Sonne der Wahrheit/Jahrgang 12/Heft 1/Text

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SONNE

DER

WAHRHEIT
 
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI
 
HEFT 1 12. JAHRGANG MÄRZ 1932
 


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Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]

1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.

Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“. Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie alle im Meer der göttlichen Gnade.


2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.

In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.


3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.

Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.


4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.

Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.


5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.

Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.


6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.

Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.


7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.

Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.


8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.

Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.


9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.

Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.


10. Die soziale Frage muss gelöst werden.

Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.


11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.

Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.


12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.

Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.

Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.

Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.


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SONNE DER WAHRHEIT
Organ der deutschen Bahá’i
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark
Heft 1 Stuttgart, im März 1932
Bahá (Herrlichkeit) 89
12. Jahrgang

Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion


Inhalt: Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, ‘Abdu’l-Bahá. Haifa 1906—11. — Weltenwende. — Frühlingshoffen. — Zu neuem Leben. — Die Lehre vom Licht. — Das Gebot des Hütertums. — Einiges zum gegenwärtigen Stand der Welthilfssprachen-, insbesondere der Esperanto-Bewegung. — Professor August Forel. — Zum Jahreswechsel.



Worte Abdu’l-Bahás über Volksgemeinschaft[Bearbeiten]

zu einer Armenierin. Februar 1910


O meine armenische Schwester, in einem großen nationalen Unglück, in Heimsuchung eines ganzen Volks, darf nicht der Einzelne egoistisch sich und seine Familie wegflüchten und irgendwo in Sicherheit den geretteten Reichtum in Selbstgenügsamkeit verzehren. Schon das weltliche Sprichwort sagt: „Wenn der Himmel einstürzt, so fallen auch die Spatzen von den Dächern.“ Die Familiengemeinschaft soll zur Volksgemeinschaft leiten, diese letztere führt zur Menschheits-Solidarität. Dein Leid ist mein Leid, Deine Freude sei meine Freud. Einheit im Glück, Einheit im Unglück. Aus der Einheit kommt die Einigkeit und daraus der allgemeine Friede.


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Aus dem Schatz der Erinnerungen an Abbas Effendi, 'Abdu'l-Bahá. Haifa 1906 - 11[Bearbeiten]

Sechzehnter Brief von Frau Dr. J. F. an Frau A. Schwarz, Stuttgart


Einzelunterhaltungen ‘Abdu’l-Bahás Abbas Effendis mit Miß St. betreffs Prophetie, Weissagungen und ihre Träger.

Ort: Haus des Meisters.

Zeit: Frühjahr 1910, abends nach Sonnenuntergang.

Personen: Im kleinsten Kreis.

Sprache: Persisch mit englischer Übersetzung.

Miß St.: „Meister, die Bahá’i-Bewegung greift — darüber ist sich Freund und Feind derselben einig — im Osten und Westen, in der alten und neuen Welt um sich, entwickelt sich aber die Bewegung auch zugleich geistig in die Tiefe, Höhe und Weite? Oder verflacht und veräußerlicht sie sich?“

Meister: „Du frägst viel und Wichtiges, o meine Tochter, Gott möge uns allen Weisheit und Erkenntnis schenken, darüber klar zu sehen!

Zunächst müssen wir die Tatsache feststellen, daß alle Menschen in nur zwei Kategorien zerfallen: in geistig gerichtete, gottzentrische Menschen und in materiell eingestellte, gottferne oder gottfremde oder gottlose Menschen, je nach dem Grade ihrer zentrifugalen Entwicklung, wohlverstanden unter Zentrum verstehen wir den allmächtigen Schöpfer, den einzigen und wahren Gott.

Die Bahá’i-Bewegung soll, wie das Licht die Motte, die geistigen Menschen anziehen, fesseln und überwinden. Ein geistiger Mensch — im wahren Sinne Bahá’i — ist ein Mensch der Gottes- und Nächstenliebe, ein Mensch des Gebens, des Erfreuens, des Glücklichmachens.

Der materielle, gottferne Mensch ist, im besten Falle, ein Humanitätsanbeter, daneben aber ein Triebmensch, der nehmen und nicht geben will, der ein rücksichtsloses Streben nach Besitz, nach Macht und Machtmitteln (Geld) hat, der den Wert äußerer Güter und den materiellen Genuß über alles stellt. Da schon zwei egozentrische Wesen sich nicht vertragen, wie viel weniger können es Viele? Deswegen triumphiert in der materiellen Welt das Trennende, der Abgrund ohne Brücke, der im besten Falle verkleisterte, aber nicht desto trotz gähnende Riß!

O meine Freunde, sehet um euch, schaut die Welt an, ist nicht überall Uneinigkeit, Hader, Kriegsvorbereitungen (offene und heimliche), Krieg, Aufstände, Bandenwesen, gärende Unruhe in allen Ländern der Erde? Wohl erwärmt und erobert die Bahá’i-Lehre, wie der noch bleiche Sonnenstrahl der Mitternachtssonne, die Herzen von allerlei Menschen in allerlei Volk. Noch sind die Liebeheischenden und Liebegebenden, die Gerechtigkeitsforschenden und Wahrheitssucher der ganzen Erde noch nicht ausgestorben, ja sie vermehren sich stetig, wenn auch langsam. Aber hat nicht unser Herr Christus bereits — gesegnet seien Seine Worte — darauf hingewiesen, daß das Unkraut mit dem Weizen wächst und vor der Ernte nicht ausgeschieden werden kann. Erst nach der Ernte wird der Herr des Ackerfeldes Unkraut und Spreu von der guten Frucht trennen lassen! — Seine vollkommene Schönheit Bahá’u’lláh hat wiederholt geweissagt, daß Umwälzungen und Kriege die harthörige und blinde Menschheit heimsuchen und sichten werden. Das Zeitalter der Technik, der Maschine, des allesseligmachenden „äußern“ Fortschrittes hat mit der Jahrhundertwende (1900) erst begonnen. Dem Siegeszug der Technik laufen drei Herolde: der Materialismus, Atheismus und Mammon voraus!

Der Größenwahn der drei Herolde muß sich erst leer und tot gelaufen haben, bevor die weiße Wunderblume des Geistes, der Liebe, des Friedens und der Einheit aufblühen kann. Vielleicht nur Gott der Herr, und wem Er es offenbaren will, weiß es, vielleicht erst auf einer Trümmer- und Gräberwelt der von Gott abgeirrten Menschheit. Hat nicht die gesegnete Vollkommenheit Bahá’u’lláh prophezeit (1890), daß das Zeitalter der Maschine, des technischen [Seite 3] Materialismus von Amerika aus die Alte Welt erobern wird und daß die geistigen Früchte von Liebe, Frieden und Einheit vom Osten, von den Gestaden des Mittelmeeres (Akko) und vom indischen Ozean (Gandhi von Indien) ausgehen werden?

