Sonne der Wahrheit/Jahrgang 22/Heft 1/Text

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SONNE
DER
WAHRHEIT
 
 
Zeitschrift für Weltreligion und Welteinheit
Organ der Bahá’í
in Deutschland und Oesterreich
 
 
Heft 1 22. Jahrgang März 1953
 


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Die Bahá’i-Weltreligion

Der Glaube, der von Bahá’u’lláh begründet wurde, entstand in Persien um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Nach längerer Verbannung des Gründers, zuletzt nach der türkischen Strafkolonie von Akka, und späterhin nach Seinem Tod und Seiner Beisetzung in Akka, hat der Glaube sein endgültiges Zentrum im Heiligen Land gefunden und ist jetzt im Begriff, die Grundlagen seines Verwaltungszentrums für die ganze Welt in der Stadt Haifa aufzubauen.

Wenn man seinen Anspruch, wie er unmißverständlich durch seinen Begründer verfochten wurde, und die Art des Wachstums der Bahá’i-Gemeinde in allen Teilen der Welt betrachtet, so kann dieser Glaube nicht anders angesehen werden als eine Weltreligion, die dazu bestimmt ist, sich im Laufe der Zeiten in ein weltumfassendes Gemeinwesen zu entwickeln. Dessen Kommen muß das goldene Zeitalter der Menschheit ankündigen, das Zeitalter, das die Einheit des Menschengeschlechtes unerschütterlich begründet, seine Reife erreicht und seine Bestimmung durch die Geburt und das Errichten einer alles umfassenden Zivilisation erfüllen wird.


Neue Darlegung ewiger Wahrheiten

Obwohl dem schiitischen Islam entsprungen und in den ersten Entwicklungsphasen von den Anhängern des mohammedanischen und des christlichen Glaubens nur als eine obskure Sekte, ein asiatischer Kult oder ein Ableger der mohammedanischen Religion betrachtet, beweist dieser Glaube nunmehr in wachsendem Maße sein Anrecht auf eine andere Beurteilung als nur die eines weiteren religiösen Systems, das den sich bekämpfenden Glaubensbekenntnissen, die so viele Geschlechter lang die Menschheit zerspalten und ihre Wohlfahrt verwüstet haben, sich zugesellt hat. Vielmehr ist er eine neue Darlegung der ewigen Wahrheiten, die allen Religionen der Vergangenheit zugrunde liegen, und eine einigende Macht, die den Anhängern dieser Religion einen neuen geistigen Elan einflößt, eine neue Hoffnung und Liebe zur Menschheit und sie durch eine neue Vision befeuert, die der grundsätzlichen Einheit der religiösen Lehren, und vor ihren Augen die herrliche Berufung ausbreitet, die dem Menschengeschlecht winkt.

Die Anhänger dieses Glaubens stehen fest zu dem grundlegenden Prinzip, wie es von Bahá’u’lláh verkündet worden ist, daß religiöse Wahrheit nicht absolut, sondern relativ ist, daß Gottesoffenbarung ein fortdauerndes und fortschreitendes Geschehnis ist, daß alle großen Religionen der Welt göttlich in ihrem Ursprung sind, daß ihre Grundsätze zueinander in völligem Einklang stehen, daß ihre Ziele und Absichten eine und dieselben sind, daß ihre Lehren nur Widerspiegelungen der einen Wahrheit sind, daß ihr Wirken sich ergänzt, daß sie sich nur in unwesentlichen Teilen ihrer Lehren unterscheiden und daß ihre Sendungen aufeinanderfolgende geistige Entwicklungsstufen der Menschheit darstellen.


Zur Versöhnung der sich streitenden Bekenntnisse

Die Ziele Bahá’u’lláh’s, des Propheten dieses neuen und großen Zeitalters, in das die Menschheit eingetreten ist — denn Sein Kommen erfüllt die Prophezeiungen des Neuen und Alten Testamentes wie auch des Koran, die sich auf das Erscheinen des Verheißenen am Ende der Zeiten, am Tage des Gerichtes beziehen — sind nicht die Zerstörung, sondern die Erfüllung der Offenbarungen der Vergangenheit und viel mehr die Versöhnung als die Betonung der Gegensätze der sich streitenden Glaubensbekenntnisse, welche die heutige Menschheit noch zerreißen.

Er ist weit davon entfernt, die Stufe der Ihm vorausgegangenen Propheten herabsetzen oder ihre Lehren schmälern zu wollen. Vielmehr will Er die Grundwahrheiten, die in allen diesen Lehren beschlossen sind, in einer Weise aufs neue darlegen, wie sie den Nöten der Menschheit entsprechen und auf ihre Fassungskraft abgestimmt sind und auf die Fragen, Leiden und Verwirrungen der Zeit, in der wir leben, angewendet werden können.

Seine Sendung ist: zu verkünden, daß die Zeiten der Kindheit und Unreife des Menschengeschlechtes dahin sind, daß die Erschütterungen; der heutigen Stufe der Jugend langsam und schmerzvoll sie zur Stufe der Reife vorbereiten und das Nahen jener Zeit der Zeiten verkünden, da die Schwerter in Pflugscharen umgewandelt werden und das von Jesus Christus verheißene Reich begründet wird und der Friede auf diesem Planeten endgültig und dauernd gesichert ist. Auch stellt Bahá’u’lláh nicht den Anspruch auf Endgültigkeit Seiner eigenen Offenbarung, sondern erklärt vielmehr ausdrücklich, daß ein volleres Maß der Wahrheit, als Ihm von dem Allmächtigen für die Menschheit in einem so kritischen Zeitpunkt gestattet wurde, in den späteren Phasen der endlos weiterschreitenden Menschheitsentwicklung enthüllt werden muß.


Einheit des Menschengeschlechtes

Der Bahá’i-Glaube hält die Einheit Gottes hoch, anerkennt die Einheit Seiner Propheten und betont vor allem den Grundsatz der Einheit und Ganzheit aller Menschenrassen. Er verkündet, daß die Einigung der Menschen notwendig und unvermeidbar ist, hebt hervor, daß wir uns ihr schrittweise nähern und stellt die These auf, daß nichts anderes als der verwandelnde Geist Gottes, der durch Sein erwähltes Sprachrohr an [Seite 1]

SONNE DER WAHRHEIT
Zeitschrift für Weltreligion und Welteinheit
Heft 1
Preis: DM 1.20
MÄRZ 1953
‘Alá’ - Bahá - Erhabenheit - Licht (109/110)
22. Jahrgang
Leitgedanken: Einheit der Menschheit - Universaler Friede - Universale Religion

Inhalt: Ährenlese aus den Schriften von Bahá’u’lláh — Der verheißene Tag ist gekommen


ÄHRENLESE AUS DEN SCHRIFTEN VON BAHA’U’LLAH[Bearbeiten]

Nach der englischen Übersetzung von Shoghi Effendi (New York, Bahá’i Publishing Committee 1935) ins Deutsche übertragen.

(Schluß)


Gesegnet bist du, o Mein Name, weil du Meine Arche betreten hast und durch die Kraft Meiner höchsten und erhabensten Macht auf dem Meer der Größe dahinfährst und zu Meinen Begünstigten zählst, deren Namen der Finger Gottes niedergeschrieben hat. Du hast aus dem Kelch, der in Wahrheit Leben ist, aus den Händen dieses Jünglings getrunken, um Den sich die Offenbarungen des Allherrlichen bewegen und Dessen strahlende Gegenwart die Tagesanbrüche der Barmherzigkeit am Tage und zur Nachtzeit preisen.

Seine Herrlichkeit sei mit dir, weil du von Gott zu Gott gewandert bist und die Grenzen des Hofes unvergänglicher Pracht überschritten hast — des Ortes, den der Sterbliche niemals beschreiben kann. Dort hat der frische Wind der Heiligkeit, der angefüllt ist mit der Liebe deines Herrn, deinen Geist in dir wachgerüttelt, und die Wasser des Verstehens haben die Flecken des Fernseins und der Gottlosigkeit von dir gewaschen. Du wurdest aufgenommen im Paradiese des Gedenkens Gottes durch deine Anerkennung Dessen, der die Verkörperung jenes Gedenkens unter den Menschen ist.

Sei daher Gott dankbar, weil Er dir die Kraft gab, Seiner Sache zu helfen, weil Er die Blumen des Wissens und Verständnisses im Garten deines Herzens aufblühen ließ. So hat Seine Gnade dich und die ganze Schöpfung umschlossen. Sei achtsam, daß du dich durch nichts betrüben lässest. Mache dich frei von aller Bindung an die eitlen Anspielungen der Menschen und wirf die spitzfindigen und gelehrten Streitereien jener, die vor Gott verhüllt sind, von dir. Verkünde dann, was der Größte Geist dir im Dienste der Sache deines Herrn zu äußern eingeben wird, damit du die Seelen aller Menschen wachrüttelst und ihre Herzen diesem gesegnetsten und allherrlichen Hofe zuneigest ...

Wisse, daß Wir als Unterstützung für Unsere Sache die Herrschaft des [Seite 2] Schwertes abgeschafft und an Stelle davon die Kraft gesetzt haben, die aus der menschlichen Äußerung geboren wird. So haben Wir es durch Unsere Gnade unwiderruflich verordnet. Sprich: O Menschen! Säet nicht die Saaten der Zwietracht unter euch und enthaltet euch des Streites mit eurem Nächsten, denn euer Herr hat die Welt und ihre Städte der Fürsorge der Herrscher der Erde anvertraut und sie vermöge der Herrschaft, die Er ihnen zu verleihen beliebte, zu Sinnbildern Seiner eigenen Kraft gemacht. Er hat es verschmäht, für Sich selber irgendeinen Anteil an der Herrschaft dieser Welt zurückzubehalten. Das wird Er, der Selbst die Ewige Wahrheit ist, bezeugen. Was Er allein für Sich zurückbehielt, das sind die Städte der Menschenherzen, damit Er sie von aller irdischen Besudelung reinige und sie befähige, sich dem geheiligten Ort, den die Hände der Ungläubigen niemals entweihen können, zu nähern. Öffnet, ihr Menschen, die Stadt des menschlichen Herzens mit dem Schlüssel eurer Ausdrucksfähigkeit. So haben Wir euch eure Pflicht nach einem vorbestimmten Maße vorgeschrieben.

Bei der Gerechtigkeit Gottes! Die Welt und ihre Eitelkeiten, ihre Herrlichkeit und alles, was sie an Wonnen zu bieten vermag, sind in den Augen Gottes so wertlos, nein, noch verächtlicher als Staub und Asche. Wenn die Menschenherzen dies doch begriffen! O Volk Bahá’s, wasche die weltliche Besudelung und alles, was zu ihr gehört, gründlich von dir ab! Gott bezeugt es Mir — die Dinge dieser Erde schicken sich schlecht für dich. Wirf sie hinweg unter solche, die nach ihnen verlangen, und hefte deine Augen auf dieses heiligste und strahlendste Gesicht.

Was dir geziemt, das ist die Liebe zu Gott und die Liebe zu Ihm, der die Offenbarung Seines Wesens ist, und die Befolgung dessen, was Ihm beliebt, dir vorzuschreiben. Wenn du es doch nur wüßtest!

Sprich: Lasse Wahrhaftigkeit und Höflichkeit deine Zier sein. Laß es nicht zu, daß du dich selbst des Kleides der Langmut und Gerechtigkeit beraubest, damit die süßen Düfte der Heiligkeit aus deinem Herzen auf alles Erschaffene strömen. Sprich: Gib acht, o Volk Bahá’s, daß du nicht auf den Wegen jener wandelst, deren Worte von ihren Taten abweichen. Strebe nach der Befähigung, den Völkern der Erde die Zeichen Gottes zu enthüllen und Seine Gebote widerzuspiegeln. Laß deine Taten Führer für die ganze Menschheit sein, denn bei den meisten Menschen, ob hoch oder niedrig, stimmt ihr Bekenntnis nicht mit ihrem Verhalten überein. Aber durch eure Taten könnt ihr euch von andern unterscheiden. Durch sie kann die Helligkeit eures Lichtes über die ganze Erde verbreitet werden. Glücklich ist der Mensch, der Meinen Rat beachtet und sich an die Gebote hält, die Er, der Allwissende, der Allweise, gegeben hat.

CXL. O Muhammad-‘Alí! Groß ist der Segen, der deiner wartet, weil du dein Herz mit dem Schmuck der Liebe deines Herrn, des Allherrlichen, des Allgepriesenen, geziert hast. Wer an diesem Tage diese Stufe erreicht hat, dem soll alles Gute zu eigen sein.

Schenke der Erniedrigung, welcher die Geliebten Gottes an diesem Tage unterworfen sind, keine Beachtung. Diese Erniedrigung ist der Stolz und der Ruhm aller zeitlichen Ehre und weltlichen Erhöhung, Welch größere Ehre können wir uns vorstellen als die Ehre, welche die Zunge des Urewigen der Tage [Seite 3] verleiht, wenn Er sich Seiner Geliebten in Seinem Größten Gefängnis erinnert? Der Tag naht heran, da die trennenden Wolken sich völlig zerstreut haben werden, da das Licht der Worte „Alle Ehre gehört Gott und denen, die Ihn lieben“ so klar wie die Sonne über dem Horizonte des Willens des Allmächtigen erschienen sein wird.

