Sonne der Wahrheit/Jahrgang 15/Heft 12/Text
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Die Bahá’í-Lehre,[Bearbeiten]
die Lehre Bahá’u’lláhs erkennt in der Religion die höchste und reinste Quelle allen sittlichen Lebens.
Die Ausdrucksformen des religiösen Lebens des Einzelnen, ganzer Völker und Kulturkreise haben im Laufe der Geschichte entsprechend den jeweils anderen Verhältnissen und dem Wachstum des menschlichen Erkenntnisvermögens Wandlungen erfahren. Die äußeren Gesetze und Gebote aller Weltreligionen entsprachen immer den entwicklungsgeschichtlich gegebenen Erfordernissen in bezug auf den Einzelnen, die soziale Ordnung und das Verhältnis zwischen den Völkern. Alle Religionen beruhen aber auf einer gemeinsamen, geistigen Grundlage. „Diese Grundlage muß notwendigerweise die Wahrheit sein und kann nur eine Einheit, nicht eine Mehrheit bilden.“ ('Abdu'l-Bahá.) „Die Sonne der Wahrheit ist das Wort Gottes, von dem die Erziehung der Menschen im Reich der Gedanken abhängig ist.“ (Bahá’u’lláh.) Alle großen Religionsstifter waren Verkünder des Wortes Gottes entsprechend der Fassungskraft und Entwicklungsstufe der Menschen. Das Wesen der Religion liegt darin, im Bewußtwerden der Abhängigkeit des Menschen von der Wirklichkeit Gottes Seine Offenbarer anzuerkennen und nach Seinen durch sie übermittelten Geboten zu leben.
Die Bahá’i-Lehre bestätigt und vertieft den unverfälschten und unwandelbaren Sinn und Gehalt aller Religionen von neuem und zeigt darüber hinaus die kommende Weltordnung auf, welche die geistige Einheit der Menschheit zur Voraussetzung haben wird. Die in ihr zum Ausdruck kommende Weltanschauung steht mit den Errungenschaften der Wissenschaft ausdrücklich in Einklang.
Die Lehre Bahá’u’lláhs enthält geistige Grundsätze und Richtlinien für eine harmonische Gesellschafts-, Staats- und Wirtschaftsordnung. Sie beruhen auf dem Gedanken der natürlich gewachsenen, organischen Einheit jedes Volkes und der das Völkische übergreifenden geistigen Einheit der Menschheit. Den Interessen der Volksgemeinschaft sind die Sonderinteressen des Einzelnen unterzuordnen, denn nur die Gesamtwohlfahrt verbürgt auch das Wohl des Einzelnen.
Wie jede Religion, so wendet sich auch die Bahá’i-Lehre an die Herzensgesinnung des Menschen, um die religiösen Kräfte in den Dienst wahren Menschentums zu stellen. Sie erstrebt die Höherentwicklung der Menschheit mehr durch die Selbsterziehung des Einzelnen als durch äußerlich-organisatorische Maßnahmen. Der Bahá’i hat sich daher über seine ernst aufgefaßten staatsbürgerlichen Pflichten hinaus nicht in die Politik einzumischen, sondern sich zum Träger der Ordnung und des Friedens im menschlichen Gemeinschaftsleben zu erheben. Bahá’u’lláhs Worte sind: „Es ist euch zur Pflicht gemacht, euch allen gerechten Regenten ergeben zu zeigen und jedem gerechten König eure Treue zu beweisen. Dienet den Herrschern der Welt mit der höchsten Wahrhaftigkeit und Treue. Zeiget ihnen Gehorsam und seid ihre wohlwollenden Freunde. Mischt euch nicht ohne ihre Erlaubnis und Zulassung in politische Dinge ein, denn Untreue gegenüber dem Herrscher ist Untreue gegenüber Gott selbst.“
Bahá’u’lláh weist den Weg zu einer befriedeten, im Geiste geeinigten Menschheit. Ein alle Staaten umfassender Bund in ihrer Eigenart entwickelter und unabhängiger Völker auf der Grundlage der Gleichberechtigung, ausgestattet mit völkerrechtlichen Vollmachten und Vollstreckungsgewalten gegenüber Friedensstörern, soll die übernationalen Interessen aller Völker der Erde in völliger Unparteilichkeit und höchster Verantwortung wahrnehmen. Zwischenstaatliche Konflikte sind durch einen von allen Staaten beschickten Weltschiedsgerichtshof auf friedlichem Wege beizulegen.
Die geistige Wesensgleichheit aller Menschen und Völker erheischt einen organischen Aufbau der sozialen Weltordnung, in der jedem seine einzigartige, besondere Eingliederung und Aufgabe zugewiesen ist. Die geographischen, biologischen und geschichtlichen Gegebenheiten bedürfen im Gemeinschaftsleben der Völker immer einer besonderen Beachtung, ohne die sie umschließende Einheit im Reiche des Geistes aus den Augen zu verlieren.
Die Lehre Bahá’u’lláhs „ist in ihrem Ursprung göttlich, in ihren Zielen allumfassend, in ihrem Ausblick weit, in ihrer Methode wissenschaftlich, in ihren Grundsätzen menschendienend und von kraftvollem Einfluß auf die Herzen und Gemüter der Menschen“.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der Bahá’í in Deutschland und Österreich Verantwortlich für die Herausgabe: Dr. Eugen Schmidt, Stuttgart-W, Reinsburgerstraße 198 Schriftleitung: Dr. Adelbert Mühlschlegel, Dr. Eugen Schmidt, Alice Schwarz-Solivo Verwaltung: Paul Gollmer • Begründet von Alice Schwarz-Solivo Preis vierteljährlich 1.80 Reichsmark, im Ausland 2.– Reichsmark |
Heft 12 | Stuttgart, im Februar 1936 Mulk — Oberherrschaft 92 |
15. Jahrgang |
Inhalt: Nabíl’s Erzählung: Der Aufenthalt des Báb in Shíráz nach der Pilgerreise (Schluß). — Ein Tempel des Lichts. — Inhaltsübersicht des 15. Jahrganges 1935/36.