Was sind Jahrzehnte, Jahrhunderte und selbst Jahrtausende in der Entwicklung des Gotteswerkes (Malekut Allah). Gott der Herr denkt in Jahrmillionen, denkt in Ewigkeiten, Sein Gestern, Jetzt und Morgen sind aber trotzdem nahe beieinander. Überlassen wir Ihm die Sorge für Vertiefung, Ausbreitung und Sieg des Bahá’i-Gedankens, der Bahá’i-Lehre und -Bewegung. Sorgen wir, Seine winzigen Sterne und Sonnen, daß wir unsere göttlichen Seelen Ihm und Seinen Manifestationen allezeit offen und warm halten. Alláh o Abhá!“

Die Anwesenden sind entlassen.



Weltenwende[Bearbeiten]

Ein Brief von Shoghi Effendi an die Freunde im Abendland (Fortsetzung)


Geliebte Freunde! Die Menschheit ist, ob wir sie im Lichte des individuellen Verhaltens des Einzelnen, oder der bestehenden Beziehungen zwischen organisierten Gemeinschaften und Nationen betrachten, leider zu weit abgeirrt, hat einen zu großen Niedergang erlitten, um allein durch die Anstrengungen der besten ihrer anerkannten Herrscher und Staatsmänner — wie uneigennützig ihre Beweggründe, wie durchdacht ihre Handlung, wie zähe ihr Eifer und ihre Ergebenheit für ihre Sache auch immer sein mögen — erlöst zu werden. Kein Plan, den die Berechnungen höchster staatsmännischer Kunst noch zu ersinnen vermögen, keine Lehre, die die ausgezeichnetsten Vertreter der Wirtschaftstheorien ausdenken, keine Grundsätze, die die eifrigsten Sittenlehrer einzuprägen bestrebt sind, können als letzte Zuflucht hinreichenden Boden schaffen, auf dem die Zukunft einer heute so verwirrten Welt aufgebaut werden kann. Kein Appell an die gegenseitige Duldsamkeit, den die Weltweisen erheben mögen, wie überwältigend und eindringlich er auch immer sei, kann die Leidenschaft der Welt beruhigen oder helfen, ihre Kraft zurückzugewinnen. Ebensowenig wurde irgendein allgemeiner Plan nur organisierter internationaler Zusammenarbeit, in welcher Sphäre menschlicher Tatkraft er sich immer bewegt, wie sinnreich er erdacht und wie umfassend er auch beabsichtigt ist, mit Erfolg versuchen, die Grundursache des Übels zu beseitigen, das die heutige Gemeinschaft so gewaltsam aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Ich wage zu behaupten, daß nicht einmal die Trennung der für die politische und wirtschaftliche Einigung der Welt erforderlichen Maschinerie — ein Gedanke, der in wachsendem Maße in neuerer Zeit verfochten worden ist — die Abwehr gegen das Gift zu bieten vermöchte, das die Kraft der organisierten Völker und Staaten ständig mehr verzehrt. Was sonst, so möchten wir zuversichtlich behaupten, als die vorbehaltlose Annahme des Göttlichen Plans, wie er schon vor sechzig Jahren von Bahá’u’lláh mit solcher Klarheit und Kraft verkündet worden ist und der in seinen wesentlichen Punkten Gottes himmlisch festgesetzten Plan für die Vereinigung der Menschheit in unserem Zeitalter darstellt, sowie die unwiderstehliche Überzeugung von der unfehlbaren Wirksamkeit aller Seiner Verordnungen, ist schließlich fähig, den Kräften der inneren Zersetzung zu widerstehen, die zwangsläufig weiter den Lebensnerv der verzweifelten Menschheit angreifen müssen, wenn ihnen nicht Einhalt geschieht. Diesem Ziele — dem Ziel einer neuen Weltordnung, göttlich im Ursprung, allumfassend und von Grund auf gerecht und in ihrer Charakteristik zur Stellungnahme herausfordernd — muß die gequälte Menschheit zustreben.

Es würde selbst von seiten der erklärten Anhänger des Glaubens Bahá’u’lláhs vermessen sein, wollten sie Anspruch darauf erheben, alle Ausfolgerungen Seines wunderbaren Planes eines weltumfassenden menschlichen Zusammenstehens oder auch nur seine Bedeutung begriffen zu haben. Der Versuch, [Seite 4] alle seine Möglichkeiten zu erkennen, seine künftigen Vorzüge abzuschätzen, seine Erhabenheit zu schildern, wäre selbst in einem so vorgeschrittenen Entwicklungsstadium der Menschheit verfrüht.

Alles, was wir vernünftigerweise zu versuchen wagen können, ist, einen Blick auf die ersten Streifen der verheißenen Morgendämmerung zu erhaschen, die in der Fülle der Zeit die Dunkelheit verjagen muß, die die Menschheit jetzt umhüllt hat. Alles, was wir tun können, ist, in groben Umrissen herauszuarbeiten, was uns in der Weltordnung Bahá’u’lláhs, wie sie von ‘Abdu’l-Bahá, dem Mittelpunkt Seines Bündnisses mit der ganzen Menschheit und dem eingesetzten Ausleger und Erklärer Seines Wortes, erweitert und verkündet worden ist, am bedeutungsvollsten erscheint.

