brüder haben. Diese Lehre sagt nicht nur: „Lehret die Menschen, Brüder zu sein,“ sondern „Gehet hinaus in alle Welt, in den Osten und Westen, Norden und Süden, wo auch immer euer Ruf euch hinbringen mag und seid Brüder zu allen Menschen, zu denen von eurer eigenen Nation, Farbe oder eurem eigenen Glauben, oder von irgend einem anderen Volksstamm, einer anderen Rasse oder Religion. Seid Brüder der Hilfe und des Trostes, der Sympathie und des Verständnisses, indem ihr liebende Güte gegen alle ohne Grenze beweist.“ Was uns helfen wird, diese lebengebende Wahrheit zu erlangen, ist, daß die geistige Bedeutung in den Lehren von Bahá’u’lláh von derselben Art ist, wie in der Lehre von Jesus Christus, den Bedürfnissen des gegenwärtigen Tages dieser Welt, welche „mit Tränen benetzt“ ist, angepaßt.

Es wird uns helfen, diese erhabene Wahrheit zu verstehen, wenn wir einige von den Aeußerungen 'Abdu'l-Bahás betrachten, die in diesem Zusammenhang zur Erklärung gegeben und in den „Geistigen Ansprachen in Paris und London“ veröffentlicht sind: „Wenn ihr einem Ausländer begegnet, seid zu ihm wie ein Freund. Wenn er sich vereinsamt zu fühlen scheint, versucht ihm zu helfen. Leistet ihm willige Dienste. Wenn er traurig ist, tröstet ihn, wenn arm, unterstützt ihn, wenn bedrückt, erleichtert ihn, wenn im Unglück, erfreut ihn. Wenn ihr so handelt, so werdet ihr der Welt zeigen, daß ihr nicht nur in Worten, sondern in der Tat und in der Wahrheit alle Menschen für eure Brüder haltet.

Welchen Zweck hat es, damit übereinzustimmen, daß universale Freundschaft gut ist, und von der Solidarität der menschlichen Rasse als von einem großen Ideal zu sprechen? Wenn diese Gedanken in der Welt nicht in die Tat umgesetzt werden, sind sie wertlos.

Das Unrecht in der Welt besteht weiter, weil die Menschen nur von ihren Idealen sprechen und nicht bestrebt sind, sie in die Tat umzusetzen. Wenn Taten die Stelle von diesen Worten einnehmen würden, würde das Elend in der Welt sehr bald in Wohlfahrt verändert sein.

In der Vergangenheit wie in der Gegenwart hat die Geistige Sonne der Wahrheit immer vom Horizont des Ostens geschienen. Am östlichen Horizont erhob sich Jesus Christus. Bahá’u’lláh lebte und lehrte im Osten. Obgleich die Sonne von Christus im Osten schien, waren ihre Strahlen im Westen sichtbar, wo der Glanz ihrer Herrlichkeit [Seite 43] deutlicher gesehen wurde. Das göttliche Licht von Seiner Lehre schien mit größerer Kraft in die westliche Welt, wo es einen schnelleren Fortlauf nahm, als in dem Lande seines Ursprungs.

Der vollkommene Mensch ist wie ein rein polierter Spiegel, der die Sonne der Wahrheit widerstrahlt, der die Eigenschaften Gottes offenbart. Der Herr Christus sagte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“

Gott, geoffenbart im Menschen. In der Offenbarung Gottes, dem vollkommen polierten Spiegel, erscheinen die Eigenschaften des Höchsten in einer Weise, die der Mensch fähig ist, zu begreifen.

In der ersten Zeit war die Zivilisation des Christentums die beste und erleuchtetste auf der Welt.

Die Christliche Lehre wurde durch die Göttliche Sonne der Wahrheit erleuchtet, daher wurden ihre Anhänger gelehrt, alle Menschen als Brüder zu lieben, nichts zu fürchten, selbst nicht den Tod, ihre Nächsten als sich selbst zu lieben und ihre eigenen selbstsüchtigen Interessen zu vergessen, dafür aber für die höchste Wohlfahrt der Menschheit zu streben. Der hohe Geist der Religion Christi war, die Herzen aller Menschen näher zu Gottes strahlender Wahrheit zu führen.