Eine der Lehren von Bahá’u’lláh besagt, daß Religion ein mächtiges Bollwerk ist. Wenn das Gebäude der Religion erzittert und schwankt, so folgen Aufruhr und Chaos, und die Ordnung der Dinge wird völlig umgestürzt. Denn in der Welt der Menschheit gibt es zwei Wächter, die den Menschen vor Unrechttun bewahren: der eine ist das Gesetz, das den Verbrecher bestraft; aber das Gesetz verhindert nur offensichtliches Verbrechen, nicht jedoch geheime Sünden; der ideale Wächter dagegen, nämlich die Religion Gottes, verhütet beides, das offensichtliche sowohl wie das geheime Verbrechen, erzieht den Menschen, entwickelt Sittlichkeit, erzwingt die Aneignung von Tugenden und ist die allumfassende Macht, die das Glück der Menschenwelt gewährleistet. Unter Religion aber ist das zu verstehen, was durch Forschen zur Erkenntnis geführt hat, nicht aber das, was lediglich auf Nachahmung beruht; also die Grundlage der göttlichen Religionen und nicht menschliche Nachahmungen.
‘Abdu'l-Bahá*)
*) Aus dem Haager Sendschreiben, Stuttgart 1932, S. 14.
Nabíl’s Erzählung[Bearbeiten]
Übersetzung aus „The Dawn-Breakers“, Nabíl’s Narrative of the early days of the Bahá’í Revelation, New York 1932
8. Kapitel: Der Aufenthalt des Báb in Shíráz nach der Pilgerreise (Schluß)
Sei ehrlich! Hältst du dich in deinem Herzen für einen, der diese Stufe der Reinheit und der
erhabenen Loslösung erreicht hat, wie du sie in vergangenen Tagen als notwendig für jemand
erachtetest, der diese erhabene Stellung zu erreichen sucht? Glaubst du nun wirklich frei von
jeder Spur selbstischer Wünsche zu sein? Als ich so sinnend saß, überkam mich immer mehr ein
Gefühl der eigenen Unwürdigkeit. Ich erkannte mich als Opfer von Sorgen und Verwirrungen,
Versuchungen und Zweifeln. Ich wurde niedergedrückt
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durch Gedanken der Art etwa: wie ich meine Klassen führen sollte, wie ich meine Gemeinde
im Gebet anleiten, wie ich die Gesetze und die Vorschriften des Glaubens zur Geltung bringen
könnte. Ich fühlte mich dauernd in Angst, etwa, wie ich meinen Pflichten nachkommen sollte, wie
ich die Überlegenheit meines Erlangten über jene sichern könnte, die mir vorangegangen
waren. Es überkam mich ein derartiger Kleinmut, daß ich mich gedrungen fühlte, Gottes
Vergebung zu suchen. Dein Ziel beim Erlernen aller dieser Gelehrsamkeit war doch, so dachte ich bei
mir, das Geheimnis Gottes zu enträtseln und die Stufe der Gewißheit zu erlangen. Sei ehrlich!
Bist du dir deiner eigenen Auslegungen des Qur’án sicher? Bist du dir dessen gewiß, daß
die Gesetze, die du verbreitest, den Willen Gottes widerspiegeln? Das Bewußtsein des Irrtums
dämmerte mir plötzlich. Ich erkannte zum erstenmal, wie der Rost der Gelehrsamkeit meine Seele
zerfressen und meinen Blick getrübt hatte. Ich beklagte meine Vergangenheit und beweinte die
Nichtigkeit meines Bemühens. Ich erkannte, daß Männer, die den gleichen Rang einnahmen,
denselben Anfechtungen unterworfen waren. Sobald sie diese sogenannte Gelehrsamkeit erreicht
hatten, erhoben sie den Anspruch, Ausleger der Gesetze des Islám zu sein, und maßten sie sich
das ausschließliche Vorrecht an, über seine Lehren zu sprechen.
Bis zum Morgengrauen quälten mich meine Gedanken. In dieser Nacht aß ich nicht und schlief ich nicht. Immer wieder wandte ich mich an Gott und sprach: ‚Du siehst mich, o mein Gott, und Du erkennst meinen Zustand. Du weißt, daß ich keinen anderen Wunsch habe als Deinen heiligen Willen und Dein Wohlgefallen. Ich verliere mich in Verwirrung beim Gedanken an die Unmenge von Sekten, in die Dein heiliger Glaube zerfallen ist. Ich bin tief erschüttert, wenn ich an die Spaltungen denke, welche die Religionen vor Alters zerrissen haben. Willst Du mich führen in meiner Verwirrung und mich von meinen Zweifeln erlösen? Wohin soll ich mich wenden um Trost und Führung?‘ Ich weinte so bitterlich in jener Nacht, als ob ich alle Besinnung verloren hätte. Plötzlich kam mir eine Vision von einer großen Menschenansammlung, deren Glanz auf den leuchtenden Gesichtern mir einen tiefen Eindruck machte. Eine edle Gestalt, mit dem Gewand eines Siyyid gekleidet, nahm den Platz am Rednerpult ein, vor sich die Gemeinde. Er erklärte den Sinn dieses geheiligten Verses des Qur’án: ‚Wer sich um Uns bemüht, den werden Wir unseren Weg führen.‘ Ich war gefesselt von seinem Angesicht. Ich stand auf, ging auf ihn zu und war daran, mich ihm zu Füßen zu werfen, als die Vision plötzlich verschwand. Mein Herz war durchströmt von Licht. Meine Freude war unbeschreiblich.
