Sonne der Wahrheit/Jahrgang 16/Heft 11/Text

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SONNE

DER WAHRHEIT
 
 
Organ der Bahá’í
in Deutschland und
Öesterreich
Heft 11 16. Jahrgang Januar 1937



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Die Bahá’í-Lehre,[Bearbeiten]

die Lehre Bahá’u’lláhs erkennt in der Religion die höchste und reinste Quelle allen sittlichen Lebens.

Die Ausdrucksformen des religiösen Lebens des Einzelnen, ganzer Völker und Kulturkreise haben im Laufe der Geschichte entsprechend den jeweils anderen Verhältnissen und dem Wachstum des menschlichen Erkenntnisvermögens Wandlungen erfahren. Die äußeren Gesetze und Gebote aller Weltreligionen entsprachen immer den entwicklungsgeschichtlich gegebenen Erfordernissen in bezug auf den Einzelnen, die soziale Ordnung und das Verhältnis zwischen den Völkern. Alle Religionen beruhen aber auf einer gemeinsamen, geistigen Grundlage. „Diese Grundlage muß notwendigerweise die Wahrheit sein und kann nur eine Einheit, nicht eine Mehrheit bilden.“ ('Abdu'l-Bahá.) „Die Sonne der Wahrheit ist das Wort Gottes, von dem die Erziehung der Menschen im Reich der Gedanken abhängig ist.“ (Bahá’u’lláh.) Alle großen Religionsstifter waren Verkünder des Wortes Gottes entsprechend der Fassungskraft und Entwicklungsstufe der Menschen. Das Wesen der Religion liegt darin, im Bewußtwerden der Abhängigkeit des Menschen von der Wirklichkeit Gottes Seine Offenbarer anzuerkennen und nach Seinen durch sie übermittelten Geboten zu leben.

Die Bahá’i-Lehre bestätigt und vertieft den unverfälschten und unwandelbaren Sinn und Gehalt aller Religionen von neuem und zeigt darüber hinaus die kommende Weltordnung auf, welche die geistige Einheit der Menschheit zur Voraussetzung haben wird. Die in ihr zum Ausdruck kommende Weltanschauung steht mit den Errungenschaften der Wissenschaft ausdrücklich in Einklang.

Die Lehre Bahá’u’lláhs enthält geistige Grundsätze und Richtlinien für eine harmonische Gesellschafts-, Staats- und Wirtschaftsordnung. Sie beruhen auf dem Gedanken der natürlich gewachsenen, organischen Einheit jedes Volkes und der das Völkische übergreifenden geistigen Einheit der Menschheit. Den Interessen der Volksgemeinschaft sind die Sonderinteressen des Einzelnen unterzuordnen, denn nur die Gesamtwohlfahrt verbürgt auch das Wohl des Einzelnen.

Wie jede Religion, so wendet sich auch die Bahá’i-Lehre an die Herzensgesinnung des Menschen, um die religiösen Kräfte in den Dienst wahren Menschentums zu stellen. Sie erstrebt die Höherentwicklung der Menschheit mehr durch die Selbsterziehung des Einzelnen als durch äußerlich-organisatorische Maßnahmen. Der Bahá’i hat sich daher über seine ernst aufgefaßten staatsbürgerlichen Pflichten hinaus nicht in die Politik einzumischen, sondern sich zum Träger der Ordnung und des Friedens im menschlichen Gemeinschaftsleben zu erheben. Bahá’u’lláhs Worte sind: „Es ist euch zur Pflicht gemacht, euch allen gerechten Regenten ergeben zu zeigen und jedem gerechten König eure Treue zu beweisen. Dienet den Herrschern der Welt mit der höchsten Wahrhaftigkeit und Treue. Zeiget ihnen Gehorsam und seid ihre wohlwollenden Freunde. Mischt euch nicht ohne ihre Erlaubnis und Zulassung in politische Dinge ein, denn Untreue gegenüber dem Herrscher ist Untreue gegenüber Gott selbst.“

Bahá’u’lláh weist den Weg zu einer befriedeten, im Geiste geeinigten Menschheit. Ein alle Staaten umfassender Bund in ihrer Eigenart entwickelter und unabhängiger Völker auf der Grundlage der Gleichberechtigung, ausgestattet mit völkerrechtlichen Vollmachten und Vollstreckungsgewalten gegenüber Friedensstörern, soll die übernationalen Interessen aller Völker der Erde in völliger Unparteilichkeit und höchster Verantwortung wahrnehmen. Zwischenstaatliche Konflikte sind durch einen von allen Staaten beschickten Weltschiedsgerichtshof auf friedlichem Wege beizulegen.

Die geistige Wesensgleichheit aller Menschen und Völker erheischt einen organischen Aufbau der sozialen Weltordnung, in der jedem seine einzigartige, besondere Eingliederung und Aufgabe zugewiesen ist. Die geographischen, biologischen und geschichtlichen Gegebenheiten bedürfen im Gemeinschaftsleben der Völker immer einer besonderen Beachtung, ohne die sie umschließende Einheit im Reiche des Geistes aus den Augen zu verlieren.

Die Lehre Bahá’u’lláhs „ist in ihrem Ursprung göttlich, in ihren Zielen allumfassend, in ihrem Ausblick weit, in ihrer Methode wissenschaftlich, in ihren Grundsätzen menschendienend und von kraftvollem Einfluß auf die Herzen und Gemüter der Menschen“.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der Bahá’í in Deutschland und Österreich
Verantwortlich für die Herausgabe: Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart-W, Reinsburgerstraße 198
Schriftleitung: Dr. Adelbert Mühlschlegel, Dr. Eugen Schmidt, Alice Schwarz-Solivo
Verwaltung: Paul Gollmer Begründet von Alice Schwarz-Solivo
Preis vierteljährlich 1.80 Reichsmark
Heft 11 Stuttgart, im Januar 1937
Sharaf — Ehre 93
16. Jahrgang

Inhalt: Der Sucher Gottes. — Tablets an Japan von ‘Abdu’l-Bahá. — Nabíl’s Erzählung: Ṭáhirih’s Reise von Karbilá nach Khurásán. — Das geistige und das menschliche Leben.



Wahrlich, dem, der sich Gott zuwendet, ziemt es, bei allen Handlungen sich darüber klar zu werden, was nicht von Ihm ist, und sich nach dem zu richten, was ihm im Buche empfohlen ist: also lautet die Verordnung des verständlichen Buches. Jene aber, die den Befehl Gottes mißachten und ihren Leidenschaften folgen, sind auf schauerlichem Irrweg!

Bahá’u’lláh*)


*) Aus Sendschreiben Bahá’u’lláh’s an Nasreddin, Schah von Persien, in dieser Zeitschrift, XIII, S. 76.



Der Sucher Gottes[Bearbeiten]

Worte von Bahá’u’lláh1).


O Mein Bruder! Wenn ein wahrer Suchender sich entschließt, den Schritt des Forschens auf den Pfad zu lenken, der zur Erkenntnis des Altehrwürdigen führt, muß er vor allem sein Herz, das der Verwahrungsort der Offenbarung der inneren Geheimnisse Gottes ist, reinigen vom verdunkelnden Staub allen erworbenen Wissens und von den geringsten Spuren der Verkörperung satanischer Vorstellungen. Er muß seine Brust, die das Heiligtum der ewigen Liebe des Geliebten ist, von jeglicher Besudelung säubern und seine Seele heiligen über alles, was dem Wasser und der Erde angehört, über alle wesenlose und vergängliche Verhaftung. Er muß sein Herz so läutern, daß kein Rest weder von Liebe noch von Haß darin verweilen kann, auf daß ihn diese Liebe nicht blindlings zu Irrtum bewege oder dieser Haß ihn von der Wahrheit zurückhielte. Gerade an diesem [Seite 162] Tage bist du Zeuge, wie die meisten der Menschen wegen solcher Liebe und solchen Hasses des unsterblichen Antlitzes beraubt, weit von den Verkörperungen der Göttlichen Geheimnisse abgeirrt sind und führerlos durch die Wildnis der Vergessenheit und des Irrtums streifen.

Dieser Sucher muß zu allen Zeiten sein Vertrauen auf Gott setzen, muß den Menschen der Erde entsagen, muß sich von der Welt des Staubes lösen und muß Ihm, dem Herrn der Herren, anhangen. Er muß niemals darnach trachten, sich über irgend jemanden zu erheben, muß von der Tafel seines Herzens jede Spur von Stolz und Hochmut auslöschen, muß an Geduld und Ergebung festhalten, Schweigen beobachten und sich müßiger Rede enthalten. Denn die Zunge ist ein schwelendes Feuer und Übermaß der Rede ein tödliches Gift. Materielles Feuer vernichtet den Körper, während das Feuer der Zunge sowohl das Herz als auch die Seele verzehrt. Die Macht des ersteren währt nur eine gewisse Zeit, während die Wirkungen des letzteren ein Jahrhundert dauern.

Dieser Sucher sollte ebenso Verleumdung als schweren Irrtum ansehen, sich von ihrer Gewalt fernhalten, da Verleumdung das Licht des Herzens auslöscht und das Leben der Seele vernichtet. Er sollte mit wenigem zufrieden und von jeglichem zügellosen Wunsche frei sein. Er sollte die Gemeinschaft derer schätzen, die der Welt entsagt haben und die Meidung prahlerischer und weltlicher Menschen als eine kostbare Wohltat betrachten. Im Morgengrauen jeden Tages sollte er mit Gott sprechen und mit seiner ganzen Seele beharrlich sein im Suchen seines Geliebten. Jeden eigenwilligen Gedanken sollte er mit der Flamme Seiner liebenden Erwähnung verbrennen und mit der Schnelligkeit des Lichts an allem außer Ihm vorübereilen. Er sollte dem Verarmten helfen und dem Verlassenen seine Gunst niemals versagen. Er sollte den Tieren Güte erzeigen, wieviel mehr seinem Mitmenschen, ihm, der mit der Macht der Sprache ausgestattet ist. Er sollte nicht zögern, für seinen Geliebten sein Leben zu opfern, noch dem Urteil der Menschen erlauben, ihn von der Wahrheit abwendig zu machen. Er sollte für andere nichts wünschen, was er nicht für sich selbst wünscht, noch etwas versprechen, was er nicht erfüllt. Mit seinem ganzen Herzen sollte er Gemeinschaft mit Übeltätern meiden und für die Verzeihung ihrer Sünden beten. Er sollte dem Sündevollen vergeben und nie seine niedere Stufe verachten, denn niemand weiß, wie sein eigenes Ende sein wird. Wie oft ist ein Sünder in der Stunde des Todes zum Wesen des Glaubens gelangt und hat, den unsterblichen Trank hinunterstürzend, seinen Flug zu den Heerscharen in der Höhe genommen. Und wie oft ist ein frommer Gläubiger in der Stunde der Aufsteigung seiner Seele so verändert gewesen, daß er in das tiefste Feuer stürzte.

