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Die Bahá’i-Weltreligion
Der Glaube, der von Bahá’u’lláh begründet wurde, entstand in Persien um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Nach längerer Verbannung des Gründers, zuletzt nach der türkischen Strafkolonie von Akka, und späterhin nach Seinem Tod und Seiner Beisetzung in Akka, hat der Glaube sein endgültiges Zentrum im Heiligen Land gefunden und ist jetzt im Begriff, die Grundlagen seines Verwaltungszentrums für die ganze Welt in der Stadt Haifa aufzubauen.
Wenn man seinen Anspruch, wie er unmißverständlich durch seinen Begründer verfochten wurde, und die Art des Wachstums der Bahá’i-Gemeinde in allen Teilen der Welt betrachtet, so kann dieser Glaube nicht anders angesehen werden als eine Weltreligion, die dazu bestimmt ist, sich im Laufe der Zeiten in ein weltumfassendes Gemeinwesen zu entwickeln. Dessen Kommen muß das goldene Zeitalter der Menschheit ankündigen, das Zeitalter, das die Einheit des Menschengeschlechtes unerschütterlich begründet, seine Reife erreicht und seine Bestimmung durch die Geburt und das Errichten einer alles umfassenden Zivilisation erfüllen wird.
Neue Darlegung ewiger Wahrheiten
Obwohl dem schiitischen Islam entsprungen und in den ersten Entwicklungsphasen von den Anhängern des mohammedanischen und des christlichen Glaubens nur als eine obskure Sekte, ein asiatischer Kult oder ein Ableger der mohammedanischen Religion betrachtet, beweist dieser Glaube nunmehr in wachsendem Maße sein Anrecht auf eine andere Beurteilung als nur die eines weiteren religiösen Systems, das den sich bekämpfenden Glaubensbekenntnissen, die so viele Geschlechter lang die Menschheit zerspalten und ihre Wohlfahrt verwüstet haben, sich zugesellt hat. Vielmehr ist er eine neue Darlegung der ewigen Wahrheiten, die allen Religionen der Vergangenheit zugrunde liegen, und eine einigende Macht, die den Anhängern dieser Religion einen neuen geistigen Elan einflößt, eine neue Hoffnung und Liebe zur Menschheit und sie durch eine neue Vision befeuert, die der grundsätzlichen Einheit der religiösen Lehren, und vor ihren Augen die herrliche Berufung ausbreitet, die dem Menschengeschlecht winkt.
Die Anhänger dieses Glaubens stehen fest zu dem grundlegenden Prinzip, wie es von Bahá’u’lláh verkündet worden ist, daß religiöse Wahrheit nicht absolut, sondern relativ ist, daß Gottesoffenbarung ein fortdauerndes und fortschreitendes Geschehnis ist, daß alle großen Religionen der Welt göttlich in ihrem Ursprung sind, daß ihre Grundsätze zueinander in völligem Einklang stehen, daß ihre Ziele und Absichten eine und dieselben sind, daß ihre Lehren nur Widerspiegelungen der einen Wahrheit sind, daß ihr Wirken sich ergänzt, daß sie sich nur in unwesentlichen Teilen ihrer Lehren unterscheiden und daß ihre Sendungen aufeinanderfolgende geistige Entwicklungsstufen der Menschheit darstellen.
Zur Versöhnung der sich streitenden Bekenntnisse
Die Ziele Bahá’u’lláh’s, des Propheten dieses neuen und großen Zeitalters, in das die Menschheit eingetreten ist — denn Sein Kommen erfüllt die Prophezeiungen des Neuen und Alten Testamentes wie auch des Koran, die sich auf das Erscheinen des Verheißenen am Ende der Zeiten, am Tage des Gerichtes beziehen — sind nicht die Zerstörung, sondern die Erfüllung der Offenbarungen der Vergangenheit und viel mehr die Versöhnung als die Betonung der Gegensätze der sich streitenden Glaubensbekenntnisse, welche die heutige Menschheit noch zerreißen.
Er ist weit davon entfernt, die Stufe der Ihm vorausgegangenen Propheten herabsetzen oder ihre Lehren schmälern zu wollen. Vielmehr will Er die Grundwahrheiten, die in allen diesen Lehren beschlossen sind, in einer Weise aufs neue darlegen, wie sie den Nöten der Menschheit entsprechen und auf ihre Fassungskraft abgestimmt sind und auf die Fragen, Leiden und Verwirrungen der Zeit, in der wir leben, angewendet werden können.
Seine Sendung ist: zu verkünden, daß die Zeiten der Kindheit und Unreife des Menschengeschlechtes dahin sind, daß die Erschütterungen; der heutigen Stufe der Jugend langsam und schmerzvoll sie zur Stufe der Reife vorbereiten und das Nahen jener Zeit der Zeiten verkünden, da die Schwerter in Pflugscharen umgewandelt werden und das von Jesus Christus verheißene Reich begründet wird und der Friede auf diesem Planeten endgültig und dauernd gesichert ist. Auch stellt Bahá’u’lláh nicht den Anspruch auf Endgültigkeit Seiner eigenen Offenbarung, sondern erklärt vielmehr ausdrücklich, daß ein volleres Maß der Wahrheit, als Ihm von dem Allmächtigen für die Menschheit in einem so kritischen Zeitpunkt gestattet wurde, in den späteren Phasen der endlos weiterschreitenden Menschheitsentwicklung enthüllt werden muß.
Einheit des Menschengeschlechtes
Der Bahá’i-Glaube hält die Einheit Gottes hoch, anerkennt die Einheit Seiner Propheten und betont vor allem den Grundsatz der Einheit und Ganzheit aller Menschenrassen. Er verkündet, daß die Einigung der Menschen notwendig und unvermeidbar ist, hebt hervor, daß wir uns ihr schrittweise nähern und stellt die These auf, daß nichts anderes als der verwandelnde Geist Gottes, der durch Sein erwähltes Sprachrohr an
SONNE DER WAHRHEIT Zeitschrift für Weltreligion und Welteinheit |
Heft 2 Preis: DM 1.50 |
FEBRUAR 1953 Mulk - Königsherrschaft (109) |
21. Jahrgang |
- Leitgedanken: Einheit der Menschheit - Universaler Friede - Universale Religion
Inhalt: Ährenlese aus den Schriften von Bahá’u’lláh — Der verheißene Tag ist gekommen — Aus der Bahá’i-Welt
ÄHRENLESE AUS DEN SCHRIFTEN VON BAHA’U’LLAH[Bearbeiten]
Nach der englischen Übersetzung von Shoghi Effendi (New York, Bahá’i Publishing Committee 1935) ins Deutsche übertragen. (Fortsetzung)
Der eine wahre Gott - erhaben sei Seine Herrlichkeit - hat die Herrschaft den
Königen übertragen. Niemandem ist das Recht gegeben, den wohlerwogenen
Absichten derer, welche Amtsvollmacht besitzen, entgegenzuwirken. Das, was Er
für Sich zurückbehielt, sind die Städte der Menschenherzen, und die Geliebten
Dessen, der die Höchste Wahrheit ist, sind an diesem Tage wie die Schlüssel zu
ihnen, Gebe Gott, daß sie alle befähigt werden, durch die Macht des Größten
Namens die Tore dieser Städte zu öffnen. Das ist es, was damit gemeint ist, dem
einen, wahren Gott zu helfen — ein Thema, auf das die Feder Dessen, der die
Morgendämmerung anbrechen läßt, sich in allen Seinen Büchern und
Sendschreiben bezogen hat.
Ebenso geziemt es den Geliebten Gottes, Geduld mit ihren Mitmenschen zu haben und so von allen Dingen geheiligt und gelöst zu sein und solche Aufrichtigkeit und Redlichkeit zu üben, daß alle Völker auf Erden sie als die Statthalter Gottes unter den Menschen anerkennen. Siehe, zu welch erhabenen Höhen die Verordnungen des Allmächtigen sich erhoben haben und wie armselig dagegen die Stätte ist, an der diese schwachen Seelen nun verweilen. Gesegnet sind die, welche sich auf den Flügeln der Gewißheit in die Himmel emporschwangen, die die Feder deines Herrn, des Allerbarmers, ausgebreitet hat.
Betrachte, o Dhabíh, die Werke, die Gott, die Höchste Wahrheit, vollbracht hat. Sprich du: Wie groß, wie unendlich groß ist die alle Welten umschließende Kraft Seiner Macht! Erhaben, unermeßlich erhaben ruht Sein Losgelöstsein über der Reichweite und Fassungskraft der ganzen Schöpfung! Verherrlicht, verherrlicht sei Seine Milde, eine Milde, die die Herzen der Gott Nahegebrachten dahinschmelzen ließ!
Wir haben, trotz zahlloser Trübsale, die Wir in der Hand Unserer Feinde
erlitten, allen Herrschern der Erde verkündet, was Gott verkündet wissen wollte,
damit alle Nationen erfahren, daß keinerlei Heimsuchung die Feder des Urewigen
der Tage am Vollbringen ihrer Absicht hindern kann. Seine Feder bewegt sich
mit der Erlaubnis Gottes, der verfallenen und modernden Gebeinen Gestalt verleiht.
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Im Hinblick auf diese mächtigste Sache geziemt es denen, die Gott lieben, die Lenden ihres Bemühens zu gürten und ihre Gedanken auf das zu richten, was den Sieg der Sache Gottes sichern wird, anstatt gemeine und verächtliche Handlungen zu begehen. Würdest du nur eine kleine Weile die äußeren Werke und Taten Dessen, der die Ewige Wahrheit ist, betrachten, so würdest du dich niederwerfen und ausrufen: O Du, der Du der Herr aller Herren bist! Ich bezeuge, daß Du der Herr der ganzen Schöpfung und der Erzieher aller sichtbaren und unsichtbaren Wesen bist. Ich lege Zeugnis ab, daß Deine Kraft das ganze All umschließt und daß die Heere der Erde Dich niemals schrecken noch die Herrschaft aller Völker und Nationen Dich am Vollführen Deiner Absicht hindern können. Ich gestehe, daß Du keinen Wunsch hast als den der Erneuerung der ganzen Welt, der Errichtung der Einheit ihrer Völker und der Errettung aller, die in ihr wohnen!
Denke eine Zeitlang nach und erwäge, wie sie, die Geliebten Gottes, sich zu führen haben und zu welchen Höhen sie sich aufschwingen müssen. Bitte allzeit inständig deinen Herrn, den Gott des Erbarmens, daß Er ihnen helfe, zu tun, was Er will. Er, wahrlich, ist der Machtvollste, der Allherrliche, der Allwissende.
Die diesem zu Unrecht Leidenden auferlegte Gefangenschaft bekümmerte Ihn nicht, o Dhabíh, noch wird sie dies jemals tun können. Der Verlust aller Seiner irdischen Güter, Seine Verbannung, ja selbst Sein Märtyrertum und Seine äußere Demütigung können Ihm keinen Schmerz bereiten. Was Ihn aber schmerzen kann, das sind die Übeltaten, welche die Geliebten Gottes begehen und die sie Ihm, der Höchsten Wahrheit, zur Last legen. Das ist die Trübsal, unter der Ich leide, und Er, der über alles Macht hat, bezeugt es Mir. Was Mich tief verwundet, sind die Ansprüche, die das Volk des Bayán täglich erhebt. Etliche haben ihre Ergebenheit zu einem Meiner Zweige (Söhne) bekundet, während andere ihre Ansprüche unabhängig geltend machten und nach ihrem eigenen Verlangen handelten.
O Dhabíh! Die Zunge der Größe sagt: Bei Mir, der die Wahrheit spricht! In dieser mächtigsten Offenbarung haben alle Sendungen der Vergangenheit ihre höchste und letzte Vollendung erreicht. Wer nach Ihm den Anspruch auf eine Offenbarung erhebt, der ist bestimmt ein verlogener Betrüger. Wir bitten Gott, daß Er ihm gnädig beistehe, einen solchen Anspruch zurückzuziehen und zu verwerfen. Sollte er bereuen, so wird Gott ihm ohne Zweifel vergeben. Beharrt er aber auf seinem Irrtum, so wird Gott sicher einen herniedersenden, der erbarmungslos mit ihm verfährt. Er, wahrlich, ist der Allmächtige, der Machtvollste.
Siehe, wie das Volk des Bayán gänzlich verfehlt hat, zu erkennen, daß das
einzige Ziel dessen, was Meine vorherige Manifestation und der Vorläufer
Meiner Schönheit offenbarte, Meine Offenbarung und die Verkündung Meiner
Sache gewesen ist. Nie — und dessen ist Er, die Höchste Wahrheit, Mein
Zeuge — würde Er, außer für Mich, verkündet haben, was Er verkündete. Bezeuge,
wie dieses törichte Volk die Sache von Ihm, dem Allbesitzenden, dem Unzugänglichen,
als Spiel und Zeitvertreib behandelt hat! Ihr Herz ersinnt jeden Tag
einen neuen Anschlag und ihre Einbildung führt sie auf die Suche nach einer
neuen Zuflucht. Wenn es wahr wäre, was sie sagen, wie könnte dann der Bestand
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der Sache deines Herrn sichergestellt werden? Erwäge dies in deinem Herzen
und gehöre zu den Scharfblickenden, die sorgfältig erwägen, standhaft in ihrem
Entschluß und zuversichtlich in ihrem Glauben sind. Und wenn die ganze
Menschheit Ansprüche erhöbe, wie kein Mensch sie je erhob und kein Geist sie
je erdacht, so sollte deine Gewißheit derart sein, daß du jene vollkommen
unbeachtet ließest, sie von dir wiesest und dein Angesicht Ihm zuwendetest,
der das Ziel der Anbetung aller Welten ist.
Bei der Gerechtigkeit Meiner Selbst! Groß, unermeßlich groß ist diese Sache! Mächtig, unausdenkbar mächtig ist dieser Tag! Gesegnet in der Tat ist der Mensch, der allem entsagt und seine Augen auf Ihn gerichtet hat, dessen Angesicht über alle, die in den Himmeln und auf Erden sind, Erleuchtung ergossen hat.
Dein Blick muß scharf sein, o Dhabíh, und diamanthart deine Seele und deine Füße wie aus Erz, wenn dich danach verlangt, bei den Angriffen der selbstischen Wünsche, die im Menschenherzen flüstern, unerschüttert zu bleiben. Dies ist der ausdrückliche Befehl, den die Feder des Größten Namens kraft des Willens des urewigen Königs zu offenbaren bewegt wurde. Bewahre ihn wie deinen Augapfel und sei unter den Dankbaren. Strebe Tag und Nacht danach, der Sache Dessen, der die Ewige Wahrheit ist, zu dienen, und sei gelöst von allem außer Ihm. Bei Mir! Was du an diesem Tage schaust, das wird vergehen. Wenn du in der Sache deines Herrn standhaft bleibst, wird deine Stufe im höchsten Grad erhaben sein. Auf Ihn ist dein rastloses Vorwärtsschreiten gerichtet und in Ihm ist deine letzte Ruhestatt.
CXVI. O Könige der Christenheit! Hörtet ihr nicht das Wort Jesu, des Geistes Gottes: „Ich gehe von hinnen und komme wieder zu euch?“ Warum also versäumtet ihr, da Er in den Wolken des Himmels zu euch wiederkam, Ihm zu nahen, damit ihr Sein Antlitz schauen und unter denen sein möchtet, die zu Seiner Gegenwart gelangen? An einer anderen Stelle sagt Er: „Wenn Er, der Geist der Wahrheit, gekommen sein wird, so wird Er euch in alle Wahrheit leiten.“ Und siehe, als Er die Wahrheit brachte, wie ihr da trotzdem widerstrebtet, Ihm das Angesicht zuzuwenden, und wie ihr dabei verharrtet, euch mit Spiel und Tand zu vergnügen. Ihr hießet Ihn nicht willkommen noch suchtet ihr Seine Gegenwart auf, um die Verse Gottes aus Seinem eigenen Munde zu hören und an der vielfältigen Weisheit des Allmächtigen, des Allherrlichen, des Allweisen, teilzuhaben. Ihr habt durch euer Versäumnis den Odem Gottes gehindert über euch hinzuwehen und habt euren Seelen die Süße seines Wohlgeruchs ferngehalten. Ihr streift auch weiterhin voll Ergötzen im Tal eurer verderbten Lüste umher. Ihr werdet mit allem, was ihr besitzt, vergehen. Ihr werdet, wahrlich, zu Gott zurückkehren und in der Gegenwart Dessen, der die ganze Schöpfung versammeln wird, zur Rechenschaft gerufen werden...
Zwanzig Jahre sind dahingegangen, o Könige, während derer Wir jeden Tag
die Qualen einer neuen Trübsal schmeckten. Keiner derer, die vor Uns waren,
hat, was Wir erduldeten, erlitten. Wenn ihr es doch erkennen würdet! Die sich
gegen Uns erhoben, haben Uns zum Tode verdammt, Unser Blut vergossen, Unseren
Besitz geplündert und Unsere Ehre verletzt. Obwohl ihr um die meisten
Unserer Leiden wußtet, habt ihr dennoch versäumt, die Hand des Angreifers
aufzuhalten. Ist es denn nicht eure klare Pflicht, die Gewaltherrschaft des [Seite 36]
Unterdrückers zu verhindern und billig mit euren Untertanen zu verfahren, damit
euer hoher Gerechtigkeitssinn der ganzen Menschheit voll bewiesen werde?
