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SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT 6 | 13. JAHRGANG | AUGUST 1933 |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Ästen und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark |
Heft 6 | Stuttgart, im August 1933 Kamál — (Vollkommenheit) 90 |
13. Jahrgang |
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Inhalt: Suratu’l Haykal. — Göttliche Lebenskunst. — Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Kaiser Napoleon III.
Jeder Mensch hat ein Anrecht und ein Bedürfnis, die religiösen
Glaubenssätze als Tatsachen in persönlicher Erfahrung zu erleben
und nicht etwa auf das Wort, auf den Bericht, auf die
Überzeugung eines anderen hin, anzunehmen. Wie kann man
aber religiöse Erfahrungen selbst erleben? Schon Christus
sagte: „Sei gehorsam dem Wort (d. h. befolge die Lehre des
Propheten) und Du wirst erleben, ob sie wahr ist!“ — Auch
Bahá’u’lláh, die Gesegnete Vollkommenheit rät dir: „Handle,
tue das, was gelehrt wird, und du wirst vom ersten Tage an
Gott den Herrn und Seine Gesetze und Führungen an dir, an
anderen, an deinem Dasein und an denjenigen deiner Nächsten
selbst und andauernd erfahren, durchmachen und erleben!“
Worte von ‘Abdu’l-Bahá zu Frau Dr. J. F., Haifa 1910.
Suratu’l Haykal[Bearbeiten]
(Schluß)
Wie viele von den Dienern haben ihre Besitztümer auf dem Pfade Gottes hingegeben, — und zur Zeit der Offenbarung sehen Wir sie unter den Gegnern! Wie viele, die die Fasttage halten und die sich Dem widersetzen, Der das Gebot des Fastens bekräftigt hat! Sind sie nicht Unwissende? Wieviele von ihnen sehen Wir schwarzes Brot essen, sich auf das festlegen, was auf dem Felde wächst, und tausend Widerwärtigkeiten ertragen, lediglich um ihre gehobene Stellung zu erhalten! So haben Wir ihre Handlungen für dich einzeln aufgezählt, damit sie Unsere Warnung seien für die anderen. Diese Leute ertragen die Widerwärtigkeiten vor den Augen der Welt, um ihren Namen zu verewigen! Aber es wird von ihnen nur das übrig bleiben, was sie fluchen machen wird bei dem, was in den Himmeln und auf Erden ist. Sprich: „wenn euer Name verewigt würde, wie ihr es euch einbildet, was für einen Vorteil würdet ihr daraus ziehen? Keinen, beim Herrn der Welten!“ Lege Ich Wert darauf, daß Leute, die beim Gebet nur Worte sprechen, beständig das Wort Gott wiederholen? Nein, bei Gott, dem Starken, dem Allmächtigen! Wenn ihr von niemandem auf Erden erwähnt würdet, und Gott wäre von euch befriedigt, dann wäret ihr unter den Schätzen Seines Namens, des Verborgenen. Also lassen Wir die Verse niedersteigen, um euch zum Aufgangsort der Herrlichkeit hinzuziehen und euch wissen zu lassen, was euer Herr will, der Wissende, der Weise. Beobachtet die Verbote des Buches, esset die Nahrung, die Alláh euch gegeben, und beraubt euch nicht der Beweise Seiner Gunst. Wahrlich, Er ist der Freigebige, der Eigner der höchsten Güte. Zieht auf euch selbst keine Trübsale herbei, tut, was Wir euch mit Hilfe von Beweisen und klaren Versen zu erkennen gegeben haben, und zählt nicht unter die Nachlässigen!
O Gemeinschaft der Ulemá 1)! Ihr habt gut entsagen dem Wein und anderen derartigen, im Buche verbotenen Dingen: es liegt kein Grund vor, weshalb ihr daraus Ruhm erntet; denn eure Anhänglichkeit an diese Dinge wäre euer Untergang in den Augen der Welt, euer Verderben, eure öffentliche Schande. Nein, euer Ruhm ersteht aus eurer Unterwerfung unter das Wort Gottes, aus eurer innerlichen und äußerlichen Loslösung von allem, was nicht Er ist, der Starke, der Mächtige. Selig der Wissende, der aus dem Wissen keinen Schleier macht zwischen sich und dem (großen) Bekannten 2),und der bei der Ankunft des Ewigen Ihm mit strahlendem Antlitz entgegengeeilt ist! Wahrlich, er ist unter jenen, deren Geist ein Segen ist für das Volk des Paradieses und deren Licht alles erleuchtet, was in den Himmeln und auf Erden ist. Er zählt zu den Erben der Propheten; und wer ihn gesehen hat, hat die Wahrheit gesehen, wer ihm entgegengeeilt ist, ist Gott, dem Starken, dem Weisen entgegengeeilt!
Aufgangsorte der Wissenschaft! Hütet euch davor, euch verwirren zu lassen, denn dies
wäre die Ursache für die Verwirrung der meisten Diener. Es wäre wahrlich eine Ungerechtigkeit
eurerseits, gegen euch selbst und gegen sie; jeder einsichtsvolle Wissenbegabte bezeugt dies.
Ihr seid die Quelle: wenn sie getrübt ist, ist der Fluß getrübt, der von ihr herkommt.
Fürchtet Alláh und seid unter den Frommen! Mit dem Menschen ist es also: wenn sein Herz gestört
wird, werden es alle seine Glieder. Ebenso der Baum: wenn seine Wurzel faul wird,
werden es die Äste, die Zweige, die Blätter und die Früchte sehr schnell auch. Also haben
Wir euch Beispiele gegeben, damit ihr nicht durch das, was euer ist, gegen das eingenommen
werdet, was euch von einem Starken, einem Gnädigen bestimmt ist. Wahrlich, nähmen Wir eine
Handvoll Staubs und wollten sie mit dem Schmucke der Namen zieren, — Wir könnten es, und zwar
vermöge Unserer Güte zu ihr, ohne Rücksicht auf ihr Verdienst. So ward es in Wahrheit
geoffenbart aus der Wohnstätte des Wissenden. Betrachtet den schwarzen Stein, den Alláh zum
Richtpunkt der Welten gemacht: rührt diese
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Gunst von ihm 3) selbst her? Nein, bei Mir Selbst! Beruht dieser Ruhm auf seiner
Substanz? Nein, bei Meinem Wesen, das kein gelehrter Wissender begreifen kann! Betrachtet
auch die Moschee Al Aqsa 4) und andere, die Wir für die Menschen aller Gegenden
und Striche zu Orten des Umwandelns gemacht haben: ihre Ehre kommt nicht
von ihnen selbst, sondern von ihren Beziehungen zu Unseren Offenbarern, die Wir
zum Aufgangsort Unserer Inspiration unter Unseren Dienern gemacht haben, — so ihr
zu denen zählt, die verstehen. Und in allem dem liegt eine Weisheit, die keiner kennt
außer Gott: bittet Ihn, euch das erfassen zu lassen, was Er will, denn Er ist
der Wissende in allen Dingen,
Trennt euch von der Welt, o Volk, von ihrem Zierat, und schenkt jenen kein Gehör, die Gott geleugnet haben oder die Ihm Genossen gegeben; wendet euch dem Horizont des Beyán zu, zur Verkündigung eures Herrn, des Barmherzigen. Das ist, was Gott für, euch gewollt hat: selig die, die begreifen! Sprich: o Volk, Wir haben euch in den Tablets im Zeitpunkt der Manifestation befohlen, eure Seelen von allen Namen und allem, was auf Erden und in den Himmeln erschaffen ist, heilig zu halten, damit sich auf euren Seelen das Spiegelbild der Sonne der Wahrheit vom Horizonte des Willens eures Herrn, des Starken, des Allerhöchsten einpräge Und Wir haben euch befohlen, eure Seelen von der Liebe und dem Haß gegenüber dem, was auf Erden ist, zu reinigen, damit euch nichts von einer Seite abbringe, um euch zu einer anderen hinzuziehen 5). Und dies ist einer der wichtigsten Ratschläge für euch in dem offenbaren Buche. Der, welcher sich dem einen oder dem anderen hingibt, kann die Sache nicht erfassen, so, wie sie ist: jedes gerechte und eingeweihte Wesen bezeugt dies.
