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| SONNE DER WAHRHEIT | ||
| Heft VI | AUG. 1923 | |
| ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART | ||
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Die Hauptpunkte der Bahailehre
1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.
2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.
3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.
4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.
5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.
6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.
7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.
8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.
9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.
10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.
11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten — das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.
12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.
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SONNE DER WAHRHEIT
| SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Grundpreis im Abonnement, monatlich M. –.30 (Schlüsselzahl 200 000). |
| Heft 6 | Stuttgart, im August 1923 | 3. Jahrgang |
Inhalt: Gebet von Baha’u’lláh. — Aus dem Leben Baha’u’lláhs. — Ueber die Seele von ’Abdu’l-Bahá. - Aus ’Abdu’l-Bahá in London. — Bericht an die Freunde im Osten und Westen. — Report to the Friends in the East and West. — „Kristgermanentum.“ — La deka principo. — La dekunua principo. — Mitteilungen.
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.
Die meisten Menschen sind noch an Formen gebunden; sie haben ihren Geist nicht zu dem höchsten Gipfel der Anbetung erhoben. Sie sind noch unfähig, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Sie benötigen gleich Kindern noch eines äußeren Symbols.
’Abdu’l-Bahá.
Ein Bahai zu sein heißt, den göttlichen Lehren zu folgen und die Lebensführung und die Wesensart des göttlichen Königreichs zu besitzen. Der Geist muß Bahai sein und nicht nur die Zunge. Leicht ist es nicht ein Bahai zu sein, vielmehr ist es sehr schwer.
’Abdu’l-Bahá.
Gebet von Baha’u'lláh.
Er ist der Allmächtige, der Vergebende, der Allbarmherzige.
O Gott, mein Gott! Du siehst diese Deine Diener in der Wildnis des Irrtums; zeige ihnen Dein Licht der göttlichen Führung! O Du, die Sehnsucht aller Welt, Du kennst ihre Gebrechen und ihre Schwächen; bezeuge ihnen Deine Gnade, der Du in Deinen Händen alles hältst, was im Himmel und auf Erden ist!
Ich bitte Dich, o mein Herr und mein Gott, bei dem Glanz des Lichtes Deiner liebevollen Güte, bei den Wogen des Ozeans Deines Wissens und Deiner Weisheit und bei Deinem Wort, womit Du die Völker zu Deiner Herrschaft lenkst, gewähre mir, ihnen zu helfen, daß sie Deinen Willen erfüllen nach Deinem Buch. Verordne Du für sie, was Du für Deine Vertrauten verordnetest, die von dem himmlischen Wein der göttlichen Inspiration aus dem Kelch Deiner Gnade getrunken haben, die eilten, Deinen Wunsch zu erfüllen und die Deinen Bund und Dein Testament behütet haben.
Mächtig bist Du und tust nach Deinem Willen: es gibt keinen anderen Gott denn Dich, den Allwissenden, den Allweisen.
Verleihe mir bei Deiner Gunst, o mein Gott, was mich in dieser Welt und nach dieser Welt fördert und ziehe mich zu Dir hin, o Du Herr der ganzen Menschheit. Außer Dir gibt es nichts, dem Alleinigen, dem Barmherzigen, dem Vielgelobten.
Aus dem Leben Baha’u’lláhs.
Beim Mittagsmahl erzählte heute ’Abdu’l-Bahá über das Leben von Baha’u’lláh in Akka, über Seine Einkerkerung in den Baracken und Seinen späteren Wohnsitz in Bahajee folgendes:
Neun Jahre lang war Baha’u’lláh in der Strafanstalt Akka eingekerkert, zwei Jahre davon in den Baracken und sieben Jahre in einem Haus der Stadt. Gegen Ende des zweiten Jahres der Gefangenschaft erhielten Baha’u’lláh und seine Gefährten im Exil die Erlaubnis durch das dortige Gouvernement, das Gefängnis zu verlassen und in ein Haus der Stadt zu ziehen. Nachdem Baha’u’lláh dieses Quartier bezogen hatte, verließ er es sieben volle Jahre nicht. Die Zustände in den Baracken waren sehr schlimm; den Gefährten Baha’u’lláhs war nicht einmal erlaubt, das öffentliche Bad aufzusuchen. Jeden Morgen begleiteten vier Gendarme vier unserer Freunde, wenn sie auf den Markt gingen, um Speisen und Vorräte einzukaufen. Als wir die Baracken verließen, wurden die Freunde angewiesen, in der Karawanserei zu wohnen, während Baha’u’lláh und seine Familie beisammen in dem Hause wohnten. Baha’u’lláh war sieben Jahre in ein und demselben Zimmer. In einem anschließenden kleinen Raum wohnten und schliefen 13 Personen. Einst kam ein Gast aus Persien, der mit uns im gleichen Zimmer schlief.
Bei diesen traurigen Zuständen in den
Baracken schrieb Baha’u’lláh Tablets,
worin er sagte: Seid nicht traurig. Diese
Tore werden sich öffnen; ich werde die
Stadt verlassen und aufs Land gehen
und größte Freude wird herrschen.
Dies war für alle eine große Quelle des
Trostes. Nach 9 Jahren sagte Baha’u’lláh eines Tages: „Ich habe seit neun
Jahren kein grünes Blatt gesehen".
Baha’u’lláh war ein großer Naturfreund. Er pflegte zu sagen: „Die Natur ist die Welt der Seele und die Seele
ist die Welt des Körpers". In Akka lebte
ein gewisser Mohammed Pascha Safouat,
der unser eifrigster Widersacher gewesen war; er benahm sich früher aufs feindlichste gegen uns. Er besaß einen Palast,
etwa drei Meilen von der Stadt entfernt,
nördlich von Bahajee, ganz in einem Garten gelegen. Es war ein reizender Platz,
nahe bei fließendem Wasser. Ich begab
mich zu dem Pascha und sagte: „Pascha, Sie lassen den Palast leer stehen und leben in Akka“. Er antwortete: Ich bin Invalide und kann die Stadt nicht verlassen. Gehe ich dahin, so fühle ich mich
leidend und ich habe niemanden als Gefährten. Aus der Bemerkung von Baha’u’lláh entnahm ich, daß er Sehnsucht
nach einem Landaufenthalt hatte und ich
war dessen gewiß, daß das, was ich zur
Erfüllung dieses Wunsches unternehmen
würde, von Erfolg sein werde. Ich sagte
deshalb zu dem Pascha: „Da Sie nicht
dort wohnen und der Palast leer steht,
so könnten Sie diesen an uns geben.“
Der Pascha war sehr entgegenkommend
und ich mietete das Haus zu einem mässigen Preis auf fünf Jahre. Ich schickte
Maurer und andere Arbeiter zur Instandsetzung des Hauses, ließ ein Bad
einbauen und bestellte einen großen Wagen. Eines Tages sagte ich mir, zuerst
will ich selbst darnach sehen. Ich verließ die Stadt allein zu Fuß. Die Bewachung am Stadttor machte mir keine
Schwierigkeiten, und so schritt ich munter vorwärts. Andern Tags ging ich
denselben Weg nach Bahajee. Niemand
wehrte es mir. Eines anderen Tags bereitete ich ein Fest vor und lud alle
Staatsbeamten des Distrikts nach Bahajee ein. Später ging ich zu Baha’u’lláh und sagte: „Der Palast ist fertig,
auch ist ein Wagen da, der dich dorthin bringen wird. — Zu jener Zeit gab
es keine Fahrgelegenheit von Akka nach
Haifa. Baha’u’lláh lehnte es ab, dahin zu gehen und sagte: „Ich bin Gefangener". Später bat ich noch einmal und wieder schlug Er es ab. Ich ging so weit,
Ihn ein drittesmal zu bitten, Er blieb
aber bei seinem Nein. Ich wagte nicht,
weiter in ihn zu dringen. — Nun lebte
damals ein gewisser Mufti, ein juristischer Berater in Akka, der als sehr einflußreich galt und bei Baha’u’lláh beliebt war. Ich besuchte ihn, erklärte
ihm die Situation und sagte ihm, daß
Baha’u’lláh unserem Wunsche nicht
willfahren wolle. Ich sagte zu ihm:
„Ich bitte Sie, heute abend zu Baha’u’lláh zu gehen, seine Hände zu nehmen
und nicht nachzulassen, bis er verspricht,
die Stadt zu verlassen“. Der Mufti war
Araber. Er ging direkt zu Baha’u’lláh, warf sich auf die Knie, ergriff Baha’u’lláhs Hände und küßte sie. Er sagte
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folgendes zu: ihm: „Mein Herr! Warum verlässest Du die Stadt nicht?“ Er
sagte: „Ich bin Gefangener“. Der Mufti
erwiderte: „Gott sei davor, wer besäße
die Macht, Dich zum Gefangenen zu machen? Du selbst fesselst Dich durch
eigenen Willen ans Gefängnis und nun
bitte ich Dich, zu kommen und den Palast zu sehen. Er liegt im Grünen, die
Blumen blühen herrlich. Alles ist grün,
die Orangen sind wie Feuerkugeln und
leuchten weit hin“. Doch Baha’u’lláh
erwiderte: „Ich bin ein Gefangener, es
kann nicht sein!“ Der Mufti nahm abermals seine Hände und küßte sie. Eine
ganze Stunde verließ er ihn nicht. Dann
sagte Baha’u’lláh: „Kheily Khoub" — Es
ist gut! — Andern Tags fuhr er in einem
Wagen dorthin und zog aus der Stadt
in den Palast. Auch ich war bei Ihm.