Daß die Unruhe und Leiden, die die Menge quälen, in nicht geringem Maße die unmittelbare Folge des Weltkrieges und der Unklugheit und Kurzsichtigkeit der Gestalter der Friedensverträge zuzuschreiben sind, kann nur ein voreingenommener Geist ableugnen. Daß die finanziellen Verpflichtungen — sowohl die im Laufe des Krieges übernommenen Schulden, als auch die den Besiegten auferlegte schwankende Last von Reparationen — in hohem Grade verantwortlich gewesen sind für die schlechte Verteilung und folgende Verknappung der Welt-Goldvorräte, die wiederum in großem Maße auf den verhängnisvollen Sturz der Preise gewirkt, und dadurch die Lasten der verarmten Länder unbarmherzig vermehrt hat, kann kein Unparteiischer bezweifeln. Daß die zwischenstaatlichen Staatsschulden der breiten Masse in Europa schwere Lasten auferlegt, das Gleichgewicht der Staatshaushaltpläne gestört, nationale Industriezweige lahmgelegt und zu einer Zunahme der Zahl der Arbeitslosen geführt haben, fällt dem unbefangenen Beobachter nicht weniger in die Augen. Daß der Geist der Rachsucht, des Mißtrauens, der Furcht und der Nebenbuhlerschaft, der durch den Krieg hervorgerufen worden ist und den die Bestimmungen der Friedensverträge zu verewigen und zu nähren geholfen haben, zu einer ungeheuren Vermehrung der miteinander um die Wette laufenden Kriegsrüstungen geführt hat, sie haben während des letzten Jahres die Gesamtausgabe von nicht weniger als eintausend Millionen Pfund erreicht und wiederum die Auswirkungen der Weltdepression verstärkt, ist eine Tatsache, die selbst der oberflächlichste Beobachter leicht festzustellen vermag. Daß ein engherziger und brutaler Nationalismus, den die Nachkriegstheorie von der Selbstbestimmung vergrößert hat, hauptsächlich für die dem gesunden Fluß internationalen Handels und dem Mechanismus der internationalen Finanz so schädlichen Politik der hohen Prohibitivzölle verantwortlich gewesen ist, werden nur wenige zu bestreiten wagen.

Und doch würde es müßig sein, zu behaupten, daß der Krieg mit allen den Schäden, die er mit sich gebracht, den Leidenschaften, die er geweckt, und den Mißständen, die er zurückgelassen hat, allein für die beispielslose Verwirrung verantwortlich ist, in welche fast alle Teile der zivilisierten Welt gegenwärtig geraten sind. Ist es nicht eine Tatsache — und dies ist der Grundgedanke, den ich nachdrücklich betonen möchte —, daß die Grundursache dieser Weltunruhe nicht so sehr den Auswirkungen dessen zuzuschreiben ist, was früher oder später als vorübergehende Verschiebung in den Angelegenheiten einer sich fortlaufend ändernden Welt betrachtet werden muß, als vielmehr dem Mißerfolg derer, in deren Händen die Schicksale der Völker und Nationen unmittelbar gelegt gewesen sind, um die Systeme wirtschaftlicher und politischer Einrichtungen mit den gebieterischen Bedürfnissen einer rasch entwickelten Zeit in Einklang zu bringen? Sind die ununterbrochenen Krisen, die die heutige Gesellschaftsordnung erschüttern, nicht vornehmlich durch die bedauerliche Unfähigkeit der anerkannten Weltführer verschuldet, der Unfähigkeit, die Zeichen der Zeit richtig zu lesen, sich ein für allemal von allen ihren bisher gepflegten Gedanken und hemmenden Anschauungen freizumachen, und diesen Mechanismus ihrer Regierungen gemäß den in Bahá’u’lláhs vortrefflicher Erklärung über die Einheit der Menschheit — dem vornehmsten und besondersten Merkmal des von Ihm verkündeten Glaubens — enthaltenen Normen umzugestalten? Denn der Grundsatz der Einheit der [Seite 5] Menschheit, der Eckstein zu Bahá’u’lláhs weltumfassender Herrschaft, enthält nicht mehr und nicht weniger als die Durchführung Seines Planes für die Vereinigung der Welt — des Planes, auf den wir uns bereits bezogen haben. „Bei jeder Verkündigung“, schreibt ‘Abdu’l-Bahá, „ist das Licht der göttlichen Führung auf einen zentralen Brennpunkt gerichtet gewesen ... In dieser wunderbaren Offenbarung, diesem herrlichen Jahrhundert, ist die Grundlage des Gottesglaubens und das Unterscheidungsmerkmal Seiner Gesetze das innere Bewußtsein der Einheit des Menschengeschlechtes.“

(Fortsetzung folgt.)




Frühlingshoffen.[Bearbeiten]

Von Paul Häcker, Stuttgart

Schneeweiße Wölkchen segeln am Äther hin,
Blaue Veilchen lächeln im ersten Grün,
Über der ganzen aufatmenden Welt
Breitet sich Sonne, die alles erhält.


Über schwellenden Knospen gelinde
Streicheln frühlingskündende Winde,
Leise wohl über die dunkle Nacht
Ein Blütenkeimlein still erwacht.


Einmal, eh’ wir’s noch geglaubt
Ist der Wald auch schon belaubt,
Einmal, eh’ wir’s gehofft und geahnt
Hat heimliche Liebe stille gemahnt.


Endlich flattert durch das Land
Frühlingskündender Farbenbrand,
Alles, was uns so schwer bedrückt
Ist in die lichte Ferne entrückt.



Zu neuem Leben.[Bearbeiten]

Von Paul Häcker, Stuttgart

Leise taucht ein neues Leben
Aus dem Weltengrund hervor,
Und geht still zu neuem Streben
Durch der Zukunft dunkles Tor.


Was noch gestern traumverloren
Irrweg ging und Wirrnis fand,
Ist im Frührot neugeboren,
Kehrt zurück ins Heimatland.


Jeder Tag bringt neues Werden,
Neugeburt in jedem Tod,
So verwandelt sich’s auf Erden
Bis es endlich ruht in Gott.


Auch das Kleinste aller Wesen
Wandelt still auf eigner Bahn,
Kreist und will sich einst erlösen
Nach der Gottheit weisem Plan.



Die Lehre vom Licht[Bearbeiten]

Von der Bahá’i-Bewegung Ostseebad Müritz (Mecklenburg) (Schluß)


Die Bahá’i-Lehre zählt den Priesterstand nicht unter die bezahlten Berufsklassen. In den „Frohen Botschaften“, Seite 10, wendet Sich Bahá’u’lláh an die Mönche und Priester in der Christenheit, indem Er sagt: „Der frommen Übungen der Mönche und Priester unter der Christenheit wird vor Gott gedacht, aber an diesem Tage müssen sie ihre Zurückgezogenheit zugunsten der Öffentlichkeit, d. h. der menschlichen Gesellschaft, aufgeben und sich mit dem beschäftigen, was sowohl ihnen als anderen Menschen zum Nutzen gereicht. Wir haben allen erlaubt, sich zu verehelichen, damit von ihnen Kinder hervorgehen mögen, die das Lob Gottes, des Herrn des erhabenen Thrones, feierlich aussprechen.“

