Sonne der Wahrheit/Jahrgang 13/Heft 8/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 8 13. JAHRGANG OKT. 1933
 


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Die Bahá’i-Lehre,[Bearbeiten]

die Lehre Bahá’u’lláhs erkennt in der Religion die höchste und reinste Quelle allen sittlichen Lebens.

Die Ausdrucksformen des religiösen Lebens des Einzelnen, ganzer Völker und Kulturkreise haben im Laufe der Geschichte entsprechend den jeweils anderen Verhältnissen und dem Wachstum des menschlichen Erkenntnisvermögens Wandlungen erfahren. Die äußeren Gesetze und Gebote aller Weltreligionen entsprachen immer den entwicklungsgeschichtlich gegebenen Erfordernissen in bezug auf den Einzelnen, die soziale Ordnung und das Verhältnis zwischen den Völkern. Alle Religionen beruhen aber auf einer gemeinsamen, geistigen Grundlage. „Diese Grundlage muß notwendigerweise die Wahrheit sein und kann nur eine Einheit, nicht eine Mehrheit bilden.“ ('Abdu'l-Bahá.) „Die Sonne der Wahrheit ist das Wort Gottes, von dem die Erziehung der Menschen im Reich der Gedanken abhängig ist.“ (Bahá’u’lláh.) Alle großen Religionsstifter waren Verkünder des Wortes Gottes entsprechend der Fassungskraft und Entwicklungsstufe der Menschen. Das Wesen der Religion liegt darin, im Bewußtwerden der Abhängigkeit des Menschen von der Wirklichkeit Gottes Seine Offenbarer anzuerkennen und nach Seinen durch sie übermittelten Geboten zu leben.

Die Bahá’i-Lehre bestätigt und vertieft den unverfälschten und unwandelbaren Sinn und Gehalt aller Religionen von neuem und zeigt darüber hinaus die kommende Weltordnung auf, welche die geistige Einheit der Menschheit zur Voraussetzung haben wird. Die in ihr zum Ausdruck kommende Weltanschauung steht mit den Errungenschaften der Wissenschaft ausdrücklich in Einklang.

Die Lehre Bahá’u’lláhs enthält geistige Grundsätze und Richtlinien für eine harmonische Gesellschafts-, Staats- und Wirtschaftsordnung. Sie beruhen auf dem Gedanken der natürlich gewachsenen, organischen Einheit jedes Volkes und der das Völkische übergreifenden geistigen Einheit der Menschheit. Den Interessen der Volksgemeinschaft sind die Sonderinteressen des Einzelnen unterzuordnen, denn nur die Gesamtwohlfahrt verbürgt auch das Wohl des Einzelnen.

Wie jede Religion, so wendet sich auch die Bahá’i-Lehre an die Herzensgesinnung des Menschen, um die religiösen Kräfte in den Dienst wahren Menschentums zu stellen. Sie erstrebt die Höherentwicklung der Menschheit mehr durch die Selbsterziehung des Einzelnen als durch äußerlich-organisatorische Maßnahmen. Der Bahá’i hat sich daher über seine ernst aufgefaßten staatsbürgerlichen Pflichten hinaus nicht in die Politik einzumischen, sondern sich zum Träger der Ordnung und des Friedens im menschlichen Gemeinschaftsleben zu erheben. Bahá’u’lláhs Worte sind: „Es ist euch zur Pflicht gemacht, euch allen gerechten Regenten ergeben zu zeigen und jedem gerechten König eure Treue zu beweisen. Dienet den Herrschern der Welt mit der höchsten Wahrhaftigkeit und Treue. Zeiget ihnen Gehorsam und seid ihre wohlwollenden Freunde. Mischt euch nicht ohne ihre Erlaubnis und Zulassung in politische Dinge ein, denn Untreue gegenüber dem Herrscher ist Untreue gegenüber Gott selbst.“

Bahá’u’lláh weist den Weg zu einer befriedeten, im Geiste geeinigten Menschheit. Ein alle Staaten umfassender Bund in ihrer Eigenart entwickelter und unabhängiger Völker auf der Grundlage der Gleichberechtigung, ausgestattet mit völkerrechtlichen Vollmachten und Vollstreckungsgewalten gegenüber Friedensstörern, soll die übernationalen Interessen aller Völker der Erde in völliger Unparteilichkeit und höchster Verantwortung wahrnehmen. Zwischenstaatliche Konflikte sind durch einen von allen Staaten beschickten Weltschiedsgerichtshof auf friedlichem Wege beizulegen.

Die geistige Wesensgleichheit aller Menschen und Völker erheischt einen organischen Aufbau der sozialen Weltordnung, in der jedem seine einzigartige, besondere Eingliederung und Aufgabe zugewiesen ist. Die geographischen, biologischen und geschichtlichen Gegebenheiten bedürfen im Gemeinschaftsleben der Völker immer einer besonderen Beachtung, ohne die sie umschließende Einheit im Reiche des Geistes aus den Augen zu verlieren.

Die Lehre Bahá’u’lláhs „ist in ihrem Ursprung göttlich, in ihren Zielen allumfassend, in ihrem Ausblick weit, in ihrer Methode wissenschaftlich, in ihren Grundsätzen menschendienend und von kraftvollem Einfluß auf die Herzen und Gemüter der Menschen“.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 8 Stuttgart, im Oktober 1933
’Ilm — (Erkenntnis) 90
13. Jahrgang

Inhalt: Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Nasreddin, Schah von Persien (1848— 1896). — Göttliche Lebenskunst.


O Sohn der Erde! Wisse wahrlich, daß ein Herz, in dem noch die geringste Spur von Neid ist, niemals zu Meiner unsterblichen Herrschaft gelangen kann, noch die Düfte der Heiligkeit Meines heiligen Königreiches einatmen wird.

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh.

(Aus dem Persischen.)



Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Nasreddin, Schah von Persien (1848-1896)[Bearbeiten]

(Fortsetzung)


Es ist allen bekannt, daß diese Gemeinschaft1), ob zu Unrecht oder zu Recht nach der Meinung der Nationen, die (große) Sache, durch die sie rühmlich bekannt ist, als göttlich erkannt und angenommen hat, und daß sie dem, was sie besaß, zugunsten dessen entsagt hat, was Gottes ist. Und eben diese Absage an das Leben auf dem Wege des Barmherzigen ist ein zuverlässiges Zeugnis und ein beredter Beweis für ihre Ansprüche. Hat man je einen vernünftigen Menschen ohne Probe noch vernünftigen Grund dem Leben entsagen sehen? Wenn man behauptet: „diese Leute sind nicht bei Sinnen“, so ist dies sehr sonderbar, denn es handelt sich nicht um eine oder zwei Personen, sondern im Gegenteil um eine aus allen Religionen stammende ansehnliche Menge, die von dem Kawther der Erkenntnis Gottes berauscht wurde und auf dem Wege des Vielgeliebten mit Herz und Seele zum Orte des Martyriums geeilt ist. Wenn solche Wesen, die außer Gott alles verlassen und ihr Leben und ihre Besitztümer auf Seinem Pfade hingegeben haben, des Betruges angeklagt werden können, mit welchem Beweis und welcher Gewißheit mögen dann die (religiösen) Behauptungen der anderen in Gegenwart des Sultans aufgestellt werden?

Obgleich der verstorbene Hadschi Said Mohammed2) (Gott erhöhe seine Stufe und versenke ihn in die Tiefen des Meeres Seiner Barmherzigkeit und Seiner Vergebung!) zu den größten Religionsgelehrten jener Zeit und zu den frömmsten Menschen seiner Epoche zählte, obgleich der Glanz seiner Stellung so groß war, daß eines Jeden Zunge ihn lobte und pries und sein Asketentum wie seine Aufrichtigkeit bestätigte, mußte er doch, als der Krieg mit Rußland kam, dessen heiligen Charakter sein eigener Spruch erklärt hatte, und als er selbst das Land, das er kannte, verlassen hatte, um mit fliegenden Fahnen der Religion zu Hilfe zu eilen, nach schwachem Widerstand vor großen Verlusten weichen und — er floh. Oh, wenn der Vorhang sich heben könnte und das, was verborgen war, sichtbar würde!

Mehr als zwanzig Jahre sind es nun, daß diese [Seite 82] Bewegung3) bei Tag und Nacht mit der Strenge des kaiserlichen Zornes überschüttet wird und alle vom Orkan des Unwetters der Wut des Sultans auf fremde Erde geworfen wurden. Wie viele kleine Kinder sind ohne Eltern zurückgeblieben! Wie viele Väter sind ihrer Söhne beraubt! Wie viele Mütter, die, eingeschüchtert, nicht einmal wagen, über die Ermordung ihrer Kinder zu wehklagen! Zahlreich waren die, die am Abend noch reich waren und im Überfluß lebten, und die sich am kommenden Morgen in äußerster Not und Erniedrigung befanden! Es gibt kein Land, das nicht gefärbt ward von ihrem Blute, und keine Luft, die nicht erfüllt war von ihren Wehklagen! Und in diesen wenigen Jahren haben die Wolken des Verhängnisses unaufhörlich die Pfeile der Trübsal auf sie regnen lassen. Indessen, trotz all dieser Schicksalschläge und Leiden ist das Feuer der Gottesliebe in ihren Herzen so sehr entfacht, daß sie, wenn man sie alle in kleine Stücke zerhiebe, der Liebe zu dem Vielgeliebten des Weltalls nicht entsagen würden: aus ganzer Seele erwarten und ersehnen sie das, was auf dem Pfade Gottes geschehen soll!

O König, die linden Lüfte der Barmherzigkeit des Erbarmers haben diese Diener gewiegt und sie zu den Ufern der Einheit entführt. „Der Bürge der aufrichtigen Liebe muß in Seinem Ärmel sein.“ Indessen haben einige der sogenannten Religionsgelehrten das leuchtende Herz des Königs der Zeit gegen jene voreingenommen gemacht, die zum Harem des Barmherzigen freien Zutritt haben und sich der Ka’bah der Erkenntnis zuwenden. Oh, wenn der Weltgeltung besitzende Wille des Königs eine Zusammenkunft zwischen diesem Sklaven4) und den Gelehrten der Zeit billigen wollte, damit man in Gegenwart Seiner Majestät des Sultans den Beweis und das Zeugnis erbringe! Ich bin bereit und bitte Gott, daß eine solche Versammlung stattfinden möge und die Wahrheit der (großen) Sache vor Seiner Majestät dem Sultan sichtbar und offenkundig werde! Hernach liege die Entscheidung in deiner Hand: rufe uns vor den Thron deines Königtums und entscheide dann für oder gegen mich!

Im Koran, der bei den Völkern des Zeugnisses das erhabene Beweisstück darstellt, sagt der barmherzige Gott: „Sehnt euch also nach dem Tode, wenn ihr aufrichtig seid5).“ Er hat den Wunsch nach dem Tode als Aufrichtigkeitsbeweis betrachtet. Nun aber weiß der Spiegel des leuchtenden Geistes des Sultans, welches Volk es ist, das heute auf dem Pfade des Herrn der Welten dem Leben entsagt hat. Wären die Bücher, die dazu bestimmt sind, den Glauben dieses Volkes zu beweisen, mit dem Blute geschrieben worden, das auf dem Pfade Gottes (Er sei gepriesen!) vergossen wurde, dann gäbe es deren unzählige, die jetzt zur Verfügung stünden und allbekannt wären unter den Menschen!

Wie kann man also dieses Volk verdammen, dessen Worte und Taten sich decken, und Leuten zustimmen, die nicht ein einziges Atom ihres Hochmuts auf dem Pfade des Allmächtigen aufgegeben haben noch aufgeben. Einige Religionsgelehrte, die mich des Unglaubens zeihen, sind mir nie begegnet, haben mich nie gesehen; sie haben das Ziel nicht erkannt, das ich verfolge. Und mittlerweile stellen sie Behauptungen auf nach ihren Wünschen und handeln nach ihrem Willen! Jeder Anspruch erheischt einen Beweis und gründet sich nicht auf das einfache Wort oder auf Asketengewänder.