Gott hat euren Händen die Zügel der Regierung des Volkes übertragen, auf daß ihr in Gerechtigkeit darüber herrschen, die Rechte der Niedergetretenen schützen und die Übeltäter bestrafen möget. Vernachlässigt ihr die euch von Gott in Seinem Buche vorgeschriebene Pflicht, so werden eure Namen zu denen der Ungerechten vor Seinen Augen gezählt werden. Euer Irrtum wird in der Tat schmerzlich sein. Hänget ihr an dem, was eure Einbildungskraft ersonnen hat, und werfet ihr die Gebote Gottes, des Erhabensten, des Unzugänglichen, des Allbezwingenden, des Allmächtigen, beiseite? Werfet hinweg, was ihr besitzet und haltet euch an das, was Gott euch zu befolgen geboten hat. Suchet Seine Gnade, denn wer sie sucht, betritt Seinen geraden Pfad.
Betrachtet den Zustand, in dem Wir Uns befinden, und sehet die Übel und Nöte, mit denen Wir geprüft wurden. Vernachlässigt Uns nicht, und sei es auch nur für einen Augenblick, und urteilt nach Billigkeit zwischen Uns und Unseren Feinden. Das wird sicher von offenbarem Vorteil für euch sein. So erzählen Wir euch Unsere Geschichte und berichten, was Uns betroffen hat, damit ihr Unsere Leiden von Uns nehmet und Unsere Last erleichtert. Lasset den, der da will, Uns aus Unserer Not erlösen und, was den betrifft, der nicht will — nun, so ist Mein Herr gewißlich der Beste der Helfer!
Warne das Volk, o Diener, und mache es vertraut mit dem, was Wir auf Dich herniedersandten, und lasse keinerlei Furcht Dich schrecken und gehöre nicht zu den Schwankenden. Der Tag ist nahe, da Gott Seine Sache erhöht und Sein Zeugnis in den Augen aller, die in den Himmeln, und aller, die auf Erden sind, verherrlicht haben wird. Setze Dein ganzes Vertrauen in jeder Lage auf Deinen Herrn, hefte Deinen Blick auf Ihn und wende Dich von allen ab, die Seine Wahrheit verwerfen. Lasse Gott, Deinen Herrn, Deinen genügenden Beistand und Helfer sein. Wir haben Uns gelobt, Deinen Sieg auf Erden zu sichern und Unsere Sache über alle Menschen zu erheben, selbst wenn sich kein König fände, der Dir seinen Blick zuwendete.
CXVIL In dem Wunsche, die Vorbedingungen für den Frieden und die Ruhe
der Welt und für den Fortschritt ihrer Völker zu offenbaren, hat das Große Sein
geschrieben: Die Zeit muß kommen, da die gebieterische Notwendigkeit zur
Abhaltung einer ausgedehnten, einer allumfassenden Versammlung der
Menschen universal erkannt werden wird. Die Herrscher und Könige der Erde
müssen ihr durchaus beiwohnen und, an ihren Beratungen teilnehmend, solche
Wege und Mittel erwägen, die den Grund legen zum Größten Weltfrieden unter
den Menschen. Ein solcher Friede erfordert, um der Ruhe der Völker der Erde
willen, daß die Großmächte sich zu völliger Versöhnung untereinander
entschließen. Sollte ein König die Waffen gegen einen anderen ergreifen, so
müßten sich alle vereint erheben und ihn daran hindern. Wenn dies geschehen ist,
werden die Nationen der Welt nicht länger irgendwelche Bewaffnung benötigen, es
sei denn zu dem Zwecke, die Sicherheit ihrer Reiche zu wahren und die innere
Ordnung in ihren Gebieten aufrechtzuerhalten. Das wird den Frieden und die
Ruhe jedes Volkes, jeder Regierung und Nation verbürgen. Wir sind zu hoffen
geneigt, daß die Könige und Herrscher der Erde, die Spiegel des gnädigen und
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allmächtigen Namens Gottes, diese Stufe erreichen und die Menschheit vor dem
Angriff der Gewaltherrschaft beschirmen mögen.
... Der Tag ist nahe, da alle Völker der Welt eine universale Sprache und eine gemeinsame Schrift angenommen haben werden. Ist dies erreicht, so wird es für jedermann, welche Stadt er auch bereisen mag, sein, als betrete er sein eigenes Haus. Diese Dinge sind verbindlich und durchaus wesentlich. Es ist Pflicht eines jeden Einsichtigen und Verständigen, darnach zu streben, das, was geschrieben worden ist, in die Wirklichkeit und in die Tat umzusetzen... Wer sich heute dem Dienst für die ganze menschliche Rasse hingibt, der ist in der Tat ein Mensch. Das Große Sein spricht: Gesegnet und glücklich ist, wer sich erhebt, um den besten Belangen der Völker und Geschlechter der Erde zu dienen. An anderer Stelle hat Er verkündet: Nicht der möge sich rühmen, der sein Heimatland liebt, sondern vielmehr der, welcher die ganze Welt liebt. Die Erde ist nur eine Heimat und die Menschheit ihre Bürgerschaft.
CXVIII. Leget die Gottesfurcht nicht beiseite, o Könige der Erde, und hütet euch, die von Gott gesetzten Grenzen zu überschreiten. Befolget, was Er euch in Seinem Buche vorgeschrieben hat, und gebt wohl acht, dessen Schranken nicht zu übertreten. Seid wachsam, daß ihr niemandem ein Unrecht zufügt, und sei es auch nur klein wie ein Senfkorn. Beschreitet den Pfad der Gerechtigkeit, denn dieser, wahrlich, ist der gerade Pfad.
Leget eure Streitigkeiten bei und setzet eure Kriegsrüstungen herab, so daß die Last eurer Ausgaben erleichtert und eure Gemüter und Herzen beruhigt werden. Heilet die Zwietracht, die euch spaltet, und ihr werdet keinerlei Kriegsrüstungen mehr nötig haben, es sei denn, was der Schutz eurer Städte und Gebiete erfordert. Fürchtet Gott und gebt acht, die Grenzen der Mäßigkeit nicht zu überschreiten und zu den Maßlosen zu zählen.
Wir haben erfahren, daß ihr eure Ausgaben jedes Jahr vermehrt und die Lasten dafür euren Untertanen auferlegt. Dies, wahrlich, ist mehr, als sie tragen können, und ist eine bittere Ungerechtigkeit. Entscheidet gerecht zwischen den Menschen und seid die Sinnbilder der Gerechtigkeit unter ihnen. Das ist, wenn ihr billig urteilt, was euch geziemt und eurer Stufe angemessen ist.
Hütet euch, ungerecht zu handeln an jemandem, der euch anruft und unter euren Schatten tritt. Wandelt in der Furcht Gottes und seid unter denen, die ein gottgefälliges Leben führen. Stützet euch nicht auf eure Macht, eure Heere und Schätze. Setzet all euren Glauben und euer ganzes Vertrauen in Gott, Der euch erschaffen hat, und suchet Seinen Beistand in allen euren Angelegenheiten. Hilfe kommt allein von Ihm. Er hilft, wem Er will, mit den Heerscharen der Himmel und der Erde.
Wisset, daß die Armen das Pfand Gottes in eurer Mitte sind. Seid achtsam, daß ihr Sein Pfand nicht veruntreut, daß ihr nicht ungerecht an ihnen handelt und ihr nicht auf den Wegen der Verräter wandelt. Ihr werdet bestimmt über Sein Pfand zur Rechenschaft gerufen werden an dem Tage, da die Waage der Gerechtigkeit aufgestellt ist, an dem Tage, da jedem nach Gebühr vergolten wird, wenn die Taten aller Menschen, mögen sie reich oder arm sein, gewogen werden.
Wenn ihr den Ratschlägen, die Wir in unvergleichlicher und unzweideutiger
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Sprache in diesem Sendschreiben geoffenbart haben, keine Achtung schenkt,
dann wird göttliche Züchtigung von allen Seiten über euch kommen und der
Urteilsspruch Seiner Gerechtigkeit wird gegen euch verkündet werden. An
jenem Tage werdet ihr keine Macht haben, Ihm zu widerstehen, und werdet ihr
euer eigenes Unvermögen erkennen. Habt Erbarmen mit euch selber und mit
denen, die euch unterstellt sind. Richtet unter ihnen nach den von Gott in
Seinem heiligsten und erhabensten Sendschreiben verordneten Geboten, einem
Sendschreiben, worin Er allen und jedem sein festgesetztes Maß zugewiesen,
worin Er deutlich eine Erklärung aller Dinge gegeben hat, und worin an sich
schon eine Ermahnung an die liegt, die an Ihn glauben.
Prüfet Unsere Sache, erforschet die Dinge, die Uns befallen haben und entscheidet gerecht zwischen Uns und Unseren Feinden, und seid unter denen, die unparteiisch gegen ihre Nächsten handeln. Wenn ihr der Hand des Unterdrückers nicht Einhalt gebietet, wenn ihr versäumt, die Rechte der Niedergetretenen zu schützen, welches Recht habt ihr dann, euch unter den Menschen zu rühmen? Was ist es, womit ihr euch mit Recht großtun könnt? Ist es euer Essen und Trinken, auf das ihr stolz seid, sind es die Reichtümer, die ihr in euren Schatzkammern stapelt, die Mannigfaltigkeit und der Preis des Schmuckes, mit dem ihr euch behängt? Wenn wahrer Ruhm im Besitz solch vergänglicher Dinge bestände, dann müßte notwendigerweise die Erde, auf der ihr wandelt, sich vor euch rühmen, weil sie euch nach dem Ratschluß des Allmächtigen gerade mit diesen Dingen versorgt und beschenkt. In ihrem Innern ist alles enthalten, was ihr besitzet, so wie Gott es verordnet hat. Aus ihr leitet ihr, als ein Zeichen Seines Erbarmens, euren Reichtum her. So betrachtet denn euer Gepränge, dessen ihr euch rühmt! Ach, könntet ihr es doch begreifen!
Nein, bei Ihm, der in Seiner Gewalt das Reich der ganzen Schöpfung hält! Nirgends wohnt euer wahrer und bleibender Ruhm als in eurem sicheren Festhalten an den Geboten Gottes, in eurem Befolgen Seiner Gesetze aus ganzem Herzen, in eurem Entschluß, über ihrer Ausführung zu wachen und unbeirrt die rechte Bahn zu wandeln.
CXIX. O ihr Herrscher der Erde! Warum habt ihr den Glanz der Sonne verdunkelt und sie am Scheinen verhindert? Hört auf den Rat, den die Feder des Höchsten euch gab, damit ihr sowohl wie die Armen vielleicht zu Frieden und Ruhe gelangt. Wir flehen zu Gott, daß Er den Königen der Erde beistehe, den Frieden auf Erden zu begründen. Er, wahrlich, tut, was Er will.
O Könige der Erde! Wir sehen euch jedes Jahr eure Ausgaben vermehren und
deren Lasten auf eure Untertanen legen. Das ist, wahrlich, völlig ungerecht,
handgreiflich ungerecht. Fürchtet die Seufzer und Tränen dieser Mißhandelten
und ladet nicht übermäßige Lasten auf eure Völker. Beraubet sie nicht, um
Paläste für euch selbst zu errichten. Nein, wählet vielmehr für sie, was ihr für
euch selber erwähltet. Also entrollen Wir vor euren Augen, was euch nützt.
Wenn ihr das nur verstehen würdet! Euer Volk ist euer Schatz. Hütet euch,
daß eure Herrschaft die Gebote Gottes nicht verletze und ihr eure Mündel
nicht dem Räuber in die Hände liefert. Durch sie herrscht ihr, durch ihre Mittel
besteht ihr, mit ihrer Hilfe siegt ihr. Und wie verächtlich schaut ihr dennoch
auf sie herab! Wie seltsam, wie höchst seltsam!
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Da ihr den Allergrößten Frieden zurückgewiesen habt, haltet euch nun fest an diesen, den Geringeren Frieden, auf daß ihr bis zu einem gewissen Grade wenigstens eure eigene Lage und die eurer Untertanen bessert.
O Herrscher der Erde! Versöhnt euch untereinander, daß ihr keine Kriegsrüstungen mehr benötigt, außer in dem Maße, um eure Gebiete und Herrschaftsbereiche zu schützen. Hütet euch, den Rat des Allwissenden, des Getreuen, zu mißachten.
Seid einig, o Könige der Erde, denn dadurch wird der Sturm des Zwiespalts zwischen euch sich legen, und eure Völker werden Ruhe finden. Wenn ihr doch zu denen gehörtet, die das verstehen! Sollte einer unter euch gegen einen andern die Waffen ergreifen, so erhebt euch alle gegen ihn, denn dies ist nichts als offenbare Gerechtigkeit.
CXX. O ihr erwählten Volksvertreter aller Länder! Haltet Rat untereinander und laßt euch das nur angelegen sein, was der Menschheit nützt und ihre Lage bessert — so ihr zu denen gehört, die achtsam prüfen. Betrachtet die Welt wie einen menschlichen Körper. Obwohl er bei seiner Erschaffung gesund und vollkommen war, ist er aus verschiedenen Ursachen von schweren Störungen und Krankheiten befallen worden. Keinen einzigen Tag lang wurde ihm Linderung zuteil, nein, im Gegenteil, sein Übel verschlimmerte sich, weil er in die Behandlung unwissender Ärzte fiel, die ihren persönlichen Wünschen die Zügel schießen ließen und sich schmählich irrten, Und wenn einmal durch die Sorgfalt eines fähigen Arztes ein Glied jenes Körpers geheilt wurde, so blieb dennoch der übrige Teil so leidend wie zuvor. Also unterrichtet euch der Allwissende, der Allweise.
Wir sehen ihn an diesem Tage der Gnade solcher Herrscher ausgeliefert, die, von Hochmut trunken, ihren eigenen wirklichen Vorteil nicht mehr deutlich wahrnehmen können — wieviel weniger denn eine so verwirrende und herausfordernde Offenbarung wie diese erkennen. Und wenn je einer unter ihnen bestrebt gewesen ist, seinen Zustand zu bessern, so lag sein Beweggrund, ob er es eingestand oder nicht, im eigenen Gewinn. Die Unwürdigkeit dieses Beweggrundes hat seine Heilkraft begrenzt.
Was der Herr als höchstes Mittel und mächtigstes Werkzeug für die Heilung der ganzen Welt bestimmt hat, ist die Vereinigung aller ihrer Völker in einer allumfassenden Sache, einem gemeinsamen Glauben. Das kann gar nicht anders erreicht werden, als durch die Kraft eines erfahrenen, eines allgewaltigen und erleuchteten Arztes. Wahrlich, das ist die Wahrheit und alles andere nichts als Irrtum.
CXXI. Sprich: O ihr, die ihr neidisch auf Mich seid und Mir zu schaden sucht! Die Wut eures Zorns gegen Mich lasse euch zuschanden werden! Schaut, das Tagesgestirn der Herrlichkeit stieg über dem Horizont Meiner Offenbarung empor und hüllte die ganze Menschheit in seinen Glanz. Und siehe, wie ihr euch dennoch seiner Pracht verschlossen habt und in völlige Nachlässigkeit versanket. Habt Erbarmen mit euch selbst und verwerfet nicht den Ausspruch Dessen, dessen Wahrheit ihr bereits erkannt habt, und zählt nicht zu den Übertretern.
Bei der Gerechtigkeit des einen, wahren Gottes! Weist ihr diese Offenbarung
zurück, so werden alle Nationen der Erde euch verlachen und verspotten, denn
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ihr seid es, die — in der Absicht, die Wahrheit eurer Sache zu verteidigen — ihnen
die Beweise Gottes, des höchsten Beschirmers, des Machtvollsten, des
Allherrlichen, des Allwissenden, vor Augen führten. Doch kaum wurde Seine
nachfolgende Offenbarung, mit der Herrlichkeit allbezwingender Herrschaft
bekleidet, zu euch herabgesandt, als ihr sie auch schon hinter euch warfet, o ihr,
die ihr zu den Achtlosen zählet!
Wie? Glaubt ihr in eurem Herzen, daß ihr Macht besitzet, den Glanz der Sonne zu verlöschen und ihre Herrlichkeit zu verdunkeln? Nein, bei Meinem Leben! Nie werdet und könnt ihr euer Ziel erreichen, ob ihr auch alles in den Himmeln und alles auf der Erde zu eurer Hilfe aufruft. Wandelt in der Furcht Gottes und tut eure Werke nicht vergeblich. Neigt Seinen Worten euer Ohr und zählet nicht zu jenen, die wie durch einen Schleier von Ihm abgeschlossen sind. Sprich: Gott ist Mein Zeuge! Ich habe nichts für Mich gewünscht. Was Ich gewünscht habe, ist der Sieg Gottes und der Triumph Seiner Sache. Er ist Sich Selbst ein ausreichender Zeuge zwischen euch und Mir. Würdet ihr euren Blick läutern, so würdet ihr deutlich erkennen, wie Meine Taten die Wahrheit Meiner Worte bestätigen, wie Meine Worte ein Führer zu Meinen Taten sind.
Eure Augen sind verblendet! Erkennt ihr nicht die Größe der Macht Gottes und Seiner Herrschaft? Schaut ihr nicht Seine Erhabenheit und Herrlichkeit? Wehe dir, du Rotte von Bösewichten und Neidern! Hört auf Meine Rede und zögert nicht, und sei es auch nur weniger als einen Augenblick lang. Also gebietet euch Der, welcher die Schönheit des Allbarmherzigen ist, damit ihr euch vielleicht von dem, was ihr besitzet, löset und zu den Höhen aufsteigt, von denen aus ihr die ganze Schöpfung unter dem Schatten Seiner Offenbarung geborgen finden könnt.
