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SONNE DER WAHRHEIT | ||
Heft VII | SEPT. 1924 | |
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART |
Die Hauptpunkte der Bahailehre [Bearbeiten]
1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.
2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.
3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.
4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.
5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.
6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.
7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.
8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.
9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.
10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.
11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.
12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.
SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1,50 Goldmark, im Ausland 1,80 Goldmark. |
Heft 7 | Stuttgart, im September 1924 | 4. Jahrgang |
Inhalt: Gebet von 'Abdu'l-Bahá. — 'Abdu'l-Bahá’s Botschaft an alle Bahais der Welt. — Gebet durch den Bab. — Der verlorene Sohn. — Die Loslösung vom Irdischen. — Wir müssen uns erheben, um das zu vollenden, was der Herr von uns verlangt. — Der Geist der Wahrheit. — Stürme und Trübsale. — Bericht an die Freunde im Osten und Westen. — Report to the Friends in East and West. — Alvoko de 'Abdu'l-Bahá. Die Lebensgeschichte 'Abdu'l-Bahás — des Dieners Gottes.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
In früheren Zeiten sagte man: „Sein Vaterland zu lieben ist Pflichttreue“, aber die Zunge der Grösse hat in den Tagen dieser Manifestation gesagt: „Höchster Ruhm gebührt nicht dem, der sein Vaterland liebt, sondern dem, der seine Mitmenschen liebt.“ Mit diesen erhabenen Worten lehrte Er die Schwingen der Seele einen neuen Flug zu nehmen und löschte damit rückständige und blinde Nachahmung aus dem Buch.
'Abdu'l-Bahá
Gebet von 'Abdu'l-Bahá.
O Gott! O mein Herr! Ich bitte Dich von ganzem Herzen und von ganzer Seele, überschütte diese heiligen Seelen, die sich in dieser großen Versammlung zusammengefunden haben, mit Deinen gnädigen Gaben. Ich bitte Dich o mein Herr, begünstige sie mit den Strahlen Deiner Macht. Ich bitte Dich, o mein Geliebter, laß den Regen Deiner Gunst aus den Wolken Deiner Barmherzigkeit auf sie herabströmen. Wahrlich, sie sind Deine Diener und Dienerinnen. Beraube sie nicht der Sonnenstrahlen der Wirklichkeit. Mache sie zu Wogen auf Deinem Ozean und überlasse sie nicht der Finsternis ihres Selbsts. O Herr! Erleuchte ihre Herzen mit dem Licht der Einigkeit; erfreue ihren Geist mit den geheimnisvollen Spuren Deiner Erkenntnis; erleuchte ihre Augen, daß sie Deine Zeichen sehen; reinige ihre Seelen mit den Wundern Deiner Majestät. Inspiriere ihr Bewußtsein mit dem Wort der Einzigkeit und umgib sie mit Deinen himmlischen Gnaden. Wahrlich, Du bist der Allmächtige, der Machtvollste. O Herr! Du siehst, wie die, welche demütigen Herzens sind, vor Deiner Macht und Herrschaft stehen. Du siehst, wie ihre Seelen erfreut sind durch die Frohen Botschaften, wie ihr Geist angezogen ist von Deinen heiligen Düften. O Herr! Bestätige uns in Deinem Wohlgefallen. Stehe uns bei in Deiner Verherrlichung und gib, daß wir würdige Diener werden, die ihr Gesicht — erleuchtet mit den Strahlen der Sonne Deiner Wirklichkeit — dem Horizont Deiner Einzigkeit zuwenden.
Wahrlich, Du bist der Mildtätige, der Freigebige, und wahrlich, Du bist der Barmherzigste der Barmherzigen!
Aus „Göttlicher Philosophie“ übersetzt von W. Herrigel.
'Abdu'l-Bahá’s Botschaft an alle Bahais der Welt.
(London 1913).
Gott, der Welten Schöpfer, hat das Reich der Menschheit zu einem Garten des Paradieses erschaffen. Er wollte, daß dieses ein Gebäude sei, das sich auf der festen und soliden Grundlage des Friedens, der Versöhnlichkeit, der Liebe und Treue aufbaut. Er wollte, daß es ein Spiegel werde, der das himmlische Paradies wiederspiegelt. Nicht eher, als bis alle diese göttlichen Gaben verwirklicht sind, werden die hohen Tugenden der Menschheit geoffenbart und strahlend im Glanz der Sonne der Wirklichkeit sein, die dann allerorts sichtbar sein wird.
Beachte, daß Adam und andere im Paradiese lebten, sobald es aber zwischen ihm und dem Satan zu Streitigkeiten kam, wurden alle aus dem Garten verjagt. Hieraus sollen sich die Menschenkinder eine Lehre nehmen und erkennen, daß Zank und Streit, daß jeder Gedanke des Bösen, abwärts führt. Daher ist in diesem leuchtenden Zeitalter in den himmlischen Lehren Zank und Streit nicht statthaft; nicht einmal ein Gedanke des Bösen. Es ist erschreckend, daß ungeachtet der Einschärfung dieser Lehre mancher Mensch noch unwissend geblieben ist. Von einem Ende der Welt zum andern ist das Königreich der Menschheit mit Krieg und Feindseligkeiten überzogen. Es besteht Feindschaft zwischen den Religionen, und Haß zwischen den Klassen, es wird Krieg geführt zwischen den Ländern, und unter den Diplomaten herrscht Streitigkeit. Wie herrlich wäre es, wenn diese dunklen Wolken vom Horizont der Welt verscheucht werden könnten, damit das Licht der Wahrheit herabscheinen kann. Das Kriegsgemetzel und das Blutvergießen wäre dann für immer abgetan. Der Hauch der Vorsehung würde von dem Dämmerungsplatz des Friedens und des Heils aus wehen, wodurch eine ganz neue Welt entstehen und das Gesicht der Erde durch die Strahlen des göttlich erhabenen Lichts Gottes neues Leben erhalten würde.
Wir hoffen auf die Gnade des glorreichen Herrn und wir hoffen, daß Seine Vorsehung und Bewahrung uns umschließen möge. Möge die Bitternis des Kampfes, der Krieg und die Greuel des blutvergießenden Schwertes, in treue Freundschaft, Versöhnung, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit gewandelt werden. Möchten die Prüfungen versüßt und der Geruchsinn mit den Düften der Rose erfüllt werden.
Möge dieses neue Jahr dazu bestimmt sein, uns einen neuen Frieden zu bringen. Möge diese Konferenz von göttlicher Bestätigung unterstützt werden, damit durch sie eine Aera des Friedens und der Gerechtigkeit anbreche und die Grundlage einer erfolgreichen Unterhandlung und Uebereinstimmung aufgestellt werde, damit ihr Werk für immer und ewig gesegnet sei.
Gebet durch den Bab.
Im Namen Gottes des Siegers über die Siegreichsten verkünde: Gott wird allen helfen, die sich erheben, Ihm zu dienen. Niemand ist fähig, sich Seiner Majestät, Seiner Gewalt, Seiner Herrschaft zu entziehen, denn in den Himmeln und auf der Erde und in allen Reichen Gottes ist Er Sieger über die Siegreichsten.
Der verlorene Sohn.
Worte von 'Abdu'l-Bahá.
Dieses Gleichnis wurde im Bezug auf Petrus und Paulus geoffenbart. Paulus war erst ein Gegner der Offenbarung Gottes und deshalb blieb er in geistiger Finsternis. Da er seine Weisheit durch die Pharisäer erhielt, welche in dem Gleichnis "das Futter für die Schweine“ bezeichnet wird. In diesem Punkte erkannte Paulus, daß er von der Barmherzigkeit ausgeschlossen war und er wandte sich zu dem Lichte Jesu Christi. Als er dieses tat, umwehten ihn die Düfte Jesu Christi. Als Petrus die Größe und Macht erkannte, welche Paulus erhalten hatte, hatte er noch wenig geistiges Verständnis, und sagte, ich war Diener vor Paulus und ich hatte die Lehren verbreitet, wie kommt es, daß er so vorangeschritten ist? Dann erhielt er die geistige Antwort von Christus: du bist immer bei mir und meine Gnade und große Gunst ist mit dir, aber Paulus, dein geistiger Bruder, war tot und ist wieder lebendig geworden, war verloren und hat Führung gefunden. Alle meine Offenbarungen sind für dich und du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.
