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SONNE DER WAHRHEIT | ||
ORGAN DER DEUTSCHEN BAHAI | ||
HEFT 9 | 10. JAHRGANG | NOV. 1930 |
Abdu’l-Bahás Erläuterung der Bahá’i-Prinzipien[Bearbeiten]
1. Die ganze Menschheit muss als Einheit betrachtet werden.
Bahá’u’lláh wandte Sich an die gesamte Menschheit mit den Worten: „Ihr seid alle die
Blätter eines Zweigs und die Früchte eines Baumes“.
Das heißt: die Menschheit gleicht einem Baum und die Nationen oder Völker gleichen
den verschiedenen Aesten und Zweigen; die einzelnen Menschen aber gleichen den Blüten und
Früchten dieses Baumes. In dieser Weise stellte Bahá’u’lláh das Prinzip der Einheit der
Menschheit dar. Bahá’u’lláh verkündigte die Einheit der ganzen Menschheit, er versenkte sie
alle im Meer der göttlichen Gnade.
2. Alle Menschen sollen die Wahrheit selbständig erforschen.
In religiösen Fragen sollte niemand blindlings seinen Eltern und Voreltern folgen. Jeder muß mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und die Wahrheit suchen, denn die Religionen sind häufig nichts anderes als Nachahmungen des von den Eltern und Voreltern übernommenen Glaubens.
3. Alle Religionen haben eine gemeinsame Grundlage.
Alle göttlichen Verordnungen beruhen auf ein und derselben Wirklichkeit. Diese Grundlage ist die Wahrheit und bildet eine Einheit, nicht eine Mehrheit. Daher beruhen alle Religionen auf einer einheitlichen Grundlage. Im Laufe der Zeit sind gewisse Formen und Zeremonien der Religion beigefügt worden. Dieses bigotte menschliche Beiwerk ist unwesentlich und nebensächlich und verursacht die Abweichungen und Streitigkeiten unter den Religionen. Wenn wir aber diese äußere Form beiseite legen und die Wirklichkeit suchen, so zeigt sich, daß es nur eine göttliche Religion gibt.
4. Die Religion muss die Ursache der Einigkeit und Eintracht unter den Menschen sein.
Die Religion ist für die Menschheit die größte göttliche Gabe, die Ursache des wahren Lebens und hohen sittlichen Wertes; sie führt den Menschen zum ewigen Leben. Die Religion sollte weder Haß und Feindschaft noch Tyrannei und Ungerechtigkeiten verursachen. Gegenüber einer Religion, die zu Mißhelligkeit und Zwietracht, zu Spaltungen und Streitigkeiten führt, wäre Religionslosigkeit vorzuziehen. Die religiösen Lehren sind für die Seele das, was die Arznei für den Kranken ist. Wenn aber ein Heilmittel die Krankheit verschlimmert, so ist es besser, es nicht anzuwenden.
5. Die Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen.
Die Religion muß mit der Wissenschaft übereinstimmen und der Vernunft entsprechen, so daß die Wissenschaft die Religion, die Religion die Wissenschaft stützt. Diese beiden müssen unauflöslich miteinander verbunden sein.
6. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
Dies ist eine besondere Lehre Bahá’u’lláhs, denn die früheren Religionen stellen die Männer über die Frauen. Töchter und Söhne müssen gleichwertige Erziehung und Bildung genießen. Dies wird viel zum Fortschritt und zur Einigung der Menschheit beitragen.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen abgelegt werden.
Alle Propheten Gottes kamen, um die Menschen zu einigen, nicht um sie zu trennen. Sie kamen, um das Gesetz der Liebe zu verwirklichen, nicht um Feindschaft unter sie zu bringen. Daher müssen alle Vorurteile rassischer, völkischer, politischer oder religiöser Art abgelegt werden. Wir müssen zur Ursache der Einigung der ganzen Menschheit werden.
8. Der Weltfriede muss verwirklicht werden.
Alle Menschen und Nationen sollen sich bemühen, Frieden unter sich zu schließen. Sie sollen darnach streben, daß der universale Friede zwischen allen Regierungen, Religionen, Rassen und zwischen den Bewohnern der ganzen Welt verwirklicht wird. Die Errichtung des Weltfriedens ist heutzutage die wichtigste Angelegenheit. Die Verwirklichung dieses Prinzips ist eine schreiende Notwendigkeit unserer Zeit.
9. Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Erziehung geniessen.
Alle Menschen müssen erzogen und belehrt werden. Eine Forderung der Religion ist, daß jedermann erzogen werde und daß er die Möglichkeit habe, Wissen und Kenntnisse zu erwerben. Die Erziehung jedes Kindes ist unerläßliche Pflicht. Für Elternlose und Unbemittelte hat die Gemeinde zu sorgen.
10. Die soziale Frage muss gelöst werden.
Keiner der früheren Religionsstifter hat die soziale Frage in so umfassender, vergeistigter Weise gelöst wie Bahá’u’lláh. Er hat Anordnungen getroffen, welche die Wohlfahrt und das Glück der ganzen Menschheit sichern. Wenn sich der Reiche eines schönen, sorglosen Lebens erfreut, so hat auch der Arme ein Anrecht auf ein trautes Heim und ein sorgenfreies Dasein. Solange die bisherigen Verhältnisse dauern, wird kein wahrhaft glücklicher Zustand für den Menschen erreicht werden. Vor Gott sind alle Menschen gleich berechtigt, vor Ihm gibt es kein Ansehen der Person; alle stehen im Schutze seiner Gerechtigkeit.
11. Es muss eine Einheitssprache und Einheitsschrift eingeführt werden.
Bahá’u’lláh befahl die Einführung einer Welteinheitssprache. Es muß aus allen Ländern ein Ausschuß zusammentreten, der zur Erleichterung des internationalen Verkehrs entweder eine schon bestehende Sprache zur Weltsprache erklären oder eine neue Sprache als Weltsprache schaffen soll; diese Sprache muß in allen Schulen und Hochschulen der Welt gelehrt werden, damit dann niemand mehr nötig hat, außer dieser Sprache und seiner Muttersprache eine weitere zu erlernen.
12. Es muss ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
Nach dem Gebot Gottes soll durch das ernstliche Bestreben aller Menschen ein Weltschiedsgerichtshof geschaffen werden, der die Streitigkeiten aller Nationen schlichten soll und dessen Entscheidung sich jedermann unterzuordnen hat.
Vor mehr als 50 Jahren befahl Bahá’u’lláh der Menschheit, den Weltfrieden aufzurichten und rief alle Nationen zum „internationalen Ausgleich“, damit alle Grenzfragen sowie die Fragen nationaler Ehre, nationalen Eigentums und aller internationalen Lebensinteressen durch ein schiedsrichterliches „Haus der Gerechtigkeit" entschieden werden können.
Bahá’u’lláh verkündigte diese Prinzipien allen Herrschern der Welt. Sie sind der Geist und das Licht dieses Zeitalters. Von ihrer Verwirklichung hängt das Wohlergehen für unsere Zeit und das der gesamten Menschheit ab.
SONNE DER WAHRHEIT Organ der deutschen Bahá’i Herausgegeben vom Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes, Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz-Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis vierteljährlich 1.80 Goldmark, im Ausland 2.– Goldmark |
Heft 9 | Stuttgart, im November 1930 Qudrat (Stärke) 87 |
10. Jahrgang |
Motto: Einheit der Menschheit — Universaler Friede — Universale Religion
Inhalt: Das Heilige Buch der Gewißheit. — Weltgeschehen und Bahá’i-Lehre. — Bahá’u’lláh. — Bahá’i-Brief über Indien und Birma.
„Bahá’u’lláh stieg am Horizont des Ostens empor. Wie der Glanz der Sonne trat Er in die Welt. Er widerstrahlte die Wirklichkeit der göttlichen Religion, zerstreute das Dunkel der Nachahmungen, legte den Grundstein neuer Lehren und erweckte die Welt. — — — Viele Menschen und Sekten in Persien haben durch die Führung und die Lehre von Bahá’u’lláh die Wahrheit gesucht!“
'Abdu'l-Bahá
Es gibt nur ein Ziel: Klarheit,
Es gibt nur einen Weg: Wahrheit,
Es gibt nur ein Glück: Reinheit,
Es gibt nur einen Gedanken: Einheit,
Es gibt nur eine Liebe: Menschheit,
Es gibt nur einen Glauben: Ewigkeit,
Es gibt nur eine Erlösung: Gottheit!
M-L. F.
Das Heilige Buch der Gewißheit[Bearbeiten]
(Fortsetzung)
(Kitab-El-Iqan aus der Feder von Bahá’u’lláh)
Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Dr. A. Mühlschlegel
O mein Bruder, laß dich durchdringen von dem Geist der Auferstehung, und weise die Ausdeutungen, welche die Abtrünnigen machen, von dir! Wenn du dich nur ein wenig von den Dingen dieser Welt loslöstest, so würdest du sehen: es läßt sich weder ein Tag von größerer Bedeutung, noch ein größeres Auferstehen ausdenken. An diesem Tag wiegt eine einzige gute Tat alle jene auf, die in hunderttausend Jahren vollbracht wurden. Doch, Gott vergebe mir solch einen Vergleich, es ist unmöglich, den Wert einer guten Tat an diesem Tag zu schätzen! Die Toren, welche weder die Tragweite der Auferstehung noch das Nahen des Gerichts erfassen konnten, haben sich für immer der göttlichen Gnade beraubt. Während das Ziel des Wissens und die Schwierigkeiten gerade darin bestehen, diese erhabene Stufe. zu erleben, da bleiben sie befangen in irdischen Beschränkungen, die ihnen keine Ruhe geben, und verzichten auf das Wesen der Erkenntnisse, auf das Ziel alles Sehnens. Man könnte sagen, sie haben nicht einmal einen Schluck aus dem Meere göttlicher Erkenntnis getrunken und sie haben nicht einen Tropfen aus den Wolken der unendlichen Barmherzigkeit empfangen.
Kann man von einem Menschen, der am Tage der Manifestation Gottes nicht dazu gelangt, den Segen Seiner Begegnung und die Wohltaten Seiner Belehrung zu empfangen, sagen, er sei ein Wissender, selbst wenn er tausend Jahre die Schulen durchlaufen und dort alle möglichen Kenntnisse erworben hätte? Nein! — Merkt es euch! Wenn dagegen ein Mensch, der nie eine Schule besucht hat, diese auserlesene Ehre erlangt, wird er eben dadurch eine göttliche Erziehung erhalten, denn er wird das höchste Wissen empfangen. Das ist gerade eines der eigensten Kennzeichen der Manifestationen, denn es ist gesagt: „Er erhöhet die Demütigen und erniedrigt die Großen.“ Und anderswo: „Wir haben die unterdrückten Bewohner des Landes mit unserer Gunst überschütten wollen; wir haben sie zu Imamen erwählen und zu Erben des Landes einsetzen wollen.“ (Koran VIII, 4.) Und heute — wieviele Gelehrte haben sich von Gott abgewandt und sind zur äußersten Unwissenheit herabgesunken, und ihre Namen sind auf immer aus der Reihe der Berufenen ausgelöscht. Und wieviele Einfältige, welche die Wahrheit annahmen, sind zum allerhöchsten Wissen emporgestiegen! Ihre Namen sind durch die Feder der Macht und der Kraft auf die Tafeln der Weisheit eingegraben.
