Sonne der Wahrheit/Jahrgang 12/Heft 2/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 2 12. JAHRGANG APRIL 1932
 


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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.

Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.

Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 2 Stuttgart, im April 1932
Jalal (Ruhm) 89
12. Jahrgang

Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


Inhalt: Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ‘Abdu’l-Bahá. Haifa 1906—11. — Weltenwende. — Selbstverständlichkeiten. — Einiges zum gegenwärtigen Stand der Welthilfssprachen-, insbesondere der Esperanto-Bewegung. — Das Leben nach dem Tode.


Die Baha’i-Offenbarung ist der Geist dieses Zeitalters. Sie ist die Essenz aller höchsten Ideale dieser Zeit. Die Baha’i-Sache ist eine allumfassende Bewegung. Die Lehren aller Religionen und Gemeinschaften finden sich in ihr. Christen, Juden, Buddhisten, Mohammedaner, Zoroastrier, Theosophen, Freimaurer, Spiritualisten u.a.m. finden ihre höchsten Ziele in dieser Bewegung. Die Sozialisten und Philosophen finden ihre Theorien voll entwickelt in dieser Offenbarung.

Die Baha’i-Botschaft ist ein Ruf zur religiösen Einigung und keine Aufforderung zu einer neuen Religion, kein neuer Weg zur Unsterblichkeit, da sei Gott vor! Sie ist der alte Weg, auf dem die Überreste der althergebrachten Vorstellungen und die Vorurteile der Menschen aufgeklärt sind, auf dem die Gegensätze und Mißverständnisse weggeräumt sind und der wieder zu einem geebneten Weg für den aufrichtig Suchenden gemacht ist, damit er darauf zur Gewißheit gelange und erkenne, daß das Wort Gottes ein Wort ist, wenngleich es der Verkünder viele waren.

‘Abdu’l-Bahá


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Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]

Siebzehnter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart


Aus zwei Unterhaltungen des Meisters mit Miß St. und Dr. F. betreffs Propheten, Prophetie und ihre Bedeutung für die Menschheit.

Ort: Meeresstrand.

Zeit: Juni 1910 vor und nach Sonnenuntergang.

Personen: Kleiner Kreis von Bahá’i und Freunden.

Sprache: Arabisch mit englischer Über-setzung.

Miß St.: Meister, ist der Begriff des „Propheten“ gleichbedeutend mit demjenigen einer „Manifestation“?

Meister: „Ja und nein, nämlich: jede Manifestation hat ihre prophetische Aufgabe und ihren prophetischen Charakter, aber nicht jeder Prophet ist zugleich eine Manifestation. Das, meine Freunde, wird sich sogleich ergeben, wenn wir einige Propheten und einige Manifestationen gesondert betrachten.

Das Wort „prophetes“ ist aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich der „Vorhersager“. Viele Menschen meinen deshalb, ein Prophet sei ein Seher, welcher die Zukunft weissagt, weil er die Zukunft voraussieht. Der Prophet ist aber mehr als ein Seher, wohl hat jeder Prophet Fernblicke in die Zukunft, aber er ist darüber hinaus der Verkünder und Ausleger von Gottes Wort.

Die bekanntesten Propheten sind die israelitischen aus dem Alten Testament. Die Israeliten oder Hebräer sind ein semitischer Stamm. In der arabischen Sprache hat sich der ursemitische Typus am reinsten bewahrt, und was das Sanscrit für die Erforschung der indogermanischen Sprache bedeutet, ist das Arabische für die semitischen (Assyrisch, Babylonisch, Aramäisch, Hebräisch, Arabisch). Im Arabischen heißt der Prophet „nebi“, aus der Wurzel näba’a = ansagen. Der Ansager, der Beauftragte eines Dritten, heißt näbba’a oder änba’a oder kurz näbi (nebi). Ein „näbi-Prophet“ sagt also nicht von sich aus etwas aus, etwas Eigenes, sondern das, was ihm ein anderer, Höherer eingibt, kurz, was ihm Gott der Höchste aufträgt. Der Prophet-Näbi tritt im Namen und Auftrage als Botschafter Gottes auf. Er ist Werkzeug des Höchsten, der „Mund“ Gottes (siehe Jer. 13. 19 Altes Testament). Der Prophet-Näbi vermag auch die dunklen, göttlichen Offenbarungen zu verstehen und wenn er will, einem gewöhnlichen Sterblichen zu erklären und faßlich zu machen (siehe Pindar bei den Griechen). Nicht das Visionäre, Ekstatische, Mirakulöse ist das Charakteristische des Propheten, des Näbi, sondern daß er als Inspirister und zugleich als Dolmetsch Gottes dessen Botschaft und Auftrag ausrichtet, gleichviel ob es sich um Gegenwart oder Zukunft dreht. Bei den Urvölkern, den Babylonen und Assyrern waren die Propheten vor allem visionäre Ekstatiker! (Siehe z.B. die Baalspropheten auf dem Karmel unter Ahab und Isabel.) In diese Kategorie gehören auch die indischen Fakire, die tanzenden und heulenden Derwische der Sunniten, die Bettlerderwische der Schiiten usw.

Ein Prophet, „Näbi“, in der arabischen Bedeutung ist jedoch weit mehr als nur ein Visionär, ein Zauberer, ein Ekstatiker! Alle unsere großen Propheten von Noah bis Moses, von Christus und Muhammed, bis herab auf die Heiligen unserer Tage, den Báb und die vollkommene Schönheit Bahá’u’lláhs — um nur die Allergrößten zu nennen — haben Gott in der Geschichte erkannt, sie haben alle zeitlichen Dinge unter einen ewigen Gesichtspunkt gestellt, sie haben ihre Zeit und ihre Ereignisse mit göttlichem, ewigem Maßstabe gemessen. Alle wahren und großen Propheten verlangten reinen Gottesdienst und gerechtes Gericht; als die verkörperte Stimme Gottes haben sie ihren Zeitgenossen und darüber hinaus allen Menschen ihrer Gegenwart und für alle Zukunft den Willen und die Pläne Gottes, des Schöpfers, klar bezeugt, Gottes Wort ausgelegt und Gehorsam verlangt und geboten. [Seite 15] Weltgeschichtliche Umwälzungen und Katastrophen wurden stets von Propheten (Näbis) angekündigt, dem Volke gedeutet und erklärt, um ihm (dem Volke) den richtigen Weg zu weisen, daß es sicher durch die Katastrophe hindurch und in eine bessere Zukunft hineinfinden möchte! In diesem Sinne prophezeit der richtige Näbi den Seinen die Zukunft voraus, Ganz richtig hat das Volk die Propheten (Näbis) als die „Sturmvögel“ der Weltgeschichte erkannt.