Das gemästete Kalb ist das himmlische Mahl der Weisheit; der Ring bedeutet die Eigenschaften der Menschen; die Sandalen sind das Symbol der Tätigkeit; das neue Gewand ist der Schmuck der heiligen Lehren. Petrus verbreitete die Lehren mehr denn sonst jemand.
Uebersetzt ins Deutsche von A.S.K.u.M.D,
Die Loslösung vom Irdischen.
Eine Rede 'Abdu’l-Bahás, gehalten in Paris 1913.
Alles Erschaffene ist für den Menschen, den Gipfel der Schöpfung, da, und der Mensch muß für die göttlichen Gaben dankbar sein. Alle materiellen Dinge sind für uns da. Sie sind uns gegeben, damit wir mit großer Dankbarkeit erkennen möchten, daß das Leben eine göttliche Wohltat ist. Wenn uns das Leben entleidet ist, sind wir undankbare Menschen, denn sowohl unsere materielle als unsere geistige Existenz sind die äußeren Beweise der göttlichen Gnade. Daher müssen wir glücklich sein und Gott in der Wertschätzung aller Dinge allezeit Lob und Dank darbringen. Es gibt aber noch etwas anderes, höheres, nämlich das Sichloslösen von allem. Wir können die Dinge dieser Welt hochschätzen ohne unser Herz an sie zu hängen. Wenn es zuweilen vorkommt, daß jemand sein Vermögen verliert, so wird er dadurch so entmutigt, daß er unter Umständen Selbstmord begeht oder wahnsinnig wird. Während wir uns der Dinge dieser Welt erfreuen, müssen wir stets daran denken, daß auch ein Tag kommen kann an dem wir ohne sie auskommen müssen.
Darum hänge dein Herz an nichts, es sei denn etwas, in dem du die Wirklichkeit Gottes erblickst. Dies ist der erste Schritt, hin zum Vorhofe der Ewigkeit. Das irdische Leben währt nur eine kurze Zeit und selbst das Beste, das es dir bietet, ist vergänglich; was aber zeitlich ist, ist nicht wert, daß wir unser Herz daran hängen. Materielle Begünstigungen berauben uns manchmal der geistigen Begünstigungen, materielle Ruhe der geistigen Ruhe.
Ein reicher Mann kam einst zu Christus und sagte: „Guter Meister, was soll
ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe?" Christus antwortete: „Halte
die Gebote Gottes.“ Der Reiche antwortete: „Diese habe ich gehalten von meiner
Jugend auf.“ Christus sagte: „Gehe hin, verkaufe was du hast und gib es
den Armen; nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach.“ Der Reiche aber
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ging betrübt nach Hause. Aber jene Reichen, die in ihrem Herzen von der
Liebe Gottes angezogen sind, haben den Funken in sich und gleichen strahlenden
Kerzen. Baha’u’lláh sprach von der Wichtigkeit ihrer Stufe. Manche reichen
Leute haben ihre Besitztümer und ihr Leben für die Bahaisache geopfert, ihre
Besitztümer waren ihnen kein Hindernis. Diese gleichen jetzt den Sternen am
Himmel beider Welten — Flammen der Wirklichkeit.
Diese Loslösung vom Irdische besteht aber nicht darin, daß man sein Haus anzündet, Bankerott macht oder seine Habe zum Fenster hinauswirft; auch nicht darin, daß man alles, was man hat, weggibt. Diese Loslösung besteht vielmehr darin, daß man sich nicht von seinen Besitztümern beherrschen läßt. Ein erfolgreicher Kaufmann, der sein Herz nicht an sein Geschäft hängt, kennt diese Loslösung. Ein Bankier, den seine Beschäftigung nicht daran hindert der Menschheit zu dienen, ist losgelöst. Ein Armer dagegen kann sein Herz an unbedeutende Dinge hängen.
Zwei Männer, ein reicher und ein armer, lebten in der gleichen Stadt. Eines Tages sagte der Arme zu dem Reichen: "Ich möchte ins Heilige Land gehen.“ Der Reiche sagte: „Sehr gut, ich werde auch mitgehen.“ Sie verließen die Stadt und begaben sich auf ihre Pilgerreise. Als die Nacht hereinbrach, sagte der arme Mann: „Wir wollen umkehren und zu Hause übernachten.“ Der Reiche sagte: „Wir sind ausgezogen, um nach dem heiligen Lande zu pilgern, deshalb dürfen wir nicht umkehren.“ Der Arme erwiderte: „Nach dem heiligen Land ist es zu Fuß eine lange Strecke; ich habe einen Esel zu Hause, den werde ich herbeiholen.“ „Was“, sagte der Reiche, „schämst du dich nicht? Ich verließ alle meine Besitztümer, um diese Pilgerreise zu machen und du willst umkehren, um deinen Esel zu holen? Ich habe mit Freuden mein ganzes Vermögen aufgegeben, dein Reichtum aber besteht in einem Esel und von dem kannst du dich nicht trennen?“ Ihr könnt also sehen, daß der Reichtum nicht immer ein Hindernis ist. Ein Reicher, der so losgelöst ist, ist der Wirklichkeit nahe. Es gibt viele reiche Menschen die losgelöst sind und viele Arme, die es nicht sind. Möge unser Geist im Frieden sein!
Gott gab dem Menschen ein Herz und dieses muß sich an irgend etwas hängen. Wir haben bereits bewiesen, daß es außer der Wirklichkeit nichts gibt, das würdig wäre, unser Herz daran zu hängen, denn alles andere fällt bestimmungsgemäß der Vernichtung anheim. Daher ist das Herz nie in Ruhe, es findet niemals wahre Freude und Glückseligkeit, bis es sich an das Ewige wendet und ihm anhängt. Wie töricht ist der Vogel, der sein Nest auf einen absterbenden Baum baut, wenn er Gelegenheit hätte, es auf einen Baum des immer grünenden Gartens des Paradieses zu bauen.
Der Mensch muß der unendlichen Wirklichkeit anhängen, damit sein Ruhm,
seine Freude und sein Fortschritt unendlich werden. Nur der Geist ist
Wirklichkeit, alles andere ist wie der Schatten. Alle Körper zerfallen zuletzt, nur
die Wirklichkeit besteht für immer. Alle physische Vollkommenheit hört einmal
auf, aber die göttlichen Tugenden sind unendlich. Wie viele Könige lebten in
prunkvollem Luxus und in einem Augenblick verschwand alles. Ihre Herrlichkeit
und ihr Ansehen ist vergessen. Wo sind alle diese Herrscher geblieben ? Aber
die, welche Diener der göttlichen Wirklichkeit waren, werden niemals
vergessen. Das Ergebnis ihrer Arbeit ist überall zu sehen. Wo ist ein König, der
vor 2000 Jahren regierte, dessen Königreich in den Herzen der Menschen
weiterlebt? Aber jene Jünger, die sich Gott
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geweiht hatten, sind — obgleich sie Leute waren, die weder Reichtümer
besaßen noch hohe Stellungen begleiteten — heute noch fruchttragende Bäume.
Ihr Banner wird heute noch hoch gehalten.
Als sie zu Neros Zeit Petrus einkerkerten, war das römische Reich sehr mächtig, es erstreckte sich von Europa bis Asien. Es gibt wenig Kaiserreiche, die mit dem römischen verglichen werden könnten. Dem Petrus und einem andern mit ihm nach Rom gekommenen Jünger wurden Ketten um den Hals gelegt, und auf verschiedene Weise wurden sie erniedrigt. Aber dennoch trugen sie den Sieg über Nero davon. Sein Banner liegt im Staub, aber das Banner dieser Jünger wird heute noch hochgehalten. Diese zwei heiligen Seelen waren von allem außer Gott losgelöst. Nero aber hatte sein Herz an die zeitliche Macht gehängt. Heute ist außer der Erinnerung an seine Ungerechtigkeit und Bosheit nichts mehr von ihm übrig geblieben. Aber die Werke der Jünger sind unvergänglich und ewig.
Deshalb laßt unser Sehnen nach dem Königreich Gottes gerichtet sein, damit unser Wirken für alle Ewigkeit Früchte trägt. Andernfalls geht die Blume verloren. Hängt euer Herz an Baha’u’lláh, Er ist die ewige Herrlichkeit Gottes. Tut ihr dies, dann werdet ihr Tag für Tag erleuchteter werden, Tag für Tag wird sich eure Kraft vergrößern, Tag für Tag wird eure Arbeit universaler werden, Tag für Tag wird sich euer Horizont erweitern, bis er zuletzt das ganze Universum umfaßt.