Ihr habt das Bündnis Alláhs verlassen, und ihr habt Sein Testament geschändet durch euren Widerstand gegen Den, Dessen Offenbarung die Augen der Geschöpfe getröstet hat. Reinigt eure Augen von den Zweifeln und Schleiern, sodann überdenket die Beweise der Propheten und der Gesandten, damit ihr die Sache Alláhs begreift an diesem Tage, an dem der Verheißene mit allerhöchster Macht gekommen ist! Fürchtet Gott und beraubt euch nicht des Aufganges der Verse: das ist es, was euch nützen wird, denn euer Herr, Er, ist unabhängig von den Welten. Wahrlich, ewig ist Er dagewesen und nichts war nebst Ihm da. Das Banner der Einheit ward aufgerichtet in Seinem Namen auf dem Sinai des Daseins, des sichtbaren und des unsichtbaren, in jenem „Wahrlich, Er, — es gibt keinen anderen Gott als Uns, den Einzigen, den Starken, den Alleinigen.“
In Wahrheit, die, welche durch einen Willensakt von Ihm erschaffen und durch Seinen Befehl entsandt wurden, haben sich von Ihm abgewandt und sich einem anderen Herrn als Gott angeschlossen: sind sie nicht Verirrte? Sie verkündigten den Barmherzigen ohne Unterlaß; dann, als Er sich in Wahrheit geoffenbart hat, haben sie Ihn bekriegt: Schande ihnen ob ihrer Treulosigkeit gegenüber dem Bündnis, da das Licht der Horizonte am Horizont des Willens Gottes, des Wissenden, des Weisen, des Heiligen gestrahlt hat! Sie haben die Schwerter des Hasses gegen das Antlitz Gottes gezogen, ohne zu begreifen, daß sie tot sind in den Gräbern ihrer Leidenschaften: und dies, nachdem das Wehen Gottes über die Regionen gegangen! Befinden sie sich nicht unter dichten Schleiern? Wenn man ihnen die Verse Gottes vorliest, werden sie halsstarrig in ihrem Hochmut, wie wenn sie nichts verstanden und Seinen Ruf nicht vernommen hätten. Sprich: „Wehe euch! Behauptet ihr, den Glauben zu haben, während ihr die Verse Gottes, des Starken, des Weisen ablehnt?“
Sprich: „o Volk, wendet eure Gesichter eurem Herrn zu, dem Barmherzigen, und
habet acht, euch nicht umschleiern zu lassen durch das, was im Beyán geoffenbart wurde:
denn nichts anderes ist darin geoffenbart als die Erwähnung Meiner, des Starken, des
Unabhängigen, und es gibt kein anderes Ziel als Meine Schönheit!“ Wahrlich, Ich habe
die Welt mit Meinen Beweisen erfüllt, — so ihr gerecht seid. Wenn der Erste Punkt, wie
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ihr es annehmt, Mir fremd gewesen wäre und wäre zur Begegnung mit Mir gelangt, dann
hätten Wir Uns nie getrennt, und Wir hätten während Meines ganzen Lebens miteinander
Umgang gepflogen. In Wirklichkeit hat Er Unsere Trennung beweint, und Er ist Mir
nur vorausgegangen, um den Menschen die frohe Botschaft von Meinem Königreich zu
geben. So wurde es geoffenbart in den Tablets, — so ihr zu sehen verstündet. Wenn
wenigstens ein Aufnahmefähiger sich fände, der Seine Klage im Beyán hinsichtlich dessen,
was Mir von seiten der Nachlässigen widerfahren ist, vernähme und Seine Seufzer über
Unsere Trennung verstünde, Seinen Eifer, Mich zu suchen, Mich, den Starken, den
Wunderbaren! Und nun sieht Er inmitten der Diener, die erschaffen waren für Seine Tage
und dafür, daß sie sich Seiner Herrschaft demütig unterwerfen, Seinen Vielgeliebten 6)
unterjocht durch das, was Ihm von seiten der Unterdrücker widerfahren ist in einer
Erniedrigung, die zu erwähnen die Feder sich ohnmächtig fühlt.
Sprich: „o Volk, in der ersten Manifestation 7) haben Wir euch zum allerhöchsten Anblick dieser geheiligten Station geladen und haben euch die frohe Botschaft von den Tagen Gottes verkündet. Aber als der größte Schleier zerrissen wurde und die ewige Schönheit auf den Wolken der Bestimmung erschien, wurdet ihr zu Abtrünnigen Dem gegenüber, an Den ihr glaubtet. Wehe euch, Gemeinschaft der Treulosen! Fürchtet Gott und widerlegt die Wahrheit nicht mit Hilfe dessen, was euer ist. Wenn die Sonne der Verse für euch am Horizonte der Finger des Königs der Namen und Attribute erstrahlt, dann fallet auf euer Angesicht und werfet euch anbetend nieder vor Gott, dem Herrn der Welten! Wahrlich, euch niederzuwerfen vor Seinem Tore, ist besser für euch, als die Verehrung der beiden kostbaren Gegenstände 8); und euch zu demütigen, wenn Er Sich offenbart, ist mehr wert für eucd als alles, was in den Himmeln und auf Erden erschaffen worden ist.“
Sprich: „o Volk, Ich verkündige euch dies aus Liebe zu Alláh, und Ich trage kein Verlangen nach Belohnung von eurer Seite; denn sie wird von Dem kommen, Der Mich erschaffen, Mich mit der Wahrheit gesandt und aus Mir eine Verkündigung gemacht hat für alle Geschöpfe.“ Eilet zur Offenbarung Gottes und zu Seiner Wohnstätte und gehorchet nicht dem Satan, der in euch ist, denn er gibt euch die Ungerechtigkeit ein und die Unzucht, und er bringt euch ab von dem Pfade, der durch diese bestätigte und weise Sache in der Welt vorgezeichnet ist. Sprich: „Satan ist in einer Weise erschienen, die man nie gesehen hatte in der Welt, und gleicherweise hat sich die Schönheit des Barmherzigen in einer Herrlichkeit geoffenbart, wie sie die Augen der Alten nie wahrgenommen hatten.“ In Wahrheit, der Ruf des Barmherzigen hat sich vernehmen lassen, und was außerhalb desselben, ist der Ruf Satans. Selig, wer den Ruf Gottes vernommen und sich dem Throne, heiligem und gnadenreichem Anblicke, zugewandt hat! Wer immer in seinem Herzen — wäre es im Werte eines Senfkorns — Liebe zu einem anderen hat als Mir, der wird nicht in Mein Königreich eingehen können; und der Beweis, den Ich dafür erbringe, ist das, was die Seiten des Buches des Daseins schmückt, — so ihr zu denen zählt, die begreifen. Sprich: dies ist der Tag, an dem die allerhöchste Gunst erschienen ist, und alles, sei es in den höchsten Himmeln oder in den Tiefen der Erden, spricht zu Meiner Verkündigung und singt die Verse zu Meinem Lobe, — so ihr zu hören versteht.
