Sonne der Wahrheit/Jahrgang 3/Heft 1/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
Heft I MÄRZ 1923
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES STUTTGART


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Die Hauptpunkte der Bahailehre

1. Die gesamte Menschheit ist als Einheit anzusehen. Alle Vorurteile gegenüber anderen Menschen, Völkern und Rassen müssen beseitigt werden.

2. Alle Religionen müssen sich in einer höheren Einheit zusammenfinden. Ein Gott, eine Religion.

3. Durch einen festgegliederten, allumfassenden Völkerbund und ein internationales Schiedsgericht muß der universale, dauernde Weltfrieden gesichert werden.

4. Neben der Muttersprache soll in jedem Land der Erde eine Welt-Einheitssprache eingeführt und gelehrt werden.

5. Jeder Mensch hat dasselbe Anrecht auf die geistigen und materiellen Güter des Lebens.

6. Die Menschen haben die Pflicht, nach Wahrheit zu forschen. Zwischen wahrer Religion und Wissenschaft besteht kein Widerspruch.

7. Beide Geschlechter sollen die beste Erziehung und eine der Begabung entsprechende Ausbildung erhalten.

8. Mann und Frau haben überall die gleichen Rechte. Jede Art von Hörigkeit ist streng verboten.

9. Für jeden Menschen besteht die Pflicht zur Arbeit. Für Arbeitsunfähige und Erwerbslose tritt eine gesetzliche staatliche Fürsorge ein.

10. Die schlimmen Wirkungen des Kapitalismus werden durch ein neugeordnetes, weises Erbrecht und durch geeignete Sozialisierung beseitigt.

11. Für jedes Gemeindewesen, wie für den Staaten- und Völkerbund, wird eine Verwaltungsbehörde mit bestimmten Verordnungsrechten u. Fürsorgepflichten -— das sog. Haus der Gerechtigkeit — eingesetzt. Im übrigen hat der Bahai jeder staatlichen Obrigkeit zu gehorchen.

12. Die Bahailehre ist die Universal- und Einheitsreligion für die ganze Menschheit. Der Mittelpunkt des neuen Gottesbündnisses und der Erklärer der Lehre war Abdul Baha (Abbas Effendi), dem diese Stellung von seinem Vater Baha ’Ullah (Hussein Ali-Nuri) übertragen wurde. Vor seinem Hinscheiden hat Abdul Baha seinen Enkel Shoghi Effendi zum Hüter und Beschützer der Bahaisache bestimmt.


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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis d. Einzelheftes M. 170.–, Preis d. Jahrgangs im Abonnement, vierteljährl. M. 500.–
Heft 1 Stuttgart, im März 1923 3. Jahrgang

Inhalt: An die Geliebten Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in ganz Deutschland. — Tischgespräche Abdul Bahas. — Die Anfänge des Glaubens. — Aus „Tablets von Abdul Baha nach Amerika“. - Abdul Baha in London 1911. — Die himmlische Frühlingszeit. — Report to the Friends in the East and West. - La IV. prineipo. — Zum Bahai-Neujahr. — Mitteilung vom Verlag.


Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion.


Kennt Ihr den Wert der Gabe der Erkenntnis Gottes? Heute ist der Tag, an dem alle Bewohner der Welt unter das Zelt des Wortes Gottes treten sollen.

Abdul Baha.


Schafft eine Seelen-Verwandschaft unter Euch, die nichts erschüttern kann; bildet eine Gemeinde, die nicht aufgelöst werden kann. Seid beseelt von einem Geist, der nie aufhört, solche Reichtümer zu suchen, die nichts zerstören kann. Möge das Licht geistigen Vorwärtsschreitens auf Euch scheinen! Dies ist die Würde und der wahre Fortschritt des Menschen.

Abdul Baha.


Das Wort Gottes ist die Schatzkammer alles Guten, aller Macht und aller Weisheit. Die ungelehrten Fischer und die wilden Araber wurden durch dasselbe befähigt, Probleme zu lösen, welche für die hervorragendsten und gelehrtesten Männer aller Zeiten ein Rätsel waren. Es erweckt in uns Scharfsinn und Empfindungsvermögen, es macht unabhängig von aller Bevormundung und stattet uns aus mit einem allumfassenden geistigen Verständnis.

Mancher, der sich in der Arche der Philosophie geborgen glaubte, ertrank nach fruchtloser Anstrengung in der See der sich widerlegenden Theorien von Ursache und Wirkung; diejenigen aber an Bord des Schiffes der Einheit erreichen das Ufer der universalen Ursache durch die Hilfe der unterstützenden Winde, welche von dem Punkte der göttlichen Weisheit wehen.

Wenn der Mensch mit der übersinnlichen Macht, die aus dem Worte Gottes hervorgeht, verbunden ist, dann wird der Baum seines Seins in dem Grunde der Überzeugung so fest gewurzelt sein, daß ihm die Stürme der Zweifelsucht, welche ihn zu entwurzeln versuchen, nichts anhaben können. Denn diese Verbindung mit dem Ganzen stattet ihn aus mit universalen Kräften, und diese Vereinigung seines Einzelwesens mit dem Universum macht ihn fähig, im All zu leben.

Abdul Baha.


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Brief von Shoghi Efiendi.

An die Geliebten Gottes und an die Dienerinnen des Barmherzigen in ganz Deutschland,

z.H. der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft.

Meine inniggeliebten Freunde!

Seitdem ich meine Arbeit im heiligen Lande aufgenommen habe, erwarte ich sehnlichst und mit ganz besonderem Interesse die detaillierten persönlichen Briefe und Sammelberichte meiner Teuren in Deutschland, die, des bin ich gewiß, stets emsig, ergeben und wirkungsvoll das große Werk weiterführen, das der Meister sie tun hieß auf dieser Welt.

Obgleich ich mit einem jeden persönlich in Briefverkehr treten möchte, so finde ich doch, daß in Anbetracht der erstaunlich raschen Ausbreitung der Bewegung über die ganze Welt hin, eine persönliche, briefliche Fühlungnahme mit der gewaltigen und stets zunehmenden Zahl der Bahai im Morgen- und Abendland so viel Zeit und Energie (Lebenskraft) von mir fordern würde, die mich abhielte, die notwendige Achtsamkeit meinen anderen Pflichten zuzuwenden, die so dringlich und notwendig in diesen Tagen sind.

Ich muß deshalb mit großem Bedauern darauf verzichten, weder im direkten Briefverkehr mit jeder Bahai-Gruppe in Deutschland, sei diese in einer Stadt oder in einem Dorf, in ständiger direkter Verbindung zu sein, noch mit Eurer betreffenden Ortsgemeinschaft zu verkehren, sondern muß durch die geistige Arbeit und die Tätigkeit der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft (Nationalrat), dem Vertreter aller Gläubigen und lokalen Gemeinschaften im ganzen Land, in enger ständiger Verbindung stehen.

Ich bin äußerst gespannt, näheres über die getreuliche Ausführung dieses Planes zu vernehmen und sobald als möglich einen offiziellen übersichtlichen und ins einzelne gehenden Bericht von dem Geistigen Nationalrat zu erhalten, der genau den aktiven Stand der heiligen Sache in Deutschland, sowie den Fortschritt der Tätigkeit der Freunde in Eurem Reich und den anschließenden Ländern, wie Oesterreich, Nordschweiz berichtet und Feststellungen der Namen, die Zahl und die Entwicklungsgeschichte, die Bedürfnisse und die Tätigkeit jeder Gemeinde in diesen Landesgegenden, wenn sie auch noch so klein ist, worin das Licht der heiligen Sache bis dahin durchgedrungen ist, angibt.

Ich hoffe, durch diese Maßnahme in eine direkte und dauernde Verbindung mit jeder Ortsgemeinschaft treten zu können, wenn sie auch noch so klein ist, und nur ein einziger Freund oder mehrere sich mühen, die hl. Sache zu lehren, um ein Bahai-Zentrum zu gründen.

Es war mir eine große Freude, einige Briefe der deutschen Freunde zu lesen, die im Verlauf der letzten Monate an das „Größte hl. Blatt" gelangten, und ich versichere Euch, ihr Inhalt hat mich mit größter Befriedigung erfüllt; sie lassen mich vertrauensvoller der herrlichen Zeit der geistigen Neuerweckung entgegensehen, die durch die unsichtbare Hand unseres Meisters sicherlich vor unseren Augen in nächster Zukunft aufgerollt werden wird.

Eure Arbeit ist unerschöpflich, Euren Bemühungen sind keine Grenzen gesteckt, Eure Ergebenheit und Selbstlosigkeit ist tatsächlich wert der vielen Segnungen des Geliebten, die er über Euch ausgoß, und der sicheren Führung Baha ’Ullahs und seiner nie versagenden Hilfe, dessen bin ich gewiß; diese werden Euch befähigen, Euer äußerstes Bemühen mit herrlichem und wohlverdientem Erfolg zu krönen.

In meinen Stunden des Gebets und der Betrachtung gedenke ich Eurer auf das herzlichste und erflehe zu jeder Zeit, so oft ich den heiligen Schrein besuche, ein neues Ausströmen seiner Gnade und seines Geistes auf unsere Arbeit um die Verkündigung und uns den Sieg der hl. Sache zu gewähren.