Ruhm sei auf dem Volk der Herrlichkeit!
Aus Göttlicher Philosophie“ übersetzt von W. Herrigel.
„Wir müssen uns erheben, um das zu vollenden, was der Herr von uns verlangt.“
Abschiedsrede ’Abdu’l-Bahás am 3. Dez. 1912 in New York City.
Ich war oftmals in euren Versammlungen. In andern Städten besuchte ich nicht den zehnten Teil der Versammlungen, die ich bei euch besuchte. Unter euch war ich tagelang zugegen und dies sowohl in den Versammlungen als in Unterredungen mit den Einzelnen. Ich erzählte euch von den Lehren und Ermahnungen Baha’u’lláhs. Ich übermittelte euch die frohen Botschaften Gottes, sowie die Wünsche der Gesegneten Vollkommenheit. Ich erklärte euch das, was zum menschlichen Fortschritt und zur größten Demut führt. Ich gab euch eine gründliche Erklärung der Lehren Baha’u’lláhs.
Jetzt ist die Zeit gekommen, da ich euch verlassen werde, und ich kann nicht mehr in eure Versammlungen kommen, weil ich noch so viel zu tun habe und übermorgen abreisen muß. Ich sehe daher unsere heutige Versammlung als unsere Abschiedsversammlung an.
Ich bin sehr zufrieden mit euch. Ich bin sehr erfreut über euch alle, weil ihr
mir die äußerste Freundlichkeit erwiesen und große Liebe erzeigt habt. Mein
Wunsch ist, daß Seine Heiligkeit Baha’u’lláh ebenfalls mit euch zufrieden sein
möge, daß ihr die Erwartungen Baha’u’lláhs erfüllt und Seine Beweise erbringt.
Die Erwartungen Baha’u’lláhs, die Er an euch stellt, sind daß eure
Herzen erleuchtet sein sollen, daß eure Seelen mit den frohen Botschaften
Gottes erheitert sein müssen, daß eure Moral eine geistige und euer Betragen
ein Beweis eures Glaubens und eurer Gewißheit sein muß. Ihr müßt in äußerster
Heiligkeit und Reinheit leben und den höchsten Grad der Liebe
und Anziehung zum Königreich Abhás aufweisen. Ihr müßt die
Lampen Baha’u’lláhs werden und ein ewiges Licht von euch
ausstrahlen. Ihr müßt lebendige Beweise und Zeugnisse
der Wahrheit Baha’u’lláhs werden, damit die andern
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Menschen beim Betrachten eurer Taten und eures Betragens, die
Zeichen der Reinheit und Keuschheit in euch erblicken
und die himmlische Erleuchtung deutlich in euren Taten
sehen können. Ihr müßt euch derart aufführen, daß alle Menschen sagen:
„Wahrlich, diese Leute sind die Beweise Baha’u’lláhs. Wahrlich, Baha’u’lláh
ist der Richtige, Er ist aus der Wahrheit, weil Er solche Seelen erzogen
hat, von denen jede einzelne ein Beweis für Ihn ist.“
Ihr müßt so leben, daß die andern Menschen zu einander sagen: „Kommt und beseht euch das Betragen dieser Seelen, kommt und lauschet ihren Worten, kommt und seid Zeuge von der Erleuchtung ihrer Herzen, kommt und seht die Spuren der Liebe Gottes in ihnen, kommt und beseht euch ihre lobenswerte Moral, kommt, damit ihr die Grundlage der Einheit der Menschheit in ihnen findet. Welch größere Beweise können uns geboten werden von der Wahrheit Baha’u’lláhs, als das Betragen dieser Leute?“
Ich hoffe, daß ein jedes einzelne von euch ein Rufender zu Gott werde, und daß ein jedes von euch, entweder durch seine Worte, oder durch seine Taten, oder durch seine Gedanken ein Verkündiger Seiner Wahrheit werden möge. Laßt eure Taten und Aeußerungen ein Beweis sein, daß ihr vom Königreich Baha’u’lláhs seid. Dies sind die Pflichten, welche euch von Baha’u’lláh auferlegt sind.
Seine Heiligkeit Baha’u’lláh erduldete großes Ungemach; keine Nacht fand er Ruhe, keinen Tag konnte er im Frieden verleben. Er war beständig großem Elend ausgesetzt. Das einemal war er im Gefängnis, ein andermal in Ketten, wieder ein andermal war Er der Gegenstand der Bedrohung durch das Schwert, und zuletzt verließ er das Gefängnis und stieg auf zum Himmel. Er erduldete all dies Ungemach um euretwillen. Deshalb müssen wir an ihn gläubig sein; wir dürfen nicht den selbstischen Wünschen unserer Phantasie folgen. Wir müssen uns erheben, um das zu vollenden, was der Herr von uns verlangt.
Ich hoffe, daß ihr euch aufmachen werdet, um im Einklang mit diesen Lehren und Ermahnungen zu leben, damit wir alle in der Erfüllung derselben gestärkt werden, das Paradies des geistigen Königreichs erreichen, das Licht der Sonne der Wahrheit verbreiten und verursachen, daß die Wogen dieses größten Ozeans alle Seelen erreichen. Damit diese Welt verwandelt wird in die Welt des Himmels, dieser verwüstete Boden in ein liebliches Paradies und dieser Sumpf der Verirrungen in ein Paradies Abhás.
Aus dem „Star of the West“ übersetzt von Wilhelm Herrigel.
Der Geist der Wahrheit.
Eine Rede ’Abdu’l-Bahás, gehalten in Paris 1913.
In den Evangelien steht geschrieben, daß Christus sagte:
„Ich hätte euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten, denn er wird nicht von sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er reden und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.“ Aus dieser Rede geht klar hervor, daß Christus auf eine Person anspielte, denn er sagte: „Wenn er kommen wird, wird er nicht von sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er euch verkündigen.“ Das heißt, er wird dies tun, durch die Macht seiner intuitiven Erkenntnis.
Manche Christen behaupten, Christus habe hier auf den Heiligen Geist angespielt,
welcher nach der Auferstehung Christi auf die Apostel herabgekommen
sei. Ist dies nun logisch, wenn der Heilige Geist immer mit Christus war?
Ferner sagte er: „Er wird euch in alle Wahrheit leiten, er wird besser für euch
sein, als ich.“ Es ist klar, daß er hier von einer Person sprach. Er fügte noch
hinzu: „Wenn ich nicht hingehe, kann er nicht kommen.“ Bemühet euch, die
göttlichen Worte zu verstehen, wo nicht, so werden Schwierigkeiten entstehen.
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Hätten die Juden den wahren Sinn der Prophezeiungen verstanden, dann hätten
sie auch Christus verstanden. Die heiligen Bücher sind voll Bedeutung und
dürfen nicht immer buchstäblich genommen werden. Daß Berge beim Kommen
des Göttlichen Botschafters erschüttert werden sollen, bedeutet, daß große
Leute, — groß wie Berge — erschüttert und versetzt werden. Viele sagen,
Christus werde das zweitemal kommen, wie es in den Evangelien stehe, d.h. daß er
vom Himmel und in den Wolken kommen werde. Von Elias wurde auch erwartet,
daß er vom Himmel kommen werde; aber Christus sagte: „Elias ist
kein anderer als Johannes der Täufer.“ Die Wirklichkeit des Johannes befand
sich unter den Allerhöchsten Heerscharen. Es ist von Wichtigkeit göttliches
Wahrnehmungsvermögen zu besitzen, damit wir die Wahrheit erkennen, den
göttlichen Ruf vernehmen und ihm folgen, so daß dadurch die Herzen von aller
irdischen Anhänglichkeit befreit werden.
Ich hoffe, daß ihr den Menschen die Augen öffnen und sie begeistern werdet der göttlichen Leitung zu folgen. Dadurch werdet ihr andern helfen auf dem Pfad des göttlichen Wohlgefallens zu wandeln. Was muß das Ergebnis eines menschlichen Lebens sein? Es ist klar, daß ein Lebenszweck nicht im Essen, Trinken, Schlafen, im Putz und in der Ruhe auf dem Bett der Nachlässigkeit besteht. Nein, er ist vielmehr auf dem Weg der Wirklichkeit und im Verständnis der göttlichen Zeichen zu suchen; er besteht ferner darin, Weisheit von dem Herrn der Herren zu erlangen und sich beständig vorwärts zu bewegen, gleich einem großen Meere. Dies ist meine Hoffnung für euch.