Wenn die wahren Propheten (Näbi) die verkörperte Stimme Gottes darstellen, so sind sie zugleich das verkörperte Gewissen des Volkes. Besser als das Wort Verkörperung wäre der Begriff der Manifestation. Schon seine Heiligkeit der Báb sagte: Nach der Lehre der Wiederkunft (radsch’a) sind ja die Propheten nur immer derselbe Mann und so kann ich (der Báb) bezeugen: „Was in den Propheten der Vergangenheit sprach, spricht jetzt in mir und wird nach mir sprechen im ‚man juzhiruhu ’llah‘ (Bahá’u’lláh), denn es gibt kein völliges Aufhören der Manifestation.“ Statt Manifestation Gottes kann man auch von einer Spiegelung Gottes sprechen. Schon im Bajan (Gesetzbuch des Báb) heißen die neunzehn Jünger seiner Heiligkeit des Báb „miratu ’llah“ (Spiegel Gottes), noch deutlicher wird seine Heiligkeit der Báb im Bajan bezeichnet „als der Spiegel des Atemhauches (logos) Gottes“. Schon der griechische Philosoph Plotin sagte: „Das Verhältnis des Schöpfers zum Geschaffenen ist und bleibt unfaßbar, man kann es am besten dem menschlichen Verständnis nahe bringen, indem man den Schöpfer als die Sonnenleuchte von Licht und Wärme bezeichnet und das erste Geschöpf, der Mensch in der Potenz, d. h. der Prophet (Näbi) als die Widerspiegelung der Gottheit. Der wahre Prophet (Näbi) ist also die verkörperte Stimme Gottes, die irdische Manifestation, die Lichtspiegelung des Schöpfers.“ Alláho Abhá.

Es ist spät geworden, die Gäste empfehlen sich, bald nachher bricht auch der Meister auf, begleitet von Seinen Bahá’i.



Weltenwende[Bearbeiten]

Ein Brief von Shoghi Effendi an die Freunde im Abendland (Fortsetzung)


Ergreifend sind die Anstrengungen der Leiter der menschlichen Institutionen, die in völliger Mißachtung des Geistes dieses Zeitalters bemüht sind, nationale Fragen eines vergangenen Abschnitts staatlicher Abgeschlossenheit an ein Zeitalter anzupassen, das entweder die Welteinheit, wie von Bahá’u’lláh angedeutet, verwirklichen oder untergehen muß. In einer so entscheidungsvollen Stunde der Kulturgeschichte geziemt es den Führern aller Länder der Welt, großen und kleinen, im Osten wie im Westen, Siegern wie Besiegten, auf den Posaunenruf Bahá’u’lláhs zu merken und vom Bewußtsein der Weltverbundenheit, dem sine qua non der Treue zu Seiner Sache getragen, sich mannhaft zu erheben, um den einen heilenden Plan in seiner Vollständigkeit zur Durchführung zu bringen, den Er, der göttliche Arzt, einer leidenden Menschheit verschrieben hat. Laßt sie ein für alle Mal alle vorgefaßten Anschauungen, alle nationalen Vorurteile ablegen und dem erhabenen Rat 'Abdu'l-Bahás, des ermächtigten Erklärers Seiner Lehren, an einen hohen Bundesbeamten der Vereinigten Staaten von Amerika Gehör schenken, der Ihn nach der besten Art, die Interessen seiner Regierung und seines Volkes zu fördern, gefragt hatte: „Sie können Ihrem Lande am besten dienen, indem Sie als Bürger der Welt bestrebt sind, bei der etwaigen Übertragung des Grundsatzes des Förderalismuses, wie er der Regierung Ihres Landes zugrunde liegt, auf die heute zwischen den Völkern und Ländern der Welt bestehenden Beziehungen zu helfen.“

In dem Buch „Das Geheimnis der göttlichen Kultur“ („Die geheimen Mächte der Kultur"), 'Abdu'l-Bahás hervorragendem Beitrag zur künftigen Neuordnung der Welt, heißt es: „Wahre Kultur wird ihr Banner mitten im Herzen der Welt entfalten, sobald eine gewisse Zahl ihrer vorzüglichen und hochsinnigen Herrscher — leuchtende [Seite 16] Vorbilder der Ergebenheit und Entschlossenheit — mit festem Entschluß und klarem Blick zum Wohl und Glück der ganzen Menschheit daran geht, den Weltfrieden zu stiften. Sie müssen die Friedensfrage zum allgemeinen Beratungsgegenstand machen und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln versuchen, einen Weltvölkerbund zu schaffen. Sie müssen einen verbindlichen Vertrag und einen Bund schließen, dessen Verfügungen treffend, unverletzlich und gültig sind. Sie müssen ihn der ganzen Welt bekanntgeben und die Bestätigung der gesamten Menschheit für ihn erlangen. Dieses höchste und edle Unterfangen — der wahre Quell des Friedens und des Wohlergehens für die ganze Welt — sollte für alle, die auf Erden wohnen, als heilig gelten. Alle Kräfte der Menschheit müssen frei gemacht werden, um die Dauer und den Bestand dieses größten aller Bündnisse zu sichern. In diesem allumfassenden Vertrage sollten die Grenzen jedes einzelnen Landes deutlich festgelegt, die Grundsätze, die den Beziehungen der Regierungen zu einander zu Grunde liegen, klar verzeichnet und alle internationalen Vereinbarungen und Verpflichtungen niedergelegt werden. In gleicher Weise sollte der Umfang der Rüstungen für jede Regierung genau begrenzt werden, denn wenn die Steigerung der Kriegsvorbereitungen und Truppenstärken irgend eines Landes gestattet würde, so würde dadurch das Mißtrauen anderer geweckt werden. Die Hauptgrundlage dieses feierlichen Vertrages sollte so festgelegt werden, daß im Falle der Verletzung irgend einer Bestimmung durch irgend eine Regierung alle Regierungen der Erde sich erheben, um sie zu völliger Unterwerfung unter den Vertrag zurück zu bringen, nein, die gesamte Menschheit sollte sich entscheiden, einhellig mit jedem ihr zu Gebote stehenden Mittel, jene Regierung zu vernichten. Sollte dieses größte aller Heilmittel auf den kranken Weltkörper angewendet werden, so wird er sich sicher wieder von seinen Krankheiten erholen und dauernd geschützt und unversehrt bleiben.“