Unsere Absicht bei der Offenbarung dieser überzeugenden und schwerwiegenden Worte ist, auf den Sucher einzuwirken, daß er alles außer Gott als vergänglich betrachten und alle Dinge außer Ihm, der das Ziel jeder Anbetung ist, für gänzliche Nichtigkeit halten möge.

Dies zählt zu den Kennzeichen des Erhabenen und bildet das echte Gepräge des Geistiggesinnten. Das wurde schon erwähnt im Zusammenhang mit den Erfordernissen des Wanderers, der auf dem Pfade der wirklichen Erkenntnis schreitet. Wenn der losgelöste Wanderer und aufrichtige Sucher diese wesentlichen Bedingungen erfüllt hat, dann und nur dann kann er ein wahrer Sucher genannt werden. Wann auch immer er die Bedingungen erfüllt hat, die der Vers in sich schließt: „Wer so sich Unseretwegen bemüht“, soll sich der Segnungen erfreuen, welche die Worte verleihen: „Wir werden ihn sicherlich auf Unseren Wegen führen.“

Nur wenn die Lampe des Suchens, des ernstlichen Strebens, des sehnenden Wunsches, der leidenschaftlichen Ergebenheit, der glühenden Liebe, der Begeisterung und Verzückung im Herzen des Suchers entzündet ist und der frische Wind Seiner liebenden Güte über seine Seele streicht, wird die Finsternis des Irrtums vertrieben sein, werden die Nebel der Zweifel und Besorgnisse zerstreut sein und die Lichter der Erkenntnis und Gewißheit sein Wesen einhüllen. Zu jener Stunde wird der geheimnisvolle Verkünder die frohen Botschaften des Geistes bringend, aus der Stadt Gottes hervorleuchten, strahlend wie der Morgen, und wird durch den Posaunenschall der Erkenntnis das Herz, die Seele und den Geist aus dem Schlummer der Achtlosigkeit erwecken. Dann werden die mannigfaltigen [Seite 163] Gunstbezeigungen und die ausströmende Gnade des heiligen und ewigen Geistes dem Sucher solch neues Leben verleihen, daß er sich ausgestattet finden wird mit einem neuen Auge, einem neuen Ohr, einem neuen Herzen und einem neuen Geist. Er wird über die offenbaren Zeichen des Universums nachdenken und in die verborgenen Geheimnisse der Seele eindringen. Mit dem Auge Gottes staunend, wird er in jedem Atom ein Tor gewahr werden, das ihn zu den Stufen der unbedingten Gewißheit führt. Er wird in allen Dingen die Geheimnisse der göttlichen Offenbarung entdecken und die Beweise einer immerwährenden Manifestation.

Ich schwöre bei Gott! Jeder, der auf dem Pfade der Führung wandeln und die Höhen der Rechtschaffenheit zu erklimmen suchen wollte, um diese herrliche und erhabene Stufe zu erreichen, würde, wenn auch tausend Meilen entfernt, den Duft Gottes einatmen und den strahlenden Morgen einer göttlichen Führung wahrnehmen, der sich über dem Tagesanbruch aller Dinge erhebt. Alles und jedes Ding, so klein es auch sei, würde ihm eine Offenbarung sein, die ihn zu seinem Geliebten hinführt, dem Ziel seines Suchens. So groß soll der Scharfsinn dieses Suchers sein, daß er unterscheiden wird zwischen Wahrheit und Trug, wie er die Sonne vom Schatten zu unterscheiden vermag. Wenn in den äußersten Winkeln des Ostens die süßen Düfte Gottes wehen, wird er sicherlich ihren Wohlgeruch erkennen und einatmen, auch wenn er am äußersten Ende des Westens wohnte. Er wird gleicherweise alle die Zeichen Gottes — Seine wunderbaren Worte, Seine großen Werke und mächtigen Taten — klar unterscheiden von den Taten, den Worten und Wegen der Menschen, so wie der Juwelier, der den Edelstein neben dem Stein erkennt, oder der Mensch, der den Frühling vom Herbst und Hitze von Kälte unterscheidet. Wenn der Kanal der menschlichen Seele von allen weltlichen und hinderlichen Verhaftungen gereinigt ist, wird er unfehlbar den Hauch des Geliebten über unmeßbare Entfernungen hinweg aufnehmen und wird, von seinem Wohlgeruch geführt, die Stadt der Gewißheit erreichen und in sie eintreten.

Darinnen wird er die Wunder Seiner urewigen Weisheit schauen und wird all die verborgenen Lehren von den rauschenden Blättern des Baumes vernehmen, der in jener Stadt blüht. Mit seinem inneren wie mit seinem äußeren Ohr wird er aus ihrem Staub die Hymnen der Herrlichkeit und des Lobes hören, die zu dem Herrn der Herren aufsteigen, und mit seinem inneren Auge wird er die Geheimnisse der „Wiederkehr“ und der „Erweckung“ entdecken.

Wie unaussprechlich herrlich sind die Zeichen, die Merkmale, die Offenbarungen, der Glanz, die Er, welcher der König der Namen und Eigenschaften ist, für jene Stadt bestimmt hat! Das Gelangen zu dieser Stadt löscht Durst ohne Wasser und entzündet die Liebe Gottes ohne Feuer. In jedem Grashalm sind die Geheimnisse einer unergründlichen Weisheit eingeschlossen und aus jedem Rosenbusch schmettern Myriaden Nachtigallen in wonnigem Entzücken ihre Melodie. Ihre wunderbaren Tulpen entfalten das Geheimnis des unauslöschlichen Feuers im brennenden Busch und ihre süßen Düfte der Heiligkeit atmen den Wohlgeruch des messianischen Geistes. Er verleiht Reichtum ohne Gold und Unsterblichkeit ohne Tod. In jedem seiner Blätter ist unaussprechliches Entzücken verwahrt, und in jeder Kammer liegen zahllose Geheimnisse verborgen.

Diejenigen, die tapfer im Gottsuchen sich bemühen, werden, wenn sie einmal auf alles verzichteten außer auf Ihn, von jener Stadt so angezogen und gebunden sein, daß eine Trennung von ihr auch für einen Augenblick ihnen undenkbar wäre. Sie werden horchen auf untrügliche Beweise von der Hyazinthe jener Versammlung und werden die sichersten Zeugnisse von der Schönheit ihrer Rose und der Melodie ihrer Nachtigall empfangen. Dereinst in etwa tausend Jahren soll diese Stadt erneuert und wieder geschmückt werden...

Diese Stadt ist keine andere als das Wort Gottes, das in jedem Zeitalter und jeder Ausgießung geoffenbart wird. In den Tagen Moses war es der Pentateuch; in den Tagen Jesu das Evangelium; in den Tagen Muḥammad’s, des Gesandten Gottes, der Qur’án; an diesem Tag der Bayán und bei der Sendung dessen, Den Gott offenbar machen wird, Sein eigenes Buch — das Buch, auf das sich alle Bücher früherer Sendungen notwendigerweise beziehen, das Buch, das unter ihnen allen erhaben und am höchsten steht.


1) Entnommen und ins Deutsche übertragen aus „Gleanings from the writings of Bahá’u’lláh“, New York 1935, Kapitel CXXV, S. 264 ff.

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Tablets an Japan von ‘Abdu’l-Bahá[Bearbeiten]

Vorwort

Die Anregung der Veröffentlichung der folgenden Tablets an Japan von 'Abdu'l-Bahá verdanken wir Miss Alexander, Tokio, die uns dieselben zu diesem Zwecke einsandte. Angesichts der gegenwärtigen fernöstlichen Ereignisse begegnen Worte 'Abdu'l-Bahá’s über Japan unserem erhöhten Interesse.

Die folgenden Tablets wurden von 'Abdu'l-Bahá den Freunden in Japan und Korea geoffenbart. In der Zeit von 1916 bis zu Seinem Hinscheiden im Jahre 1921 wurden neunzehn Tablets geoffenbart. Achtzehn dieser Tablets wurden an japanische und eines an koreanische Freunde gesandt. Sieben von jenen an die Japaner wurden an Schülerinnen in Tokio, die anderen mit zwei Ausnahmen an junge Männer, und fünf von diesen an blinde junge Männer gesandt; drei haben das wahre Licht dieses Neuen Tages gefunden.