Zur Zeit, als die früheren Heiligen Manifestationen auf Erden waren, wurden die Menschen entweder an sie gläubig, oder sie wurden Feinde ihrer Lehre. Zum Beispiel wurden zur Zeit Mose alle, die an ihn als Prophet und an die Einheit Gottes glaubten, zu den Gläubigen gezählt. In der Zeit Christi wurden die, welche an die Göttlichkeit des Vaters glaubten und es für wahr hielten, daß Christus das Wort sei, seine Jünger. Der Glaube bestand in der Annahme dieser Wahrheit als Glaubensbekenntnis und diejenigen, welche solches annahmen, zählte man zu denen, die zum Königreich Gottes gehören; während man die andern als Kinder des Satans betrachtete.
Aber an dem jetzigen Tag ist diese Frage weit wichtiger. Der Glaube besteht nicht darin, daß man etwas für wahr hält, oder in der Annahme eines Glaubensbekenntnisses; er besteht in Taten. An Baha’u’lláh zu glauben, und zu sagen: „Ich gehöre zum Volk El Abhás“ genügt nicht; wir müssen handeln nach den Lehren Baha’u’lláhs, Der uns befiehlt, Mittelpunkte der göttlichen Anziehung zu werden, alsdann werden die Eigenschaften Gottes von uns ausströmen. Wir müssen weise und allen Menschen der Erde gegenüber wohlgesinnt werden, um dadurch die Zustände der ganzen Menschheit zu bessern.
Auf unsere Feinde müssen wir mit einem sündenbedeckenden Auge blicken und gerecht handeln, auch wenn uns irgend eine Ungerechtigkeit entgegentritt. Wir müssen allen vergeben, die ganze Menschheit wie unsere eigene Familie und die ganze Erde als unser Vaterland betrachten, Mitgefühl für alle Leidenden haben, die Kranken pflegen, den Verstoßenen Schutz angedeihen lassen, den Armen und denen, die in Not sind, helfen, alle Wunden verbinden, und uns über das Glück eines jeden Einzelnen freuen. Hegt Mitleid für alle, damit eure Handlungen leuchten wie die Lichtstrahlen, die von der Lampe ausgehen. Sollte sich die ganze Welt aufmachen um sich dieser Sache zu wiedersetzen, so dürfen wir nicht gegen sie auftreten. Unsere einzige Aufgabe ist, die Lehre zu verbreiten; wird sie angenommen, ist es gut, wenn nicht, so überlaßt sie und Gott sich selbst.
Wenn wir einen Menschen finden, der nach dieser Art handelt, so können wir sagen: „er ist ein Bahai.“ Sind aber solche Taten nicht bei ihm wahrzunehmen, so ist er nur dem Namen nach ein Bahai. Wir können uns keinen Stern vorstellen ohne Licht, keinen Baum ohne Frucht. Wenn wir Kinder des Lichts sein wollen, dann müssen wir Licht verbreiten durch unsere Taten. Der Name allein genügt nicht.
Es gibt fünfhundert Millionen Menschen, die sich Christen nennen. Wenn
ihr ihre Taten mit den Worten der Evangelien vergleicht, so werdet ihr finden,
daß sie nicht mit denselben übereinstimmen.
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Wirkliche Christen sind selten. Christus ermahnte die Menschen gütig
zu sein, aber sie bekämpfen sich und töten einander; sie führen ihre jungen
Männer in den Krieg, vergießen Blut, zerstören die Wohnstätten, verursachen
daß die Mütter ihre Söhne, und die Kinder ihre Väter verlieren. Was hat dies
alles mit den Lehren Christi zu tun? Ist der, welcher Blut vergießt, ein Christ?
Denket daran wie furchtbar Christus litt, um Güte zu lehren. Mit den Worten:
„Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ bat er um Vergebung
für seine Mörder. Wie barmherzig war er!
Die Gelehrten aller Zeiten wurden ebenfalls verfolgt und waren in beständiger Not. Der, welcher die Bewegung der Erde und die verhältnismäßige Unbeweglichkeit der Sonne entdeckte, beendigte seine Tage im Gefängnis, weil seine Lehre den Priestern nicht paßte.
Der Bahai muß darauf sehen, daß seine Worte und Taten die Herrlichkeit Gottes wiederspiegeln.
Ich hoffe, daß ihr wirkliche Bahai seid, daß das Licht der Herrlichkeit Gottes von jedem Einzelnen ausstrahlt, denn dies ist der entscheidende Beweis. Baha’u’lláh litt, um die Menschen derart zu erziehen, daß sie die Erzieher der Welt werden und die Wahrheit weit verbreiten möchten. Möget ihr zu dieser Stufe gelangen; auf euch sei Gruß und Lob!
Aus „Göttlicher Philosophie" übersetzt von W. Herrigel.
Stürme und Trübsale,
O ihr, die ihr von den Düften Gottes angezogen seid!
Wahrlich, ich las eure Briefe, in welchen eure Standhaftigkeit in der Sache Gottes, eure Festigkeit in Seiner Religion und eure Freude, gleich einem sanften Wind aus dem Garten des Königreiches Gottes, zum Ausdruck kam.
Ich sage euch die Wahrheit: Wahrlich, die allerhöchsten Heerscharen loben euch, weil ihr eure selbstischen Wünsche aufgegeben habt; weil ihr erleuchtet wurdet durch das Licht der Führung; weil ihr euch gekleidet habt mit dem Gewand der Heiligkeit und weil ihr die Menschen im Namen El Abhás herbeirufet. Wahrlich, ihr werdet das reifen sehen, was ihr gesät habt, und ihr werdet die Früchte von dem erlangen, was ihr gepflanzt habt. Dies ist eine längst verordnete Tatsache.
O ihr Geliebten Gottes! Wenn die Winde heftig wehen, der Regen ungestüm herniederfällt, die Blitze leuchten, der Donner grollt, der Blitz da und dort einschlägt und die Stürme der Trübsale heftig werden, dann kümmert euch nicht darob, denn wahrlich, der göttliche Frühling wird kommen, die Hügel und Felder werden grünen, die Getreidefelder werden lustig wogen, die Erde wird bedeckt werden mit Blumen, die Bäume werden sich mit grünen Gewändern kleiden und geschmückt werden mit Blüten und Früchten. Auf diese Weise werden die Segnungen in allen Ländern offenbar werden, und diese Segnungen sind die Resultate jener Stürme und Orkane.
Ein einsichtsvoller Mensch freut sich in den Tagen der Trübsale, seine Brust weitet sich zur Zeit der heftigen Stürme, seine Augen leuchten, wenn er die Regengüsse niederströmen sieht und er die Windstöße wahrnimmt, durch die Bäume entwurzelt werden, denn er sieht als Resultat und Ende dieser Trübsale, die Blätter, Blüten und Früchte (welche diesen Winterstürmen folgen) voraus. Aber ein unwissender, kurzsichtiger Mensch wird durch solche Stürme beunruhigt, er ist verstimmt, wenn er den Regen heftig niedergehen sieht, er erschrickt, wenn er den Donner hört und er zittert, wenn er die Wogen sieht, welche aufgepeitscht durch den Sturm, gegen die Küste branden.
Ihr habt gehört, wie es in früheren Zeiten war. Als z. B. Christus — Ruhm
sei ihm — erschien, erhob sich ein Sturm der Trübsale. Es traten Mißgeschicke
aller Art auf, die Winde der Prüfungen wehten, der Donner der Versuchung
grollte und die Scharen des Volkes (die Pharisäer) umringten die Häuser der
Freunde. Alsdann wurden die Schwachen erschüttert und irregeführt, trotzdem
sie zuvor Führung erlangt hatten. Aber die Jünger widerstanden dem
Ungemach, sie überdauerten die Stürme der
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Prüfungen und blieben fest in der Religion Gottes. Beachtet alsdann, was sich
nach diesen Stürmen ereignete, und was die Folgen dieser heftigen Vorkommnisse,
welche die schwachen Glieder erzittern machte, waren.
Gott wandelt die Sorgen in Freuden, die dichteste Finsternis des Elendes in leuchtendes Licht der Allerhöchsten Heerscharen. Im Anfang verfolgte und schmähte das Volk die Gläubigen Gottes und sagte: „Dies sind die Abtrünnigen.“ Als dann aber das Licht dieser Gläubigen leuchtete, ihre Sterne glänzten und ihre Lampen ein helles Licht ausstrahlten, wandte sich ihnen das Volk in Liebe zu; ja es betete zu ihnen, rühmte sie Tag und Nacht und erinnerte sich ihrer in ihren kirchlichen Lobpreisungen und Verehrungen.