Es seien an dieser Stelle einige der hierher passenden Stellen aus dem „Verborgenen Buche der Fatima“ (auf ihr ruhen die Segnungen Gottes!) ins Persische übersetzt, damit einige der unbekannten Dinge vor der königlichen Gegenwart enthüllt werden. Die Sprüche des genannten Buches (heute bekannt unter dem Namen „Verborgene Worte“) wenden sich an jene Leute, die scheinbar gelehrt und fromm, in Wirklichkeit aber die Sklaven ihrer Begierden und Leidenschaften sind. Es ist dort gesagt:

„O Menschen ohne Glauben, warum sucht ihr als Hirten zu erscheinen, da ihr in Wirklichkeit Wölfe seid, die Meine Herden zerfleischen? Ihr gleicht dem Stern, der der Morgenröte vorangeht: er scheint hell und strahlend, in Wirklichkeit aber führt er die Karawanen Meiner Städte und Länder in die Irre und verursacht ihr Verderben.“

Und gleicherweise:

„O du, der du prächtig erscheinst, aber vollkommen wertlos bist, du gleichst einem klaren, aber bitteren Wasser, dem die Süße und Reinheit in der Vollendung zu eignen scheint, von dem jedoch, wenn es in die Kennerhände des göttlichen Prüfers der Einheit gelangt, nicht ein einziger Tropfen angenommen werden kann. Der Glanz der Sonne zeigt sich im Staube wie im Spiegel: erkenne aber den Unterschied zwischen den Farqaden6) und der Erde: wahrlich, er ist unermeßlich!“

Und ferner:

„O Sohn der Welt, an vielen Morgen ist der Strahl Meiner Gunstbezeugungen von der [Seite 83] Morgenröte des Unendlichen aus zu deiner Behausung gelangt; und da Ich dich auf deinem Ruhebette liegen sah, mit anderem beschäftigt als mit Mir, bin Ich geistigem Blitze gleich zur erhabenen Wohnstatt des Lichtes zurückgekehrt. Und an den Zufluchtsorten der Nähe, bei den heiligen Heerscharen, habe Ich es nicht wissen lassen, da Ich deine Schande nicht wünschte.“

Und ebenso:

„O du, der du beanspruchst, Mein Freund zu sein: oft am Morgen ist das Wehen Meiner Gunst über dich hingegangen; und da es dich auf dem Lager der Nachlässigkeit in tiefem Schlafe fand, ist es unter Tränen über deinen Zustand zurückgekehrt.“

Demnach darf am Hofe der Gerechtigkeit des Sultans das Wort eines Gegners nicht für ausreichend angesehen werden; und im Koran, der das Unterscheidungsmittel zwischen Wahr und Falsch darstellt, sagt Gott: „O ihr Gläubigen, wenn ein Bösewicht euch eine Neuigkeit zuträgt, so trachtet zuerst darnach, klar darin zu sehen, um nicht aus Unwissenheit irgend jemandem weh zu tun und in der Folge darüber Reue empfinden zu müssen7).“ Und in dem edlen Hadith ist zu finden: „Glaube keinem Verleumder.“

Für viele Religionsgelehrte bleibt die (große) Sache dunkel; und die meisten unter ihnen haben mich nie gesehen. Jene aber, die mir begegnet sind, sind Zeugen, daß ich stets nur das gesagt habe, was von Gott im Buche verordnet ist, und daß ich jenen gesegneten Vers wiederhole: „Er (gepriesen sei Er!) spricht: wollt ihr uns verleugnen, weil wir an Gott glauben und an das, was uns geoffenbart wird, wie daran, was uns vor Zeiten geoffenbart ward8)

O König der Zeit, die Augen dieser Verbannten sind hingewendet und blicken zum Stuhle der Barmherzigkeit des großen Erbarmers: wahrlich, diesen Trübsalen wird die hehre Erbarmung, und diesen äußersten Prüfungen die höchste Hoffnung folgen! Unser Wunsch aber geht dahin, daß Seine Majestät der Sultan sich persönlich mit diesen Fragen beschäftige, auf daß er zur Ursache werde für die Hoffnung der Herzen. Und dies ist nur billig, denn es ist gesagt: „Und Gott ist mir hinreichender Zeuge.“ Ruhm sei Dir, o Gott! O Gott, ich bin Zeuge, daß das Herz des Königs in den Fingern Deiner Macht ist: so es Dir gefällt, o Gott, wende es zur Barmherzigkeit und Güte! Wahrlich, Du bist der Gepriesene, der Mächtige, der Wohltätige; es gibt keinen andern Gott als Dich, den Starken, den Angeflehten!

Bezüglich der Schriftgelehrten äußert Er: „Jenen aber von den Rechtsgelehrten, die vor sich selbst auf der Hut sind, die Religion beschirmen, ihren Leidenschaften widerstehen, dem Gebote des Herrn gehorchen, — denen soll das Volk Gefolgschaft leisten.“ Und wenn der König der Zeit über diese Worte, die von der Zunge der Manifestation, der Offenbarung des Barmherzigen geflossen, sorgfältig nachdenken wird, dann wird er erkennen, daß die, die in dem glorreichen Hadith also gekennzeichnet sind, seltener sind wie der rote Schwefel: demzufolge darf man auf das Wort angeblicher Gelehrter nicht hören. Und gleicherweise erklärt Er bei Erwähnung der Rechtsgelehrten der letzten Tage: „Die Rechtsgelehrten dieser Zeit sind die schlimmsten von allen im Schatten der Himmel: von ihnen strömt die Verwirrung aus, und zu ihnen kehrt sie zurück.“ Und ebenso sagt Er: „Wenn das Banner der Wahrheit erscheinen wird, wird es von den Völkern des Ostens und des Westens verwünscht werden.“ Sollte irgend einer diese Hadiths leugnen, dann nehme ich es auf mich, ihre Echtheit zu beweisen; da aber meine Absicht ist, mich kurz zu fassen, will ich nicht auf weitere Einzelheiten eingehen.

Die Religionsgelehrten, die wirklich aus dem Kelch der Entsagung getrunken, haben sich nie in meine Angelegenheiten gemischt. So sagte mir der Scheikh Morteza (Gott erhöhe seine Stufe und lasse ihn im Schatten der Dome Seiner Gnade Wohnung nehmen!) während meines Aufenthalts im Irak tausend Verbindlichkeiten und sprach nie anders von dieser Sache als nach dem Gebote Gottes. Wir bitten Gott, Er möge der Welt helfen, Seine Liebe und Sein Wohlgefallen zu erlangen!