Wenn die Anhänger Jesu Christi fortgefahren wären, diese Prinzipien mit standhafter Ergebenheit auszuführen, so wäre die Erneuerung der christlichen Botschaft nicht nötig gewesen, auch hätte eine Notwendigkeit zur Wiedererweckung Seines Volkes nicht bestanden! Denn eine große und herrliche Zivilisation würde jetzt die Welt beherrschen, und das Königreich des Himmels würde auf Erden gekommen sein. Was hat aber statt dessen stattgefunden? Die Menschen wandten sich von der Befolgung der göttlich erleuchteten Gebote ihres Meisters ab, und der Winter fiel auf die menschlichen Herzen. Denn wie der Körper des Menschen zu seinem Wohlergehen von den Strahlen der Sonne abhängt, so können die himmlischen Tugenden in der Seele nicht ohne die Strahlen der Sonne der Wahrheit gedeihen.

Gott läßt Seine Kinder nicht hilflos, sondern wenn die Dunkelheit des Winters sie überschattet, dann sendet Er Seine Botschafter zur Erneuerung des Geistigen Frühlings wieder. Die Sonne der Wahrheit leuchtet wieder am Horizont der Welt und scheint in die Augen derer, die schlafen, indem sie sie weckt, um die Herrlichkeit eines neu anbrechenden Tages zu schauen.

Dann blüht der Baum der Menschheit von neuem und bringt die Frucht der Gerechtigkeit zur Heilung der Nationen hervor.

Weil der Mensch seine Ohren der Stimme der Wahrheit verstopft und seine Augen dem heiligen Licht verschlossen hat, hat die Dunkelheit des Krieges und Aufruhrs, der Unruhe und des Elendes die Erde verwüstet.

Möge jedes Kind Gottes in den Schein der Sonne der Wahrheit gebracht werden, daß die Dunkelheit des Uebels durch die durchdringenden Strahlen Ihres Glanzes verscheucht und die Rauheit und Kälte des Winters durch die wohltuende Wärme ihres Scheines hinweggeschmolzen werden möge.

Der Schall der Stimme Christi hallte einst in allen Ländern der westlichen Welt wieder und drang dort in die Herzen des Volkes ein... Es ist lange her seit die Sonne der Wahrheit, wie sie durch Jesus Christus ausgestrahlt wurde, ihren Glanz auf den Westen ausgeschüttet hat, denn das Angesicht Gottes ist durch die Sünde und Nachlässigkeit des Menschen verhüllt worden. Aber jetzt spricht, Gott sei gepriesen, der Heilige Geist erneut zur Welt! Der Stern der Liebe, Weisheit und Macht leuchtet von neuem am Horizont, allen denen, die ihr Gesicht dem Lichte Gottes zuwenden, Freude spendend.

Bahá’u’lláh hat den Schleier des Vorurteils und der Einbildung, welcher die Seelen der Menschen erstickte, zerrissen! Möge Herz und Seele in jedem Menschen wieder belebt werden, so werden sie sich alle einer „Neuen Geburt“ erfreuen. Dann wird die Menschheit ein neues Gewand in dem Lichte der Liebe Gottes anlegen, und es wird die Morgendämmerung einer „Neuen Schöpfung“ sein. Möchten alle ergebene und liebevolle Mitarbeiter an dem Bau der neuen geistigen Zivilisation tätig sein, als Werkzeug Gottes, im freiwilligen, freudigen Gehorsam, indem sie Sein herrliches Vorhaben ausführen. [Seite 44]