Die erste demütige Bitte eines Japaners an 'Abdu'l-Bahá wurde im Juli 1915 von einem jungen Studenten in Tokio gesandt, welcher diese in japanisch auf eine Schriftrolle niederschrieb. Die Übersetzung ist wie folgt: „O, mein Meister ‘Abdu’l-Bahá: Wie groß ist Deine Barmherzigkeit und Dein Wohlwollen, daß Du zu uns durch einen Apostel herabgekommen bist...! Obgleich ich ein niedriger und armer Jüngling in dieser Welt bin, bin ich erweckt und in den Ozean Deiner Barmherzigkeit getaucht worden, und ich bin so glücklich, daß ich den König und den Fürsten bemitleide, welche in dem Traum des zeitlich Wandelbaren umherschweifen. Nimm, o Meister, meine tiefe Dankbarkeit aus dem Grunde meines Herzens entgegen. Dennoch bin ich sehr traurig, wenn ich an unsere Mitmenschen denke, welche keinen Gedanken wirklicher Glückseligkeit aufnehmen und sich nicht auf die warme Hand Deiner Liebe verlassen. O mein Herr, gieße immer über mich aus das Wasser aus der Quelle Deiner Barmherzigkeit; ich will niemals Deinen Befehl, wie er auch immer sein mag, zurückweisen. Vergib meine Sünden und erlaube mir, meine Mitmenschen zu erwecken.“

Im Februar 1917 erhielt Japan von 'Abdu'l-Bahá eine Antwort auf diese demütige Bitte. Sie ist in der Form eines Briefes von dem Sekretär von ‘Abdu’l-Bahá angekommen und ist durch die Zensur gegangen. Es war das erste Tablet, welches an einen japanischen Einwohner gesandt und von ihm empfangen wurde, und ist das erste, das hierin veröffentlicht ist.

Die zweite demütige Bitte an ‘Abdu’l-Bahá wurde im September 1916 von einem blinden jungen Japaner gesandt, welcher sie in Esperanto schrieb. Nach Empfang einer Antwort von ‘Abdu’l-Bahá, des zweiten hierin veröffentlichten Tablets, schrieb er wieder, demütig bittend, in Englisch. Folgende Worte sind ein Teil seiner Bitte: „O mein ‘Abdu’l-Bahá, von dessen Ebenbild, so ruhig und friedvoll, ich träumte — es kann nicht aus meinem Herzen ausgelöscht werden — Du, dessen Name mein verdorrtes Herz frisch und stark macht, und der Du die Quelle der Liebe und des Lichts aus dem Grunde meines Herzens entspringen läßt, sooft ich an Dich denke. Lasse mein Herz immer nach der Quelle des Lebens dürsten. Mache mich stark genug, um fähig zu sein, unerschütterlich Deine Fackel der Liebe fest und hoch zu halten! Ich bekenne Dir, daß mein Herz manchmal welk ist wie eine Blume an einem Sommertag und seine ganze Kraft verliert; dennoch aber, mein geliebter Herr, gib mir die Kraft, daß ich jede Art von Vorurteil und Unwissenheit aus meinem Herzen reiße. Mache mein Herz so rein und frisch wie grünes Gras auf den Frühlingswiesen, und lasse meine Seele mehr und mehr durch die Fülle Deiner Barmherzigkeit wachsen.“

Als Antwort auf dieses blinden jungen Mannes demütige Bitte offenbarte ‘Abdu’l-Bahá ein Tablet, welches das dritte hierin veröffentlichte ist.

Die Namen jener, an welche diese Tablets gerichtet worden sind, sowie die Überschriften sind hier ausgelassen.

A.B.A. [Seite 165]


Tablets an Japan

von 'Abdu'l-Bahá


O Du1), der Du durch das Licht der Führung geleitet wirst!

Dein erster und zweiter Brief ist eingetroffen. Preis sei Gott, daß das Licht der Führung hell schien, der Spiegel des Herzens erleuchtet und die Finsternis der Unwissenheit zerstreut wurde. Die „Größte Führung“ ist eine Krone glänzender Edelsteine, aus welchen uns die zukünftigen Zeitalter und Zyklen erstrahlen werden. Wenn sie auf das Haupt eines Dieners gesetzt wird, wird er Gegenstand des Neides von Königen werden; denn dies ist eine unvergängliche Krone, und eine ewige Herrschaft. Gott sagt in dem großen Qur’án, Er lasse Seiner Barmherzigkeit jeden Einzelnen teilhaftig werden, wen immer er wünscht.

Preis sei Gott, daß Du durch göttliche Gunst und Freigebigkeit ausersehen worden bist. Du bist erweckt worden, erblicktest die Lichter und horchtest auf die Melodie der erhabenen Heerscharen.

In dem herrlichen Evangelium ist gesagt: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“ Das heißt, Du hast diese Gabe gefunden und nichts dafür bezahlt, daher gib sie andern ohne Entgelt. Verpflichte Dich nun mit einer himmlischen Macht, mit einer herrlichen Gabe, mit geistigen Sitten, mit gottähnlichen Taten und mit erhabener Ausdrucksform zu der Ausbreitung der Lehren Gottes in Japan. Die Bestätigungen des Königreiches werden Dich umgeben, und die Heerscharen des Reiches der Macht werden Dir Triumph verleihen.

Auf Dir sei Gruß und Lob!

gez. 'Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 28. Oktober 1916.


II. Tablet

O Du Besitzer eines sehenden Herzens!

Obgleich, materiell gesprochen, Du von körperlicher Sehkraft verlassen bist, so ist doch, Preis sei Gott, geistige Einsicht Dein Besitztum. Dein Herz sieht und Dein Geist hört. Körperliche Sehkraft ist tausend Krankheiten ausgesetzt und wird am Ende sicherlich verdunkelt werden. Daher möge man ihr keine Wichtigkeit beilegen. Aber die Sehkraft des Herzens wird erleuchtet, sie unterscheidet und entdeckt das göttliche Königreich und ist immerwährend und ewig. Preis sei Gott darum, daß die Sehkraft Deines Herzens erleuchtet ist, und das Gehör Deines Denkens empfänglich.

Die Versammlungen, die Du organisiert hast, in denen Du himmlisches Bewegtsein fühlst und Wirklichkeiten und Bedeutungen begreifst, — jene Versammlung ist gleich dem Firmament mit jenen Seelen gleich glänzenden Sternen, die mit dem Lichte der Führung scheinen. Glücklich ist die Seele, die in diesem glänzenden Zeitalter himmlische Lehren sucht, und gesegnet ist das Herz, welches gerührt und angezogen wird von der Liebe Gottes. Jetzt hat die Sonne der Wahrheit über dem Lande Japan gedämmert, und die Hoffnung ist, daß es durch himmlische Lehren erleuchtet werden möge. Übermittle meine höchste Liebe und Sehnsucht Herrn..... und ebenso Herrn..... Es ist meine Hoffnung, daß diese beiden gesegneten Seelen gleich zwei himmlischen Gestirnen am Horizonte Japans scheinen und die Ursache seiner Erleuchtung sein mögen. Jenes Land hat materielle Zivilisation und vergänglichen Fortschritt erlangt, Wir hoffen, daß es himmlische Zivilisation erhalten wird.

... Überbringe Deiner hochgeschätzten Gattin meine Grüße und meine Botschaft, ebenso Deinem jungen Kinde, Akira, dessen Name ein immer gesegneter sein möge, denn er ist ein ganz angemessener.

Auf Dir sei Gruß und Preis!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 27. Dezember 1918.

(Übersetzt von Shoghi Rabbani.)


III. Tablet

O Du, der Du Deine Aufmerksamkeit dem Königreich Gottes zugewandt hast!

Dein Brief kam an und rief große Freude hervor. Du hast Dich gesehnt, das Licht (die Lehren) in jenen Regionen zu verbreiten. Auch mein Wunsch ist, daß der Moschus der [Seite 166] Liebe Gottes jenes Land durchdringen solle, und daß Fräulein.... und Frau.... gemeinsam darnach streben mögen, daß die Sonnenstrahlen der Wirklichkeit über das ganze Land sich ergießen.

So oft Dir die Mittel der Reise gesichert sind, ist Dir erlaubt zu kommen. Ich flehe zu Gott, Dich zu stärken und wachsen zu lassen gleich einer Lilie im Garten des Königreiches.

O getreuer Freund! Die Bewohner jener Gegend sind aufgeweckt und edel gesinnt. Durch die große Entfernung jedoch hat der Hauch des Moschusduftes ihre Nasen noch nicht erreicht. Sie wissen nichts von dem Aufgang der Sonne der Wirklichkeit am Horizonte Persiens. Wenn Du, der Du dort bist, selbstaufopfernd bist und entflammt wirst von der Liebe Gottes und gleich einem Stern am Horizonte der Wahrheit scheinst, wird jenes Land in kurzem sich in ein Paradies der Erquickung verwandeln. Japan wird erleuchtet werden und wie eine Aue und ein Rosengarten die Herzen in jeder Versammlung beleben. Strebe so streng wie möglich darnach, von der Schönheit des Geliebten der Welt angezogen zu werden und durch das Feuer Seiner Liebe jenes Reich zu entflammen.

... Auf Dir sei Bahá’u’l-Abhá!

gez. 'Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 11. Juni 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


IV. Tablet

(Dieses Tablet und die beiden folgenden wurden für ein junges Mädchen in Tokio offenbart.)

O Du geliebte Tochter!

Wir empfingen Deinen Brief und lasen mit größter Freude, daß, Preis sei Gott, in dem Lande Japan das Licht der Liebe Gottes glänzend aufgegangen ist, und eine Fackel wie Du entzündet wurde, denn Dein Herz fließt über vom Wein der Liebe Gottes, und Dein Geist ist entflammt. Wie ein Strauch bist Du frisch und zart, wachsend und blühend durch den Regen der Wolke der Freigebigkeit. Meine Hoffnung ist, daß Du bald knospen, blühen und köstliche Früchte hervorbringen mögest.

Der wahre Hirte ist ohne Zweifel gütig zu Seiner Herde und ist ihr äußerst zugeneigt, barmherzig und besorgt. Dies ist nur eine natürliche Tatsache. Bleibe daher versichert, daß Du immer gesehen wirst und von zarter Sorge umgeben bist.

Die Menschen in Japan sind gleich einem Boden, der des Regens für Zeitalter und Geschlechter beraubt war und keinen Teil hatte weder an Regengüssen noch selbst am Tau. Sicherlich ist er ganz durstig. Jetzt solltest Du der göttliche Gärtner werden und jenen durstigen Boden mit dem Wasser der göttlichen Lehren sättigen, so daß himmlische Freigebigkeit sich ergießen möge, und die Blumen der Wirklichkeit und die duftenden Kräuter menschlicher Vollkommenheiten aufsprießen und jenes Land in einen Garten Eden verwandeln mögen.