Heute hält jeder seine Augen allen Geboten gegenüber verschlossen und verbringt seine Zeit damit, diese Bewegung zu verfolgen, und zwar so gründlich, daß, wenn man diese Leute, die durch die göttliche Gunst im Schatten der königlichen Güte sich behaglich fühlen und Reichtümer ohne Ende genießen, fragte: „welchen Dienst habt ihr aus Dankbarkeit für die königliche Güte geleistet, habt ihr durch eurer Beratungen Weisheit das Reich um ein Land vergrößert, oder habt ihr euch wohl mit dem befaßt, was die Ursache für die Ruhe der Untertanen, die Wohlfahrt des Landes oder die Erhaltung des guten Rufes der Regierung ist?“, sie darauf keine andere Antwort hätten als die, in lügenhafter Weise, oder auch nicht, dem Sultan zu erklären, daß eine gewisse Anzahl Leute Bábi seien, und sich ans Töten und Plündern zu machen. So haben sie in Täbris und in Mansuriyah in Ägypten mehrere in die Sklaverei verkauft und außerdem sich dabei eine Menge Wertgegenstände angeeignet. [Seite 84]

Und darüber wurde am Hofe des Sultans nie berichtet. Zu all diesen Dingen ist es deshalb gekommen, weil jene angesichts der Wehrlosigkeit dieser Unglücklichen wichtige Angelegenheiten im Stiche ließen, um sie zu verfolgen!

Zahlreihe Sekten und verschiedenartige Volksstämme ruhen im Schatten des Sultans: zu ihnen gehören auch die Bahá’i. Die Hoheit der Aufgaben der Ratgeber des Sultans, die Würde ihres Standes heischen von ihnen die Entscheidung, daß alle Religionen den Schutz des Sultans genießen und alle gerecht behandelt werden sollen. Die Ausführung der Befehle Gottes ist gleichbedeutend mit Gerechtigkeit, und unter solchen Umständen ist jedermann glücklich. Alle göttlichen Gebote waren immer und werden stets die Ursache und das Mittel zum Schutze der Massen sein nach dem gepriesenen Worte: „Und für euch ist das Leben nur gebührender Lohn, o Völker der Einsicht.“

Es widerspricht der Gerechtigkeit Seiner Majestät des Sultans, wenn für den Fehltritt eines Einzelnen ein ganzes Volk zum Sammelort für die Schläge des Zornes wird9). Gott (herrlich ist Seine Verkündigung!) hat gesagt: „Nie wird einer die Last eines anderen tragen.“ Und es ist wohl bekannt, daß es in jeder Gemeinschaft Wissende und Unwissende, Weise und Narren, Verbrecher und Rechtschaffene gibt und geben wird. Die Vollbringung verabscheuungswürdiger Taten ist nicht Sache des Weisen, ob er gleich nach der Welt trachtet oder von ihr losgelöst ist; denn wenn er von ihr gelöst ist, wird er sich nur Gott zuwenden, und schon die Furcht Gottes wird ihn daran hindern, verbotene oder tadelnswerte Handlungen zu vollbringen; trachtet er dagegen nach der Welt, dann wird er sicherlich nichts begehen, was zur Ursache und zum Gegenstand des Tadels durch die Menschen oder zu dem des Schreckens für die Einwohner würde; viel eher wird er das tun, was die Billigung aller nach sich zieht. Es ist also klar, daß das verworfene Handeln Sache der Unwissenden ist. Wir bitten Gott, Er möge Seine Diener davor bewahren, sich irgend etwas anderem zuzuwenden als Ihm, und möge sie Sich näher bringen: wahrlich, Er hat die Macht über alle Dinge!

Ruhm sei Dir, o Gott! O mein Gott, Du hörst mein Klagen, Du siehst meine bedrängte und jammervolle Lage, und Du weißt, was in meiner Seele ist! Wenn mein Rufen aufrichtig ist, dann möge es die Herzen Deiner Geschöpfe zum Horizont des Himmels Deiner Erkenntnis ziehen und den König zur Rechten des Thrones Deines Namens, des Barmherzigen, leiten! Alsdann gieße, o mein Gott, auf ihn den Segen, der aus dem Himmel Deiner Gunst und den Wolken Deiner Barmherzigkeit kommt, auf daß er sich von dem trenne, was er besitzt, und sich den Ufern Deiner Güte zuwende. O Herr, hilf ihm, zu Deiner Religion zu stehen und Dein Wort unter Deinen Geschöpfen aufzurichten; alsdann möge er mit den Heerscharen des Unsichtbaren und des Sichtbaren die Städte in Deinem Namen unterwerfen und über alle Bewohner der Erde regieren vermöge Deiner Macht und Deines Ansehens, o Du, Der Du das Königreich der Schöpfung in Deinen Händen hältst! Wahrlich, Du bist Der, Der am Anfang und am Ende regiert: es gibt keinen anderen Gott als Dich, den Mächtigen, den Hoheitsvollen, den Weisen!

Man hat am Hofe der Gegenwart des Sultans die Sache in einer Weise verleumdet, daß, wenn einer von der Bewegung eine tadelnswerte Handlung begeht, man sie seiner Religion zuschreibt. Ich aber habe bei Gott, außer dem es keinen anderen Gott gibt, einfache Verfehlungen untersagt und aus noch stärkerem Grunde das, was in den göttlichen Büchern ausdrücklich verurteilt wird. Gott hat den Menschen verboten, Wein zu trinken, und dieses Verbot ward geoffenbart und aufgestellt im Buche Gottes. Die Religionsgelehrten der Zeit (Gott vermehre ihresgleichen!) haben alle den Menschen dieses abscheuliche Tun untersagt: und mittlerweile gibt es Menschen, die es tun. Die Verantwortung für solche Handlungen fällt auf die Ungetreuen, die sie begehen, während diese Offenbarungen von Ehre und Heiligkeit10) geweiht sind und rein. Für ihre Heiligkeit legen die Wesen des Unsichtbaren und des Sichtbaren Zeugnis ab.