Alle Menschen, hoch und niedrig, haben nach einer so großen Ehre gesucht und suchen noch nach ihr. Alle sind jedoch, sobald die Sonne der Wahrheit ihren Glanz über die Welt ergoß, ihrer Wohltaten beraubt und wie durch einen Schleier von ihrer Herrlichkeit getrennt gewesen außer denen, die sich an das Seil der untrüglichen Vorsehung des einen wahren Gottes hielten und in vollkommener Loslösung von allem außer Ihm ihr Angesicht Seinem heiligen Hofe zuwandten.

Danke Ihm, der Sehnsucht aller Welten, daß Er dich mit einer so hohen Ehre bekleidet hat. Binnen kurzem wird die Welt und alles, was in ihr ist, vergessen sein und alle Ehre wird den Geliebten deines Herrn, des Allherrlichen, des Gütigsten, gehören.

CXLI. Ein Buch, das wahrhaftig für einsichtige Menschen herabgesandt worden ist! Es gebietet den Menschen, Gerechtigkeit und Redlichkeit zu üben und verbietet ihnen, ihren verderbten Neigungen und sinnlichen Begierden zu folgen, damit die Menschenkinder vielleicht aus ihrem Schlummer aufgerüttelt werden.

Sprich: Folget, o Menschen, dem, was euch in Unseren Sendschreiben vorgeschrieben wurde und wandelt nicht nach den Einbildungen, welche die Unheilstifter ersannen, jene, die Schlechtigkeiten begehen und sie Gott, dem Heiligsten, dem Allherrlichen, dem Erhabensten, zur Last legen, Sprich: Wir haben es hingenommen, daß Wir von Leiden und Kummer heimgesucht wurden, damit ihr euch von aller irdischen Verunreinigung heiliget. Warum weigert ihr euch dann, über Unsere Absicht in eurem Herzen nachzudenken? Bei der Gerechtigkeit Gottes! Wer über die Trübsal nachsinnt, die Wir erlitten, dessen Seele wird wahrlich vor Gram vergehen. Dein Herr selber bezeugt die Wahrheit Meiner Worte. Wir haben die Last von allem Elend getragen, um euch von aller irdischen Verderbnis zu heiligen, und dennoch seid ihr gleichgültig.

Sprich: Es geziemt jedem, der sich fest an den Saum Unseres Gewandes hält, sich rein von allem zu bewahren, was die himmlischen Heerscharen verabscheuen. So wurde es von deinem Herrn, dem Allherrlichen, in Seinem klarverständlichen Sendschreiben verordnet. Sprich: Legt ihr Meine Liebe beiseite und begeht ihr, was Mein Herz betrübt? Was hindert euch daran, zu begreifen, was euch von Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen, geoffenbart wurde?

Wir sehen wahrlich eure Taten. Wenn Wir an ihnen den süßen Wohlgeruch der Reinheit und Heiligkeit verspüren, werden Wir euch ganz gewißlich segnen. Dann wird die Zunge der Paradiesbewohner euren Lobpreis künden und eure Namen unter denen verherrlichen, die sich Gott genähert haben.

Halte dich fest an den Saum des Gewandes Gottes und greife fest nach Seinem Seil, einem Seil, das niemand zerreißen kann. Hüte dich, daß der Lärm derer, die diese Größte Verkündigung zurückgewiesen haben, dich nicht von der Ausführung deiner Absicht abhalte. Verkündige, was dir in diesem Sendschreiben [Seite 4] vorgeschrieben wurde, ob sich auch alle Völker erheben und dir entgegentreten. Dein Herr ist wahrlich der Allbezwingende, der nieversagende Beschützer.

Meine Herrlichkeit sei mit dir und mit denen Meiner Geliebten, die sich dir zugesellen. Wahrlich, das sind jene, denen es gut gehen wird.

CXLII. Ich schwöre bei der Schönheit des Vielgeliebten! Dies ist die Barmherzigkeit, welche die ganze Schöpfung umschlossen hat, der Tag, an dem die Gnade Gottes in alle Dinge gedrungen ist und sie durchtränkt. Die lebendigen Wasser Meiner Barmherzigkeit, o ‘Alí, regnen in Strömen hernieder und Mein Herz schmilzt dahin in der Glut Meiner Zärtlichkeit und Liebe. Zu keiner Zeit bin Ich fähig gewesen, Mich mit dem Leid auszusöhnen, das Meine Geliebten traf, oder mit irgendeiner Sorge, welche die Freude ihres Herzens trüben konnte.

Jedesmal, wenn Mein Name „der Allbarmherzige“ erkannte, daß einer Meiner Geliebten ein Wort hinhauchte, das Meinem Wunsch zuwiderläuft, kehrte er kummergebeugt und trostlos zu seiner Wohnstatt zurück. Und wenn Mein Name „der Verberger“ entdeckte, daß einer Meiner Anhänger Schmach und Erniedrigung auf seinen Nächsten geladen hatte, wandte er sich gleichfalls bekümmert und traurig zu seinem Ruhesitz der Herrlichkeit zurück und weinte und trauerte dort in tiefer Klage. Und wann immer Mein Name „der Immervergebende“ bemerkte, daß irgendeiner Meiner Freunde eine Übertretung begangen hatte, wehklagte er in höchster Qual und, von Schmerz überwältigt, fiel er nieder in den Staub und ward von einer Schar unsichtbarer Engel zu seiner Behausung in den Reichen der Höhe getragen.

Bei Mir Selbst, dem wahren Einen, o ‘Alí! Das Feuer, das das Herz Bahá’s entzündet, hat, ist stärker als das Feuer, das in deinem Herzen glüht, und Seine Klage ist lauter als deine Klage. Jedesmal, wenn im Hofe Seiner Gegenwart eine unter ihnen begangene Sünde erwähnt wurde, ward die Urewige Schönheit so von Scham erfüllt, daß Sie wünschte, die Herrlichkeit Ihres Angesichts vor den Augen der Menschen verbergen zu können, denn Er hat zu allen Zeiten Seinen Blick auf ihre Treue gerichtet und auf ihre wesentlichen Erfordernisse geachtet.

Die Worte, die du schriebst, haben, als sie in Meiner Gegenwart verlesen wurden, das Meer Meiner Treue in Mir zum Wogen gebracht und den Windhauch Meiner Vergebung über deine Seele streichen lassen und den Baum Meiner liebenden Güte dich überschatten und die Wolken Meiner Freigebigkeit ihre Gaben über dich regnen lassen. Ich schwöre bei dem Tagesgestirn, das über dem Horizonte der Ewigkeit scheint, Ich sorge Mich um dich in deinem Gram und wehklage mit dir in deiner Trübsal ... Ich bezeuge die Dienste, die du Mir geleistet hast und bezeuge die mannigfachen Beschwerden, die du um Meinetwillen ertrugst. Alle Atome der Erde erklären Meine Liebe zu dir.

Der Ruf, den du erhobst, o ‘Alí, ist höchst willkommen vor Meinen Augen. Verkünde Meine Sache mit deiner Feder wie mit deiner Zunge. Rufe laut und rufe die Menschen zu Ihm, dem höchsten Herrn aller Welten, mit solchem Eifer und mit solcher Inbrunst, daß alle Menschen durch dich entflammt werden.

Sprich: O mein Herr, mein Bestgeliebter, Du Triebkraft meines Handelns, Du Leitstern meiner Seele, Du Stimme, die da in meinem innersten Sein ruft, [Seite 5] Du Ziel für meines Herzens Anbetung! Preis sei Dir, der Du mich mein Angesicht Dir zuwenden ließest, der Du meine Seele zum Lodern brachtest im Gedenken an Dich, der Du mir halfest, Deinen Namen zu verkünden und Dein Loblied anzustimmen.

Mein Gott, mein Gott! Wenn keiner entdeckt würde, der von Deinem Pfad abirrte, wie könnte dann das Banner Deiner Barmherzigkeit entfaltet und die Fahne Deiner freigebigen Gunst gehißt werden? Und wenn keine Schlechtigkeit begangen würde, was könnte Dich dann als den Verberger menschlicher Sünden verkünden, den Immervergebenden, den Allwissenden, den Allweisen? Möge meine Seele ein Opfer für die Vergehen jener sein, die sich gegen Dich vergehen, denn über solche Vergehen werden die süßen Wohlgerüche des zarten Erbarmens Deines Namens „der Mitleidige“, „der Allbarmherzige“, geweht. Möge mein Leben hingegeben werden für die Übertretungen jener, die gegen Dich übertreten, denn durch sie wird der Hauch Deiner Gnade und der Duft Deiner liebenden Güte den Menschen offenbar und unter sie verbreitet. Möge mein innerstes Sein für die Sünden jener geopfert werden, die sich gegen Dich versündigten, denn solche Sünden haben zur Folge, daß die Sonne Deiner mannigfachen Gunst sich über dem Horizonte Deiner Güte erhebt und die Wolken Deiner nieversagenden Vorsehung ihre Gaben auf die Wirklichkeit alles Erschaffenen herabregnen.

Ich bin der, o mein Herr, der Dir die Menge seiner schlechten Taten gestanden, der bekannt hat, was kein Mensch sonst bekannte. Ich habe mich beeilt, zu dem Meer Deiner Vergebung zu gelangen, und habe Zuflucht unter dem Schatten Deiner gnädigsten Gunst gesucht. Ich flehe Dich an, o Du, der Du der ewige König und der höchste Beschützer aller Menschen bist, befähige mich, das zu verkünden, was die Herzen und Seelen der Menschen in die grenzenlose Unermeßlichkeit Deiner Liebe aufsteigen und mit Deinem Geiste verkehren läßt. Stärke mich durch die Macht Deiner Herrschaft, daß ich alles Erschaffene der Sonne Deiner Manifestation und der Quelle Deiner Offenbarung zuwende. Hilf mir, o mein Herr, mein Selbst Deinem Willen völlig zu unterwerfen und mich zu erheben und Dir zu dienen, denn ich achte dieses irdische Leben keines anderen Zweckes würdig, als die Stiftshütte Deiner Offenbarung und den Sitz Deiner Herrlichkeit zu umkreisen. Du siehst mich, o mein Gott, von allem außer Dir gelöst und Deinem Willen ergeben und ihm dienstbar. Verfahre mit mir, wie es Dir gefällt und wie es Deiner Erhabenheit und hohen Herrlichkeit zukommt.

O ‘Alí! Die Güte Dessen, der der Herr aller Welten ist, wurde und wird dir immer noch zuteil. Wappne dich mit Seiner Kraft und Stärke und erhebe dich, um Seiner Sache zu helfen und Seinen heiligen Namen zu verherrlichen. Lasse deine Unwissenheit in Dingen menschlicher Gelehrsamkeit und deine Unfähigkeit zu lesen und zu schreiben dein Herz nicht betrüben. Die Tore Seiner vielfältigen Gnade sind in der starken Hand der Macht des einen wahren Gottes. Er hat sie im Angesichte aller, die Ihm dienen, geöffnet und öffnet sie auch weiterhin. Ich möchte hoffen, daß dieser Hauch göttlicher Süße zu allen Zeiten von dem Anger deines Herzens weiterhin über die ganze Welt getragen wird in einer Weise, daß seine Wirkungen sich in jedem Lande offenbaren. Er hat Macht über [Seite 6] alle Dinge. Er, wahrlich, ist der Machtvollste, der Allherrliche, der Allmächtige.

CXLIII. Gesegnet bist du, o Mein Diener, weil du die Wahrheit erkannt und dich von ihm zurückgezogen hast, der den Allbarmherzigen verleugnete und auf der Muttertafel als Verruchter verdammt wurde. Wandle du standhaft in der Liebe Gottes und bleibe unentwegt in Seinem Glauben und stehe Ihm bei durch die Kraft deiner Äußerung. Also gebietet dir der Allbarmherzige, der die Gefangenschaft in der Hand Seiner Unterdrücker erleidet.

Wenn dich Trübsal um Meinetwillen befällt, so rufe dir Meine Leiden und Beschwerden ins Gedächtnis zurück und gedenke Meiner Verbannung und Meiner Kerkerhaft. So geben Wir dir weiter, was von Ihm, dem Allherrlichen, dem Allweisen, auf Uns herniederkam.

Bei Meinem Selbst! Der Tag nähert sich, da Wir die Welt und alles, was in ihr ist, aufgerollt und eine neue Ordnung an ihrer Statt ausgebreitet haben werden. Er, wahrlich, ist machtvoll über alle Dinge.

Heilige dein Herz, daß du Meiner gedenkest, und reinige dein Ohr, daß du Meinen Worten lauschest. Wende alsdann dein Angesicht dem Orte zu, da der Thron deines Herrn, des Gottes des Erbarmens, errichtet ward und sprich: Preis sei Dir, o mein Herr, da Du mich befähigtest, die Offenbarung Deines eigenen Selbstes zu erkennen, und mir halfest, mein Herz dem Hofe Deiner Gegenwart, dem Anbetungsziele meiner Seele, zuzuwenden. Ich flehe Dich an bei Deinem Namen, der die Himmel sich spalten und die Erde bersten ließ, bestimme für mich, was Du für jene bestimmt hast, die sich von allem außer Dir abwandten und deren Herzen sich fest auf Dich verließen. Gewähre, daß ich in Deiner Gegenwart auf dem Sitze der Wahrheit in der Stiftshütte der Herrlichkeit sitzen möge. Machtvoll bist Du zu tun, was Du willst. Es ist kein Gott außer Dir, dem Allherrlichen, dem Allweisen.