O Tempel der Offenbarung, blase in die Trompete in Meinem Namen! Dann, o Tempel der
Geheimnisse, spiele auf der Flöte zur Verkündigung deines Herrn! Dann, o Huri
des Himmels, tritt heraus aus den Gemächern des Paradieses und verkündige die Sache
den Bewohnern der Welten. Bei Alláh! Er ist erschienen, der Vielgeliebte der Welten,
die Sehnsucht jener, die wissen, der Angebetete von dem, was in den Himmeln und
auf Erden ist, Der, vor Dem sich die Ersten und die Letzten niederwerfen! Fürchtet, in
Säumnis zu sein vor dieser Schönheit nach all dem, was Sie an Beweisen, an Macht, an
Kraft, an Herrlichkeit hat erkennen lassen. In Wahrheit, Sie ist Gott; und außerhalb
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Ihr ist alles nichtig für den geringsten Ihrer Diener, und alles wird zunichte vor der
Erscheinung Ihrer Herrlichkeit! Eilet hin zum Kawther der Gunst und zählt zu jenen, die
nicht warten. Der, welcher einen einzigen Augenblick zögert, — Gott tilgt seine Werke
aus und läßt ihn zur Stätte der Qualen zurückkehren. Wahrlich, das Los der Zögernden
ist entsetzlich!
Also haben Wir den Tempel durch die Hände der Macht und des Willens ins Leben gerufen, — so ihr zu denen zählt, die wissen. Zu diesem Tempel ruft euch das Buch Gottes; Ihm nähert euch: das steht euch an, — so ihr zu denen gehört, die begreifen.
Seid gerecht, o Völker der Erde: ist Er nicht mehr wert als ein aus Ton erbauter Tempel? Wendet euch Ihm zu gemäß der Weisung Alláhs, des Beschützers, des Ewigen!
Folget dem Befehl und danket Gott, eurem Herrn, für Seine euch zugedachten Gunstbeweise. Wahrlich, Er ist der Wahre, es gibt keinen anderen Gott als Ihn. Er läßt zur Offenbarung werden, wen Er will, durch Sein Wort „Sei“ — und es ist!
1) Die mohammedanischen Schriftgelehrten.
2) Im französischen Text „Connu“ groß geschrieben.
3) Nämlich von dem Stein. Gemeint ist der schwarze Stein in der Qa’aba zu Mekka.
4) Die Omar-Moschee in Jerusalem.
5) Vergleiche den Anfang des „Buches der Gewißheit“, Sonne d. Wahrh. Jahrgang X, Heft 2.
6) Seine Heiligkeit Bahá’u’lláh.
7) In derjenigen Seiner Heiligkeit, des Báb.
8) Der Koran und die Nachkommen Mohammeds.
Göttliche Lebenskunst[Bearbeiten]
Aus den Schriften von ‘Abdu’l-Bahá (Fortsetzung)
Zusammengestellt von Mary M. Rabb (Neuyork, Brentanos Publishers)
Übersetzt von Johanna von Werthern-Stuttgart
4. Kapitel: Glaube, Loslösung, Opfer
Alle Dinge sind möglich, dem der glaubet... Wahrlich, ich sage euch, so ihr Glauben habt als ein Senfkorn, .... und ihr saget zu jenem Berge, .. .. hebe dich auf und wirf dich ins Meer, so wird es geschehen. Und alle Dinge, die ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, wird es geschehen.
Worte Christi.
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Ich sage euch, daß jeder, der sich in dieser Zeit für die Sache Gottes erheben will, mit dem Geiste Gottes erfüllt werden wird. Und Gott wird Seine Scharen aus dem Himmel senden, um euch zu helfen, und nichts wird euch unmöglich sein, wenn ihr Glauben habet. Und nun gebe ich euch ein Gebot, das als Bündnis gelten soll,.... daß ihr Glauben habet; daß euer Glaube fest sei wie ein Felsen, den kein Sturm zu bewegen vermag, der durch nichts zerstört werden kann, und der dauert über alle Dinge hinweg und bis über das Ende hinaus .. . Laßt euch nicht erschüttern in eurem Glauben ... So, wie ihr Glauben habt, wird eure Macht sein und die Segnungen, die auf euch ruhen. Dies ist die Waage; dies ist die Waage; dies ist die Waage!
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Die Grundlage preisenswerter Eigenschaften ist Glaube. Je größer der Glaube eines Menschen, desto mehr erleuchtet ist sein Geben. Glaube ist ein Wunder, er hat wundertätige Macht. Sein geistiger Einfluß verfeinert den Charakter, läßt den Menschen demütig und gütig werden, senkt die Furcht Gottes in sein Herz; veranlaßt ihn, seine Zeit menschenfreundlichen Taten zu widmen, vergeistigt sein Wesen, erhöht seine Ideale und entzündet seine Leuchte. Je größer der Glaube eines Menschen, desto zahlreicher werden seine ersten Taten sein. Glaube ist wie der Baum, Taten sind wie die Früchte. Glaube ist wie die Lampe, Taten sind wie das Licht.
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Frage: „Was ist wahrer Glaube?“
Antwort: „Äußerer Glaube bedeutet die Botschaft anzuerkennen, die ein Offenbarer
der Welt bringt und die Erfüllung dessen, was die Propheten voraussagten, in ihm zu
sehen. Aber in Wirklichkeit umfaßt Glaube drei Stufen: mit Worten zu bekennen; mit
dem Herzen zu danken; durch Taten zu zeugen. Diese drei Dinge sind wesentlich für
den wahren Glauben. Unbedingtes Erfordernis ist die Liebe zu Gott im Herzen. Zum
Beispiel sagen wir, eine Lampe gibt Licht. In Wirklichkeit entsteht das Licht aus dem
Öl, das verbrennt, aber Lampe und Zylinder
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sind notwendig, ohne sie kann das Licht nicht in Erscheinung treten. Die Liebe Gottes
ist wie das Licht, die Zunge wie die Lampe oder das Medium, durch welches sich
diese Liebe ausdrücken kann. Die Lampe schützt das Licht. In ähnlicher Weise
widerspiegeln die Glieder des Körpers das innere Licht durch ihre Wandlungen. So bekennt
die Zunge in Worten und so bekennen alle Teile des Körpers die Liebe Gottes in der
Seele eines Menschen, der mit lebendigem Glauben erfüllt ist. So war es, als Petrus
sich mit Worten und Taten zu Christus bekannte. Wenn Worte und Taten die Liebe
Gottes widerspiegeln, werden die wahren Eigenschaften des Menschen offenbar. Christus
sagt: ‚An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen‘, das heißt an ihren Taten. Wenn
in einem Bekenner göttliche Eigenschaften lebendig sind, wissen wir, daß wahrer
Glaube in seinem Herzen ist. Wenn wir kein Zeugnis von solchen Eigenschaften in ihm
finden, wenn er selbstsüchtig oder böse ist, hat er nicht die wahre Art des Glaubens.