Ja, wir wissen, daß Gott tut, was Er will, und anordnet, was Ihm gefällt. Und wir haben das Erscheinen der Schauplätze der Einheit11) in der irdischen Welt nicht für unmöglich gehalten. Wer es für unmöglich hält, gleicht jenen, die die Hand Gottes als ohnmächtig betrachten. Sieht man Gott (herrlich ist Seine Erwähnung!) für allmächtig an, dann muß man rückhaltlos alles annehmen, was aus der Quelle der Verordnungen dieses Königs von. Ehedem herkommt. Es gibt für niemanden eine andere Rettung als Gott und eine andere Zuflucht als Ihn!

Was nottut, ist, daß die Ankläger zur Stützung dessen, was sie behaupten und beanspruchen, Beweise und Belege liefern; andernfalls sind die Einwände weiser wie törichter Menschen nie etwas gewesen und werden nie etwas sein, wovon man abhängig sein könnte. Die Propheten, [Seite 85] Perlen aus dem Ozean der Einheit und Majestäten der göttlichen Offenbarung, sind immer die Zielscheibe für die menschlichen Einwände und Verleumdungen gewesen. So spricht Er: „Alle Nationen schmiedeten Pläne, um ihn in ihre Gewalt zu bekommen, und gaben sich damit zufrieden, auf die Wahrheit mit Lügen zu antworten12)!“ Und gleicherweise sagt Er: „Es kam kein Prophet zu ihnen, den sie nicht verhöhnten13).“ Betrachtet die Offenbarung des „Siegels der Propheten14)“, den König der Erwählten (möge die Seele der Welten für ihn zum Opfer werden!): welche Ungerechtigkeiten fielen nach dem Aufgang der Sonne der Wahrheit am Horizonte des Hedschas auf diesen Schauplatz der Macht des Herrn der Herrlichkeit nieder, ausgehend von den Völkern des Irrtums! Die Menschen waren in einem Grade unwissend, daß sie die dieser Hoheit auferlegten Martern für das größte Werk und für das Mittel ansahen, zur Begegnung Gottes zu gelangen! In den ersten Jahren nämlich wandten sich die Religionsgelehrten der Zeit, jüdische wie christliche, von dieser Sonne am Allerhöchsten Horizonte ab, und ein jeder, niedrig wie vornehm, bemühte sich nach der Absage der Religionsgelehrten, den Glanz dieses Lichtes am Horizonte der Bedeutung zum Erlöschen zu bringen. Ihre Namen stehen in den Büchern verzeichnet: unter ihnen Wahib-ibn-Rahib, Ka’b-ibn-Achraf, 'Abdu’lláh Ubbay und noch andere. Sogar soweit gingen sie, daß sie vor aller Ohren verabredeten, das überaus reine Blut dieser Hoheit zu vergießen, wie es Gott (herrlich ist Seine Erwähnung!) uns zu wissen tut: „Und als die Ungläubigen sich gegen dich verschworen, um dich gefangen zu nehmen, zu töten oder fortzujagen, da stifteten sie eine Verschwörung an, und Gott tat das Gleiche: Gott aber ist der beste der Verschwörer15).“ Und ebenso äußert Er: „Und wenn ihre Feindseligkeit dir Kummer verursacht, dann suche, so du kannst, nach einem Loch in der Erde oder nach einer Leiter, um in den Himmel zu steigen. Gott aber wird sie, so Er es will, alle bestimmt der (großen) Führung näher bringen: zähle also nicht zu jenen, die es nicht wissen16).“

Bei Gott! das Herz der Erwählten blutet beim Lesen dieser beiden gesegneten Verse; aber diese Dinge sind in Vergessenheit geraten, und man denkt nicht an das, was das Irregehen der Menschen in den Tagen der Offenbarungen im Morgenrot der göttlichen Lichtfülle verursacht!

Und vor dem „Siegel der Propheten“ betrachtet gleicherweise Jesus, den Sohn Marias. Nach der Ankunft dieser Offenbarung der Barmherzigkeit schalten alle Religionsgelehrten diesen leibhaftigen Glauben einen Ungläubigen und Ketzer: bis sie schließlich auf Anweisung des Hannas, des Hauptes der damaligen Religionsgelehrten, wie auch des Kaiphas, des Obersten der Rechtsgelehrten, dieser Hoheit Dinge antaten, die zu beschreiben die Feder sich schämt und ohnmächtig ist. Die unermeßlich große Erde war zu eng für Ihn, bis daß Gott Ihn in den Himmel rief! Aber wenn ich die Geschichte aller Propheten erzählen würde, dann, befürchte ich, würde die Länge der Erzählung unerträglich!

Die Gelehrten der Tora waren es, die glaubten, daß nach Moses kein Gesandter kommen dürfe, der Träger eines neuen Gesetzes sei. Wohl sollte einer aus der Familie Davids kommen, aber er würde das Gesetz der Tora verbreiten, bis daß durch seine Bemühungen deren Gebote vom Osten bis zum Westen geachtet und eingeführt wären. Ebenso betrachteten es die Völker des Evangeliums für unmöglich, daß nach Jesus, dem Sohne Marias, der Träger einer neuen Religion in der Morgenröte des göttlichen Willens erschiene. Und sie stützten sich auf jene im Evangelium enthaltenen Worte: „Himmel und Erde werden vergehen, aber das Wort des Menschensohnes wird nicht vergehen.“ Und sie denken, daß das, was Jesus, der Sohn Marias, gesagt und angeordnet hat, keine Änderung erfahren dürfe. In einem Kapitel des Evangeliums sagt Er: „Wahrlich, ich gehe von dannen und werde wiederkommen.“ Und ebenso kündigt Er im Evangelium Johannis „den Geist des Trösters, der nach mir kommen wird“ an; in gleicher Art sind bei Lukas andere Merkmale aufgezeichnet. Da aber einige der christlichen Religionsgelehrten jedes Wort ihren Wünschen entsprechend ausgelegt haben, wurden sie des Verständnisses seiner Bedeutung beraubt. Ach, möchtest du, o König, uns doch erlauben, deiner Majestät das zu übersenden, wodurch die Augen getröstet, die Seelen beruhigt würden und jeder gerechte Mensch die Sicherheit erhielte, daß in Ihm (Bahá’u’lláh) das Wissen des Buches ruht!