„Einzelne“, fährt er fort, „die die im menschlichen Streben ruhende Kraft nicht kennen, halten diesen Gedanken für kaum durchführbar, ja für jenseits dessen, was selbst durch die äußersten Anstrengungen des Menschen erreicht werden kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil kann dank der unerschöpflichen Gnade Gottes, der liebevollen Güte Seiner Begünstigten, den beispiellosen Bemühungen weiser und aufnahmefähiger Seelen und den Gedanken der unvergleichlichen Führer dieses Zeitalters nichts, was es auch sei, als unerreichbar betrachtet werden. Eifer, unermüdlicher Eifer ist nötig. Nur eine unbezähmbare Entschlußkraft kann das Werk schließlich vollbringen. Manches ist in vergangenen Zeiten als reines Hirngespinst betrachtet und heute doch höchst einfach und ausführbar geworden. Warum sollte die Durchführung dieser so wichtigen und erhabenen Sache — des Tagesgestirns am Himmelszelt der wahren Kultur und der Ursache des Ruhmes, des Fortschrittes, des Wohlergehens und des Erfolges der ganzen Menschheit — als unmöglich betrachtet werden? Der Tag wird sicher kommen, an dem ihr klares Licht die Menschheit erleuchten wird.“

In einem Seiner Tablets, in dem Er den hohen Gedanken weiter ausführt, offenbart 'Abdu'l-Bahá über dies das folgende: „In vergangenen Zeitaltern konnte die Einheit der Menschheit trotz vorhandener Eintracht nicht zustande kommen, da die Möglichkeiten dazu fehlten. Die Erdteile waren weit von einander getrennt, ja selbst unter den Völkern ein und desselben Erdteils Verbindung und Gedankenaustausch nahezu unmöglich. Infolgedessen konnte kein Verkehr, keine Verständigung und Vereinigung, die alle Völker der Erde umfaßte, erfolgen. Heute haben sich die Verbindungsmöglichkeiten jedoch so vermehrt, daß die fünf Erdteile dem Wesen nach zu einem verschmolzen sind ... In gleicher Weise sind alle Mitglieder der menschlichen Familie, mag es sich dabei um Völker oder Regierungen, Städte oder Dörfer handeln, in zunehmender Weise von einander abhängig geworden. Keiner kann sich länger selbst genügen lassen, um so mehr, als politische Bande die Völker und Länder zusammenschließen und die Bindungen des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft und der Erziehung von Tag zu Tag stärker werden. Heute kann eine Vereinigung der ganzen Menschheit [Seite 17] zustandekommen. Dies ist wahrlich nichts anderes, als eines der Wunder dieses wunderbaren Zeitalters, dieses herrlichen Jahrhunderts. Vergangene Zeitalter sind dessen beraubt gewesen, aber dieses Jahrhundert — das Jahrhundert des Lichtes — ist mit einzigartiger, beispielloser Herrlichkeit, Macht und Erleuchtung begnadet. Von nun an entfaltet sich mit jedem Tag ein neues Wunder! Schließlich wird erkannt werden, wie hell sein Licht über der Menschheit leuchtet.

Schaut, wie sein Licht jetzt am dunklen Horizont der Welt heraufdämmert! Der erste Strahl, dessen leichter Schimmer bereits zu erkennen ist, ist die Einheit auf politischem Gebiet. Der zweite Strahl, der bald erscheinen wird, ist ein einheitliches Denken in den Weltfragen. Der dritte Strahl ist die Einheit in der Freiheit, die sicherlich wahr werden wird. Der vierte Strahl ist die religiöse Einheit, sie ist der Eckstein des Fundaments und wird sich durch Gottes Macht in ihrem ganzen Glanze offenbaren. Der fünfte Strahl ist die Einheit der Länder — eine Einheit, die in diesem Jahrhundert gewiß verwirklicht werden und dazu führen wird, daß sich alle Völker der Welt als Bürger eines gemeinsamen Vaterlandes betrachten. Der sechste Strahl ist die Einheit der Rassen, die aus allen, die auf Erden wohnen, Völker und Sippen einer Rasse machen wird. Der siebte Strahl ist die Einheit der Sprache, d. h. die Auswahl einer Weltsprache, in der alle Völker unterrichtet und sich verständigen werden. Jeder einzelne dieser Strahlen wird unbedingt hervorbrechen, zumal die Macht des Gottesreiches ihm helfen wird, zur Tat zu werden.“

(Fortsetzung folgt.)



Selbstverständlichkeiten.[Bearbeiten]

Von Dr. H. Großmann, Weinheim

Der D-Zug hält außerplanmäßig auf einer kleinen Station. Nichts von Belang: ein Achsenheißläufer, und der Wagen muß abgehängt werden. Der Bahnwärter hat unterwegs das Flämmchen bemerkt und an die nächste Station weitergemeldet. Alles Selbstverständlichkeiten, denn aufpassen und melden gehören eben zu den Pflichten des Bahnwärters. Dazu ist er da.

Aber wenn er nun einmal nicht aufgepaßt hätte? Wenn aus irgend einem Grunde seine Aufmerksamkeit für einen Augenblick abgelenkt worden wäre? Wenn ein Zug voller Menschen mit 90 Kilometern durch die Gegend rast und beim vordersten Wagen die Achse bricht?

Unser Leben setzt sich aus vielen Selbstverständlichkeiten zusammen, wenigstens nehmen wir’s dafür und verlernen darüber, den Wert einzuschätzen. Wir richten den Blick auf die Ferne und warten auf das große Wunder, irgendwo, irgendwie, das Wunder bleibt aus, und unser Leben ist ohne Inhalt vergangen, verwartet, verhofft. Dabei ist das Wunder am Wege gewesen, überall und immerzu, nur wir haben es nicht beachtet, weil es uns zu selbstverständlich erschien und wir den Blick zu sehr voraus gerichtet hatten auf das große Wunder, das da kommen sollte.

Hunderte, Tausende, vielleicht die meisten von uns nehmen sich mit dem Begriff des „alltäglichen“ das Beste und Schönste vom Leben, jenen zarten, Gott nahebringenden Hauch, der im täglichen und stündlichen Erleben liegt.