Wird ein Beweis nicht nutzlos, wenn er schon einmal erbracht ist, und tut es noch not, nach Aufklärung zu suchen, wo man sie erlangt hat?
Höret, ihr Völker der Erde, ein Jüngling, von göttlichem Feuer umhüllt, hat die Ebenen des Geistes durcheilt, um euch das Kommen der Lampe Gottes zu verkünden und um eure Achtsamkeit nach dem Irak, dem göttlichen Horizonte zu lenken, wo unter dem Schleier des Lichtes Einer für alle sichtbar ist in Seinem verborgenen Mysterium.
O mein Freund, wenn du dich in den Himmel der Bedeutung des Koran erhebst
und wenn du dir die göttliche Belehrung erwirbst, die darin enthalten ist, wieviel
Tore des Wissens werden sich dir dann öffnen! Du wirst sehen und kannst nicht mehr
zweifeln, daß das, was in unseren Tagen die Menschen von den Küsten des ewigen
Meeres ferne hält, auch zur Zeit des Forkan die Völker davon abgehalten hat,
Muhammed anzuerkennen und Ihm nachzufolgen; und du wirst die Geheimnisse der
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Wiedergeburt und der Propheten verstehen. Du wirst dann in den hehren Palästen der Gewißheit
und der Ruhe weilen.
Zur Zeit des Forkan geschah es, daß die Menge derer, welche die unvergleichliche Schönheit verleugneten und darum für immer aus dem ewigen Tempel ausgeschlossen waren, scherzten und sprachen: „Gott hat uns verheißen, wir brauchten erst an einen Propheten zu glauben, wenn dieser Prophet ein Opfer darbringe, welches das Feuer des Himmels alsbald verzehret.“ (Koran III, 179.) Diese Toren behaupteten: „Wir brauchen nur an die Propheten zu glauben, welche die Wunder von Kain und Abel vollbringen.“ Muhammed gab zur Antwort: „Propheten sind zu euch gekommen und haben Wunder getan, und selbst Der, von Dem ihr sprecht. Was habt ihr sie denn getötet? Sagt es, wenn ihr wahrhaftig seid!“ (Koran III, 180.)
Denket daran! Diese Menschen zur Zeit des Forkan haben nicht wissen können, was Jahrtausende früher, zu Adams Zeit, geschehen war. Warum sie also des Mordes an dem Propheten bezichtigen? Entweder war Muhammed unrichtig und trügerisch, oder bedeutet dies, daß die elenden Mörder der Propheten dieselben gewesen waren zu allen Zeiten. Vertiefe dich nur ein wenig darein und das balsamische Wehen der Einsicht wird dir vom Lande der Barmherzigkeit her nahen und dein Geist wird den Garten der Belehrung erreichen durch die liebevollen Erklärungen des Vielgeliebten. Die Menschen haben in ihrer Nachlässigkeit nicht den Wert dieser hohen Worte erfaßt. Sie haben die Antwort nicht hinreichend befunden. Und so haben sie dieses höhere Wesen für unwissend und töricht erachtet.
„Ehedem hatten sie Gott gebeten, ihnen Sieg zu verleihen über die Ungläubigen. Und als dann Der, den sie kannten, zu ihnen kam, da haben sie sich geweigert, Ihm zu folgen. Der Fluch Gottes treffe die Ungläubigen!“ (Koran II, 83.)
Die Menschen zu Zeiten Muhammeds — gleichen sie nicht jenen alter Zeiten, die kein besseres Mittel wußten, die Sache Gottes zu verkünden, als sich zu bekämpfen und zu streiten? Und dabei waren sie doch nicht mehr jene Menschen aus Jesu Zeiten. Und weiter: „Der, von dem sie wußten“, war Moses, der Offenbarer der Bibel, oder Jesus, der Offenbarer der Evangelien. Warum dann sagen: sie kannten Muhammed und haben sich geweigert, Ihm zu folgen, da Er einen anderen Namen trug, aus einer anderen Stadt kam, eine andere Zunge redete, ein anderes Gesetz verkündete? Was bedeuten diese Worte?
Verstehet doch, was mit der Wiederauferstehung gemeint ist. Wie klar ihre Bedeutung im Koran selbst ersichtlich ist, obgleich bis auf den heutigen Tag kein Mensch sie verstanden hat. Siehst du nicht, daß Muhammed das Wiederauferstehen früherer Propheten war und Seine Jünger wiederkehrende einstmalige Jünger? Wenn ihr das leugnet, so verleugnet ihr das Buch, das doch der größte Beweis ist. Und wenn ihr es verstehet, so werdet ihr mit eigenen Augen das Auferstehen des Heiligen Geistes in den lichtvollen, erleuchteten Körpern der Menschen schauen. Dann werdet ihr mit den heiligen Wassern des Wissens die so verdunkelten Seelen von dem Staube der Unwissenheit reinigen und mit der himmlischen Macht des göttlichen Wissens werdet ihr den Weg, der zur Morgenröte der Führung geht, von dem unterscheiden, der in die Nacht des Irrtums führt. Ihr werdet wissen, daß die, welche die Macht der Einheit in sich haben und in der Welt mit neuen Geboten und mit einer neuen Wahrheit erschienen sind, auf den Flügeln der Unsterblichkeit vom Himmel des göttlichen Willens herabstiegen, daß sie alle eine einzige und gleiche Seele sind und eine einzige Wesenseinheit, daß sie alle vom Kelche göttlicher Liebe trinken und sich von den Früchten des Baumes der Einheit nähren.
Es gibt zweierlei Art, die Manifestationen Gottes zu betrachten: die erste ist, ihren
Zustand als solchen, rein und ungetrübt, ins Auge zu fassen: den Zustand der
unvergleichlichen Einheit. Auf dieser Stufe könnt ihr die Propheten mit einem einzigen Namen
benennen und ihnen allen die gleichen Eigenschaften geben. Es ist gesagt: „Wir machen
keinen Unterschied zwischen den Propheten Gottes.“ (Koran II, 285.) Denn sie alle
erziehen die Menschen
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zur Einheit Gottes und geben ihnen die frohen Botschaften des unerschöpflichen
Kauther (Lebenswasser) der Barmherzigkeit. Sie alle haben das herrliche Gewand des
Prophetentums angelegt. Dies hat Muhammed gesagt: „In mir sind alle Propheten verkörpert
und ebenso bin ih Adam, Noah, Moses, Jesus.“ Das gleiche wurde durch Ali gesagt, durch
alle Quellen ewiger Worte und durch alle Schatzkammern ohnegleichen, welche die Ausstrahlung
der Gebote. und die Morgenröten der Ursachen sind und über aller Einreihung
stehen. „Unsere Sache ist eine“, sagt das Hadiß. Darum sind die Manifestationen
einheitlich. Die Imame haben gesagt: „Unser Anfang, unsere Mitte, unser Ende ist alles
Muhammed.“
Ihr wißt doch und könnt nicht mehr daran zweifeln, daß die verschiedenen Propheten als Körper der Sache Gottes, unter verschiedenen Gesichtspunkten erschienen sind. Und wenn ihr darauf achtet, so werdet ihr erkennen, daß sie alle im gleichen Garten wohnen, in denselben Höhen schweben, auf dem gleichen Teppich ruhen, die gleiche Sprache sprechen, die gleichen Gesetze verkündigen. So ist die Einheitlichkeit dieser Essenzen der Existenz und dieser unermeßlichen Sonnen. Wenn die eine dieser Manifestationen sagt: „Ich bin jener Prophet und auf die Erde wiedergekommen“, so sagt sie die Wahrheit. Es ist gewiß, daß jedes Kommen die Wiederkehr des Vorhergegangenen ist. Und wenn nach den Schriften die Wiederkehr der Propheten sicher ist, so ist es auch die der Auserwählten. Jedes weitere Wort ist überflüssig.
Desgleichen, als Gott Noah auf die Erde entsandte und er vom göttlichen Horizonte erschien, empfingen alle die, welche an ihn glaubten, ein neues, wunderbares und rein geistiges Leben. Vordem waren sie durch die Sorgen dieser Welt gehemmt, durch ihre Frauen, ihre Kinder, ihre irdischen Bedürfnisse und anderes mehr, so sehr, so daß sie nur einen Gedanken hatten: Güter zu erringen, die vergänglich sind. Mehr noch: ehe sie in die Tiefen des Meeres des Glaubens tauchten, waren sie so sehr in den Sitten ihrer Vorfahren verankert, deren Gebräuche und Religion sie befolgten, daß die Drohung des Todes sie nicht bewogen hätte, diese aufzugeben. Ein jedes Volk sprach immer wieder: „Wir haben unsere Väter diesen Gottesdienst halten sehen und wir wandeln in ihren Spuren.“ (Koran XLIII, 22.)
Trotz all dieser mannigfaltigen Hüllen, die sie umgaben, und aller Schranken, die sie voneinander trennten, haben sie, als sie den Wein des Glaubens aus dem Kelche der Gewißheit getrunken hatten, den ihnen die Manifestation Gottes reichte, ihre Gewohnheiten derartig aufgegeben, daß sie ihren Weibern, ihren Kindern, ihren Gütern, ihren Geräten und anderem mehr entsagten, und den Ruf ewiger Freuden vernehmend die Welt und alles, was darinnen ist, für nicht mehr als ein Hälmchen Stroh achteten. Waren sie da nicht neu erschaffen?
(Forts. folgt.)
Weltgeschehen und Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Von der Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft in Schwerin (Mecklenburg).
Die vierzehn Punkte Wilsons.
Nach den Mitteilungen in den Tageszeitungen ist in letzter Zeit in Deutschland mehrfach von den vierzehn Punkten des verstorbenen amerikanischen Präsidenten Wilson gesprochen worden, so zum Beispiel in der Sitzung des Reichstages vom 16. Oktober d. J. Um eine befriedigende Lösung des Friedens herbeizuführen, ist eine Rückkehr zu diesen genannten Punkten gefordert worden.
Es sei uns nun gestattet, folgendes mitzuteilen:
Am 25. April 1912 fand im Heime des türkischen Gesandten in Washington, Zea Pascha, zu Ehren ‘Abdu’l-Bahás ein Festessen statt, an dem eine große Anzahl Staatsmänner und Regierungsbeamten teilnahmen.
Nach Schluß dieser Veranstaltung suchte der frühere Präsident Wilson ‘Abdu’l-Bahá
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auf und wurde von Ihm empfangen. („Star of the West“, Juni 1928, Seite 90/91.) Präsident
Wilson wußte daher von der Bahá’i-Lehre und gründete auf die Prinzipien derselben
später seine „vierzehn Punkte“.
'Abdu'l-Bahá sagte hierüber: (Ostern 1921 am See Genezareth.) „... Manche nehmen die Lehren an und verbreiten sie unter ihrem eigenen Namen. Vor fünfzig Jahren waren die Gedanken für den universalen Frieden und den Weltschiedsgerichtshof noch nicht so bekannt. Heute werden diese Gedanken von vielen auf ihre eigene Weise benützt. Ich verbreitete diese Gedanken durch zahlreiche Zeitungen sowie in den Kirchen in Amerika und ebenso in Europa. Die vierzehn Punkte des Präsidenten Wilson sind auf diese Prinzipien gegründet, aber er verbreitete sie unter seinem eigenen Namen. Das Wort Gottes ist mächtig. Es wird (die Welt) durchdringen.“ („Sonne der Wahrheit“, Februar 1922, Seite 190.)