Da ich in den letzten Tagen verschiedene Bahai-Dokumente studierte, fiel mir eine sehr inspirierende und ermutigende Botschaft, von unserem Geliebten mit eigener Hand geschrieben, in die Hände; sie ist nicht datiert, ohne Ortsangabe, auch nicht bezeichnet, unter [Seite 3] welchen Umständen sie niedergelegt wurde. Ich lege eine bei mit verschiedenen Bahai-Gebeten und einem Tablet, von denen ich mir verspreche, daß sie Euch eine große Hilfe und Unterstützung bei Eurer Arbeit im Dienst der heiligen Lehre sein werden. Ich übergebe sie allen Mitgliedern des Nationalen Geistigen Rats zur Uebersetzung in deutsch und zur Verteilung unter den Freunden. -

Ich habe einen sehr erfahrenen persischen Lehrer mit Namen Jinab i Avàrih gebeten, der zurzeit in England ist, einen Besuch bei den verschiedenen Bahai-Zentren in Deutschland zu machen und sich zu bestreben, in herzliche Verbindung mit Jedem von Euch zu treten und volles Interesse für die Bewegung in Eurem Land zu erwecken.

Ich erwarte gespannt ein Exemplar Eurer Bahai-Zeitschrift, von der ich hoffe, daß Ihr sie in deutsch und englisch herausgebt und in der Ihr ausführlich über die Bemühungen schreibt, die nun gemacht werden, um die Bahai-Lehre und ihre Prinzipien bekannt zu geben. Mit der Einführung eines englischen Teils in Eure Zeitung wird die Zahl Eurer Abonnenten sehr zunehmen, da die Freunde in Amerika, Großbritannien, Frankreich, Indien und Aegypten sehr erfreut und dankbar dafür sein werden, aus dieser Zeitung den vollen Bericht des Fortschritts der Bahailehre in Zentral-Europa zu erfahren.

Es wäre ein großer Ansporn für die Freunde in Amerika und Indien, wenn die deutschen Freunde durch ihre Ortsgemeinschaften auf die zwei leitenden Bahai-Organe in der Welt, nämlich den „Star of the West“ und die „Baha i News", abonnieren, regelmäßig Berichte ihrer Arbeitsleistung darin veröffentlichen und sich verpflichten würden, gut verfaßte Artikel, die von der Geistigen Arbeitsgemeinschaft überprüft sein sollen und die von geistigen Dingen in der Hauptsache handeln müssen, einzusenden, damit Ost und West eng mit einander verbunden werden und die Freunde in der ganzen Welt von ihrer gegenseitigen Tätigkeit und ihrem Dienst in der hl. Sache erfahren. — Die Zeit kommt gewiß und die Zeichen sind dafür da, in der die verschiedenartigen und weit voneinander entfernten Mitglieder in dieser großen Weltgemeinschaft ihre Tätigkeit und ihre Absicht vereinen, ihre Bemühung verstärken und die Wirkungen ihrer vereinten Bestrebungen vor der ganzen Welt klar gelegt sehen. — Möge die Macht Baha’Ullahs den treibenden Lebensgeist über die vereinten und systematisch behandelten Bemühungen der Freunde in aller Welt ausgießen, so daß durch sie der Körper der schwer getroffenen Menschheit neu belebt und ihr der Friede gebracht wird, nach dem sie sich sehnt und den ihr die Welt nicht gewähren kann.

Euer ergebener Bruder

gez. Shoghi.

Haifa, den 19. 1. 23,

Uebers. v. Frau A. Schwarz.


Tischgespräche Abdul Bahas.

Akka, im Febr. 1904. Von H. und Fr. Ger. T. Winterburn.

Einigende Mächte.

Die bestehende Welt bedarf einer einigenden Macht, um die Nationen zusammenzubringen. Es gibt mancherlei einigende Kräfte in der Welt. Eine solche ist Vaterlandsliebe. In Amerika z.B. haben sich Menschen aus verschiedenen Ländern vereint und bilden eine Nation. Ein Anlaß zur Vereinigung ist auch der Krieg, wenn sich zwei Nationen gegen eine dritte verbinden. Eine weitere vereinigende Macht liegt in dem materiellen Zweck des Handels und Verkehrs und ebenso in dem durch einen idealen Zweck geschaffenen geistigen Verkehr verschiedener Nationen oder verschiedener Menschen, die gleiche Ziele oder gleiche Absichten haben. Aber alle diese einigenden Mächte sind ohne dauernde Wirkung und vorübergehend; die wirklich einigende Macht, die alle Herzen vereint und ewig dauert, ist der Glaube an Gott und die Liebe zu ihm. Dies ist die einzige dauernde Kraft, die einzige, die niemals vergeht.

Betrachtet unseren gegenwärtigen Zustand und den Stand der Jünger Jesu Christi! Wenn wir ihrer gedenken, sind [Seite 4] wir gerührt und bewegt ob ihrer Liebe. Denken wir an Abraham, so sind wir ebenfalls von seiner Liebe bewegt. Es ist die Macht der Liebe, die uns mit solchen Männern aus der Vergangenheit verbindet.

Ich hoffe, daß die einende Macht der Liebe aus dem Reich Gottes alle Nationen der Welt verbinden wird. Dies ist unsere Hoffnung.

Einst hatten die persischen Gläubigen eine solch große Liebe für einander, daß ein jeder wünschte, der andere möchte Besitz von seinem Eigentum nehmen.


Die Jahreszeiten.

Alles, was in der irdischen Welt besteht, ist ein Symbol der geistigen Welt; was auf Erden ist, ist ein Sinnbild himmlischer Dinge. Z.B. gibt es in der geistigen Welt ein Licht der Führung, in der äußeren Welt ist die Lampe ihr Symbol. In der göttlichen Welt ist es die Liebe, die in der irdischen Welt durch den Magnetismus symbolisiert ist. In der vergänglichen Welt gibt es vier Jahreszeiten: Der Frühling, der die Pflanzen hervorbringt, die Tiere neu belebt und Früchte verspricht; der Sommer, der die Bäume mit Obst belädt; der Herbst, der die Früchte reift und nach dem der Winter eintritt, in dem die Bäume leer und kahl stehen. So hat auch die geistige Welt ihre vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Christus erschien in den letzten Tagen der Winterzeit, da die Menschen, welche die Bäume des göttlichen Gartens sind, ohne Früchte waren, d.h. der göttlichen Eigenschaften und göttlichen Moral ermangelten. Wie die Natur in der Frühlingszeit die Bäume neu belebt, so hat auch die geistige Natur eine Frühlingszeit, in der die Menschen neu belebt werden. Durch die Offenbarung Jesu Christi begann dieser geistige Frühling. Der Sommer folgte darauf mit seinen Früchten und später kam der Herbst; der Winter setzte ein und die Bäume standen kahl, d. h. die Menschen waren ohne göttliche Eigenschaften. Es wurde also ein neuer Frühling nötig.

Heute kennen viele Menschen von Jesus Christus nur seinen Namen, seine Wirklichkeit oder seine Eigenschaften kennen sie nicht. Nur die Lampe interessiert sie, den Zweck der Lampe, Licht zu spenden, beachten sie nicht. -

In alten Zeiten lebte ein Held, ein tapferer Mann, dessen Taten immer in den öffentlichen Lokalen und den Kaffeehäusern Aegyptens erzählt wurden. Menschen, die gewohnt waren, sich an diesen Orten zu treffen, wiederholten oft die Geschichte dieses Helden und erzählten, wie mutig er gewesen sei. Während sie ihre Zeit auf diese Weise mit dem Lob ihres alten Helden zubrachten, nahmen die Engländer ihr Land ein.


Allerlei Gedanken.

Ueber Ruhe: Wenn der Geist in Ruhe ist, so ist der Körper in Ruhe.

Ueber Licht: Es macht dem Licht nichts aus, ob das Glas (durch das es scheint) rein ist oder nicht; aber es ist besser, wenn beide klar sind, das Licht und der Kristall. Das Glas mag zerbrechen, das Licht wird dennoch bestehen.

Lehren und- Lernen: Es gibt viele Menschen in Persien, die, obgleich ungelehrt, doch fähig sind, klugen und gelehrten Menschen ein Führer zu sein. Wissenschaften und Kenntnisse sind wie Wasser, das in Teichen und Zisternen zur Bewässerung des Bodens gesammelt wird. Die Bestätigung Gottes ist wie Regen und Tau. Warum sollte man Wasser aus Teichen schöpfen, wenn reines Wasser zu erlangen ist? Wenn des Menschen Sinn nicht auf die heilige Sache konzentriert ist, so kann er keinen Beistand von Gott bekommen.


Die Anfänge des Glaubens.

Der erste Eintritt in das Licht und in den Glauben ist außerordentlich schwierig. Die geistige Geburt ist ebenso mühsam und schmerzlich wie die körperliche Geburt. Diese beiden Vorgänge sind wirklich gleich. Im Anfang ist es sehr schwierig, in das Reich einzutreten, aber nachdem man kurze Zeit in ihm ist, wird es herrlich, genau wie das Kind, nachdem es zur Welt gebracht ist und die Segnungen und Freuden dieses materiellen Lebens empfängt, glücklich ist, geboren zu sein. Dunkel und düster ist die Welt, aus der es kam, bevor es in die lichte Welt eintrat. Dies ist auch der frühere Zustand dessen, der das geistige Licht empfangen hat, der in die Welt des Geistes [Seite 5] eintrat und von der Wahrheit überzeugt wurde. Wenn er zurückschaut, sieht er, in welch dunkler Welt er früher lebte, und er erkennt, in welch strahlendes Reich er eingetreten ist.