CXLIV. Die Feder des Höchsten hat jedermann die Verpflichtung auferlegt und vorgeschrieben, diese Sache zu lehren ... Gott wird ohne Zweifel jeden beseelen, der sich von allem außer Ihm löst, und wird die reinen Wasser der Weisheit und Äußerung veranlassen, daß sie überreich aus seinem Herzen fließen und strömen, Wahrlich, dein Herr, der Allbarmherzige, ist machtvoll zu tun, was Er will, und Er verordnet, was immer Ihm gefällt.

Würdest du diese Welt betrachten und dir vergegenwärtigen, wie flüchtig die Dinge sind, die zu ihr gehören, so würdest du dir wählen, keinen andern Weg zu gehen, als den Weg des Dienstes in der Sache deines Herrn. Niemand würde die Macht haben, dich an der Erhebung Seines Lobpreises zu hindern, und würden auch alle Menschen aufstehen, um sich dir zu widersetzen.

Gehe du gerade voran und beharre bei Seinem Dienst. Sprich: o Menschen! Der Tag, der euch in allen Schriften verheißen wurde, ist jetzt gekommen. Fürchtet Gott und haltet euch nicht selbst davor zurück, den Einen zu erkennen, der das Ziel eurer Erschaffung ist. Eilet hin zu Ihm. Das ist besser für euch als die Welt und alles, was in ihr ist. Könntet ihr es doch erkennen!

CXLV. Wenn ihr den Erniedrigten und Niedergebeugten begegnet, so wendet euch nicht verächtlich von ihnen ab, denn der König der Herrlichkeit wacht immer über ihnen und umgibt sie mit einer Zärtlichkeit, die niemand ergründen kann außer jenen, die ihr Wünschen und Verlangen im Willen eures Herrn, des [Seite 7] Gnädigen, des Allweisen, untergehen ließen. O ihr Reichen der Erde! Fliehet nicht vor dem Angesicht des Armen, der im Staube liegt, nein, handelt vielmehr als Freund an ihm und gestattet ihm, euch die Geschichte des Leides zu berichten, mit dem Gottes unerforschlicher Ratschluß ihn geschlagen hat. Bei der Gerechtigkeit Gottes! Während ihr euch ihm zugesellt, werden die himmlischen Heerscharen auf euch niederschauen und für euch bitten und eure Namen loben und eure Tat verherrlichen. Gesegnet sind die Gelehrten, die sich nicht mit ihren Kenntnissen brüsten, und wohl ist es um die Gerechten bestellt, die die Sündigen nicht verhöhnen, sondern vielmehr ihre Missetaten verbergen, so daß ihre eigenen Mängel vor den Augen der Menschen verschleiert bleiben.

CXLVI. Es ist Unser Wunsch und Verlangen, daß ein jeder von euch zum Quell alles Guten für die Menschen und zu einem Beispiel der Rechtschaffenheit für die Menschheit werden möge. Hütet euch, daß ihr euch eurem Nächsten nicht vorziehet. Richtet euren Blick auf Ihn, den Tempel Gottes unter den Menschen. Er hat in Wahrheit Sein Leben als Lösegeld für die Erlösung der Welt geopfert. Er, wahrlich, ist der Allgütige, der Gnädige, der Höchste. Wenn sich irgendwelche Verschiedenheiten unter euch ergeben, sehet Mich vor eurem Antlitz stehen und übersehet einer des andern Fehler um Meines Namens willen und als Merkmal eurer Liebe für Meine offenbare und strahlende Sache. Wir möchten euch zu allen Zeiten in Freundschaft und Einklang im Paradies Meines Wohlgefallens verkehren sehen und den Duft des Wohlwollens und der Einigkeit, der liebenden Güte und Kameradschaft aus euren Handlungen einatmen. Also rät euch der Allwissende, der Getreue. Wir werden immer mit euch sein. Wenn Wir den Wohlgeruch der Kameradschaft einatmen, wird Unser Herz sich wahrlich freuen, denn nichts anderes kann Uns genügen. Das bezeugt jeder wahrhaft Verstehende.

CXLVII. Der Größte Name ist Mein Zeuge — wie traurig wäre es, würde ein jeder Mensch an diesem Tage sein Herz an den vergänglichen Dingen dieser Welt haften lassen! Erhebt euch und haltet euch fest an die Sache Gottes. Seid äußerst liebevoll zueinander. Verbrennt völlig um des Vielgeliebten willen den Schleier des Selbstes mit der Flamme des nieverlöschenden Feuers und verbindet euch mit frohem und strahlendem Angesicht mit eurem Nächsten. Ihr habt wohl nach jeder Richtung hin das Verhalten Dessen beobachtet, der das Wort der Wahrheit in eurer Mitte ist. Ihr wißt sehr wohl, wie schwer es für diesen Jüngling ist, zuzulassen, daß das Herz irgendeines der Geliebten Gottes auch nur eine Nacht lang durch Ihn betrübt werde.

Das Wort Gottes hat das Herz der Welt in Brand gesetzt. Wie tief bedauerlich ist es, wenn ihr versäumt, euch an seiner Flamme zu entzünden! Gebe Gott, ihr möget diese gesegnete Nacht als die Nacht der Einheit ansehen, möget eure Seelen miteinander verknüpfen und beschließen, euch mit dem Schmuck eines guten und lobenswerten Charakters zu zieren. Laßt es eure Hauptsorge sein, den Gefallenen aus dem Sumpfe drohenden Ausgelöschtseins zu befreien und ihm zu helfen, den urewigen Glauben Gottes anzunehmen. Euer Betragen gegenüber eurem Nächsten sollte so sein, daß es deutlich die Zeichen des einen wahren Gottes offenbart, denn ihr seid die ersten unter den Menschen, die durch Seinen Geist neu erschaffen werden, die ersten, die Ihn anbeten und das Knie vor Ihm [Seite 8] beugen, die ersten, die Seinen Thron der Herrlichkeit umkreisen. Ich schwöre bei Ihm, der Mich offenbaren hieß, was immer Ihm gefiel! Die Bewohner des Reiches der Höhe kennen euch besser, als ihr euer eigenes Selbst kennt. Glaubt ihr, diese Worte seien eitel und leer? Hättet ihr doch die Macht, die Dinge wahrzunehmen, die euer Herr, der Allbarmherzige, sieht, — Dinge, welche euren überragenden Rang beweisen, welche Zeugnis ablegen für die Größe eures Wertes, welche die Erhabenheit eurer Stufe verkünden! Gebe Gott, daß eure Begierden und nicht ertöteten Leidenschaften euch nicht hindern an dem, was für euch bestimmt wurde.

CXLVIII. O Salmán! Alles, was Weise und Mystiker je gesagt und geschrieben haben, ist niemals über die Begrenzungen hinausgegangen, denen des Menschen endlicher Verstand streng unterworfen wurde, noch können sie jemals hoffen, daß es über diese hinausgehen werde. Zu welchen Höhen der Verstand des erhabensten der Menschen sich immer erheben mag, wie groß auch die Tiefe sein möge, die das gelöste und erkennende Herz erreichen kann, so können doch ein solcher Verstand und ein solches Herz niemals das überragen, was das Geschöpf ihrer eigenen Vorstellungen und das Ergebnis ihrer eigenen Gedanken ist. Die Betrachtungen der tiefsten Denker, die Hingebung der frömmsten der Heiligen, die höchsten Ausdrücke des Lobpreises von menschlicher Feder oder Zunge sind nur ein Abglanz dessen, was durch die Offenbarung des Herrn, ihres Gottes, in ihnen selber erschaffen wurde. Wer über diese Wahrheit im Herzen nachsinnt, wird bereitwillig zugeben, daß es gewisse Grenzen gibt, die kein menschliches Wesen irgend überschreiten kann. Jeder Versuch, der seit dem Anfang, der keinen Anfang hat, gemacht worden ist, sich Gott zu vergegenwärtigen und Ihn wahrzunehmen, wird begrenzt durch die Gegebenheiten Seiner eigenen Schöpfung — einer Schöpfung, die Er durch das Wirken Seines Willens und zu keinem anderen Ziel als Seinem eigenen Selbst ins Dasein gerufen hat. Unermeßlich erhaben ist Er über das Bemühen des menschlichen Geistes, Seine Wesenheit zu erfassen, und der menschlichen Zunge, Sein Geheimnis zu beschreiben. Kein Band unmittelbaren Umgangs kann Ihn je mit den Dingen verbinden, die Er erschaffen hat, noch können die verhülltesten und feinsten Andeutungen Seiner Geschöpfe Seinem Wesen gerecht werden. Durch Seinen weltdurchdringenden Willen hat Er alles Erschaffene ins Dasein gerufen. Er ist und ist immer in die Urewigkeit Seiner erhabenen und unteilbaren Wesenheit gehüllt gewesen und wird ewiglich in Seiner unvergänglichen Hoheit und Herrlichkeit verborgen bleiben. Alles, was im Himmel, und alles, was auf Erden ist, kam auf Sein Geheiß ins Leben, und durch Seinen Willen sind alle aus dem äußersten Nicht-Sein in das Reich des Seins hinübergetreten. Wie kann daher das Geschöpf, das durch das Wort Gottes gestaltet wurde, die Natur Dessen begreifen, der der Urewige der Tage ist?

CXLIX. Wenn sich ein Mensch an diesem Tag erhebt und gänzlich gelöst von allem, was in den Himmeln und auf Erden ist, Ihm, dem Tagesanbruch von Gottes heiliger Offenbarung, seine Neigung zuwendet, wird er wahrlich durch die Kraft eines der Namen des Herrn, seines Gottes, des Allwissenden, des Allweisen, ermächtigt werden, alles Erschaffene zu unterwerfen. Wisse wahrlich, daß die Sonne der Wahrheit an diesem Tag einen Glanz auf die Welt hernieder [Seite 9] senkte, wie vergangene Zeitalter ihn niemals bezeugten. Lasset das Licht Seiner Herrlichkeit, o Menschen, auf euch scheinen und zählt nicht zu den Achtlosen.

CL. Wenn der Sieg naht, wird jedermann sich als Gläubiger bekennen und unter den Schutz von Gottes Glauben eilen. Glückselig sind jene, welche in den Tagen weltumfassender Heimsuchungen fest in der Sache gestanden und sich geweigert haben, von ihrer Wahrheit abzuweichen.

CLI. Befreit euch, o Nachtigallen Gottes, von den Dornen und dem Gestrüpp des Elends und der Not und erhebt euren Flug in den Rosengarten nieverblassenden Glanzes. O Meine Freunde, die ihr im Staube wohnt! Eilt hin zu eurer himmlischen Wohnstatt. Verkündet euch selbst diese fröhliche Botschaft: „Er, der Meistgeliebte, ist gekommen! Er hat sich mit der Herrlichkeit von Gottes Offenbarung gekrönt und vor dem Angesicht der Menschen die Tore Seines urewigen Paradieses geöffnet.“ Laßt aller Augen erfreut und jedes Ohr entzückt sein, denn nun ist die Zeit, um auf Seine Schönheit zu blicken, nun ist die richtige Zeit, um Seiner Stimme zu lauschen. Verkündigt jedem sehnsüchtig Liebenden: „Sieh, dein Vielgeliebter ist unter den Menschen erschienen!“ Und den Boten des Herrschers der Liebe erzählet die Botschaft: „Siehe, der Angebetete ist erschienen, angetan mit der Fülle Seiner Herrlichkeit!“ O ihr, die ihr Seine Schönheit liebt! Wandelt die Qual eurer Trennung von Ihm in die Freude einer ewigen Wiedervereinigung und lasset die Süße Seiner Gegenwart die Bitternis eures Fernseins von Seinem Hofe lösen.

Sehet, wie die mannigfache Gnade Gottes, die aus den Wolken göttlicher Herrlichkeit herniederregnet, an diesem Tag die Welt umfangen hat! Denn wo in vergangenen Tagen jeder Liebende nach seinem Geliebten flehte und suchte, ist es nun der Geliebte selber, der Seine Geliebten ruft und sie einlädt, in Seine Gegenwart zu kommen. Nehmt euch in acht, daß ihr einer so großen Gunst nicht verlustig gehet, und hütet euch, daß ihr ein so außerordentliches Geschenk Seiner Gnade nicht herabwürdigt. Gebt die unzerstörbaren Wohltaten nicht preis und seid nicht mit Vergänglichem zufrieden. Lüftet den Schleier, der euren Blick trübt, und zerstreut die Finsternis, in welche er gehüllt ist, damit ihr die reine Schönheit des Angesichtes des Geliebten schaut, sehen möget, was kein Auge noch sah, und hören, was kein Ohr noch vernahm.