Sprich: Es gibt keinen Zufluchtsort für euch, kein Obdach, zu dem ihr flüchten könnt, niemand, der euch an diesem Tage schirmte und bewahrte vor dem Wüten des Zornes Gottes und vor Seiner gewaltigen Kraft, wenn und ehe ihr nicht den Schatten Seiner Offenbarung aufsucht. Dies ist in der Tat Seine Offenbarung, die euch in der Gestalt dieses Jünglings enthüllt wurde. Darum sei Gott verherrlicht für eine so strahlende, so kostbare und wundersame Schau.
Löset euch von allem außer Mir und wendet euer Angesicht Meinem Angesichte zu, denn das ist besser für euch als das, was ihr besitzet. Die Zunge Gottes bezeugt die Wahrheit Meiner Worte durch Mein eigenes Wort, das die Wahrheit spricht und alle Dinge umfaßt und in sich schließt.
Sprich: Glaubt ihr, daß eure Ergebenheit für Seine Sache Ihm jemals nützen oder euer Verwerfen ihrer Wahrheit Ihm irgendwelchen Verlust bereiten kann? Nein, bei Meinem Selbst, dem Allunterwerfenden, dem Unzugänglichen, dem Höchsten! Reißet die Schleier der Namen herunter und dringet ein in ihr Reich. Bei Meiner Schönheit! Er, der Fürst aller Namen, ist gekommen, Er, auf Dessen Geheiß jeder einzelne Name seit dem Anfang her, der keinen Anfang hat, erschaffen worden ist, Er, der sie auch weiterhin nach Seinem Belieben erschaffen wird. Er, wahrlich, ist der Allgewaltige, der Allweise.
Hütet euch, auf daß ihr euch nicht des Gewandes der göttlichen Führung
entkleidet. Trinket euch satt aus dem Kelch, den die Jünglinge des Himmels
über euren Häuptern erhoben haben. So gebietet euch Der, welcher mehr Erbarmen
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mit euch hat als ihr selbst, Er, der kein Entgelt und keinen Dank von euch
fordert. Sein Lohn stammt von Ihm, der Ihn durch die Macht der Wahrheit zu
euch niedergesandt und Ihn auserwählt und Ihn der ganzen Schöpfung als Sein
eigenes Zeugnis verkündet hat. Er ist es, der Ihn ermächtigte, alle Seine Zeichen
zu enthüllen. Schauet noch einmal hin, daß ihr erkennet, wozu die Zunge des
Urewigen der Tage euch berufen hat, damit ihr vielleicht zu denen gehöret, die die
Wahrheit begriffen haben. Hörtet ihr die Kunde je von euren Vorvätern oder
von den ihnen voraufgegangenen Geschlechtern, ja selbst bis zum ersten Adam
zurück, daß einer, der, ausgestattet mit offenbarer und höchster Hoheit, in den
Wolken der Offenbarung kommt und in seiner rechten Hand das Reich Gottes
und in seiner Linken alle Macht und Herrlichkeit Seiner ewigen Herrschaft
hält - daß einer, dem die Heerscharen Gottes, des Allmächtigen, des
Allbezwingenden, des Machtvollsten, vorangehen und der ununterbrochen Verse
verkündet, deren Bedeutung die Geister der gelehrtesten und weisesten der Menschen
zu ergründen außerstande sind —, daß ein solcher dennoch der Träger einer
Botschaft sein soll, die nicht von Gott ist? Seid darum einsichtsvoll und sprecht
die Wahrheit, die volle Wahrheit, wenn ihr den Anspruch erhebt, ehrlich und
hochgesinnt zu sein.
Sprich: Die Verse, die Wir geoffenbart haben, sind so zahlreich, wie jene, die in der vorhergegangenen Offenbarung auf den Báb herabgesandt wurden. Wer die Worte, die der Geist Gottes sprach, bezweifelt, den lasset den Hof Unserer Gegenwart aufsuchen und Unsere göttlich geoffenbarten Verse hören und ihn einen Augenzeugen des deutlichen Beweises Unseres Anspruches sein.
Sprich: Bei der Gerechtigkeit des Allmächtigen! Das Maß der Gnade Gottes ist voll erfüllt. Sein Wort wurde vollendet, das Licht Seines Angesichtes geoffenbart, Seine Herrschaft hat die ganze Schöpfung umfaßt, die Herrlichkeit Seiner Offenbarung ist enthüllt und Seine Wohltaten sind auf die ganze Menschheit niedergeströmt.
CXXII. Der Mensch ist der höchste Talisman. Der Mangel an geeigneter Erziehung
hat ihn jedoch dessen beraubt, was er von Natur aus besitzt. Durch ein
Wort, das aus dem Munde Gottes hervorging, wurde er ins Dasein gerufen.
Durch ein weiteres Wort ward er dazu geführt, den Urquell seiner Erziehung
zu erkennen. Durch wieder ein anderes Wort wurden seine Stufe und seine
Bestimmung sichergestellt. Das Große Sein spricht: Sieh den Menschen als eine
an Edelsteinen von unschätzbarem Werte reiche Fundgrube an. Erziehung allein
kann es erreichen, daß sie ihre Schätze enthüllt und kann die Menschheit
befähigen, Nutzen daraus zu ziehen. Würde ein Mensch dem nachsinnen, was die
aus dem Himmel von Gottes heiligem Willen herabgesandten Schriften geoffenbart
haben, so würde er sogleich erkennen, daß ihre Absicht ist, alle Menschen
wie eine Seele zu betrachten, damit das die Worte tragende Siegel: „Gottes sei
das Reich“ jedem Herzen aufgedrückt werde und das Licht göttlicher Güte, der
Gnade und des Erbarmens, die ganze Menschheit umhülle. Der eine, wahre
Gott — erhaben sei Sein Ruhm - hat nichts für Sich gewünscht. Die Treue der
Menschheit nützt Ihm nicht noch schadet Ihm ihre Verderbtheit. Der Vogel aus dem
Reiche der Verkündung erhebt unaufhörlich diesen Ruf: „Alle Dinge habe Ich
für dich gewollt und dazu dich um deiner selbst willen.“ Wenn die Gelehrten
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und Weltweisen dieses Zeitalters der Menschheit gestatteten, den Wohlgeruch
der Kameradschaft und Liebe einzuatmen, so würde jedes verständige Herz die
Bedeutung wahrer Freiheit begreifen und das Geheimnis ungetrübten Friedens
und vollkommener Seelenruhe entdecken. Würde die Erde diese Stufe erreichen
und von ihrem Licht erleuchtet werden, so könnte man alsdann wahrlich von
ihr sagen: „Du wirst auf ihr weder Tiefen noch Höhen sehen.“
CXXIII. Wohin sind die Geschlechter entschwunden, die vor euch dahingingen? Und jene, um die im Leben sich die Schönsten und Liebenswürdigsten des Landes bewegten — wo sind sie jetzt? Lernt aus ihrem Beispiel, o Menschen, und gehört nicht zu denen, die in die Irre gehen.
Binnen kurzem werden andere die Hand auf euren Besitz legen und werden in eure Behausungen kommen. Schenkt Meinen Worten Gehör und zählt nicht zu den Törichten.
Es ist die höchste Pflicht eines jeden von euch, das für sich zu wählen, was kein Mensch verletzen und ihm entreißen kann. Ein solches Ding — und dafür ist der Allmächtige Mein Zeuge - ist die Liebe Gottes. Könntet ihr es doch erfassen!
Bauet euch Häuser, die Regen und Flut niemals zerstören können und die euch vor den Wechselfällen dieses Lebens bewahren. Dies ist die Weisung Dessen, dem die Welt Unrecht tat und den sie verließ.
CXXIV. Wie wunderbar ist die Einheit des lebendigen, des immerbleibenden Gottes — eine Einheit, die über alle Begrenzungen erhaben ist und die das Begriffsvermögen alles Erschaffenen übersteigt! Von Ewigkeit her hat Er in Seiner unzugänglichen Wohnung der Heiligkeit und Herrlichkeit gewohnt und wird in Ewigkeit auf den Höhen Seiner unabhängigen Herrschaft und Größe weiterthronen. Wie hehr ist Seine unzerstörbare Wesenheit, wie völlig unabhängig von der Erkenntnis alles Erschaffenen gewesen, und wie unermeßlich erhaben wird sie über dem Lobpreis aller Bewohner der Himmel und der Erde bleiben!
Aus dem erhabenen Ursprung und aus dem Wesen Seiner Gunst und Güte heraus hat Er alles Erschaffene mit einem Zeichen Seiner Erkenntnis betraut, so daß keines Seiner Geschöpfe seines Anteils am Ausdruck dieser Erkenntnis beraubt werde, ein jedes nach seiner Fassungskraft und Stufe. Dieses Zeichen ist der Spiegel Seiner Schönheit in der Welt der Schöpfung. Je größer die Anstrengung ist, die zur Verfeinerung dieses erhabenen und edlen Spiegels unternommen wird, desto getreuer wird die Widerspiegelung der Herrlichkeit der Namen und Eigenschaften Gottes erreicht sein und die Offenbarung der Wunder Seiner Zeichen und Seiner Erkenntnis. Alles Erschaffene — so groß ist diese widerspiegelnde Kraft - wird befähigt werden, die Möglichkeiten seiner vorher bestimmten Stufe zu offenbaren, wird seine Aufnahmefähigkeit und seine Begrenzungen erkennen und wird die Wahrheit des „Er, wahrlich, ist Gott; es ist kein Gott außer Ihm“ bezeugen.
Es kann jedoch keinerlei Zweifel darüber herrschen, daß infolge der
Anstrengungen, die jeder Mensch bewußt vornimmt, und als Ergebnis der Übung
seiner geistigen Fähigkeiten, dieser Spiegel von dem Schmutz irdischer Befleckung
gereinigt und von satanischen Einbildungen so geläutert werden kann, daß er
fähig wird, den Matten ewiger Heiligkeit zu nahen und die Höfe ewig währender
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Gemeinschaft zu erreichen. In Verfolgung des Grundsatzes jedoch, daß für jedes
Ding eine Zeit gesetzt und für jede Frucht eine Jahreszeit bestimmt wurde,
können die verborgenen Kräfte einer solchen Güte einzig in den Tagen Gottes
am besten entfesselt und die Frühlingsherrlichkeit einer solchen Gabe allein
an diesen enthüllt werden. Mag auch jeder Tag mit seinem vorbestimmten Anteil
an Gottes wunderbarer Gnade ausgestattet sein, so besitzen doch die unmittelbar
mit der Manifestation Gottes verbundenen Tage eine einzigartige Auszeichnung
und nehmen eine Stufe ein, die kein Geist jemals erfassen kann. Der in sie
gelegte Vorzug ist derart, daß, wenn die Herzen aller, die in den Himmeln und
auf Erden wohnen, in diesen Tagen ewig währenden Entzückens der Sonne
unvergänglicher Herrlichkeit gegenübergestellt und auf Seinen Willen abgestimmt
würden, sich jedes von ihnen über alles Irdische erhaben, in Seinem Lichte
strahlend und durch Seine Gnade geheiligt fände. Heil sei dieser Gnade, die keine
noch so große Wohltat übertreffen kann, und Ehre sei einer solchen liebevollen
Güte, dergleichen das Auge der Schöpfung nie gesehen hat! Er ist erhaben über
das, was sie Ihm zuschreiben und über Ihn berichten.
Aus diesem Grunde soll in jenen Tagen kein Mensch je auf seinen Nächsten angewiesen sein. Es wurde bereits im Überflusse dargetan, daß an diesem gottbestimmten Tag die Mehrzahl derer, die Seinen heiligen Hof gesucht und erreicht haben, solche Erkenntnis und Weisheit offenbarten, daß niemand, wie lange er auch gelehrt oder gelernt haben mag, außer diesen frommen und geheiligten Seelen auch nur einen Tropfen davon erfaßt hat oder je erfassen wird. Vermöge dieser Kraft sind die Geliebten Gottes in den Tagen der Manifestation der Sonne der Wahrheit über alle menschliche Gelehrsamkeit erhoben und von ihr unabhängig gemacht worden. Ja mehr noch: ihrem Herzen und den Quellen ihrer angeborenen Kräfte ist unaufhörlich das innerste Wesen menschlicher Gelehrsamkeit und Weisheit entströmt.
CXXV. O Mein Bruder! Wenn der wahre Sucher beschließt, den Schritt des Forschens auf dem Pfad zu unternehmen, der zur Erkenntnis des Urewigen der Tage führt, so muß er vor allem sein Herz, den Sitz der Offenbarung der inneren Geheimnisse Gottes, von dem verdunkelnden Staub erworbenen Wissens und den Einflüsterungen teuflischer Gedanken reinigen. Er muß seine Brust, die der Tempel der bleibenden Liebe des Geliebten ist, von jeder Befleckung säubern und seine Seele von allem heiligen, was zu Wasser und zu Staub gehört und von jeder wesenlosen Eintagsbindung. Er muß sein Herz so läutern, daß nicht das geringste Teilchen Liebe oder Haß mehr darin übrigbleibt, damit die Liebe ihn nicht blindlings zum Irrtum hinleite und der Haß ihn nicht von der Wahrheit hinwegkehre. Denn du bezeugst es, daß an diesem Tage die Menschen allgemein um solcher Liebe und um solchen Hasses willen des unsterblichen Antlitzes beraubt sind, daß sie sich weit von den Verkörperungen der göttlichen Geheimnisse entfernt haben und nun ohne Hirten durch die Wildnis des Vergessens und des Irrtums streifen.
Der Suchende muß zu allen Zeiten sein Vertrauen in Gott setzen, muß dem
Erdenvolk entsagen, muß sich von der Welt des Staubes lösen und sich an Ihn
halten, der der Herr der Herren ist. Er darf niemals versuchen, sich über irgend
jemand zu erheben. Er muß jede Spur von Stolz und Hochmut von der Tafel
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seines Herzens hinwegwaschen, muß Geduld und Entsagung üben, Schweigen
beobachten und sich eitler Rede enthalten. Denn die Zunge ist ein schwelendes
Feuer und Übermaß der Sprache tödliches Gift. Das natürliche Feuer vernichtet
den Körper, wohingegen das Feuer der Zunge Herz und Seele zerstört. Die Kraft
des ersteren währt nur eine kurze Zeit, während die Wirkung des letzteren
Jahrhunderte dauert.
Der Suchende sollte auch Verleumdung als einen schweren Fehler betrachten und sich von ihrer Herrschaft fernhalten, denn die Verleumdung löscht das Licht des Herzens und vernichtet das Leben der Seele. Er sollte sich mit wenigem begnügen und frei von allen zügellosen Wünschen sein. Er sollte die Gesellschaft derer schätzen, die der Welt entsagt haben, und es als kostbaren Gewinn betrachten, die Prahler und Weltmenschen zu meiden. In der Dämmerfrühe eines jeden Tages sollte er mit Gott Zwiesprache halten und von ganzer Seele in der Suche nach seinem Geliebten verharren. Er sollte jeden eigensinnigen Gedanken mit der Flamme Seiner liebenden Erwähnung verbrennen und mit der Schnelligkeit des Blitzes an allem außer Ihm vorübergehen. Er sollte denen, die ihrer Habe beraubt sind, zu Hilfe eilen und den Besitzlosen niemals seine Gunst versagen. Er sollte gütig zu den Tieren sein, wie viel mehr aber noch zu seinem Mitmenschen, zu ihm, dem die Kraft, sich zu äußern, verliehen wurde. Er sollte nicht zögern, sein Leben für seinen Geliebten hinzugeben, noch sollte er sich durch das Urteil der Menschen von der Wahrheit abbringen lassen. Er sollte für andere nicht wünschen, was er für sich selber nicht wünscht, noch versprechen, was er nicht halten kann. Von ganzem Herzen sollte er die Gesellschaft der Übeltäter meiden und um Vergebung ihrer Sünden beten. Er sollte dem Sündigen verzeihen und niemals dessen niedrigen Zustand verachten, denn niemand weiß, wie sein eigenes Ende sein wird. Wie oft hat ein Sünder in der Todesstunde wahren Glauben erreicht und, den unversiegbaren Trank zur Neige kostend, seinen Flug zu den Heerscharen der Höhe genommen. Und wie oft wurde ein frommer Gläubiger in der Stunde, da seine Seele zum Himmel emporstieg, so verwandelt, daß er ins niederste Feuer sank!
Wir beabsichtigen mit der Offenbarung dieser überzeugenden und schwerwiegenden Worte dem Suchenden tief einzuprägen, daß er alles außer Gott als vergänglich betrachten und alles außer Ihm, der das Ziel aller Anbetung ist, als äußerstes Nichtsein ansehen sollte.