Sofort entschloß ich mich, Ḥájí Alláh-Vardí, den Vater von Muḥammad- Javád -i- Farhádi, einen Mann, der in ganz Qazvín für seinen tiefen geistigen Einblick bekannt ist, zu befragen. Als ich ihm von meiner Vision sprach, lächelte er und beschrieb mir mit außerordentlicher Genauigkeit die herrlichen Züge des Siyyid, der mir erschienen war. ‚Diese edle Erscheinung‘, so setzte er hinzu, ‚war kein anderer als Ḥájí Siyyid Káẓim-i-Rashtí, der jetzt in Karbilá ist und den man täglich seinen Schülern die heiligen Lehren des Islám auslegen sieht. Die, welche seinen Reden lauschen, sind erquickt und erbaut von seinen Äußerungen. Ich kann niemals den Eindruck beschreiben, den seine Worte auf seine Hörer machen.‘ Ich erhob mich freudig und, ihm meine höchste Anerkennung zollend, zog ich mich zurück, ging nach Hause und machte mich sogleich auf die Reise nach Karbilá. Meine alten Mitschüler kamen und beschworen mich, entweder persönlich den gelehrten Mullá ‘Abdu’l-Karím, der den Wunsch geäußert hatte, mich zu sehen, aufzusuchen oder ihm zu gestatten, in mein Haus zu kommen. ‚Ich habe das Bedürfnis‘, antwortete ich ihnen, ‚das Grab des Imám Husayn in Karbilá zu besuchen. Ich habe gelobt, mich sogleich zu dieser Pilgerreise aufzumachen. Meine Abreise kann ich nicht aufschieben. Ich will, wenn möglich, ihn einige Augenblicke besuchen, wenn ich die Stadt verlasse. Wenn es mir nicht möglich ist, so möchte ich ihn bitten, mich zu entschuldigen und für mich zu beten, daß ich auf den richtigen Weg geführt werde.‘
Ich machte meine Verwandten vertraulich mit dem Wesen meiner Vision und ihrer Auslegung bekannt. Ich benachrichtigte sie auch von meiner Absicht, nach Karbilá zu pilgern. Meine Worte an sie an jenem Tag flößten ihren Herzen Liebe zu Siyyid Káẓim ein. Sie fühlten sich sehr zu Ḥájí Alláh-Vardí hingezogen, gesellten sich offen ihm zu und wurden seine glühenden Verehrer.
Mein Bruder ‘Abdu’l-Ḥamíd [der später den Kelch des Märtyrertums in Ṭihrán leerte] begleitete
mich auf meiner Reise nach Karbilá. Dort traf ich Siyyid Káẓim und war verblüfft,
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ihn unter genau den gleichen Umständen zu seinen Schülern reden zu hören, wie ich ihn in
meinem Gesicht geschaut hatte. Ich war erstaunt. als ich bei meiner Ankunft entdeckte, daß er die
Bedeutung des gleichen Verses auslegte, den er in meiner Vision seinen Jüngern erklärt hatte.
Als ich dasaß und ihm lauschte, war ich sehr beeindruckt von der Kraft seiner Beweise und der
Tiefe seiner Gedankengänge. Er empfing mich freundlichst und erwies mir die größte Güte.
Mein Bruder und ich waren von einer inneren Freude erfüllt, wie wir sie nie zuvor empfunden
hatten. Bei Dämmerung eilten wir in sein Haus und begleiteten ihn bei seinem Besuch des
Grabes des Imám Husayn.
Den ganzen Winter verbrachte ich in steter Verbindung mit ihm zusammen. Die ganze Zeit über besuchte ich getreulich seine Klassen. Immerfort lauschte ich seiner Rede; ich hörte ihn, besondere Gesichtspunkte über die Manifestation des verheißenen Qá’im ausführen. Dieses Thema war der alleinige Gegenstand seiner Vorträge. Welchen Vers oder welche Überlieferung er auch gerade erläuterte, unverändert beschloß er seine Auslegung derselben mit einem besonderen Hinweis auf das Erscheinen der verheißenen Offenbarung. ‚Der Verheißene‘, sagte er freimütig und wiederholt, ‚lebt unter diesem Volk. Die bestimmte Zeit für Sein Erscheinen ist nahe herangekommen. Ebnet Ihm den Weg und reinigt euch, damit ihr Seine Schönheit erkennen möchtet. Erst wenn ich von dieser Welt scheide, wird das Tagesgestirn Seines Antlitzes offenbar werden. Es geziemt euch, nach meinem Hingang euch aufzumachen und Ihn zu suchen. Ihr dürft keinen Augenblick rasten, bis ihr Ihn gefunden habt.
Nach dem Naw-Rúz-Feste bat mich Siyyid Káẓim, von Karbilá abzureisen. ‚Sei versichert, o ‘Abdu’l-Karím‘, sagte er mir beim Lebewohl, ‚du gehörst zu denen, die am Tage Seiner Offenbarung sich aufmachen werden für den Sieg Seiner Sache. Du wirst, so hoffe ich, meiner gedenken an diesem gesegneten Tage.' Ich bestürmte ihn, mir zu gestatten, in Karbilá zu bleiben, vorschützend, daß meine Rückkehr nach Qazvín die Feindschaft der Mullás in jener Stadt wachrufen werde. ‚Setze dein Vertrauen gänzlich in Gott‘, war seine Antwort. ‚Übersieh völlig ihre Machenschaften. Befasse dich mit Handel und sei versichert, daß ihre Beteuerungen niemals dahin führen werden, dir zu schaden. Ich folgte seinem Rat und reiste mit meinem Bruder zusammen nach Qazvín.