O ihr Geliebten Gottes! Seid deshalb nicht bekümmert, wenn sich euch das Volk widersetzt, euch verfolgt, bedrückt, euch Schwierigkeiten macht und euch allerlei Böses nachsagt. Die Finsternis wird verschwinden und das Licht der offenbaren Zeichen wird erscheinen; der Schleier wird herabgerissen und das Licht der Wirklichkeit wird von dem unsichtbaren Königreich El Abhás hervorleuchten. Hiermit unterrichten wir euch, bevor sich diese Dinge ereignen, damit, wenn sich die Scharen des Volkes einmal gegen euch erheben, ihr euch um meiner Liebe willen nicht beunruhigt oder beängstigt fühlt. Nein, ihr müßt vielmehr fest sein wie ein Berg, denn diese Verfolgungen und Schmähungen, welche das Volk über euch bringen wird, sind etwas längst Voherbestimmtes. Gesegnet ist die Seele, welche fest ist in Seinem Pfade.
gez. 'Abdu'l-Bahá Abbas.
Aus in Amerika gesammelten Tablets{Bd. I S. 12 übersetzt von Wilhelm Herrigel.
Bericht an die Freunde im Osten und Westen.
'Abdu'l-Bahá in Stuttgart.
(Fortsetzung).
'Abdu'l-Bahás ergebene Diener wußten wohl, wie groß das Opfer war, das durch einen öffentlichen Vortrag am vorhergehenden Abend vom Meister für die Menschen dargebracht wurde, und waren voll Besorgnis, wie Ihm der Abend bekommen sein möchte. Sie waren wie von einer großen Last befreit, als sie den geliebten Meister verhältnismäßig besser antrafen. Er sprach zu ihnen:
„Gestern Abend war ich sehr krank und obwohl ich wußte, daß es gefahrbringend sei, das Zimmer zu verlassen, ging ich doch fort, um zu den Menschen zu sprechen und die Hilfe Gottes war mit mir und Sein Schutz.“
Es wurde Ihm ein Bericht über den Balkankrieg vorgelesen, worauf Er sagte:
„Sprecht vom Kampf, den wir gegen die Heeresmächte der Finsternis der Natur, mit den Waffen der Wissenschaft führen und mit denen wir gegen die Unbildung kämpfen. Dieser Kampf wird die Ursache des Lebens bedeuten, wohingegen der, von dem du soeben vorlasest, der Anlaß von Tod und Verderben ist. Unsere Schlacht wird immer und immer zum Sieg führen, sie wird keinen Jammer zeitigen; die andere Art der Kampfführung zieht von jedem Gesichtspunkt aus betrachtet, Tod, Elend und Verlust nach sich. Die völlige Hingabe an die heilige Sache Baha’u’lláhs ist unser Kampf und dieser bringt der Welt neues Leben.“
In früher Vormittagsstunde kamen Bahai ins Hotel, um sich nach dem Befinden des Meisters zu erkundigen und um ihren Dank für den Vortrag zu erstatten. Er empfing sie in gütigster Weise und sagte ihnen:
„Gestern Abend besuchte ich die Versammlung, obgleich ich mich kaum aufrecht halten konnte. Ich dachte, wenn es mir gefährlich wird, so will ich mich gerne opfern für die heilige Sache und für die Freunde Baha’u’lláhs. Es gibt nichts besseres als dies, aber, — Gott sei dafür bedankt — es ging alles gut vorüber und mein Gesundheitszustand war der Anlaß, daß ich mich nochmals in Stuttgart aufhalten mußte, ich beabsichtigte, nur wenige Tage zu bleiben und jetzt wurde eine Woche daraus.“
Dann wandte Er Sich an eine neue Gruppe von Freunden mit den Worten:
„Ihr seid Menschen, die Gott um Seiner Liebe willen erwählte, ihr müßt sehr
glücklich sein, daß Gott auf euer Haupt solch eine Krone setzte. Ihr kennt
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deren Wert noch nicht, aber in späteren Zeiten wird er erkannt werden. Auch
in den Tagen Jesu Christi war die Bedeutung der Apostel unbekannt und sie
wurden von den Leuten ausgelacht und verspottet.“
Er schaute ins Angesicht neu hinzukommender Freunde und sagte:
„Wenn ich euch sehe, so bin ich froh, wenn ich euch sehe, so ist es mir, als ob ich meine mir sehr lieben nahen Verwandte sehe!“
Auch sie erkundigten sich nach des Meisters Befinden. Er antwortete:
„Die Versammlung gestern Abend war die beste Medizin für mich und ich fühle mich wohl, ich glaube, es liegt etwas Geheimnisvolles hinter meinem Hiersein und es wird mir die Freundschaft und Liebe der Freunde dadurch gezeigt; ich hoffe, daß es einen großen Erfolg zeitigt. Eines der Anzeichen ist die völlige Eintracht unter den Freunden, ein zweites ist die Erkenntnis der Bedeutung aller Propheten und ein drittes ist der Einfluß des Wortes Gottes.“
Auch ein Schweizer besuchte den Meister an diesem Vormittag, zu diesem sagte Er:
„Die Schweizer haben viel Auffassungskraft und wenn die heilige Lehre in der Schweiz verbreitet wird, so werden bedeutende und gute Menschen sie in sich aufnehmen. Bei meinem Aufenthalt in Genf kam ich mit niemand zusammen, aber ich hoffe, daß du in der Liebe Gottes aufwächst und der Anlaß wirst, andere zu führen. Ich will für dich beten, ich hoffe, deine Liebe wächst, damit die Liebe Gottes dein Land erleuchte. Ich liebe dich und ich bin zufrieden mit dir. Wahrlich, deine Landsleute sind begnadet.“
Als ’Abdu’l-Bahá vom Fenster des Hotels aus ein Regiment Soldaten in geschlossenem Glied vorbeimarschieren sah, sagte Er:
„Diese Leute sind bereit, für ihr Vaterland zu kämpfen. Wie überaus grausam ist es, Menschen, die einander nicht kennen, auf das Schlachtfeld zu kommandieren mit dem Befehl, zu töten.
Die große Bahai-Armee besteht aus unsichtbaren Engeln der Erhabenen Heerscharen. Unser Schwert ist das Wort des Lichts, unsere Ausrüstung ist das Waffenzeug des Himmels. Wir kämpfen gegen die Mächte der Dunkelheit. Meine Soldaten, meine geliebten Soldaten vorwärts! vorwärts! Fürchtet keine Niederlage! Seid unverzagten Muts! Unser Erhabener Befehlshaber ist Baha’u’lláh. Aus dem Reich der höchsten Herrlichkeit leitet Er diesen gewaltigen Kampf.
Er befiehlt uns: eilt vorwärts! eilt vorwärts! Zeigt die Stärke eurer Armee! ihr werdet die Schatten der Unwissenheit zerteilen. Euer Kampf bringt neues Leben; ihr Kampf dagegen den Tod. Euer Krieg ist die Ursache der Erleuchtung der ganzen Menschheit, ihr Krieg ist der Anlaß, die Herzen zu brechen und zu verdüstern. Euer Kampf bezweckt den Aufstieg, ihr Kampf ist der Anlaß der Zerstörung. Ihr habt keine Gefahr zu befürchten! Stürmt voran! Stürmt voran und greift den Feind an.
Jesus Christus kämpfte noch am Kreuz und Sein siegreiches Werk dauert fort durch Zeitalter und Jahrtausende!“
Der Nachmittag verlief ziemlich ruhig. Der Meister blieb auf Seinem Zimmer, empfing aber alle Besuche, die in Liebe und Sehnsucht an Seine Türe pochten, obgleich Er sichtlich noch recht erschöpft war. Er diktierte Tablets, als ich mit meiner Tochter bei Ihm eintrat. Ich darf vielleicht hier ein Erlebnis einflechten, das mir zeigte, wie sehr 'Abdu'l-Bahá im Herzen der Menschen zu lesen versteht. Ich muß bemerken, daß wir, als wir den geliebten Herrn mit Diktat beschäftigt sahen, uns wieder zurückziehen wollten. Er machte uns aber ein Zeichen, Platz zu nehmen. Er fuhr fort zu diktieren und signierte zugleich einige Seiner Photographien, um sie nach Budapest senden zu lassen. In mir stieg der Gedanke auf, auch eines der Bilder des Meisters, die ich besaß, zu bringen, und Ihn zu bitten, es zu signieren, gleich aber verwarf ich den Gedanken wieder, da ich Ihn in keiner Weise belästigen wollte. Doch plötzlich blickte Er mich an und ließ Sich zwei der wenigen vor Ihm auf dem Tisch liegenden Bilder reichen und signierte sie rechts oben für meine Tochter und mich.