Der rasende Zeitschritt hat uns mitgerissen, unser seelisches Erfassen ist hinter dem Tempo von Entdeckungen und Technik zurückgeblieben. Eine ungeheure Blasiertheit hat uns erfaßt, die uns durch nichts mehr berühren, vor nichts mehr staunen und Ehrfurcht empfinden läßt. Ein Ereignis wie der Weltkrieg konnte uns vorübergehend aufraffen und wurde wieder Alltag: „An der Front nichts Neues“, das war die tägliche Quintessenz für den Zeitungsleser, der flüchtig davon Kenntnis nahm und enttäuscht, weil er auf das große Wunder in der Ferne gewartet hatte und immer noch wartet, das Blatt aus der Hand tat. „Nichts Neues“: Selbstverständlichkeiten all das, was an den Fronten gelitten und geduldet wurde, selbstverständlich die Opfer und Entbehrungen daheim. — Wären es nur weniger Selbstverständlichkeiten gewesen, hätten es nur [Seite 18] weniger Leute schließlich als Alltäglichkeit empfunden! Vielleiht wäre schon damals ein Erwachen durch die kämpfende Menschheit gegangen über all den Wahnsinn, der die Völker ergriffen hatte. Vielleicht hätten sie sich aufgebäumt und die Sklavenketten einer alten falschverstandenen geschichtlichen Überlieferung von sich geschüttelt, vielleicht hätten sich die Soldaten hüben und drüben alle die Hände gereicht in großem Erkennen, bis die Regierungen allein gestanden und auch ihnen das Wunder der höheren Gattung Mensch aufgegangen wäre, die alle vereinigt. Es hat schon einmal ein Beispiel in der Geschichte gegeben, wie zwei Schwesternationen sich im Kriegsrausch gegenübergestanden hatten — eine Selbstverständlichkeit — bis zwei Gottesmänner hüben und drüben erkannten, daß das ja gar keine Selbstverständlichkeit war und sich aufmachten und es von Ort zu Ort den Menschen erzählten — bis schließlich die Regierungen sich unter dem Druck der gewandelten öffentlichen Meinung die Hand reihen mußten und zum ewigen Zeichen dieser erstaunlichen Tat an der Schwelle zu einer neuen besseren Zeit ein mächtiges Bild des Erlösers Christus hoch auf dem Kamm der Anden errichteten, dort, wo die Grenze zwischen beiden Nationen verläuft: Argentinien und Chile.

Und anderthalb Jahrzehnte später zerfleischte sich dennoch die Menschheit an einer anderen Stelle vor lauter Selbstverständlichkeiten und berichtete darüber lakonisch in ihrer Presse „an den Fronten nichts Neues“.

Ist es anders geworden seitdem? Die Frage zu verneinen, hieße in hoffnungslosen Pessimismus versinken. Gottlob, manches hat aufgehört uns als Selbstverständlichkeit zu erscheinen, was es noch vor wenigen Jahren gewesen war, aber noch nicht einmal der Anfang ist gesichert, und ein neuer Rausch kann vielleicht bald schon wieder die Menschheit sich gegenseitig in Selbstverständlichkeiten ins Elend jagen lassen, wenn wir nicht alle uns unserer Pflicht bewußt werden und uns klar erkennend mit allen Kräften bemühen, in letzter Sekunde das Steuer zu wenden.

Eines der Bahá’i-Prinzipien ist, uns von jedem Vorurteil zu befreien und mit unseren eigenen Augen sehen und unseren eigenen Ohren hören zu lernen. Vorurteile bestehen nicht immer nur in falscher Meinung, sondern sehr oft auch darin, daß wir gar keine Meinung haben. Selbstverständlichkeiten hinzunehmen kann genau so gut ein zerstörendes Vorurteil sein, wie der blinde Glaube an überlieferte Kräfte und Gebräuche. Sie sind ein Feind allen Fortschritts, weil sie dem Neuen die Möglichkeit nehmen, von den Alten durchdacht zu werden und in ihr Begreifen zu dringen. Da kommt jemand und sagt: es ist ein Wahnsinn, daß sich die Menschen gegenseitig zerfleischen, statt untereinander in Frieden zu leben und die Kräfte zum höchsten Aufstieg zusammenzulegen, und schon meldet sich die Selbstverständlichkeit: „Es hat immer Kriege gegeben und wird immer Kriege geben, so ist es in der Weltordnung.



Einiges zum gegenwärtigen Stand der Welthilfssprachen-, insbesondere der Esperanto-Bewegung[Bearbeiten]

(Schluß)

Von Theodor Lang, München

Aber auch in anderer Weise stellte Liechtenstein Esperanto in seine Dienste. Es wandte sich an den oben erwähnten Hauptausschuß der Esperantobewegung und ließ durch diesen Maßnahmen treffen, die die Hebung des Fremdenverkehrs in Liechtenstein zum Ziele hatten. Auch gab das Land selbst ein Werbeblatt in Esperanto mit Abbildungen heraus. Der Erfolg war bereits nach einem halben Jahr überraschend groß. Der Hauptausschuß konnte drei Mappen mit 355 Zeitungsausschnitten in 38 Sprachen überreichen, darunter Berichte in persischer, japanischer und malaiischer Sprache. Nach [Seite 19] den statistischen Aufzeichnungen hat sich daraufhin die Zahl der Fremden im letzten Jahre verdoppelt.

Auch durch städtische und andere Behörden und öffentliche Stellen erfuhr Esperanto in letzter Zeit beachtliche Förderung. So hat der Magistrat der französischen Stadt Cannes beschlossen, künftig alle Bekanntmachungen über Verkehrsregelung (Verkehrstafeln usw.) in Französisch und Esperanto abzufassen und mit der Ausführung des Beschlusses bereits begonnen. In den Münzfernsprechstellen, die die städtische Fernsprechverwaltung im Haag vor kurzem neu einrichten ließ, sind die Gebrauchsanweisungen in den Sprachen Holländisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Esperanto angebracht. Weiterhin hat die Pariser Handelskammer nach einem Bericht ihres Präsidenten eine Entschließung angenommen, die im Namen der französischen Handelskammern Esperanto als allgemeine Handelssprache vorschlägt. Die Stellungnahme der europäischen Handelskammern zu diesem Vorschlag dürfen wir wohl in Kürze erwarten.

Immer mehr wird in neuester Zeit auch die Notwendigkeit einer gemeinsamen Verkehrssprache für die Wissenschaft erkannt. Von manchen Seiten wird als solche Latein empfohlen, das ja im Mittelalter und noch weit in die Neuzeit herein so verwendet wurde. Aber auch Esperanto wird — meines Erachtens mit Recht — vorgeschlagen und auch bereits in diesem Sinne angewandt, in bemerkenswertem Umfang wieder von den Gelehrten des fernen Ostens. So bringt die Monatsschrift des Japanischen Eugenetischen Instituts „La Eugeniko“ Aufsätze in Esperanto und gibt ein Esperantoverzeichnis der übrigen in japanischer Sprache geschriebenen Aufsätze. Die Ostchinesische Eisenbahngesellschaft veröffentlichte seit kurzem die an ihren Stationen von 1922—1929 gemachten meteorologischen Beobachtungen in zwei Bänden von ungefähr hundert Seiten, die in russischer Sprache und Esperanto abgefaßt sind. Und seit Jahren bereits erscheint zu der erziehungswissenschaftlichen Monatszeitschrift der Ukraine „Der Bildungsweg“ (seit 1931: „Kommunistische Bildung“) eine ausführliche Inhaltsübersicht in der Esperantosprache, die z. B. auch die Bezieher der Internacia Pedagogia Revuo erhalten.