Das gehört zu den Eigenschaften der Erhabenen und bildet das Merkmal der Geistiggesinnten. Es wurde schon früher im Zusammenhang mit den Bedürfnissen der Wanderer erwähnt, die den Pfad der klaren Erkenntnis beschreiten. Wenn der gelöste Wanderer und aufrichtige Sucher diese wesentlichen Vorbedingungen erfüllt hat, dann und erst dann kann er ein wirklicher Sucher genannt werden. Wenn er die Bedingungen erfüllt hat, die in dem Verse liegen: „Wer sich für Uns müht“, dann wird er die Segnungen erfahren, die aus den Worten strömen: „Den werden Wir gewißlich auf Unseren Wegen führen.“
Erst wenn die Lampe des Suchens, des ernsten Sichmühens, des sehnsüchtigen
Verlangens, der leidenschaftlichen Ergebenheit, der brennenden Liebe, der
Begeisterung und Verzückung im Herzen des Suchenden entzündet ist und der
Windhauch Seiner lieben Güte seine Seele berührt, wird die Dunkelheit des
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Irrtums zerstreut, werden die Nebel des Zweifels und der Besorgnis zerteilt und
sein Wesen von den Lichtern der Erkenntnis und Gewißheit umhüllt werden.
Zu jener Stunde wird der mystische Verkünder, der die frohe Botschaft des
Geistes bringt, strahlend wie der Morgen aus der Stadt Gottes hervortreten und
durch den Posaunenruf der Erkenntnis Herz, Seele und Geist aus dem Schlummer
der Achtlosigkeit wecken. Dann werden die mannigfachen Gunstbeweise
und die ausströmende Gnade des heiligen und ewigen Geistes dem Sucher ein
so neues Leben verleihen, daß er sich mit neuem Auge, neuem Gehör, neuem
Herzen und neuem Gemüt ausgestattet findet. Er wird über die offenbaren
Zeichen des Weltalls nachdenken und die verborgenen Geheimnisse der Seele
ergründen. Er wird mit dem Auge Gottes schauen und in jedem Atom eine Tür
erblicken, die ihn zu den Stufen völliger Gewißheit führt. Er wird in jedem
Ding die Geheimnisse göttlicher Offenbarung und die Beweise ewig währender
Manifestation entdecken.
Ich schwöre bei Gott! Würde jener, der den Pfad der Führung beschreitet und die Höhen der Gerechtigkeit zu erklimmen sucht, diese herrliche und erhabene Stufe erreichen, er würde wahrlich auf eine Entfernung von tausend Meilen hin den Wohlgeruch Gottes einatmen und den strahlenden Morgen göttlicher Führung schauen, der sich über der Dämmerfrühe aller Dinge erhebt. Jedes Ding, wie klein es auch sei, würde ihm zu einer Offenbarung werden, die ihn zu seinem Geliebten, dem Ziel seines Forschens, führt. So groß wird das Erkennungsvermögen dieses Suchers sein, daß er Wahrheit von Lüge unterscheiden wird, wie er die Sonne vom Schatten unterscheidet. Wenn an den äußersten Enden des Ostens die süßen Wohlgerüche Gottes strömen, so wird er ihren Duft sicherlich erkennen und einatmen, ob er auch an den äußersten Enden des Westens wohnte. Ebenso deutlich wird er alle Zeichen Gottes, Seine wundersamen Äußerungen, Seine großen Werke und mächtigen Taten von den Taten, den Worten und Wegen der Menschen unterscheiden, wie der Goldschmied, der die Gemme und den Stein auseinanderzuhalten vermag, oder der Mensch, der den Frühling vom Herbst und Hitze von Kälte unterscheidet. Wenn die Stromrinne der menschlichen Seele von allen weltlichen und bedrohlichen Verschlingungen gesäubert ist, wird sie unfehlbar den Odem des Geliebten über unermeßliche Entfernungen hin verspüren und, von seinem Dufte angezogen, hingelangen und einmünden in die Stadt der Gewißheit.
In ihr wird er die Wunder Seiner urewigen Weisheit unterscheiden und alle verborgenen Lehren in dem rauschenden Blätterwerk des Baumes erkennen, der in jener Stadt blüht. Mit seinem inneren und äußeren Ohre wird er aus ihrem Staube die Hymnen der Verherrlichung und des Lobpreises heraushören, die zum Herrn der Herzen emporsteigen, und mit seinem inneren Auge wird er die Geheimnisse der „Wiederkunft“ und der „Wiedergeburt“ entdecken.
Wie unaussprechlich herrlich sind die Zeichen, die Merkmale, die Offenbarungen
und die Pracht, die Er, der König der Namen und Eigenschaften, für jene
Stadt bestimmt hat! Der Eintritt in jene Stadt löscht den Durst ohne Wasser
und entzündet die Liebe Gottes ohne Feuer. In jedem Grashalm liegen die
Geheimnisse einer unergründlichen Weisheit verwahrt, und auf jedem
Rosenstrauch verströmen Myriaden von Nachtigallen in seliger Verzückung ihr Lied.
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Ihre wundersamen Tulpen entfalten das Geheimnis des unauslöschlichen Feuers
im Brennenden Busch, und ihre süßen Düfte der Heiligkeit verströmen den
Wohlgeruch des Messianischen Geistes. Sie spendet Reichtum ohne Gold und
verleiht Unsterblichkeit ohne Tod. In jedem ihrer Blätter ruht
unaussprechliche Wonne verwahrt, und in jeder ihrer Kammern liegen
ungezählte Geheimnisse verborgen.
Jene, die sich tapfer mühen auf der Suche nach Gott, werden, wenn sie erst allem außer Ihm entsagten, so mit jener Stadt verbunden und vermählt sein, daß auch nur ein Augenblick der Trennung von ihr unausdenkbar für sie wäre. Sie werden von der Hyazinthe jener Gemeinschaft untrügliche Beweise erlauschen und die sichersten Zeugnisse von der Schönheit ihrer Rose und dem Lied ihrer Nachtigall empfangen. Einst, in etwa tausend Jahren, wird diese Stadt erneuert werden und neu geschmückt ...
Jene Stadt ist nichts anderes als das Wort Gottes, das in jedem Zeitalter und in jeder Sendung offenbart wird. In den Tagen Mose war sie der Pentateuch, in den Tagen Jesu das Evangelium, in den Tagen Muhammads, des Boten Gottes, der Qur’án. An diesem Tage ist sie der Bayán, und in der Sendung Dessen, den Gott offenbaren wird, Sein Buch — das Buch, auf das sich notwendigerweise alle Bücher vergangener Sendungen beziehen müssen, das Buch, das überragend und erhaben in ihrer Mitte steht.
CXXVI. An welchen Ort Wir auch verbannt werden mögen, wie groß auch die Trübsal sein mag, die Wir erdulden — wer zum Volk Gottes gehört, muß mit fester Entschlossenheit und vollkommenem Vertrauen seinen Blick auf die Morgendämmerung der Herrlichkeit gerichtet halten und sich mit dem beschäftigen, was der Besserung der Welt und der Erziehung ihrer Völker dienlich ist. Alles, was Uns in der Vergangenheit zugestoßen ist, hat nur das Wohl Unserer Offenbarung gefördert und ihren Ruhm verkündet. Und alles, was Uns in Zukunft befallen mag, wird das gleiche Ergebnis haben. Haltet aus innerstem Herzen an der Sache Gottes fest, einer Sache, die durch Ihn, den Verordner, den Allweisen, herabgesandt worden ist. In äußerster Güte und Barmherzigkeit haben Wir alle Völker und Nationen aufgerufen und sie zu dem geführt, was ihnen wirklich nützt.
Die Sonne der Wahrheit, die in ihrem Mittagsglanze strahlt, legt Zeugnis für Uns ab. Die zum Volke Gottes Gehörenden haben keinen anderen Ehrgeiz außer dem, die Welt wieder zu beleben, ihr Leben zu veredeln und ihre Völker zu erneuern. Wahrhaftigkeit und guter Wille haben allezeit ihre Beziehungen zu allen Menschen gekennzeichnet. Ihr äußeres Verhalten ist nur eine Widerspiegelung ihres inneren Lebens und ihr inneres Leben ein Spiegel für ihr äußeres Verhalten. Kein Schleier verbirgt oder verdunkelt die Wahrheiten, auf die ihr Glaube sich gründet. Diese Wahrheiten sind vor den Augen aller Menschen offen dargelegt und können unfehlbar erkannt werden. Ihre Handlungen beweisen durchaus die Wahrheit dieser Worte.
Jedes scharfblickende Auge kann an diesem Tag das dämmernde Licht der
Offenbarung Gottes wahrnehmen, und jedes aufmerkende Ohr kann die Stimme
erkennen, die im Brennenden Busche vernehmbar war. Also rauschen die Wasser
des göttlichen Erbarmens, daß Er, die Dämmerfrühe der Zeichen Gottes und
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der Offenbarer der Zeugnisse Seiner Herrlichkeit, sich ohne Schleier und
unverborgen mit den Völkern und Geschlechtern der Erde verbindet und mit ihnen
Zwiesprache hält. Wie zahlreich sind jene, die mit einem Herzen voll Bosheit
Unsere Gegenwart aufgesucht haben und sie als treue und liebende Freunde
wieder verließen! Die Tore der Gnade stehen im Angesicht aller Menschen weit
offen. In Unserem äußeren Verkehr mit ihnen haben Wir den Gerechten wie
den Sünder gleich behandelt, damit der Übeltäter vielleicht das unbegrenzte
Meer der göttlichen Vergebung erreichen möge. Unser Name „der Verbergende“
hat solches Licht über die Menschen gegossen, daß der Trotzige sich einbildete,
zu den Frommen gerechnet zu werden. Wir werden keinen Menschen, der Uns
aufsucht, je enttäuschen, noch wird dem, der Uns sein Angesicht zugekehrt hat,
der Zutritt zu Unserem Hofe verweigert werden...
O Freunde! Helfet dem einen, wahren Gott — erhaben sei Seine Herrlichkeit — durch gute Taten, durch ein Betragen und eine Wesensart, die in Seinen Augen annehmbar sind. Wer ein Helfer Gottes an diesem Tage zu sein begehrt, der schließe seine Augen gegen alles, was er besitzt, und öffne sie für die Dinge Gottes. Er möge aufhören, sich mit dem ihm Nützenden zu beschäftigen, und sich dem hingeben, was den allbezwingenden Namen des Allmächtigen erhöht. Er sollte sein Herz von allen üblen Leidenschaften und verderblichen Wünschen reinigen, denn die Furcht Gottes ist die Waffe, die ihm Sieg zu verleihen vermag, das vornehmlichste Mittel, durch das er sein Ziel erreichen kann.
Die Furcht Gottes ist der Schild, der Seine Sache schirmt, der Schild, der Sein Volk befähigt, den Sieg zu erringen. Sie ist eine Flagge, die niemand einziehen, eine Kraft, mit der keine Macht wetteifern kann. Mit ihrer Hilfe und mit der Erlaubnis Dessen, der der Herr der Heerscharen ist, sind die Gott Nahegerückten instand versetzt worden, die Festungen der Menschenherzen zu unterwerfen und zu erobern.
CXXVII. Wenn es euer Wunsch ist, o ihr Menschen, Gott zu erkennen und die Größe Seiner Macht zu entdecken, dann schauet mit Meinen Augen auf Mich und nicht mit den Augen irgendeines neben Mir. Ihr werdet sonst nie imstande sein, Mich zu erkennen, ob ihr auch über Meine Sache nachsinnt, solange Mein Reich dauert, und durch die Ewigkeit Gottes, des höchsten Herrn von allem, des Allmächtigen, des Ewigdauernden, des Allweisen, über alles Erschaffene nachdenkt. So haben Wir die Wahrheit Unserer Offenbarung kundgemacht, damit die Menschen vielleicht aus ihrer Achtlosigkeit wachgerüttelt werden und zu den Verständigen zählen.
Sehet den erbärmlichen Zustand dieser Menschen, die sehr wohl wissen, wie Ich Mein eigenes Selbst und Meine Verwandtschaft auf dem Pfade Gottes und für die Erhaltung ihres Glaubens an Ihn geopfert habe. Sie sind sich wohl bewußt, wie Meine Feinde Mich umstellt haben in den Tagen, da die Menschenherzen sich fürchteten und bebten, den Tagen, da sie sich vor den Blicken der Geliebten Gottes und Seiner Feinde verbargen und es sich angelegen sein ließen, ihre eigene Sicherheit und ihren Frieden sicherzustellen.
Es gelang Uns schließlich, die Sache Gottes zu enthüllen, und Wir erhoben
sie zu einer so erhabenen Stufe, daß alle Menschen — außer denen, deren Herz
diesem Jüngling übelwollte und das dem Allmächtigen Gefährten zugesellte — die
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Hoheit Gottes und Seine mächtige Herrschaft anerkannten. Und doch bezeuge,
wie trotz dieser Offenbarung, deren Einfluß alles Erschaffene durchdrang,
und ungeachtet der Helle dieses Lichtes, desgleichen keiner von ihnen
jemals schaute, das Volk des Bayán Mich verleugnet und mit Mir gerechtet hat.
Etliche wandten sich vom Pfade Gottes ab, wiesen die Vollmacht Dessen, an den
sie glaubten, zurück und benahmen sich anmaßend gegen Gott, den Machtvollsten,
den höchsten Beschützer, den Erhabensten, den Größten. Andere zögerten
und schwankten auf Seinem Pfad und betrachteten die Sache des Schöpfers in
ihrer innersten Wahrheit als ungültig, ehe sie nicht durch die Billigung dessen
erhärtet ist, der durch das Wirken Meines Willens erschaffen wurde. So sind ihre
Werke mißlungen, aber sie haben es nicht erkannt. Unter ihnen befindet sich
einer, der versuchte, Gott nach dem Maße seines eigenen Selbstes zu messen, und
der sich durch die Namen Gottes so irreführen ließ, daß er sich gegen Mich
erhob, Mich als einen verurteilte, der verdiente, getötet zu werden, und Mir die
Vergehen zur Last legte, deren er sich selber schuldig machte.
Ich trage daher Meinen Kummer und Meine Sorge vor Ihn, der Mich erschuf und Mich mit Seiner Botschaft betraute. Ihm danke und Ihn preise Ich für das, was Er verordnet hat, für Meine Verlassenheit und für die Qual, die Ich in der Hand dieser Menschen, die so weit von Ihm abirrten, erleide. Ich habe die Trübsal, die Mich traf, geduldig ertragen und werde sie auch weiterhin tragen und werde Mein ganzes Vertrauen und Meine Zuversicht in Gott setzen. Ihn werde Ich demütig bitten, indem Ich spreche: Führe Deine Diener, o Mein Herr, zu dem Hof Deiner Gunst und Güte und gib nicht zu, daß sie der Wunder Deiner Gnade und Deiner mannigfaltigen Segnungen beraubt werden. Denn sie wissen nicht, was Du durch Deine Barmherzigkeit, welche die ganze Schöpfung umfaßt, für sie verordnet hast. Nach außen hin, o Herr, sind sie schwach und hilflos und innerlich sind sie Waisen. Du bist der Allgütige, der Großmütige, der Erhabenste, der Größte. Lasse, o Mein Gott, das Wüten Deines Zorns nicht über sie kommen und gib, daß sie auf solche Zeit warten, da die Wunder Deiner Barmherzigkeit offenbar sein werden, damit sie vielleicht zu Dir zurückkehren und Dich für das, was sie Dir antaten, um Vergebung bitten. Wahrlich, Du bist der Verzeihende, der Allbarmherzige.
CXXVIII. Sprich: Ziemt es sich für einen Menschen, daß er für sich in Anspruch nehme, ein Nachfolger seines Herrn, des Allbarmherzigen, zu sein, während er mit dem Herzen doch Taten des Bösen tut? Nein, es steht ihm übel an, und die Schönheit des Allherrlichen wird es Mir bezeugen. Könntet ihr es doch verstehen!
Entfernt aus eurem Herzen die Liebe zu weltlichen Dingen, von eurer Zunge jedes Gedenken außer Seinem Gedenken und aus eurem ganzen Wesen, was immer euch vom Schauen Seines Angesichtes abhält und euch versucht, den Einflüsterungen eurer bösen und verderbten Neigungen zu folgen. Fürchtet Gott, o Menschen, und gehöret zu denen, die den Pfad der Rechtschaffenheit beschreiten.
Sprich: Sollte euer Betragen, o Menschen, dem, wozu ihr euch bekennt,
widersprechen, wie glaubt ihr euch alsdann imstande, euch von denen zu
unterscheiden, die ihren Glauben an den Herrn, ihren Gott, bekannten und
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sich dennoch weigerten, Ihn anzuerkennen, sobald Er in der Wolke der
Heiligkeit zu ihnen kam, und die Seine Wahrheit zurückwiesen? Machet euch
von allen Bindungen an diese Welt und ihre Eitelkeit frei. Hütet euch, auf daß
ihr ihnen nicht nahet, denn sie verleiten euch, nach euren Gelüsten und gierigen
Wünschen zu wandeln und hindern euch am Betreten des rechten und herrlichen
Weges.
Wisset, daß mit der „Welt“ gemeint ist, daß ihr auf Ihn, eueren Schöpfer, nicht achtet und euch mit etwas anderem beschäftigt außer Ihm. Andererseits. bedeutet „das zukünftige Leben“ Dinge, die euch ein sicheres Näherschreiten zu Gott hin, dem Allherrlichen, dem Unvergleichlichen, gewähren. Was immer euch an diesem Tage abhält, Gott zu lieben, ist nichts anderes als die Welt. Fliehet sie, damit ihr zu den Gesegneten zählet! Sollte ein Mensch den Wunsch haben, sich mit dem Schmuck dieser Erde zu zieren, ihr Gewand zu tragen und an den Wohltaten teilzuhaben, die sie zu verleihen vermag, so kann ihm das nicht schaden, wenn er keinem von diesen erlaubt, zwischen ihn und Gott zu treten, denn Gott hat alle in den Himmeln und auf Erden erschaffenen guten Dinge für solche Seiner Diener bestimmt, die wirklich an Ihn glauben. Kostet, o Menschen, von den guten Dingen, die Gott euch erlaubt hat, und beraubt euch nicht selbst Seiner wunderbaren Gaben. Dankt Ihm und preist Ihn und gehört zu den wirklich Dankbaren.