Gewisse Leute, die indessen unfähig sind, einem Gegner zu antworten, halten sich an dem Seile der Verfälschung des Buchtextes fest, obwohl zu dieser Frage an anderem Orte schon Stellung genommen worden ist. Wenn die Verirrung der Unwissenden und die selbstgewollte Verblendung der Religionsgelehrten nicht wären, dann gäbe ich Worte von mir, die die Herzen ergötzten und sich aufschwingen ließen in die Luft, da man den Wind säuseln hört: „es [Seite 86] gibt keinen anderen Gott als Ihn.“ Hiezu ist aber jetzt nicht der Augenblick: die Zunge ist am Auslegen behindert, das Gefäß der Erklärung versiegelt, bis daß es Gott durch Seine Macht entsiegelt: wahrlich, Er ist der Unabhängige, der Allmächtige!

Ruhm sei Dir, o Gott! O mein Gott, ich bitte Dich bei Deinem Namen, der alle die erobert hat, die im Himmel und auf Erden sind, schütze die Lampe Deiner Religion mit dem Glase Deiner Macht und Deiner Gunstbezeugungen, damit sie nicht durch die Winde der Verleugnung ausgeblasen werde, die aus den Regionen der Gleichgültigen gegenüber den Geheimnissen Deines Namens, des Allmächtigen, herkommen. Alsdann vermehre ihr Licht durch das Öl Deiner Weisheit: wahrlich, Du bist der Unabhängige von allen Bewohnern der Erde und Deines Himmels! O Herr, ich bitte Dich bei dem Allerhöchsten Worte, durch das alle auf Erden und in den Himmeln von Schrecken erfaßt werden außer jenen, die sich an der „stärksten Stütze“17) festhalten, verlaß mich nicht in Deiner Schöpfung: hebe mich zu Dir empor und laß mich in den Schatten Deiner Barmherzigkeit treten; gib mir den reinen Wein Deiner Gnade zu trinken und laß mich wohnen unter den Zelten Deiner Herrlichkeit und den Domen Deiner Gunstbeweise! Wahrlich. Du vermagst, was Du willst, und wahrlich, Du bist der Beschützer, Der, Der Sich Selbst genügt!

O König, die Lampen der Gerechtigkeit sind ausgelöscht, und das Feuer der Verfolgung ist allseits entfacht; und zwar so sehr, daß man alle meine Eingeweihten von Zaora18) bis zum hügeligen Mossul gefangen gesetzt hat! Es ist dies nicht das erste Mal, daß die Ehre auf dem Wege Gottes geschändet wird: einem jeden muß in die Erinnerung kommen, was den Verwandten des Propheten widerfahren ist, und wie dieses Volk sie gefangen genommen und nach dem geräumigen Damaskus geschleppt hat: unter ihnen befand sich der Fürst der Frommen, die Stütze der Erwählten, die Ka’bah der Anbeter19) (die Seele eines jeden anderen außer ihm möge zu seinem Opfer werden!). Man sagte zu ihnen: „Ihr seid Abtrünnige!“ Er antwortete: „Nein, bei Gott, wir sind Sklaven, die an Gott und Seine Zeichen geglaubt haben; durch uns werden die Zähne der Treue bei einem Lächeln bloßgelegt und ist das Zeichen des Barmherzigen sichtbar geworden; durch unsere Worte verbreitet sich das Licht von Batha20) und wird die Dunkelheit zerstreut, die den Himmel und die Erde trennte.“ Man sagte zu ihm: „Ihr habt verboten, was Gott erlaubt, oder erlaubt, was Gott verboten hat.“ Er sprach: „Wir sind die Ersten in der Befolgung der Gebote Gottes; wir sind die Quelle und der Ursprung des Gebots, der Anfang und das Ende alles Guten; wir sind die Zeichen des Ewigen und Sein Andenken unter den Völkern.“ Man sagte zu ihm: „Habt ihr nicht den Koran beiseite geschoben?“ Er antwortete: „Durch uns hat der Barmherzige ihn geoffenbart, und wir sind die sanften Winde des Glorreichen im Weltall. Wir sind die reißenden Ströme, die Gott dem allmächtigen Ozean hat entströmen lassen, um der toten Erde das Leben zu geben; durch uns finden Seine Zeichen ihre Verbreitung, offenbaren sich Seine Erklärungen und werden Seine Beweise sichtbar; bei uns sind Seine Bedeutungen und Geheimnisse.“ Man fragte: „Für welches Vergehen werdet ihr bestraft?“ Er antwortete: „Für die Liebe zu Gott und unsere Trennung von allem außer Ihm!“

Wahrlich, wir haben die Worte des Imams (auf ihm sei der Friede!) nur deshalb berichtet, um einen schwachen Teil des Ozeans des Lebens, den sie enthielten, zu zeigen, und um die Aufrichtigen wieder zu beleben und sie davon zu unterrichten, was den Erwählten Gottes von seiten eines bösen und verworfenen Volkes widerfahren ist! Und heute sind die, welche die Tyrannen von einst verdammen, schlimmere Unterdrücker als jene, ohne es zu wissen. Bei Gott! ich habe nie gesucht, die Zwietracht zu nähren, sondern die Menschen von allem frei zu machen, was sie daran hindert, Gott, dem König des Tages der Anrufung, näher zu kommen!

Ich schlief auf meinem Bette: die sanften Winde meines Herrn, des Barmherzigen, gingen über mich hin und weckten mich. Sie befahlen mir, meine Botschaft zwischen der Erde und dem Himmel zu verkündigen. Dies kam nicht von mir, sondern von Ihm, und die Bewohner des Bereiches Seiner Herrschaft und Seines Königtums wie die Bürger Seiner Städte der Herrlichkeit legen Zeugnis dafür ab! Bei Ihm Selbst, dem Wahren! ich fürchte mich weder vor den Trübsalen auf Seinem Wege, noch vor den Leiden für Seine Liebe und Sein Wohlgefallen. Gott hat das Leid zu einem morgendlichen Tau auf dieser grünen Weide gemacht und zu einem Docht für Seine Leuchte, die die Erde und den Himmel erhellt!

Wird die Habe, die ein jeder sein eigen nennt, ihm verbleiben, oder wird sie ihm dienen in der Nähe Dessen, Der Herr ist über seinen Kopf?

(Schluß folgt.)


1) Die Bahá’i.