In den Heiligen Schriften wird vom Glauben als ‚zweite Geburt‘ und ‚ewiges Leben‘
gesprochen. In diesen Tagen ist wahrer Glaube der Geist Gottes. Viele meinen, wahren
Glauben zu haben, aber er ist selten, und wo er besteht, kann er niemals zerstört
werden.“
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Durch unsere Taten bezeugen wir, was in unserem Herzen wächst. Taten sind Spiegel der Seele...
Der Glaube hängt nicht so sehr davon ab, an was wir glauben, als von dem, was wir tun.
Der Mensch muß alles, was er sagt, durch Taten und Handlungen beweisen. Wenn er den Anspruch auf Glauben erhebt, so muß er nach den Lehren des Königreiches der Schönheit leben und handeln.
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Glaube ist der Magnet, welcher die Bestätigung des Einen Barmherzigen anzieht. Dienst an Ihm ist der Magnet, welcher himmlische Stärke anzieht.
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Wir hören von einer Erfindung; wir glauben, daß sie bedeutungsvoll sei; dann gehen wir, sie zu prüfen. Wir hören, da sei Reichtum, wir sehen ihn, und arbeiten hart, ihn zu erwerben; wir werden selbst reich und können anderen helfen. Wir kennen und sehen das Licht, wir nähern uns ihm, erwärmen uns an ihm und widerspiegeln seine Strahlen auf andere. Dies ist wahrer Glaube, und so wird uns Macht gegeben, ewige Kinder Gottes zu werden.
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Frage: „Wie kann man wachsen im Glauben?“
Antwort: „Du mußt kämpfen. Ein Kind ist unwissend. Durch die Schule erhält es Kenntnisse. Suche nach der Wahrheit“.
„Es gibt drei Arten von Glauben, Erstens den, der aus Überlieferung und Geburt stammt. Zum Beispiel: Ein Kind wird von muhammedanischen Eltern geboren; es wird Muhammedaner. Dies ist ein schwacher, traditioneller Glaube. Zweitens, der aus Erkenntnis stammende, dies ist der Glaube des Verstandes. Er ist gut. Aber es gibt etwas Besseres: eine Erfahrung des Vertrauens im täglichen Leben. Dies ist der wahre Glaube.“
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Wenn auch ein Mensch der guten Taten am Throne des Allmächtigen angenommen wird, so sollte er doch erst erkennen und dann handeln. Wenn auch ein blinder Mensch eine schöne und kunstvolle Arbeit vollbringen kann, so ist es ihm doch unmöglich, sie zu sehen. Bedenke, wie viele Tiere für den Menschen arbeiten, für ihn Lasten schleppen und ihm Arbeit ersparen, dennoch erhalten sie, weil sie unwissend sind, keine Vergeltung für ihre Plage und Arbeit. Die Wolke regnet, Rosen und Hyazinthen wachsen, die Wiesen und Felder grünen und blühen, dennoch erkennen sie nichts vom Ergebnis ihrer Entwicklungen. Darum werden sie nicht gepriesen und gelobt... Diese Lampe brennt, aber weil sie kein bewußtes Wissen von sich hat, wird keiner sie darum preisen.
Überdies wird eine Seele vortrefflicher Taten und guten Betragens zweifellos Fortschritte machen, gleichgültig, von welchem Horizont sie das scheinende Licht erblickt. Hierin liegt der Unterschied. Unter Glauben ist erstens bewußtes Erkennen und zweitens die Vollbringung guter Taten zu verstehen.
(Fortsetzung folgt.)
Sendschreiben Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh an Kaiser Napoleon III. *)[Bearbeiten]
*) Übersetzung aus der französischen Übertragung des Dr. Hippolyte Dreyfus, L’œuvre de Bahá’ou’lláh, Tome II, Librairie E. Leroux, Paris, 1924.
Nach der Vernichtung der türkischen durch die russische Flotte in der Seeschlacht bei Sinope (1853) war Kaiser Napoleon III. auf der Seite der Gegner Rußlands in den Krieg eingetreten. In der Antwort auf die Frage der russischen Regierung nach dem Grunde seines Eingreifens hatte er geäußert: „Die Hilferufe der armen Unschuldigen, die im Schwarzen Meere umkamen, haben mich des Morgens aus dem Schlafe gerissen, und deshalb habe ich mich zum Eingreifen entschlossen.“ Ein andermal hatte er vor aller Welt erklärt: „Unsere Sache ist es, die Unterdrückten zu rächen und den Unglücklichen beizuspringen.“
Zur Zeit seiner Einkerkerung im größten Gefängnis in Akka (Ende 1868) wandte sich Bahá’u’lláh an verschiedene Herrscher um Hilfe für sich und seine Anhänger, die den grausamsten Verfolgungen, Verleumdungen und Unterdrückungen von seiten der persischen und türkischen Regierung und deren Geistlichkeit ausgesetzt waren. In einem Schreiben an Napoleon stellte er diesem in eindringlichen Worten das unverschuldete Elend der in ihrem Leben und Besitz ständig bedrohten Bahá’i vor Augen, von denen bereits Ungezählte den Märtyrertod erlitten hatten. Auf die beiden obenerwähnten Äußerungen des Kaisers dabei mit Worten der Anerkennung Bezug nehmend, legte er ihm ausführlich dar, um wieviel mehr in seiner und seiner Anhänger Angelegenheit eine kaiserliche Verwendung bei den maßgebenden Stellen angebracht sei und erhofft werde, da die Leiden der Bahá’i nicht nur einen Tag gedauert hätten, sondern seit 25 Jahren anhielten, so daß sie nun am Ende ihrer Kräfte angelangt seien.
Auf diesen ersten Brief, der dem Kaiser durch den französischen Gesandten César Cattafago übermittelt wurde, erfolgte keine Antwort. Daraufhin sandte ihm Bahá’u’lláh einige Monate später (1869) das vorliegende Schreiben.
O Allerhöchste Feder, bewege dich über dieses heilige und leuchtende Blatt zur Erwähnung anderer Herrscher, auf daß sie sich vom Lager der Leidenschaften erheben und auf das sanfte Rauschen in den Zweigen und Blättern des richtunggebenden Baumes1) hören. Sprich: „o Herrscher von Paris, tue den Priestern kund, daß sie die Glocken nicht mehr läuten lassen sollen. Bei Gott, dem Wahrhaftigen! wahrlich, die herrlichste Glocke ist auf dem Tempel des Größten Namens zum Vorschein gekommen: sie läutet in der Ewigkeit, bewegt von den Fingern des Willens deines Herrn, des "Großen, des Allerhöchsten, in Seinem Namen Abhá.“ Also sind die Zeichen deines glorreichen Herrn zum zweitenmal herabgestiegen, damit du dich erhebest und Gott, den Schöpfer von Erde und Himmel, verkündest an diesem Tage, da alle Völker der Erde seufzen, die Säulen der Länder wanken und der Staub der Gottlosigkeit alle Wesen beschmutzt, außer jenen, die dein Herr, der Starke, der Weise beschützt hat.