„Keine weltliche Macht kann die universale Liebe zustande bringen.“

Ebenso wie Jesus Christus „nicht kam, um das Gesetz zu zerstören, sondern das Gesetz zu erfüllen“, so kam Bahá’u’lláh, uns in jenes Königreich einzuführen, für welches Jesus Christus uns vor nahezu zweitausend Jahren zu beten lehrte. Kein Anti-Christentum, sondern ein wahrhaftes Christentum ist diese Lehre! Und wieder helfen uns die folgenden Worte 'Abdu'l-Bahás zu einem besseren Verständnis:

„Seine Feinde setzten dem Herrn Christus eine Dornenkrone aufs Haupt, aber vor ihr haben sich irdische Kronen aus Gold und Juwelen geneigt, indem sie ihre Würde, Macht und Stärke vor dem sanftmütigen und liebevollen Herrn beugten.

Christus ist immer in der Welt. Er ist nie daraus verschwunden... Seid versichert, daß Christus gegenwärtig ist. Die geistige Schönheit, welche wir in diesen Tagen um uns sehen, stammt von dem hl. Odem Christi.

Der leuchtende Stern Jesus Christus erschien am östlichen Horizont bei den Israeliten und erleuchtete die Welt, bis alle Sekten, Glaubensgemeinschaften und Nationen von der Schönheit der Einigkeit unterrichtet waren. Es gibt keinen stärkeren Beweis als diesen, daß Er das Wort Gottes war.. Ebenso wie Christus Seine Botschaft dem Volke brachte, so bringt Bahá’u’lláh dieselbe Botschaft, indem Er die Gebote, daß Taten an die Stelle von Worten treten sollen, erneuert und wiederholt.“ Zu jeder Zeit sendet Gott einen Großen Verheißenen zu uns, damit wir neues Leben empfangen, aber die Wahrheit, welche jeder Offenbarer bringt, ist dieselbe und stammt aus derselben Quelle. Die Wahrheit verändert sich nie, aber die Vorstellung der Menschen verändert sich. Die Verschiedenheit der äußeren Formen wirken verdunkelnd und verwirrend. Was sind Formen? Die Wahrheit ist leicht zu verstehen, obgleich die äußeren Formen, in welcher sie häufig ausgedrückt ist, die Einsicht irreführen. Wenn die Menschen geistig wachsen, sehen sie die Bedeutungslosigkeit der von Menschen geschaffenen Formen ein und verachten sie zuweilen. Daher wenden sich viele von den Kirchen ab, weil die letzteren oft nur die äußere Form zum Ausdruck bringen.

„Die Wahrheit ist dieselbe, wenn auch ihre Offenbarer ganz verschieden sein mögen. Die Töne aus der Flöte sind verschieden. Musik gibt es aber nur Eine!“

Bahá’u’lláh verkündete, daß die Wahrheit für dieses Zeitalter die Verwirklichung der geistigen Bruderschaft des Menschen wäre. Daher waren an 'Abdu'l-Bahás Tafel Menschen aus allen Nationen, Lebensstellungen, Glaubensbekenntnissen und Sprachen der Welt versammelt.

Es ist der einzige Platz auf der Welt, wo Christen, Juden, Muselmänner, Zoroastrier, Hindus und Buddhisten zusammenkommen in vollkommener Harmonie und freundschaftlichem Einvernehmen... „Aber ihre Kaste?” Der Hindu-Pilger erwiderte: „In der Umgebung 'Abdu'l-Bahás gibt es keine Kaste.“

Bahá’u’lláh lehrte die Einheit der Menschheit, das heißt: alle Menschenkinder befinden sich unter der Gnade des Großen Gottes. Er hat die Krone der Menschheitswürde auf das Haupt von jedem Diener Gottes gesetzt. Daher müssen sich alle Nationen und Völker als Brüder betrachten. Sie sind die Zweige, Blätter, Blüten und Früchte Eines Baumes.

Um dies Königreich Gottes auf Erden aufzurichten, erduldete Bahá’u’lláh große Schwierigkeiten, Bedrückungen, Einkerkerungen und große Verfolgung! Selbst in dem Festungsgefängnis Akka errichtete Er einen Geistigen Palast, und aus der Finsternis Seines Gefängnisses sandte Er ein großes Licht in die Welt hinaus.