Kein Mensch widersetzte sich irgendwie.
Wir gingen zu jenem grünen Fleck Erde.
Ich kehrte zurück und ließ Baha’u’lláh
dort. Von dieser Zeit an war er entweder dort oder in Akka oder in Haifa.
Jener Palast gleicht jetzt beinahe einer Ruine; 35 Jahre ist er nicht mehr restauriert worden.
Baha’u’lláh lebte in Bahajee und Akka wie ein Herrscher. Der Pascha pflegte öfters zu kommen und wünschte ihn zu sprechen, doch Baha’u’lláh nahm seinen Besuch nicht an und sprach nicht mit ihm. Er lebte, obgleich Gefangener, in höchster Majestät unter den politischen Herrschern und sprach nur in strengen Worten mit ihnen. Er lebte zwar in ihrer Gefangenschaft, aber dennoch zeigte er ihnen gegenüber eine gewisse Majestät. Der Gouverneur von Akka bat fünf Jahre vergeblich, vorgelassen zu werden; Baha’u’lláh gestattete es ihm nicht, trotz der Tatsache, daß er unter dem Befehl des Gouvernements stand und dieses die Anweisung, hatte, Baha’u’lláh eingekerkert zu halten.
Solcher Art war der wörtliche Bericht, den der geliebte Herr heute bei Tisch gab über das Leben und Verhalten Baha’u’lláhs in jenen düsteren Tagen der Bedrückung und Gefangenschaft.
Aus dem Tagebuch von Ahmad Sohrab, März 1914.
Uebers. v. Fr. A. Sch.
Ueber die Seele, von ’Abdul’-Bahá.
Bezugnehmend auf deine Frage über die Seele wisse wahrlich, daß die Bezeichnung „Seele“ sich auf zahlreiche Wirklichkeiten der Entwicklung in der Welt der Existenzen bezieht.
1. Pflanzenseele. Die Seele der Pflanzen ist das Prinzip der Vermehrung. Sie zeigt sich in der Kraft des Wachstums, welche die feinen Bestandteile der Luft, des Wassers und der Erde anzieht oder aufsaugt, um sie in pflanzliche Stoffe oder Substanz umzugestalten und diese wieder in d. Zustand d. Wachstums zu verwandeln. Jene unorganischen Stoffe werden durch d. Willen Gottes organischer Natur; aus ihnen werden wachsende Pflanzen. Diese Pflanzenseele ist eine Eigenschaft, welche entstanden ist durch die Verbindung der Elemente, deren Zusammentreffen eine ewige Notwendigkeit ist und uns als zufälliges Dasein erscheint.
2.Die Tierseele. Dieselbe ist auch eine natürliche Eigenschaft des tierischen Wesens, hervorgehend aus der Verbindung der Elemente. Das, was durch die Vermischung und Combination erscheint, löst sich aber mit dem Tode wieder auf. (Auflösung des Zusammengesetzten).
3. Die menschliche Seele, die auch
Vernunft, Sein, Gemüt und Geist bedeutet, hat eine potenziale Existenz vor
ihrer Erscheinung im menschlichen Körper. Darin gleicht sie der Existenz eines
Baumes innerhalb des Samens, welche
potenzial (latent) ist. Wird aber der
Samen gesät und befruchtet, so kommen
die Zeichen der Entwicklung hervor in
Wurzeln, Zweigen und verschiedenen
Eigenschaften. Ebenso hat die menschliche Seele vor ihrer Erscheinung im
menschlichen Körper eine potenziale Existenz und durch eine wundervolle Verbindung und Vermischung der Elemente
tritt sie, der natürlichen Ordnung gemäß,
mit ihrer Identität hervor! Diese vernünftige Seele ist, wenn sie durch
den Hauch des heiligen Geistes
belebt wird, ewig, göttlich, himmlisch und wird ewig fortleben in dem
Herrn; andernfalls kehrt sie in ihre
frühere Wirklichkeit oder potenziale
Existenz zurück und tritt in die Sphäre
der Vergessenheit ein. (Finsternis, Verdunkelung). Diese ist die niedrigste
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Stufe in der Welt des zusammenwirkenden Lebens.
4. Die Seele des Glaubens, die aus dem göttlichen Geist geboren ist, eine Erleuchtung durch göttlichen Geist bedeutet und gleichsam Zeichen und Merkmal desselben ist. Diese schenkt der menschlich vernünftigen Seele die Gewißheit des ewigen Lebens und ist vom Geist geboren, rein geistiger Natur.
5. Eine weitere Art der Seele ist die heilige Seele. Der heilige Geist, das Wort Gottes leuchtet wie die Sonne der Wahrheit durch sie hindurch und über alle Horizonte hin. Durch sie verbreitet sich das durchdringende Licht, durch sie werden die geistigen Düfte hinausgetragen.
Uebersetzt von M. Döring.
Aus ’Abdu’l-Bahá in London.
Fortsetzung.
Christus und ’Abdu’l-Bahá.
Ein Freund frug, worin sich die Lehren Baha’u’lláhs von der Lehre Christi unterscheiden.
’Abdu’l-Bahá erklärte: „Die Lehren sind dieselben in ihrem Fundament und in ihrem Aufbau. Die Wahrheit ist immer ein und dieselbe, sie kann nicht verschiedener Art sein. Die Lehren Jesu sind konzentrierter Art. Die Menschen leben bis auf den heutigen Tag nicht im Sinn seiner Worte. Seine Lehren sind wie unentfaltete Blumenknospen. Heute nun entfaltet sich die Knospe zur Blume. Baha’u’lláh erweiterte und vollendete die Lehren und hat sie im einzelnen für die ganze Welt anwendbar gemacht. Es gibt keine Einsiedler und keine Klausner unter den Bahais. Der Mensch muß mit seinen Mitmenschen arbeiten. Jeder Mensch sollte irgend einen Beruf, (Handel, Gewerbe u. Kunst) sei er reich oder arm, ausüben, durch den er der Menschheit dient. Dieser Dienst ist als höchste Form der Anbetung vor Gott angenehm“.
Ueber Kunst.
Eine Malerin frug: „Ist die Kunst ein würdiger Beruf?“
’Abdu’l-Bahá wandte sich lebhaft an sie und antwortete: „Die Kunst ist ein Gebet“.
Ein Schauspieler erwähnte das Drama und seine Bedeutung.
’Abdu’l-Bahá: „Das Drama ist von größter Bedeutung. Es war im Altertum ein großer erzieherischer Faktor, und so wird es wieder werden“. (Er beschrieb nun, wie ihn als kleiner Knabe das mysteriöse Spiel von Ali’s Verrat und Leidensweg so tief berührte, daß er weinen mußte und mehrere Nächte keinen Schlaf fand).
Ueber Symbole.
Es frug jemand, ob es eine gute Gewohnheit sei, ein Symbol zu tragen wie z.B. das Kreuz.
’Abdu’l-Bahá: „Du trägst das Kreuz als Erinnerungszeichen, es konzentriert deine Gedanken, es hat keine magische Kraft. Viele Bahai tragen einen Stein, in den der größte Name eingeschnitten ist, es ist keine magische Kraft in diesem Stein, er ist ein Mahner und Gefährte. Wenn du im Begriff stehst, eine selbstsüchtige oder voreilige Handlung zu begehen, und dein Blick fällt auf den Ring an deinem Finger, wirst du dich besinnen und deine Absicht ändern“.
Esperanto.
Ein Freund frug wegen Baha’u’lláh’s Prophezeiung in den „Worten des Paradieses“, daß eine universale Sprache geschaffen werden soll und nun wollte er wissen, ob Esperanto diese Sprache sei.
’Abdu’l-Bahá: "Die Liebe und die Mühe, die für Esperanto aufgewandt wird, wird nicht verloren sein, aber eine Person allein kann eine universale Sprache nicht schaffen. Es muß dies durch ein Komitee, in dem alle Länder vertreten sind, geschaffen werden und die Worte müssen aus verschiedenen Sprachen sein. — Sie wird mit den einfachsten Regeln auskommen und es wird keine Ausnahmefälle geben, kein Geschlechtswort noch besondere Buchstaben und stumme Laute haben. Für jeden Begriff wird es nur eine Benennung geben. Im Arabischen gibt es hunderte von Namen für das Kamel! In den Schulen aller Nationen wird neben der Muttersprache noch die revidierte universale Sprache gelehrt werden“.
Tolstoi.
Derselbe Fragesteller sagte: „Ich habe viel
von Tolstoi gelesen und sehe Aehnlichkeiten zwischen seinen und Ihren Lehren. In einem seiner Bücher spricht er vom Rätsel des Lebens
und beschreibt, wie wir immerfort uns vergeblich
bemühen, die Rätsel des Daseins zu lösen.
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Tolstoi sagt darüber: „In Persien lebt ein Mann,
der die Schlüssel zur Lösung der Rätsel kennt“.
’Abdu’l-Bahá: "Ja, ich bekam einen Brief von Tolstoi, in dem er mir mitteilt, daß er ein Buch über Baha’u’lláh schreiben wolle“.
Heilung.
Ein Freund, der sich sehr für Gebetsheilungen interessierte, führte die Worte Baha’u’lláhs an: „Wenn jemand krank ist, so laß ihn zum größten Arzt gehen“.