Friedensfreunde, deren Gedankengänge sich hier vollständig mit denen der Bahá’i berühren, begrüßen in einer Welthilfssprache und daher auch im Esperanto ein Mittel, das durch gegenseitiges Verständnis zur Verständigung führt und so dem Weltfrieden dient. In diesem Sinne hat der Stadtrat von Lyon in seiner Sitzung am 23. September 1931 unter dem Vorsitz Herriots zum Ausdruck gebracht, daß die Befriedigung und Annäherung der Völker so lange ohne Erfolg bleiben werde, als diese Völker nur die Muttersprache gebrauchen, also durch die Schranke der Sprachverschiedenheit von einander geschieden sind. Darum wünscht der Stadtrat, daß Esperanto in allen Schulen der Welt als Pflichtfach unterrichtet werde.

Es läßt sich also viel Günstiges über den derzeitigen Stand der Esperantobewegung sagen. Aber Esperanto ist auch unter den eigens geschaffenen Sprachen nicht die einzige, die Anspruch auf Erhebung zur Welthilfssprache zu haben meint. Manch andere macht ihm den Rang streitig und zu den vorhandenen gesellen sich immer wieder neue. Spricht diese Tatsache auch deutlich für das immer stärker empfundene Bedürfnis nach einem derartigen Hilfsmittel, so ist doch bedauerlich, daß die Anhänger des Weltsprachegedankens auf diese Weise sich immer mehr zersplittern und so ihre eigene Sache schädigen. Im Jahre 1931 ist nun abermals ein neuer Name, Anglic, aufgetaucht, der angeblich eine weitere Welthilfssprache bezeichnen soll. In Wirklichkeit ist aber dieses Anglic nichts anderes als Englisch in anderer, wie es heißt, phonetischer Schreibung. Darüber, ob sich eine schon bestehende Sprache als Welthilfssprache eignet, will ich mich hier nicht aussprechen. Wenn man aber schon eine solche empfiehlt, müßte doch m. E. ihre vollkommene Sprachgestalt das anzustrebende Ziel sein. Mag dieses auch schwer zu erreichen sein, so darf dieser Umstand doch nicht dazu führen, eine leichtere, aber entstellte Sprachform als Muster aufzustellen, wie das Professor Dr. Adalbert Baumann in München in seinen Weltsprachentwürfen Wede (= Weltdeutsch) und Weltpidgin unter Zugrundelegung vorwiegend [Seite 20] des Deutschen tut. Bei Anglic ist das anscheinend auch nicht der Fall. Es handelt sich hier offenbar nur um eine andere einfachere Schreibung des Englischen, über die sich reden läßt. Doch soll man dann auch nicht von einer neuen Welthilfssprache reden, wie das geschieht.

Dürfen wir nun nach dem Gesagten hoffen, daß einmal, und zwar in absehbarer Zeit eine einheitliche Welthilfssprache eingeführt wird? Wir Bahá’i sollten daran nicht zweifeln, da unsere Lehre uns die Pflicht auferlegt, nach diesem Ziele zu streben. Aber auch abgesehen davon darf ich auf zwei Tatsachen hinweisen, die uns in dieser Hinsicht hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lassen. Erstens besteht seit einer Reihe von Jahren mit dem Sitz in Neuyork eine Gesellschaft, „International Auxiliary Language Association in the United States, Incorporated“ (IALA), die in Zusammenarbeit mit dem Institut Rousseau in Genf und dem Esperantoinstitut für das Deutsche Reich in Leipzig (Mittelpunkt hauptsächlich für das Esperanto-Prüfungswesen in Deutschland) die Eignung verschiedener Sprachen zu Hilfssprachen wissenschaftlich prüft und die für tauglich befundene zur Einführung zu bringen sucht. In der gleichen Richtung bewegt sich das in meinen oben erwähnten Mitteilungen aus dem Esperanto-Pressedienst angeführte Vorgehen der Britischen Vereinigung für den Völkerbund (League of Nations Union). Ich möchte hier übrigens zur Erwägung geben, ob wir Bahá’i nicht, wie es im Sinne der genannten Vereinigung läge, deren Antrag durch eine Eingabe an den Völkerbund ausdrücklich unterstützen sollten. Es wäre das sicherlich im Rahmen unserer Aufgaben. Ist freilich das Endziel noch nicht erreicht, wenn selbst dem Wunsche der genannten Vereinigung gemäß die vom Völkerbund einberufene Welterziehungskonferenz zunächst über die Notwendigkeit einer Welthilfssprache berät oder sogar, falls die Notwendigkeit oder auch nur Erwünschtheit einer solchen bejaht wird, an deren Auswahl und die Besprechung der besten Unterweisungsart herantritt, so ist doch dann die Frage aufs neue an einer für die Gesamtmenschheit bedeutsamen Stelle zur Erörterung gebracht und dieser Umstand im Zusammenhalt mit den Schwierigkeiten, die für den Völkerbund selbst aus der Mehrsprachigkeit entspringen, wird vielleicht in nicht zu ferner Zukunft entscheidende Schritte im Gefolge haben, die dem entsprechen, was Bahá’u’lláh in den Frohen Botschaften in die Worte kleidet: „Die Könige — möge Gott ihnen beistehen! — oder die Minister auf Erden müssen miteinander beraten und entweder eine der bestehenden Sprachen oder eine neue Sprache zur Weltsprache bestimmen.“



Das Leben nach dem Tode.[Bearbeiten]

I. Teil.

Zusammengestellt von der Arbeitsgemeinschaft Müritz (Mecklenburg).


Die Arena des menschlichen Lebens.

Frage: „In welchem Zustand befindet sich die Seele, bevor sie in den Körper eintritt?“

Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „In einem Zustand der ‚Potentialität‘. Sie besitzt kein Bewußtsein in dem Sinne, wie wir es auffassen.“

(Aus einer Unterredung mit ‘Abdu’l-Bahá in Paris, „Sonne der Wahrheit“, August 1921, Seite 91.)

