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Die Bahá’í-Lehre,[Bearbeiten]
die Lehre Bahá’u’lláhs erkennt in der Religion die höchste und reinste Quelle allen sittlichen Lebens.
Die Ausdrucksformen des religiösen Lebens des Einzelnen, ganzer Völker und Kulturkreise haben im Laufe der Geschichte entsprechend den jeweils anderen Verhältnissen und dem Wachstum des menschlichen Erkenntnisvermögens Wandlungen erfahren. Die äußeren Gesetze und Gebote aller Weltreligionen entsprachen immer den entwicklungsgeschichtlich gegebenen Erfordernissen in bezug auf den Einzelnen, die soziale Ordnung und das Verhältnis zwischen den Völkern. Alle Religionen beruhen aber auf einer gemeinsamen, geistigen Grundlage. „Diese Grundlage muß notwendigerweise die Wahrheit sein und kann nur eine Einheit, nicht eine Mehrheit bilden.“ ('Abdu'l-Bahá.) „Die Sonne der Wahrheit ist das Wort Gottes, von dem die Erziehung der Menschen im Reich der Gedanken abhängig ist.“ (Bahá’u’lláh.) Alle großen Religionsstifter waren Verkünder des Wortes Gottes entsprechend der Fassungskraft und Entwicklungsstufe der Menschen. Das Wesen der Religion liegt darin, im Bewußtwerden der Abhängigkeit des Menschen von der Wirklichkeit Gottes Seine Offenbarer anzuerkennen und nach Seinen durch sie übermittelten Geboten zu leben.
Die Bahá’i-Lehre bestätigt und vertieft den unverfälschten und unwandelbaren Sinn und Gehalt aller Religionen von neuem und zeigt darüber hinaus die kommende Weltordnung auf, welche die geistige Einheit der Menschheit zur Voraussetzung haben wird. Die in ihr zum Ausdruck kommende Weltanschauung steht mit den Errungenschaften der Wissenschaft ausdrücklich in Einklang.
Die Lehre Bahá’u’lláhs enthält geistige Grundsätze und Richtlinien für eine harmonische Gesellschafts-, Staats- und Wirtschaftsordnung. Sie beruhen auf dem Gedanken der natürlich gewachsenen, organischen Einheit jedes Volkes und der das Völkische übergreifenden geistigen Einheit der Menschheit. Den Interessen der Volksgemeinschaft sind die Sonderinteressen des Einzelnen unterzuordnen, denn nur die Gesamtwohlfahrt verbürgt auch das Wohl des Einzelnen.
Wie jede Religion, so wendet sich auch die Bahá’i-Lehre an die Herzensgesinnung des Menschen, um die religiösen Kräfte in den Dienst wahren Menschentums zu stellen. Sie erstrebt die Höherentwicklung der Menschheit mehr durch die Selbsterziehung des Einzelnen als durch äußerlich-organisatorische Maßnahmen. Der Bahá’i hat sich daher über seine ernst aufgefaßten staatsbürgerlichen Pflichten hinaus nicht in die Politik einzumischen, sondern sich zum Träger der Ordnung und des Friedens im menschlichen Gemeinschaftsleben zu erheben. Bahá’u’lláhs Worte sind: „Es ist euch zur Pflicht gemacht, euch allen gerechten Regenten ergeben zu zeigen und jedem gerechten König eure Treue zu beweisen. Dienet den Herrschern der Welt mit der höchsten Wahrhaftigkeit und Treue. Zeiget ihnen Gehorsam und seid ihre wohlwollenden Freunde. Mischt euch nicht ohne ihre Erlaubnis und Zulassung in politische Dinge ein, denn Untreue gegenüber dem Herrscher ist Untreue gegenüber Gott selbst.“
Bahá’u’lláh weist den Weg zu einer befriedeten, im Geiste geeinigten Menschheit. Ein alle Staaten umfassender Bund in ihrer Eigenart entwickelter und unabhängiger Völker auf der Grundlage der Gleichberechtigung, ausgestattet mit völkerrechtlichen Vollmachten und Vollstreckungsgewalten gegenüber Friedensstörern, soll die übernationalen Interessen aller Völker der Erde in völliger Unparteilichkeit und höchster Verantwortung wahrnehmen. Zwischenstaatliche Konflikte sind durch einen von allen Staaten beschickten Weltschiedsgerichtshof auf friedlichem Wege beizulegen.
Die geistige Wesensgleichheit aller Menschen und Völker erheischt einen organischen Aufbau der sozialen Weltordnung, in der jedem seine einzigartige, besondere Eingliederung und Aufgabe zugewiesen ist. Die geographischen, biologischen und geschichtlichen Gegebenheiten bedürfen im Gemeinschaftsleben der Völker immer einer besonderen Beachtung, ohne die sie umschließende Einheit im Reiche des Geistes aus den Augen zu verlieren.
Die Lehre Bahá’u’lláhs „ist in ihrem Ursprung göttlich, in ihren Zielen allumfassend, in ihrem Ausblick weit, in ihrer Methode wissenschaftlich, in ihren Grundsätzen menschendienend und von kraftvollem Einfluß auf die Herzen und Gemüter der Menschen“.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der Bahá’í in Deutschland und Österreich Verantwortlich für die Herausgabe: Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart-W, Reinsburgerstraße 198 Schriftleitung: Dr. Adelbert Mühlschlegel, Dr. Eugen Schmidt, Alice Schwarz-Solivo Verwaltung: Paul Gollmer • Begründet von Alice Schwarz-Solivo Preis vierteljährlich 1.80 Reichsmark, im Ausland 2.– Reichsmark |
Heft 4 | Stuttgart, im Juni 1935 Núr — Licht 92 |
15. Jahrgang |
Inhalt: Nabíl’s Erzählung: Die Pilgerreise des Báb nach Mekka und Medina. — Göttliche Lebenskunst. — Die Sendung des Bahá’í-Glaubens.