Ich war bestürzt und seelig zugleich, als ich mich im heißen Dankgefühl zum Kuß über die Hand des geliebten Herrn beugte. Als wir uns nach Seinem Befinden erkundigten, sprach Er:
„Einer vollkommenen physischen Gesundheit erfreuen sich die Tiere. Wenn
die Tiere vollkommen gesund sind, dann lassen sie ihre Stimme hören, sie wälzen
sich im Gras, sie weiden auf den Wiesen, sie springen und machen Possen aller
Art. Der Mensch ist aber, er mag sich
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völliger Gesundheit erfreuen, er mag in Palästen wohnen und von allem neuzeitlichen
Luxus umgeben sein, dennoch nicht glücklich. Innere Nöte quälen
ihn, er befindet sich in seelischer Qual er weint, er klagt und man sieht ihm
seinen Kummer an. Dies zeigt uns, daß der Mensch mehr für sein geistiges
Wohlbefinden sorgen muß. Es mag jemand krank darniederliegen, es wird ihm
eine frohe Nachricht überbracht, und daraufhin fühlt er sich plötzlich wohler, ja
manchmal wie gesund. Dies wahre Glück des Menschen besteht in seiner
geistigen Gesundheit und nicht in der körperlichen. Mein Geist ist immer
gesund und deshalb bin ich immer glücklich. Ihr müßt gleichfalls darnach
streben, diese geistige Gesundheit zu erlangen; auch müßt ihr Gott danken,
daß ihr in diesem Zeitalter der Gesegneten Vollkommenheit lebt. Ihr habt
Seinen Ruf vernommen, ihr wurdet aus dem Schlaf der Gleichgültigkeit erweckt,
ihr habt die allergrößte Gabe erhalten und ewiges Leben erlangt. Diese Gabe
hättet ihr nicht um alle Schätze auf Erden erhalten können. Bedenkt, daß
der amerikanische Multimillionär Morgan starb und seinen ganzen Reichtum
zurücklassen mußte, ihr aber werdet nie sterben; ihr werdet immer im
Königreich Abhás leben und die Spuren von eurem Glauben und eurer Treue
werden nimmer verwischt werden.“
Der behandelnde Arzt des Meisters, Dr. Faber, und Consul Schwarz baten um die Erlaubnis, den Meister besuchen zu dürfen. Er sprach mit ihnen über die Möglichkeit eines europäischen Kriegs und über die Lage von Skutari. Der Meister stellte, gleich einem bewanderten Arzt, die Diagnose fest, daß die Politik durchaus krank sei, Er sprach:
„Das allernotwendigste ist die Organisation eines europäischen Kongresses, bei welchem die Delegierten der verschiedenen Großmächte die Möglichkeit einer allmählichen Abrüstung zu beraten hätten, aber sie hören nicht auf eine derartige Anweisung. Vor 30 Jahren schrieb ich an den Sultan Hamid: „Wenn du dein osmanisches Reich erhalten willst, dann mußt du deinen Untertanen vollkommene Freiheit und auch gleiche Rechte gewähren, unangesehen ihrer Religion. Du mußt deinem Volk eine Konstitution geben! Er aber hörte nicht auf meinen Rat und heute nun könnt ihr die traurigen Resultate schen.“
In der Abendausgabe der meistgelesenen Tageszeitung war ein eingehender Bericht über den Vortrag 'Abdu'l-Bahás veröffentlicht. Obgleich der Berichterstatter bis dahin nicht mit der Bahailehre vertraut gewesen war, ging er doch voll Anerkennung auf ihre Prinzipien ein und begrüßte es sehr, daß ’Abdu’l-Bahá die Menschen in neuer Weise zu Gott führe.
Gegen Abend baten die Freunde, für alle Fälle einen weiteren Arzt beiziehen zu dürfen, Er aber sagte:
„Ich fühle mich jetzt wohler, auch ist die Witterung milder. Gott wird mich gesund machen, Er ist mein Arzt!“
(Fortsetzung folgt).
A. Sch.
Report to the Friends in East and West.
(Continuation).
'Abdu'l-Bahá in Stuttgart (26. April 1913).
As 'Abdu'l-Bahás devoted servants were well aware what a great sacrifice the public lecture had been for their beloved Master the previous evening on the 26th of April they were full of anxiety what the consequences might be for Him and were deighted when they saw their Master comparatively better. He said to them:
„I was very ill yesterday evening; I knew very well how dangerous it was for me to leave my room, but nevertheless I went out to speak to the assembly and God’s help was with me and protected me.“
A report of the Balkan War was read to Him where upon He said:
„Speak of the battle we are fighting against the soldiers of the darkness of
nature with the weapons of science and
with which we are fighting against ignorance. This battle will be the cause of
life, whereas the one which you read of,
only causes death and ruin. Our battle
will ever and always lead to victory, it
willnever cause harm and misery ; whilst
the other kind of battle only brings
about death, loss and misery, you may
regard it from whateverstand point you
like. Our complete devotion to the
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Cause of Baha’u’lláh is our battle and it
will bring new life to the world.“
In the early forenoon hours Bahäi came to the hotel to inquire after the Master and to thank Him for His lecture, which considering the illness of Abdu’l-Bahá, might have endangered His life. He received them most graciousiy and addressed them thus:
„I came to the assembly yesterday, evening although I was hardiy able to stand upright. I thought even I was running a risk, I would willingly sacrifice my life for the holy Cause and for the friends of Baha’u’lláh. There is nothing better than this, but praise be to God, all went well, and my state of health caused me to prolong my stay in Stuttgart, I only intended remaining a few days and now I have been here a week.“
Then He turned to a new group of friends with the words:
„You are people, whom God chose in His love, you must be very happy, that God placed such a crown on your heads. You don’t yet know the value of it, but later you will recognise it. In the days of His Holiness Christ the importance of the apostles was unkown and they were laughed at and ridiculed by the people!“
He looked at the faces of the newly-acquired friends and said:
„When I look at you, I feel very happy, I feel as though I were looking at very dear ones of my relatives!“
They also inquired how the Master was feeling. He replied:
„Ihe assembly yesterday evening was the best medicine for me and I am feeling very well, I think there is something mysterious in my being here and the love and friendship of the friends is thereby shown to me; I hope the result will be very great. One good sign is the complete unity amongst the friends, the second is the recognition of the importance of all prophets and the third is the influence of the word of God.“
A Swiss also visited the Master on the same forenoon and to him He said:
„Ihe Swiss have a great power of conception and when this holy Teaching is spread in Switzerland good and great people will become devoted in it. I met no one during my sojourn in Geneva, but I hope that you will grow up in the love of God and that you will be the cause to lead others. I will pray for you, I hope your love will grow, so that the love of God may enlighten your regions. I love you and am satisfied with you, Verily your countrymen are favoured.“ When 'Abdu'l-Bahá saw a regiment of soldiers marching past from His window, He said:
„Ihese men are ready to fight for their country. What barbarism it is to command people who do not know each other to the field of battle in order to kill one another. The great Bahái-army consists of invisible angels of the Supreme Hosts. Our sword is the word of light, our equipment are the weapons of heaven. We fight against the powers of darkness. My soldiers, my beloved soldiers, onwards! onwards! Fear no defeat! Be of good cheer! Our supreme general is Baha’u’lláh. He is commanding this battle from the Kingdom of supreme glory.“
He commands us: hurry onwards! hurry onwards! Show the strength of your army! You will disperse the shadows of ignorance. Your battle brings forth new life, their battle death. Your war causes enlightenment to the whole of humanity, their war causes broken hearts and misery. Your battle causes improvement, their battle brings about destruction. You have no dangers to fear! Rush forward, rush forward and attack the enemy.