Frage: „Treffen die Seelen selbst ihre Wahl, in diese Welt zu kommen?“

Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „Die Seelen kommen nach dem Willen Gottes in diese Welt. Wenn Gott es will, dann treten sie in die Arena des menschlichen Lebens.“

Frage: „Existieren wir als bewußte individuelle Seelen, bevor wir in diese Welt treten?“

Antwort 'Abdu’l-Bahás: „Ein individuelles Bewußtsein kommt erst nach der Geburt zustande.“

Frage: „Ist jede neugeborene Seele neu erschaffen?“

Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „Ja, jede Seele hat einen Anfang, aber einmal erschaffen, ist sie unsterblich.“ [Seite 21] (Aus „Worte ‘Abdu’l-Bahás“, „Sonne der Wahrheit“, Januar 1929, Seite 173.)

».. . Alsdann bedenke, daß alle Seelen der göttlichen Natur gemäß erschaffen sind, und daß sich alle zur Zeit ihrer Geburt unbewußt in einem Zustande der Reinheit befinden. Aber später unterscheiden sie sich insofern von einander, als die einen eine gewisse Vollkommenheit und die anderen Mängel und Fehler erlangen. Überdies ist auch zu bedenken, daß die Geschöpfe verschiedene Stufen haben, wie die Schöpfung dies erfordert, denn die Fähigkeiten sind verschieden, Alle Seelen sind ihrem Wesen nach gut und rein, aber später werden sie befleckt und verunreinigt. Obschon es in der Schöpfung verschiedene Zustände und Stufen gibt, sind sie doch alle nützlich.“

(Aus einer Unterredung mit ‘Abdu’l-Bahá in Paris, „Sonne der Wahrheit“, August 1921, Seite 92.)


Der Körper ist die physische Hülle.

„Der Geist ist die höchste und allerhöchste Entwicklung der Seele. Die Seele ist die materielle oder äußere Seite des menschlichen Geistes und äußert sich namentlich durch das Gemüt. Der menschliche Geist leitet die Tätigkeit der Seelenkräfte. Der Körper ist die physische Hülle oder das Medium, in welchem die Seele und der menschliche Geist wirkt und arbeitet. Nach dem Tode wird alles außer dem Geist zerstört und aufgelöst.“

(Aus „Zehn Tage im Lichte Akkas“, „Sonne der Wahrheit“, April 1922, Seite 22.)


Körper, Seele und Geist.

„Der Geist geht aus der Verbindung zwischen Körper und Seele hervor. Der Geist wird unsterblich. Er trennt sich nicht von der Seele und bildet nach dem Tode des Körpers für die Seele eine Art Ätherleib. Es gibt einen menschlichen und einen göttlichen Geist. Der letztere wird durch den Glauben an Gott und durch die Erkenntnis Gottes erlangt. Der menschliche Geist ist dem Körper überlegen und ringt mit diesem um die Oberherrschaft über die Seele. Wenn er Erfolg hat, wird die Seele himmlisch. Erlangt aber der Körper die Herrschaft über die Seele, dann wird diese erniedrigt.“

(Aus „'Abdu'l-Bahás Antworten auf verschiedene Fragen“, „Sonne der Wahrheit“, Oktober 1929, Seite 114.)


Die Existenz der göttlichen Welten.

„Die irdische Welt ist in das Mineralreich, das Pflanzenreich und das Tierreich eingeteilt. Der Mensch aber ist das Ergebnis all dieser Reiche. Deshalb ist der Mensch das Endergebnis aller Existenz auf Erden. Unter großen Mühsalen und Schwierigkeiten lebt er wenige Tage auf dieser Erde. Den einen Tag ist er krank, den anderen arm. Am nächsten Tage ist er traurig, und an einem anderen Tage wieder stirbt sein Vater, dann sein Sohn usw. Er findet keinen Augenblick wirkliche Ruhe. Kann man sich nun denken: dies ganze Erdenleben gipfle im Menschen, der nur wenige Tage auf dieser Erde lebt — Tage, die nur Schwierigkeiten mit sich bringen? Sind die, welche sich dies einbilden, nicht Kinder des Irrtums?

Doch Gott sei Dank! Die Welt der Existenz gipfelt nicht in diesem. Wenn es so wäre, wie es sich diese Leute einbilden, dann wäre die Existenz fruchtlos. Es gibt viele Welten des Lichtes. Wie die Pflanze, die keine Kenntnis von unserer Existenz hat, annehmen könnte, das Leben endige mit ihr, so hat der materiell gesinnte Mensch keine Kenntnis von den anderen Welten des Bewußtseinszustandes.

Es gibt aber Menschen, die göttliche Intelligenz gefunden und geistiges Verständnis erlangt haben. Diese besitzen das wirkliche Gesicht. Sie wissen etwas von den anderen Welten. Aus diesem Grunde haben die Propheten Gottes diese Welt aufgegeben, allem entsagt und ihr Herz der himmlischen Welt geschenkt.

Gäbe es kein Leben nach dem Tode, so würde Christus den Kreuzestod nicht erduldet haben. Die Propheten aller Zeiten hätten ihr Leben nicht geopfert. Sie waren mit der himmlischen Welt in Berührung und kümmerten sich nicht um dieses vergängliche Leben. Dies ist die Frucht von dem Baume der Schöpfung. Um in die Welt des Lichtes einzutreten, müssen wir von der Finsternis dieses Planeten befreit sein. Dies ist das [Seite 22] Ergebnis dieses Daseins. Dies ist die Frucht des Baumes der Menschheit.

Wäre es nicht des Genusses wegen, welchen Wert hätte alsdann der Baum? Diese Welt gleicht einem Baume, und die Früchte dieses Baumes sind die göttlichen Welten. Seid versichert, der Baum der Schöpfung ist mit köstlichen Früchten geschmückt. Wäre es nicht der Existenz der göttlichen Welten wegen, so würde das Reich des Seins fruchtlos sein. Wenn die Inspiration durch den Odem des Heiligen Geistes nicht wäre, so würde dieses Leben eine Posse sein.

Möge die strahlende See der Geistigkeit immer klarer und von den sie bedeckenden Wolken befreit werden. Möge die Menschheit aus dem Sumpf der Materie errettet werden und sich zu der Stadt des Lichtes aufschwingen.“

(Aus „Worte ‘Abdu’l-Bahás über das Fortleben nach dem Tode“, „Sonne der Wahrheit“, Februar 1926, Seite 178/179.)


Der himmlische Körper oder der Astral-Leib.