O du, der du dein Heim verlassen und die Gegenwart Gottes gesucht hast! Verkündige den Menschen die Botschaft deines Herrn, damit diese sie vielleicht davon abhalte, den Einflüsterungen ihrer bösen und verderbten Wünsche zu folgen und sie zum Gedenken Gottes, des Erhabensten, des Größten, führe. Sprich: Fürchtet Gott, o Menschen, und haltet euch davor zurück, das Blut irgendeines unter euch zu vergießen. Streitet nicht mit eurem Nächsten und seid unter denen, die Gutes tun. Hütet euch, daß ihr die Erde nicht in Unordnung bringet, nachdem sie wohlgeordnet ist, und folget nicht den Spuren derer, die in die Irre gingen.
Wer sich unter euch erhebt, um die Sache seines Herrn zu lehren, der belehre vor allem sein eigenes Ich, damit seine Rede die Herzen derer anziehe, die ihn hören. Ehe er sich nicht selbst belehrt, werden die Worte aus seinem Munde das Herz des Suchenden nicht beeinflussen. Habet acht, o Menschen, daß ihr nicht zu denen gehört, die andern einen guten Rat geben, aber vergessen, ihn selber zu befolgen. Die Worte solcher wie diese und hinter den Worten die Wirklichkeiten aller Dinge und hinter diesen Wirklichkeiten die Gott nahen Engel werden sie der Unwahrhaftigkeit beschuldigen.
Sollte es einem solchen Menschen je gelingen, einen andern zu beeinflussen, so ist dieser Erfolg nicht ihm zuzuschreiben, sondern vielmehr dem Einfluß der Worte Gottes, wie es von Ihm, dem Allmächtigen, dem Allweisen, verordnet ist. Im Angesichte Gottes wird er wie eine Lampe angesehen, die ihr Licht verbreitet. und sich dennoch dauernd in sich selbst verzehrt.
Sprich: Begehet nichts, o Menschen, was euch Schande bringt und die Sache
Gottes in den Augen der Menschen entehrt, und gehört nicht zu den Unheilstiftern.
Nähert euch nicht den Dingen, die euer Herz verdammt. Meidet jede Art
von Schlechtigkeit, denn solche Dinge sind euch in dem Buch verboten, das
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niemand berührt außer denen, die Gott von jedem Makel des Vergehens gereinigt
und zu den Geläuterten gezählt hat.
Seid aufrichtig gegen euch und andere, auf daß die Beweise der Gerechtigkeit durch eure Taten unter Unsern getreuen Dienern offenbar werden. Hütet euch, daß ihr das Eigentum eures Nächsten nicht antastet. Zeigt euch seines Vertrauens und seines guten Glaubens in euch würdig und vorenthaltet den Armen nicht die Gaben, welche die Gnade Gottes euch verliehen hat. Er wird wahrlich die Mildtätigen belohnen und sie doppelt entschädigen für das, was sie gespendet haben. Es ist kein Gott außer Ihm. Die ganze Schöpfung und ihr Reich sind Sein. Er verleiht Seine Gaben, wem Er will, und wem Er will, dem enthält Er sie vor. Er ist der große Geber, der Freigebigste, der Wohlwollende.
Sprich: Lehrt die Sache Gottes, o ihr vom Volke Bahá’s, denn Gott hat für jeden die Pflicht vorgeschrieben, Seine Botschaft zu lehren, und sieht es als die verdienstvollste aller Taten an. Eine solche Tat ist nur annehmbar, wenn derjenige, welcher die Sache lehrt, bereits ein standhafter Gläubiger Gottes ist, des höchsten Beschützers, des Gnädigen, des Allmächtigen. Er hat außerdem bestimmt, daß Seine Sache durch die Macht der menschlichen Äußerung und nicht durch das letzte Hilfsmittel der Gewalt gelehrt werde. So wurde Sein Befehl aus dem Reiche Dessen herabgesandt, welcher der Erhabenste, der Allweise ist. Hütet euch, mit jemandem zu streiten, nein, strebet vielmehr darnach, den Betreffenden auf gütige Art und durch überzeugende Zurede von der Wahrheit zu unterrichten. Wenn euer Hörer antwortet, so hat er zu seinem eigenen Frommen geantwortet, und wenn nicht, so wendet euch von ihm ab und richtet euer Angesicht auf Gottes geweihten Hof, den Sitz strahlender Heiligkeit.
Erörtert mit niemandem die Dinge dieser Welt und ihre Angelegenheiten, denn Gott hat sie denen überlassen, die sich zu ihnen hinneigen. Er hat für Sich selber von der ganzen Welt die Menschenherzen auserwählt — Herzen, die die Heerscharen der Offenbarung und der Verkündung bezwingen können. So wurde es vom Finger Bahá’s auf der Tafel von Gottes unwiderruflichem Ratschluß auf Befehl Dessen, welcher der Höchste Verordner, der Allwissende ist, bestimmt.
CXXIX. O Wanderer auf dem Pfade Gottes! Greife nach deinem Teil aus dem Meer Seiner Gnade und beraube dich nicht selbst der Dinge, die in seinen Tiefen verborgen ruhen. Gehöre zu denen, die an seinen Schätzen teilhaben. Ein Tropfen aus diesem Meer, über alle in den Himmeln und auf Erden vergossen, würde genügen, um sie reich an der Güte Gottes zu machen, des Allmächtigen, des Allwissenden, des Allweisen. Schöpfe mit den Händen des Verzichtes aus seinen lebengebenden Wassern und netze damit alle erschaffenen Dinge, auf daß sie von allen menschengeschaffenen Begrenzungen reingewaschen werden und sich dem mächtigen Sitze Gottes, diesem geheiligten und strahlenden Orte, nähern.
Sei nicht bekümmert, wenn du es allein verrichtest. Lasse Gott allgenügend
für dich sein. Halte innige Zwiesprache mit Seinem Geiste und zähle zu den
Dankbaren. Verkündige die Sache deines Herrn allen, die in den Himmeln und
auf Erden sind. Antwortet jemand deinem Ruf, so lege die Perlen der Weisheit
des Herrn, deines Gottes, die Sein Geist auf dich herabgesandt hat, offen vor ihn
hin und gehöre zu denen, die wahrhaft glauben. Und sollte jemand deine Gabe
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zurückweisen, so wende dich von ihm ab und setze dein Vertrauen und deine
Zuversicht in den Herrn, deinen Gott, den Herrn aller Welten.
Bei der Gerechtigkeit Gottes! Wer an diesem Tage seine Lippen öffnet und den Namen seines Herrn erwähnt, auf den werden die Heerscharen göttlicher Eingebung aus dem Himmel Meines Namens, „der Allwissende“, „der Allweise“, herniederkommen. Auf ihn wird auch die himmlische Versammlung herabsteigen und ein jeder aus ihr einen Kelch reinen Lichtes hoch vorantragen. So wurde es vorherbestimmt im Reiche der Offenbarung Gottes auf Befehl Dessen, der der Allherrliche, der Machtvollste ist.
Unter dem Heiligen Schleier verborgen und vorbereitet für den Dienst Gottes lag eine Schar Seiner Erwählten, die den Menschen offenbar werden soll, die Seiner Sache helfen und die niemanden fürchten soll, ob auch die ganze menschliche Rasse gegen sie aufstände und kämpfte. Das sind jene, welche sich vor den Blicken der Erdenbewohner und der Himmelsbürger erheben, freudejauchzend dem Namen des Allmächtigen zujubeln und die Menschenkinder auf den Pfad Gottes, des Allherrlichen, des Allgepriesenen, rufen werden. Wandle auf ihrem Weg und lasse dich durch niemanden schrecken. Gehöre zu denen, die der Aufruhr der Welt, wie sehr er sie auch auf dem Pfad ihres Schöpfers berühre, niemals betrüben, deren Absicht der Tadel der Tadler niemals vereiteln kann.
Ziehe aus mit der Tafel Gottes und Seinen Zeichen und vereinige dich mit denen, die an Mich geglaubt haben, und tue ihnen die Botschaft Unseres heiligsten Paradieses kund. Warne dann jene, die Ihm Gefährten zugesellten. Sprich: Ich bin vom Throne der Herrlichkeit zu euch gekommen, o ihr Menschen, und bringe euch eine Verkündigung von Gott, dem Machtvollsten, dem Erhabensten, dem Größten. In Meiner Hand trage Ich das Zeugnis Gottes, eures Herrn und des Herrn eurer Urväter. Wägt es auf der rechten Waage, die ihr besitzt, der Waage des Zeugnisses der Propheten und Boten Gottes. Wenn ihr findet, daß es auf Wahrheit beruht, wenn ihr glaubt, daß es von Gott ist, so hütet euch, es zu schmähen und damit eure Werke zu vereiteln, auf daß ihr nicht zu den Ungläubigen gezählt werdet. Es ist in der Tat das Zeichen Gottes, das durch die Macht der Wahrheit herabgesandt worden ist und durch welches die Gültigkeit Seiner Sache Seinen Geschöpfen bewiesen und das Banner der Reinheit zwischen Erde und Himmel gehißt wurde.
Sprich: Dies ist die versiegelte und mystische Schriftrolle, das Behältnis, in dem Gottes unabänderlicher Ratschluß ruht und das die Worte bewahrt, welche die Finger der Heiligkeit verzeichnet haben. Sie lag in den Schleier unergründlichen Geheimnisses gehüllt und wurde nun als ein Zeichen der Gnade Dessen herniedergesandt, der der Allmächtige, der Urewige der Tage ist. In ihr haben Wir das Schicksal aller Erdenbewohner und aller Himmelsbürger beschlossen und das Wissen um alle Dinge niedergelegt, vom ersten bis zum letzten. Nichts, ob es in der Vergangenheit erschaffen ward oder in der Zukunft erschaffen werden wird, kann Ihm je entgehen oder Ihn täuschen. Wenn ihr es doch erkennen würdet!
Sprich: Die von Gott herabgesandte Offenbarung wurde gewißlich wiederholt
und die ausgestreckte Hand Unserer Macht hat alle, die im Himmel und auf
Erden sind, mit ihrem Schatten bedeckt. Wir haben durch die Macht der [Seite 52]
Wahrheit, der alleinigen Wahrheit, einen unendlich kleinen Schimmer Unseres
unergründlichen Geheimnisses enthüllt, und siehe, jene, welche den Strahlenglanz
vom Sinai erkannten, vergingen, als sie einen leuchtenden Schein dieses hochroten
Lichtes erhaschten, das den Sinai Unserer Offenbarung umhüllt. So kam
Er, der die Schönheit des Allbarmherzigen ist, in den Wolken Seines Zeugnisses
herab, und der Ratschluß hat sich kraft des Willens Gottes, des Allherrlichen,
des Allweisen, erfüllt.
Sprich: Verlasse Dein heiliges Gemach, o Himmelsdienerin, Bewohnerin des erhabenen Paradieses! Schmücke Dich, wie es Dir gefällt, mit dem seidenen Gewand der Unsterblichkeit und lege im Namen des Allherrlichen das buntgestickte Kleid des Lichtes an. Lausche alsdann dem süßen Ton der Stimme, die vom Thron Deines Herrn, des Unzugänglichen, des Höchsten, kommt. Entschleiere Dein Angesicht und enthülle die Schönheit der schwarzäugigen Jungfrau und lasse es nicht zu, daß die Diener Gottes des Lichtes Deines strahlenden Antlitzes beraubt werden. Gräme Dich nicht, wenn Du die Seufzer der Erdenbewohner vernimmst oder die Wehklagen der Bürger des Himmels. Lasse sie umkommen im Staube der Vertilgung. Mache sie zu einem Nichts, sofern die Flamme des Hasses in ihren Herzen entbrannt ist. Dann aber stimme vor dem Angesicht der Völker der Erde und des Himmels und im höchsten Wohlklang Deiner Stimme das hohe Preislied des Gedenkens Dessen an, welcher der König der Namen und Attribute Gottes ist. Also haben Wir Dein Schicksal bestimmt. Sehr wohl sind Wir imstande, Unsre Absicht auszuführen.
Hüte Dich, Du, der Du das Wesen der Reinheit bist, daß Du Dich nicht Deines Kleides strahlender Herrlichkeit entäußerst. Nein, schmücke Dich vielmehr im Reich der Schöpfung mehr und mehr mit den unzerstörbaren Gewändern Deines Gottes, damit das schöne Abbild des Allmächtigen sich durch Dich in allen erschaffenen Dingen widerspiegle und die Gnade Deines Herrn sich in der Fülle ihrer Kraft in die ganze Schöpfung ergieße.
Wenn Du bei jemandem den Duft der Liebe Deines Herrn verspürst, so opfere Dich für ihn, denn Wir haben Dich zu diesem Zweck erschaffen und in dieser selben Absicht seit unvordenklicher Zeit und in der Gegenwart der Schar Unserer Wohlbegünstigten einen Bund mit Dir geschlossen. Sei nicht ungeduldig, wenn die im Herzen Blinden ihre Pfeile eitler Einbildung auf Dich herniederschleudern. Überlasse sie sich selbst, denn sie folgen dem Anreiz der Bösen.
Rufe laut vor dem Blicke der Bewohner von Himmel und Erde: Ich bin die
Himmelsdienerin, das Reis, das vom Geiste Bahá’s gezeugt ward. Mein Heim ist
die Wohnstatt Seines Namens „der Allherrliche“. Vor den himmlischen
Heerscharen wurde Ich mit dem Schmuck Seiner Namen geziert. Ich ward in den
Schleier unverletzlicher Sicherheit gehüllt und lag verborgen vor den Augen
der Menschen. Mich dünkt, Ich hörte eine Stimme von göttlicher und
unvergleichlicher Süße, die aus der rechten Hand des Gottes des Erbarmens kam,
und siehe, das ganze Paradies ward erregt und zitterte vor Mir in seiner Sehnsucht,
ihre Laute zu vernehmen und auf die Schönheit Dessen zu blicken, der sie kund
tat. Also haben Wir auf dieser leuchtenden Tafel und in der wohlklingendsten
der Sprachen die Verse geoffenbart, welche die Zunge der Ewigkeit im
Qayyúm’l-Asmá’ zu äußern bewegt wurde,
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Sprich: Er verordnet kraft Seiner Herrschaft, was Ihm beliebt, und tut, was immer Er will, auf Sein eigenes Geheiß. Er soll nicht gefragt werden nach dem, was Ihm zu verordnen beliebt. Er ist in Wahrheit der Uneingeschränkte, der Allmachtvolle, der Allweise.
Jene, die nicht an Gott geglaubt und sich gegen Seine Herrschaft empört haben, sind die hilflosen Opfer ihrer verderbten Neigungen und Lüste. Sie werden zu ihrem Aufenthaltsort im Höllenfeuer zurückkehren. Erbärmlich ist der Wohnort der Verneiner!
CXXX. Sei freigebig im Wohlstand und dankbar im Unglück. Sei des Vertrauens deines Nächsten würdig und blicke mit einem strahlenden und freundlichen Angesicht auf Ihn. Sei ein Schatz für den Bedürftigen, ein Mahner für den Reichen, begegne dem Notschrei des Armen und wahre die Heiligkeit deines Versprechens. Sei gerecht in deinem Urteil und zurückhaltend in deiner Rede. Sei zu niemandem ungerecht und erweise allen Menschen Milde. Sei eine Lampe für die, welche im Dunkeln wandeln, ein Freudenquell für die Bekümmerten, ein Meer für die Dürstenden, ein Hafen für die Gequälten, sei ein Beistand und Verteidiger für das Opfer der Bedrückung. Lasse Lauterkeit und Rechtschaffenheit die Merkmale aller deiner Handlungen sein. Sei ein Heim für den Fremdling, Balsam für den Leidenden, ein Turm der Kraft für den Flüchtling. Sei das Auge für den Blinden und ein Leitstern den Füßen des Irrenden. Sei eine Zier für das Angesicht der Wahrheit, eine Krone für die Stirn der Treue, eine Säule des Tempels der Rechtlichkeit, der Atem des Lebens für den Körper der Menschheit, ein Banner der Heerscharen der Gerechtigkeit, eine Leuchte am Horizonte der Tugend, ein Tautropfen für den Boden des Menschenherzens, eine Arche auf dem Meere der Erkenntnis, eine Sonne am Himmel der Güte, ein Edelstein am Stirnband der Weisheit, ein leuchtendes Licht am Himmel deiner Zeitgenossen, eine Frucht am Baume der Demut.
CXXXI. Die Feder des Urewigen Königs hat niemals aufgehört, der Geliebten Gottes zu gedenken. Zu einer Zeit sind Ströme des Erbarmens aus Seiner Feder geflossen, zu einer anderen wurde durch ihre Bewegung Gottes leuchtendes Buch geoffenbart. Er ist der Eine, mit dem sich niemand vergleichen und mit dessen Sprache der sterbliche Mensch niemals wetteifern kann. Seit Ewigkeit her hat Er sicher auf dem Thron der Überlegenheit und Macht geruht, Er, von dessen Lippen Ratschläge kamen, die die Nöte der ganzen Menschheit beheben, und Ermahnungen, die ihnen begegnen.