Hört Mir zu, o ihr sterblichen Vögel! Im Rosengarten unveränderlichen Glanzes begann eine Blume zu blühen, mit der verglichen jede andere Blume nur ein Dorn ist und vor deren strahlender Herrlichkeit das innerste Wesen der Schönheit selber verblassen und vergehen muß. Erhebt euch daher und trachtet mit der ganzen Begeisterung eurer Herzen, mit aller Sehnsucht eurer Seele, mit der ganzen Inbrunst eures Wollens und mit dem gesammelten Bemühen eures ganzen Seins darnach, das Paradies Seiner Gegenwart zu erreichen, und mühet euch, den Duft der unverwelklichen Blume einzuziehen, die süßen Wohlgerüche der Heiligkeit zu atmen und einen Teil von diesem Dufthauch himmlischer Herrlichkeit zu empfangen. Wer diesem Rate folgt, wird seine Ketten sprengen, wird die Hingebung beseligter Liebe kosten, wird seines Herzens Sehnsucht erreichen und seine Seele in die Hand seines Geliebten geben. Er wird seinen Käfig zerschmettern und wie der Vogel des Geistes seinen Flug zu seinem heiligen und ewigen Neste erheben. [Seite 10]

Die Nacht ist dem Tage gefolgt und der Tag ist der Nacht gefolgt, und die Stunden und Augenblicke eures Lebens sind gekommen und gegangen und dennoch war keiner von euch bereit, sich auch nur einen Augenblick lang von dem Vergänglichen zu lösen. Rührt euch, damit die kurzen Augenblicke, die euch noch gehören, sich nicht zerstreuen und verloren gehen. Mit der Schnelligkeit des Blitzes werden eure Tage vergehen und eure Leiber auf einem Lager von Staub zur Ruhe gebettet werden. Was könnt ihr dann noch wirken, womit euer früheres Versagen sühnen?

Das ewige Licht leuchtet in seiner reinen Herrlichkeit. Siehe, wie es jeden vergänglichen Schleier hinweggebrannt hat. O ihr mottengleichen Liebenden Seines Lichtes! Begegnet mutig jeder Gefahr und weihet eure Seele seiner verzehrenden Flamme. O ihr, die ihr nach Ihm dürstet! Streift jede irdische Neigung von euch ab und eilet, euren Geliebten zu umarmen. Beeilt euch mit einer Lust, der nichts vergleichbar ist, Ihn zu erreichen. Die Blume, die den Blicken der Menschen bislang verborgen war, ist nun vor euren Augen entfaltet. Im offenen Glanze Seiner Herrlichkeit steht Er vor euch. Seine Stimme ruft alle frommen und geheiligten Wesen zu Sich, daß sie mit Ihm vereinigt werden. Glücklich ist derjenige, der sich dem zuwendet. Wohl ist es um den bestellt, der das Licht eines so wunderbaren Angesichts erreichte und schaute.

CLII. Dein Auge ist Meine Zuversicht. Dulde es nicht, daß der Staub eitler Begierden seinen Glanz verdunkle. Dein Ohr ist ein Zeichen Meiner Güte. Laß das Getöse unziemlicher Beweggründe es nicht von Meinem Wort, das die ganze Schöpfung umschließt, entfernen. Dein Herz ist Meine Schatzkammer. Gestatte nicht der betrügerischen Hand des Selbstes, dich der Perlen zu berauben, die Ich darin verwahrt habe. Deine Hand ist ein Sinnbild Meiner liebenden Güte. Hindere sie nicht daran, dich fest an Meine verwahrten und verborgenen Tafeln zu halten... . Unerfleht habe Ich Meine Gnade auf dich herabgeregnet. Ungebeten habe Ich deinen Wunsch erfüllt. Trotz deiner Unwürdigkeit habe Ich dich für Meine reichsten, Meine unberechenbaren Gunstbeweise ausersehen.... O Meine Diener! Seid ergeben und unterwürfig wie die Erde, damit auf dem Boden eures Wesens die duftenden, die heiligen und vielfarbigen Hyazinthen Meiner Erkenntnis emporblühen. Seid lodernd wie das Feuer, damit ihr die Schleier der Nachlässigkeit hinwegbrennt und durch die belebenden Kräfte der Liebe Gottes die kalten und eigensinnigen Herzen entzündet. Seid leicht und ungefesselt wie der Wind, damit ihr Zutritt zu den Bereichen Meines Hofes, Meines unentweihbaren Heiligtumes erhaltet.

CLIII. O verbannter und getreuer Freund! Lösche den Durst der Nachlässigkeit mit den geheiligten Wassern Meiner Gnade und vertreibe das Dunkel des Fernseins mit dem Morgenlichte Meiner göttlichen Gegenwart. Lasse es nicht zu, daß der Ort, an dem Meine unsterbliche Liebe für dich wohnt, von der Gewaltherrschaft lüsterner Wünsche zerstört werde, und umwölke nicht die Schönheit des himmlischen Jünglings mit dem Staube des Selbstes und der Leidenschaft. Kleide dich mit dem Wesen der Gerechtigkeit und lasse dein Herz niemanden fürchten als Gott. Verschütte nicht den hellschimmernden Born deiner Seele mit den Dornen und dem Gestrüpp eitler und zügelloser Neigungen und hemme nicht den Strom der lebendigen Wasser, die aus dem [Seite 11] Quell deines Herzens fluten. Setze all dein Hoffen in Gott und halte dich fest an Sein unfehlbares Erbarmen. Wer anders als Er kann den Entbehrenden reich machen und den Gefallenen aus seiner Erniedrigung erlösen?

O Meine Diener! Würdet ihr die verborgenen, die uferlosen Meere Meines unzerstörbaren Reichtums entdecken, ihr würdet sicher die Welt, nein, die ganze Schöpfung als ein Nichts ansehen. Lasset die Flamme des Suchens mit solcher Heftigkeit in euren Herzen brennen, daß ihr fähig werdet, euer höchstes und erhabenstes Ziel zu erreichen, — die Stufe, auf der ihr euch eurem Meistgeliebten nähern und mit Ihm vereinigt werden könnt...

O Meine Diener! Laßt eure müßigen Hoffnungen und eitlen Einbildungen nicht die Grundlagen eures Glaubens an den allherrlichen Gott untergraben, denn solche Vorstellungen sind völlig nutzlos für die Menschen gewesen und haben sie versäumen lassen, ihre Schritte auf den geraden Weg zu lenken. Glaubt ihr, o Meine Diener, daß die Hand Meiner allumfassenden, Meiner beschützenden und überlegenen Herrschaft gefesselt, daß die Flut Meiner urewigen, Meiner unaufhörlichen und allesdurchdringenden Barmherzigkeit gehemmt ist oder daß die Wolken Meiner hohen und unübertroffenen Gunstbezeigungen aufgehört haben, ihre Gaben auf die Menschen zu regnen? Könnt ihr euch vorstellen, daß die wunderbaren Werke, die Meine göttliche und unwiderstehliche Macht verkündeten, zurückgezogen und daß die Kraft Meines Willens und Meiner Absicht davon abgehalten wurden, die Geschicke der Menschheit zu lenken? Wenn das nicht der Fall ist, warum habt ihr dann zu verhüten getrachtet, daß die unsterbliche Schönheit Meines heiligen und gütigen Angesichts sich vor den Augen der Menschen enthüllte? Warum habt ihr euch angestrengt, die Manifestation des allmächtigen und allherrlichen Seins zu hindern, die Pracht ihrer Offenbarung über die Erde auszubreiten? Wäret ihr gerecht in eurem Urteil, so würdet ihr willig anerkennen, daß die Wirklichkeit alles Erschaffenen von der Freude an dieser neuen und wundersamen Offenbarung trunken ist, daß alle Atome der Erde von dem Glanz ihrer Herrlichkeit erleuchtet sind. Eitel und erbärmlich ist das, was ihr euch eingebildet habt und immer noch einbildet.

Geht den Weg noch einmal zurück, o Meine Diener, und neigt euer Herz Dem zu, der der Ursprung eurer Erschaffung ist. Macht euch frei von euren üblen und verderbten Neigungen und beeilt euch, das Licht des unauslöschlichen Feuers zu erfassen, das auf dem Sinai dieser geheimnisvollen und erhabenen Offenbarung glüht. Verfälscht nicht das heilige, das allumfassende-Urwort Gottes und versucht nicht, seine Heiligkeit zu entweihen und seinen erhabenen Charakter herabzuwürdigen. O ihr Achtlosen! Obwohl die Wunder Meines Erbarmens alles Erschaffene, das sichtbare und unsichtbare, umschlossen haben und obgleich die Offenbarungen Meiner Gnade und Güte jedes Atom des Weltalls durchdrungen haben, ist dennoch die Rute, mit der Ich die Gottlosen züchtigen kann, schwer, und die Heftigkeit Meines Zornes gegen sie ist furchtbar. Lauschet mit Ohren, die von Hoffart und weltlichen Wünschen geheiligt sind, den Ratschlägen, die Ich in Meiner barmherzigen Güte euch offenbarte, und betrachtet mit eurem inneren und äußeren Auge die Beweise Meiner wundersamen Offenbarung ... [Seite 12]

O Meine Diener! Beraubt euch nicht des unvergänglichen und strahlenden Lichtes, das in der Lampe göttlicher Herrlichkeit scheint. Laßt die Flamme der Liebe Gottes leuchtend in euren strahlenden Herzen brennen. Speist sie mit dem Öle göttlicher Führung und behütet sie im Schutz eurer Beständigkeit. Bewahrt sie unter der Glocke der Zuversicht und Loslösung von allem außer Gott, damit die bösen Einflüsterungen der Gottlosen ihr Licht nicht verlöschen. O Meine Diener! Meine heilige, Meine göttlichverordnete Offenbarung mag einem Meere verglichen werden, in dessen Tiefen zahllose Perlen von großem Wert, von außergewöhnlichem Glanz verborgen sind. Es ist die Pflicht eines jeden Suchenden, sich zu regen und zu streben, die Küsten dieses Meeres zu erreichen, damit er entsprechend dem Eifer seines Suchens und den von ihm gemachten Anstrengungen an solchen Wohltaten teilhaben möge, wie sie auf Gottes unabänderlichen und verborgenen Tafeln bestimmt wurden. Wenn niemand willens ist, seine Schritte zu seinen Küsten zu lenken, wenn alle versäumen sollten, sich zu erheben und Ihn zu finden, wie kann man dann sagen, daß solch ein Versäumnis dieses Meer seiner Kraft beraubt oder bis zu irgendeinem Grade seine Reichtümer vermindert habe? Wie sinnlos, wie verächtlich sind die Vorstellungen, die euer Innerstes erfand und noch erfindet! O Meine Diener! Der eine wahre Gott ist Mein Zeuge! Dieses größte, dieses unergründliche und wogende Meer ist nahe, ist euch erstaunlich nahe. Schaut, es ist euch näher als eure Lebensader! Mit der Geschwindigkeit eines Augenaufschlags könnt ihr, wenn ihr es nur wollt, diese unvergängliche Gunst erreichen und an ihr teilhaben, an dieser von Gott bescherten Gnade, an diesem unvernichtbaren Geschenk, an dieser machtvollen und unaussprechlich herrlichen Gabe.

O Meine Diener! Wenn ihr begriffet, mit welchen Wundern Meiner Freigebigkeit und Güte Ich eure Seelen betrauen wollte, so würdet ihr euch in Wahrheit von jedweder Bindung an alles Erschaffene lösen und würdet die wahre Erkenntnis eures eigenen Selbstes erlangen — eine Erkenntnis, die die gleiche ist, wie das Begreifen Meines Wesens. Ihr würdet euch unabhängig von allem außer Mir finden und würdet mit eurem inneren und äußeren Auge, und so deutlich wie die Offenbarung Meines strahlenden Namens, die in euch wogenden Meere Meiner liebenden Güte und Freigebigkeit wahrnehmen. Laßt es nicht zu, daß eure eitlen Einbildungen, eure bösen Leidenschaften, eure Unaufrichtigkeit und Herzensblindheit den Glanz einer so erhabenen Stufe trüben und ihre Heiligkeit beflecken. Ihr gleicht dem Vogel, der in der Vollkraft seiner mächtigen Schwingen und in völligem und freudigem Vertrauen durch die Unendlichkeit der Himmel aufsteigt, bis der Hunger ihn treibt und er sich voll Sehnsucht dem Wasser und Staub der Erde unter ihm zuwendet und, nachdem er sich in den Maschen seiner Begierden verfangen hat, sich außerstande sieht, seinen Flug in die Reiche, aus denen er kam, wieder aufzunehmen. Machtlos, die Bürde, die auf seinen beschmutzten Flügeln lastet, abzuschütteln, wird jener Vogel, der bisher ein Bewohner der Himmel war, nun gezwungen, eine Wohnstätte im Staube zu suchen. O Meine Diener! Verunreinigt darum nicht eure Schwingen mit dem Lehm des Eigensinns und eitler Begierden und leidet es nicht, daß der Staub des Neides und Hasses sie beschmutze, damit ihr nicht gehindert werdet, euch in die Himmel Meiner göttlichen Erkenntnis zu erheben. [Seite 13]

O Meine Diener! Durch die Macht Gottes und Seine Kraft und aus der Schatzkammer Seiner Erkenntnis und Weisheit habe Ich die Perlen, die in den Tiefen Seines ewigen Meeres verborgen lagen, ans Licht gebracht und euch geoffenbart. Ich habe die Himmelsdienerinnen gerufen, daß sie hinter dem Schleier des Verborgenseins hervortreten, und habe sie mit diesen Meinen Worten bekleidet, Worten von vollendeter Kraft und Weisheit. Ich habe weiter mit der Hand göttlicher Kraft den erlesenen Wein Meiner Offenbarung entsiegelt und habe seinen heiligen, seinen verborgenen und muskaterfüllten Duft über alles Erschaffene verbreitet. Wer anders als ihr ist zu tadeln, wenn ihr es vorzieht, mit solch großem Ausströmen von Gottes höchster und allumfassender Gnade, mit solch leuchtender Offenbarung Seiner strahlenden Barmherzigkeit nicht beschenkt zu werden? ....