Wenn eine geistige Geburt stattgefunden hat, ist das geistig Neugeborene im gleichen Zustand wie ein kleines Kind. Das Kind wird sehr leicht von etwas angezogen und hängt sehr daran; dennoch stößt es dies wieder rasch von sich und haßt leicht, was es zuvor liebte. Judas Ischarioth nahm wie ein Kind leicht die Sache Christi an, warf sie aber auch wieder leicht von sich, gleich wie eines Kindes Aufmerksamkeit rasch für etwas lebendig ist und ebenso rasch abgelenkt wird. Ueberdies wird ein Kind leicht von nichtigen weltlichen Dingen angezogen, gleichermaßen wie Judas Ischarioth von der Welt angezogen und betrogen wurde. Wenn der Mensch aber seine Reife erlangt hat, ist seine Liebe (zu Gott) vertieft und gefestigt. Petrus z.B., der die Reife erlangte, war wirklich fest in seiner Liebe und ließ sich von der Welt nicht mehr betören.

In dieser Weise müssen die Gläubigen, die in die heilige Sache eingetreten sind, sich vervollkommnen und ihre Reife zu erreichen suchen, sonst versagen sie schon bei der kleinsten Prüfung; sie schwanken und werden der Lehre fremd. Das einzige Mittel, diese Stufe der Reife zu erreichen, ist dies, die göttlichen Gebote zu erfüllen und göttliche Eigenschaften und gute Moral zu erlangen.

Die „Gesegnete Vollkommenheit“ verglich den Menschen mit einem Leuchter oder einer Lampe und den Glauben mit dem Licht in der Lampe. Die Lampe soll ein hellstrahlendes Licht haben, das weithin leuchtet. In diesem Sinne sagte auch Christus, daß der Baum an seinen Früchten erkannt werden müsse. Wir können folglich die Gläubigen nach ihrem Tun beurteilen.

Wir hoffen, daß Ihr nach Eurer Heimkehr leuchtet und strahlet durch das Licht des Königreichs. Ihr müßt von solchem Licht umgeben sein, daß alle es sehen; ihr müßt so vom Licht erfüllt sein, daß jedermann von Eurer Leuchtkraft erzählt. — Der süße Duft dieser wohlriechenden Blüten (dabei zeigte er auf Narzissen, die auf dem Tisch standen) kann nicht verborgen bleiben. Wenn Menschen erkältet sind, und den süßen Duft der Blumen nicht riechen können, so sind immer noch andere da, die ihn empfinden.


Die Freuden dieser Welt.

Es gibt keine wirkliche Freude und kein wahres Glück in der Welt. Alle irdischen Freuden, materielle Vergnügungen sind nur Linderungen von Schmerzen und Beruhigungen nach Kummer. Ist z. B. ein Mensch hungrig und bedarf der Nahrung, so nimmt er etwas zu sich, was den Hunger lindert und er empfindet dies Stillen seines Hungers als Lust. Oder wenn jemand dürstet, so behebt ein Schluck Wasser seine Qual; dieses Stillen des Durstes ist für ihn ein Vergnügen. Oder wenn ein Mensch den ganzen Tag gearbeitet hat, so fühlt er sich müde und erschöpft; ein wenig Ruhe bessert seinen Zustand und dies erscheint ihm als Freude. Aber in Wahrheit ist keine dieser Freuden eine wirkliche, denn dem nicht Hungrigen oder Durstigen macht weder Speise noch Trank ein Vergnügen; wer nicht müde ist, hat keine Lust zum Schlafen, und wer gut ausgeschlafen hat, möchte nicht wieder schlafen, ja der Schlaf wäre eine Pein statt eine Lust für ihn.

Wie wir sehen, ist bei genannten Dingen an sich kein Lustgefühl. So kann ein Stück Brot einen Menschen befriedigen und ihm soviel sein als die mannigfaltigsten Speisen; wenn jemand schlafen will, so kann ein einziges, einfaches Zimmer ihm die gleiche Wohltat bieten, wie ein großer Palast.

Da wir nun sicher sind, daß keine wahre Freude in der materiellen Welt zu finden ist, müssen wir das geistige Glück suchen, das ewig ist.

Liebe ist geistiges Glück, sie ist kein zerstreuendes Vergnügen. Der Mensch sollte nie hassen. Wissenschaft ist ein geistiges Vergnügen, und der Mensch ist nie davon gesättigt. Treue und Redlichkeit sind göttliche und geistige Freuden; jemand der diese Freuden gekostet hat, kann nie genug davon bekommen oder ihrer gar überdrüssig werden.

(Heute sprach Abdul Baha viel über die Freude, von der Welt losgelöst zu sein, u. a. sagte er:) „Ich wünsche Glückseligkeit und Vorwärtsschreiten für die Gläubigen auch in dieser materiellen Welt, aber sie sollen nicht von ihr angezogen sein noch an ihr hängen. Außergewöhnlicher [Seite 6] Reichtum oder größte Armut sollte ihnen gleichgültig und dasselbe sein.“


Die Wohltat der göttlichen Güte.

Mit Gottes Güte und Gnade dünkt Euch nichts schwer oder unmöglich. Gott ist so mächtig und gütig, daß Er Feuer aus dem Stein springen läßt und glühende Stoffe aus dem Erdinnern wirft, aus dem schwarzen Staub der Erde wundervolle Blumen schafft und aus den Tiefen des Ozeans Perlen und Korallen hebt. Wenn das Licht seiner Gunst auf uns fällt, so flieht die Dunkelheit unseres natürlichen Wesens.

Uebers. v. Frau A. Schwarz.


Aus „Tablets von Abdul Baha nach Amerika“.

Der Baum des Lebens ist voll von Blüten, Blättern und Früchten! Der Schutz, den er bietet, ist Seelenfrieden und Gewissensruhe. Wer unter diesem Baum steht, wird sicher an seinen Früchten teilhaben. Schattenspendende Bäume gibt es viele in den Wäldern, aber, obgleich sie frisch und grün sind, tragen sie doch keine Früchte.


Sei gut.

Sei gut zu allen Menschen auf Erden, sei besorgt um jeden Kranken, sei eine offene Schatzkammer für jeden Armen. Reiche dem Dürstenden erquickendes Wasser, reiche den Hungernden das Brot des Lebens, tröste die Verzweifelten, belehre die Unwissenden und bitte um Vergebung für die Sünder.


Absagen der Eigenliebe.

Du betest demütig um etliche Dinge, die wohl wert sind, erlangt zu werden. Du bittest um Sündenvergebung, um Einigkeit und Frieden, du suchst, in die Nähe Gottes zu gelangen, du erhoffst Befreiung von deiner Selbstsucht und Ablegung deines Eigenwillens, um den Willen Gottes tun zu können; du hoffst auf fortschreitende Erkenntnis, du wünschest Gott zu dienen, du bittest, daß deine Familie in dem Feuer der Liebe Gottes erglühe und er das Licht der göttlichen Erkenntnis über sie ausgieße. Alles dies ist wert, erbeten zu werden. Ganz besonders die Loslösung von der Eigenliebe. Diese ist eine schlechte Eigenschaft und der Anlaß zur Zerstörung vieler wertvoller Seelen in der Welt. Wenn der Mensch alle gute Eigenschaften besitzt, jedoch selbstsüchtig ist, so werden alle andern Tugenden verschwinden.

Wiederkunft Christi.

Wisse, daß die Wiederkunft Christi nicht das ist, was die Menschen annehmen. Sie bedeutet, daß der Verheißene nach ihm kommen werde. Er wird mit dem Reich Gottes kommen und mit Seiner Macht, die die Welt umfaßt. Diese Macht (Herrschaft) ist die Welt der Menschenherzen und ihres Geistes und nicht ein irdisches Reich; denn die materielle Welt ist in den Augen Gottes nicht dem Flügel einer Fliege oder noch Geringerem vergleichbar. Gehörtet Ihr doch zu den Wissenden! Wahrlich, Christus kam mit seinem ewigen Reich, das keinen Anfang hat und wird mit seinem Reich immer und in aller Ewigkeit aller Ewigkeiten kommen, insofern als „Christus“ ein Ausdruck der göttlichen Wirklichkeit ist, die reine Wesensart, das himmlische Sein, das ohne Anfang und ohne Ende ist. Es tritt in Erscheinung, Offenbarung, Erhebung und Abstieg in einem jeden Zeitraum.


Anruf an das Menschenherz.

Faßt festen Fuß in der Gottessache, weitet Eure Brust für die frohen Botschaften Gottes und wendet Euch zum Reich Gottes mit reinem Herzen, geheiligter Seele, frohen Geistes, mit hellen Augen und strahlendem Antlitz. Wahrlich, ich sage Euch, dann (wenn Ihr so werdet) werden die hl. Engel Euch willkommen heißen mit den frohen Botschaften Gottes, des Mächtigen, des Gewaltigen.


Liebe — Gegenliebe.