Der eine wahre Gott bezeugt Mir - und Seine Geschöpfe werden es bestätigen —, daß Ich Mir selber keinen Augenblick gestattet habe, vor den Augen der Menschen verborgen zu bleiben noch willens war, Meine Person vor ihrer Beschimpfung zu schützen. Vor dem Angesichte aller Menschen habe Ich Mich erhoben und ihnen befohlen, nach Meinem Willen zu tun. Mein Ziel ist kein anderes als die Besserung der Welt und die Ruhe ihrer Völker. Das Wohlergehen der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar, wenn ihre Einheit nicht sicher begründet ist. Diese Einheit kann solange nicht zustandekommen, wie die Ratschläge, welche die Feder des Höchsten offenbarte, unerwogen beiseite gelassen werden.
Durch die Macht der Worte, die Er geäußert hat, kann die ganze menschliche
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Rasse von dem Lichte der Einheit erleuchtet werden, und das Gedenken Seines
Namens ist imstande, die Herzen aller Menschen in Brand zu setzen und die
Schleier zu verbrennen, die sich zwischen sie und Seine Herrlichkeit legen.
Eine gerechte Tat ist mit einer Wirksamkeit ausgestattet, die den Staub so
emporheben kann, daß er veranlaßt wird, sich über den Himmel der Himmel
hinaus zu erheben. Sie kann jede Fessel lösen und hat die Macht, die Kraft,
die sich verbrauchte und dahinschwand, wiederherzustellen ..,
Sei rein, o Volk Gottes, sei rein; sei gerecht, sei gerecht... Sprich: O Volk Gottes! Das, was den Sieg Dessen, der die Ewige Wahrheit ist, verbürgen kann, Seine Heerscharen und Helfer auf Erden, wurde in den heiligen Büchern und Schriften niedergelegt und ist so klar und offenkundig wie die Sonne. Diese Heerscharen sind solche gerechten Taten, ein solches Betragen und ein solcher Charakter, wie sie in Seinen Augen annehmbar sind. Wer sich an diesem Tag erhebt, um Unserer Sache beizustehen und die Heerscharen eines rühmenswerten Charakters und eines aufrechten Betragens zu seiner Hilfe herbeiruft, dessen von solcher Tat ausgehender Einfluß wird sich ganz bestimmt über die ganze Welt verbreiten.
CXXXII. Die Absicht des einen wahren Gottes — erhaben sei Seine Herrlichkeit —, als Er Sich den Menschen offenbarte, war, jene Edelsteine bloßzulegen, die in den Gesteinsadern ihres wahren und innersten Selbstes verborgen liegen. Daß den verschiedenen Gemeinschaften der Erde und den mannigfachen religiösen Glaubenssystemen niemals erlaubt sein sollte, Gefühle feindseliger Gesinnung unter den Menschen zu nähren, gehört an diesem Tag zum Wesen des Glaubens Gottes und Seiner Religion. Diese Grundsätze und Gesetze, diese sicherbegründeten und mächtigen Systeme sind einer Quelle entsprungen und sind die Strahlen eines Lichtes. Daß sie voneinander abweichen, ist den wechselnden Erfordernissen der Zeitalter zuzuschreiben, in denen sie verkündet wurden.
Gürte deine Lenden mit deinem Bemühen, o Volk Bahá’s, damit der Sturm religiösen Zwistes und Streites, der die Völker der Erde bewegt, vielleicht zum Schweigen gebracht und jede Spur von ihnen vollkommen getilgt werde. Um der Liebe Gottes und derer willen, die Ihm dienen, erhebe dich, um dieser höchsten und bedeutendsten Offenbarung beizustehen. Religiöser Fanatismus und Haß sind ein weltverzehrendes Feuer, dessen Heftigkeit niemand zum Halten bringen kann. Allein die Hand göttlicher Macht kann die Menschheit aus ihrem trostlosen Elend erlösen....
Die Sprache Gottes ist eine Lampe, deren Licht diese Worte sind: Ihr seid die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges. Verkehret miteinander in äußerster Liebe und Eintracht, in freundschaftlicher Gesinnung und Kameradschaft. Er, die Sonne der Wahrheit, bezeugt es Mir! So machtvoll ist das Licht der Einheit, daß es die ganze Erde erleuchten kann. Der eine wahre Gott, Er, der alle Dinge kennt, bezeugt die Wahrheit dieser Worte.
Bemüht euch, damit ihr diese höchste und erhabenste Stufe erreicht, die
Stufe, welche den Schutz und die Sicherheit der ganzen Menschheit
gewährleisten kann. Dieses Ziel überragt jedes andere Ziel, und dieses
Streben ist der Fürst alles Strebens. Solange jedoch die dichten Wolken
der Unterdrückung,
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welche die Sonne der Gerechtigkeit verdunkeln, ungeteilt bleiben, wird die
Herrlichkeit dieser Stufe schwerlich vor den Augen der Menschen entschleiert
werden...
O Volk Bahá’s, verkehre mit allen Menschen im Geiste des Wohlwollens und der Kameradschaft. Wenn du um eine bestimmte Wahrheit weißt, wenn du ein Kleinod besitzest, das andere nicht haben, so laß sie daran teilnehmen und sprich in Ausdrücken äußerster Güte und guten Willens zu ihnen. Wenn sie es annehmen, wenn es seinen Zweck erfüllt hat, ist dein Ziel erreicht. Wenn jemand es zurückweist, so überlasse ihn sich selbst und bitte Gott, ihn zu führen. Hüte dich, daß du nicht unfreundlich mit ihm umgehest. Eine freundliche Zunge ist der Magnet der Menschenherzen. Sie ist das Brot des Geistes, sie verleiht den Worten Bedeutung. Sie ist der Quell des Lichtes, der Weisheit und des Verständnisses ...
CXXXIII. Die Gesetze Gottes wurden herabgesandt aus dem Himmel Seiner erhabensten Offenbarung. Alle müssen sie sorgfältig befolgen. Die höchste Auszeichnung des Menschen, sein wahrer Fortschritt, sein endlicher Sieg, waren immer von ihnen abhängig und werden auch weiterhin von ihnen abhängig bleiben. Wer die Gebote Gottes hält, wird ewige Glückseligkeit erreichen.
Eine zweifache Verpflichtung ruht auf demjenigen, der den Tagesanbruch der Einheit Gottes erkannt hat und sich zu Dem bekennt, der die Offenbarung Seiner Einzigkeit ist. Die erste ist Festigkeit in Seiner Liebe, eine Festigkeit, die weder das Geschrei des Feindes noch die Ansprüche des eitlen Heuchlers davon abhalten kann, sich an Ihn, die Ewige Wahrheit, zu halten, eine Festigkeit, die jenen keinerlei Beachtung schenkt. Die zweite ist die genaue Befolgung der Gesetze, die Er verfügt hat — Gesetze, die Er immer für die Menschen verordnet hat und auch weiterhin verordnen wird und durch welche die Wahrheit von der Lüge unterschieden und getrennt wird.
CXXXIV. Die allererste den Menschen vorgeschriebene Verpflichtung ist, nächst der Erkenntnis Seiner, der Ewigen Wahrheit, die Verpflichtung zur Festigkeit in Seiner Sache. Halte dich an sie und sei unter denen, deren Sinn sicher auf Gott gerichtet und gegründet ist. Keine noch so verdienstliche Handlung konnte und kann sich je mit ihr vergleichen. Sie ist der Fürst aller Handlungen, und das wird dein Herr, der Allhöchste, der Machtvollste, bezeugen ...
Die Gott eigenen Tugenden und Attribute sind alle klar und offenbar und wurden in allen himmlischen Büchern erwähnt und beschrieben. Unter ihnen sind die Vertrauenswürdigkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit des Herzens in der Zwiesprache mit Gott, Langmut, Ergebung in alles, was der Allmächtige verordnet hat, Zufriedenheit mit dem, womit Sein Wille uns versehen hat, Geduld, nein, vielmehr Dankbarkeit mitten in Heimsuchungen, und in jeder Lage ein vollkommenes Vertrauen in Ihn. Diese stehen nach dem Urteil Gottes obenan unter den höchsten und lobenswertesten aller Handlungen. Alle andern Handlungen sind zweitrangig, sind diesen untergeordnet und werden es immer bleiben ....
Der Geist, der das Menschenherz belebt, ist die Erkenntnis Gottes, und seine
wahre Zier ist das Erkennen der Wahrheit, daß „Er tut, was immer Er will, und
verordnet, was Ihm gefällt“. Sein Gewand ist die Gottesfurcht und seine
Vervollkommnung Festigkeit in Seinem Glauben. Also belehrt Gott einen
jeden,
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der Ihn sucht. Er liebt wahrlich den, der sich Ihm zuwendet. Es ist kein Gott
außer Ihm, dem Vergebenden, dem Gütigsten. Aller Preis sei Gott, dem Herrn
aller Welten.
CXXXV. O Buchstabe des Lebendigen! Das Ohr Gottes hat deinen Schrei vernommen und Seine Augen haben deine niedergeschriebene flehende Bitte geschaut. Er ruft dich von Seinem Sitz der Herrlichkeit aus und offenbart dir die Verse, die durch Ihn herabgesandt wurden, welcher der Helfer in Gefahr, der Selbstbestehende ist.
Gesegnet bist du, weil du den Götzen des Selbstes und der eitlen Einbildung völlig vernichtet und den Schleier bloßer Launen durch die Kraft und Macht deines Herrn, des Höchsten Beschützers, des Allmächtigen, des einen Geliebten, zerrissen hast. Du mußt in der Tat unter die Buchstaben gerechnet werden, die jeden andern Buchstaben übertroffen haben. Darum wurdest du auserlesen von Gott durch die Zunge deines Herrn, des Báb, Dessen leuchtendes Angesicht die ganze Schöpfung umstrahlt hat und sie auch weiterhin umstrahlen wird. Danke dem Allmächtigen und verherrliche Seinen Namen, da Er dir geholfen hat, eine Sache zu erkennen, welche die Herzen der Himmels- und Erdenbewohner erzittern ließ, welche die Bürger der Reiche der Schöpfung und der Offenbarung zum Wehklagen brachte und durch welche die verborgenen Geheimnisse in der Menschenbrust ergründet und geprüft wurden.
Dein Herr, der Höchste (der Báb), richtet aus Seinem Reiche der Herrlichkeit diese Worte an dich: Groß ist die Seligkeit, die deiner wartet, o Buchstabe des Lebendigen, denn du hast wahrlich an Mich geglaubt, du hast dich geweigert, Mir vor den himmlischen Heerscharen Schande zu bereiten, du hast dein Pfand eingelöst, hast den Schleier bloßer Einbildungen zerrissen und hast deinen Blick auf den Herrn, deinen Gott, den Herrn des Unsichtbaren und des Sichtbaren, den Herrn des vielbesuchten Heiligtums, gerichtet. Ich bin wohlzufrieden mit dir, weil Ich an dem Tag, da alle Angesichter trübe und dunkel wurden, dein Antlitz strahlend vor Licht gefunden habe.
Sprich: O Volk des Bayán! Ermahnten Wir euch nicht in all Unsern Sendschreiben und in all Unsern verborgenen Schriften, euren üblen Leidenschaften und verderbten Neigungen nicht zu folgen, sondern eure Augen auf den Schauplatz höchster Herrlichkeit zu richten an dem Tage, da die mächtigste Waage aufgestellt werden wird, an dem Tage, da die süßen Melodien des Geistes Gottes aus der Rechten des Thrones deines Herrn, des allmächtigen Beschützers, des Allmachtvollen, des Heiligen der Heiligen, strömen werden? Verboten Wir euch nicht, euch an das zu hängen, was euch ausschließen würde von der Manifestation Unserer Schönheit in ihrer nachfolgenden Offenbarung, seien es nun die Verkörperungen der Namen Gottes und all ihre Herrlichkeit oder die Offenbarer Seiner Attribute und ihre Herrschaft? Sobald Ich Mich offenbarte, siehe, wie ihr da Meine Wahrheit zurückwieset und euch von Mir abwandtet und unter denen waret, welche die Zeichen Gottes als Spielerei und Zeitvertreib betrachtet haben!
Bei Meiner Schönheit! Nichts wird an diesem Tage von euch angenommen
werden, ob ihr auch fortfahret, Gott anzubeten, und euch durch die Ewigkeit
Seiner Herrschaft hin vor Ihm niederwerfet. Denn alle Dinge hängen von [Seite 57]
Seinem Willen ab und der Wert aller Handlungen ist durch Seine Annahme und
Sein Wohlgefallen bedingt. Das ganze Weltall ist nur eine Handvoll Staub in
Seiner Hand. Es sei denn, daß der Mensch Gott erkenne und liebe, sonst wird
sein Schrei an diesem Tage von Gott nicht vernommen werden. Das gehört zum
Wesen Seines Glaubens — wenn ihr es nur wüßtet.
Wollt ihr mit dem zufrieden sein, was wie ein Dunst in der Ebene ist, und seid ihr willens, auf das Weltmeer zu verzichten, dessen Wasser kraft des Willens Gottes die Menschenseelen erfrischt? Weh über euch, daß ihr die Güte Gottes mit etwas so Nichtigem und Unwürdigem vergolten habt! Ihr gehört in der Tat zu denen, die Mich in Meiner vorherigen Offenbarung zurückgewiesen haben. Wenn euer Herz es doch begriffe!
Erhebt euch und sühnt unter den Augen Gottes eure Pflichtvergessenheit gegen Ihn. Dies ist Mein Gebot für euch — würdet ihr euer Ohr doch Meinem Gebote neigen! Bei Meinem Selbst! Weder das Volk des Qur’án, noch die Nachfolger der Torah oder des Evangeliums, noch die irgend eines andern Buches haben das begangen, was eure Hände getan haben. Ich Selbst habe Mein ganzes Leben der Verteidigung der Wahrheit dieses Glaubens gewidmet. Ich habe in allen Meinen Sendschreiben das Kommen Seiner Offenbarung angekündigt. Und dennoch empörtet ihr euch gegen Ihn, der der höchste Beschützer, der Selbstbestehende ist, als Er sich, angetan mit der Herrlichkeit Bahá’s und in das Gewand Seiner Größe gekleidet, in Seiner nachfolgenden Offenbarung enthüllte. Hütet euch, o Menschen! Schämt euch dessen, was Mich in eurer Hand auf dem Pfade Gottes betroffen hat. Nehmt euch in acht, daß ihr nicht unter denjenigen seid, die zurückwiesen, was aus dem Himmel von Gottes höchster Herrlichkeit auf sie herabgesandt wurde.
Solches, o Buchstabe des Lebenden, sind die Worte, die dein Herr gesprochen und aus den Reichen droben an dich gerichtet hat. Verkündige die Worte deines Herrn Seinen Dienern, damit sie vielleicht ihren Schlaf abschütteln und Gott um Vergebung bitten, der sie geformt und gebildet hat und diese strahlendste, diese heiligste und klare Offenbarung Seiner Schönheit auf sie herniedergesandt hat.
CXXXVI. Sprich: Befreiet eure Seelen, o Menschen, von den Fesseln des Selbstes und läutert sie von aller Bindung an irgend etwas außer Mir. Das Gedenken Meiner reinigt alle Dinge von Befleckung — könntet ihr es doch erkennen! Sprich: Würden alle erschaffenen Dinge vollkommen des Schleiers weltlicher Nichtigkeit und Lust entkleidet, so würde die Hand Gottes sie an diesem Tage allesamt mit dem Gewand des „Er tut, was immer Er will im Reiche der Schöpfung“ bekleiden, damit dadurch das Zeichen Seiner Herrschaft in allen Dingen offenbar werde. Darum sei Er gepriesen, der höchste Herr von allen, der Allmächtige, der erhabenste Beschützer, der Allherrliche, der Machtvollste.
Singe die Verse Gottes, die du empfangen hast, so, o Mein Diener, wie jene
sie singen, die sich Ihm genähert haben, damit die Süße deines Sanges deine
eigene Seele entflamme und die Herzen aller Menschen anziehen möge. Wer immer
zurückgezogen in seiner Kammer die von Gott geoffenbarten Verse spricht, wird
erfahren, wie die Engel des Allmächtigen den Duft der Worte, die sein Mund
verkündet hat, überallhin verbreiten und das Herz eines jeden Gerechten höher
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schlagen lassen. Mag er sich auch anfangs ihrer Wirkung nicht bewußt werden,
so muß doch die Kraft der ihm gewährten Gnade früher oder später ihren Einfluß
auf seine Seele üben. Also wurden die Geheimnisse der Offenbarung Gottes
durch den Willen Dessen verordnet, der die Quelle der Macht und Weisheit ist.
O Khalíl! Gott ist Mein Zeuge! Wenn Meine Feder sich auch ruhig über Meinem Sendschreiben bewegt, so ist sie im Innersten doch in Tränen und tief unglücklich. Auch die am Throne brennende Lampe weint und stöhnt um der Dinge willen, welche die Urewige Schönheit in den Händen derer erlitt, die ja nur eine Schöpfung Seines Willens sind. Gott weiß um die Wahrheit Meiner Worte und bezeugt sie Mir. Kein Mensch, der sein Ohr freigehalten hat von dem lauten Geschrei der Ungläubigen und es allem Erschaffenen zuneigte, kann verfehlen, ihre Stimme der Klage und Trauer über die Leiden zu hören, die Uns in den Händen jener Unserer Diener befallen haben, die nicht an Uns geglaubt und sich gegen Uns aufgelehnt haben. So haben Wir dir einen Schimmer jenes Elends enthüllt, das über Uns gekommen ist, damit du um Unser Erdulden wissest und geduldig deine Sorgen tragest.