In einem Gespräch im November 1919 sprach ‘Abdu’l-Bahá von den sozialen Unruhen nach dem Weltkriege und den damit verbundenen wirtschaftlichen Störungen. Er sagte u. a.: „...Denn dieser Krieg ist die Ursache des Hasses geworden. Zum Beispiel werden die Deutschen nicht vergessen, die Österreicher werden nicht vergessen, die Bulgaren werden nicht vergessen, und die Türken [Seite 6] desgleichen nicht. Auf einer Seite wird sich der Lärm der Sozialisten erheben, auf einer anderen Seite der Sturm der Bolschewisten, auf einer anderen die Forderungen der Arbeit, auf einer weiteren die Gegensätze der Nationen, auf wieder einer anderen Religionshaß, auf noch einer anderen Rassenvorurteile. Es ist klar, was sich ereignen wird. All dies ist wie Dynamit: Eines Tages wird es explodieren, wenn nicht das Banner des universalen Friedens durch die Macht des Wortes Gottes gehißt wird. Die Einheit der Menschheit muß durch die Macht des Hl. Geistes aufgerichtet werden. Es hat keinen Wert, wie die Politiker sich streiten, ihre Anstrengungen können den Frieden nicht bringen. Von Gott nicht gestützte Menschenkraft ist nichts nütze.“ („Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter“, Seite 384/385.) Auf die Frage: „Werden die wirtschaftlichen Probleme nicht zuerst in Amerika gelöst, und wird es den Vereinigten Staaten möglich sein, eine gerechte Grundlage zu legen und für die Welt als ein Beispiel zu dienen?“, antwortete ‘Abdu’l-Bahá einst: „Gewiß, den wirtschaftlichen Fragen wird in Europa und Amerika große Bedeutung beigemessen. Diese Frage kann jedoch auf keine andere Weise als durch die Religion Gottes gelöst werden. Tag für Tag wird an ihrer Lösung gearbeitet, und dennoch taucht sie immer wieder auf... Zuletzt wird es dahin kommen, daß die Arbeiter sagen werden: ‚Die Fabriken gehören uns, und die bisherigen Eigentümer erhalten ihren Anteil von uns.‘ Es wird soweit kommen, daß sie sagen: ‚Wir werden den Teil bestimmen, den sie (die bisherigen Eigentümer) erhalten sollen‘, beispielsweise zehn Prozent, und sie selbst werden neunzig Prozent beanspruchen. Alles wird in einen chaotischen Zustand geraten, und dieser wird sich zuletzt derart verschlimmern, daß die Menschheit auf dem Punkt des absoluten Stillstandes anlangt. Selbst die Arbeiter werden hungrig umherlaufen .... Aber nichts außer der Religion Gottes wird diese Frage lösen. Nichts außer der Religion! Durch sie werden sowohl die Arbeitgeber als die Arbeiter frei werden. Die Lösung dieser Frage beginnt mit einem Musterdorf, und wenn das Dorf gegründet ist, kommt die Stadt an die Reihe..." 'Abdu'l-Bahá beschreibt dann die Einrichtung der Verwaltung in diesem Dorfe und erklärt dabei: „... Auf diese Weise wird in einem solchen Dorf keinerlei Mangel herrschen. Niemand wird Hunger leiden oder ohne Kleidung sein . . .“ Auf die Frage: „Würde es nicht gut sein, in Amerika ein Bahá’i-Dorf zu errichten, in dem diese ökonomischen Ideen verwirklicht würden, damit die Menschen diese Idee im praktischen Leben sehen und diesem Bahá’i-Beispiel folgen könnten?“, antwortete ‘Abdu’l-Bahá: „Gewiß, wenn ein solches Dorf organisiert ist, wird der Staat den Plan annehmen und damit einverstanden sein. Sowohl die Reichen als die Armen werden sich glücklich fühlen.“ Auf die weitere Frage: „Würde die persische Regierung die Organisation eines solchen Dorfes genehmigen?“, erklärte ‘Abdu’lBahá: „Nein, jetzt noch nicht, aber in späterer Zeit wird sie es tun.

Wenn diese Ideen in einem Dorfe verwirklicht sind, werden sie auch in anderen Orten angewandt werden. Es wird sehr gut sein, wenn diese Ideen zur Ausführung gelangen. Heute denkt noch jeder an seine eigenen Interessen. Daher kommen auch die jetzigen vielen Streitigkeiten. Diese dürften nicht sein. Wenn dieses System zur Durchführung gelangt, dann wird Gerechtigkeit herrschen, und es wird keinen Krieg mehr geben..." („Sonne der Wahrheit“, Mai 1922, Seite 42 ff.)


Die Aufrichtigkeit.

In den Sprüchen Kapitel 26, 24 und 28 lesen wir: „Der Feind verstellt sich mit seiner Rede, und im Herzen ist er falsch.“ „Eine falsche Zunge hasset, der ihn strafet, und ein Heuchelmaul richtet Verderben an.“

‘Abdu’l-Bahá ermahnte Seine Freunde beständig zur Aufrichtigkeit, denn es ist einleuchtend, daß die unter den Bahá’i-Freunden bestehende Aufrichtigkeit die Grundlage für die Bahá’i-Organisation bildet. Es ist leichter, einem aufrichtigen Feinde zu verzeihen, als einem unaufrichtigen Freunde wieder Vertrauen zu schenken.

‘Abdu’l-Bahá hatte einen Feind, der Ihm nach dem Leben trachtete, der viele Hilfe von Ihm hatte. Als einst ein Bahá’i mit Ihm über diese Persönlichkeit sprach, sagte Er: „Ich kenne ihn sehr gut, aber er ist aufrichtig. [Seite 7] Ich liebe einen aufrichtigen Menschen, auch wenn er mein Feind ist. Seine Widersetzlichkeit kommt von seiner Unwissenheit, und in kurzem wird er sie erkennen und bereuen.“ („Sonne der Wahrheit“, Februar 1925, Seite 190.) Daher untersagte 'Abdu'l-Bahá Seinen Freunden, in ihren Gemeinschaften Geheimnisse zu unterhalten. „...Jedes Geheimnis, das zwischen zwei Personen besteht, ist bereits öffentlich, denn jedes Mitglied einer Gemeinschaft hat fraglos einen vertrauenswürdigen Freund, und da es sich mit ihm eins fühlt, setzt es sein ganzes Vertrauen auf ihn. Ebenso hat die zweite Person einen erprobten Freund, dem alles mit vollkommenem Vertrauen erzählt wird. So wird nach und nach der Kreis weiter, und das Geheimnis wird auf aller Lippen sein. Deshalb ist es besser, kein Geheimnis unter euch zu haben. Dies ist passender und angenehmer! . . .“

Wir möchten die vorstehenden Betrachtungen für diesmal mit den Worten unseres Meisters über das göttliche Geheimnis beschließen:

»... Das Geheimnis oder Mysterium Bahás ist die Einheit der Menschheit, universale Liebe, Güte und Barmherzigkeit den gebrochenen Herzen gegenüber, Mitgefühl mit den Bedrückten, Friede und Wohlergehen für alle Menschen, das Wehen der Düfte des Barmherzigen, die Anziehungskraft der Göttlichkeit, Ergebung und Loslösung der Herzen von dieser vergänglichen Welt, Freiheit, Ungebundenheit und Befreiung von Schmerzen und dem Leid dieses Weltlebens usw. Wenn diese Geheimnisse ganz offenkundig sind, werden sie zu ewigem Leben führen ... ." („Sonne der Wahrheit“, Januar 1924, Seite 166.)