O ihr Geliebten Gottes! Sucht so lange Ihr könnt, die Herzen der Menschen zum Glühen zu bringen, fühlt Euch zu einander hingezogen und seid wie Nahverwandte. Jeder Einzelne von Euch soll die Seele des andern lieben und seinen Besitz und sein Leben für ihn hingeben. Er muß mit allen Mitteln danach trachten, den andern glücklich und froh zu machen. Der andere aber (der [Seite 7] Empfänger einer solchen Liebe) muß desgleichen selbstlos und aufopfernd sein. Auf diese Weise wird der neue Sonnenaufgang den Horizont überfluten, alle Menschen erfreuen und beglücken; dieses göttliche Heilmittel wird die Arznei für jede Krankheit sein, und dieser Geist der Wirklichkeit wird die Ursache des Lebens für jede Seele werden.

Diese Lehre ist groß! Groß ist sie, und das Reich des regierenden Herrn überschattet Himmel und Erde.


Name der Neugeborenen.

Du frugst über die Namengebung der Kinder. Wenn du dem Neugeborenen einen Namen geben willst, so veranstalte ein Fest. Singe die Lieder der Versammlung und bete und flehe an der Schwelle der Einheit. Bitte um göttliche Führung für das Kindchen, um Bestätigung, Festigkeit und Beharrlichkeit im Glauben, dann gib ihm den Namen und erfreut Euch an Trank und süßer Speise. Dies ist eine geistige Taufe.


Gefängnis oder Freiheit.

Ueber meine Befreiung hast du deine große Freude ausgedrückt. Ich bin frei, obgleich ich im Gefängnis bleiben sollte. Alle Mauern und Schlösser können mich nicht einsperren, und das unterirdische Verließ kann mich nicht in enge Fesseln dieser Welt legen. Der Geist steigt immer empor, wenn auch der Körper in den Tiefen sich befindet. Was können diese unwissenden Menschen tun? Sie mögen wohl den Körper einkerkern, aber über den Geist haben sie keine Macht; der Geist wird immer in die Atmosphäre des göttlichen Segens und der Herrlichkeit aufsteigen. Daher ist weder das Gefängnis der Anlaß zu Kummer, noch Freiheit eine Quelle der Freude.

Wenn du den Weg zum Gottesreich findest, wird dir Irdisches gleichgültig sein, und wenn du erleuchtet bist, so wird dir die Dunkelheit nichts anhaben können. — Nein, die vier Himmelsgegenden der Erde werden dann leuchten und jeder Dorn wird zu einer Rose und einem Rosenstrauch werden.


Übersetzer sollen Poeten sein.

... Wenn du eine Uebersetzung eines Tablets aus den gesegneten Schriften haben möchtest, so muß diese durch ein Komitee von zwei persischen Uebersetzern und zwei kompetenten englischen Schriftstellern stattfinden. Die Perser sollen übersetzen, und die Schriftsteller sollen die Bedeutung in tiefer, wohlklingender und vollendeter Ausdrucksweise in englischem Stil wiedergeben, und zwar derart, daß die rhythmische Schönheit des persischen Originals nicht verloren geht. Dann muß mir das Material übersandt werden. Ich will den Text prüfen und die Erlaubnis zur Veröffentlichung und Verbreitung erteilen. Freue dich, daß du schon diese Erlaubnis erhalten hast, daß du Veröffentlichungen in Umlauf setzen durftest.

Die Uebersetzung ist eine der schwersten Künste. Im Persischen sowohl als im Englischen ist die äußerste Fertigkeit und Gewandtheit nötig. Der Uebersetzer muß ein Schriftsteller sein, der neben großer Gewandtheit im Ausdruck auch dichterischen Fluß in der Sprache besitzt.


Frohe Botschaft.

Frohe Botschaft Euch, die Ihr aufrichtig seid! Frohe Botschaft Euch, die Ihr treue Diener seid! Wahrlich, ich habe das Reich Gottes gesehen mit seinen offenen Toren, den Garten El Abhas mit seinen weiten Regionen, seinen glitzernden Lichtern, seinen wogenden Meeren, und überfließenden Ufern, seinen herrlichen Obstgärten und grünen Bäumen, seinen frischen Blättern und duftenden Blumen, seinen süßen Bächen und sanften Lüften, seiner herrlichen Aussicht und seinen schönen, lieblichen Lippen und Augen.


Bahaibewegung.

O meine Freunde, wahrlich die Lehre ist groß und gewaltig und von durchdringender Kraft....

Beim Leben Baha ’Ullahs! Die Macht des Reiches Gottes hat sich der Säulen der Welt bemächtigt und hat alle Nationen eingenommen. Ihr werdet gewißlich die Standarte des Testaments in allen Ländern wehen sehen und werdet den Sang der Lieder der Versammlung der erhabenen Heerscharen hören. Ihr werdet das Licht der Wahrheitssonne sehen, wie es die dichten Wolken, die den Horizont überzogen haben, durchdringt. Seid froh über diese glückliche [Seite 8] Botschaft, durch die die Herzen der Getreuen des Geliebten entzückt sind. O mein Freund, wende deine Fähigkeiten und Sinne von allem aufs Aeußere gehenden ab und folge dem Beispiel Abdul Bahas im Dienste an der erhabenen Schwelle. Sei bereit zu jedem Opfer und zum größten Märtyrertum; zehre dein Leben auf in allen seinen Stufen in der Liebe zu Gott und in der Hingabe an die Schönheit El Abhas.

Bei Gott, dem Alleinigen, der Mensch sollte nur diese Gnade suchen, da sie ewig währt, ohne Ende, göttlich, geistig, strahlend und barmherzig ist. Sei losgelöst von allem Irdischen!..... Sende meine Grüße und meine Anerkennung dem geistigen Blatt, dem Wesen, das sich auf die Gnade des Herrn stützt, der Dienerin Gottes, deiner geehrten Gattin und sage ihr, sie möchte zu den Verhüllten (die blind für die Wahrheit sind) sagen:

„Wahrlich, die Augen sind geblendet beim Schauen in die Sonne, und es ist unmöglich, sie zu betrachten wegen der Lichtfülle ihrer Strahlen. Wahrlich, das Meer kann nicht mit einem Kelch ausgeschöpft werden. Das schwache Auge faßt die Sonne nicht, noch der kleine Kelch die große See“.

Laß sie dies den Menschen sagen und gib folgendes jedem Fragesteller bekannt:

„Wahrlich, der Geist ist beschränkt und die Lichtfülle ist so groß, daß sie nicht von des Menschen Fassungskraft verstanden werden kann.

Ihr solltet mit Eurem Herz sehen, damit Ihr die Wirklichkeit der Geheimnisse Gottes, die hinter allem verborgen ist, erkennen möget“.

Uebers. v. Fr. A Schwarz.


Abdul Baha in London 19ll.

Fortsetzung.

Rede an eine Theosoph. Gesellschaft.

Diese Tage sind wundervoll! Wir sehen, wie ein orientalischer Freund mit Liebe und Höflichkeit im Westen empfangen wird.

Ich bin, trotz meiner Unpäßlichkeit, hierher gekommen und angezogen worden — gleich einem Magnet - von eurer Liebe und Zuneigung.

Vor einigen Jahren schickte Persien einen Gesandten nach London, wo er fünf Jahre verblieb. (Sein Name war Abdul Hassan Khan). Als er nach Persien zurückkehrte, bat man ihn, von den Engländern zu erzählen. Er antwortete: "Ich kenne das englische Volk nicht, obgleich ich jahrelang in London war, ich verkehrte nur mit dem Hof“. Dieser Mann war eine bedeutende Persönlichkeit in Persien, und wurde durch Fürsten nach England geschickt, und dennoch lernte er das Volk nicht kennen, obgleich er fünf Jahre dort gelebt hatte. Ich als langjähriger Gefangener komme nun zum erstenmal nach England, und obgleich mein Besuch nur kurz ist, habe ich doch schon viele liebe Freunde getroffen, und ich kann sagen, daß ich das Volk kenne. Ich traf hier wahrhaftige Seelen, die für Frieden und Einigung arbeiten. — Bedenkt, welch ein Unterschied besteht zwischen der Gegenwart und der Zeit vor siebzig Jahren! Gedenkt dieses Fortschritts, des Fortschritts zur Einigung und zum Frieden hin!

Gott will, daß die Streitigkeiten zwischen den Nationen aufhören. Wer für die Vereinigung arbeitet, tut Gottes Werk. Einigkeit ist der göttliche Plan für dieses leuchtende Zeitalter. Gelobt sei Gott, es gibt heute viele Gesellschaften und viele Zusammenkünfte, die nur der Einigung dienen. Feindschaft ist nicht so sehr die Ursache der Trennung als Vorurteil und Mißverständnis. Als z.B. vor Jahren Europäer den Osten besuchten, wurden sie als unrein angesehen und gehaßt. Heute ist es anders; wenn Abendländer den Osten besuchen, die Kinder des neuen Lichts sind, so werden sie voll Liebe und Höflichkeit aufgenommen“.

Abdul Baha zog ein kleines Kind zu sich heran und sagte:

„Der wirkliche Bahai liebt die Kinder, denn Jesus sagt: „Ihnen ist das Reich Gottes“. Ein einfaches, reines Herz ist Gott nahe; ein Kind kennt keinen weltlichen Ehrgeiz.


Vorurteile.