Und weiter heißt es: „... Die Bahá'i-Lehre bedeutet Leben. Sie ist die Lehre der Liebe und Güte von Mensch zu Mensch. Sie schafft eine Verbindung unter den: Nationen und Religionen. Sie beseitigt jeden Gegensatz. Wenn diese Lehre überall verbreitet ist, wird der Krieg eine überwundene Sache sein und der universale Friede wird zustande kommen. Die Vereinigung der ganzen Menschheit wird sich bewahrheiten und sich verwirklichen. Religion und Wissenschaft werden Hand in Hand gehen. Dann wird die Menschheit eine Familie sein. Fs wird keine Bevorzugung unter den Rassen und Nationen — wie, Franzosen, Engländer, Amerikaner, Araber, Türken oder Perser — mehr geben. Sie alle werden ein vereintes Volk bilden!“ („Sonne der Wahrheit“, April 1923, Seite 17.)
Der Zustand Europas.
Der Sonderkorrespondent der „Saturday Review“ in Rom stellt Betrachtungen über eine Revision der Friedensverträge, die nach dem Weltkrieg abgeschlossen worden sind, an. In denselben gibt er die Ansicht führender italienischer Staatsmänner wieder. Nachdem er Vorschläge zur Abänderung der Verträge gemacht hat, schreibt er: „Wenn nicht bald Schritte in genanntem Sinne ergriffen werden, muß eine Explosion erfolgen, die das gesamte Rahmenwerk der Friedensverträge gefährden wird.“
Wir möchten hierzu die folgenden Worte 'Abdu'l-Bahás, die Er im November 1919 gesprochen hat, anführen: „... dieser Krieg ist zur Ursache des Völkerhasses geworden. Zum Beispiel werden die Deutschen nicht vergessen, die Österreicher werden nicht vergessen, die Bulgaren werden nicht vergessen und die Türken desgleichen nicht. Auf einer Seite wird sich der Lärm der Sozialisten erheben, auf der anderen der Sturm der Bolschewisten, hier treten die Forderungen der Arbeiter auf, dort die Gegensätze der Nationen, auf einer Seite Religionshaß, auf der anderen Rassenvorurteile. Es ist klar, was sich hieraus ereignen wird. Alles dieses ist wie Dynamit. Eines Tages wird es explodieren, wenn nicht das Banner des universalen Friedens durch die Macht des Wortes Gottes gehißt wird. Die Einheit der Menschheit muß durch die Macht des Heiligen Geistes zustande kommen. Es hat keinen Wert, daß die Politiker sich streiten. Ihre Anstrengungen können den Frieden nicht bringen. Von Gott nicht gestützte Menschenkraft ist nichts nütze.“ („Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter“, Seite 384/385.)
Weiter sagt Er: „... Der vorherrschende Zug in der Welt ist der Unglaube, der unbedingt zu Anarchie und Verwirrung führen muß. Ich habe immer gesagt, daß die Friedensverträge nach dem Kriege erst ein Schimmer der Dämmerung, jedoch noch nicht der Sonnenaufgang selbst sein werden.“ („Bahá’u’lláh und das Neue Zeitalter“, Seite 386.)
Die russischen Evangeliumschristen.
Weiter berichten die Tageszeitungen von der Bewegung der Evangeliumschristen in Rußland, die gegenwärtig zwei Millionen Menschen in etwa sechstausend Gemeinden umfaßt, und die sogar von deutschen Geistlichen als vorbildlich für die kirchlichen Verhältnisse des Westens angesehen wird.
Im Gegensatze zu der früheren orthodoxen Staatskirche verwerfen die Evangeliumschristen
die Hierarchie (Priesterherrschaft). Ebenso die Lehre von der Wandlung der
Elemente in den Sakramenten. Taufe und
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Abendmahl sind vielmehr symbolische Handlungen.
Wir sehen, wie die russischen Evangeliumschristen sich der Erkenntnis der Wahrheit, wie sie in der Bahá’i-Lehre offenbart worden ist, genähert haben.
In der Bahá’i-Religion gibt es keinen Priesterstand. ‘Abdu’l-Bahá sagt hierüber: „In der großen, heiligen Lehre Bahá’u’lláhs gibt es keine bezahlte Priesterschaft. Wenn aber ein Mensch seine ganze Zeit der Verkündigung der Gotteslehre weiht und dadurch der Menschheit dient, und er sich von allem außer Gott loslöst und seine Zeit dem Dienste des Gottesreiches widmet, so ist dies das beste. Deshalb ist es aber nicht notwendig, daß er in den Priesterstand tritt. Man sollte bereit sein, für die heilige Lehre sein Leben hinzugeben ...“ („Sonne der Wahrheit“, November 1923, Seite 135.)
Die Bahá’i-Lehre befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Laufe der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden sind und bringt sie alle durch Wiederfeststellung ihrer ursprünglichen Reinheit miteinander in Einklang. Ihr einziges Dogma ist der Glaube an den einigen Gott und an Seine Manifestationen (Moses, Christus usw.).
Hinsichtlich der Taufe und des Abendmahles beziehen wir uns auf die Kapitel „Die Taufe Christi“, „Die Notwendigkeit der Taufe“ und „Das Symbol vom Brot und Wein“ in den „Beantworteten Fragen“, Seite 117: bis 129.
Aus diesen einzelnen, hier aufgeführten Vorgängen in der Welt, von denen sich noch weitere anführen ließen, sehen wir, wie die Menschheit überall zu jener Erkenntnis erwacht, die Bahá’u’lláh in Seinen heiligen Lehren offenbart hat.
'Abdu'l-Bahá sagt über das große Zeitalter, in dem wir leben: „Durchblättere das Buch der Weltgeschichte und achte auf die Spuren, die zutage treten. Ist je in einem der früheren: Jahrhunderte geschehen, was sich in diesem herrlichen Zeitalter ereignet? Wenn die Geschichte der früheren Jahrhunderte, das Mittelalter und die darauf folgende Zeit, mit dem in Betracht gezogen werden wird, zu dem, was in diesem einzigen Jahrhundert in Erscheinung trat, so läßt sich das nicht miteinander vergleichen. Nein, es sind Wassertropfen im Vergleich zum Ozean! Gelobt sei Er, der dies Jahrhundert mit dem Erscheinen Seines Reiches gekrönt hat!“ („Sonne der Wahrheit“, April 1923, Seite 22.)
Wir möchten unsere Ausführungen mit den folgenden Worten 'Abdu'l-Bahás beschließen: »... Es ist klar, daß ohne diese Lehren ein Fortschritt und Emporsteigen durchaus unmöglich ist. Jede Gemeinschaft auf Erden findet in diesen göttlichen Lehren die Verwirklichung ihrer höchsten Ziele. Diese Lehre ist wie der Baum, der die besten Früchte aller Bäume trägt. Die Philosophen zum Beispiel finden in diesen göttlichen Lehren die vollkommenste Lösung ihrer Probleme und eine wahre und hohe Darstellung der Dinge, die zu den philosophischen Fragen gehören. Ebenso finden Gottesgläubige die wahre Religion in diesen himmlischen Lehren, in denen klar bewiesen ist, daß sie die wahre und richtige Medizin gegen alle Krankheiten und Gebrechen der ganzen Menschheit sind. Wenn diese erhabenen Lehren verbreitet werden, so wird die Menschheit von allen Übeln und allen eingewurzelten Krankheiten und Leiden befreit. Ebenso sind die volkswirtschaftlichen Bahá’i-Prinzipien die Verwirklichung des höchstens Strebens nach Gleichberechtigung aller Klassen und der volkswirtschaftlichen Lehren der verschiedensten Richtungen.
Kurz, alle Parteien und Gemeinschaften finden in den Lehren Bahá’u’lláhs ihre höchsten Erwartungen erfüllt. Wenn diese Lehren in Kirchen, in Moscheen und anderen Stätten der Anbetung — sei es nun bei den Nachfolgern Buddhas oder des Konfuzius, in politischen Kreisen oder bei Materialisten — verkündet werden, so werden alle Zeugnis davon ablegen müssen, daß diese Lehren für die Menschheit ein ganz neues Leben bedeuten und die rasche Heilung für alle Gebrechen des sozialen Lebens enthalten. Niemand kann etwas Fehlerhaftes an irgend einer der Lehren finden, vielmehr werden sie, wenn sie einmal erklärt sind, allen Beifall finden, und alle, die sie hören, werden bekennen und ausrufen: „Wahrlich, dies ist die Wahrheit, und außer dieser Wahrheit ist alles tatsächlicher Irrtum!“ (Aus einem Tablet ‘Abdu’l-Bahás an Professor Dr. Forel, „Sonne der Wahrheit“, September 1923, Seite 104.)
Bahá’u’lláh.[Bearbeiten]
Zu Seinem Geburtstag am 12. November 1817. Von M.-L. Fack
Mit dem Erscheinen Bahá’u’lláhs in der Welt beginnt ein neuer Weltzyklus, der Tag Gottes. Sein Merkmal ist Einheit, sein Wesen Geistigkeit. War Jesus Christus die Verkörperung der Gottessohnschaft auf Erden, so ist Bahá’u’lláh die Verkörperung der Vaterschaft Gottes auf Erden. Das bedeutet den höchsten Grad der Offenbarung, die restlose Enthüllung aller Geheimnisse, die für Menschenerfassen um Gott gewoben gewesen waren. Nicht daß die Offenbarung Christi nicht vollkommen gewesen wäre. Auch Er brachte der Welt das Licht, aber „die Finsternisse haben es nicht begriffen“. Wie furchtbar ist Sein Mahnruf:
„Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigest die zu dir gesandt werden. Wie oft habe ich wollen deine Kinder versammeln wie eine Henne ihr Nest unter ihre Flügel und ihr habt nicht gewollt?
Sehet, euer Haus soll euch wüste gelassen werden. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich nicht sehen, bis daß es komme, daß ihr sagen werdet: Gelobt ist, der da kommt in dem Namen des Herrn“, Luk. 13/34, 35, und wie erschütternd Seine Wehklage:
„Wenn du es wüßtest, so würdest du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dienet. Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen.“ Luk. 19/42.
Aber zu den wenigen Getreuen, die Ihn erkannt haben, sprach Er kurz vor Seinem Scheiden die bedeutungsvollen Worte von der Zukunft des Gottesreiches auf Erden:
„Denn es wird sich empören ein Volk über das andere und ein Königreich über das andere und werden sein Pestilenz und teuere Zeit und Erdbeben hin und wieder. Da wird zu allererst die Not anheben. Matth. 24/7, 8.
Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen. Matth. 24/11.
Darum wenn sie zu euch sagen werden: Siehe, er ist in der Wüste, so gehet nicht hinaus: Siehe, er ist in der Kammer, so glaubet es nicht, denn gleichwie der Blitz ausgehet vom Aufgang und scheinet bis zum Niedergang, also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes. Matthäus 24/26 und 27.
Von dem Tage aber, und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel nicht im Himmel, sondern allein Mein Vater. Matth. 24/36.