’Abdu’l-Bahá sagte: „Es gibt nur eine Kraft die heilt, und das ist Gott. Die Heilung ist nur möglich durch das Vertrauen des Herzens. Bei dem einen wird die Heilung durch Pillen, durch Pulver, durch Medizin erreicht. Bei dem andern durch Hygiene, Fasten und Beten. Wieder bei anderen durch persönliche Vorstellungen (Suggestion)“.
Bei anderer Gelegenheit sagte ’Abdu’l-Bahá über dieselbe Angelegenheit:
„Alles, was wir um uns erblicken, ist die Arbeit des Geistes. Es ist Geist in der Pflanze und im Mineral, der auf den menschlichen Körper einwirkt und den Zustand ändert“.
Die Rede entwickelte sich zu einer gelehrten Abhandlung über die Philosophie des Aristoteles.
Tod.
Frage: Wie soll man dem Tod entgegengehen ?
’Abdu’l-Bahá antwortete: „Wie blickt ein Mensch dem Ziel einer Reise entgegen? Ich meine voll Hoffnung und froher Erwartung. Ebenso ist es mit dem Ende der Reise durch dieses irdische Leben. In der nächsten Welt wird sich der Mensch frei von vielen Unzulänglichkeiten fühlen, unter denen er auf Erden litt. Die, welche durch den Tod gegangen sind, leben in einer Sphäre, die nicht unähnlich der unserigen ist; Ihre Arbeit, die Arbeit im Königreich, ist auch die unserige, doch ist sie losgelöst von dem, was wir „Zeit und Ort“ nennen. Unsere Zeit bemißt sich nach der Sonne. Eine Zeit, in der es weder Sonnenaufgang noch Sonnenuntergang gibt, besteht für den Menschen nicht. Die von der Erde Geschiedenen unterscheiden sich durch verschiedene Eigenschaften von denen, die noch auf Erden sind; dennoch gibt es keine wirkliche Trennung beider.
Im Gebet entsteht eine Vereinigung der Stufen, ein Verschmelzen der Zustände. Bete für die Verstorbenen, wie sie für dich beten! Wenn du es nicht gewahrst und du dich in einem aufnahmefähigen Zustand befindest, ist es ihnen möglich, sich dir zu verstehen zu geben, besonders wenn du in Nöten bist. Dies kann sich manchmal im Schlaf ereignen. Es besteht aber keine phänomenale Verbindung. Das, was eine phänomenale Verbindung zu sein scheint, benötigt anderer Erklärung“.
Der Frager rief aus: „Aber ich habe eine Stimme gehört!“
’Abdu’l-Bahá sagte: "Ja, das ist möglich, wir hören deutlich Stimmen im Traum. Wir hören sie nicht mit dem leiblichen Ohr; der Geist der Abgeschiedenen ist befreit von den äußeren Sinnen und gebraucht keine körperlichen Mittel. Es ist nicht möglich, solch eine große Sache in menschliche Worte zu kleiden. Die Sprache der Menschen ist ein Kinderlallen und die Erklärung der Menschen geht oftmals in die Irre".
Andere Anwesende frugen, wie es komme, daß sich im Gebet und in der Andacht das Herz mit einem instinktiven Ruf an gewisse Freunde wendet, die hinüber gegangen sind.
’Abdu’l-Bahá antwortete: "Es beruht auf einem Gesetz in Gottes Schöpfung, daß sich das Schwache auf das Starke stützen soll. Die, zu denen du dich wendest, mögen Vermittler der göttlichen Kraft für dich sein, gerade wie es auf Erden ist. Der heilige Geist ist es aber, der allen Menschen Kraft verleiht“.
Hier kam ein anderer Freund auf den Verkehr Jesu auf dem Berg der Verklärung mit Moses und Elias zu sprechen.
’Abdu’l-Bahá sagte ihm: „Die Getreuen werden immer gestützt durch die Gegenwart der Erhabenen Heerscharen. Bei diesen ist Jesus und Moses, Elias und Baha’u’lláh und andere erhabene Seelen, auch die Märtyrer gehören dazu“.
Als man ’Abdu’l-Bahá über das individuelle Fortleben der Tiere nach dem Tode frug, sagte er:
„Selbst der entwickeltste Hund hat nicht die unsterbliche Seele eines Menschen, aber der Hund ist vollkommen auf seiner Stufe. Du zürnest dem Rosenstrauch nicht, weil er nicht singen kann“.
Ein wirklicher Bahai.
Ein Studierender frug ’Abdu’l-Bahá, ob er gut
daran tue, in der Kirche zu verbleiben, mit der
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er sein ganzes Leben verbunden gewesen sei und
deren Sprache für ihn so von Bedeutung sei.
’Abdu’l-Bahá erwiderte: „Du sollst dich nicht von ihr lossagen. Wisse, das Königreich Gottes ist nicht irgend eine Gemeinschaft. Gewisse Sucher gehen durch viele Gemeinschaften hindurch, wie ein Reisender manche Städte durchwandert, bis er sein Ziel erreicht. Wenn du zu einer Gemeinschaft gehörst, so verlasse deine Brüder nicht. Du kannst ein Bahai-Christ, ein Bahai-Freimaurer, ein Bahai-Jude, ein Bahai-Mohammedaner sein. Die Zahl 9 enthält acht, sieben, und alle anderen Zahlen und widerspricht keine der anderen. Entmutige oder weise niemand ab, indem du sagst: „Das ist kein Bahai!“ Er wird durch seine Handlungsweise erkannt werden. Es gibt nichts Geheimes bei den Bahai. Der Bahai hat nichts zu verheimlichen“.
Die Verbreitung der Lehre.
Als ’Abdu’l-Bahá von einem amerikanischen Freund gefragt wurde: Was ist der beste Weg, um die Lehren zu verbreiten? antwortete Er:
Durch die Tat. Dieser Weg steht allen offen, und die Taten sprechen zu allen. Schließt euch an die an, die für die Armen, die Schwachen und Unglücklichen arbeiten, dies ist mein nachdrücklicher Befehl. Mit dem Wort zu lehren verlangt die Geschicklichkeit eines weisen Arztes. Er bietet seine Hilfe nicht denen an, die keiner Behandlung bedürfen. Drängt euch denen nicht auf, die eure Hilfe nicht brauchen. Die Arbeit des Lehrens ist nicht Sache für alle“.
Folgender Vorfall zeigt uns, wie ’Abdu’l-Bahá sich selbst um das kleinste kümmert, wenn er mit Anderen zu tun hat. — Als er einst hörte, daß einige seiner Freunde von London gekommen seien und über eine Nacht im Dorf bleiben wollten, um bei ’Abdu’l-Bahá zu sein, lud sie ’Abdu’l-Bahá sogleich als seine Gäste in den Gasthof ein, sorgte für eine gute Unterkunft und besichtigte die Zimmer, da die Nächte schon begannen kalt zu werden.
In Brookland.
Am Morgen des zweiten Tages sandte eine in der Nähe wohnende Dame ihren Wagen mit der Anfrage, ob ’Abdu’l-Bahá nicht mit seinen Gästen zu dem Flugplatz von Brookland fahren möchte. Obgleich es windig war, erbot sich ein Aviatiker, der bei den Luftfahrzeugen war, für ’Abdu’l-Bahá einen Schauflug zu machen. ’Abdu’l-Bahá verließ seine Freunde und begab sich in die Mitte des Flugplatzes, wo er allein das Flugzeug beobachtete, das große Schleifen in den Lüften machte.
Ein Hindu, der das Fliegen bei der Schule erlernte, ging auf ’Abdu’l-Bahás Freunde zu und frug: „Wer ist der Mann im orientalischen Gewand?“
Als man ihm es sagte, rief er aus: „O ich kenne Ihn sehr gut durch seine Lehren, die ich studierte und ging unverzüglich zu ’Abdu’l-Bahá hin.
Sie sprachen eine Zeit lang arabisch zusammen, und man sah, welch eine Freude der junge Mann hatte, bei Ihm sein zu dürfen. Später sagte er, daß er sich jahrelang nach diesem Augenblick gesehnt hätte.
Während ihnen im Freien Tee gereicht wurde, sprachen ’Abdu’l-Bahá und der junge Hindu freudig mit jedermann; sie saßen auf den langen Bänken, die rasch aufgestellt worden waren.
’Abdu’l-Bahá beobachtete zwei Flieger beim Gleitflug und als sie landeten ging er zu ihnen hin, schüttelte ihnen die Hand und rief auf englisch: „Bravo, bravo! Das war eine gute Uebung!“
Als ’Abdu’l-Bahá nach Aegypten zurückgekehrt war, sandte er ein freundliches Schreiben an die Leute in Byfleet, worin er sich ihrer erinnert und sagte darin, daß er sie niemals vergessen werde.
Die Tage in London.
Solange ’Abdu’l-Bahá in „Cadogan’s Garden“ war, kamen täglich von morgens bis abends Leute herbei mit der Absicht, ihn zu sehen und mit ihm zu sprechen. Viele Versammlungen fanden im Kreise dieses gastfreien Heimes statt und hunderte von Menschen wurden empfangen. Viele kamen ohne Empfehlung, aber niemand wurde abgewiesen. Geistliche von mancherlei Glaubensbekenntnissen und Gemeinschaften, Parlamentsmitglieder, Magistratspersonen und Schriftsteller waren dabei.
Nicht nur Engländer waren zugegen, sondern auch viele Perser waren aus Teheran und anderen Städten des Orients hergereist, worunter ein Bahai, der lange durch Gefangenschaft seiner Freiheit beraubt war.