O Meine Diener! Es leuchtet nichts in Meinem Herzen außer dem unvergänglichen Lichte des Morgens göttlicher Führung, und aus Meinem Munde kommt nichts außer dem Wesen der Wahrheit, die der Herr, euer Gott, offenbarte. Folgt deshalb nicht euren irdischen Begierden und entheiligt nicht das Bündnis Gottes noch brecht eure Bindung an Ihn. Wendet euch mit fester Entschlossenheit, mit der ganzen Liebe eures Herzens und mit der vollen Kraft eures Wortes Ihm zu und wandelt nicht auf den Wegen der Toren. Die Welt ist nur ein Schaustück, eitel und leer, ein bloßes Nichts, das den Schein der Wirklichkeit trägt. Schenket ihr nicht eure Liebe. Zerreißt nicht das Band, das euch mit eurem Schöpfer verbindet, und zählt nicht zu denen, die in die Irre gingen und von Seinem Wege abglitten. Wahrlich, Ich sage, die Welt ist wie der Dunst in der Wüste, von dem der Dürstende träumt, daß er Wasser sei, und nach dem er mit all seiner Kraft strebt, bis er, hinkommend, erkennt, daß er nur eine Sinnestäuschung war. Man kann ihn auch mit dem leblosen Bild der Geliebten vergleichen, das der Liebende gesucht und gefunden und schließlich nach langem Suchen zu seinem größten Leidwesen als etwas erkannt hat, das „seinen Hunger nicht sättigen noch stillen“ kann.

O Meine Diener! Grämt euch nicht, wenn in diesen Tagen und auf dieser irdischen Ebene von Gott Dinge verordnet und enthüllt wurden, die euren Wünschen entgegen sind, denn Tage seliger Freude, himmlischen Entzückens warten sicherlich auf euch. Welten, heilig und geistesherrlich, werden vor euren Augen entschleiert werden. Ihr seid von Ihm dafür bestimmt, in dieser und der nächsten Welt an deren Wohltaten teilzuhaben, ihre Freuden zu genießen und Anteil an ihrer tragenden Gnade zu empfangen. All dies werdet ihr zweifellos erreichen.

CLIV. O Salmán, warne die Geliebten des einen wahren Gottes davor, die Reden und Schriften der Menschen mit einem zu kritischen Auge zu betrachten. Sie sollen an solche Reden und Schriften lieber in einem Geiste der Vorurteilslosigkeit und liebevollen Wohlgesonnenheit herangehen. Jene Menschen aber, die an diesem Tage verleitet wurden, in ihren Hetzschriften die Grundsätze des Gottesglaubens anzugreifen, sind anders zu behandeln. Es ist Pflicht aller Menschen, daß ein jeder seiner Fähigkeit gemäß die Beweisführung jener widerlege, die gegen den Gottesglauben angestürmt sind. So wurde es von Ihm, dem Allmachtvollen, dem Allmächtigen, bestimmt. Wer die Sache des einen wahr [Seite 14] Gottes verbreiten will, der möge sie durch seine Feder und Zunge verbreiten, anstatt zu Schwert und Gewalt seine Zuflucht zu nehmen. Wir haben bei einer früheren Gelegenheit diese Vorschrift geoffenbart und Wir bestätigen sie jetzt - wäret ihr nur unter denen, die das begreifen! Bei der Gerechtigkeit Dessen, der an diesem Tage im innersten Herzen alles Erschaffenen ausruft: „Gott, es ist kein Gott außer Mir!“ Sollte sich ein Mensch erheben, um in seinen Schriften die Sache Gottes gegen ihre Angreifer zu verteidigen, so wird ein solcher Mensch, wie unbeträchtlich sein Beitrag auch immer sein möge, in der nächsten Welt so geehrt werden, daß die himmlische Versammlung ihn um seinen Ruhm beneiden wird. Keine Feder kann die Erhabenheit seiner Stufe schildern noch kann irgendeine Zunge deren Glanz beschreiben. Denn, wer immer fest und standhaft in dieser heiligen, dieser herrlichen und erhabenen Offenbarung steht, dem wird eine solche Kraft gegeben werden, daß er fähig wird, allem ins Angesicht Zu schauen und zu widerstehen, was im Himmel und auf Erden ist. Dessen ist Gott Selbst Zeuge.

O ihr Geliebten Gottes! Legt euch nicht auf eurem Lager zur Ruhe nieder, nein, regt euch vielmehr, sobald ihr euren Herrn, den Schöpfer, erkennt und hört, was Ihn befallen hat, und eilt zu Seinem Beistand. Löset eure Zunge und verkündet unaufhörlich Seine Sache. Das wird besser für euch sein, als alle Schätze der Vergangenheit und der Zukunft, wenn ihr zu denen gehört, die diese Wahrheit erfassen.

CLV. Die erste Pflicht, die Gott Seinen Dienern vorschreibt, ist die Erkenntnis Dessen, der der Tagesanbruch Seiner Offenbarung und der Urquell Seiner Gesetze ist, der die Gottheit im Reich Seiner Sache und in der Welt der Schöpfung vertritt. Wer diese Pflicht erfüllt, hat alles Gute erreicht, und wer dessen beraubt ist, geht in die Irre, und hätte er auch noch so gerechte Taten vollbracht. Es ziemt einem jeden, der diese erhabenste Stufe, diesen Gipfel höchster Herrlichkeit erreicht, jedem Befehl Dessen zu folgen, der die Sehnsucht der Welt ist. Diese Zwillingsverpflichtungen sind voneinander untrennbar. Keine von ihnen ist ohne die andere annehmbar. So wurde es von Ihm, der der Quell göttlicher Eingebung ist, verordnet.

Jene, die Gott mit Einsicht begabt hat, werden bereitwillig erkennen, daß die von Gott eingesetzten Gebote das höchste Mittel für die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Welt und für die Sicherheit ihrer Völker darstellen. Wer sich von ihnen abwendet, zählt zu den Verächtlichen und Toren. Wir, wahrlich, haben euch befohlen, die Einflüsterungen eurer üblen Leidenschaften und verderbten Wünsche zu verwerfen und den Bereich nicht zu überschreiten, den die Feder des Höchsten bestimmt hat, denn dieser ist der Lebensatem alles Erschaffenen. Die Meere göttlicher Weisheit und göttlicher Äußerung sind unter dem Hauche des Allbarmherzigen entstanden. Beeilt euch, auf daß ihr euch satt trinket, o ihr Verständigen! Jene, die das Bündnis Gottes entweiht haben, indem sie Seine Gebote übertraten, und die Ihm den Rücken kehrten, haben in den Augen Gottes, des Allbesitzenden, des Höchsten, schwer geirrt.

O ihr Völker der Welt! Wisset wahrlich, daß Meine Gebote die Lampen Meiner liebevollen Vorsehung unter Meinen Dienern sind und die Schlüssel Meines Erbarmens für Meine Geschöpfe. Also wurde es herabgesandt aus dem Himmel [Seite 15] des Willens eures Herrn, des Herrn der Offenbarung. Könnte ein Mensch die Süße der Worte kosten, welche die Lippen des Allbarmherzigen zu künden beliebten, so würde er, und wären auch die Schätze der Erde in seinem Besitz, ihnen sämtlich entsagen, damit er die Wahrheit auch nur eines Seiner Gebote rechtfertigte, die über dem Tagesanbruch Seiner gütigen Fürsorge und liebevollen Zuneigung leuchten.

Sprich: Aus Meinen Gesetzen könnt ihr den zarten Duft Meines Gewandes spüren, und mit ihrer Hilfe werden die Banner des Sieges auf den höchsten Bergesgipfeln errichtet werden. Die Zunge Meiner Kraft hat aus dem Himmel Meiner allmächtigen Herrlichkeit diese Worte an Meine Schöpfung gerichtet: „Folgt Meinen Geboten aus Liebe zu Meiner Schönheit.“ Glücklich ist der Liebende, der den göttlichen Wohlgeruch seines Meistgeliebten aus diesen mit einem Gnadenduft beladenen Worten eingeatmet hat, den keine Zunge schildern kann. Bei Meinem Leben! Wer den erlesenen Wein der Reinheit aus den Händen Meiner gütigen Gewogenheit getrunken hat, wird Meine über dem Tagesanbruch Meiner Schöpfung leuchtenden Gebote umkreisen.

Glaubt nicht, daß Wir euch ein bloßes Gesetzbuch offenbarten. Nein, Wir haben vielmehr den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt. Dessen ist das, was die Feder der Offenbarung enthüllte, Zeuge. Denke darüber nach, o du mit Einsicht Begabter!....

Wann immer Meine Gesetze wie die Sonne am Himmel Meiner Äußerung erscheinen, müssen sie von allen gewissenhaft befolgt werden, wenn auch Mein Gebot so ist, daß es den Himmel jeder Religion auseinanderspaltet. Er tut, was Ihm gefällt. Er wählt, und niemand kann Seine Wahl in Frage stellen. Was immer Er, der Vielgeliebte, verordnet, ebendas ist wahrlich geliebt. Das bezeugt Mir Der, welcher der Herr aller Schöpfung ist. Wer den zarten Wohlgeruch des Allerbarmers eingeatmet und den Ursprung dieser Äußerung erkannt hat, wird mit eigenem Auge die Pfeile der Feinde willkommen heißen, auf daß er die Wahrheit der Gesetze Gottes unter den Menschen erhärte. Wohl ist es um denjenigen bestellt, der sich dorthin gewandt und den Sinn dieses entschiedenen Gebotes erfaßt hat.

CLVI. Er, die Ewige Wahrheit, hat von dem Tagesanbruch der Herrlichkeit aus Sein Auge auf das Volk Bahá’s gelenkt und richtet an es diese Worte: „Wendet euch der Förderung des Wohlergehens und der Ruhe der Menschenkinder zu. Neigt euren Sinn und Willen der Erziehung der Völker und Geschlechter der Erde zu, damit vielleicht die Zwietracht, die sie spaltet, durch die Macht des Größten Namens von ihrem Angesicht getilgt und die ganze Menschheit zum Erhalter einer Ordnung werde und zu Bewohnern einer Stadt. Erleuchtet und heiligt eure Herzen. Laßt sie nicht durch die Dornen des Hasses und die Disteln der Bosheit entweiht werden. Ihr wohnt in einer Welt und seid durch das Wirken eines Willens erschaffen worden. Gesegnet ist der, welcher sich mit allen Menschen im Geiste äußerster Freundlichkeit und Liebe verbindet.“

CLVII. Diejenigen, die ihr Land verlassen haben, um Unsere Sache zu lehren, wird der getreue Geist durch seine Macht stärken. Eine Schar Unserer erwählten Engel wird mit ihnen gehen, wie Er, der Allmächtige, der Allweise, ihnen gebot. Wie groß ist die Seligkeit, die jenen erwartet, der zu der Ehre gelangte, dem [Seite 16] Allmächtigen zu dienen! Bei Meinem Leben! Keine Handlung, wie groß sie immer sei, ist ihr vergleichbar außer solchen Taten, die Gott, der Allmachtvolle, der Mächtigste, bestimmte. Ein solches Dienen ist in der Tat der Fürst aller guten Taten und die Zierde alles schönen Handelns. So wurde es von Ihm, dem höchsten Offenbarer, dem Urewigen der Tage, verordnet.

Wer sich erhebt, um Unsere Sache zu lehren, muß sich notgedrungen von allem Irdischen lösen und zu allen Zeiten den Sieg Unseres Glaubens als sein höchstes Ziel betrachten. Das wurde wahrlich auf der Bewahrten Tafel befohlen. Und wenn er sich entschließt, sein Heim um der Sache seines Herrn willen zu verlassen, so möge er sein ganzes Vertrauen in Gott setzen, als seiner besten Reisezehrung, und sich mit dem Gewand der Tugend kleiden. So wurde es von Gott, dem Allmächtigen, dem Allgepriesenen, bestimmt.

Wenn er vom Feuer Seiner Liebe entzündet ist, wenn er auf alles Erschaffene verzichtet, werden die Worte, die er äußert, die Hörenden in Glut versetzen. Wahrlich, dein Herr ist der Allwissende, der Allunterrichtete. Glücklich ist der Mensch, der Unsere Stimme vernommen und auf Unseren Ruf geantwortet hat. Er gehört wahrlich zu denen, die Uns nahegebracht werden sollen.

CLVIII. Gott hat jedermann die Verpflichtung auferlegt, Seine Sache zu lehren. Wer immer sich erhebt, um diese Pflicht zu erfüllen, muß sich vor dem Verkünden Seiner Botschaft, das ist unerläßlich, mit dem Schmuck eines aufrechten und lobenswerten Charakters zieren, damit seine Worte die Herzen solcher anziehen, die für seinen Ruf empfänglich sind. Ohne dieses kann er niemals hoffen, auf seine Hörer einzuwirken.

CLIX. Betrachte die Kleingeistigkeit der Menschen! Sie verlangen nach dem, was ihnen schadet und werfen fort, was ihnen nützt. Sie gehören in der Tat zu denen, die weit vom rechten Weg entfernt sind. Wir finden Menschen, die nach Freiheit verlangen und stolz darauf sind. Solche Menschen befinden sich in den Tiefen der Unwissenheit.