Darum wachet, denn ihr wisset nicht, welche Stunde euer Herr kommen wird.“ Matth. 24/42.
Heute ist diese Zeit erfüllt. Bahá’u’lláhs Weckruf erschallt laut durch die ganze Welt und reißt alle Schlafenden aus ihrem tiefen Gebanntsein und dringt mit heiliger Gewalt in die Gräber der Unwissenheit und der Erstarrung. Und das Licht der Wahrheit brennt hell über allen Landen. Die Umwertung der Werte beginnt sich zu vollziehen, neue wundersame Erkenntnisse durchzucken elektrischen Strömungen gleich den leblosen Körper der Welt und der dürre Stab beginnt zu grünen in der Hand Dessen, der Macht hat, über Leben und Tod zu gebieten. Sichtbar ist Verwirrung, Verwüstung, Greuel, Haß und Zwietracht, aber unsichtbar regt sich im Herzen der Menschheit neues Sehnen, neues Hoffen, neue Gewißheit, und unbeirrt um die Vernichtung rings umher beginnt aus den Todeszuckungen der alten Welt der Vorurteile, der Tradition, des Persönlichkeitskultus und des Ich-Wahnes sich die neue Welt des Geistes, der Brüderlichkeit und des Friedens zu erheben. Das ist Bahá’u’lláhs Werk, Seine göttliche Sendung für die Menschheit. Nun ist der Gedanke der Einheit der Welt, die Verheißung Jesu Christi, daß das „Evangelium allen Völkern gepredigt sein wird“ keine Utopie mehr für uns. Bahá’u’lláhs Wort beseitigt alle Vorurteile konfessioneller Art. Er beseitigt die starre Form der Dogmen, in denen eingeschlossen der Geist des Lebens jahrtausendelang der Menschheit vorenthalten war, und das Wort des Offenbarers bewahrheitet sich wunderbar:
„Und ich sah keinen Tempel darinnen; denn der Herr, der allmächtige Gott, ist ihr Tempel und das Lamm.
Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes (Priesterschaft, Konfessionen), denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm.
Und die Heiden, die da selig werden, wandeln in demselben Licht. Und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in dieselbe bringen.
Und ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages, denn da wird keine Nacht sein.“ Offb. Joh. 21/22—25.
Es geht ein großes Suchen heute durch die Welt nach Klarheit und Erleuchtung, ein tiefes Sehnen nach Licht, nach Liebe, und die Menschheit gleicht einem Meer, das bewegt wird von dem Wehen des Windes, der darüber hingeht. „Sie hören sein Sausen wohl, aber sie wissen nicht, von wannen er kommt.“ Wir aber wissen, daß es der Geist Gottes ist, der Flügelschlag einer neuen Zeit, und daß es Gottes Stimme ist, die durch Bahá’u’lláh zu allen Menschen spricht, daß sie Ihn in Seiner Herrlichkeit schauen und erkennen sollen.
Gibt es etwas Größeres, Beseligenderes?
Mag über uns kommen, was da muß, wir wollen uns darein schicken in dem Bewußtsein, nicht Menschen, Gott regiert die Welt, und dies ist Sein Tag!
Bahá’i-Brief über Indien und Birma[Bearbeiten]
Von Martha L. Root. Aus dem Englischen übersetzt von Werner Groth
Übersandt von der Bahá’i-Arbeitsgemeinschaft Schwerin (Mecklb.)
Calcutta, Indien, 21. Juli 1930.
Geliebte Freunde in El’-Abhá!
Euch allen herzliche Grüße!
Da ich mich während der Reise durch Indien sehr mit Lehrtätigkeit befasse, ist es mir nicht möglich, diese lange zu unterbrechen und viel darüber zu schreiben; also werde ich mich kurz fassen. Und dennoch, wie schwierig ist es, in kurzen Worten all der Liebe der guten Bahá’i-Freunde in Indien, ihrer prächtigen Mitarbeit und ihrer Mithilfe zu gedenken! Wie könnte ich auch alle die auserwählten und begnadeten reinen Menschen, welche wie in einem Traum an mir vorüberschritten, mit wenigen Sätzen beschreiben und jene ständigen Beweise der Macht des heiligen Geistes kurz wiedergeben oder alles das in einer Pille zusammenmischen, was ich an Verlangen und unaussprechlicher Sehnsucht nach Verwirklichung der Verbrüderung unter den indischen Denkern, Menschenfreunden, Studenten, Kulis und Landarbeitern feststellte! Ich bitte zu Gott, Er möge Indien die Wohltat erweisen, die Bahá’i-Lehren zu erkennen, daß dies Land durch sie zu einer großen, neuen geistigen Zivilisation gelangen möge! Die Länder, welche die Lehren Bahá’u’lláhs anerkennen und annehmen, werden in der Zukunft Berühmtheit erlangen, denn in den Prinzipien steckt die schöpferische Kraft, Nationen zu neuer Blüte zu entwickeln.
Überall waren mir die Bahá’i in Indien, die Nationale Geistige Arbeitsgemeinschaft, die örtlichen Arbeitsgemeinschaften und alle andern Bahá'i in den verschiedenen Städten behilflich. Aus dieser Zusammenfassung könnt ihr selbst leicht entnehmen, welcher Art die Früchte sein werden, wenn sie von Bahá’u’lláh gesegnet sind. Alltäglich wurde in Indien das Ahmad Tablet gläubig gesungen. Urdda Chanakya, ein berühmter Inder, sagte: „Jede Silbe Weisheit, die der Lehrer seinem Schüler mitteilt, ist eine Schuld, die durch keinen Schatz in der Welt getilgt werden kann.“ Mithin, wie bedeutungsvoll ist das Wohl der ganzen Bahá’i-Offenbarung für Indien, das jetzt so schwer darniederliegt!
1. Puna. Zuerst suchte ich die Stadt Puna auf, um die lieben Herrn und Frau Khosro Irani, ergebene und bewährte Gläubige, und ihre Familie kennen zu lernen. Da die Residentschaft von der Bombayer Präsidentenstelle sich in Puna befindet, übergab ich dem Gouverneur ein Exemplar der „Bahá’i-World“. Lernte auch den Gefängnis-Generalinspektor kennen, der mir versprach, Herrn Mahatma Gandhi „Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter“ zu geben und die „Bahá’i-World“ in die Yeravada-Gefängnisbibliothek einzureihen. Herr Gandhi befindet sich im Yeravada-Gefängnis (drei Meilen von Puna). Herr Hasmatullah aus Bombay und ich suchten Frau Sarojini Naidu im Yeravada-Gefängnis auf und brachten ihr neun der besten Bahá’i-Büchter. Ich gab ihr außerdem einen schönen Rosenkranz von ‘Abdu’l-Bahá, den sie einst in London gesehen hatte. Sie ist die größte politische Führerin unter den Frauen Indiens und eine der gefeiertsten Teilnehmerinnen an allen Frauenbewegungen; außerdem ist sie eine Dichterin. Ich hielt es für gut, bei diesen beiden hervorragenden Führern in der großen Bewegung für Freiheit, die über Indien gleich einem rasenden Wirbelsturm hinwegfegt, anzufangen.
In der Theosophical Hall in Puna wurde ein Vortrag gehalten und im Nationalhotel eine Bahá’i-Versammlung veranstaltet. Mehrere Leute kamen zu mir, und ich besuchte verschiedene Beamte. Eine Anzahl Leute aus andern Städten Indiens, die sich zur Sommerzeit in Puna aufhielten, lasen die Berichte in den Zeitungen und kamen daraufhin, um über die Bahái-Sache nachzufragen. Herr Khosro Irani und sein Sohn, Herr Homi Irani betätigten sich eifrig, um mich zu unterstützen.
2. Haiderabad, Dekan. Herr Hasmatullah aus Bombay war zusammen mit mir hier. Er
besitzt unermeßliche Fähigkeiten und kennt viele Leute in Haiderabad. Wir besuchten zuerst den
Minister vom Hofe des großen Nizam. Dieser Minister hat verschiedene Bücher über
die Bahá’i-Sache gelesen und sagt, er stelle Bahá’u’lláh auf dieselbe Stufe wie Jesus Christus.
Er ist Muhammedaner. Am meisten, sagte er, hätte ihn das Leben von Qurratu’l-Ayn zur
Sache hingezogen. Wir wandten uns an Edelleute, einen Hochschulgründer, einen Finanzminister,
an Professoren, Redakteure und Beamte vom Frauenklub und hielten vor diesen Denkern in der
Wohnung eines Redakteurs einen Vortrag. Einer der Redakteure bat mich, für eine indische
Monatszeitschrift einen Aufsatz zu schreiben über den „Beitrag der Bahá’i-Bewegung zum
internationalen Fortschritt“. Ein Junger Edelmann, ein Muhammedaner, der den
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heiligen Schrein in Akka und Haifa besucht hat, lud uns zum Frühstück ein, um über die Lehren
zu sprechen. Am zweiten Tage wurden wir gebeten, für den Rest meines Aufenthaltes Gäste
des Staates zu sein; man schickte zum Hotel und holte uns und unser Gepäck zum Gästehaus.
Dieses war wie ein ungeheures Virginia-Club-Haus, weiß gestrichen, mit grünen Fensterläden,
und stand mitten in einem tropischen Garten. Ich bewohnte eine Flucht von vier Zimmern.
Während des Aufenthaltes in diesem Gästehaus traf ich den Sekretär des Kanzlers
vom Kabinett der Fürsten von Indien, der mir sagte, er wolle mich gerne den Fürsten
vorstellen, wenn ich später nach Simla käme.
3. Bombay. Bombay beherbergt unter den andern Städten Indiens die größte Anzahl Bahá'i. Sie sind begeistert und großzügig und tun ihr Äußerstes für ganz Indien. Ungeachtet der Absperrmaßnahmen und Prozessionen, die den Straßenverkehr fast zum Stillstand brachten, hielt ich einen öffentlichen Vortrag vor dreihundert Leuten. Frau Shirin K. Fozdar führte den Vorsitz und Herr Hasmatullah sprach ebenfalls. Alle Bahá’i waren anwesend, sprachen mit den Neulingen und luden sie zu den Bahá’i-Versammlungen ein. Dieser Einladung kamen viele nach. Besuche wurden gemacht und eine Anzahl Leute, für welche ich Empfehlungsschreiben hatte, kamen zu mir. Während meines viertägigen Aufenthalts wurden jeden Nachmittag in der Bahá’i Hall ungezwungene Zusammenkünfte abgehalten, bei welcher Gelegenheit Tee gereicht wurde. Einhunderttausend Menschen versammelten sich jeden Nachmittag zu politischen Kundgebungen unter unsern Fenstern. Zweihundert Personen waren bei dem letzten Vortrag zugegen, der am Sonnabendabend in der Bahá’i Hall gehalten wurde. Herr N. R. Vakil, der Präsident der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft von Indien, war anwesend und sprach ebenfalls.
Frau Shirin Fozdar, eine tüchtige Bahá’i- Rednerin und junge Frau, etwas über zwanzig Jahre alt, reiste mit mir nach Surat. Herr Vakil war nach Bombay gekommen, um mich willkommen zu heißen und uns nach seiner Stadt zu begleiten. Er hatte eine Zusammenkunft der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft und der Bombayer Arbeitsgemeinschaft angesetzt, die in Bombay stattfinden soll, und kam nur für einen Tag.