„Lasset uns auf das Licht sehen, es mag leuchten, wo es will. Lasset uns nach der Fähigkeit streben, das Licht der Wahrheit wiederzuerkennen, es mag aufgehen, wo es will.“1)
‘Abdu’l-Bahá
1) Aus „Ansprachen von ‘Abdu’l-Bahá Abbas in Paris",
Stuttgart 1921, S. 145.
Nabíl’s Erzählung[Bearbeiten]
Übersetzung aus „The Dawn-Breakers“, Nabíl’s Narrative of the early days of the Bahá’í Revelation, New York 1932
7. Kapitel: Die Pilgerreise des Báb nach Mekka und Medina
Auf den Brief Mullá Ḥusayn’s hin entschloß sich der Báb, Seine beabsichtigte Pilgerreise nach Ḥijáz anzutreten. Seine Frau und Seine Mutter der Pflege und dem Schutze Seines Onkels anvertrauend, vereinte Er sich mit den Pilgern von Fárs, welche sich zur Reise von Shíráz nach Mekka und Medina bereiteten. Quddús war Sein einziger Gefährte und der äthiopische Diener Sein persönlicher Aufwärter. Zuerst wandte Er sich nach Búshihr, dem Geschäftssitz Seines Onkels, wo Er in früheren Tagen, innig mit ihm verbunden, das Leben eines einfachen Kaufmannes gelebt hatte. Nachdem Er dort die Vorbereitungen für Seine lange und anstrengende Reise beendet hatte, begab Er sich auf ein Segelschiff, welches Ihn nach einer zweimonatigen, langsamen, stürmischen und unsicheren Fahrt an die Küste jenes heiligen Landes brachte. Der hohe Seegang und der völlige Mangel an Bequemlichkeit konnten weder die Regelmäßigkeit Seiner Andachten verhindern noch den Frieden Seiner Meditationen und Gebete stören. Ungeachtet des Sturms, der Ihn umtobte, und ohne Furcht vor der Seekrankheit, welche Seine Mitpilger befallen hatte, brachte er weiterhin Seine Zeit damit zu, Quddús Gebete und Briefe zu diktieren, wie sie Ihm zur Offenbarung eingegeben wurden.
Ich habe Ḥájí Abu’l-Ḥasan-i-Shírázi, welcher in demselben Schiff mit dem Báb reiste, die
Begebenheiten dieser denkwürdigen Reise schildern hören: „Während der ganzen Zeit von ungefähr
zwei Monaten“, so bestätigte er, „von dem Tage an, als wir in Búshihr das Boot
bestiegen, bis zu dem Tage, als wir in Jaddih, dem Hafen von Ḥijáz, landeten, fand ich, mochte
ich bei Tag oder bei Nacht dem Báb und Quddús begegnen, dieselben immer unzertrennlich
zusammen, beide in ihrer Arbeit vertieft. Der Báb schien zu diktieren und Quddús war eifrig
beschäftigt, was von Seinen Lippen kam, niederzuschreiben. Selbst zu einer Zeit, als eine Panik
die Mitreisenden dieses vom Sturme hin und her
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geschleuderten Bootes befiel, sah man sie ihre Arbeit in unerschütterter Zuversicht und Ruhe
weiterführen. Weder die Gewalt der Elemente noch der Lärm der Menschen um sie her konnte
sie außer Fassung bringen oder sie von ihrem Vorsatz abhalten.“
Der Báb Selbst deutet im persischen „Bayán“ auf die Schwierigkeiten dieser Seereise hin. „Tagelang“, so schrieb Er, „litten wir unter Wassermangel. Ich selbst hatte mich mit süßem Zitronensaft zu begnügen.“ Auf Grund dieser Erfahrung betete Er zu dem Allmächtigen, daß die Mittel für Ozeanreisen bald verbessert, ihre Schwierigkeiten verkleinert und ihre Gefahren vollkommen beseitigt würden. Eine kurze Spanne Zeit, nachdem dieses Gebet dargebracht war, haben sich in allen Zweigen der Schiffahrt die Zeichen bemerkenswerter Verbesserungen vervielfacht, und der persische Golf, welcher in jenen Tagen kaum ein einziges Dampfschiff besaß, kann sich heute einer Flotte von Ozeandampfern rühmen, welche in wenigen Tagen und mit größter Bequemlichkeit die Menschen von Fárs auf ihrer jährlichen Pilgerreise nach Ḥijáz bringen.
Die Völker des Westens, unter denen die ersten Zeichen dieser großen industriellen Revolution erschienen sind, sind sich bis jetzt leider der Quelle, der dieser mächtige Strom, diese große Triebkraft entspringt, nicht bewußt — einer Kraft, die jeden Teil ihres materiellen Lebens revolutioniert hat. Ihre eigene Geschichte bestätigt die Tatsache, daß in dem Jahre, welches das Dämmern dieser herrlichen Offenbarung sah, plötzlich Zeichen einer industriellen und wirtschaftlichen Revolution erschienen, von der die Menschen selber erklären, daß sie in der Geschichte der Menschheit noch nicht dagewesen ist. Beim Nachdenken über die Einzelheiten von Bau und Einrichtung dieser neuerfaßten Maschinerie, haben sie aber allmählich die Quelle und den Gegenstand dieser furchtbaren Kraft, welche der Allmächtige ihnen übergeben hat, aus den Augen verloren. Sie haben, scheint es, diese Kraft übel mißbraucht und ihre Verwendung mißverstanden. Dazu bestimmt, den Völkern des Westens die Segnungen des Friedens und der Glückseligkeit zu bringen, haben sie dieselben zu Zerstörung und Krieg sich nutzbar gemacht.