Der Welt-Kongreß aller Rassen war gut, denn er diente zur Förderung und zum Fortschritt der Einigung der Nationen, [Seite 9] wie auch zur besseren internationalen Verständigung. Die Absicht war gut. Der Anlaß zum Streit unter verschiedenen Nationen entsteht aus den verschiedensten Vorurteilen, die rassischer, sprachlicher, religiöser, persönlicher Art sein können oder aus Vorurteilen, die durch Sitten und Ueberlieferungen sich gebildet haben. Es erfordert eine allumfassende aktive Kraft, um diese Zwistigkeiten zu überwinden. Eine kleine Unpäßlichkeit bedarf nur einer leichten Arznei, eine Krankheit aber, die den ganzen Körper erfaßt, braucht ein sehr starkes Heilmittel. Eine kleine Lampe kann ein Zimmer erleuchten, ein größeres Licht ein ganzes Haus, ein noch größeres kann die Stadt erhellen, aber der Sonne bedarf es, um die ganze Welt zu bestrahlen. Auch der Unterschied der Sprachen kann zu Uneinigkeit zwischen den Nationen führen. Es muß daher eine universale Sprache allgemein gelehrt werden. Die Religionsunterschiede bilden auch einen Grund der Trennung. Die wahre Grundlage aller Religionen muß festgestellt und die äußeren Abweichungen müssen aufgehoben werden. Die Religion muß einheitlich werden. Die Beseitigung dieser Unterschiede ist eine schwere Aufgabe. Die ganze Welt ist krank und bedarf der Macht des grossen Arztes. Diese Versammlungen beweisen uns, daß eine Einigung gut ist, und daß Unterdrückung (sklavische Unterjochung unter alte Ueberlieferungen und Vorurteile) Uneinigkeit schafft. Dies erkannt zu haben genügt aber nicht. Alle Erkenntnis ist gut, ist aber wertlos ohne tätige Ausübung. Es ist gut zu erkennen, daß Reichtum angenehm ist, aber dies zu erkennen macht den Menschen noch nicht reich, er muß arbeiten, er muß seine Erkenntnis praktisch betätigen. Wir hoffen, daß die Menschen zur Erkenntnis kommen, daß Einigkeit gut ist, und wir erwarten, daß es nicht beim bloßen Wissen bleibt. Sagt nicht nur, daß Einheit, Liebe und Verbrüderung gut sei, sondern arbeitet an ihrer Verwirklichung !

Der Zar von Rußland schlug die Haager Friedenskonferenz vor und beantragte eine Einschränkung der militärischen Rüstung aller Nationen. Bei dieser Konferenz wurde bewiesen, daß Friede allen Ländern förderlich sei, und daß der Krieg den Handel und noch so vieles andere zerstöre. Die Worte des Zaren waren bewunderungswürdig, und dennoch war er der erste, der nach dieser Konferenz den Krieg (an Japan) erklärte.

Wissen allein genügt nicht. Wir hoffen, daß es durch die Liebe Gottes in die Tat umgesetzt wird. Es bedarf dazu einer geistigen universalen Kraft. Eure Versammlungen sind gut, denn sie stählen die geistigen Kräfte. Zu wissen, daß man eine gewisse Stufe der Vollkommenheit erlangen kann, ist gut, den Weg dazu einzuschlagen ist besser. Wir wissen, daß es Gott wohlgefällig ist, den Armen zu helfen und mitleidig und gut zu sein, aber dies Wissen allein ernährt nicht den Darbenden, noch kann der Arme von Wissenschaft und Worten sich wärmen im bitterkalten Winter, wir müssen die praktische Hilfe der Teilnahme folgen lassen. Der Friedenskongreß ist zu vergleichen der Zusammenkunft von Trunkenbolden, die gegen den Alkoholgenuß protestieren. Sie sagen, daß das Trinken schrecklich sei und gehen von der Sitzung zu neuem Trinkgelage.


Theosophie.

Als Abdul Baha gefragt wurde, ob er das Gute anerkenne, das die Theosophische Gesellschaft bewirkt habe, gab er zur Antwort:

„Ich kenne es, und schätze die Theosophie hoch. Ich weiß, daß es ihr Wunsch ist, der Menschheit zu dienen. Ich danke dieser edlen Gesellschaft im Namen aller Bahais und in meinem Namen. Ich hoffe, daß diese Freunde mit Gottes Hilfe Erfolg haben und zur Liebe und Einigkeit gelangen. Es ist eine große Arbeit und bedarf der Anstrengung aller Diener Gottes.


Frieden.

In den letzten sechs Jahrtausenden haben die Nationen einander gehaßt; es ist jetzt an der Zeit, damit ein Ende zu machen; die Kriege müssen aufhören. Laßt uns einig gehen und einander lieben und den Erfolg abwarten. Wir wissen, daß die Folgen des Kriegs übel sind. So laßt uns einen Versuch machen mit dem Frieden, und wenn die Ergebnisse des Friedens schlecht sind, so können wir erwägen, ob es besser wäre, wieder zu dem alten Zustand des Kriegs zurückzukehren! Laßt uns jedenfalls einmal den Versuch machen. Sehen wir, daß Eintracht [Seite 10] Besserung bringt, dann wollen wir dabei bleiben. Sechstausend Jahre sind wir den Irrweg gegangen, laßt uns den richtigen Weg einschlagen! Viele Jahrhunderte haben wir in der Dunkelheit zugebracht, laßt uns jetzt dem Licht entgegengehen !

Es wurde gesagt, daß die Theosophie lehrt, daß die Wahrheit in allen Religionen dieselbe sei. Hat das Streben nach Vereinigung aller Religionen Abdul Bahas Sympathie ?

Antwort: Ganz gewiß.

Kann Abdul Baha einige Linien andeuten, auf welche Weise dies am besten zur Ausführung käme?

Antwort: Suchet nach Wahrheit. Suchet nach der Wirklichkeit in allen Religionen, drängt alle Vorurteile in den Hintergrund. Viele von uns erkennen nicht den gemeinsamen Wahrheitskern aller Religionen.


Göttliche Offenbarer.


Wie lautet Abdul Bahas Lehre in Anbetracht der verschiedenen göttlichen Offenbarer ?

Antwort: Die Wirklichkeit aller ist ein- und dieselbe. Die Wahrheit ist eine Einheit, die Religionen sind wie die Zweige an einem Baum. Der eine Zweig ist hoch, der andere tief und ein dritter steht in der Mitte, aber alle saugen ihr Leben aus dem einen Stamm. Ein Zweig trägt Früchte, andere sind nicht so reich beladen. Alle Propheten sind Leuchten, nur in verschiedenen Graden. Sie scheinen wie strahlende Himmelskörper, jeder hat seinen festgesetzten Platz und seine Zeit des Aufstiegs. Manche sind wie Lampen, andere wie der Mond, wieder andere wie ferne Sterne; wenige sind aber wie die Sonne, die von einem Ende der Erde zum anderen leuchtet. Alle haben das gleiche Licht zu bringen, aber es ist von verschiedenem Grad.


Wie erlangt man die Kraft, um den richtigen Weg zu gehen?

Antwort: Indem Ihr die Lehren lebt; die Kraft dazu wird Euch werden. Ihr wißt, welchem Weg Ihr folgen müßt; Ihr könnt nicht irre gehen, denn es ist ein großer Unterschied zwischen gut und bös, zwischen Licht und. Finsternis, Wahrheit und Falschheit, Liebe und Haß, Freigebigkeit und Geiz, Wissen und Unwissenheit, Glaube und Aberglaube, guten Gesetzen und ungerechten Gesetzen.


Wie kann man sich im Glauben festigen?

Ihr müßt Euch darum bemühen. Ein Kind weiß von selbst nichts; durch Lernen erlangt es Wissen. Sucht nach der Wahrheit.

Es gibt dreierlei Arten des Glaubens: erstens den Glauben, den der Mensch durch Tradition und Geburt übernimmt. Wird z.B. ein Kind von mohammedanischen Eltern geboren, so ist es Mohammedaner. Dieser Glaube ist ein schwacher, traditioneller Glaube. Zweitens der, der aus dem Wissen stammt, der Verstandesglanbe. Dieser ist gut, es gibt aber noch einen besseren, den Glauben der Betätigung. Dies ist der richtige Glaube.

Wir hören z.B. von einer Erfindung und glauben, daß sie gut ist, dann gehen wir hin und sehen sie uns an. Wir hören von einem geistigen Reichtum, wir sehen ihn, und arbeiten angestrengt darum, selbst reich zu werden und andern helfen zu können. Wir kennen und sehen das Licht, wir gehen nahe hinzu, werden dadurch erwärmt und übertragen seine Wärme auf andere. Dies ist wirklicher Glaube, durch den wir die Kraft erlangen, unsterbliche Kinder Gottes zu werden.“

Uebers, v. Frau A. Schwarz.


Die himmlische Frühlingszeit.

(Aus „Zehn Tage im Lichte Akka“.)

Von Abdul Baha.