4. Surat. Herr Rechtsanwalt Vakil aus Surat hatte, da der Morgen, an dem wir ankamen, ein Feiertag war, vierzig Personen, Freunde, Richter, Rechtsanwälte und Professoren, zum Tee in sein Heim eingeladen, bei welcher Gelegenheit dann zwei Stunden lang über die Bahá’i-Sache gesprochen wurde. Bevor wir zu seinem Heim gingen, um mit seinen Gästen zusammenzutreffen, besuchten wir eine höchst interessante Parsen-Schule, in der ich zu hundertfünfundzwanzig jungen Männern und fünfzehn Lehrern sprach. Die Theosophen veranstalteten einen ausgezeichneten Vortrag und im Stadthaus wurde vor dreihundert Menschen ein öffentlicher Vortrag gehalten, bei dem der Richter vom hohen Gerichtshof anwesend war. Verschiedene Schulen und das größte Krankenhaus wurden besucht.
Herr und Frau Vakil und ihre beiden kleinen Töchter waren ehemals Hindus von hoher Kaste. Die Frau und die Kinder lernen jetzt Englisch und bald werden die kleinen Mädchen sich an das Studium des Persischen machen. Nach drei Jahren hofft dann Herr Vakil mit seiner Familie eine Lehrreise durch Persien, Europa und die Vereinigten Staaten zu machen. (Ich denke mir, Shoghi Effendi hofft, daß noch einige andere sie begleiten werden; es wäre schön, wenn eine Gruppe Bahá’i, die zuvor Hindus waren, nach Persien und dem Westen kommen würden.)
Die indischen Bahá’i sind prächtige Menschen aus allen Religionsrichtungen.
Fast alle persischen und indischen Bahá’i machten den Versuch, einige Städte Indiens zu bereisen, um die Sache zu fördern. Ich sah auch seltene und schöne Früchte als Ergebnis der Reisen von Mirza Behram, Mirza Mahmoud Zargani, Herrn und Frau Dreyfus-Barney, Frau Stannard, Herrn Hooper Harris, Herrn Harlan Ober, Herrn Mason Remey, Herrn Howard Struven, Frau Lua Getzinger und Herrn und Frau Fred Schopflocher. Die Leute in Indien sind aufnahmebereit für diese Lehre. Die indischen Bahá’i fragen euch, ob nicht Lehrer aus den Vereinigten Staaten nach Indien kommen könnten, um dort für ein oder zwei Jahre zu bleiben und umherzureisen.
5. Karachi. Zwei Tage brauchten wir für die Reise von Surat nach Karachi. Ein Teil der Strecke ging über eine Wüste bei einer Temperatur, die stellenweise 125 Grad Wärme (etwa 50 Grad Celsius) erreichte. Ich mußte die Indienreise in der heißen Jahreszeit machen, da ich meine Arbeit nicht abschließen und mich früher aufmachen konnte. Es war wirklich erfrischend und himmlisch, die lieben Bahá’i-Freunde aus Karachi zu treffen und mit ihnen als erstes eine Fahrt nach dem Strande, der Kühlung brachte, zu unternehmen. Karachi ist eine der reizendsten Städte in Indien und ich war sehr glücklich dort; ach, ich war ja in jeder Stadt Indiens glücklich!
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Die Bahá’i von Karadi haben kürzlich einen gut gelegenen Garten erworben und wollen dort .
später einen Mashriqu’l-Adhkar errichten. Sie haben auch einen Bahá’i-Friedhof.
Herr Jamshed N. R. Mehta, der Bürgermeister von Karachi, war ein Freund unseres Herrn Shirazi, des ergebenen Bahá’i, und unterstützte die Bahá’i liebenswürdigerweise bei der Anordnung meiner Vorträge. Er selbst führte den Vorsitz bei dem ersten Vortrag in der Theosophical Hall (einem Geschenk von ihm an diese Gesellschaft). Er ordnete einen zweiten zwanglosen Vortrag in demselben Saale an und bat mich, dort über das „Leben ‘Abdu’l-Bahás“ zu sprechen. Er bewirtete mich auch in seinem Hause, damit ich Freunde kennen lernte. Jede Woche veröffentlicht er eine kleine Druckschrift unter dem Titel „Bluebird“; ich war erstaunt und erfreut, als ich den „Bluebird“ vom Sonnabend, dem 21. Juni 1930, sah, der die frohe Botschaft über „'Abdu’l-Bahás Kommen“ enthielt. Das ganze Blatt enthielt 'Abdu’l-Bahás eigene Worte über Feste, Fasten, Suchen nach Wahrheit und die wirtschaftliche Lösung. Dieser Bürgermeister gab mir in gefälliger und erschöpfender Weise Auskunft über Herrn Mahatma Gandhi. Als ich mit Herrn Mehta über die Bahá’i-Sache sprach, sagte er mir: „Bahá’u’lláh ist ebenso groß wie Zoroaster, Jesus Christus und Muhammed.“ Herr Mehta nennt sich in seiner Bescheidenheit selbst nicht Bahá’i.
Ein großer Vortrag wurde vor der Parsen-Gesellschaft von Karachi und ein anderer Vortrag in der Bahá’i Hall gehalten; im Bahá’i-Garten wurde eine Gartengesellschaft gegeben. In der Theosophical Hall wurde ein dritter öffentlicher Vortrag gehalten. Herr und Frau Asfandiar Bakhtiar gaben eine Teegesellschaft für Freunde an dem Tage, da ich abreiste, bevor ich zu zweihundert Jungens in der Knaben-Hochschule sprach. Vier Aufsätze wurden für die Zeitungen in Karachi geschrieben. Herr Bakhtiar gab für mich tausend kleine grüne Broschüren heraus, die in persischer Sprache die Gedichte von Qurratu’l-Ayn enthielten und die ich in Indien verteilen sollte. Herr Bakhtiar, ein junger Mann, der die Urdu-Sprache sehr gut kennt, kam mit mir, um mir bis Burma durchzuhelfen. Herr Pritam Singh, ein anderer getreuer Bahá’i, ging mit ihm bis Simla.
6. Lahore. Viele Leute in Lahore zeigten reges Interesse und Verständnis für die Bahá’i-Sache. Dieses wäre für einen Bahá’i-Lehrer ein herrlicher Ort zum mehrmonatigen Aufenthalt. Herr und Frau Pritam Singh waren uns dort behilflich. Er ist Redakteur einer Zeitschrift und übernahm die Anordnung meiner Vorträge und Interviews. Die erste Rede wurde vor der Brahmo Samaj-Gesellschaft gehalten. Diese Brahmo Samaj ist eine der großen geistigen und fortschrittlichen Bewegungen im heutigen Indien. Jedesmal, wenn ich Mitglieder dieser Bewegung treffe, spüre ich einen Freudenschauer. Ein für die Lehren Bahá’u’lláhs interessierter Herr gab für mich in der christlichen Vereinigung junger Männer eine Teegesellschaft, damit ich dort spräche; und diese Vereinigung veranstaltete einen Vortrag. Große Schriftsteller, Richter, Rechtsanwälte und Professoren, die alle einige Bahá’i-Bücher gelesen haben, luden mich zu sich ein.
Herr Bakhtiar machte sich zusammen mit Herrn Singh auf und fand das Grab von Herrn Kaikhosru, einem persischen Gläubigen aus Bombay, der vor ungefähr zwanzig Jahren nach Lahore kam, um einen von der Cholera befallenen amerikanischen Bahá’i zu pflegen. Der Amerikaner wurde gerettet, aber dieser Mann, sein Pfleger, war nach einigen Tagen an der Krankheit gestorben. Herr Bakhtiar kaufte einen einfachen aber schönen Grabstein, gravierte auf ihm Worte Bahá’u’lláhs, des Bahá’i Namen und Sterbetag ein und verschönerte die Grabstelle. Dann gingen wir alle hinaus mit grünen Zweigen und Blumen und hielten dort zu Ehren dieses lieben Dieners, der einer von Gottes Helden war, eine kleine Gedächtnisfeier ab.
Das kleine persische Mädchen aus Qazvin, welches Herr und Frau Singh adoptiert haben, ist sehr lieb und aufgeweckt.
7. Simla. Dieses ist einer der größten Sommeraufenthaltsorte in Indien, liegt hoch im Himalayagebirge und ist auch der Sommersitz der Regierung. Hier trifft man hervorragende Persönlichkeiten aus jeder Stadt Indiens. Am Morgen, als wir ankamen, besuchten wir den Landwirtschaftsminister, dann den Erziehungsminister und den Sekretär der christlichen Vereinigung junger Männer. Meinen ersten Vortrag hielt ich in der Brahmo Samaj Hall vor einer Gruppe von Intellektuellen aus vielen Teilen des Reiches. Diese Vereinigung, die Brahmo Samaj, gab uns zu Ehren am nächsten nachmittag eine Teegesellschaft, zu der dreißig Freunde eingeladen wurden. Plötzlich beim Tee erhielten sie ein Telegramm, welches den Tod ihres großen Lehrers in Calcutta meldete. So wurde diese Zusammenkunft mit Gebeten und Gesprächen über das Leben nach dem Tode beschlossen. Herr Bakhtiar sprach auf persisch Bahá’u’lláhs Gebete, Herr Singh und ich sprachen englisch und andere beteten auf Urdu und auf englisch.
Ich besuchte eine Zusammenkunft vom
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Komitee für den All-Indien-Frauen-Kongreß und verteilte dort kleine Bahá’i-Broshüren und
Hefte mit Qurratu’l-Ayns Gedichten, lernte einen der Eigentümer vom „Statesman“ (einer
Calcuttaer Zeitung) kennen, der ‘Abdu’l-Bahá getroffen hatte und Ihn liebte. Er sagte, ich solle
ihm einen Artikel senden, den er dann veröffentlichen wolle. Ich kam mit vielen Frauen
vom Club zusammen und hoffe, ein Schriftstück über das „Leben von Qurratu’l-Ayn“ fertigzustellen,
woran ich gerade schreibe, damit es dann bei dem All-Indien-Frauen-Kongreß und
auch bei der All-Asien-Frauen-Konferenz, die in der dritten Januarwoche in Benares tagen sollen,
von einem Bahá’i vorgelesen werde. Staatsmänner, Professoren, Muhammedaner und Hindus hielten sich
in Simla auf, so daß ich mich schwer entscheiden konnte, ob ich einen Monat in Simla bleiben
oder nach anderen Städten weiterreisen sollte. Aber Shoghi Effendi hatte mir gesagt, ich solle
in Indien so viele Vorträge wie nur möglich halten und auch meine innere Führung veranlaßte
mich, nur ein paar Tage in Simla zu bleiben und dann weiterzureisen.