Nach seiner Ankunft in Jaddih bekleidete sich der Báb mit dem Pilgergewande, bestieg ein Kamel und trat Seinen Weg nach Mekka an. Quddús jedodh, trotz des wiederholten ausdrücklichen Wunsches seines Meisters, zog es vor, Ihn die ganze Strecke von Jaddih nach der heiligen Stadt zu Fuß zu begleiten. Die Zügel des Kameles, auf welchem der Báb ritt, in der Hand, lief er freudig und betend neben Ihm her, ein Diener für die Bedürfnisse des Meisters, den Anstrengungen des ermüdenden Marsches gegenüber völlig gleichgültig. Jede Nacht, vom Abend bis zur Morgendämmerung, opferte Quddús Bequemlichkeit und Schlaf, um immerfort mit unermüdlicher Sorgfalt neben seinem Geliebten zu wachen, stets bereit, Seine Wünsche auszuführen und für Seinen Schutz und Sein Wohl zu sorgen.
Eines Tages, als der Báb nahe einer Quelle abgestiegen war, um Sein Morgengebet darzubringen, erschien plötzlich am Horizont ein umherstreifender Beduine, der sich Ihm näherte und den Sattelsack, der neben Ihm auf dem Boden lag und der Seine Schriften und Papiere enthielt, plötzlich wegnahm, um damit in die unbekannte Wüste zu verschwinden. Der äthiopische Diener versuchte, ihn zu verfolgen; doch ihm wurde von seinem Meister, welcher noch betete, durch eine Handbewegung befohlen, ihn nicht zu verfolgen. „Hätte Ich es dir erlaubt“, sprach der Báb später darauf voll Liebe zu ihm, „so würdest du ihn sicher eingeholt und gezüchtigt haben. Aber dies sollte nicht sein. Die Papiere und Schriften, welche diese Tasche enthielt, sind bestimmt, durch diesen Araber an solche Plätze zu gelangen, welche wir niemals hätten erreichen können. Deshalb sei über solche Tat nicht traurig, denn dieses war von Gott bestimmt, dem Gebietenden, dem Allmächtigen.“ Oftmals später noch versuchte der Báb bei ähnlichen Anlässen, Seine Freunde durch solche Gedanken zu trösten. Durch solche Worte wandelte er die Bitternis der Trauer und des Grolls zu strahlender Ergebung in den göttlichen Plan und in freudige Unterwerfung unter den Willen Gottes.
Am Tage ‘Arafát suchte der Báb die abgeschiedene Ruhe Seiner Zelle auf und verbrachte
die ganze Zeit mit geistiger Betrachtung und Gottesdienst. Am folgenden Tage, dem Tage
Nahr, begab Er sich, nachdem Er Sein Festgebet dargebracht hatte, nach Muná, woselbst Er nach
alter Gepflogenheit 19 Lämmer erwähltester Zucht erstand, von denen Er neun in Seinem eigenen
Namen, sieben im Namen von Quddús und drei im Namen Seines äthiopischen Dieners opferte.
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Er wies es zurück, am Mahle dieses geweihten Opfers teilzunehmen, und zog statt dessen es
vor, Seinen Anteil an die Armen und Bedürftigen in der nächsten Umgebung zu verteilen.
Obgleich der Monat Dhi’l-Ḥijjih1), der Monat der Pilgerfahrt nach Mekka und Medina, in jenem Jahr mit dem ersten Wintermonat zusammenfiel, so war doch die Hitze in diesem Lande so stark, daß die Pilger, die ihren Rundgang um das heilige Grab machten, nicht imstande waren, diesen Ritus in ihrer gewohnten Bekleidung auszuführen. In eine helle, lose fallende Tunika gehüllt, vereinten sie sich zur Feier des Festes. Jedoch der Báb wies, zum Zeichen der Ergebenheit, es ab, Seinen Turban oder den Überrock abzulegen. In Seiner gewohnten Kleidung umschritt Er mit größter Würde und Ruhe, mit äußerster Einfachheit und Ehrerbietung die Ka’bih und vollzog alle vorgeschriebenen gottesdienstlichen Riten.
Am letzten Tage Seiner Pilgerfahrt nach Mekka begegnete der Báb dem Mírzá Muḥíṭ-i-Kirmání. Er stand, dem Schwarzen Stein zugekehrt, als der Báb an ihn herantrat, seine Hand ergriff und ihn mit den Worten anredete: „O Muḥíṭ! Du betrachtest dich als eine der hervorragenden Gestalten der Shaykhí-Gemeinschaft und als einen ausgezeichneten Erklärer ihrer Lehren. Im Innersten machst sogar du den Anspruch, einer der direkten Nachfolger und berechtigten Erben dieser beiden großen Leuchten zu sein, jener Sterne, die den Morgen der Göttlichen Führung verkündet haben. Siehe, wir beide stehen jetzt an diesem hochheiligen Grab. In seinem geheiligten Bereich kann Er, Dessen Geist an diesem Orte weilt, augenblicklich die Wahrheit bekanntgeben und sie von der Falschheit scheiden, sowie Rechtschaffenheit vom Irrtum. Wahrlich Ich erkläre, niemand außer Mir an diesem Tag, weder im Osten noch im Westen, kann den Anspruch erheben, das Tor zu sein, das die Menschen zur Erkenntnis Gottes führt. Mein Beweis ist kein anderer als der Beweis, auf den Sich die Wahrheit des Propheten Muḥammad stützte. Frage Mich, was immer du willst; jetzt, gleich in diesem Augenblick verbürge Ich Mich, solche Verse zu offenbaren, welche dir die Wahrheit Meiner Sendung dartun. Du mußt wählen, entweder dich rückhaltlos Meiner Sache zu unterwerfen oder sie gänzlich abzuweisen. Es bleibt dir keine andere Wahl. Wenn du es vorziehst, Meine Botschaft zurückzuweisen, lasse ich deine Hand nicht los, bis du dein Wort gibst, öffentlich deine Nichtanerkennung der Wahrheit, die ich verkündigt habe, zu erklären. Auf diese Weise wird Er, der die Wahrheit spricht, bekanntgegeben, und der, welcher die Unwahrheit sagt, zu ewiger Not und Schande verdammt. Dann wird der Weg der Wahrheit enthüllt und offenbar werden für alle Menschen!“
Diese bestimmte Herausforderung, die durch den Báb so unerwartet an Mírzá Muḥíṭ-i-Kirmání herantrat, verwirrte ihn aufs tiefste. Er war überwältigt von ihrer Geradheit, ihrer zwingenden Hoheit und Kraft. In der Gegenwart dieses jungen Mannes fühlte er sich trotz seinem Alter, seiner Autorität und seiner Gelehrsamkeit wie ein hilfloser Vogel in den Fängen eines mächtigen Adlers.