Auf Dir sei Gruß und Lob!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 17. Dezember 1918.

(Übersetzt von Shoghi Rabbani.)


V. Tablet

O Du geliebte Dienerin Gottes!

Beachte die göttliche Güte! Wir sind in Haifa und Du in Tokio; und dennoch sind unsere Herzen miteinander verbunden! Dies geschieht durch die Macht des Königreiches, welche den Osten und den Westen sich umarmen läßt.

Ich empfinde die größte Güte für Dich. Wenn Du fähig bist, die Geschichte von Qurratu’l-'Ayn als ein Drama zu schreiben, so sei es Dir erlaubt.

Über Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. 'Abdu'l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Haifa, 10. August 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


VI. Tablet

O Du, der Du ein neuer Baum auf der Aue der Wahrheit bist!

Deinen Brief vom 14. Oktober 1920 haben wir erhalten. Da er die Empfänglichkeit Deines Bewußtseins erkennen ließ, wurde er die Ursache von Freude.

Japan ist wie eine Farm, deren Boden unberührt ist. Solch ein Boden wie dieser hat große Fähigkeit. Ein Samenkorn bringt das Hundertfältige hervor. Jetzt, Preis sei Gott, hast Du eine solche Farm gefunden. Du mußt [Seite 167] das Land entwickeln, Du mußt es frei machen von Dornen und Unkraut, Du solltest die Saaten der Liebe Gottes darüber ausstreuen und es mit dem Regen der Erkenntnis Gottes bewässern. Bleibe versichert, daß himmlischer Segen verliehen werden wird!

Es ist meine Hoffnung, daß Du ein göttlicher Farmer auf jener Farm werden wirst. Die erleuchteten Menschen Japans sind ermüdet und angewidert durch die veralteten und verfaulten blinden Nachahmungen. Sie sind sich darüber klar, daß diese blinden Nachahmungen reiner Aberglaube ohne Wahrheit sind. Darum haben sie die Fähigkeit, den Ruf Gottes zu hören. Das Land ist unberührt, wir müssen sehen, was die göttlichen Farmer tun werden!

Du hast jetzt eine Zeitschrift herausgegeben. Meine Hoffnung ist, daß diese Zeitschrift als der Stern des Ostens scheinen wird. Darum schreibe in die Zeitung:

Als der Horizont des Ostens mit ungeheurer Dunkelheit bedeckt war, als dunkle Wolken herrschten und alle himmlischen Sterne sich dem Auge verbargen, leuchtete Seine Heiligkeit Bahá’u’lláh gleich der Sonne am Horizonte des Ostens auf und erhellte den Orient mit strahlendem Glanze.

Das Licht der Sonne der Wirklichkeit bestand aus himmlischen Lehren, welche im Orient verbreitet wurden, weil dort die Dunkelheit blinder Nachahmungen von religiösen, sektiererischen, rassischen, politischen, wirtschaftlichen und heimischen Vorurteilen von großem Einfluß war. Die Finsternis dieser Vorurteile hat die orientalische Welt in einem solchen Grade beherrscht, daß sie alle Augen blind und alle Ohren taub machte. Streit und Hader, Kriege und Blutvergießen hatten die Oberhand.

Kurz gesagt, es gäbe eine lange Beschreibung; ich deute sie jedoch nur kurz an. Als die Sonne der Wahrheit mit aller Macht und Kraft erstrahlte, zerteilten sich diese dunklen Wolken, und der glänzende Tag zeigte dem Auge einen Anblick von solcher Frische und Schönheit, daß die Weisen erstaunten. Die Kranken wurden geheilt, die Blinden wurden sehend, die Tauben wurden hörend, die Stummen wurden beredt und die Toten wurden belebt. Eine himmlische Tafel wurde im Orient gedeckt. Die göttlichen Lehren wurden gleich einem unerschütterlichen Gebäude eingesetzt.

Das erste Prinzip von Bahá’u’lláh ist unabhängiges Erforschen der Wahrheit, d.h. alle Nationen der Welt müssen unabhängig nach Wahrheit suchen und ihre Augen von den im Sterben liegenden, blinden Nachahmungen der vergangenen Zeitalter gänzlich abwenden. Die Wahrheit ist eine, wenn sie unabhängig erforscht wird, und duldet keine Teilung. Daher wird das unabhängige Erforschen der Wahrheit zur Einheit der Menschenwelt führen.

Ein anderes Prinzip dieser Lehren ist die Einheit der Menschenwelt. Alle Menschen sind die Bäume des göttlichen Gartens, und der Gärtner dieses Obstgartens ist der Höchste, der Allerhalter. Die Hand Seiner Gunst hat diese Bäume gepflanzt, sie aus der Wolke der Barmherzigkeit begossen und sie aufgezogen mit der Kraft der Sonne der Wahrheit.

Denn es besteht kein Zweifel, daß dieser himmlische Gärtner zu all diesen Pflanzen gütig ist. Diese Wahrheit kann nicht geleugnet werden. Sie scheint wie die Sonne. Dies ist die göttliche Klugheit und sie ist ohne Frage größer als die menschliche. Wir müssen der göttlichen Klugheit folgen.

Worauf es ankommt, ist, daß manche Menschen krank sind; manche sind unreif und unkundig, und manche ohne Wissen von ihrem Anfang und Ende. Der Kranke sollte geheilt werden, der Unreife sollte zur Reife gebracht und der Unwissende belehrt werden, so daß er weise wird; Feindschaft aber sollte nicht gegen sie geübt werden.

Ganz ähnlich beschreibe in dieser Zeitschrift die anderen Lehren, mit welchen Du bekannt bist, eine nach der andern in einer eingehenden Abhandlung: Z.B. daß die Religion die Ursache von Einklang sein muß, daß sie mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen sollte, daß sie eine Triebkraft des Fortschritts der ganzen Menschheit sein muß, daß sie frei von blinder Nachahmung sein sollte. Ein anderes Beispiel ist, daß alle Vorurteile auf die Grundlage der Menschenwelt zerstörend wirken.

Andere Beispiele sind: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Erziehung für alle, die Schaffung einer universalen Sprache, Recht und Gerechtigkeit, wirtschaftliche [Seite 168] Erleichterungen für die Menschheit, das Bedürfnis der Menschenwelt nach dem Hauche des heiligen Geistes, die Errichtung des Weltfriedens, die Einrichtung eines höchsten Schiedsgerichtshofes, die Freiheit und Gleichheit aller Menschen, die Bruderschaft in der Menschenwelt und andere Lehren gleich diesen, welche in den Tablets Gottes erwähnt sind. Beschreibe alle diese Lehren in den beredtesten und süßesten Worten, welche den höchst bezaubernden Wirklichkeiten Ausdruck geben, und setze sie in die Zeitung ein.

Es ist meine Hoffnung, daß Du zusammen mit Miß ... bestätigt werden wirst in der Erfüllung dieses Dienstes. Miß ... ist der Herold der Wahrheit in Japan. Sei versichert, daß sie bestätigt und ihr beigestanden wird.

Auf Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. 'Abdu’l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Palästina, 9. Dezember 1920.

(Übersetzt von Azizulläh S. Bahadur.)


VII Tablet.

O Du Freier um die Wirklichkeit!

Wir erhielten Deinen Brief. Preis sei Gott, das Gesicht Deines Geistes ist geöffnet worden, und Du hast die Macht geistiger Heilung erworben. Du hast die Wahrheit gesucht und gefunden und hast Kenntnis von himmlischen Mysterien gehabt.

Die Lehren Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh erleuchten wie die Strahlen der Sonne sowohl den Osten als auch den Westen, beleben die Toten und einigen die verschiedenen Religionen. Sie beweisen die Einheit Gottes, denn sie sammeln alle Gemeinschaften der Welt unter das Zelt der Einheit der Menschheit.

Betrachtet, wie aufgewühlt die Welt ist, und in welcher Erregung die Menschen auf der Welt sich befinden. Himmlische Macht ist nötig, um diese Erregung und Gärung zu beseitigen. Andrerseits wird diese große Sache durch menschliche Macht nicht verwirklicht werden. Menschliche Macht, gleichgültig, wie stark sie auch sein mag, beleuchtet wie eine angezündete Lampe einen begrenzten Raum und erzieht nur eine kleine Anzahl Seelen. Es ist die Sonne, welche alle Regionen erleuchtet, und es ist die himmlische Macht, welche um einen einzigen Ort alle Sekten und Gemeinschaften sammelt. Strebe daher, daß Du dieser außerordentlichen Macht dienen und nutzbare und weitreichende Ergebnisse erlangen mögest.

Über Dir sei Bahá’u’lláh!

Haifa, 17. Dezember 1919,


VIII. Tablet.

O Ihr geehrten Seelen!

Euer Glückwunschschreiben kam an und bereitete Freude, weil sein Inhalt anzeigte, daß die Sonne der Wirklichkeit begonnen hat über jene Regionen zu erstrahlen. Es ist meine Hoffnung, daß dieses Gebiet Erleuchtung erlangen und die himmlische Dämmerung einbrechen möge. Dies wird durch die Macht des Glaubens im Bündnis erlangt werden. Daher erwarten wir, daß jeder einzelne dieser Freunde in jenem Land wie eine strahlende und leuchtende Kerze werden und so das Licht der Führung über die Herzen ausströmen möge.

Wie oft geschah es, daß eine gesegnete Seele bewiesen hat, daß sie zur Ursache der Führung auf einem Erdteil wurde, Ich beglückwünsche Dich auch zu dem Advent dieses gesegneten Tages.

Über Dir sei die Herrlichkeit des Herrlichsten!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, Februar 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


IX. Tablet.

(Geoffenbart für eine junge Schülerin in Tokio.)