Simla Hill, welches vierzig Meilen von Simla entfernt liegt, ist sogar noch schöner als Simla selbst. Seine Hoheit der Maharadscha von Patiala, der dort seine Sommerwohnung hat, lud uns ein, für zwei oder drei Tage seine Gäste zu sein. Herr Pritam Singh war sein Lehrer. Wir gingen für zwei Tage dorthin und wurden in einem geräumigen neuen Gästehaus beherbergt. Seine Hoheit der Maharadscha von Patiala ist Kanzler der Fürstenkammer und wird die Abordnung der Fürsten nach der „Round Table Conference“ in London führen. Vor ein oder zwei Jahren führte er die Abordnung der Fürsten zum Völkerbund. Die Fragen, die er stellte, zeigten, daß er einiges aus der Bahá’i-Lehre gelesen hat. Ich gab ihm zwei Bücher und Herr Bakhtiar gab ihm zwei andere auf Urdu. Dieser Maharadscha ist sechsunddreißig Jahre alt, liest sehr gerne und ist sehr geistvoll. Ich kam mit seinen Söhnen zusammen und wir sprachen mit ihrem Lehrer, mit dem Militärsekretär, mit dem Adjutanten und mit Generalen. Außer uns waren ungefähr fünfzig Gäste dort. Wir trafen sie im Pavillon, wo alle zusammenkamen, um ein Cricketspiel zu beobachten. Als wir Simla Hill verließen, um nach Delhi zu reisen, kehrte Herr Pritam Singh nach Lahore zurück.
8. Delhi. Zwei Tage und eine Nacht wurden in Delhi, der Hauptstadt von Indien, zugebracht. Wir besuchten einen großen Sufi Moslem, den Gelehrten Khaja Hassan Nizami, der Bahá’u’lláh in Ägypten getroffen hat. Er hat die „Sieben Täler“ in die Urdu-Sprache übersetzt. Im „Kaukob“-Büro waren wir bei einer Versammlung der Bahá’i von Delhi. Diese „Kaukob“- Bahá’i-Zeitschrift in urdischer Sprache leistet viel Gutes, indem sie das schöpferische Wort in dieses Sprachgebiet einführt. In verschiedenen Städten konnte ich gute Früchte ihrer Tätigkeit bemerken. Ich glaube, es ist sehr wichtig, zu versuchen, diese Zeitschrift weiter zu führen und alles (in bezug auf ihre Erhaltung und den Hauptinhalt ihrer Blätter) unter Zurateziehung der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft zu tun. Herr Abbas Ali Butt und Herr Mahfuz-ul-Haq Ilmi arbeiten sehr eifrig für diese „Kaukob“-Zeitschrift.
Ich hielt vor der Arya Samaj Society einen Vortrag, bei dem über hundert Personen anwesend waren. Dem Kanzler von der Universität gab ich ein Buch. Herr Bakhtiar sprach mit den Leuten, die urdisch verstanden. Beratungen über die Arbeit in Indien wurden abgehalten.
9. Lucknow. In der Brahmo Samaj in Lucknow wurde vor einer großen Hörerschaft ein Vortrag gehalten. Der Sekretär, ein liebenswürdiger Herr, veranstaltete eine Teegesellschaft, damit Freunde uns sprechen konnten. Ich lud ebenfalls einige Intellektuelle aus Lucknow zum Tee ein. Ich plauderte mit dem Bibliothekar an der öffentlichen Bibliothek, dem ich ein Buch für dieses Institut schenkte, und besuchte den Herausgeber der „Indien Daily Telegraph“, dem ich einen Artikel über die Bahái-Lehre gab. Einen anderen Artikel schrieb ich für den „Pioneer“ in Allahabad, einer bedeutenden Stadt in der Nähe von Lucknow, und schickte ein Buch an die öffentliche Bibliothek daselbst.
10. Benares. Bei der All-Indien-Zentrale der Theosophischen Gesellschaft in Benares, welche dort eine ausgezeichnete Schule für vierhundert junge Männer und Frauen hat, wurde ein Besuch gemacht. Der Sekretär arrangierte es, daß ich in dieser Schule vortrug, und sagte, er würde sich freuen, wenn ich für die „Theosophical Review“, eine dort erscheinende Monatszeitschrift, diesen Vortrag schriftlich niederlegen oder einen Aufsatz über den Fortschritt der Bahá’i-Bewegung schreiben würde.
Seine Hoheit der Maharadscha von Benares war so liebenswürdig, sein Auto zu schicken
und uns nach seinem Wohnsitz zu holen. Da er selbst krank ist, so wurden wir von seinem
Sohne, Seiner Hoheit Kunwar Aditya Narayan Singh Bahadur, und vom Militärsekretär, einem
Major, empfangen. In dieser alten Provinz von Benares, der Wiege des Hinduismus, und wo
Buddha seine ersten fünf Jünger lehrte, gelten der Maharadscha und sein Sohn als das Höchste
im Hinduismus. Der junge Maharadscha (der
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Prinz) war das schönste Vorbild an Güte und Freundlichkeit. Er und der Sekretär beherrschen
die persische Sprache so gut wie die englische. „Sie unterhielten sich auf persisch mit Herrn
Bakhtiar, welcher ihnen einige persische Bücher schicken will. Er gab ihnen Bücher in
Urdu-Sprache und ich schenkte Seiner Hoheit „Beantwortete Fragen“. Dieser gab mir
freundlicherweise Bücher über Benares und eine Empfehlung an den Kanzler der
Hindu-Universität in Benares.
In dieser Hindu-Universität war ein Vortrag vorgesehen worden, der aber wegen der politischen Krisis an jenem Tage ausfallen mußte. (Die Absperrmaßnahmen wurden an verschiedenen Universitäten Indiens aufrecht erhalten, wodurch ich verhindert wurde, an einigen Universitäten vorzutragen. Das Absperren bedeutet, daß alte und junge Leute buchstäblich auf den Straßen und Wegen, die zu den Schulen führen liegen, so daß Studenten und Professoren, die eintreten wollen, über ihre Körper hinweggehen müssen. Man versucht, die Studenten zu zwingen, die Universitäten nicht mehr zu besuchen und für die Freiheit ihres Vaterlandes zu wirken.) Dessen ungeachtet sprach ich in dieser Hindu-Universität mit dem Kanzler, dem Sekretär und anderen Professoren. Ein Professor, den ich zuerst in Simla getroffen hatte, sagte, er wolle zu den Studenten über die Bahá’i-Bewegung sprechen und ihnen vor den Büchern erzählen, die ich für die Universitätsbibliothek zurückgelassen hatte.
11. Patna. In Patna brachte ich nur einen Tag zu. Um zehneinhalb Uhr morgens hielt ich in der Hochschule für Mädchen vor zweihundertfünfundsiebzig Schülerinnen und ungefähr zwölf Lehrern einen Vortrag. Dann stattete ich dem Hohen Gerichtshof einen Besuch ab, um dort einige Richter und den Vizekanzler der Universität anzutreffen. (Die Universität war noch nicht geöffnet.) Alle sprachen in freundlichem Sinne von der Bahá’i-Bewegung und baten mich ernstlich, die orientalische Bibliothek in Patna zu besuchen. Um zwei Uhr nachmittags trug ich in dem Bihar National College vor, wo dreihundert junge Männer eifrig zuhörten und auf die kleinen Broschüren, die verteilt wurden, einen wahren Sturmangriff unternahmen. Um fünf Uhr bewirtete ich eine kleine Gesellschaft, einige Professoren und Religionsforscher, und um sechseinhalb Uhr nachmittags hielt ich einen öffentlichen Vortrag unter dem Schutz der Brahmo Samaj. Hundertfünfzig Personen waren anwesend und über allen lag ein schöner Geist der Liebe. An alle öffentlichen Bibliotheken in Patna wurden Bücher vergeben.
12. Bolpur. Der Schule von Dr. Rabindranath Tagore wurde ein Besuch abgestattet, auch wurden dort zwei Vorträge gehalten und Bücher in die Bibliothek eingereiht. Das Christentum, der Islam, der Dschainaismus, der Buddhismus und der Hinduismus, für diese fünf Religionen sind Professoren an dieser Schule. Vielleicht wird einmal die Zeit kommen, da die Bahá’i die Kosten aufbringen werden, um einen Bahá’i-Professor an dieser Schule ein Jahr lang unterrichten zu lassen, oder da sie ein Bahá’i-Lehrfach an dieser Anstalt einrichten werden. Die Schule — und das ist lehrreich — arbeitet nach den modernsten fortschrittlichen Methoden und schenkt der geistigen Hebung und dem geistigen Zweck der Erziehung viel Beachtung. Es sind dort ungefähr vierhundert Schüler. Da Dr. Tagore sich in Deutschland aufhält, so sah ich ihn nicht, traf jedoch einige seiner Verwandten.
13. Calcutta. Herr N. Badri aus Shiraz in Persien, ein Nachkomme des Bab, lebt in Calcutta. Er ist ein junger befähigter Mann mit scharfem Verstand, der Anordnungen für verschiedene Vorträge traf. Ich sprach zuerst in dem „Islamic Institute“ vor zweihundertfünfzig Muhammedanern und fünfzig Anhängern anderer Religionen. Der Präsident vom „City College“ führte den Vorsitz. An die Bibliotheken dieser und aller anderen Gesellschaften, wo ich vortrug, wurden Bücher gegeben.
Vor beiden Sektionen der Brahmo Samaj wurde ein Vortrag gehalten, bei dem die Maharani (Fürstin) Suchara Devee von Mayurbhanj Vorsitzende war und einhunderfünfzig Personen anwesend waren. Es gingen verschiedene Aufforderungen ein, uns auch an andere Vereinigungen zu wenden.
Herr Bakhtiar, Herr Badri und ich bewirteten einen Richter vom Hohen Gerichtshof, eine Prinzessin, Angehörige von Dr. Tagore und einige andere Leute, die gerne mehr über die Lehre hören wollten.
Herr Bijayachandra Sinha gab für die Bahá’i von Calcutta in seinem Hause ein Abendessen.
Ich schrieb vier Artikel, die wir persönlich zu den Herausgebern der vier größten Zeitungen brachten, die sich alle bereit erklärten; die Artikel zu veröffentlichen.
Ich wurde mit neunzehn anderen Gästen zum Tee in die Wohnung von Frau Mahalanahis geladen,
einer Tochter von Keshub Chundra Sen, dem großen Lehrer der Brahmo Samaj. Ihr
Gatte war Professor der Psychologie in Calcutta, ist aber, wie ich glaube, in
diesem Jahre Direktor einer neuen Anstalt. Am Sonntag hatten die Bahá’i von Calcutta
eine kleine Zusammenkunft in der Wohnung eines guten
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Gläubigen, eines Schneiders. Jeden Sonntag halten sie eine Gebetsversammlung in dem Schneiderladen
ab. Es war so rührend, denn einige, die kamen, waren wirklich sehr krank, aber ihre
Gebete waren so tief empfunden, daß man merkte, diese Seelen sind Gott sehr nahe. Die
Bahá’i in Calcutta sind sehr liebenswert und aufrichtig. El-Bahá sei mit ihnen allen!
Heute morgen, am 21. Juli, widerfuhr mir die große Ehre einer Audienz bei Seiner Hoheit dem Maharadscha von Mayurbhanj, der gerade aus Simla angekommen war. Er lebt in seinem eigenen Staate Mayurbhanj, hielt sich aber für einen Tag in seinem Stadtpalast in Calcutta auf. Er ist ein junger, ungefähr vierundzwanzig Jahre alter Fürst. Alle diese Maharadschas (Fürsten) haben in ihrem eigenen Staate das Ansehen von Königen. Er ist Hindu, glaubt aber an eine universale Religion. Wegen dieser Audienz, zu dem mich Herr Bakhtiar begleitete, hatte ich meine Abreise verschoben.