».. . Ferner sieht der Mensch im Traumzustande Dinge. Obgleich sein Körper bewegungslos ruht, reist er nach Osten und nach Westen. Sein Leib ist da, doch es ist die Wirklichkeit in ihm, die, obgleich sich sein Körper im Schlafzustande befindet, die Reise in die Ferne macht. Es ist kein Zweifel, daß eine Wirklichkeit vorhanden ist, etwas anderes als die sichtbare körperliche physische Wirklichkeit. Zum Beispiel ist ein Mensch gestorben und in die Erde gebettet. Wir sehen ihn in der Welt des Traumes und reden mit ihm. Da nun jene Person begraben liegt, wer ist dann die Person, die ihr in euren Träumen seht, zu ihr sprecht, und die auch zu euch redet? Auch dies beweist, daß eine weitere Wirklichkeit, verschieden von der körperlichen, die stirbt und begraben wird, vorhanden ist. Somit ist es klar, daß im Menschen eine Wirklichkeit lebt, die anders ist als die physische, und die nicht sein Körper ist. Zum Beispiel wird der Körper schwach, jene Wirklichkeit aber ist im normalen Zustand ihrer Existenz. Dieser Körper wird wieder kräftig, aber jene Wirklichkeit im Menschen ist im normalen Zustand, unveränderlich. Es mag am Körper des Menschen vielleicht ein Arm verloren gehen, die Wirklichkeit des unsichtbaren Menschen aber verliert nichts und verbleibt in seinem ureigensten normalen Zustand. Dieser Körper legt sich zur Ruhe und ist gleichsam tot, die Wirklichkeit aber in diesem ruhenden Körper bewegt sich frei, sie begreift Dinge und gibt ihnen Ausdruck, ja, sie entdeckt das Wesen der Dinge.

Dies folgert, daß im Menschen eine Wirklichkeit ist, die einen anderen Charakter trägt, als seine Materie, die Körper genannt wird. Diese Wirklichkeit, die anders ist als seine physische, wird der himmlische Leib des Menschen genannt. Wir nennen diesen Körper den Astral-Leib, der dem menschlichen Körper entspricht ... .”

(Aus „Die Notwendigkeit eines vollkommenen Meisters“, „Sonne der Wahrheit“, Februar 1928, Seite 180.)


Die Vorbereitung für die kommende Welt.

"... Am Anfang seiner Existenz ist der Mensch, solange er im Mutterschoß weilte, ein Embrio. Dort erhielt er für die wirkliche menschliche Existenz die Fähigkeiten und Gaben. Die nötigen Kräfte und Fähigkeiten für diese Welt wurden ihm, seinen begrenzten Zuständen entsprechend, zuteil. In dieser Welt benötigt er Augen, er erhielt sie in der anderen Welt. Er braucht Ohren, er erhielt sie dort, um für ein neues Dasein bereit und vorbereitet zu sein. Die in dieser Welt erforderlichen Kräfte wurden ihm schon vorgeburtlich zuteil, damit er nach seinem Eintritt in das Reich der wirklichen Existenz nicht nur alles Notwendige besäße, sondern sogar einen Vorrat für seine ihn erwartende Ernährung vorfände.

Deshalb muß er sich in dieser Welt für die kommende vorbereiten. Was er dort benötigt, muß er sich hier zu eigen machen. Wie er sich während seines Aufenthaltes im Mutterleib vorbereitete, die notwendigen Kräfte für diese Sphäre der Existenz zu gewinnen, so müssen die nötigen Kräfte für die göttliche Existenz schon in dieser Welt gewonnen werden.

Was wird der Mensch in dem Reich benötigen, das diesem Leben und der Begrenztheit dieser sterblichen Hülle folgt? Jene Welt nach dem Tode ist eine Welt der Heiligkeit und des Lichtes. Deshalb ist es nötig, [Seite 23] in dieser Welt jene göttlichen Eigenschaften zu erwerben. In jener Welt sind notwendig: Geistigkeit, Glaube, Zuversicht, Wissen von Gott und die Liebe zu Gott. Dies muß in dieser Welt erworben werden, damit man nach dem Aufstieg von dem irdischen zum himmlischen Reich alles das bereit hält, was im ewigen Reich nötig ist.

Jene göttliche Welt ist offenbar eine Welt des Lichtes. Deshalb braucht der Mensch hier Erleuchtung. Jene Welt ist eine Welt der Liebe. Die Liebe Gottes ist ihr Wesen. Die Liebe Gottes ist die Welt der Vollkommenheit. Deshalb müssen Tugenden und Vollkommenheit erworben werden. Jene Welt ist durch den Hauch des Heiligen Geistes belebt, und in dieser Welt müssen wir dies alles suchen. Dort ist das Reich des ewigen Lebens, welches in diesem irdischen Leben erworben werden muß.

Durch welche Mittel kann ein Mensch dies alles erreichen und wie kann er diese Kräfte und Mächte erhalten? 1. Durch das Wissen über Gott. 2. Durch die Liebe zu Gott. 3. Durch Glauben. 4. Durch menschenfreundliche Handlungen. 5. Durch Selbstaufopferung. 6. Durch Trennung vom Weltlichen. 7. Durch Heiligung und Heiligkeit.

Wer diese Mächte nicht gewinnt und diese Forderungen nicht erreicht, wird zum ewigen Leben sicherlich nicht zugelassen werden. Aber wer Wissen von Gott haben wird, wer von dem Feuer der Liebe Gottes durchdrungen ist, wer die großen und mächtigen Zeichen des Reiches Gottes bezeugt, wer zur Ursache der Liebe unter den Menschen wird und in einem vollkommenen Zustande der Heiligung und Heiligkeit lebt, wird sicher die zweite Geburt erreichen und mit dem Heiligen Geist getauft werden und sich des ewigen Lebens erfreuen ..."

(Aus „Entwickelung“, "Sonne der Wahrheit“, August 1927, Seite 82.)


Die Beibehaltung der individuellen Persönlichkeit.

„Ihr werdet eure Persönlichkeit beibehalten und nicht in einem allgemeinen Geist aufgehen. Was den Zustand der menschlichen Seele nach dem Tode in dieser materiellen Welt anbelangt, so ist das Wesen der menschlichen Seele über die materielle Substanz erhaben und über die Verkörperung durch physische Dinge geheiligt. Sie ist ausschließlich leuchtend, körperlos. Sie ist ein blendendes Zeichen von Licht. Sie ist ein himmlisches Reich des Glanzes.

Die Seelen, die nicht vom Heiligen Geist neu belebt und angezogen sind, sind zu den Toten zu zählen, denn sie sind des Hauches des Heiligen Geistes beraubt und sind nach dem leiblichen Tode in einem gewissen Zustande, in dem sie Gefühl und Unterscheidung für ihre Umgebung besitzen. Im Vergleich zu den reinen Seelen, die durch den Heiligen Geist belebt wurden, sind sie wie tot und des Lebens beraubt.“

(Aus „Vom Tod und vom ewigen Leben“, „Sonne der Wahrheit", Januar 1924, S. 164.)