Der Verleger einer japanischen Zeitschrift unterbrach seine Reise nach Tokio, um einen Abend mit ’Abdu’l-Bahá zubringen zu können, und spät am Abend kam noch ein Zoroastrier, ein Arzt von Beruf, aus Bombay, auf seiner Rückreise nach Indien vorüber.
Die Tätigkeit der Frau.
’Abdu’l-Bahás Interesse an der Tätigkeit der
Frau und deren Fortschritt ist allgemein
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bekannt. Unter den bedeutenden Führerinnen der
Frauenbewegung, die ihn aufsuchten, möge Mrs.
Annie Besant, die Präsidentin der Theosophischen
Gesellschaft, genannt sein, die die Organisatorin von mancherlei Vereinen für Frauenstimmrecht ist, und verschiedenen wohltätigen Veranstaltungen sowie mehreren Frauenhochschulen
und Frauenvereinigungen vorsteht.
Ein geistreiches Gespräch wird, anläßlich des Besuches dieser begeisterten Frauenrechtlerin lange im Gedächtnis derer bleiben, die den Vorzug hatten, zugegen zu sein. Das Zimmer war voll von Männern und Frauen, viele Perser standen in der ihnen eigenen respektvollen Haltung im Vorplatz.
Nachdem ’Abdu’l-Bahá den großen Kontrast zwischen der morgenländischen und abendländischen Frau in großen Zügen angegeben hatte, betonte er, in wie mancher Hinsicht die Orientalin gegenüber der Europäerin im Vorteil sei.
’Abdu’l-Bahá wandte sich an einen Besucher und sagte:
„Sage mir deine Ansicht, weshalb heute die Frau stimmberechtigt sein soll?“
Antwort: „Ich glaube, daß die Menschheit vergeistigt werden soll und daß sie mehr und mehr emporsteigen muß; aber mit nur einem Flügel kann sie nicht auffliegen“. ’Abdu’l-Bahá drückte sein Vergnügen über diese Antwort aus und antwortete lächelnd:
„Aber was kannst du machen, wenn eine Schwinge stärker ist als die andere?“
Antwort: "Dann müssen wir die schwächere kräftigen, sonst wird der Flug immer gehemmt sein“.
’Abdu’l-Bahá lächelte und frug:
„Was sagst du, wenn ich dir beweise, daß die Frau die stärkere Schwinge ist?“
Die Antwort erfolgte ebenso rasch: „Sie werden für dieses Wort meine ewige Dankbarkeit ernten!“ Dies erfreute auch die anderen Anwesenden.
’Abdu’l-Bahá fuhr ernst fort:
„Die Frau ist wirklich vom größten Einfluß auf die Rasse. Sie hat die grössere Bürde und die größere Arbeit. Schau auf das Pflanzen- und Tierreich. Die Palme, die Früchte trägt, ist der geschätzteste Baum des Dattelzüchters. Der Araber weiß, daß auf einer langen Reise die Stute die grössere Ausdauer hat. Wegen größerer Wut und Wildheit ist die Löwin mehr von den Jägern gefürchtet als der Löwe.
Das bloße Gewicht des Gehirns ist erwiesenermaßen kein Zeichen der Ueberlegenheit. Die Frau hat größeren moralischen Mut als der Mann; sie hat auch ganz besondere Gaben, die sie befähigt, den Augenblick der Gefahr zu beherrschen. Wenn es nötig ist, kann sie sogar in den Kampf ziehen“.
Zenobia.
’Abdu’l-Bahá frug die Anwesenden, ob sie sich der Geschichte der Zenobia und des Falls von Palmira erinnerten, und fuhr dann fort, indem er mit der Hand die ihn so charakterisierenden Bewegungen machte:
„Es war einst ein Statthalter im alten
Syrien, der ein herrliches und kluges
Weib hatte. Sie war so begabt, daß,
als der Statthalter starb, sie an seine
Stelle trat. Das Land gedieh unter ihrem
Einfluß und die Menschen erkannten, daß
sie eine bessere Regentin sei als ihr Gatte
es war. Nach einiger Zeit machten die
römischen Legionen einen Einfall ins
Land, aber immer wieder trieb sie diese
aus dem Land und brachte sie in große
Verwirrung. Sie schnitt ihr herrliches
Haar ab und ritt ihrer Armee voran, mit
einem scharlachroten Mantel gekleidet,
mit einer goldenen Krone auf dem
Haupt, ein zweischneidiges Schwert
in der Hand. Der römische Cäsar vereinte die Streitkräfte von fünf Provinzen,
um sie zu besiegen. Nach langem, tapferem Kampf zog sich Zenobia in die Stadt
Palmira zurück, um die sie wundervolle
Festungswälle gebaut hatte, und widerstand einer Belagerung von vier Monaten. Die Nahrung, die sie in den Speichern innerhalb der Stadtmauern hatte,
war schließlich aufgebraucht und das
Elend ihres hungernden und pestkranken
Volkes zwang sie zur Uebergabe. Der
Cäsar war voll Bewunderung für diese
große Frau wegen ihres Mutes und ihrer
Ausdauer und bat sie, sein Weib zu werden. Sie aber wies ihn ab, indem sie
sagte, daß sie niemals einwilligen werde,
ihn als Gatten anzuerkennen, ihn, den
Feind ihres Volkes. Hierauf geriet der
Cäsar in Zorn und beschloß, sie zu demütigen. Er nahm sie auf seinem Schiff mit
nach Rom. Bei seinem Triumphzug waren die Straßen voll von Menschen. Im
Zug kamen zuerst Elefanten, nach diesen Kamele, dann Tiger und Leoparden,
dann die Esel und zuletzt hinter diesen
Eseln schritt Zenobia mit einer goldenen Kette um ihren Nacken. Dennoch
trug sie ihr Haupt hoch und war fest
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in ihrem Entschluß. Nichts konnte ihren
Sinn beugen. Sie wies es zurück, die
Gemahlin des Cäsar zu werden; darauf
wurde sie in einen Kerker geworfen, worin sie eines Tags starb“.
’Abdu’l-Bahá schwieg. Anhaltende Stille herrschte in dem Raum.
Bei einer anderen Gelegenheit sagte ’Abdu’l-Bahá zu einer Gruppe von Freunden, die bei ihm war:
„Im allgemeinen hat die heutige Frau mehr Sinn für Religion als der Mann. Die weibliche Intuition ist tiefer und richtiger; die Frau ist empfänglicher und ihr Verstand entwickelt sich rascher. Der Tag wird kommen, an dem das Weib vom Manne ihre Rechte fordern wird. Das Weib ist überall wegen ihrer Treue gerühmt worden. Nachdem Jesus Christus sein Leben vollendet hatte, weinten die Jünger und gaben ihrem Schmerz Ausdruck. Sie glaubten, daß alle ihre Erwartungen zunichte gemacht seien und daß die Sache Jesu völlig verloren sei, bis Maria Magdalena zu ihnen kam, sie ermutigte und zu ihnen sagte: Beweint ihr den Körper unseres Herrn oder seinen Geist? Wenn ihr um seinen Geist klagt, so irrt ihr euch, denn Jesus Christus lebt! Sein Geist wird uns niemals verlassen. Durch ihre Klugheit und ihren Zuspruch wurde die Lehre Christi für alle späteren Zeiten gerettet. Ihre Intuition befähigte sie, die Tragweite der geistigen Tatsache zu erkennen“.
’Abdu’l-Bahá fügte noch hinzu:
„Vor Gott ist hinsichtlich des Geschlechts kein Unterschied. Der Mensch ist größer, der Gott am nächsten ist."
Eines Morgens beim Betreten des Zimmers schaute ’Abdu’l-Bahá um sich und sagte:
„Es ist wie ein Wunder, daß wir zusammen hier sind. Uns verbinden keine rassischen, politischen oder vaterländischen Bande. Wir sind durch die Worte Baha’u’lláhs zusammengeführt und ebenso werden alle Rassen der Erde vereint werden, seid dessen ganz gewiß!“
Der wahre Bahai.
„Ich habe noch nie von Baha’u’lláh etwas gehört", sagte ein junger Mann, „ich habe nur kürzlich über diese Bewegung gelesen, aber ich erkenne die Mission von ’Abdu’l-Bahá und wünsche, ein Jünger von ihm zu sein. Ich habe immer an die Verbrüderung der Menschen geglaubt als an die schließliche Lösung aller unserer internationalen Schwierigkeiten“.
„Es tut nichts zur Sache, ob du je von Baha’u’llláh gehört hast oder nicht“, war die Antwort ’Abdu’l-Bahás, „der Mensch, der ein Leben nach den Lehren Baha’u’lláhs lebt, ist schon ein Bahai. Andererseits mag sich jemand 50 Jahre Bahai nennen; wenn sein Leben nicht im Einklang mit der Lehre steht, so ist er kein Bahai. Auch ein häßlicher Mensch mag sich schön nennen, aber er überzeugt keinen davon, und ein Schwarzer mag sich weiß nennen, das glaubt ihm aber niemand, so wenig als er selbst“.
Der Anbruch des Friedens.
Der Fragesteller fuhr fort: „Wodurch wird der Frieden auf Erden zustande kommen? Wird dies plötzlich geschehen, nachdem die universale Lehre in der ganzen Welt verbreitet worden ist?“
„Nein, es wird allmählich kommen“, sagte ’Abdu’l-Bahá, „eine Pflanze, die zu schnell wächst, dauert nur kurze Zeit. Ihr seid meine Familie, meine neuen Kinder“, sagte er, indem er sich lächelnd umsah. „Wenn eine Familie in Einigkeit lebt, so wird Großes erzielt. Ich will den Kreis erweitern. Wenn eine Stadt in völliger Harmonie ist, so werden größere Erfolge daraus hervorgehen; durch einen Kontinent, der ganz und gar einig ist, werden ebenso andere Kontinente vereint werden. Dann wird die Zeit gekommen sein, die den größten Erfolg bringt, denn dann gehören alle Einwohner der Erde einer Heimat an“.