(Forts. folgt.)
1) Dezember 1844 a. D.
Göttliche Lebenskunst[Bearbeiten]
Aus den Schriften ‘Abdu’l-Bahá's (Fortsetzung)
Zusammengestellt von Mary M. Rabb (New York, Brentanos Publishers)
Übersetzung aus dem Englischen
8. Kapitel: Geistige Heilung (Fortsetzung)
O du zu Gott Flehender! Ich las Deinen Brief, dessen Inhalt mir bekundet, daß du krank und
schwach bist, und von deiner Liebe zu deiner Tochter zeugt, welche noch sehr jung ist.
Ich flehe zu Gott, daf er dir Wohlergehen in dieser Welt schenken, dir Gunst in Seinem
erhabenen Königreich erweisen und dich von der Krankheit heilen möge, welche über dich kam
aus verborgenen Gründen, welche niemand erkennen kann außer Gott. Wahrlich, der Wille
Gottes wirkt zuweilen auf eine Weise, daß die Menschheit unfähig ist, eine Erklärung dafür
zu finden. Die Gründe und Ursachen werden aber
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einmal offenbar werden. Vertraue auf Gott, verlasse dich auf Ihn und überlasse dein ganzes
Sein dem Willen Gottes. Wahrlich, dein Gott ist liebevoll, mitleidig und barmherzig. Er wird auf
dich blicken mit dem Auge der Barmherzigkeit, wird dich führen nach Seiner Güte und Seine
Gnade ruhen lassen auf Dir.
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Ich hoffe, daß du ebenso, wie du körperliche Gesundheit erlangt hast, nun geistige erlangen mögest. Wie der Körper von physischer Krankheit geheilt wird, so wird in gleicher Weise der Geist von allen geistigen Krankheiten geheilt werden. Die Heilung körperlicher Krankheiten ist sehr leicht, aber die Heilung geistiger Krankheiten ist sehr schwer. Wenn ein Mensch Fieber hat und du gibst ihm Medizin, so wird das Fieber weichen; wenn aber der Geist leidet an der Krankheit der Unwissenheit, so ist es sehr schwierig, diese Krankheit zu heilen. Wenn zum Beispiel die geistige Gesundheit getrübt ist durch die Liebe zu der vergänglichen Welt, so muß geistige Medizin gereicht werden. Diese Medizin besteht in den Unterweisungen und Befehlen Gottes, welche auf solches Wirkung haben werden.
- —————
... Denn diese dich beherrschenden Krankheiten sind nicht wegen Sünden über dich verhängt, sondern sie sind da, damit du diese Welt zu verabscheuen und zu erkennen lernst, daß in diesem vergänglichen Leben keine wahre Rast und Herzensruhe ist.
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O du zu Gott Hingezogener! Möge Gott dich stützen und erhalten! Wenn ein Mensch ganz erfüllt ist von der Liebe zur erhabenen Schönheit (Bahá) und alles andere vergißt, dann wird der Heilige Geist durch seinen Mund reden und der Geist des Lebens wird sein Herz erfüllen, die Lichter der Zeichen werden von seinem Antlitz leuchten und Worte werden wie Perlenschnüre aus seinem Munde fließen, und alle Krankheit und Beschwerden werden durch das Auflegen seiner Hände geheilt werden.
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Ein Freund, der sich für die Heilung interessierte, erwähnte die Worte von Bahá’u’lláh: „Wer krank ist, sollte den größten Arzt befragen.“
‘Abdu’l-Bahá sagte: „Es gibt nur eine heilende Macht, und das ist Gott. Der Zustand oder die Bedingung, unter welcher die Heilung geschieht, ist die Verfassung des Herzens. Bei manchen wird dieser Zustand erreicht durch Pillen, Pulver und Ärzte. Bei anderen durch Hygiene, Fasten und Beten. Bei anderen durch direkte Wahrnehmung.“
Bei anderer Gelegenheit sagte 'Abdu'l-Bahá zum selben Thema: „Alles, was wir um uns herum sehen, ist das Werk der Geisteskraft. Es ist die Geisteskraft, welche durch Kräuter und Mineralien auf den menschlichen Körper wirkt und seine Bedingungen verändert.“
- —————
Sein Antlitz Gott zuzuwenden, bringt Heilung dem Körper, dem Geist und der Seele. Wenn dieses Sich-Gott-Zuwenden vollständig geworden ist, so ist man fähig, Wünsche und Leidenschaften zu überwinden, man wird bewahrt vor Sünde und Vergehen und ist befreit von Unachtsamkeit. Dies wird dem Menschen ewiges Leben schenken und unvergängliche Gaben verleihen.
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O mein Gott! Dein Name ist meine Heilung, Dein zu gedenken ist meine Arznei, Deine Nähe ist meine Hoffnung, Deine Liebe ist mein Begleiter, Deine Gnade ist mein Verlangen und meine Hilfe in dieser Welt und in den kommenden Welten. Wahrlich, Du bist der Geber, der Allwissende, der Weise! (Bahá’u’lláh.)
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O Du gütiger Gott! Gütiger bist Du zu mir, als ich selbst es bin, und reicher und älter ist Deine Liebe. Glücklich und hoffnungsvoll werde ich, wann immer ich an Deine Gaben erinnert werde. War ich erregt, so finde ich Ruhe des Herzens und der Seele. War ich krank, so gewinne ich ewige Gesundheit. War ich treulos, so werde ich treu. War ich hoffnungslos, so belebt mich neue Hoffnung. O Du Herr des Königreichs! Schenke Du meinem Herzen Freude, gib Kraft meinem schwachen Geist und stärke meine erschöpften Nerven. Erleuchte Du meine Augen und gib mir hörende Ohren, auf daß ich die Musik aus dem Königreich zu vernehmen und Freude und Glück, die ewig währen, zu erreichen vermag. Wahrlih, Du bist der Großmütige, der Geber, der Gütige!