Ya Bahá El Abhá!



Unter Bezugnahme auf den Artikel

Das Gebot des Hütertums[Bearbeiten]

in Heft 7 des 11. Jahrganges, September 1931, Seite 78, bringen wir die folgenden Veröffentlichungen


I.

Brief von Mr. Albert R. Windust an Mr. H. G. Pauli:

Haifa, 28. November 1931.

Am Himmelfahrtstage ‘Abdu’l-Bahás.

An Mr. H. G. Pauli, New York. N. Y.


Lieber Bahá’i-Bruder!

Bevor ich Chicago verließ, um den geliebten Hüter und die Heiligen Schreine an dieser gesegneten Stätte aufzusuchen, hatte ich dem Komitee geholfen, Material für das Erscheinen der „Bahá’i News” auszuwählen. Beim Lesen Ihrer Übersetzung des Artikels auf Seite 78 der September-Ausgabe der „Sonne der Wahrheit“, den Sie freundlichst für uns übersetzt hatten, kamen wir auf folgende Stelle:

„Aus diesem Abschnitt erkennen wir unzweideutig die Verordnung des Hüters, d.h. also, daß dieses Amt und diese Einsetzung nicht erst von ‘Abdu’l-Bahá in Seinem Testament erwähnt ist, sondern bereits von Bahá’u’lláh ausgeht . . .“

Der Verfasser des Artikels „Das Gebot des Hütertums“ legt den letzten Willen Bahá’u’lláhs dar, von dem ein Abschnitt des Testamentes angeführt ist, der dem einen oben erwähnten wie folgt vorangeht: „Wahrlich, Gott hat das Amt des Größeren Zweiges (Ghusan Akbar) nach dem Amt des vorherigen (d. h. des Größten Zweiges) verordnet...“, und es ist sehr klar, daß der Verfasser des Artikels glaubt, daß Shoghi Effendi der „Größere Zweig“ ist.

Da ich mir in Chicago vergegenwärtigte, daß dies hinsichtlich des wichtigsten Abschnittes des Testamentes von Bahá’u’lláh ein schwerer Irrtum war, brachte ich sowohl die gedruckte Seite der Zeitschrift als auch Ihre Übersetzung mit zu Shoghi Effendi und bat um seine Stellungnahme hiezu.

Der Hüter sagte: „Dies ist eine falsche Auffassung. Der ‚Größere Zweig‘ ist Muhammed Ali.“ — Er bat mich, an Sie zu schreiben, [Seite 8] um Sie zu bitten, wiederum an Frau Schwarz, der Schriftleiterin der Zeitschrift, zu schreiben, damit dieser Irrtum aufgeklärt wird. Auf Einzelheiten ließ er sich nicht ein, und ist das folgende meine eigene Ansicht.

Wie Sie wissen, ist Shoghi Effendi in dem letzten Willen und Testament ‘Abdu’l-Bahás als „Der Ursprüngliche Zweig“, „Der Gesegnete und Geheiligte Zweig“, „Der Auserwählte Zweig“, „Der Geheiligte und Nützliche Zweig“, „Der Zweig, der sich aus der Frucht ausgebreitet hat, die aus den beiden Geheiligten und Göttlichen Lotusbäumen hervorgegangen ist“ bezeichnet. — Daher ist Shoghi Effendi der erhabene Zweig, nicht aber der „Größere Zweig“, der dem Mittelpunkt des Bündnisses während Seiner Amtszeit auf Erden entgegengesetzt war, und der bei dem Hinscheiden ‘Abdu’l-Bahás die Machtbefugnisse der Sache übernommen haben würde, und dem Gott durch den letzten Willen und das Testament ‘Abdu’l-Bahás zuvorkam, wodurch Er zu gleicher Zeit die Sache vor dem Angriff der Feinde beschützte.

Ich nehme von Ihrem Hinweis auf den „Star of the West“ über den „Infant“ Kenntnis, von dem 'Abdu’l-Bahá erklärte, daß er geboren wäre, und daß von Seiner Sache „ein Wesen der Bewunderung, das in der Zukunft erscheinen würde“, hervorgehen würde. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit außerdem auf die Erklärung ‘Abdu’l-Bahás des (16.) Verses (des 11. Kapitels) der Offenbarung (Johannis) lenken: „Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Stühlen saßen, fielen auf ihr Angesicht und beteten Gott an“, wie sie auf Seite 67 der „Beantworteten Fragen“ zu finden ist1). ‘Abdu’l-Bahá spricht von diesen „Ältesten“ als „Hüter“. — Dies wurde Miß Barney gegenüber in den Jahren 1904-1906 viele Jahre früher ausgesprochen, bevor irgendjemand wußte, daß diese Sache „Hüter“ haben würde, von denen Shoghi Effendi der erste ist. So wurde es vor fast zweitausend Jahren durch St. Johannis deutlich vorhergesehen und aufgezeichnet, daß vierundzwanzig Gesegnete Wesen den Thron Gottes beschützen und umgeben würden, indem sie, woran nicht zu zweifeln ist, jenen Zeitabschnitt ausfüllen werden, den wir als das tausendjährige Reich Christi, die tausend Jahre des Friedens bezeichnen.

„Wie groß ist der Plan der Zeitalter für das Königreich Gottes und seine Aufrichtung sowohl auf Erden als auch im Himmel.“

Ihr Bruder im Dienste der Heiligen Sache (gezeichnet) Albert R. Windust.

*) Vgl. Seite 77 der deutschen Ausgabe. (Die Übersetzerin.)


II.

Auszug

aus dem 11. Kapitel der „Beantworteten Fragen“.