Uebersetzt von Fr. A. Sch.
Fortsetzung folgt.
Bericht an die Freunde im Osten und Westen.
(Fortsetzung.)
Der langersehnte Nachmittag war gekommen,
da der Eßlinger Jugendgruppe — meist Sonntagsschüler von Frl. Anna Köstlin — der große
Vorzug zu teil werden sollte, ’Abdu’l-Bahá unter sich zu sehen, und so erwarteten die Eßlinger
Bahai unseren geliebten Herrn am 4. April 1913
in einem festlich geschmückten Saal im „Museum". Der Frühling war mit voller Pracht in
das Neckartal eingezogen und die Kirschbäume
standen in üppiger Blüte, Hänge und Berge
[Seite 89]
waren bedeckt mit frischem Gras, aus dem tausende
von Frühlingsblumen lachten. — Nachdem unser
geliebter Herr nach Tisch etwas geruht hatte,
stand das Auto bereit zur Abfahrt nach Eßlingen.
Es lag uns viel daran, daß unser geliebter Meister
sich wohl und glücklich fühlte und so baten wir
Ihn, uns zu gestatten, Ihn durch das blühende
Land zum Jägerhaus zu führen, damit Er auf der
Fahrt den herrlichen Anblick des deutschen Frühlings genieße. Er sprach auf der Fahrt mit den
Ihn begleitenden Bahai voll inniger Liebe, und es
lag ein Ausdruck seelischen Glücks auf Seinem
hoheitsvollen Antlitz. Um 4 Uhr traf ’Abdu’l-Bahá in Eßlingen ein und als Er dem Auto entstieg, bewillkommneten Ihn die Kinder, die bis
zum Vorsaal Spalier bildeten. Mehrere Gläubige
erwarteten den geliebten Herrn am Eingang des
Hauses und geleiteten Ihn in den Saal. Voll Zutrauen und Liebe drängten sich die Kinder zu
dem Meister hin; Er nahm ihre Blumen in Empfang und gab jedem einzelnen Kind die Hand.
Er liebkoste die Kleinen und reichte ihnen eigenhändig Süßigkeiten. Er freute sich über ihr
gutes Aussehen und sprach von ihnen als von
gesegneten Kindern und empfahl für sie die beste
Erziehung. Seine Worte waren:
„Ich bete zu Gott, daß Er diese Kinder segne, daß sie wie aufblühende Blumen Abhás werden, frisch und prangend in herrlichem Blühen und daß ein jedes von ihnen mit dem Lichte Gottes und Seiner Liebe erleuchtet werde. Dies sind die Knospen des Königreichs Abhás, ihre Herzen sind durchaus rein, ihre Seelen von lieblichster Reinheit. Ich hoffe, daß sie sich entwickeln wie Perlen in der Schale der Liebe Gottes!“
Hierauf betrat ’Abdu’l-Bahá den Festsaal und nahm Seinen Ehrenplatz ein, der reich mit Blumen geschmückt war.
Herr Herrigel bewillkommnete den Herrn mit einigen Begrüßungsworten und wies auf Seine Größe und Erhabenheit hin.
Die Worte, die unser geliebter Herr zu den Anwesenden bei diesem Liebesmahl sprach, wurden von Mirza Ahmad Sohrab ins Englische übersetzt und von Herrn Eckstein ins Deutsche übertragen. Ein Stenogramm nahm Fr. Maria Schweizer auf. Er sprach:
„Preis sei Gott, daß ich mich selbst wieder in dieser heiligen Versammlung befinde. Vor mir sehe ich eure Gesichter,
erleuchtet von der Liebe Gottes. Ich
sehe eine Nation, welche die höchsten
Grade der Zivilisation erreicht hat. Ich
sehe bei diesem Volk die höchste Stufe
fester Ordnung, beglückt mit einer Regierung, die außerordentlich treu und
edel ist. Im Deutschen Reich ist Freiheit — Ruhe und Frieden herrscht in den
Wohnungen dieser Nation. Wie ich sehe,
macht das Deutsche Volk Fortschritte in
seiner Wohlhabenheit. Ich hoffe, daß
das Deutsche Volk das Ziel des allgemeinen Friedens im Auge behalten wird.
Strebet darnach, daß das Licht des Königreichs euch erleuchte. Das Manna
des Himmels möge auf euch herabkommen. Das Wehen des Heiligen Geistes
möge eure Herzen bewegen; das Licht
der Sittlichkeit möge in der Welt immer
heller hervorstrahlen, und die Flagge der
Einigkeit möge in der Welt entfaltet
werden. Möchten sich doch alle Nationen und alle Völker der Welt vereinigen
in freundschaftlicher Gesinnung, so daß
die düstern Wolken, die jetzt noch den
Horizont der Welt verdunkeln, zerstreut
werden. Möchten doch die Strahlen der
Sonne der Wirklichkeit immer heller hervorbrechen, so daß Unwissenheit und
Vorurteile verschwinden. Es gibt nur
einen Schöpfer der Menschheit. Es
gibt nur einen Vater, der die Menschheit durch Seine Vorsehung lenkt. Es
gibt nur einen Hirten für alle Schafe.
Gott ist gütig zu allen Menschen. Gleicherweise müssen auch wir zu allen Menschen freundlich und gütig sein. Gott
hat eine innere Gemeinschaft unter uns
gegründet, in der sich der Osten mit dem
Westen vereint. Alle fünf Erdteile dieser Welt sollen sich zu einem Erdteil
zusammenschließen. Möge die Liebe
Gottes in euren Herzen wohnen. Die
Vereinigung aller Völker und die Gemeinschaft untereinander nützt allen
Menschen der Erde. Ich bete an der
Schwelle Abhás, daß Er euch mit Seinem besonderen Segen umgebe, daß die
hellen Strahlen der göttlichen Sonne in
eure Herzen scheinen, besonders in die
Herzen der Kinder. Ich bitte Gott, daß
Er jeden von euch segnen möge. Möge
Gott unser aller Erzieher sein, damit
diese Kinder unter dem göttlichen Schutz
und der göttlichen Vorsehung heranwachsen und die höchste Tugend und
Vollkommenheit in dieser Welt erringen.
Ich bin den Eßlingern sehr dankbar, daß
sie mich eingeladen haben, ihr Gast zu
sein. Ich erkenne, wie schon anfangs erwähnt, auf euren hellen Gesichtern mein
Gesicht wieder. Ich bin unbeschreiblich
glücklich, vor mir so viele glückliche Gesichter zu sehen. Diese Versammlung
[Seite 90]
wird eingegraben sein im Buch meiner
Erinnerungen, sie wird in Gedanken immer vor mir stehen. Ich bete für euch
alle und für jeden Einzelnen von euch,
daß Gottes Segensstrom auf euch herabkommen möchte“.
Ihr lieben Freunde wißt alle, wie sehr 'Abdu'l-Bahá Kinder liebt, und es war ein wundervoller Anblick, unseren geliebten Herrn inmitten der vielen weiß gekleideten Kinder vom zartesten Alter an zu sehen. — Er hielt segnend Seine Hände über sie, dem werdenden neuen Geschlecht. Sie, in deren Zeichen, trotz der anwesenden Erwachsenen, das Fest stand, sollten Seine Diener werden. Was mag alles an Seinen Seher-Augen vorübergezogen sein, da Ihm nichts Gegenwärtiges noch Zukünftiges verhüllt war? Instinktiv fühlten wohl alle, die Seine Jünger wurden, daß sie einen Vater ohnegleichen an Ihm gefunden hatten, unter dessen Hut und Segen alles, was das Leben Schweres bringt, als aus den Händen des Allmächtigen kommend erscheint und deshalb gut ist, wie Mörike sagt:
Herr! schicke, was du willt
Ein Liebes oder Leides,
Ich bin vergnügt, daß beides
Aus Deinen Händen quillt.
Auf die herzliche Bitte der Bahai gestattete
'Abdu'l-Bahá eine photographische Aufnahme.
Ich hoffe, daß Ihr lieben Geschwister in fernen Landen dies wundervolle Bild besitzt. So gerne
würden wir die Reproduktion desselben diesem
Bericht beifügen, es läßt sich aber leider derzeit
nicht ermöglichen.
Als unser geliebter Herr das Auto bestieg, konnten sich die Kinder fast nicht von Ihm trennen, sie streuten Blumen auf Seinen Weg und es war ein Winken und Grüßen ohne Ende.
Auf der Rückfahrt nach Stuttgart versenkte sich unser geliebter Herr ins Gebet und wir, die den großen Vorzug hatten, in Seiner Nähe zu sein, erlebten eine tiefe seelische Erschütterung, die uns unvergeßlich ist. Von Ihm strömte eine gewaltige göttliche Liebe aus, die fast zu groß war für unsere Seelen. Eine himmlische Verklärung lag über Seinem Antlitz und ein Leuchten ging von Ihm aus, das überirdisch war. Nicht nur die, die sich im geschlossenen Auto befanden, sondern auch ein Bahaifreund und der Chauffeur außerhalb haben eine tiefe seelische Ergriffenheit verspürt, wie sie uns nachträglich berichteten. Nach der Fahrt lud unser geliebter Herr uns ein, eine Tasse Tee im Hotel bei Ihm einzunehmen. Als unser geliebter Meister das Auto verließ, bildeten die Passanten, die in großer Zahl vom Bahnhof her kamen — an den sich das Hotel direkt anschließt — eine Gasse, die 'Abdu'l-Bahá durchschritt, und es folgten Ihm die Blicke voll Ehrfurcht und Staunen. Mir war wunderbar zu Mut, und ich empfand deutlich, daß es keine größere Ehre geben kann, als Ihm mit Leib und Seele dienen zu dürfen bis zum letzten Atemzug.