Bald naht die Zeit des Frühlings. Auf den Bergen und in den Tälern können schon die Knospen der Blumen gesehen werden. Im Erscheinen des Frühlings liegt eine göttliche Weisheit. Mit der Erneuerung der Erde und ihren Gaben verfolgt Gott einen besonderen Zweck. Die tote Erde wird wieder zur Blüte gebracht, damit das Leben der Pflanzen und Blumen fortdauere und aufs neue erzeugt werde. Die Bäume treiben ihre Blätter hervor und sind fähig, alle Arten köstlicher Früchte zu tragen. Alle Vögel und Tiere, alles was Seelenleben hat, ist beim Kommen des Frühlings erfreut und wird verjüngt. Wenn dies nicht so [Seite 11] wäre, dann wäre es auch nicht Frühling, sondern Herbst. Trotzdem aber ist es möglich, daß im Frühling ein Baum, der in schlechtem Boden wurzelt, seiner belebenden Kräfte verlustig geht, oder daß er keine Früchte trägt, obgleich die Regen auf ihn herabkommen. In gleicher Weise hat auch eine böse Seele von dem Kommen einer Manifestation Gottes keinen Nutzen und vermag keine Frucht hervorzubringen. Die göttliche Frühlingszeit, welche in andern Seelen geistige Blumen hervorbringt, versagt in ihrer Wirkung bei der Seele, welche böse ist. Wie im allgemeinen alles belebt, erfrischt und erneuert wird durch die Gaben des natürlichen Frühlings, so empfängt auch jede Seele einen gewissen Grad von Erleuchtung und Wachstum von der Manifestation, wenn sie erscheint. Sie ist der göttliche Frühling, der nach dem langen Winter des Todes und der Untätigkeit kommt. Die Weisheit Gottes wird gesehen im Kommen der Manifestation. Sie schmückt die Seelen der Menschen mit neuem Leben und göttlichen, geistigen Eigenschaften. Dadurch wird die Seele belehrt und erleuchtet. Das was dunkel, trüb und absterbend ist, wird hell, hoffnungsvoll und zur Ursache neuen Wachstums. In der göttlichen Frühlingszeit wird der Blinde sehend, der Taube hörend, der Stumme sprechend, der Mutlose ermutigt und der Gleichgültige zu neuer Tätigkeit erweckt werden. Kurz gesagt, sie sind dann das göttliche Ebenbild geworden, zu dem Gott sie bestimmt hat und von welchem die hl. Bücher sagen, daß dies die wahre Stufe des Menschen sei. Dies ist die Macht, der Zweck und die Wirksamkeit der himmlischen Frühlingszeit.

Uebers. v. W. Herrigel.


Report to the Friends in the East and West.

Dear Friends in El Abha,

In a recent letter from the dearly-beloved Protector and Guardian of the Holy Cause of God -—— Shoghi Effendi — the wish is expressed, that besides the articles published in German and Esperanto in the German Bahai-Magazine, „Sonne der Wahrheit“, renorts in english may also be published for the benefit and information of the friends in the East and West. The first English article is included in the new Bahai year edition and will inform you of the work of your fellow-workers in Germany, whose earnest endeavour it is, to arouse the people to accept the great principles of Bahá’u'lláh.

The first number of „Sonne der Wahrheit", appeared in 1921, in the beginning of the Bahai New-Year, 21st of March, with the permission and full consent of our beloved Abdul Baha, who chose the title himself as follows: „With regard to the Magazine which you have written about, it is advisable that it should appear both in German and Esperanto, but all discussions in the Magazine must be confined to the teachings of his Holiness Bahá'u'lláh and must not deal with beliefs and convictions. It should state and expound the teachings of Bahá’u’lláh. To-day the spirit of the age lies in the teachings of Baha’ u'llah and all wise people are prepared and ready to accept them. Give it the name „Sun of Truth" and let its motto be: Unity of the world of humanity, universal peace, universal religion.

29 th April 1919. (sig.) ’Abdul-Bahá.

In accordance with the desire of our Beloved the contents inform the Bahai-world in Germany of tablets prayers, philosophie essays, teachings of Bahá’u'lláh and ’Abdu’l-Baha, besides a few articles written by friends on subject of reference, as well as ’Abdu’l-Bahas lectures translated in Esperanto, which were most welcome in the International Circle of Esperantists and made us many friends in Switzerland, Italy, Norway, Russia and Persia, Spain, Japan, and America.

By the will of our dear Shoghi Effendi the circle of our readers and Bahai friends, especially in the East, will be greatiy increased and we beg you dear friends to let us hear about your work in letters and articles, so that we may be joined heart and soul in faithful, untiring zeal and fellow-work in teaching, propagating, and last not least, in being in daily life a living example of the teachings of the most great Manifestation Bahá’u’lláh.

According to His Holy Will, he left the greatest Holy Branch and Centre of the Covenant to the world in ’Abdu'l-Bahá and in his last Will and Testament our beloved Master appointed Shoghi Effendi, the Blessed Branch for the benefit of the believers left behind, and whom we now regard as the successor of ’Abdu’l-Baha, the [Seite 12] Guardian and Protector of the most holy Teaching and Testament.

I think, I can best make you acquainted dear Bahais, with your German bretheren, if I first mention the development of the Cause of God in Germany, especially in Stuttgart.

In 1904 the first Bahai who came to Germany to live, was Mr. Edwin Fisher, a surgeon dentist from Amerika originally German born in Ludwigsburg near Stuttgart. He lived here about 8 years and to him I shall be grateful all my life for having taught me about the Coming of the Lord. In February 1908 the first Bahai-lectures were given in public by friends from America and France. After a time Mr. Edwin Fisher asked for assistance, and Miss Alma Knobloch arrived from Washington (1907) and helped him in his spiritual work. After a few friends became interested and accepted the teaching, meetings took place in the house of W. Herrigel, who became a most active pioneer through the lectures he constantly gave on the Holy Cause and by his regular visits here and there he awakened the attention of many earnest seekers, he also took an interest and is still interested on the matter of publishing. Meetings were also held in the home of Miss Margarete Döring she and later on Miss Julia Stäbler were of the greatest assistance to Miss Knobloch and attracted the interest of many people. Later on friends gathered regularly for weekiy meetings in the Frauenklub and Bürgermuseum. By degrees knowledge increased and belief in the beginning of a new era through this spiritual teaching grew and took root and spread its branches in every direction. At that time the general public took no notice of the Cause and turned aside saying: „It may be all right for the Orient, but we are further advanced and more developed in our ideas.“ No newspaper or magazine took notice of the worldwide movement, people only shrugged their shoulders at the fantasts.

You know well, dear friends, how every new idea, which meets with opposition in the commencement grows of itself, and these ideas being of Spiritual Origin, namely the Sun of Truth, nobody can succeed in extinguishing the smallest spark. Our beloved Abdul Baha repeatedly said: „Do not be grieved, if your group is small, the victory will be yours nevertheless, because you are assisted by Devine Power.“ Later on the first pamphlets were translated and printed, for instance the „History of Bahaism“, „Hidden Words“, some Tablets of Bahá’u’lláh and ’Abdu'l-Baha, a few lectures and a pamphlet on the Cause.

By degrees new groups of earnest seekers of the truth were attracted. In Esslingen (two hours from Stuttgart) Miss Anna Köstlin started meetings and founded a Sunday class for children, notwithstanding many difficulties she had to contend with. Her first Bahai-pupils are now grown-up people and well informed Bahais. She still continues her work out of pure Bahailove and unselfishness. Her work and the group in Esslingen are much esteemed in ihe German Bahai-world.

Also in Zuffenhausen near Stuttgart repular meetings took place in the house of Mr. and Ms. Schweizer, which latter have also made good translations of Tablets. Meanwhile more books were printed and the Bahai-followers anxiously sought for a meeting with ’Abdu'l-Baha. On his first journey to Europe followers from Stuttgart visited ’Abdu'l-Baha in Paris and London. I, for my part, had to study, read and translate, so as to become acquainted with the wonderful wisdom and depth of the Cause, which includes everything existing in heaven and on earth. The beautiful spirit I met with in the meetings greatly appealed to me and in obedience to the call of my heart and soul, I became a Bahai.

Dear friends from America, Egypte, Persia and England came to see the German Bahai and we experienced the spiritual bond of brotherhood our Lord created between us.

With deep sympathy and admiration we heard of the historical events which occured during the days of Bahá’u’lláh in Teheran, Adrianopel, Constantinopel and Akka, we are well aware of the martyrdom the best of believers had to undergo in Persia. Your Eastern brethren are also prepared to undergo any kind of martyrdom for the Cause of God. We admire the heros and heroines who sacrificed their lives for the sake of their Lord.

We will be very glad, to hear about you dear friends in the far East, about your progress, your work through the National Body, and we beg you to kindly address your letters as well as your subscriptions to

The Bahai National Body

Stuttgart Alexanderstr. 3

Deutschland.


This first letter to our dear brethren is an introduction; in the next the visit of our Beloved one in Germany will be described to you, in the following articles you will be kept informed as to the development and present state of Bahaism in Germany.

In the Name of Him, who was sent to reveal the Will of the glorious Lord, — Bahá’u’lláh, — and whose wisdom and divinity guards the whole world.

yours truly

Ta’ereh Khanom

(Frau Alice Schwarz).


[Seite 13]


La supozo de konsento inter religio kaj scienco.

Abdul Baha diris: „Mi priparolis kelkajn principojn en la instruoj de Baha’ Ullah: „La esploro de |’ vero“ kaj „Unueco de l’ homaro®. Nun mi klarigos la kvaran prineipon: „la konsento inter religio kaj scienco.

Inter vera religio kaj scienco ne estas kontraüo. Kiamreligio kontraüstaras la sciencon, tiam la unua estas nura superstilo; la . malo de scio estas nescio. Cu estas eble, ‚ke homo opinias tion fakton, kion la scienco pruvis neeblajo? Kiam li malgraü sia prudento kredas tion, tiam $i pli multe estas superstico ol kredo. La veraj principoj de &iuj religioj konsentas kun la instruoj de la scienco.