Sprich: „der Herr ist gekommen im Schatten des Lichts, zur Belebung der Wesen durch den Odem Seines Namens, des Barmherzigen, zur Einigung und Sammlung der Welt um diese Tafel, die vom Himmel herabgestiegen ist.“ Hütet euch, die Gunst Gottes zu leugnen, nachdem Er sie hat herniedersteigen lassen, denn sie ist für euch wertvoller als das, was ihr besitzt und was vergehen wird, während das, was Gottes ist, Bestand haben wird: wahrlich, Er befiehlt, was Er will. Der sanfte Wind der Vergebung weht von deinem Herrn, dem Gnädigen: wer ihm entgegengegangen, der ist gereinigt worden von der Sünde, von allem Schmerz und aller Krankheit. Glücklich also, wer ihm entgegengeeilt ist, und wehe den Widersetzlichen! Lauschtet ihr den Dingen mit den Ohren der Natur, ihr würdet allerorts vernehmen: „wahrlich, der Ewige ist gekommen, Dem die höchste Herrlichkeit eigen!“ Alle Dinge loben Gott in Dankbarkeit zu ihrem Herrn; die einen preisen Ihn, da sie Ihn kennen, andere preisen Ihn, ohne Ihn zu kennen. Darum haben Wir den Befehl in dem klaren Tablet niedergelegt.
O Herrscher, höre auf die Verkündigung, die aus diesem Feuer kommt, das in dem
grünenden Baume auflodert auf dem Sinai, der sich bei dieser heiligen und reinen
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Wohnstatt erhebt: „das Meer der Unendlichkeit ist auseinandergewichen; wahrlich, es gibt
keinen anderen Gott als Uns, den Barmherzigen, den Gnädigen.“ Wir haben Den
gesandt, Der vom Heiligen Geiste getragen ist, damit Er dir Kunde gebe von diesem
Licht, das am Horizonte des Willens deines Herrn, des Gepriesenen, des Herrlichsten,
erschienen ist, und dessen Zeichen bis zum Okzident sichtbar sind. Wende dich ihm zu
an diesem Tage, den Alláh zur Zierde der Tage gemacht hat, da der Barmherzige sich
geoffenbart für alles, was im Himmel und auf Erden ist. Mache dich auf zum Dienste
Gottes und für den Sieg Seiner Sache, und Er wird dir beistehen mit den Heerscharen
des Sichtbaren und des Unsichtbaren. Er wird dich überall da zum Regenten machen,
wo die (große) Sonne2) strahlt, denn dein Herr ist der Unabhängige, der
Allmächtige. Wahrlich, das sanfte Wehen des Barmherzigen streicht durch die Welt: gesegnet,
wer seinen Wohlgeruch wahrgenommen und sich ihm aufrichtigen Herzens zugewandt
hat! Schmücke deinen Tempel mit der Zier Meines Namens, deine Zunge mit Meiner
Verkündigung, dein Herz mit Meiner Liebe, diesem kostbaren Kleinod. Was Wir für dich
wollen, ist wertvoller als das, was du besitzest, und als die Schätze der Erde, denn
dein Herr ist der Weise, der Wohlunterrichtete, Erhebe dich inmitten der Menschen in
Meinem Namen und sprich: „o Völker der Erde, eilet Dem entgegen, Der euch entgegengeeilt
ist, denn Er ist das Antlitz Gottes unter euch, und Er kommt zu euch mit
Zeichen, die ihresgleichen in der Welt nicht haben.“ Der Busch vom Sinai ruft aus
inmitten der Welt, und der Heilige Geist verkündet unter den Völkern:
„wahrlich, der Ersehnte ist gekommen, mit dem offensichtlichen Beweis!“
O Herrscher, wahrlich, die Sterne vom Himmel des Wissens sind gefallen. Das sind jene, die Meine Gebote mit Hilfe dessen erörtern, was sie besitzen: sie verkünden Gott bei Meinem Namen, und wenn Er dann mit Meiner Herrlichkeit zu ihnen kommt, wenden sie sich von Ihm ab. Sind sie nicht wahrhaftig gefallen? Davon hat Jesus euch gesprochen, als Er mit der Wahrheit kam und die jüdischen Gelehrten sich Ihm widersetzten und schließlich das begingen, worüber der Heilige Geist wehklagt und die Augen der Erwählten überfließen! Betrachte die Pharisäer: unter ihnen hatten einige siebenzig Jahre lang Gott angebetet; als aber der Sohn kam, fielen sie ab, während gewöhnliche Verbrecher in das Königreich eintraten! Also warnt dich die Feder des Königs von ehedem, damit du wissest, was in der Vergangenheit verordnet ward, und du zu jenen zählest, die vorwärtsschreiten. Sprich: „o Gemeinschaft der Mönche, ziehet euch nicht in die Kirchen und Heiligtümer zurück, sondern verlaßt sie mit Meiner Erlaubnis und beschäftigt euch mit dem, was euch und den Dienern von Nutzen ist. Also befiehlt euch Der, Der den Tag des Gerichtes in Händen hält.“ Zieht euch zurück in die Feste Meiner Liebe: dies ist der wahre Zufluchtsort, — so ihr verstehen könntet. Wer sich in eine Behausung einschließt, gleicht einem Toten: es ziemt dem Menschen, das zu schaffen, was den Dienern nützt, und der Baum, der keine Früchte zeitigt, gehört ins Feuer. Also ermahnt euch euer Herr: wahrlich, Er ist der Vortreffliche, der Edelmütige. Heiratet, damit nach euch einer an euren Platz trete; wahrlich, Wir haben euch das Betrügen untersagt, nicht aber das, wodurch die Rechtschaffenheit bejaht wird. Ihr habt euch an die Regeln eurer Leidenschaften gehalten und die Prinzipien Gottes verworfen. Fürchtet Gott und seid nicht nachlässig! Wenn der Mensch Mich nicht verkünden wird auf Meiner Erde, wie sollen dann Meine Eigenschaften und Meine Namen sichtbar werden? Denket nach und zählet nicht zu jenen, die Schleier tragen und schlafen. Wahrlich, Er, Der sich nicht vermählte, Er hatte auch keinen Ort gefunden, wo Er sich niederlassen, wo Er Sein Haupt hinlegen konnte, — infolge der Machenschaften der Verräter. Ihr habt nicht begriffen, was geistige Reinheit ist, und euer Aberglaube reicht nicht an sie heran: sie hängt mit dem zusammen, was von Uns kommt. Bemühet euch, eine Stufe zu erlangen, die frei ist vom Aberglauben der Bewohner der Erde: gesegnet sind die, die begreifen!
O Herrscher, Wir haben das Wort gehört, das du gesprochen, als der Kaiser von
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Rußland dich fragte, was du hinsichtlich des Krieges beschlossen. Wahrlich, dein Herr ist
der Wissende, der Wohlunterrichtete. Du sagtest: „ich schlief in meinem Bett und
wurde durch die Hilfeschreie der Unglücklichen geweckt, die im Schwarzen Meer ertranken.“
So hörten Wir’s, und dein Herr ist Zeuge Meiner Worte. Wir aber bezeugen,
daß nicht ihre Hilferufe dich geweckt haben, sondern deine Ehrsucht; denn Wir haben dich
geprüft und haben dich in der Gottferne gefunden. Erfasse die Bedeutung Meiner Worte
und sei gewarnt! Wahrlich, Wir antworten dir nicht gern in harten Worten, mit Rücksicht
auf die Stellung, die Wir dir in der sichtbaren Welt gegeben haben; Wir bevorzugen
die Höflichkeit, die Wir zur Zierde der Erwählten gemacht, und die ein Kleid
ist, das allen paßt, Kleinen und Großen. Gesegnet, wer bereit ist, seinen Körper
damit zu schmücken, und wehe dem, der sich dieser höchsten Gnade beraubt! Hättest du
dies aufrichtig gemeint, dann würdest du das Schreiben Gottes nicht verworfen haben,
das dir von seiten eines Mächtigen, eines Weisen zugesandt wurde. Wahrlich, Wir
haben dich auf die Probe gestellt und dich dabei nicht mit dem in Einklang befunden, was
du behauptet hast. Erhebe dich und wecke auf, was tot in dir! Die Welt wird vergehen,
wie auch deine Besitztümer, aber das Königreich Gottes, deines Herrn und des Herrn
deiner Ahnen, ist ewig! Es geht nicht an, die Angelegenheiten gemäß den Forderungen
deines Ehrgeizes zu regeln: fürchte die Seufzer des Unterdrückten und schütze ihn vor
der Lanze der Unterdrücker!