Erhebe dich, um deinem Herrn zu allen Zeiten und in allen Lagen beizustehen, und sei einer Seiner Helfer. Ermahne alsdann die Menschen, den Worten, welche der Geist Gottes auf dieser strahlenden und glänzenden Tafel geäußert hat, Gehör zu schenken. Sprich: Säet, ihr Leute, nicht die Saaten der Zwietracht unter die Menschen und streitet nicht mit eurem Nächsten. Seid unter allen Umständen geduldig und setzt euer ganzes Vertrauen und eure Zuversicht in Gott. Helfet eurem Herrn mit dem Schwerte der Weisheit und der Verkündung. Das, wahrlich, ziemt der Stufe des Menschen. Davon abzuweichen würde ihn Gottes, des höchsten Herrn von allen, des Verherrlichten, nicht würdig sein lassen. Aber die Menschen wurden irregeleitet und gehören wahrlich zu den Achtlosen.
Öffnet, o Menschen, die Türe der menschlichen Herzen mit den Schlüsseln des Gedenkens Dessen, der das Gedenken Gottes und die Quelle der Weisheit unter euch ist. Er hat von der ganzen Welt die Herzen Seiner Diener erwählt und ein jedes zum Sitz für die Offenbarung Seiner Herrlichkeit gemacht. Heiligt sie daher von jeder Befleckung, damit das, wofür sie erschaffen wurden, in sie eingegraben werde. Dies ist wahrlich ein Beweis für Gottes gütige Gewogenheit.
Verschönert eure Zunge, o Menschen, durch Wahrhaftigkeit, und ziert eure Seele mit dem Schmucke der Ehrlichkeit. Hütet euch, o Menschen, daß ihr nicht verräterisch mit irgend jemand umgehet. Seid die Vertrauten Gottes unter Seinen Geschöpfen und die Sinnbilder Seiner Großmut inmitten Seines Volkes. Jene, die ihren Lüsten und verderbten Neigungen folgen, sind in die Irre gegangen und haben ihre Mühen vergeudet. Sie gehören wahrlich zu den Verlorenen. Strebet danach, o Menschen, daß euer Auge auf das Erbarmen Gottes gelenkt, daß euer Herz auf Sein wunderbares Gedenken abgestimmt werde, daß eure Seele in der Zuversicht auf Seine Gnade und Güte ruhe, daß euer Fuß den Pfad Seines Wohlgefallens beschreite. Das sind die Ratschläge, die Ich euch hinterlasse. Möchtet ihr doch Meinen Ratschlägen folgen!
CXXXVII. Einige haben es als gesetzlich erlaubt betrachtet, die Unverletzlichkeit
des Eigentums ihres Nächsten zu durchbrechen und haben sich nichts aus der
Vorschrift Gottes gemacht, die Er in Seinem Buche niedergelegt hat.
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Unheil komme über sie, und die Züchtigung Gottes, des Allmachtvollen, des
Allmächtigen, suche sie heim! Bei Ihm, der über dem Tagesanbruch der Heiligkeit
leuchtet! Wenn die ganze Erde in Silber und Gold verwandelt würde, so würde
doch kein Mensch, von dem man sagen kann, daß er wirklich in den Himmel des
Glaubens und der Gewißheit aufstieg, sich herablassen, dies zu betrachten,
wieviel weniger denn, es zu ergreifen und zu behalten. Wir haben Uns früher
auf diesen Gegenstand bezogen in Stellen, die in arabischer Sprache, einer
Sprache von auserlesener Schönheit, geoffenbart sind. Gott ist Unser Zeuge!
Wer immer die Süße jener Worte gekostet hat, wird niemals willens sein, die
Grenzen, die Gott gesetzt hat, zu überschreiten, noch wird er seinen Blick auf
irgendeinen außer seinem Vielgeliebten richten. Ein solcher Mensch wird mit
seinem inneren Auge bereitwillig erkennen, wie völlig nichtig und flüchtig die
Dinge dieser Welt sind, und wird seine Neigung höheren Dingen schenken.
Sprich: Schämt euch, o ihr, die ihr euch die Liebenden der Urewigen Schönheit nennt! Erinnert euch der Trübsale, die Er erlitt, der Bürde der Qualen, die Er um Gottes willen ertragen hat. Haltet eure Augen offen. Zu welchem Zweck hat Er sich denn abgemüht, wenn die mannigfachen Prüfungen, die Er aushielt, schließlich in solchen verächtlichen Erklärungen und einem so jämmerlichen Benehmen enden sollen? Jeder Räuber, jeder Missetäter hat in den Tagen, die Meiner Offenbarung vorangingen, diese gleichen Worte geäußert und die gleichen Handlungen begangen.
Wahrlich, Ich sage: Neigt euer Ohr Meiner süßen Stimme und heiligt euch von der Befleckung durch eure bösen Leidenschaften und verderbten Wünsche. Jene, die im Zelte Gottes wohnen und auf den Sitzen ewiger Herrlichkeit ruhen, werden es verschmähen, und sollten sie Hungers sterben, ihre Hand auszustrecken, um unrechtmäßig nach dem Besitz ihres Nächsten zu greifen, wie gemein und nichtswürdig dieser auch sei.
Die Absieht des einen wahren Gottes, da Er sich offenbart, ist, die ganze Menschheit zu Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, zu Frömmigkeit und Vertrauenswürdigkeit, zu Entsagung und Ergebenheit in den Willen Gottes, zu Langmut und Freundlichkeit, zu Rechtschaffenheit und Weisheit zu rufen. Sein Ziel ist, jeden Menschen mit dem Mantel eines geheiligten Charakters zu bekleiden und ihn mit dem Schmucke frommer und schöner Taten zu zieren.
Sprich: Habt Erbarmen mit euch selber und mit euren Mitmenschen und laßt es nicht zu, daß die Sache Gottes — eine Sache, die unermeßlich erhaben über das innerste Wesen der Heiligkeit ist - beschmutzt werde von den Flecken eurer nichtigen Launen, eurer unziemlichen und verderbten Einbildungen.
CXXXVIII. Du siehst, o Gott des Erbarmens, Du, dessen Macht alles Erschaffene
durchdringt, diese, Deine Diener, Deine Knechte, die nach dem Wohlgefallen
Deines Willens am Tage das von Dir verordnete Fasten halten, die sich
beim frühesten Morgendämmern erheben, um von Deinem Namen zu künden
und Deine Ehre zu verherrlichen, in der Hoffnung, ihren Anteil an den guten
Dingen zu erhalten, die in den Schatzkammern Deiner Gnade und Güte
aufgespeichert liegen. Ich flehe Dich an, o Du, der Du in Deinen Händen die Zügel
der ganzen Schöpfung hältst, in Dessen Gewalt das ganze Reich Deiner Namen
und Deiner Attribute ist, beraube an Deinem Tage Deine Diener nicht der aus
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den Wolken Deines Erbarmens strömenden Regenschauer, noch hindere sie, ihr
Teil aus dem Meer Deines Wohlgefallens zu empfangen.
Alle Atome der Erde bezeugen, o mein Herr, die Größe Deiner Kraft und Deiner Herrschaft, und alle Zeichen des Weltalls bestätigen die Herrlichkeit Deiner Majestät und Deiner Macht. Habe daher Erbarmen, o Du, der Du der höchste Herr von allem, der Du der König ewiger Tage und der Herrscher aller Völker bist, mit diesen Deinen Dienern, die sich an das Seil Deiner Gebote geklammert und ihren Nacken vor den Offenbarungen Deiner Gesetze gebeugt haben, welche aus dem Himmel Deines Willens herabgesandt wurden.
Siehe, o mein Herr, wie ihre Augen zum Dämmerungsorte Deiner liebenden Güte erhoben, wie ihre Herzen auf die Meere Deiner Gunst gerichtet sind, wie ihre Stimmen sich senken vor dem Ton Deiner süßesten Stimme, die von der höchsten Stufe in Deinem Namen der Allherrliche ruft. Hilf Du Deinen Geliebten, o mein Herr, jenen, die ihr alles aufgaben, damit sie erhielten, was Du besitzest, und die von Heimsuchungen und Trübsal umgeben wurden, weil sie der Welt entsagten und ihre Neigungen auf Dein Reich der Herrlichkeit gerichtet haben. Schirme sie, ich flehe Dich an, o mein Herr, vor den Angriffen ihrer bösen Leidenschaften und Lüste und hilf ihnen, das zu erlangen, was ihnen in dieser gegenwärtigen Welt und in der nächsten nützen wird.
Ich bitte Dich, o mein Herr, bei Deinem verborgenen, Deinem kostbaren Namen, der laut im Reiche der Schöpfung ruft und alle Völker zu dem Baume lädt, über den es kein Hinausgehen gibt, dem Sitze höchster Herrlichkeit regne auf uns und auf Deine Diener die überströmenden Schauer Deines Erbarmens hernieder, damit sie uns von dem Gedenken an alles außer an Dich reinigen mögen und uns den Küsten des Meeres Deiner Gnade näherbringen. Verordne, o Herr, durch Deine erhabenste Feder, was unsere Seelen im Reiche der Herrlichkeit unsterblich macht, unsere Namen in Deinem Königreich verewigt und unser Leben in den Schatzkammern Deines Schutzes und unsere Leiber in der Feste Deiner unverletzbaren Sicherheit behütet. Du hast Macht über alle Dinge, seien sie vergangen oder zukünftig. Kein Gott ist außer Dir, dem allmächtigen Beschirmer, dem Selbstbestehenden.
Du siehst, o Herr, unsere flehenden Hände zum Himmel Deiner Gunst und Güte erhoben. Gewähre, daß sie mit den Schätzen Deiner Freigebigkeit und gütigen Gewogenheit gefüllt werden. Vergib uns und unseren Vätern und unseren Müttern und erfülle, was immer wir von dem Meer Deiner Gnade und göttlichen Großmut ersehnt haben. Nimm, o Geliebter unserer Herzen, alle unsere Werke auf Deinem Pfade an. Du bist wahrlich der Machtvollste, der Erhabenste, der Unvergleichliche, der Eine, der Vergebende, der Gnädige.
CXXXIX. O Nabíl-i-A‘zam, schenke der Stimme des Urewigen der Tage, die dir vom Königreich Seines allherrlichen Namens ruft, ein aufmerksames Ohr. Er ist es, der jetzt von den Reichen droben und im innersten Wesen aller erschaffenen Dinge verkündet: „Ich bin wahrlich Gott, es ist kein Gott außer Mir. Ich bin Der, welcher seit jeher die Quelle aller Herrschaft und Kraft war, Er, der durch alle Ewigkeit fortfahren wird, Sein Königtum auszuüben und Seinen Schutz auf alles Erschaffene auszudehnen. Mein Beweis ist die Größe Meiner Macht und Meiner Herrschaft, welche die ganze Schöpfung umfassen“ ...
(Fortsetzung folgt)
DER VERHEISSENE TAG IST GEKOMMEN[Bearbeiten]
Von Shoghi Effendi
(Fortsetzung)
Wessen wir gegenwärtig Zeuge sind, während „dieser schwersten Krise in
der Geschichte der Zivilisation“, die uns an Zeiten mahnt, da „Religionen
untergingen und geboren wurden“, das ist das Jünglingsalter in der
langsamen und schmerzreichen Entwicklung der Menschheit, das Erreichen
des Mannesalters vorbereitend, des Zustandes der Reife, dessen Verheißung
in den Lehren Bahá’u’lláh’s eingebettet und in Seinen Weissagungen
verschlossen ist. Der Aufruhr dieses Übergangszeitalters ist für das
Ungestüm und die vernunftswidrigen Naturtriebe der Jugend kennzeichnend,
für ihre Tollheiten, ihre Verschwendung, ihren Stolz, ihre Selbstsicherheit,
ihr Empörertum und ihre Verachtung von Zucht.
Das künftige große Zeitalter
Die Zeitalter ihrer Unmündigkeit und Kindheit sind vorbei und kehren nie mehr wieder, während das große Zeitalter, die Vollendung aller Zeitalter, die Mündigkeit des ganzen Menschengeschlechtes bedeutet, erst noch kommen muß. Die Erschütterungen dieses stürmischen Übergangsabschnittes in der Geschichte der Menschheit sind die wesentlichen Vorbedingungen des Zeitalters der Zeitalter und kündigen sein unvermeidliches Nahen an, „die Zeit des Endes“, in welcher die Tollheit und der Aufruhr von Hader, der seit dem Dämmern der Geschichte die Annalen der Menschheit schwärzte, endlich in die Wahrheit und Ruhe eines ungestörten, allumfassenden und dauerhaften Friedens umgewandelt werden, worin die Zwietracht und Trennung der Menschenkinder einer weltumschließenden Aussöhnung und einer völligen Vereinigung der verschiedenen Elemente der menschlichen Gesellschaft Raum gegeben haben.
Dies wird fürwahr die würdige Krönung jenes Prozesses der Vervollkommnung
sein, der, ausgehend von der Familie, der kleinsten Einheit auf der
Stufenleiter menschlicher Organisation, nacheinander den Stamm, den
Stadtstaat und die Nation ins Leben gerufen hat und fortwährend
weiterwirken muß, bis er in der Vereinigung der ganzen Welt gipfelt, dem
Endziel und der höchsten Herrlichkeit menschlicher Entwicklung auf diesem
Planeten. Es ist die Stufe, der sich die Menschheit, gewollt oder ungewollt,
unwiderstehlich nähert. Für diese Stufe ebnet dieses ungeheure, flammende
Gottesgericht, das die Menschheit über sich ergehen lassen muß, auf
geheimnisvolle Weise den Weg. Mit dieser Stufe sind die Geschicke und der Plan
des Glaubens Bahá’u’lláh’s unlöslich verkettet. Die Schöpferkräfte, die Seine
Offenbarung im „Jahre sechzig“ entfesselt und später durch fortgesetzte
Ausgießungen himmlischer, im „Jahre neun“ und im „Jahre achtzig“ aller
Menschheit gewährter Macht verstärkt hat, haben der Menschheit die Fähigkeit
eingeflößt, diese Endstufe in ihrer organischen und gemeinsamen Entwicklung
zu erreichen. Mit dem goldenen Zeitalter Seiner Sendung wird die
Vollendung dieses Geschehens für immer verbunden sein. Der Bau Seiner
neuen Weltordnung, die sich jetzt im Schoße der Verwaltungseinrichtungen,
die Er selbst geschaffen hat, rührt, wird sowohl als Muster wie als Kern
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jenes Weltstaatenbundes dienen, der das sichere, unvermeidliche Schicksal
der Völker und Nationen der Erde ist.
Gerade so wie die organische Entwicklung der Menschheit langsam und stufenweise vor sich gegangen ist und nacheinander die Einigung der Familie, des Stammes, des Stadtstaates und der Nation in sich schloß, so ist das durch Gottesoffenbarung gewährte Licht in den verschiedenen Entwicklungsstufen der Religion, das in den aufeinanderfolgenden Sendungen der Vergangenheit sich widerspiegelt, langsam und fortschreitend gewesen. Tatsächlich ist das Maß göttlicher Offenbarung in jedem Zeitalter dem Grade sozialen Fortschrittes angepaßt worden und ihm angemessen gewesen, wie er in jenem Zeitalter durch eine stetig sich entwickelnde Menschheit jeweils erreicht war.