His Holiness Christ fought on the cross and His victorious words last through time and sciecles.“
The afternoon was spent very quietly, the Master remained in His room and received
all visitors who knocked at His door in love and longing, although it was evident that He
was still very exhausted. He was dictating Tablets when I entered with my daughter. Here
I may perhaps insert an experience, which proved to me how 'Abdu'l-Bahá understood to read
the hearts of people. I must remark, that we
wished to retire when we saw the beloved Master busy dietating. But He signed to us to sit
down. He continued to dictate and at the same time signed several of His photographs in order
to have them sent to Budapest. The thought struck me to bring a photograph of the Master’s
which I had and to request Him to sign His name to it, but almost immiediately, I cast aside
the thought again, as I didn’t wish to trouble
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Him in any way. But suddenly He glanced at me and had two of the few photos lying on the
table near Him handed over and signed them at the righthand top for my daughter and myself.
1 was at the same time bewildered and joyful when I bent down in deep gratitude to kiss
the hand of the beloved Master. When we inquired how He was feeling He replied:
„Animals enjoy complete physical health. When animals are in complete health, they let their voice be heard, they roll about in the grass and graze in the fields, they skip around and perform all kinds of playfulness. But a human being may enjoy the best of health, he may live in a palace and may be surroundedby every possible luxury, he is nevertheless not happy. Inward worries torment him, mental anxieties trouble him, he weeps and laments and looks distressed. This proves to us that man has to do more for his mental welfare. It may be that someone is Iying seriously ill and receives glad tidings, whereupon he suddenly feels himself better, sometimes even perfectly well. The true hapiness of man consists in his mental, not in his bodily welfare, You must endeavour to attain this mental welfare; you must also thank God, that you are living in this blessed time of perfection. You have heard His call, you have been awakened out of the sleep of indifference, you have received the greatest gift and have attained eternal life. This gift you could not have received for all the treasures of the world. Only think of the American multimillionaire Morgan, who died and had to leave all his riches be hind him, but you will never die; you will always live in the Kingdom of Abhá and the traces of your belief and your faith will never be forgotten.“
Docter Faber, who was treating the Master, and Consul Schwarz requested the permission to visit Him. He spoke about the possibility of a European war with them and about the condition in Scutari. As a docter ascertains a diagnosis, the Master ascertained that an illness was prevailing in politics. He said:
„Ihe most essential thing is the organisation of a European Congress, in which the delegates of the different Powers discuse the possibility of gradual disarmament, but they won’t listen to such an argument. Thirty years ago I wrote to Sultan Hamid: if you want to maintain your Empire you must give your subjects freedom and equal rights, no matter what religion they belong to, You must give your people a Constitution! But he did not listen to my advice and to day you see the sad results."
There was an exact report of 'Abdu'l-Bahá’s lecture in the most largely circulated evening paper of the daily journal. Although the reporter was up to that time unacquainted with the Bahái teaching he nevertheless entirely agreed with the principles of the same and at the close of the article he welcomed the fact, that 'Abdu'l-Bahá reminded people to believe in God.
Towards evening the friends requested Him to consult another docter, but He said:
„l am feeling much better, the weather is also better. God will cure me, He is my, docter !“
A. Sch.
(to be continned).
Alvoko de ’Abdw’l-Baha.
Ho homoj! La pordoj de la Regno malfermigis—la Suno de la Vero brilas sur la mondon—la fonto de vivo fluas—la tagigo de kompato estas aperinta—la plej granda kaj glora lumo nun brilas por lumigi la korojn de la homoj. Vekigu kaj atidu la vocon de Dio, kiu vokas de Ciuj partoj de la superega regno: “Venu al Mi, Ho homidoj! Venu al Mi, Ho vi kiuj soifas! kaj trinku detöi tiu dolla akvo kiu falas torente sur äiujn parojn de la terglobo.“
Nun estas la tempo! Nun estas la akceptata tempo!
Konsideru la tempon de Kristo. Se la homoj estus konstatintaj ke la sarıkta spi rito de Dio parolas al ili tra lia dia bu$o, ili ne estus atendintaj tri jarcentojn antaü ol akcepti lin. Kaj nun, &u decas ke vi dormadu sur la litoj] de malagemo kuj malatento kiam la Patro, pri kiu antaüdiris Kristo, estas veninta inter ni kaj malferminta la plej grandan pordon de malavaraj donacoj kaj diaj favorojp Ni ne estu kiel tiuj en pasintaj jarcentoj kiuj estis surdaj je Lia voko kaj blindaj je Lia belo: ni penu malfermi niajn okulojn por ke ni vidu, Lin kaj niajn orelojn por ke ni aüdu Lin, kaj purigu ' niajn korojn por ke Li venu kaj logadu en niaj temploj.
La jenaj tagoj estas la tagoj de fido kaj
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farado, ne de vortoj kaj lip-servado. Ni
levigu el la dormo de malatento, kaj konstatu kia granda festeno pretifis por ni,
unue man$ante mem de $i, kaj tiam donante al aliaj kiuj soifas por la akvo de scio
kaj malsatas por la pano de vivo.
Ci tiuj grandaj tagoj rapide forpasas, kaj unufoje forpasinte povas neniam esti revokataj; nun, do, kiam la radioj de la Suno de Vero ankoraü brilas kaj la Centro de la Dia Interligo ankoraü sin montras, ni foriu kaj tiam la vinberejo ne estos tiom facile trovebla.
La lumo de scio estas aperinta, antaü kiu la mallumo de £ia superstila fantazio estos dispelita. La armeoj de la superega angelaro malsupren venas por asisti Ciujn kiuj levigas por servi sian Sinjoron, por konkiri kaj venki la civiton de la koroj, por proklami la Sojigajn novajojn pri la alveno de la Sinjoro, kaj por unuigi la animojn de Liaj kreitajoj.
'Abdu'l-Bahá.
Ni deziras nur la bonfarton de la mondo kaj la felilon de la nacioj; tamen oni opinias ke ni estas incitanto al malpaco kaj ribelado, inda je malliberigo kej ekzilo... ke &iuj nacioj povu unuigi je fido, kaj &iuj homoj interiratigu; ke la ligoj de amemo kaj unuißo inter la homidoj plifortigu; ke religia diverseco Cesu kaj rasaj diferencoj nuligu.... Kia malutilo estas en tio?
Tamen tiel estos: tiuj senfrukta| malpacoj, tiuj ruinigaj militoj nepre forpasos kaj la Plej Granda Paco venos....Cu tio ne estas tio kion antaüdiris Kristo?.... Tamen ni vidas ke viaj re$oj kaj estroj elspezas siajn trezorojn pli malSpareme por rimedoj por la detruado de la homa gento ol por tio kıo kondukas al la ielico de l’homaro. Tiuj malpacoj kaj sangverSado kaj malakordo devas Cesi, kai Ciuj homoj esti kiel unu parencaro kai unu familio.... Ne gloru la homo pri tio ke li amas sian propran landon; li gloru, prefere, ke la tutan kunhomaron.
Baha’u’llah.
Die Lebensgeschichte 'Abdu'l-Baháhs — des Dieners Gottes.
Von Jinab-i-Fadil. Veröffentlicht im Star of the West val 15. Nr. 3.
Das Leben 'Abdu'l-Baháhs reiht sich überaus bedeutungsvoll der Geschichte der früheren göttlichen Erzieher an. Wenn wir über das Leben der Manifestierten Gottes in alten Zeiten lesen, so sehen wir, daß ihre Jugendzeit frei von Beängstigungen und Verfolgungen war, wogegen 'Abdu'l-Baháhs Leben vom Tag Seiner Geburt an, voll von Wechsel, Heimsuchungen und schweren Prüfungen war. Die Gegner und Feinde 'Abdu'l-Baháhs hörten nie auf, Ränke und Pläne zu Seiner Verfolgung zu schmieden, über Ihn Exil und Gefangenschaft zu verhängen und Seine Offenbarung zu hintertreiben. Diese Leute übten zudem hin noch größeren Einfluß aus als die Feinde der alten Propheten. Ein Zeichen göttlichen Wirkens war, daß 'Abdu'l-Baháh in derselben Nacht in Teheran geboren wurde, in der der Bab Seine Mission in Schiraz, am 23. Mai 1844, erklärte. Baha’u’llah gab dem Kind den großväterlichen Namen Abbás. Er nannte Ihn aber stets Agá — Meister — schon als kleines Kind.