Sogleich nach meiner Ankunft unternahm ich es, den Rat von Siyyid Káẓim auszuführen. Mit den Anweisungen, die er mir gegeben hatte, war es mir möglich, jeden böswilligen Gegner zum Schweigen zu bringen. Ich brachte die Tage mit der Abwicklung von Geschäften zu; am Abend kam ich nach Hause und in der Stille meines Zimmers weihte ich meine Zeit der Versenkung und dem Gebet. Tränen in den Augen verband ich mich mit Gott und bat Ihn: ‚Du hast durch den Mund Deiner erleuchteten Diener verheißen, daß ich Deinen Tag erleben werde und Deine Offenbarung erschauen werde. Du hast durch ihn mich versichert, daß ich mit denen sein werde, die sich zum Sieg Deiner Sache aufmachen werden. Wie lange willst Du mich von Deiner Verheißung ferne halten? Wann wird die Hand Deiner liebevollen Güte mir die Tore Deiner Gnade öffnen und mir Deine immerwährende Gnadenfülle verleihen?‘ Nacht für Nacht wiederholte ich dieses Gebet und flehte zu Gott bis zum Morgenanbruch.
Eines Nachts, am Abend des Tages ‘Arafih im Jahre 1255 d. H.1) war ich so vertieft in mein Gebet, daß ich, wie es scheint, in einen Zustand der Verzückung geriet. Darin erschien mir ein Vogel mit schneeweißem Gefieder, der über meinem Haupte kreiste und sich dann auf einen Zweig eines Baumes neben mir niederließ. In unbeschreiblich lieblichen Lauten sang mir der Vogel dieses Lied: ‚Siehst du die Manifestation, o ‘Abdwl-Karím? Siehe, das Jahr ‚60'!' Gleich darauf flog der Vogel auf und verschwand. Das Geheimnisvolle jener Worte erregte mich. Die Erinnerung an die Schönheit jenes Gesichts blieb mir lange noch im Sinn. Es schien mir, als ob ich alle Wonnen des Paradieses gekostet hätte. Meine Freude war nicht zu bezähmen.
Die geheimnisvolle Botschaft jenes Vogels hatte meine Seele durchdrungen und lag mir
dauernd auf den Lippen. Auch dachte ich ständig daran. Dennoch gab ich niemanden Kunde
davon in der Furcht, daß dies ihrer Süßigkeit Einbuße brächte. Wenige Jahre später drang der
Ruf aus Shíráz an mein Ohr. Am Tage als ich ihn vernahm, eilte ich auch schon jener
Stadt zu. Unterwegs traf ich in Ṭihrán Mullá Muḥammad-i-Mu’allim, der mich mit dem Sinn dieses
Rufes vertraut machte und mir mitteilte, daß jene, die ihn vernommen hätten, sich in Karbilá
treffen würden und die Rückkunft ihres Führers
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aus Ḥijáz erwarteten. Sofort machte ich mich auf den Weg dahin. Von Hamadán an begleitete
mich zu meinem großen Elend Mullá Javád-i-Baraghání bis nach Karbilá, wo ich den Vorzug
hatte, sowohl euch als auch die übrigen der Gläubigen zu treffen. Immer noch hielt ich in
meinem Herzen die seltsame Botschaft verwahrt, die mir der Vogel überbracht hatte. Als ich
dann in der Folge in die Gegenwart des Báb gelangte und von Seinen Lippen die nämlichen
Worte vernahm, im gleichen Ton und in der gleichen Sprache, wie ich sie vernommen hatte,
erkannte ich ihre Bedeutung. Ich war derart von ihrer Macht und Herrlichkeit übermannt,
daß ich instinktiv mich Ihm zu Füßen warf und Seinen Namen pries!
In den ersten Tagen des Jahres 1265 d. H.2) ging ich im Alter von 18 Jahren von meinem Heimatdorf Zarand nach Qum, wo ich glücklicherweise Siyyid Ismá’il-i-Zavári’í, genannt Dhabíh, traf, der später, als er in Baghdád lebte, sein Leben auf dem Weg Bahá’u’lláh’s zum Opfer hingab. Durch ihn lernte ich die neue Offenbarung kennen. Damals rüstete er sich, um nach Mázindarán aufzubrechen, und hatte sich dazu entschlossen, die heldenhaften Verteidiger der Festung Shaykh Ṭabarsí aufzusuchen. Er hatte die Absicht, mich und Mírzá Fatḥu’lláh-i-Ḥakkák, einen Burschen meines Alters, einen Einwohner von Qum, mitzunehmen. Als besondere Umstände seinem Plan dazwischen kamen, versprach er vor seiner Abreise, daß er mit uns von Ṭihrán aus in Verbindung bleiben und uns zu sich rufen werde. Im Laufe seines Gesprächs mit Mírzä Fatḥu’lláh und mir, erzählte er uns die Geschichte von Mullá ‘Abdu’l-Karím’s wunderbarem Erlebnis. Ich hatte nun das größte Verlangen, diesen kennen zu lernen. Als ich in der Folge nach Ṭihrán kam und Siyyid Ismá‘il in der Madrisiy-i-Dáru’sh-Shafáy-i-Masjid-i-Sháh traf, wurde ich durch ihn eben diesem Mullá ‘Abdu’l-Karím vorgestellt, der damals in der gleichen Madrisih wohnte. In jenen Tagen wurde uns berichtet, daß der Streit von Shaykh Ṭabarsí zu Ende sei und daß diejenigen Gefährten des Báb, die sich in Ṭihrán zusammengefunden und beabsichtigt hatten, ihren Glaubensgenossen zu folgen, alle wieder in ihre Provinzen zurückgekehrt seien, ohne ihr Ziel erreicht zu haben. Mullá ‘Abdu’l-Karím verblieb in der Hauptstadt, wo er seine Zeit damit verbrachte, den persischen Bayán abzuschreiben. Meine enge Verbindung mit ihm diente mir damals dazu, meine Liebe und Bewunderung für ihn nur noch mehr zu vertiefen. Ich empfinde heute noch, 38 Jahre nach unserem ersten Zwiegespräch in Ṭihrán, die Tiefe seiner Freundschaft und den Eifer seines Glaubens. Meine Gefühle herzlicher Hochachtung für ihn veranlaßten mich, ausführlich auf die Begebenheiten seines früheren Lebens einzugehen, die in dem gipfelten, was wir als Wendepunkt seiner ganzen Laufbahn betrachten können. Möge dies wiederum dazu dienen, die Leser für die Herrlichkeit dieser so bedeutsamen Offenbarung zu erwecken.