Frage: „Wird die Individualität von den vielfältigen individuellen Erkenntnissen beibehalten?“

Antwort ‘Abdu’l-Bahás: „Vollkommene Individualität ist nur der Stufe des Propheten zu eigen. Die Menschen, die ihm nachfolgen, stehen im Schutze seiner Stufe. Nach dem Tode entwickelt sich der Mensch nicht durch sein eigenes Bemühen um Erkenntnis, sondern durch die Macht der göttlichen Gnade oder Enthüllung. Alle guten Taten, liebevolles Gedenken, Gebete und Hilfeleistungen von niedriger stehenden Wesen helfen der Seele nach dem Tode vorwärts zu kommen.“

(Aus „Vom Tod und vom ewigen Leben“, „Sonne der Wahrheit“, Januar 1924, S. 164.)


Die Herrlichkeit des unsterblichen Lebens.

„Über das, wonach du fragtest, über den Geist und seine Vergänglichkeit nach dem Aufstieg ins Jenseits, wisse, daß dieser zur Zeit des Todes aufsteigt, bis er in die Gegenwart Gottes gelangt in einer Form, die Jahrhunderte und Zeitabschnitte hindurch und bei allen Zuständen und Ereignissen der ganzen Welt wie die ewige Dauer des Reiches Gottes, Seine Herrschaft, Seine Macht und Seine Kraft unverändert bleiben und ewig sein wird. Und in ihr werden die Spuren Gottes, Seine Eigenschaften, Seine Vorsehung und Seine Gnade sichtbar werden.

Die Feder ruht bei der Erwähnung dieser Stufe, da es ihre höchste Erhabenheit und Erhöhung ist. Die Hand der höchsten Gnade [Seite 24] wird den Geist veranlassen, auf eine Stufe zu gelangen, die durch Erklärung nicht begriffen, noch von allen Kreaturen der Existenz erklärt werden kann. Gesegnet ist der Geist, der den Körper rein von allen Zweifeln und Vorurteilen aller Nationen verläßt. Wahrlich, er bewegt sich in der Atmosphäre des Wohlgefallens Gottes und tritt in das erhabene Paradies ein. Alle Engel des erhabenen Paradieses erwarten und umgeben diese Seele, und sie wird mit allen Propheten Gottes und Seinen Heiligen Gemeinschaft haben und wird mit ihnen sprechen und ihnen sagen, was sich in der Gottessache, der heiligen Lehre des Herrn des Universums, zutrug. Wenn jemand erkennen könnte, was im Reiche Gottes, der da Herr über Thron und Staub ist, vorgezeichnet ist, so würde er augenblicklich mit größter Sehnsucht nach dieser unumstößlichen, erhabenen, heiligen und glorreichen Stufe zu gelangen trachten.

O ‘Abdu’l-Wahib, höre nun die persischen Worte: Da du über die Unsterblichkeit des Geistes anfrägst, bezeugt dir dieser Unterdrückte seine Ewigkeit. Und zu deiner Frage über dessen Form, so kann diese nicht beschrieben werden und bedarf auch keiner Erklärung. Aber gewisse Dinge müssen bekannt werden. Die Boten kommen nur, um die Menschen auf den geraden Weg zu Gott zu führen und damit die Menschheit erzogen werde. Dann werden sie zur Zeit ihres Todes in voller Heiligkeit und Loslösung und unter Verzicht auf alle irdischen Dinge die erhabene Stufe erreichen. Bei Gott! Die Strahlen solcher Geister sind die Ursache der Entwicklung der Menschen und die Stufe der Nation! Dies sind die Blätter der Existenz und die hauptsächliche Ursache des Erscheinens der Göttlichkeit und der Werke des Universums. Durch sie werden die Wolken Ströme herabsenden und die Pflanzen ihre Knospen öffnen. Nichts von allen existierenden Dingen ist ohne Ursache, Grund und Anfang. Die erste Ursache ist der Geist, der für ewig über uns unveränderlich ist. Und der Unterschied zwischen diesem (irdischen) Reich und dem überirdischen Reich ist wie der Unterschied der Welt im embryonalen Zustand und dieser Welt. Nach dem Abscheiden aus diesem Dasein wird der Geist in die Gegenwart Gottes in einer Form, die für die Ewigkeit und für das Reich Gottes angemessen ist, gelangen. Bahá’u’lláh.

(„Sonne der Wahrheit“, Januar 1924, Seite 165.)


Wie soll man dem Tode entgegensehen?

„Wie blickt ein Mensch dem Ziel einer Reise entgegen? Ich meine voll Hoffnung und froher Erwartung. Ebenso ist es mit dem Ende der Reise durch dieses irdische Leben. In der nächsten Welt wird sich der Mensch von vielen Unzulänglichkeiten frei fühlen, unter denen er auf Erden litt... .“

(Aus „'Abdu'l-Bahá in London“, „Sonne der Wahrheit“, August 1923, Seite 85.)

„O Sohn des Erhabenen! Den Tod habe ich gleich einer frohen Botschaft für dich verordnet. Warum bist du seinetwegen in Sorge? Das Licht schuf Ich, um dich zu erleuchten. Warum verhüllst du dich vor ihm?“

(„Verborgene Worte“, Seite 13, Ziffer 32.)


Die Befreiung des Geistes.

„Der Körper gleicht einem Käfig. Der Geist ist einer Nachtigall, die in dem Käfig wohnt, ähnlich. Die himmlische Nachtigall ist in dem irdischen Käfig gefangen. Der Tod bedeutet das Zerbrechen des Käfigs und die Befreiung der himmlischen Nachtigall, worauf sie sich zu dem himmlischen Rosenhain emporschwingen kann. Ihr mögt hieraus erkennen, warum heilige Seelen sich danach sehnen, bald aus dem irdischen Leben zu scheiden. In diesem Zusammenhang werdet ihr auch das Wort deutlicher verstehen: „Der Leib ist zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen.“ (Römer 8, 10.) Dies ist der keiner Veränderung unterstehende Zustand der heiligen Seelen. Sie achten nicht auf den irdischen Vorteil. Sie sehnen sich immer nach dem Geistigen und Ewigen jenseits dieses vergänglichen Lebens.

(Fortsetzung folgt.)


In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.


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Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]

Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (größtes heiliges Buch), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheitssprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)


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Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart

Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude

In unserem Verlag sind erschienen:


Bücher:

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . —.80

Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.00

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 2.50

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 3.--, in Halbleinen gebunden . . . . 3.50

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 3.50

Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 3.50


Broschüren:

Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.30

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30

Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.30

Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Sonne der Wahrheit, in Halbleinen gebunden je . . . . 6.--


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