O Du geliebte Dienerin Gottes!

Preis sei Gott, daß Du durch die Führung von Miß ... den Ruf Gottes hören konntest. So strebe denn danach, soweit es Dir möglich ist, die göttlichen Lehren auszubreiten, auf daß Du unter den Frauen der Welt mit dieser großen Schenkung ausgezeichnet werden mögest.

Auf Dir sei der Ruhm Abhá’s!

gez. 'Abdu'l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Haifa, 10. August 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


X. Tablet.

O Du, der Du ein begünstigter Diener an der Schwelle des Höchsten bist! [Seite 169]

Deinen Brief haben wir empfangen, wahrlich, wahrlich, Du hast viel in Deinem Leben gelitten. Sei nicht bekümmert wegen des Verlustes Deines Augenlichtes. Preis sei Gott, daß Deine Einsicht scharf ist. Klage nicht über Deine Armut, denn der Schatz des Königreiches ist Dein. Quäle Dich nicht darüber, daß Du nicht auf weltlichen Schulen studieren konntest, denn Du hast die Lehren in den Versen der Einheit an der göttlichen Universität erhalten. Bringe Gott Deinen Dank dar, daß Du endlich Wahrheit erlangen konntest. So sei denn fest und standhaft, auf daß die Türen der größten Schenkung Deinem Antlitz geöffnet werden mögen. Das größte Erfordernis ist Standhaftigkeit und Festigkeit. Jeder Baum, der festgewurzelt ist, wächst.

Über Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Haifa, 10. August 1920,

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XI. Tablet.

O Du himmlischer Mensch!

Preis sei Gott, daß, nachdem Du die Schleier zerrissen und die Strahlen der Sonne der Wirklichkeit gesehen hattest, Du Deine Aufmerksamkeit dem Mittelpunkt des Bundes zuwandtest.

Sei versichert, daß Du bestätigt werden wirst, den Blinden das Sehvermögen, den Tauben die Macht des Gehörs zu geben, und daß Du sogar den Toten Leben geben wirst.

Auf Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 8. Dezember 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XI. Tablet.

(Dieses und das übernächste Tablet wurden für eine Gruppe von sechs Schülerinnen in Tokio geoffenbart.)

O Ihr Töchter des Königreiches!

Eure Glückwünsche zum Fest haben wir erhalten. Die Durchsicht rief Freude und Glück hervor. Durch die Freigebigkeit des erhabenen Herrn hoffe ich, daß diese Töchter des Königreiches Tag für Tag Fortschritte machen werden, so daß sie wie ein Magnet die göttlichen Bestätigungen anziehen mögen. Ich flehe immer für Euch, daß Ihr das größte Geschenk erhalten möget und daß Euer Tun und Wandel nach den Lehren Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh sei.

Auf Euch sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Haifa, 19. August 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XII. Tablet.

(Dieses Tablet wurde neun Personen geoffenbart, wovon acht junge Studenten in Tokio waren.)

O Sucher nach Wahrheit!

Preis sei Gott, daß Ihr den himmlischen Ruf gehört, den Strahl der Sonne der Wahrheit gesehen habt, der richtigen Weisung gefolgt seid und die ersehnte Heimat erreicht habt!

Ihr habt mir Eure Glückwünsche zum Fest gesandt. Ich war sehr erfreut über Eure Gefühle und über die Tatsache, daß ein solches Band jetzt zwischen Ost und West, eine solche Freundschaft zwischen verschiedenen Nationen besteht!

Es ist augenscheinlich, daß durch Eure Bemühungen die Einwohner jener Gegenden jetzt die Moschusdüfte aus dem Garten des Königreiches einatmen. In Japan wird der göttliche Ruf wie ein schreckliches Erbeben gehört werden, so daß jene, welche bereit sind, empor gehoben und erleuchtet werden durch das Licht der Sonne der Wahrheit.

Und auf Euch sei die Herrlichkeit des Herrlichsten!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 19. August 1920.


XIV. Tablet.

O Ihr Töchter des Königreiches!

Das Abbild Eurer Gestalt2) kam in diesem heiligen Land an. Preis sei Gott, diese Gestalten sind leuchtend. Aus Euren Augen strahlt das Licht der Liebe Gottes. Dieses Bild ist aufgenommen worden, als Ihr in der größten Freude und Glückseligkeit waret. Preiset Gott, daß Ihr in diesem jugendlichen Alter in das Königreich Gottes eingetreten seid! Ihr seid erleuchtet worden. Ihr seid himmlisch und göttlich geworden.

Durh die Gnade Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh — möge Mein Leben für Seine [Seite 170] Freunde geopfert werden — hege Ich die Hoffnung, daß Ihr Tag für Tag, mehr und mehr im Königreich Gottes fortschreiten werdet, daß jeder von Euch wie ein glänzender Stern vom Horizonte der erhabenen Führung scheinen wird, um so zu beweisen, daß Ihr die Ursache der Führung für andere seid, indem Ihr ihren Augen Sehkraft, ihren Ohren Gehör und ihren Herzen Lebendigkeit gebt.

Auf Euch sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 11. Januar 1921.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XV. Tablet.

O Du gesegnete Seele!

Wir empfingen Deinen Brief. Es war kein Brief, es war der duftende Beutel des Moschustieres, von dem der Wohlgeruch der Liebe Gottes wahrgenommen wurde. Nachdem Ich ihn gelesen, wandte Ich Mich dem Königreich des Barmherzigen zu und flehte demütig, daß Deine Seele gereinigt, Dein Herz in eine Kohlenpfanne des Feuers der Liebe Gottes verwandelt werden möge, daß in jedem Augenblick Du das Licht der Wahrheit strahlend finden, daß Du die Lampe der Führung anzünden, daß Du himmlische Freude und Glückseligkeit suchen und Dein Leben dem Dienste des himmlischen Vaters weihen mögest.

Ich fühle die größte Güte für Dich. Und Ich bete durch die unendliche Großmut um eine geistige, belebende Kraft und um einen himmlischen Segen für Dich. Übermittle allen Freunden Meine Grüße und Liebe.

Über Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, 9. September 1920,

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadıur.)


XVI. Tablet.

O Du, der Du nach Wahrheit suchst!

Deinen Brief haben wir erhalten. Du hast Dir viel Mühe gegeben, die neue japanische Schrift zu erfinden. Du hast der Menschenwelt einen Dienst erwiesen — möge Gott Dich dafür belohnen!

Heute gibt es viele Arten von Schriften. Das, was am nötigsten ist und den Beistand der göttlichen Bestätigung hat, ist die Verbreitung des himmlischen Rufes. Dies stärkt die Welt des Daseins. Dies bringt den toten Seelen Leben, erfrischt den dürren Baum und schmückt ihn mit Blättern, Blüten und Früchten. Richte Deine ganze Kraft darauf, daß Du himmlische Fortschritte machen, das Licht der Sonne der Wirklichkeit erreichen und die Ursache werden mögest, daß der tote Körper Japans himmlisches Leben erlangen, mit Sonnenlicht ausgestattet werden und gleich dem Mond und den Sternen erstrahlen möge!

Dies ist bedeutsam! Überbringe allen Freunden einzeln die wärmsten Abhá-Grüße von mir.

Über Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. 'Abdu’l-Bahá Abbas.

Berg Karmel, Palästina, 15. Oktober 1920.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XVII. Tablet.

O Du, der Du der Wahrheit ergeben bist!

In diesem göttlichen Garten haben Tausende von frischen und grünenden Bäumen ihre Wipfel zu der erhabenen Höhe erhoben, und auf jedem Baum sind Tausende von Nestern. So ist auch für Dich, der Du ein Vogel des hohen Fluges bist, ein Nest bereitet worden. Schwinge Dich auf, damit Du dieses Nest erreichen mögest! Es ist ein göttliches Nest in dem himmlischen Königreich. Jeder Vogel, der dieses Nest erreichte, lernte eine Melodie, und so lehrten auch die Vögel auf den Auen die göttliche Harmonie, welche den Osten und Westen bewegt und entzückt. Strebe daher mit ganzem Herzen und ganzer Seele darnach, daß Du in diesem Nest wohnen und bis in alle Ewigkeit darin gedeihen mögest.

Über Dir sei Abhá’s Herrlichkeit!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Bahji, am Grabe von Bahá’u’lláh,

1. Juni 1921.

(Übersetzt von Azizulláh S. Bahadur.)


XVIII. Tablet.

O Du Sohn des Königreiches!

Deinen Brief haben wir erhalten. Der Inhalt zeigte geistige Empfänglichkeit. Ich bitte Gott, daß Du, über weltliche Neigungen erhaben, die Gedanken auf das Königreich richten mögest, daß Du erleuchtet und geistig, [Seite 171] von der Dunkelheit der materiellen Welt vollkommen erlöst, gleich der Knospe und Rose Düfte im himmlischen Rosengarten verbreiten mögest, durch den Hauch des Heiligen Geistes bestätigt werden und den Beistand der Scharen der erhabenen Versammlung erhalten mögest. Erwecke Du durch Taten und Worte die unwissenden Seelen und vermittle ihnen den Geist des Lebens.

Über Dir sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 7. Oktober 1921.

(Entnommen dem Artikel: „Der Bahá’í-Glaube im Fernen Osten“.)


XIX. Tablet.

(Dieses Tablet wurde „den neuen Freunden von Korea“ geoffenbart; fünfzehn Namen wurden erwähnt.)

O Ihr himmlischen Söhne!

Eure herzlichen und aufrichtigen Grüße haben ‘Abdu’l-Bahá’s Ohr erreicht, und Eure Botschaft brachte große geistige Freude.