„Es ist von Uns beschlossen worden“, erklärt Bahá’u’lláh, „daß das Wort Gottes und alle Möglichkeiten daraus den Menschen geoffenbart werden, streng angemessen den Verhältnissen, wie sie vorherbestimmt worden sind von Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen ... Würde dem Wort erlaubt sein, plötzlich alle in ihm verborgenen Kräfte zu entfesseln, so könnte kein Mensch die Last einer so mächtigen Offenbarung aushalten.“ „Alle erschaffenen Dinge“, hat 'Abdu'l-Bahá, diese Wahrheit erläuternd, bekräftigt, „haben ihren Grad oder ihre Stufe der Reife. Die Zeit der Reife im Leben eines Baumes ist die Zeit seines Früchtetragens ... Das Tier erreicht eine Stufe vollen Wachstums und der Vollkommenheit, und im Menschenreich gelangt der Mensch zur Reife, wenn das Licht seines Verstandes seine größte Macht und Entwicklung erreicht ... Ähnlich sind die Zeiten und Stufen im gemeinsamen Leben der Menschheit. Seinerzeit durchwanderte sie ihre Kindheitsstufe, späterhin ihre Jugendzeit, aber jetzt ist sie in ihre lange vorhergesagte Reifezeit eingetreten, deren Beweise überall in Erscheinung treten ... Was den Bedürfnissen des Menschen in seiner früheren Geschichte angemessen war, ist weder angebracht noch genügend für die Erfordernisse des heutigen Tages, dieser Zeit des Neuen, der Vollendung. Die Menschheit ist aus der einstigen Stufe der Beschränkung und der Vorerziehung aufgetaucht. Der Mensch muß mit neuen Tugenden und Kräften, neuen Sittenmaßstäben, neuen Fähigkeiten durchtränkt werden. Neue Wohltaten, vollkommene Gaben warten auf ihn und senken sich schon auf ihn herab. Die Gaben und Segnungen der Jugendzeit, wenngleich passend und genügend während des Heranwachsens der Menschheit, sind jetzt nicht imstande, den Bedürfnissen ihrer Reifezeit zu begegnen.“ „In jeder Sendung“, hat Er überdies geschrieben, „hat sich das Licht göttlicher Führung auf eine Hauptaufgabe gesammelt ... In dieser wundersamen Offenbarung, diesem glorreichen Jahrhundert, dieser Begründung des Gottesglaubens und der entscheidenden Merkmale Seines Gesetzes ist es das Bewußtsein der Einheit der Menschheit.“
Religion und soziale Entwicklung
Die mit dem Glauben Jesu Christi verbundene Offenbarung richtete ihren
Brennpunkt in erster Linie auf die Erlösung des einzelnen Menschen und
auf die Formung seines Betragens und betonte als ihren Hauptgegenstand die
Notwendigkeit, dem Menschen, als der Grundeinheit der menschlichen
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Gesellschaft, ein hohes Maß für Sittlichkeit und Zucht einzuschärfen. Nirgends
in den Evangelien finden wir einen Hinweis auf die Einheit der Nationen oder
die Vereinigung der Menschheit insgesamt. Wenn Jesus zu denen um Ihn
sprach, so redete Er sie in erster Hinsicht als Einzelmenschen an, weniger
als Bestandteile einer umfassenden, unteilbaren Einheit. Die ganze Erdoberfläche
war fast noch unerforscht, und die Organisation aller ihrer Völker und
Nationen zu einer Einheit konnte demzufolge noch nicht ins Auge
gefaßt, wieviel weniger verkündet oder errichtet werden. Welche andere
Auslegung kann diesen Worten gegeben werden, in denen Bahá’u’lláh im
besonderen die Anhänger des Evangeliums anredet, worin die grundsätzliche
Unterscheidung zwischen der in erster Linie den Einzelmenschen betreffenden
Sendung Jesu Christi und Seiner eigenen besonders an die Menschheit
im Ganzen gerichteten Botschaft endgültig festgesetzt wird: „Wahrlich, Er
(Jesus) sagte: ‚Folget Mir nach, so will Ich euch zu Menschenfischern machen.“
Am heutigen Tage jedoch sagen Wir: ‚Folget Mir nach, auf daß Wir euch zu
Erweckern der Menschheit machen‘.“
Der Glaube des Islam, das nächste Glied in der Kette göttlicher Offenbarung, führte, wie Bahá’u’lláh selbst bezeugt, den Begriff der Nation als eine Einheit und wesentliche Stufe in der Organisation der menschlichen Gesellschaft ein und fügte ihn in seine Lehre ein. Dies ist in der Tat mit diesem kurzen, doch höchst bedeutsamen und erleuchtenden Ausspruch Bahá’u’lláh’s gemeint: „Ehedem (Sendung des Islam) ist geoffenbart worden: ‚Liebe zum Vaterland ist ein Element des Gottesglaubens‘.“ Dieser Grundsatz wurde durch den Gesandten Gottes aufgestellt und betont, da ja die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ihn zu jener Zeit erforderte. Auch konnte keine Stufe über und jenseits von ihm ins Auge gefaßt werden, da Weltverhältnisse, welche die Errichtung einer noch höheren Organisationsform einleiten ließen, noch nicht erreicht werden konnten. Der Begriff der Nationalität, das Erreichen der Stufe des Volkstums mögen daher als die kennzeichnenden Merkmale der mohammedanischen Sendung gelten, in deren Verlauf die Nationen und Rassen der Welt, besonders in Europa und Amerika, geeint wurden und politische Unabhängigkeit erlangten.
'Abdu'l-Bahá selbst erleuchtet diese Wahrheit in einem Seiner Sendschreiben:
„In vergangenen Zyklen konnte, wann immer auch ein Zusammenklang
zustande kam, doch aus Mangel an Mitteln die Einheit der ganzen Menschheit
nicht erfüllt werden. Die Erdteile blieben weit voneinander getrennt, ja,
selbst unter den Völkern eines und desselben Erdteiles waren Verbindungen
und Gedankenaustausch nahezu unmöglich. Demzufolge waren Verkehr,
Verständnis und Einheit unter allen Völkern und Geschlechtern der Erde
noch unausführbar. An diesem Tage jedoch haben sich die Verkehrsmittel
vervielfacht und die fünf Teile der Erde sind tatsächlich zu einem
verschmolzen... In gleicher Weise sind alle Glieder der menschlichen Familie,
ob Völker oder Regierungen, Städte oder Dörfer, in wachsendem Maße voneinander
abhängig geworden. Für keines ist Selbstgenügsamkeit noch länger möglich,
da ja politische Bande alle Völker und Nationen einen und die Bande von
Handel und Industrie, Landwirtschaft und Erziehung jeden Tag fester werden.
Daher kann die Einheit der
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ganzen Menschheit am heutigen Tage erfüllt werden. Wahrlich, dies ist nichts
anderes als eines der Wunder dieses wunderbaren Zeitalters, dieses glorreichen
Jahrhunderts. Dessen sind vergangene Zeiten beraubt gewesen, denn dieses
Jahrhundert, das Jahrhundert des Lichtes, ist mit einzigartiger und
nie dagewesener Herrlichkeit, Macht und Erleuchtung begabt. Daher die
wundersame Entfaltung eines neuen Wunders an jedem Tage. Am Ende wird
man sehen, wie hell seine Lichter brennen werden in der Versammlung der
Menschen.“
(Fortsetzung folgt)
AUS DER BAHA’I-WELT[Bearbeiten]
Seit dem 16. Oktober 1952 begehen die Bahá’i in 126 Ländern das Jubiläumsjahr der Bahá’i-Religion anläßlich der hundertjährigen Wiederkehr des Geschehnisses, das Bahá’u’lláh zum Empfänger Seiner prophetischen Mission als „der Verheißene aller Religionen“ werden ließ.
Dieses Bahá’i-Jubiläumsjahr steht im Zeichen von vier interkontinentalen Konferenzen, der ersten im Februar 1953 in Kampala, Uganda in Afrika, der zweiten im Mai in Wilmette, Illinois in USA., der dritten im Juli in Stockholm in Schweden und der vierten im Oktober in New Delhi in Indien.
Im Mittelpunkt dieser Konferenzen steht eine Reihe von Aufgaben zur Ausbreitung der Botschaft von Bahá’u’lláh, vornehmlich der Ausbau und die Festigung der Bahá’i-Einrichtungen, insbesondere die Entwicklung der Institutionen im Weltzentrum des Bahá’í-Glaubens, in Haifa, Israel, die geistige Erschließung der restlichen Länder und Inseln für diese Religion, die Übertragung der Schriften des Begründers dieses Glaubens in weitere Sprachen, die Stärkung der Verbindungen zu den Vereinten Nationen zur Förderung derer Ziele. Die weltweite Zusammenarbeit der verschiedenen Bahá’i-Körperschaften erfolgt im Rahmen eines Zehnjahresplanes unter der Lenkung des geistigen Oberhauptes und des Hüters der Bahá’i-Religion, Shoghi Effendi in Haifa, und soll im Jahre 1963, der 100jährigen Wiederkehr der ersten öffentlichen Erklärung von Bahá’u’lláh an Seine Anhänger über Seine Sendung, durch die Einberufung eines Bahá’i-Weltkongresses in Baghdad, der Stadt dieser epochalen Erklärung, gekrönt werden. Im Rahmen der zweiten interkontinentalen Bahá’i-Konferenz wird der „Mutter-Tempel des Westens“ der Bahá’i-Religion in Wilmette unweit vom Michigansee bei Chicago öffentlich eingeweiht. Er ist ein weithin sichtbares Sinnbild der Einheit der Religion und der Menschheit und wird seine Portale allen Menschen zur Vereinigung im Gebet zur Versöhnung und Befriedung der Völker öffnen.
Wir hoffen, unseren Lesern später über diese internationalen Bahá’i-Veranstaltungen berichten zu können.
Dr. E. Sch.
Herausgeber: Der Nationale Geistige Rat der Bahá’i in Deutschland und Österreich e.V., Stuttgart. Hauptschriftleiter: Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart. — In der „Sonne der Wahrheit“ finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Alle auf den Inhalt der Zeitschrift bezüglichen Anfragen, ferner schriftliche Beiträge, Besprechungsexemplare wie auch alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften sind an Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart N, Menzelstraße 24, zu senden. — Abonnementsbestellungen sowie Zahlungen sind an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í in Deutschland und Österreich e.V., Verlagsabteilung, Frankfurt a.M., Westendstraße 24, Postscheckkonto Frankfurt a.M. Nr. 1181 28, zu richten.
Gedruckt von J. Fink, Stuttgart N
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diesem Tage wirkt, letzten Endes diesen Zustand herbeizuführen fähig ist. Noch mehr: Der
Bahá’i-Glaube legt seinen Anhängern vor allem die Pflicht des ungehemmten Suchens nach
Wahrheit auf, verwirft alle Arten von Vorurteil und Aberglauben und erklärt, daß der Zweck
der Religion die Förderung von Freundschaft und Eintracht sei; er verkündet in wesentlichen Fragen
ihr Zusammengehen mit der Wissenschaft und erkennt sie als die größte Kraft der Befriedigung
und des geregelten Fortschrittes der Menschheit. Er hält ohne Zweideutigkeit den Grundsatz
gleicher Rechte, gleicher Möglichkeiten und Vorrechte für Männer und Frauen hoch, besteht auf
guter Erziehung als Pflicht, tilgt die Extreme von Armut und Reichtum aus, schafft die Einrichtungen
eines Priesterstandes ab, verbietet Sklaverei, Askese, Bettelei und Mönchtum und schreibt
Einehe vor, mißbilligt Scheidung, betont die Notwendigkeit festen Gehorsams zur Regierung,
erhöht jede Arbeit, die im Geiste des Dienens getan wird, auf den Rang des Gottesdienstes, drängt
auf die Schaffung oder Auswahl einer Welthilfssprache und gibt einen Umriß für die Einrichtungen,
welche den Weltfrieden begründen und dauerhaft machen sollen.
Der Herold
Der Bahá’i-Glaube kreist um drei Hauptgestalten, deren erste ein Jüngling aus Schiras namens Mirzá ‘Ali Muhammád war, bekannt als der Báb (das Tor). Er erhob im Mai 1844, im Alter von 25 Jahren den Anspruch, der Herold Dessen zu sein, der nach den Heiligen Schriften früherer Offenbarungen den Einen, der größer ist als Er selbst, verkünden und den Weg für Sein Kommen bereiten soll. Seine Sendung sei, nach eben diesen Schriften, eine Ära des Friedens und der Gerechtigkeit einzuleiten, die als die Vollendung aller früheren Sendungen begrüßt würde, um einen neuen Zyklus in der Religionsgeschichte der Menschheit einzuleiten. Rasch setzte strenge Verfolgung ein, die von den organisierten Mächten der Kirche und des Staates Seines Geburtslandes ausging und schließlich zu Seiner Gefangenschaft, Verbannung und zu Seiner Hinrichtung im Juli 1850 in Täbris führten. Nicht weniger als 20000 Seiner Anhänger wurden in so barbarischer Grausamkeit hingemordet, daß sie das warme Mitgefühl und die unbegrenzte Bewunderung abendländischer Schriftsteller, Diplomaten, Reisender und Gelehrter hervorrief.
Bahá’u’lláh
Mirzá Husayn - ‘Ali, genannt Bahá’u’lláh (die Herrlichkeit Gottes), aus der Provinz Mázindarán stammend, dessen Kommen der Báb verkündet hatte, wurde von diesen gleichen Mächten der Dummheit und des Fanatismus angegriffen, in Teheran eingekerkert, 1852 aus Seinem Heimatland nach Bagdad verbannt und von dort nach Konstantinopel und Adrianopel und schließlich in die Gefängnisstadt Akka, wo Er nicht weniger als 24 Jahre noch gefangengehalten wurde. Unweit davon starb Er im Jahre 1892. In der Zeit seiner Verbannung, vor allem in Adrianopel und in Akka, gab Er den Gesetzen und Vorschriften Seiner Sendung Ausdruck und erklärte in mehr als hundert Bänden die Grundsätze Seines Glaubens, verkündete Seine Botschaft den Königen und Herrschern des Ostens und des Westens, Christen sowohl wie Mohammedanern.
‘Abdu’l-Bahá
Sein ältester Sohn, ‘Abbás Effendi, bekannt als ‘Abdu’l-Bahá (Diener Bahá’s), war von Bahá’u’lláh zu dessen gesetzlichem Nachfolger und bevollmächtigtem Ausleger Seiner Lehren ernannt worden. Er war seit Seiner frühesten Kindheit Seinem Vater eng verbunden und teilte dessen Verbannung und Leiden. Er blieb ein Gefangener bis 1908, wo Er in Auswirkung der jungtürkischen Revolution aus der Haft entlassen wurde. Nunmehr verlegte Er Seinen Wohnsitz nach Haifa, schiffte sich dann bald zu einer drei Jahre langen Reise nach Ägypten, Europa und Nordamerika ein, in deren Verlauf Er vor einer zahlreichen Hörerschaft die Lehren Seines Vaters auslegte und das Nahen der Katastrophe voraussagte, die bald darauf die Menschheit überfallen sollte. Er kehrte nach Hause zurück am Vorabend des ersten Weltkrieges, in dessen Verlauf Er dauernd Gefahren ausgesetzt war bis zur Befreiung Palästinas.
1921 verließ Er diese Welt. Er wurde in dem auf dem Berge Karmel errichteten Grabmal beigesetzt, das nach dem Gebot Bahá’u’lláh’s für die sterblichen Reste des Báb errichtet war.
Die Verwaltungsordnung
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahá’s bedeutete das Ende des heroischen Zeitalters des Bahá’i-Glaubens und bezeichnete zugleich den Beginn des gestaltgebenden Zeitalters, das den schrittweisen Aufstieg der Verwaltungsordnung des Glaubens schaffen soll. Ihre Errichtung war von dem Báb vorhergesagt, ihre Gesetze wurden von Bahá’u’lláh geoffenbart, ihre Umrisse wurden von 'Abdu'l-Bahá in Seinem Willen und Testament vorgezeichnet.
Die Verwaltungsordnung des Glaubens von Bahá’u’lláh ist dazu bestimmt, sich zu einem
Bahá’i-Weltgemeinwesen zu entwickeln. Sie hat schon die Angriffe überdauert, die solche
furchtbaren Feinde wie die Könige der Kadscharen-Dynastie, die Kalifen des Islam, die führenden
Geistlichen Ägyptens und das Naziregime in Deutschland gegen ihre Einrichtungen gerichtet
hatten, und hat ihre Zweige in alle Teile der Erde ausgedehnt, von Island bis zum äußersten
Chile. Sie hat in ihren Bereichen die Vertreter von nicht weniger als 31 Rassen, darunter
Christen verschiedener Bekenntnisse, Muselmänner der
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sunnitischen und schiitischen Sekten, Juden, Hindu, Sikhs, Zoroastrer und Buddhisten. Sie hat
durch ihre festgesetzten Organe Bahá’i-Schriften in 48 Sprachen veröffentlicht und verbreitet.
Diese Verwaltungsordnung ist, im Unterschied von den anderen Systemen, die sich nach dem Tode der Gründer in den verschiedenen Religionen entwickelt haben, göttlich in ihrem Ursprung, beruht mit Gewißheit auf den Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Einrichtungen, die vom Begründer des Glaubens selbst ausdrücklich niedergelegt und unzweideutig festgesetzt sind und waltet in fester Übereinstimmung mit den Auslegungen der bevollmächtigten Ausleger der heiligen Texte.
Der Glaube, dem diese Ordnung dient, den sie schützt und fördert, ist, das sollte in diesem Zusammenhang wohl bemerkt werden, in seinem Wesen übernatürlich, übernational, gänzlich unpolitisch, parteilos und jedem System oder jeder Schule von Ideen, die irgendeine besondere Rasse, Klasse oder Nation über die andere zu stellen sucht, völlig entgegengesetzt. Er ist frei von jeglicher Form von Kirchentum, hat weder Priesterstand noch Riten und wird allein durch freiwillige Gaben seiner erklärten Anhänger getragen.
Wenn auch die Bekenner des Bahá’i-Glaubens ihren Regierungen treu ergeben sind, in Liebe ihrem Vaterland verbunden und darauf bedacht, zu allen Zeiten dessen Wohl zu fördern, so werden sie doch, weil sie die Menschheit als eine Einheit betrachten und deren Lebensinteressen tief verpflichtet sind, ohne Zögern jedes Einzelwohl, sei es persönlich, örtlich oder national, dem übergeordneten Wohl der Menschheit als Ganzes unterordnen; denn sie wissen gar wohl, daß in einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeit der Völker und Nationen der Vorteil des Teiles am besten durch den Vorteil des Ganzen erreicht werden kann, und daß kein Dauererfolg durch eines der zugehörigen Teile erreicht werden kann, wenn das Allgemeinwohl des Ganzen hintangestellt wird.
- Shoghi Effendi
Die zwölf Grundsätze der Bahá’i-Weltreligion
1. Die gesamte Menschheit muß als Einheit betrachtet werden.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
4. Die Religion muß die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
5. Die Religion muß mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
8. Der Weltfrieden muß verwirklicht werden.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung erfahren.
10. Die sozialen Fragen müssen gelöst werden.
11. Es muß eine Einheitssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden.
12. Es muß ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.