Prof. Mich. Sadler, der in diesem Zusammenhange sprach, sagte: „Obgleich wir alle in unserer religiösen Ueberzeugung unsere eigenen Neigungen haben, so bringt 'Abdu'l-Bahá zu uns allen eine Botschaft der Einheit, der Sympathie und des Friedens. Er gebietet uns allen, in dem, was wir zu glauben bekennen, wahr und treu zu sein, und vor allem den Geist hinter der Form zum Ausdruck zu bringen. Mit Ihm beugen wir uns vor dem heiligen Namen, vor dem, von dem alles Leben ist: das Unsichtbare Leben! [Seite 45] Er gebietet uns, Gott in völliger Anhänglichkeit an unseren eigenen Glauben zu verehren, nur mit etwas größerem Verlangen nach Eintracht, Brüderschaft und Liebe, damit wir selbst geistiger werden und zwar mit ganzem Herzen, daß wir mehr in den Geist Gottes eintreten können, welcher über allem Standes- und Rassenunterschied und über der Zeit steht.

Ich könnte, wenn die Zeit es erlaubte, viele Aussprüche von großen Denkern und Arbeitern für die Wohlfahrt der menschlichen Rasse anführen, welche in den Lehren von Bahá’u’lláh das größte Heilmittel für die schlimmen Krankheiten, welche den kranken Körper der Menschheit quälen, sehen, in der Tat: ein Dynamisches Christentum. Dr. David Starr Jordan von der Leland Stanford Universität in Californien, Vereinigte Staaten von Amerika, sagte: „Da ist einer, der fähig ist, den Osten und Westen zu vereinigen: beides, die geistige und materielle Zivilisation, und dieser Eine ist 'Abdu'l-Bahá, denn Er schreitet den Geheimnisvollen Weg schaffenden Fußes.“ Er sagte uns, was jetzt, an diesem Tage nötig ist.



Morgenfeier am Ostersonntag beim 5. Bahai-Kongreß 1927.

Ansprache von Frau Alice Schwarz.