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Gibt es einen Befreier von Schwierigkeiten außer Gott? — Sprich: Nein! — Ruhm sei Gott! Er ist Gott! Alle sind Seine Diener und alle stehen unter Seinem Befehl. (Báb.)
(Fortsetzung folgt.)
Die Sendung des Bahá’í-Glaubens[Bearbeiten]
Von Alice Schwarz-Solivo
- Anläßlich der 13. Nationaltagung der Bahá’í in Deutschland und Österreich fand in Stuttgart, Haus des Deutschtums, am Sonntag, 28. April 1935, eine Morgenfeier statt, in der zwei Ansprachen gehalten wurden. Die nachstehende Veröffentlichung stellt die erste dieser Ansprachen dar. Die zweite mit dem Thema „Religiöse Lebenshaltung" bringen wir in einer der folgenden Nummern zum Abdruck. Ein Bericht über den Verlauf der diesjährigen Nationaltagung erscheint in den „Bahá’í-Nachrichten“.
Die größte Gnade Gottes für die Menschen war zu allen Zeiten die Entsendung Seiner Boten,
die im Abstand von Tausenden von Jahren — seitdem unsere religiösen Aufzeichnungen aus
alten Zeiten bestehen, und wohl zeitlich noch viel weiter zurückliegend — den Menschen die
Kunde vom Willen Gottes übermittelten. Solche von Gott Berufenen und Erleuchteten
überdauern in ihrer Grundlehre Zeiten und Geschlechter.
Und wenn wir uns mit der Verkündigung dieser Erkorenen, die immer am Horizont des Ostens aufstiegen, vertraut machen, so finden wir eine gleiche geistige Basis, auf der sich ihre Religionslehre aufbaut und die Christus in Seiner Sendung so deutlich betont: Ehrfurcht vor Gott und Liebe zum Nächsten — zum Mitmenschen. Daß der Heilige Geist, der alle jene Boten Gottes beseelte, der gleiche ist, geht aus den Worten Christi hervor: „ehe Abraham war, war Ich!“
Daß nun in unsere Zeit schon der frühe Morgen eines neuen geistigen Zyklus hereinleuchtet, dessen sind sich aber die meisten Menschen noch nicht bewußt. Zu allen Zeiten wiederholt sich dieselbe Tragik, daß das göttlich-geistige Prinzip, das durch eines Menschen Sendung als Allheilmittel der Welt gegeben wird, keiner entsprechenden Achtung begegnet, ja, daß es verworfen, belächelt und mit verständnislosen Worten als Utopie abgetan wird.
Christus sagte uns, daß Er wiederkommen werde, im Reich des Vaters, also erklärt Er uns deutlich, daß mit Seinem Kommen die Offenbarung Gottes an die Menschen nicht abgeschlossen ist, ebensowenig als die Menschheit ihre Entwicklungszeit beendet hat oder göttlicher Führung entraten könnte.
Wir kennen Christus als Auserwählten Gottes, wir sind es nicht anders gewohnt, als Ihm die Berechtigung der Gottes-Sohnschaft uneingeschränkt zuzuerkennen. Fragen wir uns aber, ob wir — wenn es unsere Bestimmung gewesen wäre, in Seinen Tagen zu leben — Ihn erkannt, Seinen Geist als göttlich, Sein Wort als schöpferisch angesehen hätten? Wie ist Ihm geschehen, welchem Hohn und Spott, welcher Erniedrigung ist Er begegnet, bis Er für die Wahrheit Seiner Sendung Sein Leben am Kreuz hingab. — Vielleicht hätten wir im Menschen Jesus den Christusgeist nicht erkannt! Beklagenswerte Menschen, deren Herz nicht offen ist für das höchste geistige Gut, die größte Gabe, die der Welt geschenkt wird. So heute! Der Tag Gottes ist angebrochen, Christi Verheißungen haben sich erfüllt: jener göttliche Geist, der Logos, ward wieder einem Berufenen verliehen. Auch Er ruft uns zu: Gehet hin und prediget aller Kreatur vom Kommen des neuen Tages.
Und heute wieder wie damals; man baute einst zu Rom einen Tempel — dem unbekannten Gott — und Christi Füße schritten schon über die neu gesegnete Erde.
Wie groß ist auch heute das Begehren nach göttlich reiner Lehre, nach ewig seiender Wirklichkeit, die unsere schnelleilende Zeit zu verschütten droht und die durch zu viel menschliche Klugheit und Auslegung der tiefsten Weisheit und Reinheit beraubt ist.
Lassen Sie mich nun zuerst einen kurzen Blick in das weltliche Leben dieses Auserwählten Gottes
für unsere Zeit werfen, und wenn ich nur ganz flüchtig darauf eingehen kann, so ist doch
jedermann heute durch unsere deutsche Literatur über die Bahá’í-Lehre Gelegenheit gegeben,
sich selbst eingehend zu informieren. 1817 in Núr1) bei Teheran, als Sohn eines
Großwesirs, aus edelstem Geschlecht geboren, verbrachte der Knabe Ḥusayn ‘Alí — späterhin
Bahá’u’lláh genannt, eine glückliche Jugend unter dem schützenden Dach des Vaterhauses.
Auffallend war schon frühzeitig Sein Wissen und Seine Erkenntnis, die Er geistigen Problemen
gegenüber zeigte. Dadurch zog Er die Aufmerksamkeit der Geistlichkeit, vorerst in Seiner
Heimatstadt, späterhin in weiter Umgebung, auf Sich. Früh verlor Er den Vater und trat als
Erstgeborener für Seine Familie ein.