Die ersten Lebensjahre 'Abdu'l-Baháhs fielen in die schicksalsschwersten Ereignisse im Leben Baha’u’llahs. Er war der Mittelpunkt der Bewegung, alle unheilvollen Begebnisse spielten sich in Seiner Nähe ab und Sein Haus war der Treffpunkt aller Bahai. Alle Berichte und alles, was sich innerhalb der heiligen Sache zutrug, wurde Ihm vorgelegt. Sein Heim war als die Hochburg der Bewegung wohlbekannt und es kam öfters vor, daß der wüste Pöbel Steine gegen die Fenster Seines Hauses warfen in der Absicht, die Bewohner desselben zu verletzen. Als 'Abdu'l-Baháh noch ein kleiner Knabe war, rotteten sich rohe Jungen um Ihn und wollten Ihn steinigen. Schon im zarten Alter von acht oder neun Jahren war ’Abdu’l-Bahá Zeuge der bösartigen Ränke der Feinde und sah, wie die Freunde der heiligen Lehre gemartert und hingerichtet wurden. Er sah zu jener Zeit viele Glaubenshelden und -heldinnen mit einer alles überwindenden Ergebung in den Tod gehen.
Die meiste Zeit über war Baha’u’llah von Hause fort, im Interesse der heiligen Sache, Er besuchte stets auch die Freunde im Gefängnis. Sein Besitz wurde behördlich eingezogen und Tag und Nacht schwebte das Haus in Gefahr, so daß sich für ’Abdu’l-Bahá keine Gelegenheit zeigte, die Schule zu besuchen und wie andere Kinder zu lernen.
Trotz der vielen Trennung bestand eine innige Anhänglichkeit, eine zarte Fürsorge,
eine Besorgtheit und Zuneigung zwischen ’Abdu’I-Bahá und Baha’u’llah, daß schon in frühester Zeit
manche Freunde fest davon überzeugt waren, daß ’Abdu’l-Bahá dereinst die Lehren Baha’u’llahs
enthüllen, ausbauen und erläutern werde.
[Seite 111]
In Abwesenheit Baha’u’llahs und über die Dauer Seiner Gefangenschaft bildete schon in früher Jugend ’Abdu’l-Bahá den Mittelpunkt der Beachtung und Ehrerbietung für die Familie, alle sahen zu Ihm auf, wie zum Haupt der Familie ungeachtet Seiner Jugend. In Seinem neunten Lebensjahr erfolgte die große Landesverweisung. Die Regierung verbannte Baha’u’lláh mit Seiner Familie im Jahr 1852 nach Bagdad. Auf einer langen Winterreise war ’Abdul-Bahá so leicht bekleidet, daß Er die Zehen zweimal erfror, was Ihm zeitlebens Beschwerden machte. Oftmals, wenn Er bei Tag erschöpft war und wenn Er ruhte bei Nacht, brannten und schmerzten Ihn Seine Füße.
Die 12 langen Jahre, die Baha’u’llah zum Teil in Bagdad und Sulemaneyh in Kurdistan und in den Höhlen des Sargalou-Gebirgs — wohin Er Sich zur ununterbrochenen Verbindung mit Gott zurückzog, verbrachte — war ’Abdu'l-Bahá die Hoffnung und Freude der gesamten Familie.
Zwischen Seinem neunten und zwanzigsten Lebensjahr verkehrte ’Abdu'l-Bahá mit vielen Schriftgelehrten und philosophisch geschulten Gruppen. Er öffnete ihnen die Schatzkammern Seines intuitiven Wissens, drang in den tiefen Sinn der Dinge ein und erklärte sie in solch klarer Weise, daß man über Seinem unerschöpflichen Schatz Seiner Kenntnisse staunte und Ihn fragte, aus welcher Quelle er dies schöpfte. Er antwortete mit den bedeutungsvollen Worten:
„Ich habe sie von meinem Vater.“
„Daher gab man Ihm den Namen: „Der überaus weise Jüngling“.
Die Erscheinung ’Abdu’l-Bahás war sehr anmutig. Sein Antlitz und Seine Gestalt war wundervoll proportioniert und derart, daß Er allgemein als ein sehr hübscher Mensch galt. Von Ihm ging eine himmlische geistige Macht aus, auch trug Er Sich mit königlicher Würde. Wenn Er die Straße entlang ging, bewunderten die Leute Seinen Gang und Sein Aussehen, da so viel Würde und Macht in Seiner Haltung lag. Einer der Charakterzüge ’Abdu’l-Bahás von früher Jugend an war Seine große geistige Seelenstärke. Er besaß eine innere Ruhe und Ausgeglichenheit, die durch keinen Wechsel gestört wurden; niemand hat Ihn je zornig gesehen; Er war niemals erregt, noch ließ Er sich durch äußerliche Einflüsse von Seinem Ziel abbringen. Seine körperliche Ausdauer wurde von jedermann bewundert. Er erschien wie ein großes, ruhiges Meer.
Eine weitere Charaktereigenschaft ’Abdu'l-Bahás, die zu erwähnen ist, war Seine außergewöhnliche Freigebigkeit. In Seiner großen Güte gab Er mit vollen Händen von allem, was Er besaß. Es wird erzählt, daß im Hause ‘Abdu'l-Bahás ein wundervoller Teppich war, auf dem Er zu sitzen pflegte. Eines Tages kam nun ein armer Araber mit einer Last Holz für das Haus. Dieser sah die Vorlage und war ganz entzückt von ihr, betastete sie und rief aus: „O, wie wundervoll muß es sein, eine so herrliche Decke zu besitzen und darauf ruhen zu können!“ 'Abdu'l-Bahá hörte dies und sagte:
„Wenn du den Teppich willst, so nimm ihn dir.“
Der Mann konnte nicht glauben, daß es wirklich ein Geschenk sei, und aus Furcht er könnte ihn wieder verlieren, hing er ihn über die Schulter, rannte davon und schaute sich von Zeit zu Zeit um, ob nicht vielleicht jemand komme, um ihm sein Geschenk wieder abzunehmen. 'Abdu'l-Bahá sagte:
„Gehe zu, niemand wird ihn dir wieder abnehmen.“
'Abdu'l-Bahá besaß desgleichen einen wundervollen Humor.
Als Er noch ein Kind war, nahm man Ihn mit ins Gebirge, um Ihm die Schafherde zu zeigen, die Seinem Vater gehörte. Es waren Tausende von Tieren und die Schäfer veranstalteten Ihm zu Ehren ein Fest. Am Abend kam der Oberaufseher zu 'Abdu'l-Bahá und sagte Ihm, Er müsse den Schafhütern ein Geschenk machen. 'Abdu'l-Bahá sagte:
„Ich habe nichts.“
Der Mann sagte: „Du mußt Ihnen aber etwas geben.“ 'Abdu'l-Bahá sagte:
„So? was meinst du zu den Schafen?“, und Er schenkte ihnen alle Tiere. Als Baha’u’lláh dies hörte, lachte Er und sprach:
„Ich werde 'Abdu'l-Bahá vor sich selbst beschützen müssen, eines Tages wird Er Sich sonst selbst verschenken!“
Ferner ist 'Abdu'l-Bahás Anlage zur Geselligkeit, Seine Höflichkeit und Sein Zuvorkommen, was Er allen Gesellschaftsklassen entgegenbrachte, für Ihn sehr charakteristisch. Er verkehrte mit den höchsten Staatsbeamten und mit Leuten aus allen Schichten des Volks, ließ sie teilhaben an Seinem göttlichen Wissen und erhob sie dadurch auf eine höhere Stufe der Erkenntnis. Desgleichen mischte Er sich auch unter die Niedrigsten mit derselben Absicht.
Uebersetzt von Frau A. Schwarz.
(Fortsetzung folgt.) .
Neuerschienen sind in unserem Verlag, die nach Shoghi Effendis Übersetzung ins Englische, ins Deutsche übertragenen
Verborgenen Worte, Worte der Weisheit und Gebete.
Preis Mk. 1.—, Porto 10 Pfg.
Von den gebundenen Heften der „Sonne der Wahrheit", Jahrgang III, ist noch eine Anzahl vorräfig. Preis per Band Mk. 6.50. Auch eine kleine Anzahl Einbanddecken für den III. Jahrg. ist noch zum Preis von 90 Pfg. p. Stück zu haben.
Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher S. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 33
In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10
5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’u’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Baha o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--
8. Baha’u’llah, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,
in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,
in Halbleinen geb. . . . . 4.--
In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps.
Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. "Deutsch von Wilhelm Herrigel —.50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20
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Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden :-: Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des Deutschen Bahaibundes Stuttgart, Hölderlinstraße 35 zu richten.
Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)
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