Preis sei Gott, daß himmlisches Licht Euch zur Sonne der Wirklichkeit führte und leitete, Euch ewiges Leben schenkte und himmlische Erleuchtung verlieh. Ihr seid wie die Schößlinge, welche von der Hand des Schenkers in Seinen geistigen Rosengarten gepflanzt worden sind. Es ist meine Hoffnung, daß durch die Wärme der Sonne der Wirklichkeit, durch das Niederströmen der Regenschauer der Barmherzigkeit und durch das Wehen der Winde des Schenkens Ihr täglich Fortschritte machen möget, so daß jeder von Euch ein gesegneter Baum werde, übersät mit Blättern und Blüten, und Ihr Euren Schatten auf eine große Menge breitet.

Die Gnade des Königreiches Abhá ist der Strahl der Sonne der Wirklichkeit. Sie erhellt die Erde und den Himmel, macht den Stern zum leuchtenden Mond, verwandelt ein Häuflein in ein großes Gebirge, verleiht Kraft dem Schwachen, gibt immerwährende Gesundheit dem Kranken, gewährt himmlische Schätze dem Armen, bestätigt die Unterdrückten mit ewiger Herrlichkeit und wandelt das Volk der Finsternis in ein Volk des Lichts.

O himmlische Freunde, die Tore des Himmels sind geöffnet worden, die Strahlen Gottes scheinen hervor, und der himmlische Ruf hat sich erhoben. Fordert die ganze Menschheit auf, diesem himmlischen Ruf zu lauschen und ladet sie zur himmlischen Welt ein, so daß sie einen neuen Geist finden und ein neues Leben erlangen mögen. In jeder Lebenslage sind mein Herz und Geist bei Euch.

Über Euch sei die Herrlichkeit Abhá’s!

gez. ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

Haifa, 5. November 1921.


1) Namen der Personen fehlen in diesem Text.

2) d. i. Photographien.



Nabíl’s Erzählung[Bearbeiten]

Übersetzung aus „The Dawn-Breakers“, Nabíl’s Narrative of the early days of the Bahá’í Revelation, New York 1932


Aus Kapitel XV: Ṭáhirih’s Reise von Karbilá nach Khurásán.

(Fortsetzung)


Als die dazu bestimmte Stunde herannahte, da nach dem Walten der Vorsehung der Schleier, der die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens noch verhüllte, fallen sollte, stieg im Herzen von Khurásán eine Flamme von solch verzehrender Gewalt empor, daß die schrecklichsten Hindernisse, die der endlichen Anerkennung der Sache im Wege standen, dahinschmolzen und verschwanden. Diese Glut verursachte eine derartige Feuersbrunst in den Herzen der Menschen, daß die Auswirkung ihrer belebenden Kraft in den fernsten Provinzen Persiens sich zeigte. Sie vertilgte jede Spur von Besorgnis und Zweifel, die immerhin noch im Herzen der Gläubigen vorhanden waren und sie bis dahin daran gehindert hatte, das ganze Ausmaß der Herrlichkeit der Sache zu begreifen. Der Erlaß des Feindes hatte die dauernde Abgeschlossenheit dessen verfügt, der die Verkörperung der Schönheit Gottes war, und damit die Flamme Seiner Liebe ein- für allemal auszulöschen gesucht. Jedoch die Hand der Allmacht war eifrig tätig zu der Zeit, als die [Seite 172] Scharen der Übeltäter sich im Dunkel gegen Ihn verschworen, ihre Anschläge zu verwirren und ihr Bemühen zunichte zu machen. In der östlichsten Provinz Persiens hatte der Allmächtige durch die Hand von Quddús ein Feuer entfacht, das mit heißester Flamme im Herzen des Volkes von Khurásán aufloderte. Und in Karbilá, jenseits der westlichen Grenzen des Reiches, hatte er das Licht der Ṭáhirih entzündet, ein Licht, das seine Strahlen über ganz Persien zu werfen bestimmt war. Aus dem Osten und aus dem Westen jenes Landes rief die Stimme des Unsichtbaren diese zwei großen Leuchten, nach dem Lande Ṭá zu eilen, nach dem Ursprung der Herrlichkeit, der Heimat von Bahá’u’lláh. Sie gebot ihnen beiden, die Gegenwart jener Persönlichkeit aufzusuchen und um sie zu sein, die das Tagesgestirn der Wahrheit ist, Seinen Ratschlag zu suchen, Seine Bemühungen zu unterstützen und den Weg für Seine kommende Offenbarung zu ebnen.

Nach göttlichem Befehl wurde in jenen Tagen, als Quddús noch in Mashhad lebte, aus der Feder des Báb ein Tablet an alle Gläubigen Persiens geoffenbart, worin jeder treue Anhänger des Glaubens aufgefordert wurde, „nach dem Lande Khá“, der Provinz Khurásán, zu eilen. Die Nachricht dieser hohen Verpflichtung verbreitete sich mit wunderbarer Schnelligkeit und löste allgemeine Begeisterung aus. Sie drang auch zu Ṭáhirih’s Ohren, die zu jener Zeit in Karbilá wohnte und jede Anstrengung machte, den Kreis des Glaubens, dem sie diente, weiter auszubreiten. Sie hatte ihre Vaterstadt Qazvín verlassen und war nach dem Tode des Siyyid Káẓim nach jener heiligen Stadt gekommen, in eifriger Erwartung, Zeuge der Zeichen zu werden, welche der dahingegangene Siyyid vorausgesagt hatte. Auf den vorstehenden Seiten haben wir gesehen, wie sie unbewußt dazu geführt wurde, die Offenbarung des Báb zu entdecken, und wie sie von sich aus deren Wahrheit anerkannt hatte. Ungewarnt und unaufgefordert erblickte sie die Dämmerung der verheißenen Offenbarung, die über Shíráz heraufzog, und entschloß sich, ihre Botschaft und die Begründung ihrer Treue schriftlich Ihm zu übermitteln, welcher der Offenbarer dieses Lichtes war.

Des Báb sofortige Antwort auf die Erklärung ihres Glaubens, die sie ohne in Seine Nähe zu gelangen abzugeben sich bewogen gefühlt hatte, beseelte ihren Eifer und erhöhte gewaltig ihren Mut. Sie erhob sich, Seine Lehre zu verbreiten, klagte leidenschaftlich die Lasterhaftigkeit und Verdorbenheit ihrer Generation an und trat furchtlos für den gründlichen Umschwung in den Gebräuchen und Gewohnheiten ihrer Landsleute ein. Ihr unbezähmbarer Geist wurde belebt vom Feuer der Liebe zum Báb, und die Herrlichkeit ihres Schauens wurde noch mehr angeregt durch die Entdeckung der unabschätzbaren Segnungen, die in Seiner Offenbarung noch ruhten. Ihre angeborene Furchtlosigkeit und ihre Charakterstärke wurden hundertfältig gesteigert durch die unerschütterliche Überzeugung vom schließlichen Sieg der Sache, der sie sich geweiht hatte. Ihre unbändige Tatkraft wurde angefacht durch ihre Erkenntnis des ewigen Wertes der Sendung, für die zu kämpfen sie sich erhoben hatte. Jedermann, der sie in Karbilá traf, war von ihrer hinreißenden Beredsamkeit bestrickt und fühlte den Zauber ihrer Worte. Keiner konnte ihrem Reiz widerstehen, wenige entwichen dem Einfluß ihres Glaubens. Alle bezeugten ihre außergewöhnlichen Charaktereigenschaften, staunten über ihre wundersame Persönlichkeit und waren von der Aufrichtigkeit ihrer Überzeugung auch ihrerseits überzeugt.

(Fortsetzung folgt.)



Das geistige und das menschliche Leben.[Bearbeiten]

Von Gita Orlova, New York.


Bahá’u’lláh sprach: „Kommet, auf daß Ich euch zu Königen in Meinem Königreich mache!“

Der Mensch wurde erschaffen aus potentiellen Energien heraus, die sich zusammenschlossen und durch das Gesetz der Anziehung und Verwandtschaft1) zu einem Gefüge von bestimmter Form geworden sind. Der Ruf dieser Welt geht dahin: „Atome, [Seite 173] Elemente, Chemikalien, alle, die ihr untereinander harmoniert, alle, die ihr auf denselben Ton abgestimmt seid, alle, die ihr auf das gleiche Gebot in Schwingung geratet, bildet im selben Rhythmus eine einzige Symphonie! Verschmelzt und verbindet euch zu einer Gattung und werdet zu einem lebendigen Menschen!“

Wenn der Körper eines Gottesoffenbarers (Manifestation) erschaffen wird, so ruft dieses Gesetz der Verwandtschaft eine solch belebende Melodie, ein so zu Herzen gehendes Lied und in der Atomwelt eine solche Symphonie hervor, daß bei dem Brausen der göttlichen Musik das ganze Universum erbebt.

Dies erhabene Wesen nimmt Menschengestalt an, wenn es auf unserer Erde erscheint, damit unsere Herzen nicht vergehen vor der Herrlichkeit Seiner Erleuchtung. Käme Er in Seiner wahren Glorie zu uns, so könnten wir Ihn niemals verstehen, noch mit unserer menschlichen Liebe lieben, so groß wäre unsere Ehrfurcht und unser Erschrecken. Durch das Feuer und die Kraft, welche der Offenbarer in die Welt hineinträgt, läßt Fr alles dahinschmelzen, was an diesem Tage nicht dem Willen Gottes entspricht und vereinigt Er auseinanderstrebende Elemente der Menschheit zu einem Ganzen.

Nur durch die Führung der Gottesoffenbarer ist der Mensch sich immer wieder seines wahren Ursprungs, der Quelle seines Seins, der Liebe Gottes bewußt geworden. Und aus diesem Bewußtsein heraus sehnt sich der Mensch immerdar darnach, zu dieser reinen Quelle zurückzukehren.