„Der Tag des Herrn“

Preist Ihn laut, den Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat. Preist Ihn laut, Der uns das Zeichen Seiner großen Liebe durch den Verkünder Seiner Worte, Bahá’u’lláh, gegeben hat. Lobsingt Seinem Namen, dem herrlichsten, dem unfaßbaren, dem mächtigen, den wir nie ausdenken, den wir nur ahnen können, und dem wir uns in unendlicher Sehnsucht nahen, weil wir fühlen, daß wir nur in Seinem Licht glücklich sein können. An diesem großen Tag der Offenbarung am 7. Tag des Herrn spricht Er mit gewaltigen Worten zu allen Menschenkindern und ruft sie aus ihrem Schlaf zum neuen Leben. Der heutige Tag ist die Auferstehung allen Glaubens bei allen Völkern, in jeder Religion. Er bringt die Vollendung des Wortes, das der früheren Propheten Mund sprach zur Erfüllung und zur höchsten Reife. In einer allesumfassenden großen Linienführung hat das Wort des Propheten den Weg gewiesen für die künftige Entwicklung in eine Zeit, die sich zu gestalten vermag, wie wir es heute uns nicht ausdenken können, die einen so neuen und weiten Horizont für die Menschheit schafft. Die trennenden Schranken fallen, die beengenden Dogmen sind veraltet, ein neuer Geist zieht durch die Welt, dem sich zu widersetzen kein Mensch vermag. Dieser Geist durchdringt das All und findet die Menschen, ob sie sich mit finsterem Trotz auch dagegen stellen. In einem Siegeszug durchdringt dieser belebende Odem alles Geschehen und schafft neue Werte und wie im Frühling regt sich neues Leben im Pulsschlag der Zeit. Und 'Abdu'l-Bahá, den Bahá’u’lláh uns als Mittelpunkt des Bundes bezeichnete, hat diesen großen Plan in deutlicher Ausführung gezeigt und nichts unerwähnt gelassen, was zur Entwicklung der Menschen, zur Neugestaltung der Zeit von so großem Nutzen ist. Lassen wir die Stunden in uns lebendig werden, da unser geliebter Meister in unser aller Herz geschaut hat, da Sein strahlender, gütiger Blick auf unserem Antlitz geruht hat, da Seine segnenden Hände sich auf unser Haupt legten und Er zu uns Worte sprach, die in uns eine Wandlung vollbracht haben, die uns im tiefinnersten Herzen berührten. Sein Werk ist vollbracht. Seine geliebten Augen haben sich geschlossen, doch Er hat die hl. Sache in die treue Hut unseres Beschützers, Shoghi Effendi, gelegt, dem wir uns zu selbstloser Mitarbeit verpflichtet haben, um in nimmermüdem Dienst auf jede Weise die hl. Sache zu verbreiten und sie, wo immer uns Gelegenheit geboten wird, zu fördern. Wie groß ist die Lehre Bahá’u’lláhs. Nie gedachte Gedanken bringt Er in die Welt, noch nie ausgesprochene Worte spricht Sein Mund. Dieser große Gesandte des Herrn ist uns ein Geheimnis, denn wir in unserem alltäglichen Denken, reichen nicht an den Saum Seines Gewandes, nicht an Sein Begreifen, Sein Schauen, Sein Wissen, denn dieses war von Gott. Und welcher Mut und welche Kraft war Ihm vom Allmächtigen geschenkt, daß Er einer ganzen Welt voll Schatten entgegentreten konnte und alle diese Schatten besiegte und die Welt mit neuem Sonnenlicht erfüllte. Er hat das Wort „Weltfriede“ ausgesprochen nach all der vielen Trauer, die durch unfassliches Geschehen die Völker ihrer Besten beraubte, Er sprach das große Wort der „Einheit des Menschengeschlechts.“ Er verlangte die „einheitlich eingeführte Sprache“ und wir haben heute Esperanto, [Seite 46] das uns ermöglicht, die Literatur, die Geschehnisse und geistigen Schätze aller Völker und aller Zonen in vielleicht nicht allzu ferner Zeit auf diesem Wege um die ganze Erde bekannt zu geben. Doch, es wird die Zeit kommen, da wir nicht einer Sprache mehr bedürfen, denn wir werden die Sprache des Herzens verstehen und ein Blick wird genügen, um unendlich viel Ungesprochenes von Herz zu Herz verständlich zu machen. Diese Sprache des Herzens haben wir in Haifa gelernt.