La unueco de Dio estas logika, kaj tiu &i ideo ne kontraüstaras la konkjudojn, akiratajn per scienca studado. Ciuj religioj instruas, ke ni devas bonlari, ke ni devas esti donacemaj, sinceraj, veremaj, al la leo fidelaj kaj kredemaj; ©i Cio estas prudenta kaj logika, estas la sola vojo, sur kiu la homaro povas progresi.

Ciuj religiaj legoj harmonias kun la prudento kaj adaptigas al la popolo, por kiu ili estas donitaj kaj al la epoko, en kiu ili estas plenumotaj.

La religio havas du Cefpartojn:

I. La spiritan parton,

2. La praktikan parton. La spirita parto neniam Sangigas. Ciuj manifestacioj de Dio, Ciuj profetoj instruis la saman veron kaj donis la saman spiritan legon, nome la legon de la moraleco. En la vero ne estas disifo. La suno malsuprensendis multe da radioj, por inspiri la homan inteligenton, sed la lumo estas Ciam la sama.

En la praktika parto de la religio estas donitaj alla homoj la eksteraj formuloj kaj ceremonioj, same ordonoj por la punado de krimoj kaj kulpoj. Tio estas la materia ilanko de la le&o, $i enkondukas la morojn kaj kutimojn de la popoloj.

En la epoko de Moses dekspecaj krimoj estis punataj per morto. Kristo aliigis tiun leßon; la malnova principo „okulo por okuio, dento por dento“ estis Sangata en la principo: „Amu viajn malamikojn, faru bonon al tinj, kiuj vin malamas kaj persekutas“. La severa iama lego estis aliigata en leßon del’ amo, de kompatemo kaj indulgo.

En iamaj tempoj oni forhakis al la Steli | La IV prineipo.

stoj la dekstran manon kiel puno; nuntempe oni ne povus uzi tiun lefon. Hodiaü oni lasas la vivon al homo, kiu malbenas sian patron, en iamaj tempoj oni.estus mortiginta tian homon. Estas evidente, ke la praktikaj reguloj devas esti Sanßitaj laü la bezono de la tempo, dum la spirita principo estas neSangebla. La spirita parto de.la religio estas el amıbaü la pli granda kaj pli grava' parto; gi estas liam la sama kaj neniam aliißas. Gi estis la sama, iam, nuntempe kaj eterne. Same, kiel fi estis en komenco, tiel Si estas ankoraü hodiaü kaj restos por ciam.,.

Ciuj moralaj principoj; kiujn la spirita neSangebla lego de Ciu religio enhavas, estas logikaj. La religio lesus esti religio, se gi estus kontraü la logika prudento; tiam fi estus nenio alia ol tradicio. Religio kaj scienco estas kvazaü du flugiloj, per kiuj la homa inteligento povas suprenißi, - per kiuj la homa animo povas progresi. Estas neeble, flugi nur per unu flugılo. Se homo provus flugi nur per la flugilo de la religio, li baldaü falus en la mar&on de I’ superstilo, _ dum li aliflanke per la flugilo de la scienco, ankaü ne progresus, sed falus en la marton de la materialismo. Ciuj religioj de la nuntempo enigis en supersticaj kutimoj, kiuj tiel ne akordas kun la vera principo de la dogmoj, kiel kun la sciencaj esploroj. Multaj religiaj gvidantoj opinias, ke la plej grava parto de la religio konsistas Cefe el tio, ke oni anißas al certa dogmaro kaj uzas certajn kutimojn kaj ceremoniojn, Tiuj personoj, al kiujn ili kredigas la saman, kro£i$as persiste al la eksteraj formuloj, kiuj kaßas al ili la interan veron,

Tiuj &i kutimoj kaj ceremonioj multe diferencas en la diversaj eklezioj kaj sektoj, ja kelkfoje ili e& konstraübatalas unu la alian kaj igas malharmonion, malamon kaj malpacon. La frukto de &i tiuj malpacajoj estas, ke multaj instruitaj personoj opinias, ke religio kaj scienco estas kontraüaj, komprenoj, La bedaürinda sekvo de tio estis, ke la scienco fremdigis al la religio. La religio farigis blinda kredo, kiu pli aü malpli apatie obeis la instrukciojn de religiaj instruistoj. Hi persistis, ke iliaj propraj specialdogmo| estis aprobataj, ed tiam, kiam ili estis kontraü la scienco. Tio estas malsa&eco. Estas evidente, ke la scienco signifas lumon, kaj pro tio la religio, ankaü nomata lumo, ne devas kontraüstari la sciencon,

„Lumo kaj mallumo“, „religio kaj scien [Seite 14] co“ estas al ni konataj diroj. Sed kiam la religio ne iras manon en mano kün la scienco, tiam Si trovißas en la mallumo de l’ superstico kaj de malscio.

Ci tiuj kontraüdiroj, faritaj de la homoj, kaüzis multe da malharmonio kaj malpaco en la mondo. Kiam la religio harmonius kun la scienco, tiam malaperus multe da malamo kaj malpaco, kiuj estigas mizeron en la homaj rasoj.

Pripensu, kio diferencigas la homon de aliaj estajoj kaj lin faras individua kreitajo! Cu ne estas la talento de intelekto, lia inteligenteco? Cu la homo ne devas fin uzi, studante la religion? Mikonsilas al vi, ekzamenu tion, kion oni prezentas, al vi kiel religion, kaj pesu Sin per la pesilo de prudento kaj de scienco. Kiam &i sukcesas la ekzamenon, tiam akceptu Sin kiel veron; alie rifuzu Sin, Car Si estas malscio.

Cirkaürigardu kaj vidu, kiel la homoj eni$is en supersticon kaj eksterajn kutimojn, iuj adoras la produkton de sia propra imago, ili prezentas al si Dion kaj adoras lin, kvankam tio, kion ilia fina spirito produktis, ne povas esti la senfina, potenca kreinto de &iuj videblaj kaj nevideblaj estajoj. Aliaj

honoras la sunon, aliaj arbojn kaj e© Sto-.

nojn. En pasintaj tempoj estis homoj, kiuj adoris la maron, la nubojn kaj e© la polvon.

Nuntempe la homoj enißis en tiajn ornamitajn katenojn de la eksteraj forınuloj kaj ceremonioj, ke ili disputas koncerne la kutimojn kajla apartajn plenumojn de la religio, Ciuflanke oni aüdas pri argumentoj, pene

eternajn verojn,

kunportitaj, kaj multe da maltrankviligo. Ekzistas personoj, kies intelektaj fortoj ne estas sufice evoluintaj, sed Car tiaj homoj ne kapablas kompreni spiritajojn, oni do ne devas dubi pri la forto kaj ia potenco de !’ religio.

Malgranda infano ne povas kompreni la legojn, regantajn la naturon, pro sia neevolua prudento, sed se $i estas plenkreska kaj bone edukita, Si komprenos ankaü la Infano ankaü ne povas kompreni la fakton, ke la terglobo rondiras Cirkaü la suno; sed se gia inteligento estas vekita, tiu fakto estas al Si evidenta kaj klara,

La religio ne povas kontraüi la sciencon, ;,

ec tiam ne, kiam la prudento de iuj per sonoj estas tro malforta aü ne sufiCe matura, por kompreni la veron. Dio donis al ni la religion kaj sciencon laü nia intelekio. Atentu, ke vi tian mirindan talenton ne malzorgu.

La religio estas malfermita livro al tiu, kiu posedas intelekton; sed &u estas eble al homo, ne havanta prudenton, kompreni la eternan realecon de Dio?

Harmoniigu vian kredon kun la scienco; ne povas esti kontraüdiro inter ambaü, Car estas nur unu vero. Kiam la religio estas purigita de sia superstico, de siaj tradicioj kaj malkompreneblaj dogmoj kaj konsentas kun la-scienco, tiam okazos granda unuißo, en la mondo ekestos puriga forto, kiu forigos &iujn militojn, Ciujn malharmoniojn, &iujn malpacajojn kaj batalojn kaj unuigos la ho.naron en la potenco de Dio amo.


Zum Bahai-Neujahr.