1) Die Nacht, die auf den 13. Februar 1840 n. Chr. folgte.
2) 1848 n. Chr.
Ein Tempel des Lichts[Bearbeiten]
Einführung und Zusammenstellung von Elsa Maria Grossmann, Neckargemünd
I.
Mashriqu’l-Adhkár
Während seines Aufenthaltes in Amerika legte ‘Abdu’l-Bahá am 1. Mai 1912 in Wilmette am Michigansee bei Chicago den Grundstein zum ersten Bahá’í-Tempel des Westens, dem zweiten in der Welt überhaupt, dem „Mashriqu’l-Adhkár“ oder „Dämmerungsort der Verherrlichung Gottes“. Eine Augenzeugin berichtet darüber:
„'Abdu'l-Bahá begab sich nach der Bahá’í-Versammlung in Wilmette von einigen orientalischen Gläubigen begleitet nach dem Platz, der dazu ausersehen war, den Welt-Tempel zu tragen.
Es war mein großes Vorrecht, Abgeordnete in dieser Versammlung zu sein und während der Weihe an dieser geheiligten Stelle stehen zu dürfen.
Ich erinnere mich in unaussprechlichem Glück an den vollkommenen Tag. Die Sonne milderte
die kalte Luft, die vom Michigansee herüber kam. Nach einer Rede ‘Abdu’l-Bahá’s in einem
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großen Zeit, das für die Versammelten errichtet worden war, ging er mit Freunden und Gefolge
zu dem bezeichneten Platz. Man übergab ‘Abdu’l-Bahá dann eine goldene Mauerkelle, mit welcher
er den Erdboden für die Legung des marmornen Ecksteins aufbrach, der zu diesem Zweck
aus dem Heiligen Lande mitgebracht worden war.
Dies war der Anfangsschritt zur Errichtung dessen, was der Mashriqu’l-Adhkár werden sollte — der Dämmerungsplatz der Lobpreisung! Wenn ich mich an diese Feierstunde zurückerinnere, so sehe ich ‘Abdu’l-Bahá’s heilige Gestalt die ganze Landschaft beherrschen. Mit göttlichen und majestätischen Schritten näherte er sich der ausgewählten Stelle und mit der goldenen Mauerkelle in der Hand brach er die jungfräuliche Erde, wo der Eckstein liegen sollte.
Nachdem dieser Akt vollzogen war, wurden die Freunde gefragt, ob sie etwas Erde zu behalten wünschten, worauf viele sofort eingingen, unter ihnen die Schreiberin dieses Berichtes.
Ich nahm dann den Spaten und mit unbeschreiblicher Freude entfernte ich ein paar Unzen Erde.
Die Arbeit an dem Welt-Tempel begann unmittelbar oder sehr bald nach der einleitenden Handlung ‘Abdu’l-Bahá’s, des Dieners Gottes, wie er sich selbst nannte.
Bevorzugung und Glück in dieser Welt gründen sich gewöhnlich auf den Besitz an irdischen Gütern, während das Aufbrechen des Erdbodens, auf dem das Gebäude errichtet werden soll, das dazu bestimmt ist, ein Beispiel des göttlichen Zweckes für die geistige Erleuchtung ungezählter Millionen geborener und ungeborener Seelen zu sein, — einzig und beispiellos dasteht. Es war ein Ereignis, das nie zuvor geschehen war und nie wieder geschehen wird.
Nach der Feier zerstreuten sich alle still, um sich am Abend wieder zu treffen und die Stimme dessen zu hören, den Bahá’u’lláh als vollkommenes Beispiel auserwählt hatte, die ganze Welt der Menschheit zu vergeistigen.
Dieser Tempel ist so erstaunlich, so erhaben in seinem alles umfassenden Zweck, daß es unmöglich ist, es in Worte zu kleiden. Er drückt die Wandlung dieses Lebens zu einem geistigeren Sein aus.“ —
Am 1. Mai 1931, genau neunzehn Jahre nach diesem denkwürdigen Ereignis, fand in der Zuhörerhalle des Tempels der feierliche Akt seiner Weihung statt.
Das „Symbol der Einheit“, der „Tempel des Lichts“, geht seitdem seiner Verwirklichung, der Bau seiner Vollendung entgegen. Er ist schon jetzt zu einem Markstein in der Geschichte des sieghaften Bahá’í-Glaubens geworden. Wer ein Ohr hat, zu hören, kann seine eindringliche Stimme vernehmen, in der Verpflichtung und Verheißung zugleich liegen und mit der Bahá’u’lláh den heutigen und kommenden Geschlechtern den Weg weist: „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“1).
„Wenn einmal der Mashriqu’l-Adhkár mit seinen zusätzlichen Gebäuden2) in der Welt errichtet sein wird“, sagt ‘Abdu’l-Bahá, „so wird er, abgesehen von seinem religiösen oder geistigen Einfluß, eine gewaltige Wirkung auf die Zivilisation ausüben. Neben dem religiösen Menschen, der seinen Einfluß fühlen wird, wird auch der Materialist sich diesem Einfluß nicht entziehen können. Überdies sind göttliche Weisheiten in ihm enthalten, geistige Wirkungen auf Intellekt und Gedanken. Nach seiner Errichtung werden sie in Erscheinung treten“3).