Für dein Vergehen wird in der Regierung deines Königreiches eine Änderung eintreten, die Macht wird deinen Händen entgleiten als Strafe für das, was du getan, und du wirst offensichtlich ins Unglück geraten. Alles um dich wird in Erschütterung geraten, wenn du dich nicht zur Unterstützung dieser Sache aufmachst und dem Geiste nicht folgst auf diesem geraden Weg. Bei Meinem Leben! dein Ruhm hat dich hochmütig gemacht. Aber er wird nicht von Dauer sein und wird zunichte werden, es sei denn, du klammertest dich an dieses starke Seil! Wahrlich, Wir sehen die Demütigung dir auf den Fersen folgen, Du aber gehörst zu den Achtlosen. Verlassen sollst du, was du besitzest, wenn du die Verkündigung aus den Regionen der Größe vernimmst, und ausrufen: „hier bin ich, o Du Gott alles dessen, was im Himmel und auf Erden ist!“
O Herrscher, Wir waren im Iraq bis zu der Zeit, da das Brandmal der Verbannung
anhub: Wir wandten Uns damals an den Sultan des Islam, gemäß dessen Weisung.
Da aber mußten Wir von seiten der Heuchler Dinge erleben, zu deren Schilderung diese
Seiten nicht ausreichten und über welche die Bewohner des Paradieses und der heiligen
Zufluchtsorte wehklagen. Trotz alledem verharren die Menschen unter dichtem Schleier:
sie bekämpfen Den, Der mit den Erklärungen Gottes, Seinen Zeugnissen, Beweisen und
Zeichen zu ihnen gekommen ist, und Der nur durch Den sah, Der Ihn als Wahrheitsboten
gesandt und zum Lichte für die Welt gemacht hat. Täglich, stündlich verschlechterte
sich Unsere Lage, bis daß man Uns aus offensichtlicher Tyrannei aus dem (kleinen)
Gefängnis entließ, um Uns darauf in das Größte Gefängnis3) zu bringen. Wer wissen
wollte: „für welches Verbrechen sind sie eingekerkert?“, dem wurde die Antwort: „sie
haben die Religion erneuern wollen.“ Wenn in euren Augen das Altertum die göttliche
Tugend besitzt, warum habt ihr dann das Gesetz des Pentateuch und das des Evangeliums
verlassen? Erkläret euch, o Völker! Bei Meinem Leben! es gibt für euch keine Ausflucht
an diesem Tage. Wenn jenes Mein Verbrechen war, dann hatte Ich in Mohammed, dem
Gesandten Alláhs, und vor Ihm in Jesus, und vor Diesem in Moses einen
Vorgänger. Und wenn es Meine Sünde ist, das Wort Gottes und die Offenbarung
Seiner Sache verkündet zu haben, dann bin Ich der vornehmste der Sünder und würde eine
solche Sünde nicht gegen das Königreich der Himmel und Erden vertauschen. Im Zeitpunkt
Unserer Einkerkerung lag es in Unserem Bemühen, den Königen die Botschaften
ihres Herrn, des Starken, des Gepriesenen, zu unterbreiten, obgleich Wir ihnen
bereits in mehreren Tablets das zu wissen getan hatten, was Uns aufgetragen ward: dies
war eine neue Gunstbezeugung Gottes, auf daß sie vielleicht den Herrn erkennen, Der
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mit dem klaren Beweis auf den Wolken gekommen ist.
Je zahlreicher die Drangsale wurden, um so gefestigter wurde Bahá in der Liebe zu Gott und Seiner Sache, so daß die Unternehmungen der Heere der Nachlässigen Mich nicht hemmen konnten. Wenn man Mich unter die Erde vergräbt, wird man Mich auf den Wolken sitzend finden, damit beschäftigt, die Menschen zu Gott, dem Unabhängigen, dem Starken, dem Allmächtigen zu rufen. Wahrlich, Ich habe Mein Leben auf dem Pfade Gottes geopfert und dürste nach Prüfungen in Seiner Liebe und Seinem Wohlgefallen; und die Prüfungen, die Ich bestanden und die keiner in der Welt hat über sich ergehen lassen müssen, legen Zeugnis davon ab. Jedes Meiner Haare verkündet die Worte, die man aus dem Busche des Sinai vernahm, und jede meiner Adern fleht zu Gott mit den Worten: „möge ich auf Deinem Pfade getötet werden für das Leben der Welt und die Einigung der Menschheit!“ Also wurde es bestimmt von seiten eines Wissenden, eines Wohlunterrichteten.
Und wisse, daß deine Untertanen ein Gut sind, das Gott deinen Händen anvertraut
hat: hab acht auf sie, wie du auf dich selber achtest. Fürchte dich davor, Wölfe zu Hirten
der Herden zu machen, und davor, daß Hochmut und Stolz dich daran hindern, dich den
Armen und Elenden zuzuwenden. Wenn du den Wein des Lebens aus dem Kelche der
Worte deines Herrn, des Barmherzigen, trinkst, wirst du zu einer Stufe gelangen,
wo du von all deinem Besitz losgelöst bist, und wirst Meinen Namen in der Welt verkünden.