2) Der Prediger des heiligen Krieges gegen Rußland im Jahre 1825.

3) Die Bahái.

4) Seine Heiligkeit Bahá’u’lláh.

5) Koran II, 88.

6) Zwei Sterne {β und γ) im Sternbild des Kleinen Bären. Die Farqaden heißen auf persisch: farqadán. An dieser Stelle befindet sich im Urtext ein Wortspiel zwischen farqadán und farq dán, das bedeutet: „Erkenne den Unterschied“.

7) Koran XLIX, 6.

8) Koran V, 64.

9) Anspielung auf den von einem Bábi gegen die Person des Schah im Jahre 1852 in Teheran verübten Mordansclag.

10) Gemeint sind die aufrichtigen Religionsgelehrten.

11) Gemeint sind damit die Gottgesandten und Erwählten.

12) Koran XL, 5.

13) Koran XV, 11.

14) Seine Heiligkeit Mohammed.

15) Koran VIII, 30.

16) Koran VI, 35.

17) Koran II, 257.

18) Zaora = Baghdád!

19) Zeinu’l Abidin,. der vierte Imam.

20) Batha = Mekka.



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Göttliche Lebenskunst[Bearbeiten]

Aus den Schriften von ‘Abdu’l-Bahá (Fortsetzung)

Zusammengestellt von Mary M. Rabb (Neuyork, Brentanos Publishers)

Übersetzt von Johanna von Werthern-Stuttgart


4. Kapitel: Glaube, Loslösung, Opfer

Die Wirklichkeit des Menschen ist einem See und der Heilige Geist ist glänzenden Perlen zu vergleichen. Ehe der See nicht seine Wellen aufwirft, wird keine Perlenmuschel ans Ufer geschwemmt. Darum, wenn du himmlisch werden willst, wende deine Aufmerksamkeit ab von der Welt, das heißt, binde dein Herz nicht mehr an diese Welt, sondern suche Verbindung mit dem Königreich und wende dich zu Gott. Wenn du dieses tust, wirst du ein Zeichen der Gnade Gottes und eine Gabe des Allmächtigen werden.

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Der Mensch muß dahinschwinden vor Gott, muß seine eigenen selbstsüchtigen Richtpunkte verlassen, damit er sich zur Höhe des Opfers aufschwingen kann. Diese Höhe sollte in einer Weise erreicht werden, daß der Schlaf nicht nur als Wohltat, sondern mehr noch als Stärkung des Körpers betrachtet werde, durch welche der Mensch fänig wird, besser zu arbeiten, besser zu sprechen, schöner zu erklären, den Dienern Gottes zu dienen und Seine Wahrheit zu beweisen. Beim Wachen sollte der Mensch achtsam sein und seine eigenen Richtpunkte den Richtpunkten Gottes opfern und Seiner Sache dienen. Wenn er diese Stufe erreicht, werden die Bestätigungen des Heiligen Geistes sicher über ihn kommen, und ein Mensch mit dieser Macht kann allen Einwohnern dieser Erde widerstehen.

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Keiner wird diese große Gunst erreichen außer dem, der sich von dieser Welt trennt und hingezogen ist zur Liebe Gottes, der gegenüber den Wünschen und Gelüsten des eigenen Selbst tot ist, der aufrichtig ist gegen Gott in allen Dingen, der ergeben, bescheiden, bittend, flehend und demütig ist vor Gott.

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Unter Getrenntsein von der Welt verstehe ich nicht Verachtung der weltlichen Dinge, denn Zivilisation und Erziehung sind die Mittel des Fortschrittes. Ich meine, man soll sein Herz nicht an die weltlichen Dinge binden.

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Alles ist für den Menschen erschaffen, der die Krone der Schöpfung ist und dankbar sein muß für die göttlichen Gaben. Alle materiellen Dinge sind uns gegeben, damit wir in Dankbarkeit das Leben als göttlichen Segen verstehen lernen... Darum solien wir glücklich sein und unsere Zeit in Lobpreis und Schätzung aller Dinge verbringen. Aber es gibt noch eines — Loslösung. Wir können die Dinge dieser Welt schätzen, ohne uns an sie zu binden. Es geschieht manchmal, daß ein Mensch, wenn er sein Vermögen verliert, so entmutigt ist, daß er stirbt oder geisteskrank wird. Wenn wir die Dinge dieser Welt genießen, müssen wir uns bewußt sein, daß wir eines Tages vielleicht ohne sie auskommen müssen.

Binde dich an nichts, es sei denn, du siehst die Wirklichkeit Gottes darin. Dies ist der erste Schritt zum Hofe der Ewigkeit. Das irdische Leben dauert nur kurze Zeit, selbst seine Wohltaten sind vergänglich. Was vergänglich ist, kann der Bindung unseres Herzens nicht wert sein.

Loslösung besteht nicht darin, daß man sein Haus anzündet oder bankrott macht oder sein Vermögen zum Fenster hinauswirft, selbst nicht darin, daß man alle seine Güter verschenkt. Loslösung besteht darin, zu verhindern, daß unsere Güter uns besitzen. Ein erfolgreicher Kaufmann, der nicht von seinem Geschäft gebunden ist, weiß, was Loslösung ist. Ein Bankmann, der durch seine Tätigkeit nicht verhindert wird, der Menschheit zu dienen, ist losgelöst. Ein armer Mann kann an eine geringe Sache gebunden sein... .. Es gibt viele reiche Menschen, die losgelöst sind, und viele arme, die es nicht sind.

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Wir sollten an nichts in dieser Welt gebunden sein, denn sie ist, weil vergänglich, dessen nicht wert. Allen, die wir lieben, sollten wir wünschen, nicht durch Bindungen an diese Welt gefangen zu sein. Wir müssen darnach streben, uns davon frei zu machen. Die Dinge dieser Welt, sind wie die Wellen des Meeres, es ist unmöglich, daß sie dauern, aber die Dinge des Königreiches sind Felsen zu vergleichen, die fest und unerschütterlich stehen.