Hätte es in der Absicht Gottes gelegen, daß der Mensch ein rein materielles Geschöpf bleiben sollte, so hätte er ihm nicht schon im Mutterleib eine menschliche Seele verliehen. In dem Augenblick jedoch, in dem der Leib die Ausgießung der menschlichen Seele aufnimmt, ist die Kreatur befreit von der Welt des rein Naturhaften und der Beschränkung und empfängt alle Kräfte und Segnungen aus der Welt des ewigen Geistes. Seine Fassungskraft wird erweitert und vermag nun auch lebendige Eindrücke aus allen Welten Gottes mit einzuschließen. Wenn das Kind aus dem Mutterleib hervorgeht und in dieses Stadium seiner Entwicklung eintritt, so steht es ihm frei, die Grobstofflichkeit des Physischen zu verlassen und in die erhabenen Reiche der göttlichen geistigen Welt einzutreten. Wir können eines Zustandes oder eines Fortschritts nicht eher gewahr werden, bis wir uns mit Bewußtsein davon entfernt und getrennt haben, so daß wir darüber einen Überblick haben können. Wenn uns zum Bewußtsein kommt, daß es da eine Welt materieller Versklavung, aber auch eine Welt der Freiheit gibt, so sind wir bereits in dieses Reich der Freiheit eingetreten. Das eine ist das Reich der Natur, oder die materielle Welt, die andere ist die Welt des Geistes. Niemand will das Vorhandensein einer geistigen Welt zugeben, der noch im Reich der Materie wandelt, und in dem Augenblick, da einer das Vorhandensein einer geistigen Welt leugnet, tut er nur jedermann seine Unwissenheit und seinen Tiefstand kund; er tut deshalb gut daran, vor jenen, die wissend sind, dies nicht gar so laut zu sagen.

Wenn wir im Materialismus untergehen, sind wir geistig gleichsam zum embryonalen2) Zustand zurückgekehrt und sind uns darum noch nicht unserer geistigen Fähigkeiten, unserer vernunftbegabten Seele und unseres vom Geist erleuchteten Lebens in allen diesen Entwicklungsphasen bewußt geworden.

Wie aus den Offenbarungen der Manifestationen und dem Verlangen des Menschen, seinen Willen mit dem Willen Gottes zu vereinigen, hervorgeht, ist das Individuum eine Schöpfung des göttlichen Willens. Dies bedeutet aber keinen Zustand der Niedrigkeit, wie viele glauben, sondern stellt im Gegenteil den einzigen Weg zu Freiheit und Größe dar, da es nur durch ein ständiges Schöpfen von Kraft und Fülle aus der Urquelle für den Einzelnen möglich ist, stark zu bleiben unter seinen Mitmenschen.

Oft macht ein Mensch in seiner Jugend einen vielversprechenden Eindruck, aber wie die Tage seiner Jugend scheint auch sein Genius dahinzuschwinden, gleichsam wie das Licht einer Lampe, das der Nachtwind auslöscht. Der Grund hierfür liegt nahe. Wenn nämlich einer den Ursprung seines Geistes und seiner Bestimmung nicht kennt, so ist es, wenn die Erleuchtung spärlicher zu werden beginnt und das Licht trübe werden will, nicht möglich, die Flamme neu anzufachen, [Seite 174] ohne das Öl der Übereinstimmung mit Gott. Dies ist die wunderbare Kraft des Gebets. Die diese Zauberkraft nicht kennen, sind den lebendig Toten zuzuzählen. Folgende Worte Bahá’u’lláh’s, die den „Gleanings“3) entnommen sind, stellen Worte von unglaublicher Kraft dar, die uns mit Erleuchtung und schöpferischen Fähigkeiten erfüllen. „O mein Herr, mein Geliebter, Du Urheber meines Tuns, Du Leitstern meiner Seele, Du Stimme, die sich in meinem Innersten erhebt, Du, den mein Herz anbetet! Preis sei Dir, der Du mich befähigt hast, mein Gesicht Dir zuzuwenden, denn Du hast meine Seele mit dem Gedanken an Dich erfüllt und hast mir ermöglicht, Deinen Namen zu verkünden und Dein Lob zu singen!“

Viele unwissende noch im Schlaf befangene Menschen behaupten, daß die menschliche Natur sich nicht zu ändern vermöge und doch hat sich in einem Augenblick mit ungeheurer Kraft durch das Wort und den Willen Bahá’u’lláh’s das ganze Universum gewandelt. Und als die Folgezeit erheischte, das erste schöpferische Wort auszusprechen, verwandelte sich jegliches Atom im Universum und geriet in neue Schwingung, bewegte sich und erstrahlte in neuem Glanz und neuer Kraft, Energie und Vitalität. Alle Elemente erfuhren neue Möglichkeiten. Sein schöpferischer Odem war gleich dem Feuer, das alles von Grund auf umwandelt und dem nichts verglichen werden kann. Eine Wiedergeburt der Liebe Gottes.

Kann sich denn der Mensch überhaupt diesem Wandel, der mit allen Dingen auf Gottes Welten vor sich ging, entziehen? Es ist unser Schicksal, teilzuhaben an diesem Wandel, ja, ihm den Weg zu bahnen, auf daß diese Wende der Erde und allen, die auf ihr wohnen, Glück bringen möge. An uns ist es, in die intellektuelle Bewegung alle Ziele dieser Wende hineinzutragen, damit ein ganz neuer Aufbau unserer menschlichen Gemeinschaft erstehe, in dem wir mit edlem und erhabenem Ernst und in Frieden leben mögen. Wir müssen uns nur dieser Kraft, die sich durch Bahá’u’lláh über uns entlädt, hingeben und Neues schaffen aus dieser Liebe heraus, die wie eine Flamme unser Innerstes durchglüht. Wenn wir nicht lernen, diese Liebe anzuwenden, können wir nicht mit dem Universum oder mit dem Willen Bahá’u’lláh’s verschmolzen werden, um eine neue Menschheit und eine neue Welt zu schaffen.

Diese neue Idee der Einfügung des Individuums in die Gemeinschaft, wobei das Gemeinschaftsleben auf die Ebene des höchsten individuellen Bewußtseins erhoben wird, stellt einen Plan dar, der von solchen Menschen zur Durchführung gebracht werden muß, die durch das göttliche Wort geistige Schau erlangt haben, und nicht von solchen, die von Gier und persönlichem Ehrgeiz getrieben sind. Wenn aber nicht Menschen, die von Bahá’u’lláh unterwiesen sind, mit Weisheit und tiefem Gefühl für ihre göttliche Verantwortung den Grund zu diesem neuen Aufbau legen, so werden andere diesem Plan Bruchstücke entnehmen und sie mit Eigenem in ein Gespinst verweben, das von dem ursprünglichen Plan so weit entfernt ist, daß wir ihn gar nicht mehr als den gleichen erkennen werden und wir somit den vollkommenen Aufbau auf Jahre hinaus hintangehalten haben. Das würde uns zu ewigem Schmerz gereichen, da jetzt noch die wunderbare Gelegenheit unser ist. Einzig unser Unvermögen, genug zu lieben, hindert uns daran, die unerschöpfliche Kraftfülle, die auf uns herabströmt, aufzunehmen und durch sie die Befähigung zu erlangen, unverzüglich diesen ganzen Plan der Ordnung in die Tat umzusetzen.

Und wenn uns bisweilen das Bewußtsein unseres Einsseins mit unserer Gemeinschaft verloren geht, so hatten wir eben nicht Liebe genug. Wenn wir zeitweise das Gefühl der Verbundenheit mit unserer Familie, unserem Volk oder der Welt überhaupt verlieren, so hatten wir nicht Liebe genug. Wenn wir zu Zeiten unser persönliches Bewußtsein für Fortschritt, Erfolg und Vervollkommnung verloren haben, so hatten wir nicht Liebe genug. Bahá’u’lláh hat eine Kraft ausgelöst, die auch dem geringsten Geschöpf zu seiner Entwicklung und zur Verwirklichung seiner Ziele und Träume zu verhelfen vermag. Diese Kraft ist fühlbar und wirkt sich praktisch aus; sie ist grenzenlos, es sei denn, daß es dem, der sie empfängt, an Fassungskraft und der Möglichkeit, dieses Geschenk auszuwerten, [Seite 175] fehlt. Diese Liebe Gottes erfüllt unser ganzes Sein, so wir Liebe genug haben. Bahá’u’lláh sprach: „In Liebe erschuf Ich dich. Liebe Mich, denn so du Mich nicht liebst, kann Meine Liebe dich in keiner Weise erreichen.“ Ohne diese Liebe besitzen wir keine belebende Kraft.

Die Tragik, die in jenem Gestern, dessen Schatten noch den Aufgangspunkt dieses neuen, strahlenden Tages verdunkelt, über die Menschheit gekommen ist, liegt hierin: der Aufbau der Gesellschaft ist zu einer Institution geworden und die Menschheit ist in ihrem sozialen Leben abhängig von diesem Aufbau der Gesellschaft. Das geistige Streben ist wesentlich für die normalen Lebensfunktionen, sowohl für den Einzelnen als auch für die Gemeinschaft. Wo aber der Einzelne eine Maschine darstellt, ist der Erfolg einer Institution nur von kurzer Dauer. Maschine bleibt Maschine und ist nicht ein Ausdruck für die Ausstrahlung Gottes. Aus Liebe allein kommt das Licht jener Ausstrahlung und ohne Liebe gibt es keine Erleuchtung und keine Freude. Die Lebensordnung einer glücklichen und frohen Gemeinschaft muß sich unbedingt darüber klar sein, wo die Quelle ihrer Kraft und Aktivität erneuert werden kann. Man darf sie nicht den Launen von Politikern überlassen, die nicht an ein ewiges Leben glauben und darum nicht die Folgen von Gier und Zersetzung scheuen. Die Stunden des Ränkeschmiedens, der Komplotte und der Quälereien finden keine Vergeltung in dem geringen besonderen materiellen Besitz, den diese Männer erlangt haben. Die Notschreie der Unterdrückten und das zerrüttete Leben der Zahllosen machen die Schätze, die Feuer und Sturm so leicht zu zerstören vermögen, nicht wertvoller. Lohn und Strafe müssen immer die Grundlage der sozialen menschlichen Beziehungen bleiben, sagt Bahá’u’lláh. Er hat uns einen administrativen Plan gegeben, in dem jegliches Geschöpf auf Erden inbegriffen ist, dessen Grundlagen Gerechtigkeit und Einigkeit für alle Rassen und Völker der Erde sind und der allen Schaffenden und allen Völkern Frieden bringt. Diese Art eines Ordnungsplanes erheischt als Maßstab für seinen Dienst ein geistiges Bewußtsein. Ein solcher Plan bringt die Lösung für das Problem des Zusammenschlusses der verschiedenen Arten und Rassen der Völker, die die Erde bewohnen. und nach Seiner göttlichen Weisheit und Seinem Willen eben in diesen verschiedenen Typen und Stufen hier hinein gestellt worden sind. Bahá’u’lláh hat die Struktur des ganzen Universums umgewandelt, und die Seine Ihn liebenden Anhänger sind, kennen den Horizont jenes Universums.