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Im Jahre 1844 — es war am 23. Mai, als dem damals 27jährigen Bahá’u’lláh Sein erster Sohn geboren wurde — verkündete am selben Tag ein Junger Perser in Shíráz Seine Mission, als der Wegbereiter für eine Persönlichkeit, die der Welt eine neue Epoche heraufführen werde; jener sei ihm selbst so hoch übergeordnet, daß seine Berufung es nur sei, die Menschen auf Sein Kommen vorzubereiten.
Von welcher unabschätzbaren Wichtigkeit in der Vorsehung jene zusammenfallenden Begebnisse waren, erkannte man erst viel später. Denn diese drei Persönlichkeiten sind so eng verknüpft mit dieser neuen Glaubenslehre, daß sie nicht voneinander zu trennen sind — der Báb als Wegbereiter, Bahá’u’lláh als Manifestation Gottes und 'Abdu'l-Bahá als Ausleger und wahres Vorbild des Bahá’í-Glaubens.
Noch wußte Bahá’u’lláh, der als Perser der arischen Rasse angehört, nicht, daß Er selbst eines Tages dieser Erkorene sein würde, als Er Sich den hohen Lehren jenes jungen Persers, des Báb, zuneigte und Sich von der Geistigkeit des um wenige Jahre jüngeren Mannes angezogen fühlte.
Nur kurze Jahre der Lehrtätigkeit waren dem Báb beschieden, gegen den sich die muhammedanische Geistlichkeit verschwor, ihn in Kerkerhaft brachte und schließlich zum Märtyrertod verurteilte, seiner neuen, den Rahmen des starren Islam brechenden Lehren wegen.
Welcher Geist die Menschen beseelte, die sich um den Báb geschart hatten, beweist ihre heldenhafte Haltung während der schweren Angriffe, die über diese, so sehr zu Unrecht verfolgten, hereinbrach. Noch wußten sie nicht, wo sie den vom Báb Verheißenen, den Erkorenen Gottes, finden würden, und es vergingen 19 Jahre, bis der Tag anbrach, an dem Gott Bahá’u’lláh berief und Ihm das schöpferische Wort Seiner Macht verlieh.
Als nun aber die persische Regierung im Verein mit der muhammedanischen Geistlichkeit erkannte, daß sie durch den gewaltsamen Tod des Báb dieser geistigen Welle nicht Herr geworden waren, setzten sie gewalttätige Machenschaften ins Werk, um diese Bewegung, die wie eine Flamme wieder aufschlug, zu ersticken. Sie sahen sich aber machtlos gegenüber der geistigen Größe und Erhabenheit Bahá’u’lláh’s, der Sich mit beispiellosem Heroismus für Seine hohe Sendung einsetzte. Wohl verbannten sie Ihn nach Baghdad, Adrianopel, später nach Konstantinopel und zuletzt nach Akka in Syrien — aber Seinen schöpferischen Geist konnten sie nicht in Fesseln legen. Aus dem Gefängnis für politische Verbrecher in Akka sandte Bahá’u’lláh an alle regierenden Häupter Seiner Zeit im Orient und im Abendland Sendschreiben, worin Er ihnen Seine Mission kund gab und sie einlud, alle Macht einzusetzen, um der Menschheit einen dauernden Frieden zu schenken. Diese Briefe sind historische Dokumente. —
Freiwillig war Seine Familie und mehr als 70 Seiner Anhänger von Verbannung zu Verbannung mit Ihm gezogen. Die Lebensbedingungen waren, vorweg in Akka, die denkbar schlechtesten. Man kann kaum ermessen, welch eine seelische Größe dazu gehörte, die von unduldsamen Verfolgern ausgeheckten Qualen und Verleumdungen zu ertragen, die Ihm — dem Träger des Logos — zuteil wurden. Wie ein Fels im brandendem Meer, getragen von der Hingabe an Seine göttliche Berufung, erfüllt vom Geist Gottes, verkündete Er die Prinzipien Seiner Lehre. Er behandelte zu einer Zeit, als in keiner Weise Seine Zeitgenossen die Tragweite folgender Probleme erkannten, die soziale Frage, insbesondere die Regelung der Arbeitslosigkeit, Beseitigung der industriellen Versklavung, Arbeit für alle, eine Frage, unter der die ganze Welt heute so schwer leidet.
Die Hebung der Volksgesundheit, keine Berufspriesterschaft, eine hohe Charaktererziehung, die Presse als wahrheitsgetreue, erzieherische Institution mit großem Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem Volksganzen und der Allgemeinheit — dies sind Fragen, die uns in der gegenwärtigen Zeit ganz besonders bewegen.
Wenn wir in Deutschland bahnbrechend vorangehen, um solche Probleme zu lösen, so gedenken wir aber auch anderer Länder, ja ganzer Kontinente, auf denen Millionen von Menschen ein bedauernswertes und unwürdiges Dasein führen. Die Liebe Gottes aber umfaßt Alle und darum verleiht Er Bahá’u’lláh das Wort an die ganze Menschheit, das Wort, das eine neue Weltordnung schaffen wird.
Die Religionsformen sind artgebunden, jeder Kulturkreis, jede Rasse, jedes Volk hat sein
eigenes Gotterleben. Die Lehre Bahá’u’lláh’s achtet jede wahre religiöse Empfindung, sie will
den hohen Wert, die reine Lehre jeder Religion nicht auslöschen. Nicht nur für eine Religion,
für alle bestehenden Religionen ist Er in die Arena getreten, um sie in einem
überkonfessionellen
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Zusammenschluß und Aufbau in eine Tat-Religion zu wandeln, die im Dienst am
Nächsten ihre Ausübung und Betätigung erblickt und die den Weltfrieden
heraufführen wird.
Wie ein Feuer, das im menschlichen Herzen entfacht und in seinen Tiefen lodert, war der Geist der Liebe zu Gott und zu den Menschen, der die Jünger Bahá’u’lláh’s ergriff. Sie achteten den Besitz, den die Welt ihnen schenken konnte, gering, gegen den geistigen Reichtum, der sich ihnen bot. Ihre Hingabe war so groß, daß sie ihr Leben freudig opferten. Es sind im damaligen Anfangsstadium der Bewegung über 20.000 Menschen getötet worden um ihres Glaubens willen.