Freiheit muß letzten Endes zu einer Empörung führen, deren Flammen niemand löschen kann. Also warnt euch der Fordernde, der Allwissende. Wisse, daß die Verkörperung der Freiheit und ihr Sinnbild das Tier ist. Was dem Menschen geziemt, ist die Unterwerfung unter solche Verbote, die ihn vor seiner eigenen Unwissenheit beschützen und ihn vor dem Schaden der Unheilstifter bewahren. Freiheit veranlaßt den Menschen, die Grenzen des Schicklichen zu überschreiten und die Würde seiner Stufe zu verletzen. Sie drückt ihn auf eine Ebene äußerster Verderbtheit und Gottlosigkeit herab.

Seht die Menschheit als eine Schafherde an, die einen Hirten zu ihrem Schutze braucht. Dies, wahrlich, ist die Wahrheit, die sichere Wahrheit. Wir billigen die Freiheit unter gewissen Umständen und verwerfen es, sie unter anderen gutzuheißen. Wir, wahrlich, sind der Allwissende.

Sprich: Wahre Freiheit besteht in der Unterwerfung des Menschen unter Meine Gebote, so wenig ihr es auch wißt. Würden die Menschen das befolgen, was Wir aus dem Himmel der Offenbarung auf sie niedersandten, so würden sie sicherlich vollkommene Freiheit erreichen. Glücklich ist der Mensch, der die Absicht Gottes in jeglichem erkannt hat, was Er aus dem Himmel Seines alles Erschaffene durchdringenden Willens offenbarte. Sprich: Die Freiheit, die euch [Seite 17] nützt, findet ihr nirgendwo als in vollkommener Dienstbarkeit für Gott, die ewige Wahrheit. Wer ihre Süße gekostet hat, wird es verschmähen, sie gegen alle Herrschaft von Erde und Himmel einzutauschen.

CLX. Wirklich an die Einheit Gottes glaubt, wer Ihn an diesem Tag als Einen ansieht, der unermeßlich erhaben ist über alles Gleichnis und Ebenbild, womit Menschen Ihn verglichen haben. Wer diese Gleichnisse und Ebenbilder für Gott Selbst gehalten hat, irrte sich bitter. Denkt an die Beziehung zwischen dem Handwerker und seinem Werk, zwischen dem Maler und seinem Gemälde. Kann man je behaupten, daß das Werk, welches ihre Hände schufen, dasselbe sei wie sie selber? Bei Ihm, der der Herr des Thrones droben und hienieden auf Erden ist! Man kann sie in keinem anderen Lichte betrachten, es sei denn als Zeugen, welche die Vortrefflichkeit und Vollkommenheit ihres Urhebers verkünden.

O Scheich, o du, der du deinen Willen Gott hingabst! Mit Selbstaufgabe und dauernder Vereinigung mit Gott ist gemeint, daß die Menschen ihren Willen völlig mit dem Willen Gottes verschmelzen und ihre Wünsche als äußerstes Nichts neben Seiner Absicht ansehen sollten. Was auch immer der Schöpfer Seinen Geschöpfen zu tun befiehlt, so müssen sie sich erheben und es sorgfältig und mit größter Freude und Begier erfüllen. Sie sollten in keiner Weise ihren Einbildungen gestatten, ihr Urteilsvermögen zu verdunkeln, noch sollten sie ihre eigenen Vorstellungen als die Stimme des Ewigen ansehen. Im Fastengebet offenbarten Wir: „Sollte Dein Wille verfügen, daß aus Deinem Munde diese Worte hervorgehen und an sie gerichtet werden ‚Haltet, o Menschen, das Fasten um Meiner Schönheit willen und setzt seiner Dauer keine Grenzen‘, so schwöre Ich bei der Erhabenheit Deiner Herrlichkeit, daß ein jeder von ihnen es getreulich halten und von allem absehen wird, was Dein Gesetz bricht, und daß sie das weiter so tun werden, bis ihre Seele zu Dir emporsteigt.“ Hierin besteht die völlige Unterwerfung des eigenen Willens unter den Willen Gottes. Denke darüber nach, damit du von den Wassern ewigen Lebens, welche den Worten des Herrn aller Menschheit entströmen, trinken und bezeugen mögest, daß der eine wahre Gott immer unermeßlich erhaben über Seinen Geschöpfen gewesen ist. Er, wahrlich, ist der Unvergleichliche, der Immerbleibende, der Allwissende, der Allweise. Die Stufe vollkommener Selbstunterwerfung überragt jede andere Stufe und wird immer über sie erhaben bleiben.

Es gebührt dir, dich dem Willen Gottes zu weihen. Was in Seinen Sendschreiben enthüllt wurde, ist nur eine Widerspiegelung Seines Willens. So vollkommen muß deine Hingebung sein, daß jede Spur eines weltlichen Verlangens von deinem Herzen hinweggewaschen werde. Das ist der Sinn wahrer Einheit.

Flehe zu Gott, daß Er dich befähigen möge, standhaft auf diesem Weg zu bleiben und dir zu helfen, die Völker der Welt zu Ihm zu führen, dem offenbaren und höchsten Herrscher, der sich in einem bestimmten Gewande geoffenbart hat und eine besondere göttliche Botschaft kundtut. Das ist das Wesen des Glaubens und der Gewißheit. Diejenigen, welche den Götzen anbeten, den ihre Einbildung schuf, und ihn die innere Wirklichkeit nennen — diese Menschen zählen in Wahrheit zu den Heiden. Das hat der Allbarmherzige in Seinen Sendschreiben bezeugt. Er, wahrlich, ist der Allwissende, der Allweise.

CLXI. Umgürte die Lenden deines Bemühens, damit du vielleicht deinen [Seite 18] Nächsten zum Gesetze Gottes, des Barmherzigsten, führen mögest. Eine solche Tat übertrifft wahrlich vor dem Auge Gottes, des Allbesitzenden, des Höchsten, alle andern Taten. Du mußt so standhaft in der Sache Gottes sein, daß nichts Irdisches, was immer es sei, die Kraft hat, dich von deiner Pflicht abzuhalten. Wenn auch die Mächte der Erde sich gegen dich verbänden, wenn auch alle Menschen mit dir stritten, so mußt du doch unerschüttert bleiben.

Sei unbeschwert wie der Wind, wenn du die Botschaft Dessen weiterträgst, der die Morgendämmerung göttlicher Führung hervorbrechen ließ. Sieh, wie der Wind, der Anordnung Gottes getreu, über alle Gegenden der Erde, die bewohnten und die unbewohnten, hinweht. Weder der Anblick der Einöde noch die Zeugnisse des Gedeihens können ihn beängstigen oder erfreuen. Er weht in jeder Richtung, wie ihm sein Schöpfer gebot. So sollte es mit jedem sein, der den Anspruch erhebt, ein Liebender des einen wahren Gottes zu sein. Es geziemt ihm, seinen Blick auf die Grundlagen Seines Glaubens zu richten und eifrig für seine Verbreitung zu wirken. Völlig um Gottes willen sollte er Seine Botschaft verkünden und in gleichem Geiste jede Erwiderung annehmen, die seine Worte bei seinen Hörern hervorrufen mögen. Wer annimmt und glaubt, wird seinen Lohn empfangen, und wer sich abwendet, wird nur seine eigene Strafe erhalten.

Am Vorabend Unserer Abreise vom ‘Iráq haben Wir die Getreuen davor gewarnt, sich mit dem Erscheinen der Vögel der Finsternis zu befassen. Es kann indessen keinerlei Zweifel darüber herrschen, daß das Krächzen der Raben sich in gewissen Ländern erheben wird, wie man es in jüngst vergangenen Jahren schon vernommen hat. Was immer geschehen mag — suchet Zuflucht bei dem einen wahren Gott, damit Er euch vor den Ränken der Betrüger schirme.

Wahrlich, Ich sage; in dieser mächtigsten Offenbarung haben alle Ausgießungen der Vergangenheit ihre höchste, ihre letzte Vollendung erreicht. Also rät euch euer Herr, der Allwissende, der Allweise. Preis sei Gott, dem Herrn aller Welten!

Der Allerbarmer hat dem Menschen die Fähigkeit des Sehens verliehen und ihn mit der Kraft des Hörens ausgestattet. Einige haben ihn als die „kleinere Welt“ bezeichnet, während er in Wirklichkeit als die „größere Welt“ angesehen werden sollte. Die der Stufe des Menschen innewohnenden Möglichkeiten, das volle Maß seiner Bestimmung auf Erden, der angeborene Vorzug seiner Wirklichkeit, müssen alle an diesem verheißenen Tage Gottes offenbar werden.

Die Feder des Höchsten hat zu allen Zeiten und unter allen Umständen mit Freude und Zärtlichkeit Seiner Geliebten gedacht und hat ihnen angeraten, Seinem Weg zu folgen. Wohl ist es um den bestellt, den Wandel und Wechsel dieser Welt nicht davon abhalten konnten, den Tagesanbruch der Einheit Gottes zu erkennen, und der mit unerschütterlicher Entschlossenheit und im Namen des Selbstbestehenden reichlich von dem versiegelten Wein Seiner Offenbarung getrunken hat. Ein solcher Mensch wird im Buche Gottes, des Herrn aller Welten, zu den Bewohnern des Paradieses gezählt werden.

CLXII. Aller Lobpreis sei Gott, der die Welt mit einem Schmuck verschönt und sie mit einem Kleide verziert hat, dessen sie durch keine irdische Macht beraubt werden kann, wie gewaltig auch ihr Heer, wie ausgedehnt ihr Reichtum und wie tiefgehend ihr Einfluß immer sei! [Seite 19]

Sprich: Das Wesen aller Macht ist Gottes, des höchsten und letzten Endes aller Schöpfung. Der Urquell aller Majestät ist Gottes, des Anbetungszieles von allem, was in den Himmeln, und allem, was auf Erden ist. Jene Kräfte, welche ihren Ursprung auf dieser Welt des Staubes haben, sind ihrer eigensten Natur nach keiner Betrachtung würdig.

Sprich: Die Triebkraft, die das Leben dieser Vögel aufrechterhält, ist nicht von dieser Welt. Ihr Ausgangspunkt liegt hoch über Reich- und Kennweite menschlicher Vorstellung. Wer ist es, der das Licht, das die schneeweiße Hand Gottes entzündet hat, zum Verlöschen bringen könnte? Wer findet sich, der die Macht besäße, das Feuer zu tilgen, das durch die Kraft deines Herrn, des Allmachtvollen, des Allbezwingenden, des Allmächtigen, entfacht wurde? Es ist die Hand göttlicher Kraft, die die Flammen der Zwietracht gelöscht hat. Machtvoll ist Er zu tun, was Ihm gefällt, Er spricht: Sei! - und es ist.

Sprich: Die rasenden Stürme und Wirbelwinde der Welt und ihrer Völker können niemals die Grundlage erschüttern, auf der die felsengleiche Beständigkeit Meiner Erwählten gegründet ist. Gnädiger Gott! Was könnte diese Menschen getrieben haben, die Geliebten Dessen, der die Ewige Wahrheit ist, zu unterjochen und gefangen zu setzen? .... Dennoch naht der Tag, da die Getreuen das Tagesgestirn der Gerechtigkeit in seinem vollen Glanz aus dem Tagesanbruch der Herrlichkeit werden leuchten sehen. Also unterrichtet dich der Herr alles Seins in diesem Seinem erbärmlichen Gefängnis.

CLXIII. O ihr Glieder der menschlichen Rasse! Haltet euch an dem Seile fest, das kein Mensch zerreißen kann. Das wird euch in der Tat all eure Lebtage nützen, denn seine Kraft ist von Gott, dem Herrn aller Welten. Hanget der Gerechtigkeit und Reinheit an und wendet euch hinweg von dem Geflüster der Toren, jener, die Gott entfremdet sind, die ihr Haupt mit dem Schmuck der Gelehrten geziert und Ihn, der der Urquell der Weisheit ist, zum Tode verurteilt haben. Mein Name hat sie zu einem hohen Range erhoben, aber kaum hatte Ich Mich vor ihren Augen geoffenbart, als sie auch schon in deutlicher Ungerechtigkeit Mein Todesurteil aussprachen. Also hat Unsere Feder die Wahrheit geoffenbart, und dennoch sind die Menschen in Nachlässigkeit versunken.

Wer sich an die Gerechtigkeit hält, kann unter keinen Umständen die Grenzen der Mäßigkeit überschreiten. Er erkennt durch die Führung Dessen, der der Allsehende ist, die Wahrheit in allen Dingen. Die Zivilisation, die so oft von den gelehrten Vertretern der Kunst und Wissenschaft gepriesen wurde, wird, wenn ihr gestattet wird, die Grenzen der Mäßigung zu überschreiten, großes Unglück über die Menschheit bringen. Also warnt euch der Allwissende. Wenn sie bis zum Übermaß getrieben wird, wird sich die Zivilisation als ein so reicher Quell des Übels erweisen, wie sie sich vorher, in den Grenzen der Mäßigung gehalten, als ein solcher des Guten erwies. Denket darüber nach, o Menschen, und gehört nicht zu denen, die verwirrt durch die Wildnis des Irrtums wandern. Der Tag ist nahe, da ihre Flamme die Städte verwüsten, da die Zunge der Größe verkünden wird: „Das Reich ist Gottes, des Allmächtigen, des Allgepriesenen!“

Alle andern Dinge sind diesem gleichen Grundsatz der Mäßigung unterworfen. Danke deinem Herrn, der deiner in diesem wunderbaren Sendschreiben gedacht hat. Aller Ruhm sei Gott, dem Herrn des herrlichen Thrones. [Seite 20]

Würde ein Mensch im Herzen dem nachsinnen, was die Feder des Höchsten geoffenbart hat und von seiner Süße kosten, so würde er sich wahrlich ledig und frei von seinen eigenen Wünschen und dem Willen des Allmächtigen vollkommen untertan fühlen. Glücklich ist der Mensch, der eine so hohe Stufe erreicht und sich nicht selbst einer so reichen Gnade beraubt hat.