Reinige dich mit dem Wasser der Loslösung angesichts dieser Offenbarung, die
am Horizonte des größten Wunders erschienen, und die dich heiligen wird vom Schmutze
der Welt. Überlaß die Nachlässigkeit den Leuten der Gräber und die Welt dem, der
sie haben will, und eile sodann zum Königreiche hin. Dies hat Alláh für dich bestimmt,
wenn du zu jenen zählst, die vorwärtsschreiten. Die, die dem Antlitz in dieser
Offenbarung nicht entgegengeeilt sind, sind tot und werden von ihren Leidenschaften
getrieben. Wenn dir daran liegt, die Bürde der Macht zu tragen, dann sei es für den Sieg
der Sache deines Herrn, des Allerhöchsten: wer immer diesen Rang erworben, hat alles
Glück erlangt aus den Händen eines Wissenden, eines Weisen. Steige vom Horizonte
der Loslösung empor zu Meinem Namen und eile dann zum Königreiche hin, auf Geheiß
deines Herrn, des Unabhängigen. Dies ist der Tag, da die sanften Winde Gottes wehen
in der Welt, und die, die sich von Seinem Antlitz abwenden, sind jene, die sich von
ihren Leidenschaften beherrschen lassen und nachlässig sind. Schmücke den Leib deines
Reiches mit der Zier Meines Namens und mache dich auf zur Verbreitung Meiner
Sache: das ist mehr wert für dich als das, was du besitzest, und Gott wird dafür
deinen Namen erhöhen unter den Königen, denn Er ist der Allmächtige. Gehe unter den
Menschen einher im Namen Alláhs und Seiner Macht, damit Seine Zeichen an dir sichtbar
werden in der Welt. Sei entflammt von diesem Feuer, das Gott im Mittelpunkte der
Welt entfacht hat, um in der Gläubigen Herz die Glut Seiner Liebe zum Vorschein zu
bringen. Folge Meinem Pfad und bezaubere sodann die Herzen dadurch, daß du von Mir
kündest, von Mir, dem Starken, dem Aufnahmebereiten. Sprich: „wahrlich, wer in diesen
Tagen die Wohlgerüche des Gewandes der Verkündigung seines Herrn, des Barmherzigen,
nicht verbreitet, verdient nicht, den Namen Mensch zu tragen: er zählt zu jenen,
die ihren Leidenschaften folgen, und wird in schrecklicher Verdammnis enden.“ Sprich:
„o Völker, steht es euch an, euch auf den Barmherzigen zu berufen und das zu begehen,
was Satan vollbringt? Nein, bei der Schönheit Gottes! — so ihr zu denen zählt,
die begreifen.“ Reiniget eure Herzen von der Liebe zu dieser Welt, eure Zungen von der
Verleumdung und eure Glieder von dem, was euch hindert, Gott, dem Mächtigen, dem
Gepriesenen näher zu kommen. Die Welt ist es, die euch dem Aufblühen der Inspiration
fernhält, euch dem zuführt, was euch nicht frommt, und euch am heutigen Tage der
Gottannäherung beraubt. Wahrlich, so ist der Grundsatz der Welt. Haltet euch von
ihm fern und kommt dem Allerhöchsten Anblick näher: dort ist der Ort der strahlenden
Entfaltung! Gesegnet, wer durch nichts seines Herrn verlustig gegangen: die
Ungerechtigkeiten dieser Welt werden ihm nichts
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anhaben können! Wahrlich, Wir haben alle Dinge für unsere aufrichtigen Diener erschaffen.
O Völker, wenn ihr von dem redet, was ihr nicht tut, welcher Unterschied ist dann zwischen euch und jenen, die sagen: „Alláh ist unser Herr“, und die sich, als Er dann im Schatten der Wolken kam, abwandten und dem Hochmut verfielen vor Gott, dem Starken, dem Wissenden? O Völker, vergießet kein Blut und richtet niemanden der Wahrheit zuwider: also befiehlt euch ein wohlunterrichteter Wissender. Wahrlich, die den Aufruhr schürten auf der Erde, nachdem diese wohleingerichtet war, — sie haben die im Buche festgelegten Grenzen überschritten; und im Unglück hausen die Verbrecher! Gott hat jedem Einzelnen befohlen, Seine Sache zu verbreiten, und jeder, der das auszuführen sucht, was ihm befohlen ist, begnügt sich damit, mit guten Eigenschaften geschmückt zu werden und zu den Menschen so zu reden, daß die aufrichtigen Herzen durch seine Worte angezogen werden. Wer anders handelt, wird auf die Diener keinen Einfluß haben. Also lehrt euch Gott: wahrlich, Er ist der Vergebende, der Barmherzige. Was aber aus dem Munde der Unterdrücker kommt, die den Anderen befehlen, rechtschaffen zu sein, das wird Lügen gestraft von den Völkern des Königreiches, von jenen, die den Thron deines Herrn, des Starken, des Herrlichen umwallen.
O Völker, begehet nicht, was eure Ehre und die der Sache unter den Menschen herabsetzt. Haltet euch fern von dem, was eure Vernunft verwirft; fürchtet Gott und tut es den Nachlässigen nicht gleich. Schädigt niemanden an seiner Habe, seid rechtschaffen auf Erden und vorenthaltet nicht den Armen, was Gott euch in Seiner Güte gegeben: wahrlich, Er wird euch das Doppelte geben von dem, was ihr habt, denn Er ist der großmütige Spender. Sprich: „Wir haben bestimmt, daß die Sache mittels Erklärung verbreitet werde; hütet euch, euch mit irgend jemandem zu zanken.“ Wer nur von der Liebe zu Gott getrieben wird, wird vom Heiligen Geist unterstützt sein und das eingegeben erhalten, was das Herz der Welt und das seiner Schüler erleuchten wird.
O Volk Bahá’s, bemächtigt euch der Städte der Herzen mit den Schwertern der Weisheit und der Erklärung. Wahrlich, jene, die sich in ihrer Leidenschaft zanken, befinden sich offenbarlich hinter einem Schleier. Sprich: „das Schwert der Weisheit ist heißer als der Sommer und schärfer als der Stahl, — so ihr zu jenen zählt, die begreifen.“ Ziehet es bei Meinem Namen und Meiner Macht, und ihr werdet so die Städte der Herzen erobern, die von den Festungsanlagen der Leidenschaften umgeben sind. So wurde es von eurem Herrn Abhá befohlen, als Er von den Schwertern der Ungläubigen bedroht war. Wenn ihr Kenntnis habt von einem Fehler, dann verdeckt ihn, auf daß Gott den eurigen zudecke: Er ist Der, Der bedeckt, Dem die höchste Güte eigen.
O Masse der Reichen, wenn ihr einem Armen begegnet, dann seid nicht hochmütig im Umgang mit ihm; denket daran, woraus Ich euch erschaffen habe: alle wurdet ihr aus einer Flüssigkeit erschaffen. Euch stehet Aufrichtigkeit an: sie wird eure Körper schmücken, eure Namen verherrlichen, euren Rang adeln unter den Menschen, und bei Gott werdet ihr großen Lohn haben.
O Völker der Erde, horcht auf das, was euch die Feder in der Hand des Königs der Imame befiehlt, und wisset, daß alle Religionen auf diese Religion hinzielten, die dem allerhöchsten Meere entströmt ist: eilt ihr entgegen gemäß dem Gebot, das Wir euch geben. Betrachtet die Welt wie einen von Krankheiten heimgesuchten menschlichen Körper, dessen Heilung von der Harmonie der Elemente abhängt, aus denen er besteht: haltet euch an die Gebote, die Ich euch gegeben habe und folget nicht verschiedenen Wegen.
In Wahrheit, die religiöse Festzeit besteht aus zwei großen Festen: das erste gilt dem
Gedächtnis jener Tage, da Gott durch Seinen Schönheitsnamen auf alles, was in den Himmeln
und auf Eirden ist, gestrahlt hat4). Das zweite ist das Jahresfest des Tages,
da Wir Den gesandt haben, Der den Menschen die frohe Botschaft: von jenem großen Freignis
brachte5). Dazu kommen noch zwei andere Feste, die den beiden Geburtstagen
gelten6).
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Also lauten die Verordnungen des Buches von seiten des Allmächtigen. Außerhalb dieser
Tage befaßt euch mit euren Geschäften und meidet weder den Umgang mit anderen
noch die Künste. Also wurde die Verordnung getroffen und ging der Befehl aus von seiten
eures Herrn, des Wissenden, des Weisen.