Osten und Westen haben sich beim Bau dieses Tempels die Hände gereicht, haben unter beispiellosen Anstrengungen und unabschätzbaren Opfern ihrer Sehnsucht Ausdruck gegeben, jener Sehnsucht, die Bahá’u’lláh, ausgestattet mit der Macht der göttlichen Manifestation, in die Herzen der Menschen gepflanzt hat und die nach geistiger Vereinigung aller Glieder der menschlichen Familie, nach Verwirklichung der großen Einheit und Harmonie in der göttlichen Schöpfung dringend und dringender ruft. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“, — Tag und Nacht haben Bahá’u’lláh und ‘Abdu’l-Bahá nimmermüde diesen Weckruf an die gesamte Menschheit ergehen lassen. Von der Kuppel des Tempels am Michigansee kündet der Westen ihrem Rufe Antwort und Echo.
Der Bahá’í-Tempel ist im edelsten Sinne des Wortes eine Stätte der Anbetung Gottes, die
allen Religionen, allen Völkern und Nationen offen steht. Sein Geist ist universal, sein Dienst
ist Liebe am Nächsten. „Ergänzend gehören zum Tempel seine zusätzlichen Gebäude, ohne die
der Mashriqu’l-Adhkár keine vollständige, der Allgemeinheit dienende Einrichtung
sein würde.
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Diese Bauten müssen eine Schule der Wissenschaft enthalten, Altersheim, Krankenhaus, Waisenhaus.
Hiermit schließt sich am Ende der Kreis geistiger Erfahrung, da Gebet und Anbetung unmittelbar
mit schöpferischem Dienst verbunden und die hemmenden, persönlichen Bestandteile aus der
Religion entfernt werden, um eine neue und höhere Art menschlichen Zusammenwirkens
zu begründen4).“
Der erste Bahá’í-Tempel der Welt erhebt sich in 'Ishqábád in Turkistán. Er ist ein Werk der in den frühen Kämpfen gegen den Bahá’í-Glauben aus ihrer Heimat verdrängten Perser. Auf seiner Kuppel weht, unsichtbar dem äußeren Auge, das Banner der geistigen Einheit über das Land. Von seinen zierlichen Türmchen ruft sieggewiß die kraftvolle Stimme eines jungen, verheißenden Glaubens. Von Irans gesegneter Erde her beginnt ein dritter Bruder den anderen Antwort zu geben, von jener Erde, die den „Vorläufer“5) und die „Herrlichkeit Gottes“6) geschaut, die vom Blut unzähliger Märtyrer für diesen Glauben getränkt wurde und auf der unweit Ṭihrán’s der dritte Mashriqu’l-Adhkár im Werden begriffen ist. So vereint sich ihr Ruf zu einem Triumphgesang im Chore der neuen Menschheit: „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres.“
1) Bahá’u’lláh: „Frohe Botschaften“, 13. Fr. B.
2) Diese Gebäude sind in Wilmette bisher noch nicht errichtet.
3) Siehe: „The Bahá’í World“, Volume IV; Seite 193.
4) Siehe: „The Bahá’í World“, Volume IV; Seite 188.
5) D.i. der Báb.
6) D.i. Bahá’u’lláh.
II.
Der Bahá’í-Tempel in Wilmette im Lichte der Presse
(Ausgewählte Übertragung aus dem Englischen.)
- Louis J. Bourgeois, von dem Entwurf und Ausführung des Tempels am Michigansee stammen und der die Vollendung des Baues leider nicht mehr erleben konnte, gab nachfolgende interessante Zusammenstellung von Urteilen der Presse1) über das derzeit in einer Architekturausstellung in New York ausgestellte Modell des Bahá’í-Tempels.
„Die Lehren von Bahá’u’lláh“, sagt Bourgeois einleitend, „vereinigen die Religionen der Welt in einer universalen Religion, und, wie alle großen historischen Religionen, — wie wir wissen, — eine neue Architektur entwickelten, so ist der Bahá’í-Tempel das plastische Symbol der Lehren Bahá’u’lláh’s.
Da das Wesen der reinen, ursprünglichen Lehren aller historischen Religionen das gleiche war, — obwohl sie sich durch Hinzufügungen, welche auf Dogmen und Riten hinausliefen und zur wahren Ursache der Trennung wurden, weit auseinanderentwickelten, — so ist im Bahá’í-Tempel eine zusammengesetzte Architektur verwendet worden, die das Wesentliche der Linienführung eines jeden der großen Baustile zum Ausdruck bringt und sie zu einem einheitlichen Ganzen zusammenfügt.
Ihre ausschmückenden Verzierungen ließ der Baumeister fort, denn sie bedeuten ihm nur theologische Verschiedenheiten und Dogmen. Statt dessen hat er für seine ausschmückenden Verzierungen eine mathematische Zusammensetzung von Linien verwendet, die ihm erlaubt, alle großen Baustile zu einem harmonischen Ganzen zusammenzuführen. Im Bahá’í-Tempel ist das Wesentliche des ägyptischen Baustils, des griechischen, römischen, arabischen, gotischen, sowie des Baustils der Renaissance enthalten. Mathematische Figuren krönen die Tempelkuppel und stellen die Kurvenbahn der Planeten um die Sonne dar.“
- —————
Aus: Japan Times and Mail, Tokyo, 16. Februar 1921.
Der Bahá’í-Tempel ist eine künstlerische Offenbarung. Das Modell von Louis Bourgeois vereinigt das Wesentliche aller Schulen. Ein Wunder des Jahrhunderts nach dem Urteil der Fachleute.