An diesem Tag können wir weder das Betragen des Furchtsamen billigen, der seinen Glauben zu verhehlen sucht, noch das Verhalten des erklärten Gläubigen gutheißen, der lärmend seine Treue zu diesem Glauben bekundet. Beide sollten sie dem Gebot der Weisheit folgen und eifrig bestrebt sein, dem besten Wohle des Glaubens zu dienen.

Jedermann möge das Verhalten dieses Gequälten beobachten und darüber nachdenken. Wir haben es seit der Morgendämmerung dieser Offenbarung bis zur gegenwärtigen Zeit verschmäht, Uns entweder vor Unseren Feinden zu verbergen oder Uns von der Gesellschaft Unserer Freunde zurückzuziehen. Obwohl Wir von einer Myriade von Kümmernissen und Leiden umgeben waren, haben Wir mit machtvollem Vertrauen die Völker der Erde zum Tagesanbruch der Herrlichkeit gerufen. Die Feder des Höchsten ist nicht geneigt, von den Trübsalen zu berichten, die sie in diesem Zusammenhang erlitten hat. Diese zu offenbaren, würde ohne Zweifel die Begünstigten unter den Getreuen in Sorge stürzen, jene, die wirklich die Einheit Gottes aufrechterhalten und Seiner Sache völlig ergeben sind. Er, wahrlich, spricht die Wahrheit und ist der Allhörende, der Allwissende. Wir verbrachten unser Leben zum größten Teil inmitten Unserer Feinde. Bezeuge, wie Wir gegenwärtig in einem Nest von Schlangen leben.

Dieses Heilige Land wurde in allen heiligen Schriften erwähnt und gepriesen. In ihm sind die Propheten Gottes und Seine Erwählten erschienen. Dies ist die Wüste, in der alle Sendboten Gottes gewandert sind und aus welcher ihr Ruf „Hier bin ich, hier bin ich, o mein Gott!“ erscholl. Dies ist das verheißene Land, in dem sich zu enthüllen Ihm, der die Offenbarung Gottes ist, bestimmt war. Dies ist das Tal von Gottes unerforschlichem Ratschluß, der schneeweiße Ort, das Land unvergänglichen Glanzes. Was immer an diesem Tage geschah, wurde geweissagt in den Schriften der Alten. Diese gleichen Schriften jedoch verdammen einmütig die Menschen, die dieses Land bewohnen. Sie sind zu gewisser Zeit als das „Otterngezücht“ gebrandmarkt worden. Siehe nun, wie dieser Gequälte, von „Otterngezücht“ umlagert, laut ruft und alle Menschen zu Dem lädt, welcher die allertiefste Sehnsucht der Welt, der Gipfel und Tagesanbruch der Herrlichkeit ist. Glücklich ist der Mensch, welcher der Stimme des Herrn des Reiches, der Äußerung gelauscht hat, und Weh treffe die Achtlosen, jene, die weit von Seiner Wahrheit abirrten.

CLXIV. Wisse, daß jedes hörende Ohr, wenn es rein und unbefleckt erhalten wird, zu allen Zeiten und aus jeder Richtung der Stimme lauschen muß, die diese heiligen Worte ausspricht: „Wahrlich, wir sind Gottes und zu Ihm werden wir zurückkehren.“ Die Geheimnisse von des Menschen körperlichem Tod und von seiner Wiederkehr wurden nicht enthüllt und bleiben noch immer ungelesen. Bei der Gerechtigkeit Gottes! Würden sie geoffenbart, so würden sie solche Furcht und Sorge hervorrufen, daß einige zugrunde gingen, während andere so von Freude erfüllt würden, daß sie den Tod wünschten und in unaufhörlicher [Seite 21] Sehnsucht den einen wahren Gott — erhaben sei Seine Herrlichkeit — anflehten, ihr Ende zu beschleunigen.

Der Tod bietet jedem vertrauenden Gläubigen den Kelch dar, der in Wahrheit Leben ist. Er spendet Entzücken und ist ein Träger der Freude. Er verleiht die Gabe des ewigen Lebens.

Was jene betrifft, die von der Frucht des menschlichen Erdendaseins, welche die Erkenntnis des einen wahren Gottes ist — erhaben sei Seine Herrlichkeit - gekostet haben, so ist ihr künftiges Leben ein solches, daß Wir unfähig sind, es zu beschreiben. Das Wissen darüber ist allein bei Gott, dem Herrn aller Welten.

CLXV. Wenn vor dem Ablauf eines vollen Jahrtausends jemand den Anspruch auf eine unmittelbare Gottesoffenbarung erhebt, so ist ein solcher Mensch mit Sicherheit ein lügnerischer Betrüger. Wir bitten Gott, daß Er ihm gnädig helfe, einen solchen Anspruch zurückzuziehen und zurückzuweisen. Sollte er bereuen, so wird Gott ihm ohne Zweifel vergeben. Beharrt er aber bei seinem Irrtum, so wird Gott gewißlich einen niedersenden, der erbarmungslos mit ihm verfährt. Schrecklich in der Tat ist Gott, wenn Er straft! Wer diesen Vers anders auslegt, als sein unverkennbarer Sinn ist, ist des Geistes Gottes und Seines Erbarmens, das alles Erschaffene umschließt, beraubt. Fürchtet Gott und folgt nicht euren eitlen Einbildungen. Nein, folgt vielmehr dem Gebot eures Herrn, des Allmächtigen, des Allweisen.



DER VERHEISSENE TAG IST GEKOMMEN[Bearbeiten]

Von Shoghi Effendi

(Schluß)


„Sehet“, so erklärt Er weiterhin, „wie sein Licht jetzt dämmert über dem verdunkelten Welthorizont. Das erste Licht ist Einheit im politischen Bereich, dessen erster Schimmer jetzt unterschieden werden kann. Das zweite Licht ist Einheit des Denkens in Weltunternehmungen, dessen Vollendung binnen kurzem bezeugt werden wird. Das dritte Licht ist Einheit in Freiheit, die sicher eintreffen wird. Das vierte Licht ist Einheit in der Religion, welche der Eckstein der Grundlage selbst ist und durch Gottes Macht in all ihrem Glanz geoffenbart werden wird. Das fünfte Licht ist die Einheit der Nationen, eine Einheit, die in diesem Jahrhundert sicher aufgerichtet werden wird, so daß alle Völker der Welt sich als Bürger eines gemeinsamen Vaterlandes betrachten. Das sechste Licht ist Einheit der Rassen, die aus allen Menschen, welche die Erde bewohnen, Völker und Arten einer Rasse macht. Das siebte Licht ist Einheit der Sprachen, das heißt die Wahl einer Weltsprache, in welcher alle Völker unterrichtet werden und verkehren. Eine jede von diesen Einheiten wird unvermeidlich zustande kommen, da die Macht des Reiches Gottes helfen und ihre Verwirklichung unterstützen wird.“

„Eines der größten Ereignisse“, so bekräftigt ‘Abdu’l-Bahá in Seinen ‚Beantworteten Fragen‘, „das kommen muß am Tage der Offenbarung dieses unvergleichlichen Zweiges (Bahá’u’lláh) ist das Hissen der Fahne Gottes inmitten aller Nationen. Damit ist gemeint, daß alle Nationen und Rassen unter dem Schatten dieses göttlichen Banners, das nichts anderes als [Seite 22] der herrliche Zweig selbst ist, sich versammeln und eine einzige Nation werden. Der Widerstreit der Religionen und Sekten, die Feindseligkeit der Rassen und Völker und die Zwistigkeiten unter den Nationen werden ausgemerzt werden. Alle Menschen werden einer Religion anhängen, einen gemeinsamen Glauben haben und werden zu einer Rasse vermischt und ein einziges Volk werden. Alle werden in einem gemeinsamen Vaterland wohnen, welches der Planet selbst ist.“

Dies ist die Stufe, der sich die Welt jetzt nähert, die Stufe der Welteinheit, die, wie ‘Abdu’l-Bahá uns versichert, in diesem Jahrhundert bestimmt errichtet wird. „Die Zunge der Größe“, so bekräftigt Bahá’u’lláh selbst, „hat... am Tage Seiner Offenbarung verkündet: ‚Nicht der darf sich rühmen, der sein Land liebt, sondern der, welcher die Welt liebt‘.“ „Durch die Macht“, fügt Er hinzu, „die durch diese erhabenen Worte ausgelöst wird, hat Er den Vögeln der Menschenherzen einen frischen Antrieb verliehen und eine neue Richtung gesetzt und jede Spur von Beschränkung und Begrenzung aus Gottes Heiligem Buche gelöscht.“


Die weitere, alles umschließende Treue

Ein Wort der Warnung sollte jedoch in diesem Zusammenhang ausgesprochen werden. Die Liebe zum eigenen Land, wie sie durch die Lehre des Islam als „ein Element des Gottesglaubens“ eingeflößt und betont wird, ist durch diese Erklärung, diesen Posaunenruf Bahá’u’lláh’s weder verdammt noch herabgesetzt worden. Er sollte nicht, fürwahr, er kann nicht als Ablehnung einer gesunden und verständigen Vaterlandsliebe ausgelegt oder im Lichte eines Tadels, der gegen sie ausgesprochen wird, betrachtet werden, noch will er die Ergebenheit und Treue eines einzelnen zu seinem Lande untergraben, noch widerspricht er den rechtmäßigen Bestrebungen, Rechten und Pflichten eines einzelnen Staates oder Volkes. Alles, was er enthält und verkündet, ist die Unzulänglichkeit des Patriotismus im Hinblick auf den grundsätzlichen Wandel, der im wirtschaftlichen Leben der Gesellschaft und in der gegenseitigen Abhängigkeit der Nationen eingetreten ist, und als Folge des Zusammenschrumpfens der Welt durch die Umwälzung der Verkehrs- und Nachrichtenmittel, Zustände, die in den Tagen Jesu Christi oder Muhammads nicht bestanden noch bestehen konnten. Er ruft nach einer weiteren Treue, die der geringeren Treue nicht widerstreiten sollte und es fürwahr auch nicht tut. Er flößt eine Liebe ein, die, im Hinblick auf ihre Weite, die Liebe zum eigenen Lande umschließen und nicht ausschließen muß. Er legt durch diese Treue, die er eingibt, und diese Liebe, die er einflößt, den einzigen Grund, auf welchem der Begriff von Weltbürgertum gedeihen und der Bau einer Welteinheit ruhen kann. Er besteht jedoch auf der Unterordnung nationaler Gesichtspunkte und sonderstaatlicher Belange unter die gebieterischen und höheren Ansprüche der Menschheit als Ganzes, da ja in einer Welt von unter sich abhängigen Nationen und Völkern der Nutzen des Teiles am besten durch den Nutzen des Ganzen erreicht wird.

Die Welt bewegt sich wahrhaftig ihrem Schicksal entgegen. Die gegenseitige Abhängigkeit der Völker und Nationen der Erde ist, was immer die Führer der Spaltungskräfte der Welt sagen oder tun mögen, schon eine [Seite 23] vollendete Tatsache. Ihre Einheit in der wirtschaftlichen Sphäre wird jetzt verstanden und erkannt. Die Wohlfahrt des Teiles bedeutet Wohlfahrt des Ganzen, und die Not des Teiles bringt Not dem Ganzen. Die Offenbarung Bahá’u’lláh’s hat, mit Seinen eigenen Worten, diesem ungeheuren jetzt in der Welt waltenden Geschehen „einen neuen Antrieb verliehen und eine neue Richtung gesetzt“. Die durch dieses große Gottesgericht entzündeten Feuer sind Folgen des Versagens der Menschen, dies zu erkennen. Sie beschleunigen zudem seine Vollendung. Fortgesetztes, weltumfassendes, qualvolles, dem Chaos und der allgemeinen Zerstörung verbündetes Unheil muß schlechterdings die Nationen erschüttern, das Gewissen der Welt aufrütteln, die Massen enttäuschen, besonders im Gesellschaftsbild einen Wandel von Grund auf beschleunigen und schließlich die verrenkten, blutenden Glieder der Menschheit zu einem einzigen, organisch geeinten und unteilbaren Körper vereinigen.


Weltstaatenbund

Auf die allgemeine Wesensart, die Folgerungen und Merkmale dieses Weltstaatenbundes, der früher oder später aus dem Blutbad, dem Todeskampf und der Verwüstung dieser großen Welterschütterung aufzusteigen bestimmt ist, habe ich schon in meinen vorhergehenden Ausführungen hingewiesen. Es genügt zu sagen, daß diese Vollendung gerade ihrer Natur gemäß einen schrittweisen Verlauf nehmen wird, und, wie Bahá’u’lláh selbst vorausgesehen hat, zuerst zur Gründung jenes geringeren Friedens führen muß, den die Nationen der Erde von sich aus errichten werden, ohne Seiner Offenbarung schon bewußt zu sein und ohne die allgemeinen Grundsätze, die Er verkündet hat und die sie zur Geltung bringen, bewußt zu kennen. Dieser wichtige historische Schritt, der als Ergebnis allgemeiner Erkenntnis ihrer Einheit und Ganzheit die Wiederherstellung der Menschheit in sich schließt, wird die Vergeistigung der Massen und daraus folgend dann die Erkennung der Wesensart und die Anerkennung der Ansprüche des Glaubens Bahá’u’lláh’s mit sich bringen - die wesentliche Vorbedingung zu jener schließlichen Verschmelzung aller Rassen, Glaubensbekenntnisse, Klassen und Nationen, welche das Aufsteigen Seiner Neuen Weltordnung kennzeichnen wird.