Sprich: „o Gemeinschaft der Priester und Mönche, esset, was Gott euch erlaubt hat, und betrachtet das Fleisch nicht als unrein, denn Gott hat in Seiner Güte euch gestattet, davon zu essen, außer in einer genauen Zahl von Tagen. Bezähmet eure Leidenschaften und unterwerft euch Seinem Willen: das ist, was euch ziemt, — so ihr zu jenen zählt, die begreifen. Wir haben das neunzehntägige Fasten in der gemäßigsten Jahreszeit angeordnet7) und das übrige haben Wir euch in dieser hellstrahlenden Offenbarung erlassen. Also erklären Wir euch eure Vorschriften, auf daß ihr den Geboten Gottes gehorcht und euch einig seid über das, was von dem Starken, dem Weisen befohlen ward. Euer Herr, der Barmherzige, will die Bewohner der Erde wie eine einzige Seele und einen einzigen Körper geeint sehen. Schätzet die Güte Gottes und Seine Freigebigkeit an diesem Tage ohne Gleichen nicht gering. Gesegnet, wer das verworfen, was er besaß, um sich dem hinzugeben, was von Gott kommt! Wir bezeugen, daß er unter den Erwählten ist.
O Kaiser, wahrlich, Ich bestätige das, was Gott von Seinem Sein und für Sein Sein vor der Schöpfung der Himmel und der Erde bekräftigt hat: „wahrlich, es gibt keinen anderen Gott als Uns, den Alleinigen, den Einzigen, den Allerhöchsten, den Starken, den Unerreichbaren!“ Mache dich mit dem größten Eifer auf für die Sache deines Herrn Abhá: so lautet Mein Befehl in diesem wunderbaren Tablet. Wir haben dir nur das geboten, was von den irdischen Dingen dir ziemt: alles legt Zeugnis davon ab gleich diesem sichtbaren Schreiben. Betrachte die Welt und den Zustand ihrer Bewohner: Der, für Den sie erschaffen ward, ist auf Grund der Handlungsweise der Tyrannen im übelsien Lande eingekerkert und ruft vom Horizonte des Gefängnisses aus die Menschen zum Anbruch des Tages Gottes, des Großen, des Allerhöchsten. Willst du dich am Besitze des Pompes dieser Welt freuen, wo du weißt, daß er ein Ende nehmen muß? Oder wird es dich glücklich machen, über eine Spanne Erde zu regieren, wo all das für das Volk Bahá’s nicht mehr bedeutet als der Augapfel einer toten Ameise? Überlaß die Welt ihren Bewohnern und eile dem Gegenstand der Sehnsucht des Universums entgegen. Wo sind die Hoffärtigen und ihre Schlösser? Schau in ihre Gräber, um dir zum Beispiel dienen zu lassen, was Wir zu einem Beispiel gemacht haben für die, welche sehen. Würde der Odem der göttlichen Inspiration dich erfassen, dann würdest du die Welt fliehen, um dich dem Königreiche zuzuwenden, und würdest deine Besitztümer verteilen, um diesem gnadenreichen Anblik näher zu kommen. Die meisten Menschen sind durch Worte irregeführt, und du siehst sie sich in Gefahren stürzen, um ihren Namen zu verewigen, obgleich jedes einsichtige Wesen bezeugt, daß der Name nach dem Tode wertlos ist, außer er war Gott, dem Starken, dem Liebreichen geweiht. Also sind sie von ihren Leidenschaften beherrscht, als Strafe für ihre Taten. Sieh hin auf die Armut ihres Denkens: mit allen ihren Kräften suchen sie nach dem, was ihnen nichts nützt, und wenn du sie frägst: „wozu ist das alles gut?“, werden sie sehr überrascht sein. Wäre einer gerecht, dann würde er antworten: „nein, beim Herrn der Welten, es ist zu nichts nütze.“ So verhält es sich mit den Menschen und ihrem Besitz. Überlaß sie ihrem Tun und Trachten und wende du dein Gesicht Gott zu: das ziemt dir. Nimm den Rat deines Herrn an und sprich: „Dank sei Dir dargebracht, o Du Gott dessen, was im Himmel und auf Erden ist!“
1) Der von den Arabern in der Wüste zur Richtungsangabe für die Karawanen
gepflanzte Baum findet hier symbolische Verwendung für die göttliche Offenbarung.
2) „Soleil“ im französischen Text groß geschrieben.
3) In Akka in Palästina.
4) Rizwanfest, 21. April bis 2. Mai, Erklärung Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh im Garten Rizwan bei Baghdäd, 1863.
5) 23. Mai, Erklärung Seiner Heiligkeit, des Báb, 1844.
6) 12. November, Geburtstag Seiner Heiligkeit Bahá’u’lláh, 1817; 13. September, Geburtstag Seiner Heiligkeit, des Báb, 1819.
7) 2. — 20. März.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sind an die Verlagsabteilung des Geistigen Nationalrat der Deutschen Bahá’is e. V. Stuttgart, Alexanderstraße 3 (Nebengebäude) zu richten. — Alle Zahlungen sind zu leisten an den Geistigen Nationalrat der Deutschen Bahá’i e. V., Stuttgart, Alexanderstraße 3 (dessen Postscheckkonto Nr. 19340 Amt Stuttgart). — Druck von J. Fink, Hofbuchdruckerei, Stuttgart.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht, sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (größtes heiliges Buch), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheitssprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)
Der Geistige Nationalrat der Deutschen Bahá’i e.V., Stuttgart
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Von unserer Verlagsabteilung können bezogen werden:
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Bahá’u’lláh
Verborgene Worte.. Worte der Weisheit und Gebete. Geschrieben während seiner Verbannung in Bagdad 1857/58 . . . kart. —.80
gebunden 1.--
Frohe Botschaften. Worte des Paradieses, Tablet Tarasat (Schmuck), Tablet Taschalliat (Lichtstrahlen), Tablet Ischrakat (Glanz). Mahnrufe und Anweisungen an die Völker der Erde . . gebunden 2.00
Ganzleinen 2.50
Buch der Gewißheit oder Kitábu’l-Iqán. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Fragen verschiedener Religionen, geschrieben in Bagdad um 1862. Ist fortsetzungsweise in den beiden Jahrgängen X und XI unserer Zeitschrift „Sonne der Wahrheit“ enthalten.
Jahrgang gebunden je 6.--
'Abdu'l-Bahá Abbas
Ansprachen in Paris. ‘Abdu’l-Bahá spricht hier über zahlreiche Fragen, nach deren Klärung die Völker der Erde suchen.
gebunden 2.--
Beantwortete Fragen. Erklärungen zu christlichen und islamischen Fragen, Behandlung allgemeiner weltanschaulicher Probleme . . . . . . Ganzleinen 2.50
Sendschreiben an die Haager Friedenskonferenz 1919 . . . . . --.20
Sonstiges
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, Einführung in die Gedankenwelt der Bahá’i-Lehre von einem orientalischen Gelehrten. Von Mirza Abul Fazl . . . . . gebunden 2.--
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter. ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. Ganzleinen 2.50
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. . . . . .gebunden 2.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. . . . . . . kart. 2.--
Am Morgen einer neuen Zeit. Untersuchung der geistigen Ursachen der Weltkrise und Beleuchtung der letzthin einzigen Möglichkeit ihrer Überwindung durch die Bahá’i-Lehre. Von Dr. Hermann Großmann . . . . . kart. 1.80
Ganzleinen 2.50
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.30
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.30
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann . . . . —.20
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann . . . . —.20
Sonne der Wahrheit. Bahá'i-Monatszeitschrift.
- Jahrgang III - IX gebunden je 3.--
- Jahrgang X - XII gebunden je 6.--