Seite 77 lesen wir:

„... In jedem Zyklus sind es der Wächter (Hüter) und heiligen Seelen zwölf gewesen. So hatte Jakob zwölf Söhne; in der Zeit Moses gab es zwölf Führer oder Stammeshäupter; zur Zeit Christi waren es zwölf Apostel und zur Zeit Muhammeds zwölf Imame. Aber diese glorreiche Manifestation hat vierundzwanzig solcher Seelen, die doppelte Zahl der andern, weil die Größe der Manifestation es erfordert. Diese heiligen Seelen sind in der Gegenwart Gottes, sitzend auf ihrem eigenen Throne, d. h. sie regieren ewiglich.

Obgleich diese vierundzwanzig großen Seelen auf dem Throne ewiger Herrschaft sitzen, verehren sie doch die Offenbarung der universalen Manifestation .. .“


III.

Tablet ‘Abdu’l-Bahás:

„O Dienerin Gottes! Wahrlich, jener Infant ist geboren und lebt und wird von Seiner Sache ein Gegenstand der Bewunderung erscheinen, von dem du in der Zukunft hören wirst. Du sollst Ihn mit der Vollkommsten Gestaltung, Größten Gabe, Größten Kraft und Stärksten Macht sehen. Sein Angesicht glänzet, — ein Glänzen, durch das die Horizonte erleuchtet sind. Vergiß daher diese Erklärung nicht, solange du am Leben bist, da Kennzeichen dafür in den verflossenen Jahrhunderten und Zeitaltern vorhanden sind. Auf dir sei Gruß und Lob!“

(gezeichnet) ‘Abdu’l-Bahá Abbas.

(Aus „Tablets ‘Abdu’l-Bahás“, Band 2, Seite 484.) (Zu I und III aus dem Englischen übersetzt von der Bahá'i-Bewegung in Ostseebad Müritz.)

[Seite 9]


I.

Eines der ersten Tablets,

das von ‘Abdu’l-Bahá offenbart und nach Amerika gesandt wurde:

„O Phönix jener Unauslöschlichen Flamme, die auf dem Heiligen Baum angezündet ist!

Bahá’u’lláh — möge mein Leben, meine Seele und mein Geist als ein Opfer für Seine geringsten Diener dargebracht werden — hat während Seiner letzten Tage auf Erden die nachdrücklichste Verheißung gegeben, daß durch die Ausströmungen der Gnade Gottes und durch die Hilfe und den Beistand, die aus Seinem Königreich in der Höhe gewährt werden, sich Seelen erheben und Heilige Wesen erscheinen werden, die als Sterne das Firmament der belebenden Führung schmücken, den Tagesanbruch der liebevollen Güte und Barmherzigkeit erleuchten, ihr volles Maß göttlicher Inspiration erhalten, die heilige Fackel des Glaubens hoch halten, fest wie der Felsen und unbeweglich wie das Gebirge stehen und wachsen werden, um leuchtende Körper an den Himmeln Seiner Offenbarung, mächtige Kanäle Seiner Gnade, Mittel für die Verleihung von Gottes reichlicher Fürsorge, Herolde, die den Namen Des Einen Wahren Gottes ausrufen werden, und Begründer der erhabensten Grundlage der Welt zu werden.

Diese sollen unaufhörlich bei Tag und bei Nacht arbeiten, sollen weder Prüfung noch Leid beachten, keinen Aufschub in ihren Bemühungen zulassen, keine Ruhe suchen, alle Erleichterung und Bequemlichkeit geringschätzen und, losgelöst und rein, jeden flüchtigen Augenblick ihres Lebens für die Verbreitung des göttlichen Duftes und der Erhöhung des Heiligen Wortes Gottes weihen. Aus ihrem Antlitz wird Himmlische Freude strahlen, und ihre Herzen werden mit Fröhlichkeit erfüllt sein. Ihre Seele wird inspiriert sein, und ihr Fundament wird sicher stehen. Sie sollen sich in der Welt ausbreiten und durch alle Gegenden reisen. Sie sollen ihre Stimme in jeder Versammlung erheben und jede Zusammenkunft schmücken und beleben. Sie sollen in jeder Sprache reden und jede verborgene Bedeutung auslegen. Sie sollen die Geheimnisse des Königreiches offenbaren und jedem die Zeichen Gottes erklären. Sie sollen ebenso hell wie ein Licht in dem Herzen jeder Gemeinschaft brennen und wie ein Stern an jedem Horizont hervorstrahlen. Die sanfte Brise, die aus dem Garten ihrer Herzen hervorgeht, soll die Seelen der Menschen mit Wohlgeruch erfüllen und beleben und die Offenbarungen ihrer Ansichten ebenso wie Regenschauer die Völker und Nationen der Welt stärken.

Ich warte, — warte begierig, daß diese Heiligen erscheinen, und doch, — wie lange wollen sie ihr Kommen hinzögern? Mein Gebet und heißes Flehen zur Abendzeit und in der Morgendämmerung ist, daß diese leuchtenden Sterne ihre Strahlen bald über die Welt ausbreiten mögen, daß ihre heilige Bestätigung den sterblichen Augen enthüllt werden möge, daß die Heere des göttlichen Beistandes ihren Sieg herbeiführen und die Wogen der Gnade, die von Seinem Ozean überfließen, die ganze Menschheit überfluten mögen.

Betet auch ihr und flehet zu Ihm, daß durch die gütige Hilfe der Ewigen Schönheit diese Seelen den Augen der Welt enthüllt werden mögen.

Die Herrlichkeit Gottes ruhe auf dir und auf dem, dessen Antlitz durch jenes immerwährende Licht, das aus Seinem Königreich des Ruhmes hervorscheinet, erleuchtet ist.“


II.

Brief

von Ruhi Afnan an Mr. H. G. Pauli in New York. N. Y.

Haifa, Palästina, 20. November 1931.

Persische Kolonie.


Lieber Herr Pauli!

Shoghi Effendi hat mich gebeten, sowohl den Empfang Ihres Briefes vom 26. September 1931, als auch eine Abschrift des Tablets, das „O Phönix der Unauslöschlichen Flamme, die auf dem Heiligen Baum angezündet ist“ beginnt und eine Abschrift eines Briefwechsels hinsichtlich seiner Echtheit als ein Tablet des Meisters zu bestätigen.

Shoghi Effendi wünschte von mir, Ihnen die Versicherung zu geben, daß es ein Tablet des Meisters ist, das von Ihm wegen der bestimmten Verheißungen, die darin enthalten [Seite 10] sind, nach Amerika gesandt worden ist. Es ist ein Tablet, das unter den persischen Freunden gut bekannt ist, und für einen der ersten Gläubigen und Lehrer der Sache in Persien offenbart worden ist. Mögen die Verheißungen von dem Erscheinen geistig gesinnter Menschen, die dem Dienste des Glaubens geweiht sind, bald verwirklicht werden, denn wir bedürfen ihrer, um die Sache zu ihrem endlichen Siege über die dunklen Kräfte, die die menschliche Gesellschaft in diesen, unseren unruhigsten Tagen verheeren, zu führen.