Heute abend hielt ich meinen letzten Vortrag in Calcutta, und zwar im Buddhisten-Tempel. Der Präsident der Theosophischen Gesellschaft führte den Vorsitz und die Hörerschaft bestand aus Theosophen, Buddhisten, Universitätsstudenten und Bahá’i. Buddhistische Pilger von Ceylon, die von Benares zurückkehrten, hörten zum ersten Male von der Bahá’i-Bewegung. Ich erhielt verschiedene Einladungen, vor anderen Gesellschaften zu reden, konnte sie aber nicht annehmen. Dieser Vortragssaal lag gerade mitten in dem abgesperrten Universitätsviertel, und einige Redakteur meinten, die Leute wären zu ängstlich, um am Abend zu einem Vortrag nach jener Gegend zu gehen, aber hundertfünfzig Personen ermannten sich doch dazu. Vielleicht war es der Wunsch Bahá’u’lláhs, den Vortrag in jenem sturmbewegten Mittelpunkt zu halten. Polizei mit auf Autos montierten Geschützen und viele hundert Posten hielten draußen Wache, während wir drinnen im Saal über die von Bahá’u’lláh gegebene Lösung dieser schwierigen Probleme sprachen.
Leider mußte ich vieles unerledigt zurücklassen. Zu den Universitäten oder Hochschulen, die alle abgesperrt sind, konnte ich nicht gelangen und ich hatte keine Zeit, verschiedene Leute, für die ich Empfehlungsschreiben hatte, zu besuchen. Ich blieb die ganze Nacht auf, um euch diesen Brief zu schreiben und meine Sachen zu packen, da ich morgen früh um sechseinhalb, oder vielmehr heute morgen, denn es ist zwei Uhr morgens, an Bord gehe. Aber wir haben versucht, unser Bestes zu tun. Ihr geliebten Freunde in Indien, die Ihr so eifrig gearbeitet habt, Ihr und ich, wir haben die „Herrlichkeit vom Kommen des Herrn“ in diesem universalen Zyklus gesehen, und es war schön, miteinander zu arbeiten. Ich danke Euch für die glücklichen Tage unter Euch und bitte Gott, er möge Euch jetzt und für immer segnen.
Ich gehe für ungefähr zwei Wochen nach Birma, reise dann am 7. August nach Singapore, bleibe dort fünf Tage und fahre dann nach Hongkong, wo ich ungefähr am 22. August ankommen werde. Ich kann Shanghai ungefähr am 10. September erreichen, weiß aber nicht, ob die Reise zu den binnenländischen Städten Chinas sicher ist oder nicht.
Bitte, schreibt mir zunächst unter der Adresse:
Martha L. Root,
Care of American Embassy
Tokyo, Japan.
Ich werde zwei Monate in Japan bleiben, so daß ich unter dieser Adresse bis zum 15. Dezember zu erreichen sein werde.
Mit der zärtlichsten Bahá’i-Liebe für jeden von Euch und mit Gebeten für Euch, die Ihr fleißig wirkt, verbleibe ich
demütigst in Seinem Bunde
Martha L. Root.
14. Mandalay. Auf der Reise nach Birma, einem malerischen und bezaubernden Lande mit einer sympathischen Bevölkerung, gingen wir zu allererst nach Mandalay. Dort waren wir Gäste in einem geräumigen Holzhause von hübscher Bauart im „Bahá’i-Hof“. Dieses Haus war für die Aufnahme 'Abdu'l-Bahás gebaut worden für den Fall, daß Er nach Birma käme, denn die Freunde hatten gehofft, Er würde nach Seiner Rückkehr aus Amerika nach Birma kommen. Aber leider kam Er nicht! Wir waren die Gäste von Herrn und Frau Syed Mustafa Roumie, obgleich sie selbst in einem anderen Hause wohnten. Der Vorsitzende der Geistigen Arbeitsgemeinschaft in Mandalay, dessen Haus unmittelbar an diesen Hof stößt, sorgte für unsere Behaglichkeit. Seine Schwiegertochter und deren fünf Kinder wohnen in dem Hause, wo wir blieben, und sie taten alles, um uns glücklich zu machen.
Am Tage unserer Ankunft fand eine Versammlung aller Freunde statt. In diesem für
‘Abdu’l-Bahás Empfang gebauten Hause fühlten wir, daß Er mit uns war. Es war so nett, diese
lieben Freunde einmal wiederzusehen, denn seit meinem letzten Besuch in Mandalay waren
fünfzehn Jahre verflossen. Die Bahá’i-Gemeinde ordnete zwei Vorträge an. Der erste wurde in
der Theosophical Hall gehalten, wobei unter der Zuhörerschaft die Intellektuellen von Mandalay
aus verschiedenen Religionen, Nationen und
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Berufen vertreten waren. Der Präsident der Theosophischen Gesellschaft, der den Vorsitz führte,
sprach ganz vorzüglich über die Bahá’i-Lehre. Er war ebenfalls Vorsitzender, als ich am nächsten
Abend in der öffentlichen Bibliothek vor einer Hörerschaft von zweihundert Personen
sprach. Die Gemeinde in Mandalay übergab der Bibliothek sechs der besten Bahá’i-Bücher. Diese
wurden in dem Vortrag erläutert und eine sie betreffende eingerahmte Ankündigung wurde an
die Wand des Lesezimmers gehängt. Nach dem Vortrag erhob sich ein Richter vom Hohen Gerichtshof
und sprach sehr überzeugend über die Lehre. Herr Bakhtiar sang auf Persisch einige
Gebete von Bahá’u’lláh. Daß er nach Birma reiste und mit den dort lebenden Mitgliedern
der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft und mit all den Freunden zusammenkam und
mit ihnen die Arbeitsvereinigung zwischen Indien und Birma besprach, war ein unschätzbarer
Dienst. Auch machte es tagtäglich Eindruck auf mich, zu sehen, wie stark Nicht-Bahá’i von
seinen Worten gefesselt wurden. Das Geheimnis dieser Wirkung aber ist, er „lebt das Leben!“
Man empfand seine Aufrichtigkeit, seine gänzliche Hingabe und seine außergewöhnlichen
Eigenschaften.
Jeden Abend nach dem öffentlichen Vortrag kamen die Bahá’i für eine halbe Stunde in dem Mashriku’l-Adhkar, in der 34. Straße Nr. 9, zum Gebet und zur Begrüßung zusammen. Dieser Mashriku’l-Adhkar wurde vor siebenundzwanzig Jahren von einer Bahá’i-Witwe geschenkt, welche dafür ein wunderschönes Tablet von ‘Abdu’l-Bahá erhielt. Sie lebt noch in einem der Räume, obgleich sie jetzt schon sehr alt und gebrechlich ist. Aber welch liebevollen Dienst erwies sie ihrer Vaterstadt!
Eine wunderbare Stiftung für die Verkündigung der heiligen Sache war gerade im Namen unseres Hüters, Shoghi Effendi, von dem großen Diener Syed Mustafa Roumie und seiner Frau Halimah gemacht worden. Es handelt sih um ein großes Wohnhaus in einer der besten Geschäftsstraßen, welches einen Wert von ungefähr fünfzehntausend Dollars hat. Sie sind kinderlos und machten freudig dieses Geschenk, welches sie „Shoghi Mansion“ (Shoghi-Haus) nennen, Ich halte seine Lage für die bestgeeignete für einen in Zukunft zu errichtenden großen Mashriqu’l-Adhkar in Mandalay. Übrigens ist das Haus so groß, daß es viele Jahre diesem Zwecke dienen könnte, wenn ein Stockwerk mehr aufgebaut wird. Der geliebte Hüter teilte in einem Schreiben seinen Wunsch mit, daß das liebe Ehepaar, so lange es lebe, in dem Hause wohnen und die Mieten von drei Läden (welche an der Ecke der 84. und 35. Straße an das Hauptgebäude stoßen) zur Nutznießung erhalten solle.
Die bahnbrechenden Arbeiter für die Sache haben in Mandalay eine feste Grundlage geschaffen, die ewig unzerrüttbar bleibt. Syed Mustafa Roumie hat die Lehre in die Birma-Sprache übersetzt und hat auch viele Bücher, welche die Bahá’i-Bewegung erklären, in englischer, persischer, Urdu- und Birma-Sprache verfaßt. Exemplare hiervon befinden sich im Archiv im Heiligen Land. In diesem Archiv gibt es auch ein Buch, welches Abschriften von fünfundvierzig Tablets von Bahá’u’lláh und hundertneunundzwanzig Tablets von ‘Abdu’l-Bahá an das Volk in Birma — einige von diesen sind auch an Indien gerichtet — enthält.
Wenn die kommende Generation von demselben hohen Gesichtskreis aus wirken kann, wie es jetzt die Freunde tun, dann wird die Sache in Birma bemerkenswerte Fortschritte machen. O Ihr lieben Freunde in Mandalay, ich finde keine Worte, um zu sagen, wie sehr ich Euch liebe!
15. Kunjangoon. Es ist für einen Bahá’i höchst interessant und ermutigend, eine richtige Bahá’i-Siedlung zu besuchen. Herr Abdul Hossein Shirazi und Dr. Abdul Jabar führten uns mitten in das Süd-Birmische Dschungel nach Kunjangoon Village, wo wir annähernd achthundert Bahá’i antrafen. ‘Abdu’l-Bahá äußerte einmal in Seiner gütigen Art: „Kunjangoon ist Mein Dorf!“ Syed Ismail Shirazi, der Vater von Abdul Hossein, hat ihnen vor einigen Jahren einen Mashriqu’l-Adhkar gebaut, der jetzt aber als kleines Gebethaus dient, da, wie eine Muschel aus ihrem Gehäuse, die Gemeinde aus ihrem Tempel herausgewachsen ist. Ihre Versammlungen halten sie in einer sehr großen Bahá’i-Schule ab.
Sie versammelten sich voll Ehrerbietung und fröhlichen Herzens und boten angetan mit ihren
besten Kleidern, den kurzen weißen Jacken und den faltigen Röcken von strahlender Farbe und
mit ihrem schwarzen, gewellten, mit weißen Jasminblüten geschmückten Haar ein liebliches
Bild. Der Saal schien voller Licht zu sein, obgleich es draußen trübe war und heftig regnete.
In ihren Augen glühte und funkelte es und aus ihnen strahlte uns ein von Herzen kommender
Willkommengruß entgegen. Sie sind einfache Landleute und verbringen einen großen Teil
ihres Lebens in harter Arbeit auf den Reisfeldern. Und dennoch haben sie vermöge der Lehre
Bahá’u’lláhs eine natürliche Geisteskultur erreicht und sind reine, frische, freundliche und
gute Menschen. Aus einem Dorfe gleich diesem könnte ein großer Bahá’i-Lehrer hervorgehen
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und den Erdteilen ein Fackelträger sein. Oder in diesem Dorf könnte eine große Bahá’i-Schule
mit weiten Schlafräumen entstehen, so daß Dorfknaben und -mädchen aus allen Teilen Birmas
dorthin kommen und eine praktische Erziehung und ausgezeichnete geistige Bildung erhalten
könnten. Ihre Säule ist jetzt höchst dürftig eingerichtet. Aber da dieses das erste
Bahá’i-Dorf in Birma ist und es so sehr von 'Abdu'l-Bahá, der es „Mein Dorf“ nannte,
geliebt wurde, so werden sich vielleiht einmal einige Seelen durch göttliche
Führung gedrängt fühlen, etwas zur Errichtung einer den Bedürfnissen der
Bewohner angepaßten guten Schule nach den modernsten Methoden zu unternehmen.