A.Sch.
Report to the Friends in the East and West.
(Continuation).
The longed for afternoon at last arrived, when the youthful group of Esslingen with their brothers and sisters, mostly sunday pupils of Miss Anna Köstlin’s, were to have the great privilege of seeing 'Abdu'l-Bahá in their midst, and the Bahais of Esslingen therefore awaited their beloved Master on April 4th 1913 in a beautifully decorated hall in the museum. Spring had come in all its splendour into the valley of the Neckar, the cherry trees were in full bloom, hills and steeps were covered with fresh green and and thousands of spring blossoms. Shortly after our beloved Master had rested after dinner the motor-car was ready for the drive to Esslingen. We were most anxious that our beloved Master should feel Himself well and happy so we requested Him to allow us to drive Him, through the blooming country up to the Jägerhaus, so that he should be able to enjoy the beautiful sight of a German spring during the drive. During the drive He spoke full of intense love to the Bahais who accompained Him, and an expression of intense inward happiness lay on His sublime countenance. Our beloved Master arrived in Esslingen at 4 o’clock and when He got out of the motor He was welcomed by the children, who stood in a row up to the door of the hall. Several believers awaited the Beloved Master at the entrance of the house and accompanied Him into the hall. The children crowded around the Master full of love and confidence. He accepted their flowers and shook hands with each single child, caressed them and divided sweets amongst them with His own hands. He was delighted to see all of them looking so well and spoke of them as being specially blessed children and recommended the best possible bringing up for them, His words were as follow:
„I implore to the Kingdom of God to
bless these children that they may become like blooming flowers of Abhá,
fresh and beautiful in their spendid
bloom and that each one of them may be
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illuminated by the light of God and His
love. These are young plants of the
Kingdom of Abhá, their hearts and souls
are pure in loveliest purity. I hope that
they may develop like pearls in the shell
of the love of God.“
After this 'Abdu'l-Bahá entered the hall and took His seat on the place of honour which was nicely decorated with flowers. Mr. Herrigel welcomed the Master with a few words af greeting and pointed out His greatness and sublimity.
The words which our beloved Master addressed to those present on this occasion were translated into English by Ahmad Sohrab and then into German by Mr. Eckstein. Mrs. Maria Schweizer wrote it in shorthand.
“God be praised, that I am again in the midst of this holy meeting. Before me see your faces illuminated by the love of God, I see a nation, which has reached the highest grade of civilisation. In this people I see the highest step of solidity and happiness and a government, which is thoroughly true and noble. Freedom is granted to the german Empire. Peace and quiet reign in the dwelling of this nation. As I see the German nation increases its wealth. I hope that the Germans will hold to the idea of general peace. Strive that the light of the Kingdom may illuminate you. May the manna of heaven descend upon you. May the Holy Spirit move your hearts, may the light of morality ever shine more and more brightly in the world and may the flag of Unity be unfolded in the world. May all nations and all people of the world become united with one another in friendly sentiments so that the threatening clouds, which still darken the horizon of the world may disperse. May the ray of the sun of Reality break forth more and more clearly and may all ignorance and prejudices disappear. There is only one creator of mankind. There is only one Father, Who leads mankind through His Providence. There is but one Shephard for all sheep. God is kind to all people. We must therefore be good and kind to all people. God has founded an ideal community amongst us, so that the East and the West are united, All five parts of this world should unite to one part. May the love of God dwell in your hearts. May the unity of all people and the community amongst one another serve all people of the earth. On the threshold of Abhá I pray that He may pour His special blessings upon you that the bright rays of the Divine Sun may shine in your hearts and especially in the hearts of the children. I pray to God, that He may bless each one of you. May God be our educator, so that these children may grow up under divine protection and divine providence and attain the highest virtues and perfection in this world. I am very grateful to the people of Esslingen for having invited me to be their guest. As I already remarked in the beginning, I recognise my own face on your bright countenances. I am indescribably happy to see so many happy faces before me. This assembly will be engraven on the book of my memory, it will ever be before me in my thoughts, I pray for you all and each one of you, that the blessing of God may descend upon you.”
My dear friends you all know how much 'Abdu'l-Bahá loves children, and it was a beautiful sight to see our beloved Master in the midst of so many children, all dressed in white and from the tenderest age upwards. He spread His hands over them and blessed them, the coming generation, who were to become His servants. and for whom this fête was specially arranged not withstanding the many grown-up persons who were present. Who knows what may have passed through his allseeing eye as nothing in the present or future was hidden from Him? Instinctively all who are His servants felt, that in Him, they had found a Father, in whose care and keeping any trials or hardships that life might bring, could only be for their good, as coming from the hands of the Almighty as the poet Mörike so justly say:
„O my Lord send to me after Thy will
some good or some harm
I am blessed that both
Pour out of Thy Hands.“
At the hearty request of the Bahai, 'Abdu'l-Bahá permitted a photograph to be taken. I
hope dear bretheren in far-off countries that
you possess this beautiful picture. We would
much like to add a reproduction of the picture
to this report but alas, at the present time it is
impossible.
When our beloved Master stepped into the motor-car the children could hardly part from Him.
They scattered flowers along His path and beckoned and waved their hands to Him without end.
[Seite 92]
On the drive back to Stuttgart our beloved
Master was absorbed in prayer and we who had
the great privilege to be in His holy Presence
experienced a deep spiritual emotion, which we
can never forget. A powerful divine love streamed forth from Him and was almost too great
for us and our souls. A heavenly glory lay on
His countenance and a light, that was superhuman, radiated from Him. Not only we, who drove
with Him in the closed motor-car experienced
a deep spiritual emotion, but also a Bahai friend
and the chauffeur outside experienced a like
emotion, as they afterwards told us. After the
drive our beloved Master invited us to a cup
of tea with Him in the hotel. When our beloved Master got out of the motor, passers by
who had collected in great numbers from the
station, which is quite close to the hotel, formed a passage through which 'Abdu'l-Bahá passed and was followed by glances full of wonder
and reverence. I was deeply moved and distinctly felt that there could be no greater honour than to serve Him with body and soul to
the end of my life.
A. Sch.
(To be continued).
„Kristgermanentum.“
Das „Kristgermanentum" — vielleicht wäre es besser zu sagen: Germanenchristentum — ist eine von den vielen religiösen Strömungen, die heute unser Volksleben durchziehen und ein Beweis dafür sind, daß bei allem oft so kraß sich äußernden Materialismus und Mammonismus unserer Zeit doch auch andere Kräfte in unserem Volk sich regen, die eine innere Gesundung des kranken Volkskörpers erhoffen lassen.
Wie die meisten religiösen Bewegungen geht auch das „Kristgermanentum“ von einem Laien aus. Es ist der in Lübben im Spreewald wohnende Bäckermeister Gustav Müller, ein Selbstdenker von ausgeprägter Eigenart, der durch seine tiefgründigen Schriften: „Kristgermanentum als Religion und Kulturmacht“ und „Die Vernünftigkeit des Unsterblichkeitsglaubens" rasch bekannt geworden ist. Das wichtigste daraus zu erfahren, dürfte auch die Leser der „Sonne der Wahrheit" interessieren. Wir halten uns dabei an die im Aprilheft des „Türmer" (Verlag Greiner u. Pfeiffer, Stuttgart) über „Gustav Müllers Kristgermanentum" enthaltenen Ausführungen.
Die Veranlassung zu den religiösen und sozialen Betrachtungen gaben ihm die Rätsel des Leidens. Nach ihm ist das Leid, das der Materialist als sinnlos und der gewöhnliche Christ als Zuchtrute Gottes betrachtet, ebenso notwendig als nützlich. Schmerz und Lust erfordern sich gegenseitig. Leid steigert die Geistesbildung, regt zum Fortschritt in der seelischen Entwicklung an und erscheint so als Wohltat, als Wurzel aller wahren Freude.
Auch Erlöste müssen noch leiden, solange sie nicht zu voller inneren Durchbildung gereift sind. Wenn sie auch noch so hoch steigen, müssen sie immer wieder in das Dunkel des Leids hinab. Dieser Gedanke führt zur Wiederverkörperungslehre (Reinkarnation), zum ewigen Wechsel alles Seins,
M. spricht von einer Zentralsonne als beherrschenden Mittelpunkt des Weltalls und allen den Sonnensystemen, in deren Mittelpunkt ebenfalls eine Sonne steht. Diese Sonnenwelten bilden den Wohnort für die der Erde entschwundenen Geister, die er sich mit einem feinstofflichen, von unseren Augen nicht wahrnehmbaren Körper denkt.
Diese Annahme bildet die Brücke zu seiner „Kosmosophie“, die mehr ist als Theosophie und als „Heliosophie“. Sie ist die höchste Höhe aller Betrachtung des Seins, sie ist „die Fähigkeit, mit den unsere Entwicklung leitenden Geistesmächten in kontrollierbaren Gedankenaustausch treten zu können". Diese Geistesmächte schaffen aus der Tiefenwelt der einzelnen bewohnten Sonnensysteme immer aufs neue einen Nachwuchs von Lichtgeistern, die in bestimmten Zeitperioden die Entwicklung zu Kampf und Aufstieg vollbringen. Auch die Gottheit ist M. ein „Werdegebilde", wie wir es sind.