Ihr sehr ergebener

(gezeichnet) Ruhi Afnan.

(Zu I und II: Aus dem Englischen übersetzt von der Bahá’i-Bewegung in Ostseebad Müritz.)


RESUME XX


Einiges zum gegenwärtigen Stand der Welthilfssprachen-, insbesondere der Esperanto-Bewegung[Bearbeiten]

Von Theodor Lang, München

Finen der Grundpfeiler des Bahá’i-Lehrgebäudes bildet die Forderung: „Es muß eine Einheitssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden.“ Für die Einheitssprache hatte Bahá’u’lláh die Möglichkeit im Auge, daß statt einer der bestehenden Sprachen eine neue Sprache Weltsprache werde (vgl. den Aufsatz der Geistigen Arbeitsgemeinschaft in Schwerin in: „Sonne der Wahrheit“ 1930, Heft 7, S. 98ff.!). Von den neu geschaffenen Sprachen aber hat zweifellos zur Zeit Esperanto schon wegen seiner Verbreitung die meiste Aussicht als solche gewählt oder wenigstens berücksichtigt zu werden. Auch unter den Bahá’i-Freunden hat es zahlreiche Anhänger. Eine eigene Zeitschrift (La Nova Tago — Der Neue Tag; Verlag in Weinheim a. d. B., Friedrich-Vogler-Str. 4) verkündet unsere Lehren in dieser Sprache, die auch schon auf manchem Esperanto-Kongreß Gesinnungsfreunde ungleicher Muttersprache zusammenzuführen und für unsere Sache bei Angehörigen der verschiedensten Sprachgebiete zu werben im Stande war. ‘Abdu’l-Bahá selbst sagte in Paris, wie der oben erwähnte Aufsatz mitteilt, über Esperanto: „Ich hoffe, daß Esperanto angenommen wird als die Sprache für alle künftigen internationalen Konferenzen und Kongresse, damit alle Menschen nur zwei Sprachen zu erlernen brauchen: ihre Muttersprache und die internationale Sprache... Deshalb hoffe ich, daß ihr die größten Anstrengungen machen werdet, damit die Esperantosprache weit verbreitet werde.“ Bemerkenswert ist dabei, daß der Meister hier, wohl im Sinne fast aller Anhänger des Weltsprachegedankens, von der internationalen Sprache als der Welthilfssprache redet, die neben die Muttersprache tritt, sie also nicht verdrängen soll.

In Anbetracht alles dessen dürfte es wohl angebracht sein, wenn ich an dieser Stelle in Ergänzung meiner auf S. 82 und 83 des Septemberheftes 1931 unserer Zeitschrift dem Esperanto-Pressedienst des Deutschen Esperantobundes entnommenen Mitteilungen einiges zusammentrage, was den gegenwärtigen Stand insbesondere der Welthilfssprache Esperanto zeigt.

Esperantofreunde aus der ganzen Welt treffen sich schon seit 1905 regelmäßig jedes Jahr auf den sog. Allgemeinen oder Weltkongressen, bei denen Esperanto einzige Verhandlungssprache und auch die Sprache der Gottesdienste für verschiedene Bekenntnisse sowie der Theater und sonstiger öffentlicher Veranstaltungen, seit einigen Jahren auch der wissenschaftlihen Vorlesungen ist, die eigens aus diesem Anlaß stattzufinden pflegen. 1931 fand der Kongreß mit Teilnehmern aus mehr als dreißig Völkerschaften in Krakau statt, dessen Mauern auch schon 1912 eine gleiche Versammlung beherbergt hatten. Im nächsten Jahr soll er in Paris abgehalten werden. Ein großer Teil der über die ganze Erde verbreiteten Anhänger des Esperanto ist zu einer schon lange bestehenden, [Seite 11] doch im Laufe der Jahre immer geschlossener gestalteten Einheit zusammengefaßt, deren Spitze der Hauptausschuß der Esperanto-Bewegung in Genf ist. Für die einzelnen Länder gibt es Länderverbände, so für Deutschland den Deutschen Esperantobund (Berlin SW 61, Johanniterstr. 9), der die Förderung der Welthilfssprache Esperanto im Deutschen Reiche ohne Rücksicht auf irgendwelche besondere Ziele zur Aufgabe hat. Auch bei ihm entspricht es langjährigem Herkommen, regelmäßige Jahresversammlungen zu halten. 1931 war Hamburg der Tagungsort, 1932 soll es Chemnitz werden. Zu den bisher erwähnten großen Zusammenschlüssen kommen noch allerhand Vereinigungen, die Esperanto in den Dienst irgendwelcher Sonderbestrebungen stellen. Auch sie halten Tagungen ab und bilden Verbände innerhalb der Länder und über diese hinaus bis zum Weltbund. Erwähnt seien hier bloß die durch die hohe Mitgliederzahl sich auszeichnenden Vereinigungen der Arbeiter.

Gute Dienste leistet seit einigen Jahren der Welthilfssprache Esperanto der Rundfunk. Durch Darbietung von Lehrkursen und in sonstiger Weise verbreitet er das Wissen um diese Welthilfssprache und ermöglicht vielen in bequemer Art deren Erlernung. Auch fördert die heutige Entwicklung und Stellung des Rundfunks die Erkenntnis, daß die Einführung einer Welthilfssprache die einzige Lösung der Schwierigkeit bedeutet, Hörern verschiedener Sprachgebiete gleichzeitig und gleich gut gerecht zu werden. Im allgemeinen läßt sich natürlich der Erfolg von Esperantokursen im Rundfunk schwer feststellen. Doch bietet hiefür einen Anhaltspunkt die jeweilige Zunahme des Verkaufs von Esperantolehrbüchern, namentlich solchen, die im Kurs empfohlen wurden. In dieser Beziehung konnten z. B. vor mehreren Jahren in München bemerkenswerte und erfreulihe Feststellungen gemacht werden, in den letzten Monaten aber auch wieder an ganz anderer Stelle, im fernen Osten. Gelegentlich des von der Rundfunkstelle JOBK in der japanischen Stadt Osaka in der Zeit vom 20. Juli bis 31. August 1931 abgehaltenen Esperantokurses wurden nämlich nicht weniger als 20000 Lehrbücher verkauft. In diesem Zusammenhang mag auch die Beobachtung verzeichnet werden, daß die Völker des fernen Ostens überhaupt den Wert des Esperanto sehr richtig erkannt haben.