Wie sich die Welt entwickelt, wissen wir nicht. Gott hat immer andere Wege, als unser Menschenverstand sich auszudenken vermag, eingeschlagen, aber an uns ist es, die Gnadenzeit zu nützen, die Er uns auf dieser Welt geschenkt, an uns ist es, uns zu mühen und empor zu entwickeln und uns geistig zu veredeln und dadurch näher zu Ihm zu gelangen. Und alle Anrufungen unserer Gebete, alle unsere Versuche, Ihn zu finden, werden ja in so deutlichster Weise immer wieder und immer wieder beantwortet. Erleuchtung im Lichte ist es, die wir suchen und Heiligung unseres Wesens tut uns not. Es gibt wohl Zeiten, wo wir scheinbar nicht in dem Maße uns Gott nahen können, wo selbst unser Gebet nur ein Stammeln ist und es mag uns dünken, als ob wir stehen geblieben und zurückgegangen seien, aber auch dies war notwendig und später erkennen wir, daß das keine Zeit des Rückgangs sondern eine Zeit des Reifens gewesen ist, daß Dinge, die in uns geistig erwacht sind, uns gefördert haben, diese hohe Gnadenzeit des wissentlichen Vorwärtsschreitens ist keine ständige. Wer aber in den Lichtring dieses neuen Tages Gottes getreten ist, der sehnt sich unaufhörlich nach dieser Zeit der engsten Verbindung mit dieser Lichtquelle. Diese göttliche Gnade, die dieser Tag des Herrn uns brachte, auf den alle früheren Gesandten Gottes als Gipfelpunkt ihrer Offenbarungen geblickt haben, ist uns zuteil geworden; unter der großen Zahl von Menschen sind wir es, die erkennen durften, was die „Herrlichkeit Gottes“ - Bahá’u’lláh — bedeutet. Wie viele Menschen um uns, neben uns, hören wohl, aber sie zählen nicht zu den Erleuchteten, die diesen unbeschreiblichen Segen erkannt haben. In diesem großen Gedanken an Gott, in der hl. Erkenntnis Seines unendlichen, barmherzigen Waltens wird unser Herz stille in Freud und Leid. Wir alle, die wir im Weltleben stehen, es brandet, wogt an uns heran, aber es berührt uns nicht, denn der Geist in uns ist so lebendig geworden, daß wir des wahren Wertes seiner Bedeutung bewußt werden. Wenn wir täglich uns vertraut machen mit den Worten des Gesandten Gottes, so lesen wir jeden Tag neue Werte darin in dem unerschöpflichen Quell der Weisheit, der Tiefe. Heute, an diesem Tag des Herrn jauchzt alle Welt, die ganze Natur preist Gott und alle Lichtwesen im Himmel und auf Erden lobsingen dem Herrn. Denn nicht allein für uns Menschen ist Bahá’u’lláh in die Welt gekommen, sondern Seine Verkündigung geschah in allen Welten Gottes. In tiefster Dankbarkeit gegen unseren Schöpfer wollen wir unser Haupt und unsere Kniee beugen in Seiner Anbetung und Lobpreisung und Ihm mit unablässiger Liebe und Treue dienen, Der uns in so überreicher Herrlichkeit Seine Liebe schenkt.

Alláh’o’Abhá.“



Osterlied.

Von Adalbert Mühlschlegel gedichtet zum 5. Deutschen Bahai-Kongreß Ostern 1927.


Einst war es Lenz gewesen — bald zwei Jahrtausende sind’s -

da flammte Morgenrot über den Landen.

Klar dröhnte der Ruf durch Wirbel brausenden Winds:

„Steht auf, steht auf aus traurigen Banden!“


Da regt’ sich, erhob sich aus uralter Gruft

Samen aus Adams Zeiten.

Was im Fleische gebannt,

was vom Kreuz übermannt,

was zerbrochen an Zweifel und Leiden.


Jungsüßer Düfte

zarte Gebilde

durchzogen die Lüfte

über Gefilde

keimenden Lebens, göttliche Saat,

küßten die schwellenden Kräfte zur Tat.


Da sprangen die Knospen, da barsten die Schollen

in grünendem Werden allüberallhin.

Da wuchs das Sehnen zum wissenden Wollen,

zum Willen des Wortes seit Urbeginn:

„Werde Fleisch, uns innewohnend,

[Seite 47] Werde Tat, uns wesenseins,

Gut und Böse in sich lohnend,

Eins in Neun und Neun in Eins.“


Grünendes Werden allüberallhin

schenkte der Welt des Wortes Sinn.


Es blühte diese Weltenrunde

in jugendfrohem Schöpferdrang

und maß die Zeiten Stund um Stunde

in reifem, sommerlichem Gang,

und gab den Völkern neue Ernte,

erbaute neu des Vaters Thron

und wurde älter — und verlernte

den Lebensquell im Menschensohn.

So stand im Gold des Herbsteswaldes

sie würdeschwer und leuchtend noch,

als schon ein trüb herangeballtes

Gewölk von Nebeln sie umkroch.

Aufs Land der Menschen sanken Schleier,

Das Licht ward matt, die Flamme kalt,

aus Sonnenglanz ward schwelend Feuer,

aus Wahrheit Irrtum, spröd und alt.