Wenn ein Mensch an das Verlangen seines Körpers gebunden ist, kommt er nie zur Ruhe, denn der Körper verlangt fortwährend nach Wechsel. Sieh diesen Baum vor dem Fenster: es ist unmöglich, daß er immer bestehe, gleichviel, wie gut er gepflegt und bewässert werde. Wie töricht, seine Zeit und Kraft dem zu widmen, was nicht bestehen kann. Wer himmlischen Dingen zugekehrt ist, wird wie ein Fels werden. [Seite 88] Aber dem Wechsel wird jeder unterliegen, dessen Herz an irgend etwas von dieser Welt hängt. Solche Bindungen sind wie Seile, die uns zur Erde ziehen, wenn wir fliegen wollen. Losgelöst sein heißt frei sein, heißt auffliegen in einen neuen Äther, heißt licht sein, heißt freudig sein — und ein Bahá’i soll freudig sein. Er soll eine solche Stufe von Freude erreichen, daß die Welt nach seinem Geheimnis fragt. Wenn er vollkommen losgelöst ist, und frei von allem Selbst, wird er fähig sein, in einem kalten Herzen ein großes Feuer zu entzünden.

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Das Geheimnis des Opfers ist ein schwieriger und unerschöpflicher Stoff. Kurz sei folgendes gesagt: Die Motte ist ein Opfer für das Licht. Die Quelle ist ein Opfer für die Durstigen. Der aufrichtig Liebende ist ein Opfer für die Geliebte und der Sehnende ist ein Opfer für den geliebten Menschen. Man muß sich selbst völlig vergessen und ein Wanderer werden auf dem Wege zum Geliebten. Der Mensch muß das Wohlgefallen des Einen Wahren suchen, sich sehnen nach dem Antlitz des Einen Wahren und auf dem Pfade des Einen Wahren wandeln; er muß trunken sein von Seinem Kelche, ergeben in Seiner Hand, er muß seine Augen vor dem Leben schließen und sich so führen, daß die Welt in ihm ein Licht der Wahrheit erblickt. Das ist die erste Stufe des Opfers.

Die zweite Stufe des Opfers ist: Der Mensch muß getrennt sein von der menschlichen Welt und befreit von der Dunkelheit dieser Welt; die Erleuchtung der Barmherzigkeit muß in ihm scheinen und leuchten, die niedrige Welt muß wie nichtexistierend für ihn sein, aber das Königreich muß ihm offenbar sein. Er muß wie Eisen sein, das in die Feuersglut geworfen wurde. Die Eigenschaften des Eisens, Schwärze, Kälte und Festigkeit, welche der Erde angehören, verschwinden und vergehen, während die Eigenschaften des Feuers, Röte, Glühen und Hitze, welche dem Königreich angehören, in Erscheinung treten und sichtbar werden. Dann hat das Eisen seine Eigenschaften und Merkmale dem Feuer geopfert und die Eigenschaften dieses Elementes angenommen.

Gleicherweise sind die Unvollkommenheiten der Menschheit und der tierischen Dunkelheit in das Reich der Trennung gewandert, wenn Seelen von den Fesseln dieser Welt befreit werden. Sie haben dann Teil an den Gaben des Raumlosen (Gottes), sie haben beherrschende Vollkommenheit erworben, sie sind die „Erlösten“ durch die Sonne der Wahrheit und eilen zum Altar des Herzens und der Seele.

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Wenn ein Mensch sein Leben einer Sache weiht, so muß er sich ihr völlig hingeben, dann erst ist er wirklich geweiht. Dies kann nicht durch Worte geschehen, sondern nur durch Taten. Man muß sein Leben ganz, völlig, in Wirklichkeit widmen, gerade wie ein unnützer Zweig sein Leben dem Feuer opfert, und gerade wie das Öl sein Leben dahingibt, um Licht zu spenden. Dies ist die höchste Stufe, die Stufe des Opfers. Es gibt nichts größeres als dies.

In orientalischen Sprachen gibt es den Ausdruck: „Möge mein Leben ein Opfer sein für dich“, und wenn ein Mensch hundert Briefe am Tag schreibt, mag er diese Worte hundert Mal gebrauchen, und doch würde er seinem Freund gar nichts opfern. Aber dies ist eine Gewohnheit, ein Brauch. Jeder, der einem Freund einen Brief schreibt, sagt: „Möge mein Leben ein Opfer für dich sein“ und vielleicht kennt er nicht einmal die Bedeutung dieser Worte.

Die Stufe des Opfers ist die große Grundlage. Wenn ihr das Alte und Neue Testament lest, findet ihr fortwährend das Wort Opfer. Es wird überliefert, daß die Israeliten Schafe opferten, damit ihnen ihre Sünden vergeben würden. In der Zeit von Adam brachte Kain ein Opfer von Früchten des Feldes, und Abel brachte ein Opfer von Erstlingen seiner Herde. Dies ist ein Symbol, und es überdauert die Zeiten von Christus.

Was ist dies Symbol? Geradeso wie das Tier sein Leben hergeben mußte, muß der natürliche Zustand des Menschen, welcher der tierische Zustand ist, geopfert werden. Wie soll dies geschehen? Die Laster des tierischen Zustandes des Menschen müssen ausgelöscht und er muß mit göttlichen Tugenden ausgezeichnet werden. Das alte Opfer war ein Symbol, alle israelitischen Propheten opferten Tiere. Es war das Geheimnis eines höheren Opfers. Als Christus kam, sagte Er: „Ich gebe mein Leben zur Erlösung für viele.“ Was meinte Er damit? Er wollte den Charakter der Menschen verwandeln und sie auf diesem Wege himmlisch machen, sie auf diesem Wege Gott ähnlich, geistig und göttlich machen. Dies ist eine der Bedeutungen des Opfers.

(Fortsetzung folgt.)


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Bahá’u’lláh

Verborgene Worte.. Worte der Weisheit und Gebete. Geschrieben während seiner Verbannung in Bagdad 1857/58 . . . kart. —.80

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Buch der Gewißheit oder Kitábu’l-Iqán. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Fragen verschiedener Religionen, geschrieben in Bagdad um 1862. Ist fortsetzungsweise in den beiden Jahrgängen X und XI unserer Zeitschrift „Sonne der Wahrheit“ enthalten.

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Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter. ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. Ganzleinen 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. . . . . .gebunden 2.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . kart. 2.--

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Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30

Sonne der Wahrheit. Bahá'i-Monatszeitschrift.

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Jahrgang X - XII gebunden je 6.--