Was war es nur, was jenen den Mut zum Bekenntnis zu Bahá’u’lláh gab, auf das doch die Todesstrafe gesetzt war? Es war die gleiche Ausgießung des Heiligen Geistes, die einst den Jüngern Christi an Pfingsten zuteil wurde. Ein geistiger Frühling ist es, der den Seelen ein neues Blühen schenkt und der unendliche Freude ins Herz trägt, denn er kommt von Gott.
Es gibt nur eine Wirklichkeit, und die kündet uns jeder zur Menschheit entsandte Gottesbote. Diese Wirklichkeit in ihrer Vollendung aber kann der Mensch nicht erfassen.
Heute nun, da die Entfernungen überwunden sind und eine Verständigung über die ganze Welt hin ermöglicht ist, die Schicksale der Kontinente in enger Verbindung stehen und sich verhängnisvoll auszuwirken vermögen, kommt das göttliche Gesetz der Einheit.
Mit dem Auftreten des Báb als Manifestation und Wegbereiter, mit Bahá’u’lláh’s hochheiliger Mission als Verkünder des Willens Gottes, ist diese göttliche Sendung vollendet und in sich abgeschlossen. Als geistiges Erbe mit der ganzen Verantwortung alles göttlich Gewollten, was in Wort und Schrift verkündet ward, der Menschheit nahe zu bringen, ist ‘Abdu’l-Bahá, der älteste Sohn Bahá’u’lláh’s, von Ihm selbst eingesetzt worden. Auch Er war ausersehen, eine einzigartige Aufgabe in diesem Geschehen zu erfüllen, denn ohne Ihn wäre die Kundgebung der heiligen Botschaft in ihrer ganzen Reinheit und Größe kaum denkbar gewesen. Er baute die Brücke in eine neue geistige Epoche hinüber und gab alle Erklärungen und Anweisungen, um die Prinzipien anwendbar zu machen. Durch Sein leuchtendes Beispiel erzieht Er die Bekenner des Bahá’í-Glaubens zu Dienern des Allerhöchsten, zu wahren, selbstlosen Menschen, deren Wunsch es immer sein wird, dem Guten zu dienen, ihr Leben nach den höchsten Idealen zu gestalten. Ob es zwar jemals einem Menschen gelingen wird, auch nur annähernd Seine vollendete Stufe zu erreichen, das bleibt sehr dahingestellt.
Ich möchte hier auf ein Buch von Myron H. Phelps, Das Leben und die Lehren von ‘Abdu’l-Bahá, hinweisen, das über das tragische Geschick der Verbannungsjahre ausführlich berichtet und uns ein Bild der geistigen und charakterlichen Größe des „Dieners Gottes“, wie Er Sich nannte, gibt. Bis zu Seinem Tod im Jahre 1921 war Er die Zuflucht für alle Bewohner Syriens, die ihre Wünsche und Hoffnungen zu Ihm trugen, ja, Er war das Ziel aller Sehnsucht für die Bahá’í auf der ganzen Welt,
Als ‘Abdu‘l-Bahá im Jahre 1913 auf heißen Wunsch Seiner deutschen Anhänger auf einer Europareise auch für etliche Tage Stuttgart besuchte, durfte auch ich Zeuge Seiner überragenden Geistigkeit und Größe sein.
Noch ist das erste Jahrhundert nicht beendet seit der Entstehungsperiode und den stürmischen Geschehnissen zu Beginn dieser neuen geistigen Epoche, und schon ist die Kunde über die ganze Welt hingegangen und von denjenigen, deren Geist und Seele davon berührt wurde, beglückt aufgenommen worden.
Die Botschaft Bahá’u’lláh's — das Wunder höchsten Heils — wird es sein, durch die zu ihrer Zeit alle Völker auf eine höhere Erkenntnisstufe geführt werden und aus dem Gefühl der Gerechtigkeit die allgemeine Annahme dieser Gesetze bewirken werden, die alsdann zu einem Weltfrieden führen. Zu diesem Zweck ist ein Weltschiedsgerichtshof — ein Haus der Gerechtigkeit — vorgesehen, das alle Belange der Völker und Staaten auf gerechtem und friedlichem Weg ordnet und Wohlgedeihen und friedliche Entwicklung den Völkern gewährleistet.
Was Gottes Wille ist, erfüllt sich unabwendbar! Er ruft alle Menschen in Seinen Dienst und wendet Sich an jeden Einzelnen; alle sind berufen, an dem großen Werk teilzuhaben; die Entscheidung liegt bei uns — möge uns Gott erleuchten!
Wohl stehen nicht alle Völker auf einigermaßen gleichen Entwicklungsstufen, aber bei
richtigem Beispiel, bei liebevoller Pflege und Erziehung, wie sie ein Bote Gottes der Menschheit
angedeihen läßt, kann eine verhältnismäßig rasche Entwicklung und ein Aufbau ermöglicht
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werden, der einen Gleichklang schafft, ohne die Eigenheiten der Rassen zu verwischen, denn es
handelt sich zunächst um eine geistige Grundeinstellung auf religiöser Basis.
Ein jeder Mensch ist in seiner Art religiös, ob er es erkennt oder nicht; denn alle kommen von Gott und kehren zu Ihm zurück und sei es im letzten Augenblick im Angesicht des Todes, so wird sich ein Schrei nach Gott der sich befreienden Seele entringen. Wohl aber dem, der sich auf Erden vertraut macht mit diesen höchsten Gütern und hier und dort daheim ist. Dann sieht der Mensch mit seinen geistigen Augen die engsten Verknüpfungen seines Schicksals, denn nichts ist zufällig oder sinnlos.
Alle Gottgesandten kamen, um die Menschen zu veredeln, um sie zu entwickeln und ihnen von Gott Kunde zu bringen — die heiligste und schwerste Aufgabe zugleich.