Er ist ein Tempel des Friedens, dessen Tore Anhänger aller Glaubensbekenntnisse willkommen heißen werden.
Eine neue Schöpfung allerhöchster Schönheit erwacht am Horizonte der Welt der Baukunst.
Das Modell des großen Bahá’í-Tempels, das zur Zeit2) in der Kavorkian Galery,
57th street, in New York ausgestellt ist, wird von einer ständig zunehmenden Menge besucht
und ist seit seinem Aufbau dort im April dieses Jahres zum
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Gegenstand fachmännischen, künstlerischen und allgemeinen Interesses geworden. Wie viele — in
der Tat die meisten — der künstlerischen Schöpfungen, kam diese von Einem, der den Kampf
gegen entmutigende Verluste und enttäuschte Hoffnungen ausgehalten hat, und das allgemeine
Lob, das dem jüngst entfalteten Modell gespendet wurde, wird den höchsten Grad der Belohnung
für einen jahrelangen Kampf gegen niederdrückende Mächte mit sich bringen.
Louis J. Bourgeois, der Architekt und Bildhauer, dessen Heim sich in West Englewood, N. J., befindet, ist der Zeichner dieses wunderbar schönen Modells eines Tempels, der, als eine Darlegung der Lehren und Grundsätze des Bahá’í-Glaubens, in Wilmette, Ill., am Ufer des Michigansees, errichtet werden und sich inmitten eines herrlichen Grundstücks von neun (amerikanischen) Morgen Landes erheben soll, die bereits angekauft sind und von der Lincoln-Landstraße umsäumt werden3).
Es soll ein Tempel des Friedens werden, dessen weite Tore des Willkomms und der Ermutigung Gläubigen jeglicher Religion jederzeit offenstehen sollen.
Aus einer Gesamtheit von neunzehn verschiedenen Zeichnungen, die kürzlich auf einer allgemeinen Bahá’í-Tagung in New York ausgestellt waren, wurde das Bourgeois-Modell einstimmig angenommen. Neben seiner geistigen Berufung erscheinen die berühmten Schönheiten des Taj Mahal und der Alhambra eigentümlich fahl. Einem Ausschuß von neunundvierzig Abgeordneten wurde die wichtige Aufgabe zuteil, eine Auswahl zu treffen, und er zog den Vorsitzenden der Architectural League of New York (des Bundes der Architekten New Yorks), H. van Buren Magonigal, einen der weitestbekannten Baumeister Amerikas, zu Rate. Nach einer Prüfung der Entwürfe lautete dessen Urteil: „Es ist die erste neue Idee in der Baukunst seit dem dreizehnten Jahrhundert. Ich wünschte, es (das Modell) ausgeführt zu sehen.“
Es ist interessant, die Wirkung dieser Schöpfung des zwanzigsten Jahrhunderts auf diejenigen zu beobachten, die ihrer unbeschreiblichen Lieblichkeit ein sorgfältiges Studium gewidmet haben. Musiker, Künstler, Dichter und Zeitungsleute sind dem Reize ihrer geistigen Schönheit verfallen, und aus der Menge der Laien wurden unzählige von ihrer Anziehungskraft bezaubert.
Das erste Geschoß des Tempels hat die Form eines neunzackigen Sterns. Neun runde Exedren4) fügen sich mit einem großen mittleren Türeingang für jedes von ihnen in das Bauwerk ein, so daß der Besucher, von welcher Seite er auch dem Gebäude nahen mag, sich förmlich in die Schutz und Willkomm bietenden Arme eines geistigen Gastgebers gezogen fühlt.
- Vereinigte Stilarten.
Die Einfachheit des Baues erinnert an griechische und ägyptische Tempel, während Türen und Fenster romanische Form aufweisen. Gotisches und Arabisches finden Andeutung in der verschlungenen Schönheit der Ausschmückung. Das zweite Geschoß, das so schön in seiner gefensterten Anmut ist und in ihr die Linien der Renaissance führt, ist rein gotisch in den durchkreuzten Bögen seiner Fensteröffnungen. Das dritte Stockwerk, im Renaissancestil empfunden, wirkt ruhevoll und gelassen. Darüber erhebt sich beseelend die liebliche Kuppel, die an Byzantinisches anklingt, — und die über ihr geschlossene Spitze ist von entschieden einzigartiger Form: die Träger der Kuppel erheben sich wie im Gebet zusammengeschlossene Hände und vermitteln so das Gefühl des Aufsteigenden und Himmelstrebenden, wie es nur gotischen Türmen eigen ist. Eine planmäßige Verbindung von verschlungenen Verzierungen bedeckt die Säulen, umgibt die Fenster und Türen und die Kuppel selbst und enthüllt die Sinnbilder aller Religionen der Welt, die sich miteinander verweben und vollkommen ineinander verschmelzen.
Bourgeois kam der ganze Plan als eine bestimmte Eingebung, außerhalb und gesondert von irgendwelchen vorhergegangenen Begriffen, die er je für Zeichnungen zu einem geweihten Bauwerk verwendet hat. Im Hinblick darauf stellt er jede in ihm selber ruhende persönliche Fähigkeit in Abrede und erklärt: „Dies ist Bahá’u’lláh’s Tempel; ich bin nur der Kanal, durch den er vermittelt wurde!“
In Verbindung mit dem Tempelgebäude sieht der Plan, wenn dasselbe fertig sein wird, eine große Universität vor, Waisenhaus, Altersheim, Krankenhaus und andere angemessene Beifügungen wahrhaft geistig-erzieherischen Charakters.
1) Siehe: „The Bahá’í Temple, Press Comments, Symbolism“; Chicago 1921.
2) Im Jahre 1921 (Anm. d. Übers.).
3) Wie bereits vorher erwähnt, geht der Tempel nun seiner Vollendung entgegen (Anm. d. Übers).