Wir stehen wieder unmittelbar vor dem Eingang ins Bahai-Neujahr. Der 21. März, der kalendermäßige Frühlingsanfang, ist für die Bahaiwelt auch der Jahresanfang. Der universale Einheitlichkeitsgedanke, der einen Grundpfeiler der Bahailehre bildet, soll auch in einem einheitlichen Jahresbeginn für die ganze Welt zum Ausdruck kommen. Alles, was die Nationen und Religionen trennt — und dazu gehört auch die verschiedene Zeitrechnung — soll ja beseitigt werden, weil die Lehre von dem Grundsatz ausgeht: Alles Einigende ist göttlich, alles Trennende ist widergöttlich. — Heute hat das Trennende unter der Menschheit noch die Oberhand, und daher ist auch so viel Uneinigkeit, Kampf, Streit und Haß in der Welt, Das sind aber, wie Abdul Baha des öfteren sagt, nicht aufbauende, sondern zerstörende Kräfte, während Einigkeit eine aufbauende Macht ist. Ein anschauliches Bild der Wahrheit dieses Wortes zeigt uns die biblische Erzählung von dem Turmbau zu Babel (1. Mose 11). Solange die Menschen einig waren, ging es mit dem Bau vorwärts; als Uneinigkeit und Verwirrung unter ihnen eintrat, mußten sie aufhören zu bauen. Möchten doch die Menschen an dieser Geschichte das lernen, was sie symbolisch ihnen zeigen will! — Aber Einheit ist nicht Einerleiheit. Einerleiheit ist nirgends in der Natur zu finden. Nicht zwei Gräslein, nicht zwei Blättlein, nicht zwei Blüten sind vollständig einander gleich. Zwei Menschen können äußerlich und innerlich zwar sehr ähnlich sein, trotzdem ist aber jeder ein Individuum, ein Einzelwesen, ein besonderer Schöpfergedanke. — Einheit, Zusammenschluß tut uns in jeder Beziehung not, im religiösen, im politischen, im sozialen und nationalen Leben. Namentlich wir so hart bedrängten und von den andern Völkern so [Seite 15] verlassenen Deutschen müssen uns unter dem fürchterlichen feindlichen Druck endlich zusammenfinden, wenn wir nicht ganz und gar zermalmt werden wollen. Wir müssen zunächst einmal national empfinden lernen; erst dann können wir, über den nationalen Gedanken hinauswachsend, die übernationalen und internationalen Aufgaben in der rechten Weise und in den richtigen Grenzen erfassen und erfüllen. Die natürliche Entwicklung geht vom Nationalen zum Uebernationalen und Internationalen, nicht umgekehrt; das müssen wir uns, die wir von Natur kosmopolitisch veranlagt sind, immer wieder sagen. Erst, wenn wir in unser Deutschtum recht hineingewachsen sind, können wir im Sinne eines idealen Weltbürgertums wirken, ähnlich wie wir als Bahai erst durch unsere angestammte Religion hindurch müssen, um zu dem großen Einheitsgedanken aller Religionen zu gelangen, der schon dem Apostel Paulus vorschwebt, wenn er sagt, daß „ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater unser aller“ sein soll und den sogar schon die alttestamentlichen Propheten als Ideal erschauten, wenn sie von dem „einen Hirten und der einen Herde“ reden.

Die großen Führer zu diesem Endziel der Menschheitsentwicklung —- zunächst für den Osten, aber ebenso auch für den Westen — sind Baha’Ullah und Abdul Baha. Sie mögen auch im neuen Bahaijahr als leuchtende Sterne der Menschheit voranleuchten und uns allen Führer und Vorbild sein. Was wir sind, das werden wir durch Gottes Gnade und durch weise, wirksame und geisteskräftige Gottesmenschen. Bei des Menschen täglicher Schwachheit ist es gut und nötig, daß er sich an einen Helden, einen Helfer, an ein höheres Ideal der Vollkommenheit hält. Je erhabener und menschlicher zugleich dieses ist, je näher es sich bis zur Gegenwart der Gottheit darstellen kann, desto nützlicher und hilfreicher ist es für ihn. Dies haben auch schon die alten Heiden erkannt und gesagt. Im Aufblick zu diesen Führern können wir auch dem Schwersten entgegengehen, das uns in diesem Jahr etwa noch treffen könnte. Wir wissen, durch Gottes Kraft, die in ihnen mächtig war und ihnen alles Leiden, ja den bittern Tod (Jesus Christus) sieghaft überwinden half, durch diese Kraft werden auch wir alle Prüfungen und Läuterungen, durch die der Einzelne und die ganze Menschheit noch hindurch müssen, überstehen; denn auch uns gilt das tröstende Wort, das einst Gott zu Paulus gesprochen, nachdem er dreimal zum Herrn um Erlösung von einem schweren körperlichen Leiden gefleht hatte: „Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“. — Nur in dem Bewußtsein und dem festen Glauben, daß Gottes Gnade und Kraft in uns mächtig ist, können wir ruhig in die düstere Zukunft schauen, andernfalls müßten wir verzweifeln und verzagen.

Und auch im Blick auf die Bahaisache braucht man nicht zu bangen in dem Gedanken an das Wort 1. Joh. 5,4: „Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet.“ Mit dieser Siegeszuversicht wollen wir ins neue Bahaijahr eintreten!


Mit dem Bahai-Neujahr beginnt auch unsere Zeitschrift den dritten Jahrgang. Es war nicht leicht, sie bei der verhältnismäßig geringen Abonnnentenzahl über die schwere Zeit hinüberzubringen und es hat große pekuniäre Opfer erfordert, ihr allmonatliches Erscheinen aufrecht zu erhalten. Da die „Sonne der Wahrheit", nach dem Wunsch und Willen Abdul Bahas als Organ des Bahaibundes eingeführt, in der Hauptsache Worte des Gründers und des Auslegers der Bahailehre veröffentlicht, die in deutschen Bahaischriften nicht zu lesen sind und die Zeitschrift auch wichtige alte „Tablets" Abdul Bahas und neue Sendschreiben Shoghi Effendis mitteilt, so ist es für jeden, der die Bahailehre und die Bahaibewegung gründlich kennen lernen will, ein unerläßliches Erfordernis, die Bundesschrift zu lesen. Zugleich besteht aber auch für jeden Bahai die Pflicht, zu ihrer Verbreitung sein Möglichstes beizutragen. Wohl steigert sich infolge der rapid steigenden Herstellungs- und Versandkosten — andere Kosten entstehen ja nicht der Abonnementspreis immer mehr, aber wer irgend kann, sollte das Geld hiefür aufbringen und Bezieher der Zeitschrift werden. — Mit dem neuen Jahrgang werden auf besonderen Wunsch Shoghi Effendis neben den Esperanto-Artikeln auch noch Mitteilungen und Ausführungen in englischer Sprache aufgenommen werden, wodurch, wie wir hoffen, die „Sonne der Wahrheit“ noch weitere Verbreitung im Ausland finden wird. Dadurch würde sie ein Band werden, das alle Bahai hier und draußen umschließt und ganz erheblich an Bedeutung gewinnen. Möge der Segen Abdul Bahas unsere Zeitschrift auch in diesem Jahr begleiten und möge sie recht vielen zum Segen werden!

J.

[Seite 16]


MITTEILUNG VOM VERLAG.

Um die bisher immer wieder nötig gewordenen Änderrungen der Bücher-Preise zu vermeiden, hat der Bahai-Nationalrat beschlossen, gleich dem allgemeinen Buchhandel für die Broschüren und Bücher den Friedenspreis anzusetzen und diesem die jeweils im Buchhandel gültigen Teuerungsätze hinzuzurechnen.

Bei Bezug von mehreren Schriften einer Sorte wird ein entsprechender Preisnachlaß gewährt.

Der vierteljährliche Bezugspreis der Sonne der Wahrheit beträgt der weiteren Preissteigerung wegen von jetzt ab Mk. 500.-. EINBANDDECKEN für die Sonne der Wahrheit, Jahrgang 2, können beim Verlag bestellt werden. Preis M. 900.- das Stück. Völliges Einbinden der Hefte besorgt der Verlag zu M. 1200.— per Band.

VERLAG DES DEUTSCHEN BAHAIBUNDES Hölderlinstraße 35,


Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart

Fernsprecher $. A. 23996 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 33 In unserem Verlag sind erschienen:

1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von S. S. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . -.20

2. Bahai-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . . -.20

3. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel . . . . -.10

4. Das heilige Tablet, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . -.10

5. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T, Schwarz . . . . -.50

6. Die Offenbarung Baha’o’llahs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm. Herrigel . . . -.50

7. Verborgene Worte von Baha o’Ilah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff . . . 1.--

8. Baha’o lab, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Halbleinen gebunden . . . 2.--

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50

9. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrehte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflage . . . -.50

10. Die Bahaibewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, von Wilhelm Herrigel . . . . -.50

11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . -.15

12. Abdul Baha Abbas, Ansprachen über die Bahailehre. Deutsch von Wilhelm Herrigel,

in Halbleinen gebunden . . . . . 2.50

in feinstem Ganzleinen gebunden. . . . . 3.--

13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel,

in Halbleinen geb. . . . . 4.--

In Ganzleinen gebunden . . . . 4.50

14. Abdul Baha Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Dhelps.

Deutsch von Wilhelm Herrigel, in Ganzleinen gebunden . . . . 3.50

15. Das Hinscheiden Abdul Bahas, ("The Passing of Abdul Baha") Deutsch von Alice T. Schwarz . . . -.50

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Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.


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Geschichte und Bedeutung der Bahailehre.

Die Bahai-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahaibewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahaireligion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Baha ’Ullahs, Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Baha ’Ullahs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahai (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Baha ’Ullah vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi (Abdul Baha) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahai der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahai, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China etc. Dies kommt daher, daß Baha ’Ullah den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Baha ’Ullah sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. In der Bahaireligion gibt es keine Priesterschaft und keine religiösen Zeremonien. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Baha ’Ullah),

Die Hauptschriften Baha ’Ullahs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt. Niemand ist mit der Macht betraut, Sündenbekenntnisse entgegenzunehmen oder Absolution zu erteilen.

Die Priester der bestehenden Religionen sollen den Zölibat (Ehelosigkeit) aufgeben, durch ihr Beispiel predigen und sich im praktischen Leben unter das Volk mischen. Monogamie (die Einehe) ist allgemein gefordert, Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Baha ’Ullah eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Baha ’Ullah.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von Abdul Baha erstrebt wird. (Vgl. Naveau Larousse, illustre supplement, p. 66.)