Da M. vor allem Gewissensmensch ist, ist ihm
das Gewissen (inneres Wissen) der sechste
Sinn, mit Hilfe dessen wir die großen Zusammenhänge zu erfassen vermögen. Leute von
richtiger Gewissensbildung, mit strenger Rechtsempfindung und dem festen Glauben an eine
göttliche Weltordnung nennt er Lichtfreunde. Es besteht ein Reich der Lichtgeister
und ein Reich der bösen Gewalten. Beide sind
fortwährend im Kampf. Wir müssen uns auf die
Seite des Lichtreiches stellen und einen wirklichen
Haß gegen das Böse aufbringen, das eine tatsächliche, grauenhafte Realität ist, gegen die mobil
gemacht werden muß. Durch diesen Kampf gegen das Böse, durch ein eifriges, geistig-sittliches
Hochstreben, durch Selbstvervollkommnung und
Selbstopfer müssen wir zur Erlösung und
zur Weltvervollkommnung gelangen.
Unsere sittliche Begriffswelt muß gereinigt, die
Persönlichkeitskultur in höhere Bahnen geleitet und
das gesamte Volksleben mit Gesundheit erfüllt werden.
[Seite 93]
Besonders anregend ist die Ethik des „Kristgermanentums“. M. ruft zu einem germanischen Gewissensbund auf, zu dem alle
Guten und Wohlgesinnten sich sammeln sollten,
um die erschreckenden Zeitschäden zu heilen und
unser bedrohtes Volkstum zu retten. Trotz der
nationalen Färbung seiner Ethik verliert er aber
nicht die großen Menschheitsziele aus
dem Auge — er ist Patriot und Kosmopolit zugleich — und schaut hinaus auf die kosmische Unendlichkeit eines unausgesetzten Kampfes zwischen Gut und Bös. Der Weg zur endlichen Reinigung ist ihm — wie schon gesagt — die indische Lehre der Wiederverkörperung durch immer erneutes Eintauchen in das Erdenleben, um
schließlich in der „Zentralsonne" zu enden,
worauf das Spiel wieder von neuem beginnt
(„Rundenlehre“).
M. will eine Religion, ein Christentum, wie es germanischem Denken und Empfinden entspricht; deshalb nimmt er Stellung gegen die jüdische Religion, mit der die Christuslehre „verkuppelt“ ist. Das alte Testament ist ihm der Gegenpol der Christuslehre und der Gipfel der Täuschungskunst. Jesus, der Erziehung nach Jude, nach Blut und Geist aber arischer Lichtfürst, hat ihm die Maske heruntergerissen. Seine Anhänger sind zu scheiden in wahre Jünger und Christenjuden. Letztere erkennen den Unterschied zwischen Altem und Neuem Testament nicht oder schwören auf den Buchstaben des Neuen Testaments. Die Christuslehre ist in völliger geistiger Freiheit zu erfassen und erfordert eine völlige Hingabe des Gewissens. Gewissensbildung ist der allein gangbare Weg zum Vater. Bei den scheinbaren Unvollkommenheiten und Unvollständigkeiten der Lehre Christi handelt es sich darum, daß Jesus einerseits sich dem kindlichen Auffassungsvermögen seiner Zeit anpassen mußte, anderseits auch tiefe Weisheiten zurückhielt, weil diese späteren Zeiten vorbehalten waren. Es ist zu unterscheiden, was Jesus wollte und war und was die Zeit aus ihm gemacht hat. Der Kern der Christuslehre ist gesund, nur ihr kirchliches Beiwerk krankt und bedarf der Beseitigung. Christus ist ihm der Heliosoph in höchster Vollendung, der Heiland, Bahnbrecher und Lichtbringer für alle Zeiten. Wer mit Erfolg für die Welt wirken will, muß in seinem Geist und in seinem Auftrag und Dienst weiterarbeiten. — —
In den angeführten Hauptgedanken des „Kristgermanentums“ wird der aufmerksame Leser manche Anklänge an die Bahailehre finden. Sie im einzelnen herauszustellen aus dem ganzen Zusammenhang, wollen wir unterlassen.
J.
La deka prinzipo.
Egalrajtoj inter viroj kaj virinoj.
Abdul Baha parolis: „Dio kreis pare Ciujn estajojn, tiel en la vegetajaro, kiel en la bestaro. En la regno de la homo estas duspecaj seksoj, kaj inter ili estas absoluta egaleco.
En la vegetajaro ekzistas virinaj kaj viraj plantoj; ilihavas egalan kvaliton kaj posedas egalan belecon,
Ankaü en la bestaro ni vidas, ke viraj kaj virinaj bestoj havas egalajn rajtojn kaj preferojn.
En la du malsuperaj regnoj de I’ naturo ni vidis, ke la vira sekso ne estas pli alta ol la virina. Sed en la homaro ni trovas gravan diferencon. Oni traktas la virinan sekson kvazaü gi estus plimalalta; $i ne havas la samajn rajtojn. Tiu &i stato ne estas natura, sed la frukto de la duko. La tuta kreitafaro ne montras tian diferencon; antaü Dio neniu sekso estas pli alta ol la alia. Kial asertas la unu sekso, ke la alia estas plimalsupera kaj rifuzas al Si la samajn rajtojn kaj preierojn kvazaü Dio estus doninta sian aütoritaton por tia limigo? Se
la virinoj havus la samajn edukajn provitojn kiel la viroj, la rezultatoj pruvus, ke ambaü seksoj posedas la saman kapablecon por instruiteco.
La virino superas kelkarilate la viron; Si estas plimolanima, pli sentema, Sia komprenemo estas olte pli forta ol tiu de I’ viro.
Ke la virino nuntempe estas malprogresa en diversaj direktoj, oni ne povas nei; tiu &i preteriganta malprogresemo estas nur la sekvo de eraroj en la edukado. En la zorgoj de I’ vivo la virino ofte estas pli forta ol la viro, kai al Si li ja dankas sian ekziston.
Bone edukita patrino certeankaükondukos
siajn infanojn sur la vojon de la sageco.
Religia patrino lernigos siajn infanojn, ke
ili devas ami Dion. Kiam patrino estas
morala, tiam $i ankaü edukos honestajn
infanojn, kiuj iras sur la vojo de la moralo.
Estas certe, ke bonfarto de I’ estonta generacio dependas de la patrino de I’ nuntempo. Cu.tio ne estas alta respondeco
por la virino? Cu Si ne bezonas Cian nur
eblan proviton, por esti preparita por tia
tasko ?
[Seite 94]
Pro tio Dio certe ne estäs kontenta, se oni rifuzas al tia grava ilo, kiel estas la virino, tiun edukon, :kiu estas dezirinda kaj necesa por akiro de perfektecoj por $ia granda vivotasko. Car en la okuloj de Dio neniu el la ambaü seksoj estas pli alta ol la alia, la dia justeco postulas, ke la rajtoj de ambaü estu konsiderotaj. La preiero antaü Dio ne dependas de la sekso, sed de pureco kaj de inspiro de I’ koro. Koncerne al la homaj virtoj Ciuj havas la saman pretendon.
Por esti Ciurilate rajtigitaj kiel la viroj, la virinoj devas peni akiri pli grandajn perfektecojn, ili devas peni pliprogesi, por ke la viroj estu devigataj, aprobi iliajn talentojn kaj kapablecojn,
En Eüropa la virinoj pli progresis ol en oriento; malgraü tio ankoraü ne sulficas, Kiam lernantoj finis sian lernjaron, tiam ili estas ekzamenataj, kaj la rezultato de tiu
ekzameno atestas kapablecon kaj konojn de Ziu lernanto. Sama la virinoj; se iliaj faroj pruvos ilian kapablon; ili ne bezonas in anonci per vortoj.
Mi esperas, ke. la virinoj orientaj kaj okcidentaj rapide progresas, $is la homaro estas akirinta perfektecon.
La donoj de Dio estas por £iuj, ili subtenas ©iun progreson. Kiam la viroj aprobas la-egalecon de la virinoj, tiam ili ne plu bezonas batali por siaj rajtojl. Unu el la principoj de Baha’u'lläh estas: „La egalrajtigo de la seksoj“.
La virinoj devas multe peni akiri spiritan kapablon kaj devas progresi en virtoj, en saßeco kaj sankteco, gis iliaj penadoj realigos unuecon de la homaro, Ili devas labori per arda entuziasmo, por disvastigi la instruojn de Baha’w’iläh inter la homaro, por ke la radianta lumo de I!’ diaj talentoj Cirkaüu la animojn de Ciuj nacioj.
La dekunua principo. La potenco de la Sankta spirito.
En la instruoj de Baha’u’lläh estas skribite; „La homo povas nur progresi per la potenco de I’ Sankta Spirito, Car la forto de la homo havas limojn, dum dia potenco estas senlimigita.“ Legante la historion ni konkludas, ke Ciuj eminentuloj, &iuj bonfarantoj de la homa raso kaj tiuj, kiuj igis la homojn, ami la rajton kaj malami la malrajton, kaj la veraj progresuloj estis inspiritaj per la potenco de I’ Sankta Spirito.