4) Nischenwölbungen.
(Schluß folgt.)
Inhaltsübersicht des 15. Jahrganges 1935/36[Bearbeiten]
Bahá’u’lláh
Verborgene Worte . . . . . 57
Worte der Weisheit . . . . . 33, 41
Gebet um Erleuchtung. Aus Do’a, The Call to prayer, Chicago 1933 . . . . . 81
Worte über Liebe. Aus „Abhandlung über die Weisheit“ . . . . . 1
Worte über Loslösung und den Wert der Zeit. Aus Bahá’í Magazine, 1935 . . . . . 8
Worte über den Menschen. Aus „Das Buch der Gewißheit“ . . . . . 49
Worte über neues Leben. Aus „Die Bahá’í-Offenbarung“, 1925 . . . . . 65
Worte über die göttlichen Namen und Eigenschaften. Aus „Die Bahá’í-Offenbarung“ 1925 . . . . . 73
Über die geistliche und weltliche Obrigkeit. Aus L’Epître au Fils du Loup, traduit par H. Dreyfus, Paris 1913 . . . . . 1
Entnommen aus „World Order“, 1935:
- Der Mensch als höchster Talismann . . . . . 57
- Das Ausmaß der Offenbarung. . . . . . 65
- Das unauslöschliche Feuer . . . . . 73
- Die Gabe der Erkenntnis . . . . . 81
'Abdu'l-Bahá
Göttliche Lebenskunst (Fortsetzung aus Jahrgang XIV)
- 7. Kapitel: Die Macht des Heiligen Geistes . . . . . 5
- 8. Kapitel: Geistige Heilung . . . . . 12, 19, 27
- 9. Kapitel: Praktische Anwendung des geistigen Lebens . . . . . 33, 41, 49
Worte über den geistigen Frühling. Aus Bahá’í Magazine, 1935 . . . . . 9
Worte über „Glück“. Aus „Göttliche Lebenskunst“ . . . . . 17
Worte über das Licht der Wahrheit. Aus „Ansprachen von ‘Abdu’l-Bahá Abbas in Paris“, Stuttgart 1921 . . . . . 25
Worte über „Gott und die Welt“, Zusammengestellt von Dr. Hermann Großmann, Neckargemünd . . . . . 84
Worte über die Religion. Aus dem Haager Sendschreiben, Stuttgart 1932 . . . . . 89
Bahá’í-Geschichte
Nabíl’s Erzählung. Aus „The Dawn-Breakers“, Nabíl’s Narrative of the early days of the Bahá’í Revelation, New York 1932
- 5. Kapitel: Bahá’u’lláh’s Reise nach Mázindarán . . . . . 2, 9
- 6. Kapitel: Mullá Ḥusayn’s Reise nach Khurásán . . . . . 17
- 7. Kapitel: Die Pilgerreise des Báb nach Mekka und Medina . . . . . 25, 35
- 8. Kapitel: Der Aufenthalt des Báb in Shíráz nach der Pilgerreise . . . . . 44, 51, 60, 68, 76, 88, 89
Aufsätze
Liebe und Gebet. Von Erna Schmidt . . . . . 7
Gott in uns. Von Emil Jörn . . . . . . 14, 20
Die Sendung des Bahá’í-Glaubens. Von Alice Schwarz-Solivo . . . . . 29
Religiöse Lebenshaltung. Von Dr. Eugen Schmidt . . . . . 38
Rasse und Religion. Von Dr. Adelbert Mühlschlegel . . . . . 45
Vom Sinn des Lebens. Von Hede Schubert, Stuttgart-Vaihingen . . . . . 52
Eine Oase. Von Max Greeven, Bremen . . . . . 63
Weihnachtsgedanken. Von Dr. Eugen Schmidt . . . . . 78
Ein Tempel des Lichts. Einführung und Zusammenstellung von Elsa Maria Großmann, Neckargemünd . . . . . 92
Bekanntmachungen und Berichte
13. Bahá’í-Nationaltagung am 27. und 28. April 1935 in Stuttgart . . . . . 16
Der Glaube, der Berge versetzt. Nach einem mündlichen Bericht von K. M. Fozdar, Bombay . . . . . 64
Buchbesprechung
Mystik und die Bahá’í-Offenbarung, ein Gegensatz. Von Ruhi Afnán, besprochen von Dr. Adelbert Mühlschlegel . . 70
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Bahá’u’lláh
Verborgene Worte.. Worte der Weisheit und Gebete. Geschrieben während seiner Verbannung in Bagdad 1857/58 . . . kart. —.80
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Buch der Gewißheit oder Kitábu’l-Iqán. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Fragen verschiedener Religionen, geschrieben in Bagdad um 1862. Ist fortsetzungsweise in den beiden Jahrgängen X und XI unserer Zeitschrift „Sonne der Wahrheit“ enthalten.
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Ansprachen in Paris. ‘Abdu’l-Bahá spricht hier über zahlreiche Fragen, nach deren Klärung die Völker der Erde suchen.
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Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, Einführung in die Gedankenwelt der Bahá’i-Lehre von einem orientalischen Gelehrten. Von Mirza Abul Fazl . . . . . gebunden 2.--
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Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . kart. 2.--
Am Morgen einer neuen Zeit. Untersuchung der geistigen Ursachen der Weltkrise und Beleuchtung der letzthin einzigen Möglichkeit ihrer Überwindung durch die Bahá’i-Lehre. Von Dr. Hermann Großmann . . . . . kart. 1.80
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Lebensgestaltung. Das Leben und ich. Das Leben und mein Nächster. Das Leben und Gott. Kursberichte der Eßlinger Bahá’í-Sommerwoche 1933 . . . -.30
Die Bahá’i-Weltanschauung. Eine kurze Einführung. Von Pauline Hartmann . . . . —.20
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30
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