Die Höfe und Könige der Welt zerfallen rasch in die Asche toter Vergangenheiten. Ich war am Hofe des Zaren von Rußland, einem Hof, der berühmt war um seiner Größe, seiner Pracht und seiner Zeremonien willen. Da traten Ereignisse ein, die an einem Tag jene Welt von Grund auf veränderten. Jener Hof mit all seinem Glanz und seiner strahlenden Macht verschwand vor aller Augen wie ein Schauspiel, wenn der Vorhang fällt. Nichtigkeit trat an Stelle von Größe und Majestät. Die Größe und Majestät hatte der Kraft einer geistigen Wirklichkeit entbehrt.

Hier, am Hofe Bahá’u’lláh’s zeigt sich mir das Bild wahrer Herrschaft, wahren Edelmuts und wahrer Größe. Man erlebt gegenwärtig den Ablauf eines Dramas, an dem die Menschheit der ganzen Welt beteiligt ist. Wir sind uns unvergleichlicher Möglichkeiten des Dienstes an der Menschheit und des Maßes unseres individuellen Wertes lebhaft bewußt geworden. Hier empfängt man seinen Auftrag für den Dienst am König aller Könige und das Gebot, ein Diener zu sein an Seinem alles umfassenden Hof. Jeglicher Dienst an diesem Hof bedeutet einen Schmuck, den einem nichts zu rauben vermag. Wahre Freiheit wird dann die Stufe des Dienstes am Nächsten und das Bewußtsein der Befähigung zum Dienen, mit einer Freiheit ohne den Gedanken an Zeit, Ort oder Umstände. Die Art des Dienstes ist nicht bedingt durch ein bestimmtes Maß des Umfangs oder der Fähigkeit, sondern durch die Beschaffenheit und Größe der Liebe, die wir besitzen und durch Dienst und Arbeit zum Ausdruck bringen.

Der Schuster, der aus dem ihm gegebenen Material ein tadelloses Paar Schuhe fertigt, der Mensch, der mit einem vollendeten Spaten nach der neuesten Art, oder auch mit einem aus Holz selbstgefertigten, einen guten Graben gräbt, ist für die Arbeit am Aufbau dieser neuen Welt ebenso wichtig wie der Herrscher, der eine Stadt erbaut. Es liegt im Plan der Dinge begründet, daß jeder Schaffende [Seite 176] zur Einheit des ganzen Gefüges gehört. Der Mann, der den Schmiedehammer schwingt, ist für die Vollendung einer großen Brücke über einen mächtigen Strom genau so wichtig, als der, der die Brücke entworfen hat. Die Güte der ganzen Brücke kann sogar abhängen von der Wucht, mit welcher der Hammer des Handwerkers geführt wurde.

Hierin liegt die wahre Bedeutung und der wahre Wert des Geistes, daß alles kund tun soll, daß da eine große Einheit ist im Wirken für das Universum, das nun im Wandel der Zeiten am Tag Gottes angelangt ist. An diesem Tag soll nichts sein als der Wille Gottes und jedes Geschöpf wird mit der Freude solch eines göttlichen Dienstes an einem Tag arbeiten, wie zuvor keiner bekannt gewesen war.

Die Geschichte soll nicht von uns sagen können, daß wir diesen Tag nicht erkannt hätten, während wir doch darin lebten, und daß wir darum des Erlebens seines Wunders verlustig gegangen seien.

Die Wissenschaft weiß um eine vierte Dimension und Peroff, der große russische Gelehrte, sagt eindringlich, daß jegliches menschliche Geschöpf, das an diesem Tag zur Schau geistigen Lebens gelangt sei, bereits in dieser vierten Dimension lebe. Das Chaos, der Zusammenbruch und der Verfall, die einen großen Teil der Menschen auf dieser Erde heimsuchen, sind verursacht durch die Tatsache, daß diese Menschen noch an die dreidimensionale Welt der Materie gefesselt sind und nicht aus ihrem Schlamm und Schmutz herausgehoben werden wollen.

Sie wollen nicht glauben, daß die Widersetzung gegen Gottes Willen sich so stark ausgewirkt hat, daß sie damit eine Welt zerstört haben. Die Menschheit war durch ihr eigenes Handeln so verblendet, daß sie fast ein Jahrhundert dazu gebraucht hat, um es zu all diesen Erschütterungen und Katastrophen kommen zu lassen! Nun aber hat der Mensch genug gelitten unter den Folgen seiner Widersetzlichkeit gegen den göttlichen Willen; er will nie über sein eigenes Ich hinaus Ausschau halten nach der Antwort auf sein Unglück! Der Mensch will nicht erwachen und von der Gabe seines angestammten Rechts Besitz ergreifen.

Shoghi Effendi hat uns den Schlüssel gegeben zu dem Schatz, der in den Worten Bahá’u’lláh’s im Buche „Gleanings“ beschlossen liegt. „Gebe Gott, daß das Licht der Einheit die ganze Erde erleuchten möge, und daß das Siegel ‚das Königreich ist Gottes’ der Stirne aller Seiner Völker aufgedrückt werde!“ Wir als Gläubige müssen gehorsam jenes Siegel wie einen Edelstein tragen, den jeder, der uns begegnet, mit Freude wahrnehmen soll. Dies ist unsere Verantwortung; dies ist unser Gehorsam; dies ist unsere Liebe. Dies ist die treibende Kraft, die alles erfüllen wird, was zu tun uns befohlen ward.

Bahá’u’lláh spricht, daß „Bekenntnis zu Ihm Gehorsam voraussetzt“, so, daß wenn wir uns zu Ihm, der das Licht der Welt ist, bekennen, es uns eine Freude und Wonne ist, Seinem göttlichen Befehl zu gehorchen.

Dies ist unser neuer, strahlender Lebensweg. Dies ist das Königreich und Königtum, zu dem Bahá’u’lláh uns gerufen hat.

Dann wird die persönliche Ausstrahlung gleichsam zu einem See, in dem sich die Liebe und Führung, die unsterbliche Schönheit der Strahlen der aufgehenden Sonne des Universums widerspiegeln. Dann werden wir das Bild Bahá’u’lláh’s in den reinen Wassern unseres Geistes widergespiegelt sehen und dann werden wir das Geheimnis Seiner Worte verstehen, wenn Er sagt: „Schau in dich, und du wirst Mich in dir finden, klar und rein.“


1) englisch: affinity.

2) also vorgeburtlichen

3) Gleanings from the writings of Bahá’u’lláh (Sammlung aus den Schriften Bahá’u’lláh’s).



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[Seite 177]


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Bahá’u’lláh

Verborgene Worte.. Worte der Weisheit und Gebete. Geschrieben während seiner Verbannung in Bagdad 1857/58 . . . kart. —.80

gebunden 1.--

Frohe Botschaften. Worte des Paradieses, Tablet Tarasat (Schmuck), Tablet Taschalliat (Lichtstrahlen), Tablet Ischrakat (Glanz). Mahnrufe und Anweisungen an die Völker der Erde . . gebunden 2.00

Ganzleinen 2.50

Buch der Gewißheit oder Kitábu’l-Iqán. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Fragen verschiedener Religionen, geschrieben in Bagdad um 1862. Ist fortsetzungsweise in den beiden Jahrgängen X und XI unserer Zeitschrift „Sonne der Wahrheit“ enthalten.

Jahrgang gebunden je 3.--


'Abdu'l-Bahá Abbas

Ansprachen in Paris. ‘Abdu’l-Bahá spricht hier über zahlreiche Fragen, nach deren Klärung die Völker der Erde suchen.

gebunden 2.--

Beantwortete Fragen. Erklärungen zu christlichen und islamischen Fragen, Behandlung allgemeiner weltanschaulicher Probleme . . . . . . Ganzleinen 2.50

Sendschreiben an die Haager Friedenskonferenz 1919 . . . . . -.20

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Die Weltreligion Kurze Charakterisierung des Bahá’í-Glaubens. Shoghi Effendi . . . -.10


Sonstiges

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, Einführung in die Gedankenwelt der Bahá’i-Lehre von einem orientalischen Gelehrten. Von Mirza Abul Fazl . . . . . gebunden 2.--

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter. ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. Ganzleinen 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. . . . . .gebunden 2.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . kart. 2.--

Am Morgen einer neuen Zeit. Untersuchung der geistigen Ursachen der Weltkrise und Beleuchtung der letzthin einzigen Möglichkeit ihrer Überwindung durch die Bahá’i-Lehre. Von Dr. Hermann Großmann . . . . . kart. 1.80

Ganzleinen 2.50

Lebensgestaltung. Das Leben und ich. Das Leben und mein Nächster. Das Leben und Gott. Kursberichte der Eßlinger Bahá’í-Sommerwoche 1933 . . . -.30

Die Bahá’i-Weltanschauung. Eine kurze Einführung. Von Pauline Hartmann . . . . —.20

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30

Sonne der Wahrheit. Bahá'i-Monatszeitschrift.

Jahrgang III - XI gebunden je 3.--
Jahrgang XII - XV gebunden je 6.--