Seitens der Staaten erfährt Esperanto zwar großenteils noch keine unmittelbare Pflege, aber immerhin Förderung im einzelnen und zunehmende Beachtung. So konnte auf dem Krakauer Kongreß festgestellt werden, daß seine Einführung allenthalben trotz der Wirtschaftskrise erfreuliche Fortschritte macht und die Unterstützung immer weiterer maßgebender Kreise und auch vieler Staatsleitungen findet.

In diesem Zusammenhang darf auch eine Äußerung des britischen Staatsmanns Winston Churchill angeführt werden. Sie verrät immerhin eine hohe Einschätzung des Esperanto und dessen, was damit in Verbindung steht. Churchill sagt bei der Aussprache über die englische Thronrede im November 1931: „»...Ich vertraue darauf, daß die Regierung ...ihren ganzen Einfluß benutzen wird, um die Länder, die Gold gehortet haben, zu veranlassen, daß sie es wieder seiner Funktion als Wertmesser zuführen. Wenn dies nicht möglich ist, dann erwarte ich von der Regierung, daß sie eine Art von Esperantowährung ... schaffen wird.“ Zur Erklärung sei beigefügt, daß die „Esperantowährung“ ein im Jahre 1906 von dem Universitätsprofessor René de Saussure in Genf erdachtes System für eine internationale Geldrechnung ist. Als Grundlage wählte dieser eine Goldmenge von 10 g und 11/12 Reinheit, weil sie ungefähr den Goldmünzen der europäischen Kulturnationen entsprach. Durch die Berechnung des Goldinhalts dieser einzelnen Münzen stellte er dann fest, wieviel die von ihm erdachte Münze in den Währungen der verschiedenen Nationen wert sei, und nannte den zehnten Teil dieser seiner angenommenen Münze „Spesmilo“. Im Geldwert entsprach ein Spesmilo Mk. 2,046, Frs. 2,526 oder sh. 2,0031.

Ganz besonders hat in der letzten Zeit das Fürstentum Liechtenstein die Vorteile der Welthilfssprache Esperanto für sich auszuwerten versucht. Als erster Staat hat es seine amtlichen Postkarten mit Esperantotext versehen und vor kurzem auch solche mit prächtigen [Seite 12] Ansichten des Landes und erläuterndem Text dazu in Deutsch und Esperanto herausgegeben. Dabei sind die zuletzt erwähnten Karten in ihrem Zweifarbendruk eine völlige Neuheit auf diesem Gebiet und deswegen auch für Briefmarken- und Postkartensammler von besonderem Wert. Die Zeichnungen und Lichtbilder stammen von dem bekannten Wiener Künstler Hofrat Kosel.

(Schluß folgt.)



Professor August Forel[Bearbeiten]

Das Testament Forels, aus dem wir nachstehendes Glaubensbekenntnis des großen Forschers und Gelehrten anführen, wurde auf seinen Wunsch über seinem Sarg von seinem Enkel vorgelesen. Kein Nachruf sollte diesem folgen. So hat gleichsam der Abgeschiedene jenseits vom Grabe noch einmal zu den Seinen gesprochen. Der Eindruck, den dieses Testament auf die überaus zahlreichen Besucher der Totenfeier und auf weite Kreise über die Landesgrenzen der Schweiz hinaus gemacht hat, war ein tief ergreifender und nachhaltiger.

Von befreundeter Seite lesen wir: Durch das „Testament“ von Prof. August Forel ist in der Schweiz der Boden für die Bahá’i-Lehre äußerst günstig vorbereitet. Ich nehme an, daß Sie dieses „Testament“ gelesen haben, gebe aber zur Sicherheit die uns am meisten interessierenden zwei Stellen an:

„Es bleibt nichts mehr übrig, als die einzig wirkliche, rein menschlich-irdische Religion der Bahá’i oder der sozialen Wohlfahrt, welche Bahá’u’lláh in Persien schon im Jahre 1862 proklamiert hatte mit ihren Geboten der Solidarität oder sozialen Moral, und mit ihren Gefühlen der Sympathie und der Aufopferung an die Menschen, unsere Brüder.“

„Erst im Jahre 1920 habe ich in Karlsruhe die suprakonfessionelle Weltreligion der Bahá’i kennengelernt, die durch den Perser Bahá’u’lláh schon vor ungefähr 70 Jahren im Orient gegründet wurde. Das ist die wahre Religion des sozialen Wohls, die alle Menschen auf unserer kleinen Erdkugel unter sich verbindet; sie hat keine Dogmen, keine Priester. Ich bin Bahá’i geworden. Möge diese Religion zum Wohle der Menschheit weiter bestehen und gedeihen, das ist mein heißester Wunsch.“



Zum Jahreswechsel[Bearbeiten]

Allen unseren Lesern wünschen wir ein segensvolles neues Bahá’i-Jahr, das am 21. März mit dem Frühlingseinzug seinen Anfang nimmt. Möge sich die Lehre Bahá’u’lláhs immer mehr über die ganze Welt hin verbreiten und Seine Gesetze Geltung finden. Durch die Erkenntnis der Größe und Wichtigkeit Seiner Verordnungen wird der Menschheit der Weltfrieden geschenkt werden. Stehen auch schicksalsschwere Zeiten vor uns, so dürfen wir doch nicht verzagen, denn ein neues Morgenrot leuchtet am Himmel.

Alláh o Abhá.



In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an das Bahá’i-Bureau Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.


[Seite 13]


Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]

Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.

Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.

Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.

In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).

Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Ighan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (größtes heiliges Buch), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.

Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheitssprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.

Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)


[Seite 14]


Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart

Fernsprecher Nr. 26168 / Postscheckkonto 25419 Stuttgart / Alexanderstr. 3, Nebengebäude

In unserem Verlag sind erschienen:


Bücher:

Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Worte der Weisheit und Gebete . . . —.80

Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. In Halbleinen gebunden . . . . . 2.00

in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen in Paris über die Bahá’i-Lehre . . . . . . 2.50

Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. . . . . 2.50

'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. In Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--

Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase. Kartoniert M. 3.--, in Halbleinen gebunden . . . . 3.50

Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont. In Ganzleinen gebunden . . . . . 3.50

Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt von L. Clifford Barney . . . . 3.50


Broschüren:

Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit. Von Dr. jur. H. Dreyfus . . . -.30

Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") . . . -.30

Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey . . . . —.30

Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Grossmann, Weinheim (Bergstrasse) . . . . —.20

Sonne der Wahrheit, in Halbleinen gebunden je . . . . 6.--


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