Was uns die alten Propheten und Christus verkündeten: „Der Tag Gottes“ ist angebrochen — die Bitte: „näher mein Gott zu Dir“ hat sich erfüllt, und da sollten wir noch zögern? Nein! mit jauchzendem Herzen wollen wir Ihm entgegeneilen, der in Seinen geheiligten Händen den Gral emporhebt, der umflossen von göttlichem Strahl aufleuchtet und uns einen so überreichen Segen spendet!
Müssen wir nicht frohen Herzens täglich, ja stündlich danken, daß der allmächtige Vater wieder zu uns spricht? Von Entwicklung zu Entwicklung schreitend an Hand der Lehren dieses weisesten Freundes, wird den späteren Generationen das Heil der Sendung Bahá’u’lláh’s erst völlig klar werden.
Ein neuer Lenz weckt neues Leben; wir stehen im Beginn eines neuen Blühens unter dem Strahl einer neuen, lebenerweckenden Sonne.
Wessen Seele von diesem göttlichen Hauch ergriffen wird und wessen Geist sich mit dieser Lehre befaßt, der wird ungeahnte Beglückung erfahren und von hingebender Dankbarkeit ergriffen sein. Wenn sich dieser neue Himmel für uns öffnet und die unfaßbare Größe des Geschehens uns bewußt wird, so werden wir die Erkenntnis der Wahrheit und Wirklichkeit nicht um alle Schätze der Welt, ja nicht um unser Leben eintauschen wollen.
Mit klarem Blick, mit brennendem Herzen wollen wir Ihm entgegengehen und dem danken, Der ein Leben voll Opfer und Leiden für uns erlitt um das Heil, die Genesung der kranken Welt zu bringen durch die Hingabe Seiner ganzen hoheitsvollen Persönlichkeit an Seine heilige Berufung.
Mit unserem deutschen Volk fühlte Sich ‘Abdu’l-Bahá — als Iranier rassenverwandt — tief verbunden, und Seine Prophezeiungen für Deutschland sind allen Bahá’í wohlbekannt und geben uns immer wieder neuen Antrieb, der heiligen Lehre mit ganzem Herzen zu dienen.
Dieser Glaube kann nicht nur verstandesmäßig als hochwichtig und völkerrettend angesehen werden, er muß auch mit Herz und Seele aufgenommen werden. Wohl hat uns ‘Abdu’l-Bahá gesagt, daß die Bahá’í nach Seinem Hinscheiden (es erfolgte im November 1921) die Verantwortung für diese Gotteslehre auf ihre Schultern nehmen sollen, aber Er hat uns zugleich ein weises Vermächtnis hinterlassen mit der Einsetzung Seines Enkels Shoghi Effendi als Beschützer zur Reinerhaltung der Botschaft Bahá’u’lláh’s. Die Hüterschaft wird für ferne Zeiten fortdauern und leistet Gewähr für die Lauterkeit der Lehre.
Das künftige Haus der Gerechtigkeit, dem dieses geistige Hütertum zur Seite stehen wird, soll die Prinzipien Bahá’u’lláh’s im reinen Licht der Gotteslehre vertreten, bis sich wieder — vielleicht in Tausenden von Jahren — ein neuer Gottgesandter erhebt und wiederum zur Menschheit spricht.
Durch den Bahá’í-Glauben, der nicht als eine neue Religion zu betrachten ist, sondern als Erneuerung der Religion schlechthin und als die Zusammenfassung aller Konfessionen in eine Weltreligion, sind neue Begriffe und weite Horizonte geschaffen. Klarheit und Wahrheit, Lebensfreude, Weltfrieden werden uns geschenkt — und ein frohes Sterben. Er führt uns zurück zu Gott, dem Ewigbestehenden.
1) In deutscher Übersetzung „Licht“.
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Bahá’u’lláh
Verborgene Worte.. Worte der Weisheit und Gebete. Geschrieben während seiner Verbannung in Bagdad 1857/58 . . . kart. —.80
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Frohe Botschaften. Worte des Paradieses, Tablet Tarasat (Schmuck), Tablet Taschalliat (Lichtstrahlen), Tablet Ischrakat (Glanz). Mahnrufe und Anweisungen an die Völker der Erde . . gebunden 2.00
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Buch der Gewißheit oder Kitábu’l-Iqán. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Fragen verschiedener Religionen, geschrieben in Bagdad um 1862. Ist fortsetzungsweise in den beiden Jahrgängen X und XI unserer Zeitschrift „Sonne der Wahrheit“ enthalten.
Jahrgang gebunden je 6.--
'Abdu'l-Bahá Abbas
Ansprachen in Paris. ‘Abdu’l-Bahá spricht hier über zahlreiche Fragen, nach deren Klärung die Völker der Erde suchen.
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Beantwortete Fragen. Erklärungen zu christlichen und islamischen Fragen, Behandlung allgemeiner weltanschaulicher Probleme . . . . . . Ganzleinen 2.50
Sendschreiben an die Haager Friedenskonferenz 1919 . . . . . --.20
Sonstiges
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, Einführung in die Gedankenwelt der Bahá’i-Lehre von einem orientalischen Gelehrten. Von Mirza Abul Fazl . . . . . gebunden 2.--
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter. ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. Ganzleinen 2.50
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. . . . . .gebunden 2.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . kart. 2.--
Am Morgen einer neuen Zeit. Untersuchung der geistigen Ursachen der Weltkrise und Beleuchtung der letzthin einzigen Möglichkeit ihrer Überwindung durch die Bahá’i-Lehre. Von Dr. Hermann Großmann . . . . . kart. 1.80
Ganzleinen 2.50
Lebensgestaltung. Das Leben und ich. Das Leben und mein Nächster. Das Leben und Gott. Kursberichte der Eßlinger Bahá’í-Sommerwoche 1933 . . . -.30
Die Bahá’i-Weltanschauung. Eine kurze Einführung. Von Pauline Hartmann . . . . —.20
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30
Sonne der Wahrheit. Bahá'i-Monatszeitschrift.
- Jahrgang III - IX gebunden je 3.--
- Jahrgang X - XIV gebunden je 6.--