Dann wird das Mündigwerden des ganzen Menschengeschlechtes von allen Völkern und Nationen der Erde verkündet und gefeiert werden. Dann wird das Banner des größten Friedens gehißt werden. Dann wird die weltweite Oberherrschaft Bahá’u’lláh’s - des Begründers des Reiches des Vaters, wie vom Sohne geweissagt und von den Propheten Gottes vor Ihm und nach Ihm vorausgeschaut — anerkannt, mit Beifall begrüßt und fest aufgerichtet werden. Dann wird eine Weltzivilisation geboren werden, blühen und für immer fortdauern, eine Zivilisation mit einer Lebensfülle, wie sie die Welt noch nie gesehen hat, noch bis heute je begreifen kann. Dann wird der ewige Bund in seiner Vollkommenheit erfüllt werden. Dann wird die in allen Büchern Gottes eingeschlossene Verheißung eingelöst werden, und alle durch die Propheten alter Zeiten ausgesprochenen Weissagungen werden eintreffen, und die Gesichte der Seher und Dichter werden sich verwirklichen. Dann wird der Planet, elektrisiert [Seite 24] durch den allumfassenden Glauben seiner Bewohner an einen Gott und ihre Ergebenheit zu einer gemeinsamen Offenbarung in den ihm gesetzten Grenzen die strahlende Glorie der Herrschaft Bahá’u’lláh’s, die in der Fülle ihres Glanzes im Abhá-Paradiese leuchtet, widerspiegeln und zum Schemel Seines Thrones in der Höhe werden und als der Himmel auf Erden umjubelt werden, der fähig ist, das ihm seit undenklichen Zeiten durch die Liebe und Weisheit seines Schöpfers bestimmte, unaussprechliche Schicksal zu erfüllen.

Nicht unser ist es, die wir winzige Sterbliche sind, in einem so kritischen Abschnitt der langen, buntbewegten Menschheitsgeschichte zu einem genauen und befriedigenden Verständnis der Schritte zu gelangen, die nacheinander eine blutende, erbärmliche, ihren Gott vergessende und Bahá’u’lláh nicht beachtende Menschheit von ihrer Schädelstätte zu ihrer endgültigen Auferstehung führen. Noch ist es unser, der lebenden Zeugen der allesaunterwerfenden Macht Seines Glaubens, auch nur für einen Augenblick - wie finster das Elend, das die Welt umhüllt, auch sein mag — die Fähigkeit Bahá’u’lláh’s in Frage zu stellen, mit dem Hammer Seines Willens und durch das Feuer der Trübsal auf dem Amboß dieses in Wehen kreißenden Zeitalters in die besondere Gestalt, die Sein Geist erschaut hat, diese zerstreuten und einander verderblichen Bruchstücke, in die eine verkommende Welt zerfallen ist, zu einer einzigen, festen und unteilbaren Einheit zu schmieden, fähig, Seinen Plan für die Menschenkinder auszuführen.

Nein, wie verwirrt die Bühne, wie trübe der gegenwärtige Ausblick, wie engbegrenzt die uns verfügbaren Hilfsmittel auch seien — unser ist die Pflicht, heiter, vertrauensvoll und unaufhörlich zu arbeiten und, auf welche Weise auch nur die Umstände uns dazu befähigen, unseren Anteil an Hilfe zu leisten für das Wirken der Kräfte, die, von Bahá’u’lláh geführt und gelenkt, die Menschheit aus dem Tal des Elends und der Schmach auf die erhabensten Gipfel der Macht und der Herrlichkeit führen.



Herausgeber: Der Nationale Geistige Rat der Bahá’i in Deutschland und Österreich e.V., Stuttgart. Hauptschriftleiter: Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart. — In der „Sonne der Wahrheit“ finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Alle auf den Inhalt der Zeitschrift bezüglichen Anfragen, ferner schriftliche Beiträge, Besprechungsexemplare wie auch alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften sind an Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart N, Menzelstraße 24, zu senden. — Abonnementsbestellungen sowie Zahlungen sind an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í in Deutschland und Österreich e.V., Verlagsabteilung, Frankfurt a.M., Westendstraße 24, Postscheckkonto Frankfurt a.M. Nr. 1181 28, zu richten.

Gedruckt von J. Fink, Stuttgart N


[Seite 25] diesem Tage wirkt, letzten Endes diesen Zustand herbeizuführen fähig ist. Noch mehr: Der Bahá’i-Glaube legt seinen Anhängern vor allem die Pflicht des ungehemmten Suchens nach Wahrheit auf, verwirft alle Arten von Vorurteil und Aberglauben und erklärt, daß der Zweck der Religion die Förderung von Freundschaft und Eintracht sei; er verkündet in wesentlichen Fragen ihr Zusammengehen mit der Wissenschaft und erkennt sie als die größte Kraft der Befriedigung und des geregelten Fortschrittes der Menschheit. Er hält ohne Zweideutigkeit den Grundsatz gleicher Rechte, gleicher Möglichkeiten und Vorrechte für Männer und Frauen hoch, besteht auf guter Erziehung als Pflicht, tilgt die Extreme von Armut und Reichtum aus, schafft die Einrichtungen eines Priesterstandes ab, verbietet Sklaverei, Askese, Bettelei und Mönchtum und schreibt Einehe vor, mißbilligt Scheidung, betont die Notwendigkeit festen Gehorsams zur Regierung, erhöht jede Arbeit, die im Geiste des Dienens getan wird, auf den Rang des Gottesdienstes, drängt auf die Schaffung oder Auswahl einer Welthilfssprache und gibt einen Umriß für die Einrichtungen, welche den Weltfrieden begründen und dauerhaft machen sollen.


Der Herold

Der Bahá’i-Glaube kreist um drei Hauptgestalten, deren erste ein Jüngling aus Schiras namens Mirzá ‘Ali Muhammád war, bekannt als der Báb (das Tor). Er erhob im Mai 1844, im Alter von 25 Jahren den Anspruch, der Herold Dessen zu sein, der nach den Heiligen Schriften früherer Offenbarungen den Einen, der größer ist als Er selbst, verkünden und den Weg für Sein Kommen bereiten soll. Seine Sendung sei, nach eben diesen Schriften, eine Ära des Friedens und der Gerechtigkeit einzuleiten, die als die Vollendung aller früheren Sendungen begrüßt würde, um einen neuen Zyklus in der Religionsgeschichte der Menschheit einzuleiten. Rasch setzte strenge Verfolgung ein, die von den organisierten Mächten der Kirche und des Staates Seines Geburtslandes ausging und schließlich zu Seiner Gefangenschaft, Verbannung und zu Seiner Hinrichtung im Juli 1850 in Täbris führten. Nicht weniger als 20000 Seiner Anhänger wurden in so barbarischer Grausamkeit hingemordet, daß sie das warme Mitgefühl und die unbegrenzte Bewunderung abendländischer Schriftsteller, Diplomaten, Reisender und Gelehrter hervorrief.


Bahá’u’lláh

Mirzá Husayn - ‘Ali, genannt Bahá’u’lláh (die Herrlichkeit Gottes), aus der Provinz Mázindarán stammend, dessen Kommen der Báb verkündet hatte, wurde von diesen gleichen Mächten der Dummheit und des Fanatismus angegriffen, in Teheran eingekerkert, 1852 aus Seinem Heimatland nach Bagdad verbannt und von dort nach Konstantinopel und Adrianopel und schließlich in die Gefängnisstadt Akka, wo Er nicht weniger als 24 Jahre noch gefangengehalten wurde. Unweit davon starb Er im Jahre 1892. In der Zeit seiner Verbannung, vor allem in Adrianopel und in Akka, gab Er den Gesetzen und Vorschriften Seiner Sendung Ausdruck und erklärte in mehr als hundert Bänden die Grundsätze Seines Glaubens, verkündete Seine Botschaft den Königen und Herrschern des Ostens und des Westens, Christen sowohl wie Mohammedanern.


‘Abdu’l-Bahá

Sein ältester Sohn, ‘Abbás Effendi, bekannt als ‘Abdu’l-Bahá (Diener Bahá’s), war von Bahá’u’lláh zu dessen gesetzlichem Nachfolger und bevollmächtigtem Ausleger Seiner Lehren ernannt worden. Er war seit Seiner frühesten Kindheit Seinem Vater eng verbunden und teilte dessen Verbannung und Leiden. Er blieb ein Gefangener bis 1908, wo Er in Auswirkung der jungtürkischen Revolution aus der Haft entlassen wurde. Nunmehr verlegte Er Seinen Wohnsitz nach Haifa, schiffte sich dann bald zu einer drei Jahre langen Reise nach Ägypten, Europa und Nordamerika ein, in deren Verlauf Er vor einer zahlreichen Hörerschaft die Lehren Seines Vaters auslegte und das Nahen der Katastrophe voraussagte, die bald darauf die Menschheit überfallen sollte. Er kehrte nach Hause zurück am Vorabend des ersten Weltkrieges, in dessen Verlauf Er dauernd Gefahren ausgesetzt war bis zur Befreiung Palästinas.

1921 verließ Er diese Welt. Er wurde in dem auf dem Berge Karmel errichteten Grabmal beigesetzt, das nach dem Gebot Bahá’u’lláh’s für die sterblichen Reste des Báb errichtet war.


Die Verwaltungsordnung

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahá’s bedeutete das Ende des heroischen Zeitalters des Bahá’i-Glaubens und bezeichnete zugleich den Beginn des gestaltgebenden Zeitalters, das den schrittweisen Aufstieg der Verwaltungsordnung des Glaubens schaffen soll. Ihre Errichtung war von dem Báb vorhergesagt, ihre Gesetze wurden von Bahá’u’lláh geoffenbart, ihre Umrisse wurden von 'Abdu'l-Bahá in Seinem Willen und Testament vorgezeichnet.

Die Verwaltungsordnung des Glaubens von Bahá’u’lláh ist dazu bestimmt, sich zu einem Bahá’i-Weltgemeinwesen zu entwickeln. Sie hat schon die Angriffe überdauert, die solche furchtbaren Feinde wie die Könige der Kadscharen-Dynastie, die Kalifen des Islam, die führenden Geistlichen Ägyptens und das Naziregime in Deutschland gegen ihre Einrichtungen gerichtet hatten, und hat ihre Zweige in alle Teile der Erde ausgedehnt, von Island bis zum äußersten Chile. Sie hat in ihren Bereichen die Vertreter von nicht weniger als 31 Rassen, darunter Christen verschiedener Bekenntnisse, Muselmänner der [Seite 26] sunnitischen und schiitischen Sekten, Juden, Hindu, Sikhs, Zoroastrer und Buddhisten. Sie hat durch ihre festgesetzten Organe Bahá’i-Schriften in 48 Sprachen veröffentlicht und verbreitet.

Diese Verwaltungsordnung ist, im Unterschied von den anderen Systemen, die sich nach dem Tode der Gründer in den verschiedenen Religionen entwickelt haben, göttlich in ihrem Ursprung, beruht mit Gewißheit auf den Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Einrichtungen, die vom Begründer des Glaubens selbst ausdrücklich niedergelegt und unzweideutig festgesetzt sind und waltet in fester Übereinstimmung mit den Auslegungen der bevollmächtigten Ausleger der heiligen Texte.

Der Glaube, dem diese Ordnung dient, den sie schützt und fördert, ist, das sollte in diesem Zusammenhang wohl bemerkt werden, in seinem Wesen übernatürlich, übernational, gänzlich unpolitisch, parteilos und jedem System oder jeder Schule von Ideen, die irgendeine besondere Rasse, Klasse oder Nation über die andere zu stellen sucht, völlig entgegengesetzt. Er ist frei von jeglicher Form von Kirchentum, hat weder Priesterstand noch Riten und wird allein durch freiwillige Gaben seiner erklärten Anhänger getragen.

Wenn auch die Bekenner des Bahá’i-Glaubens ihren Regierungen treu ergeben sind, in Liebe ihrem Vaterland verbunden und darauf bedacht, zu allen Zeiten dessen Wohl zu fördern, so werden sie doch, weil sie die Menschheit als eine Einheit betrachten und deren Lebensinteressen tief verpflichtet sind, ohne Zögern jedes Einzelwohl, sei es persönlich, örtlich oder national, dem übergeordneten Wohl der Menschheit als Ganzes unterordnen; denn sie wissen gar wohl, daß in einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeit der Völker und Nationen der Vorteil des Teiles am besten durch den Vorteil des Ganzen erreicht werden kann, und daß kein Dauererfolg durch eines der zugehörigen Teile erreicht werden kann, wenn das Allgemeinwohl des Ganzen hintangestellt wird.

Shoghi Effendi


Die zwölf Grundsätze der Bahá’i-Weltreligion


1. Die gesamte Menschheit muß als Einheit betrachtet werden.

2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

4. Die Religion muß die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

5. Die Religion muß mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

8. Der Weltfrieden muß verwirklicht werden.

9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung erfahren.

10. Die sozialen Fragen müssen gelöst werden.

11. Es muß eine Einheitssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden.

12. Es muß ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.