La profetoj de Dio ne Ciam eliris el la lernejoj de instruituloj kaj filozofoj, ofte ili estis fakte nur viroj de malalta deveno, laü$ajne malkleraj kaj nekonataj personj, al kiuj la mondo ne atribuis gravecon; iuj ec ne povis legi kaj skribi.
Tio, kio superigis tiujn bonegajn virojn al aliaj 'homoj .kaj farigis ilin instruistojn de la vereco, estis la potenco de !’ Sankta Spirito. Sekve de tiu ©i potenca inspiro ilia influo je la homaro estis granda kaj sukcesa. Kompare kun ili la influo de la de la.plej sa$aj filozofoj, ne havantaj tiun ci dian spiriton, tute ne estis grava, egale . kiel ajn profunde estis ilia instruiteco.
La eksterordinara prudento de Plato, Aristoteles, Plinius kaj Sokrates ekzemple ne tiom influis la homojn, ke ili estus inklinaj oferi sian vivon por la instruoj de tiuj viroj. Kontraüe kelkaj el tiuj simplaj
viroj tiom instigis la homaron, ke miloj da homoj libervole mortis kiel martiroj, por konfirmi iliajn instruojn, inspiritajn per la Sankta Spirito. La israelaj profetoj Elias, Jeremias, Jesaias kaj Ezehiel estis humilaj personoj, same la apostoloj de Jesue Kristo.
Petro, la tefo de la apostoloj, partigis la rezultaton de sia fiSkaptado en sep partoj; li Ziutage konsumis unu parton, kaj kiam li prenis la lastan, tiam li sciis, ke estis sabato. Pripensü, kian pozicion li plimalirue okupis kaj kian bonfamon li havis, Car la Sankta Spirito plenumis per li grandajn farojn.
Ni nun komprenas, ke la Sankta Spirito estas la faktoro forton donanta en la vivo de la homo. Kiu ricevas tiun potencon, estas kapabla influi tiujn, kiuj havas rilatojn al li. Sen tiu Ci spirito, la plej eminentaj filozofoj estas senpotencaj, iliaj animoj estas senamaj, iliaj koroj estas senvivaj. Se la Sanıkta Spirito ne okupas iliajn animojn, ili ne povas krei bonon, Neniu sistemo de la filozofio ebligis aliigi kaj plibonigi morojn kaj kutimojn de popolo. Instruituloj kaj filozofoj, ne inspirataj per dia spirito, ofte estis viroj de malmulte da moralo; ili ne efektivigis siajn belajn frazojn per siaj ago),
La diferenco inter spiritaj filozofoj kaj
aliaj filozofoj montrigas en ilia vivo. La
spirita instruisto pruvas sian kredon al siaj
[Seite 95]
propraj instruoj per tio, ke li mem faras
. tion, kion li rekomendas al aliaj.
- Simpla homo sen instruiteco, sed plenigita de I’ Sankta Spirito, estas multe pli
potenca .ol la plej sprita instruitulo de alta deveno ne havanta tiun {i inspiron.. Tiu, kiu estas edukita per dia spirito, povas ankaü ricevigi la saman spiriton al aliaj.
Mi pre$as por vi, ke vi estu instruataj per la esenco de I’ Sankta Spirito, por ke vi farigu la rimedo de Il’ eduko por aliaj, . La vivo kaj la moralo de spirita homo estas
jam al si eduko por tiuj, kiuj lin konas aü
interrilatas kun Ii.
Ne memoru pri viaj propraj malfortoj, vidu nur la belecon de I’ reglando. Rigardu la influon, kiun Kristo havis je siaj apostoloj, kaj memoru pri iliaj efikoj en la mondo. Per la potenco de l’Sankta Spirito tiujsimplaj viroj kapablis disvastigi la fojigajn misiojn.
En sama maniero vi@iujricevu dian helpon. Nenies povo estas limigita, se Si estas gvidata per dia spirito.
La tero al si ne havas ecojn de !’ vivo, gi estas senfruktodona kaj seka, is i produktemigas per pluvo kaj suno; malgraü tio la tero ne povas plendi pri sia propra malforto.
Estu donataj al vi vivon! Pluvo de dia kompato kaj varmo de la suno de vero fruktigu viajn &ärdenojn, por ke floru abundaj belaj floroj kun bonodoroj de la amo en ili. Fortunu vin de via proprapersona, kaj direktu vian rigardon al eterna brilo; tiam viaj animoj ricevos altgrade dian potencon de I!’ spirito kaj benadojn de ’_ sennombraj donoj de Dio.
Se vi estos pretaj por tio, vi farifos por la homaro lumanta flamo, stelo de I’ gridado kaj fruktodona arbo. Per la brilanta suno de favoro kaj per sennombraj benadoj de I’ ojiga misio, vi aliformigos la mallumon de la homaro kaj ties doloroj en lumon kaj &ojon,
Jen la signifo de. l’ potenco.de Sankta Spirito. Mi preßas, ke vi rice ricevu £in.
Mitteilungen.
Eingesandt. Am Donnerstag den 12. Juli fand ein Einigkeitsfest im großen Saal des Bürgermuseums statt. Jedermann schien sichtlich erfreut beim Betreten des festlich geschmückten Saales, in dem reich mit Blumen gezierte Tische aufgestellt waren. Auf dem Podium stand umrahmt von Blumen ein Bild des großen Meisters ’Abdu’l-Bahá.
Fräulein Julie Stäbler eröffnete den Abend mit schönem gesanglichen Vortrag, von Herrn Musikdirektor E. in dankenswerter Weise begleitet. Nach einem Gebet richtete Freund Häcker zu Herzen gehende Worte an die Gäste, er legte den Zweck der Jugendvereinigung dar und forderte alle älteren Bahais auf, die geistige Patenschaft über diese anzutreten, sie im Gebet zu unterstützen auf ihrem Weg zu Gott. Er betonte, wie sehr die Jugend der Fürsorge der Aelteren bedürfe, um sich in der großen heiligen Lehre zu festigen und bat diese, der Jugend alles Vertrauen entgegenzubringen, sie dadurch zu stützen und zu stärken, damit sie einst in die Reihe der Kämpfer für die heilige Sache treten können. Hierauf folgte ein schöner, musikalischer Vortrag von Herrn Stäbler (Violine) und Herrn E. (Klavier). Daran anschließend erzählte Miss Ludwig aus Washington, die auf der Rückreise nach Amerika, aus Akka kommend, sich einige Zeit hier aufhielt, viel Interessantes von ihren Erlebnissen unter den Bahai im hl. Lande. Ihr englischer Vortrag wurde von Frau A. Sch. in Deutsch übertragen. — Verschiedene Tablets und Gedichte wurden vorgelesen, während dessen Tee und Gebäck gereicht wurde. Herr Herrigel dankte im Namen der Gäste und drückte seine Freude darüber aus, daß sich die Jugend so lebendig betätige, daß sie so freudig gewillt sei, sich in die Lehre einzuleben, er forderte Jung und Alt auf, sich zusammenzuschließen, damit eine herzliche, gegenseitige Hilfsbereitschaft entstehe. Zum Schluß erfreute die kleine Feodora Kinosowicz die Anwesenden mit zwei, für ihr kindliches Alter wirklich reizenden Tänzen.
So verlief dieses erste von der Jugend veranstaltete Einigkeitsfest in schöner Harmonie und manche mögen das stille Gelöbnis abgelegt haben, alles dazu beizutragen, um wirkliche Einigkeit unter die Menschen zu bringen und namentlich mit aller Treue den Bahai zu helfen, den Nächsten zu stützen durch Wort und Tat und diesen nie zum Gegenstand eines Gesprächs zu machen, es sei denn in lobenswertem Sinn. Seinem Nächsten in selbstlosester Weise zu dienen wie die Angehörigen ’Abdu’l-Bahás es in so hohem Maße tun, — wie wir es an diesem Abend auch wieder von unserem amerikanischen Besuch hörten — soll unser aufrichtigstes Bestreben sein.
Einladung: Jeden Donnerstag, abends 8 Uhr,
findet im Bürgermuseum, Langestraße 4 II. Stock,
eine öffentliche Bahai-Versammlung mit Vortrag
und Vorlesung statt; wir bitten alle Freunde,
regelmäßig hieran teilzunehmen, desgleichen sind
Gäste herzlich willkommen.
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Mitteilung vom Verlag.
Der vor Drucklegung der letzten Nummer der Sonne der Wahrheit angesetzte Bezugspreis reichte infolge der damals einsetzenden gewaltigen Erhöhung der Herstellungskosten nur für das Juliheft aus. Wir sehen uns daher veranlaßt, von jetzt ab einen Grundpreis von monatlich 30 Pfennig festzusetzen und diesem den jeweiligen Teuerungszuschlag hinzuzurechnen. Dieser Zuschlag beträgt für August den 200.000 fachen Betrag des Grundpreises (im Buchhandel heute schon den 700.000 fachen Betrag) Der Bezugspreis für den Monat August stellt sich daher auf M. 60.000.— pro Heft.
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Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher S. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 33
In unserem Verlag sind erschienen:
1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20
2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20
3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10
4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10
5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50
6. Die Offenbarung Baha’o’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50
7. Verborgene Worte von Baha o’Ilah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--
8. Baha’o lab, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50
9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50
10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50
11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15
12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,
in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--
13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,
in Halbleinen geb. . . . . 4.--
In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50
14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Dhelps.
Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50
15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50
16. Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. "Deutsch von Wilhelm Herrigel —,50
17. Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahailehre von Dr. Hermann Grossmann . . —.20
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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.
Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),
Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.
Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)
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