Der Völker Recht befiehlt das Schwert,

Vernunft und Glaube blieben Feind,

die Herzen blieben unvereint,

die harten Mauern unversehrt.

Der Gott, im Menschenleib gebannt,

blieb unerlöst und unerkannt.

Und des Winters weiße Kühle

deckte des Verfalls Gewühle

wie die ernste Hand des Todes.


Mensch, du Ebenbild des Gottes, Sehnsucht seines Schöpferwillens,

ewige Sorge des Erfüllens,

wann kommt deine große Stunde

heiß errungener Selbsterlösung?


Schau! im Dunste der Verwesung

alten Moders, alten Tandes

ruft die neue Weltenrunde.

Horch! schon bringen fröhliche Winde

dir die Weltenfrühlingskunde.

Hörst du sie sausen von Bergeshöhn?

Leise — jetzt lauter in mächt’gem Getön:

Allá’o’Abhá.

Die Sonne ist da.

Der Tag der Erlösung naht sich der Welt.

Wacht auf! Wacht auf!

Begrüßt ihren Lauf,

der die Erde strahlend erhellt!


Da regt sich, erhebt sich aus uralter Gruft

Samen aus Adams Zeiten.

Was im Fleische gebannt,

was vom Kreuz übermannt,

was zerbrochen an Zweifel und Leiden.

Heil’ger Gedanken

Feuergebilde

sprengen die Schranken,

segnen Gefilde

keimenden Lebens, göttliche Saat,

rufen die schwellenden Kräfte zur Tat,

öffnen das Tor, dem Höchsten geweiht,

strahlen um „Gottes Herrlichkeit“,

rufen die schlafenden Völker empor

mit österlich frohem Posaunenchor:


Steht auf! der Tag

in heil’ger Stund’

bricht jubelnd ein

ins Erdenrund.

Steht auf! die Kraft

die euch ersteht,

darin Er schafft

ist euer Gebet.

Steht auf, die Not,

die zu euch kommt,

ist täglich Brot,

das wohl euch frommt.

Steht auf, die Tat,

die Er euch weist,

Ist Seine Gnad’

aus Seinem Geist.

Steht auf! Steht auf!

Begrüßt seinen Lauf!

Steht auf!


Es schwingt der Ruf die Welt entlang

wie Ostermorgenglockenklang

ist Licht der Nacht, ist Trost dem Leiden;

erklingt in fernsten Ewigkeiten.

[Seite 48]


Tablet an den Kronprinz Friedrich von Deutschland.

Kaiser Friedrich III. von Deutschland machte als Kronprinz eine Reise nach Syrien und ließ dabei die große Einladung, die er von Bahá’u’lláh — Ihn in Akka aufzusuchen — erhalten hatte, gänzlich außer acht. Dafür ging ihm von Bahá’u’lláh eine Botschaft des Inhalts zu, daß er sein Land nie selbst regieren werde. Er wurde bekanntlich auf seinem Totenbett gekrönt und starb drei Monate später, ohne sein Land auch nur einen Tag regiert zu haben.

Bahá’u’lláh offenbarte diesem Herrscher in einem Tablet folgendes über sein Kaiserreich:

„O ihr Gestade am Rhein, wir haben euch mit Blut gedrängt gesehen, weil das Schwert der Vergeltung wider euch gezückt ward, und noch andere Trübsale werden über euch kommen. Wir hören das Weheklagen in Berlin, obschon dein Haus heute noch in sichtbarer Herrlichkeit steht!“


Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart

Fernsprecher S. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 35

In unserem Verlag sind erschienen:

1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20

2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20

3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10

4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10

5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50

6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50

7. Verborgene Worte von Baha o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--

8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50

9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50

10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50

11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15

12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,

in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50

in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--

13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,

in Halbleinen geb. . . . . 4.--

In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50

14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps.

Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50

15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50

16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. "Deutsch von Wilhelm Herrigel —.50

17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20

18. Die Bahai-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden M. 4.60


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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.

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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, p. 66.)