Man könnte sie nach dem Muster der dänischen Volkshochschulen errichten und in
ihnen die Bahá’i-Gedanken über Erziehung verwirklichen.
Gegenwärtig sind dort zwei Lehrer, ein junger und ein anderer im mittleren Alter stehender Mann von der Insel Ceylon. Sie tun ihr Bestes, haben jedoch nicht genügend Unterlagen. Beide sprechen englisch. Schickt ihnen doch bitte einige Bücher über Erziehung, die ihr für dienlich haltet. Ihre Adresse ist Bahá’i-Assembly, Diadanow Kalozoo, Kunjangoon, Birma.
Diese Freunde sprachen den größten Namen und den Namen ‘Abdu’l-Bahás singend aus und ihre Stimme erhob sich dabei gleich Gesangeswogen zu den höchsten Himmelspforten. Sie wollten alle gerne etwas über den Fortschritt der Sache im Westen hören. Man hatte uns ein köstliches Mahl bereitet mit dem besten Reis von den eigenen Feldern. Wir waren drei gesegnete Stunden zusammen, nach denen wir vier uns wieder auf den Rückweg machen mußten. Herr Bakhtiar sang ihnen in Persisch einige schöne Gebete.
Diese Gläubigen haben nur selten einen Bahá’i aus dem Westen gesehen, aber ich erzählte ihnen, daß im Okzident sich viele Tausende von Freunden danach sehnen, sie besuchen zu können, und daß wir alle so glücklich sind über das Bestehen dieses herrlichen Bahá’i-Dorfes Kunjangoon, dessen Einwohner alle an Bahá’u’lláh glauben. O Freunde, seht, welch eine Bestätigung dieses ist! Welch ein Beweis dafür, daß die Menschen sich in großer Zahl der Sache zuwenden werden! Laßt uns Bahá’i wie Syed Mustafa Roumie, Ismail Shirazi, Ali Akbar und andere, die die Bevölkerung in Kunjangoon geschult haben, zum Vorbild nehmen und versuchen, gleich ihnen ernsthafte und gläubige Pioniere zu sein.
16. Rangoon. Der Besuch bei den Freunden in Rangoon war wundervoll. Auch sie gaben sich in allem die größte Mühe. Dr. A. Hakim, der Präsident der Geistigen Arbeitsgemeinschaft in Rangoon, bewirtete mich in seinem Heim und sein Sohn Hasamuddin Hakim fuhr uns mit seinem Auto überall hin. Abdul Hossein Shirazi besitzt die Liebenswürdigkeit, für mich diesen Brief in seiner Presse, die er für die Bahá’i-Sache kaufte, zu drucken. Er arrangierte auch unsere Fahrt nach Kunjangoon. Jeden Tag meines Aufenthaltes taten er und jeder Bahá’i in Rangoon ihr äußerstes, um diese Reise zu einer erfolgreichen Propagandareise zu machen. Syed Hashmat Ali, ein Senior des medizinischen Faches an der Universität, ordnete begeistert meine Vorträge an. Er ging zur Presse und lud Reporter ein, mich in Dr. Hakims Wohnung aufzusuchen. Der erste Artikel mit einer vortrefflichen Photographie 'Abdu’l-Bahás erschien in der „Rangoon Times“, einer weit über ganz Birma verbreiteten Zeitschrift.
In der Theosophical Hall wurde vor einer zweihundert Personen zählenden gebildeten Hörerschaft der erste öffentliche Vortrag gehalten. Der Präsident der Gesellschaft, ein führender Rechtsanwalt in Rangoon, sprach mit Anerkennung über die Bahá’i-Bewegung. Ich fand, daß in ihrer Bibliothek eine große und ausgezeichnete Sammlung von Bahá’i-Büchern vorhanden ist. Die zweite Rede wurde in der Brahmo Samaj vor einhundertfünfzig Personen gehalten. Das Hauptmerkmal bei diesem Vortrag war, daß viele fragten: „An wen können wir uns wenden, um Bahá’i-Schriften zu kaufen, und wo können wir etwas über die Bahá'i-Lehre hören?“
Der nächste öffentliche Vortrag wurde in der Raja Reddiar Hochschule gehalten. Ein hervorragender Doktor, ein Sikh, führte den Vorsitz. Es ist ein Wunder, daß überhaupt irgend einer diese Vorträge besuchte, denn gerade während der Vortragsstunden regnete es in Rangoon in Strömen (es ist nämlich jetzt Regenzeit hier). Es kann in Birma tüchtig regnen! Aber dennoch kamen hundertsechzig Personen, Sikhs, Universitätsstudenten, der Priester der Arya Samaj und Theosophen. Nach dem Vortrag wurden Fragen gestellt und beantwortet und Herr Bakhtiar sang.
Wir trafen einen Redakteur aus Aberdeen, der Stadt Dr. J. E. Esslemonts, er schrieb einen guten Artikel und liest zur Zeit Dr. Esslemonts Buch. Einer unserer Freunde, ein Rechtsanwalt in Rangoon und aufrichtiger Bahá’i, hatte Shoghi Effendi mehrere Male in London getroffen.
Die Bahá’i in Rangoon sind redlich und verläßlich. Einige ihrer Großen sind bereits
verstorben. Andere sind von Rangoon weggezogen. Aber ich war glücklich, Einigkeit unter den
Freunden zu finden und bei den Nachkommen
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der Bahá’i in Rangoon und bei anderen jungen Leuten, die Gläubige geworden waren, bedeutende
Fähigkeiten zu bemerken. Sicherlich werden sie in den kommenden Jahren vieles vollbringen und
unserem verehrten Hüter Shoghi Effendi tüchtige Helfer sein.
Es ist nun jammerschade, daß ich die restlichen Ereignisse in Rangoon nur im voraus erwähnen kann, da der Drucker jetzt diesen Brief bekommen muß, um ihn noch vor meiner Abreise nach China und Japan abzudrucken. Heute morgen werde ich in der Missionsschule sprechen und heute abend haben wir in Dr. Hakims Wohnung eine Zusammenkunft nur für Bahá’i. Gestern abend hatten wir in demselben Hause eine Beratung zwischen den in Birma wohnenden Mitgliedern der Nationalen Geistigen Arbeitsgemeinschaft, dem Mitglied aus Indien, Herrn Bakhtiar, und einigen Mitgliedern der Rangooner Geistigen Arbeitsgemeinschaft. Morgen vormittag wird eine Zusammenkunft der Bahá’i-Frauen von Rangoon stattfinden und morgen abend werde ich in der Rangooner Universität unter dem Protektorat der historischen Vereinigung der Universität vortragen. Thema wird sein: „Eine kurze Geschichte der Bahá’i-Bewegung.“ Für den folgenden Tag hat die Frau des Richters vom Hohen Gerichtshof ihre Freunde zum Tee eingeladen und mich gebeten, bei dieser Gelegenheit über die Bahá’i-Bewegung zu sprechen. Einige interessierte Leute baten um eine zwanglose Unterredung in der Universität um sieben Uhr abends am selben Tage. Eine Stunde später wird dann ein dritter Vortrag in der Rangooner Universität gehalten werden. Vielleicht werde ich am Mittwoch den Gouverneur und zwei oder drei andere Staatsbeamte besuchen. Am Mittwoch abend werde ich meinen vierten und letzten Vortrag in der Rangooner Universität unter dem Protektorat der indischen Universitätsvereinigung halten. Das Thema ist: „Universale Religion“. Am nächsten Morgen fahre ich ab nach China. Die Bahá’i besuchen alle Vorträge und tun viel Gutes, indem sie mit andern Leuten zusammenkommen und Schriften verteilen. Herr Bakhtiar, der so diensteifrig war, kehrt am Donnerstag nach Karachi zurück. Er hat eine Anzahl Bücher in persischer und in Urdu-Sprache in die Bibliotheken gegeben und auch ich habe englische Bücher in alle Bibliotheken, in denen ich gesprochen habe, eingereiht. Es war so segenbringend, alle Freunde wieder zu treffen und neue Freunde in Birma kennen zu lernen. Ich war gerührt von ihrer gänzlichen Hingabe an die Bahá’i-Lehre und ihre unerschütterliche Dienstbereitschaft. Ihr könnt sehen wie gut sie zu mir gewesen sind. Wenn ein jeder seinen Teil zu diesem geistigen Werk beiträgt, dann wird der Fortschritt der Sache nicht ausbleiben. Möge Bahá’u’lláh Birma jetzt und für alle Zeiten segnen, ihm geistiges Erwachen schenken!
Liebe Freunde, meine nächste Adresse bis zum Dezember ist:
Martha L. Root,
Care of American Embassy
Tokyo, Japan.
Mit Bahá’i-Grüßen und Gebeten
in Seinem Bunde
Martha L. Root.
In der Sonne der Wahrheit finden nur solche Manuskripte Veröffentlichung, bezüglich deren Weiterverbreitung keine Vorbehalte gemacht werden. — Anfragen, schriftliche Beiträge und alle die Schriftleitung betreffenden Zuschriften beliebe man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3 zu senden. — Bestellungen von Abonnements, Büchern und Broschüren sowie Geldsendungen sind an den Verlag des deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart, Alexanderstr. 3, Nebengebäude, zu richten.
Geschichte und Bedeutung der Bahá’i-Lehre[Bearbeiten]
Die Bahá’i-Bewegung tritt vor allem ein für die „Universale Religion" und den „Universalen Frieden“ — die Hoffnung aller Zeitalter. Sie zeigt den Weg und die Mittel, die zur Einigung der Menschheit unter dem hohen Banner der Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit führen. Sie ist göttlich ihrem Ursprung nach, menschlich in ihrer Darstellung, praktisch für jede Lebenslage. In Glaubenssachen gilt bei ihr nichts als die Wahrheit, in den Handlungen nichts als das Gute, in ihren Beziehungen zu den Menschen nichts als liebevoller Dienst.
Zur Aufklärung für diejenigen, die noch wenig oder nichts von der Bahá’i-Bewegung wissen, führen wir hier Folgendes an: „Die Bahá’i-Religion ging aus dem Babismus hervor. Sie ist die Religion der Nachfolger Bahá’u’lláhs. Mirza Hussein Ali Nuri (welches sein eigentlicher Name war) wurde im Jahre 1817 in Teheran (Persien) geboren. Vom Jahr 1844 an war er einer der angesehensten Anhänger des Bab und widmete sich der Verbreitung seiner Lehren in Persien. Nach dem Märtyrertod des Bab wurde er mit den Hauptanhängern desselben von der türkischen Regierung nach Bagdad und später nach Konstantinopel und Adrianopel verbannt. In Bagdad verkündete er seine göttliche Sendung (als „Der, den Gott offenbaren werde") und erklärte, daß er der sei, den der Bab in seinen Schriften als die „Große Manifestation", die in den letzten Tagen kommen werde, angekündigt und verheißen hatte. In seinen Briefen an die Regenten der bedeutendsten Staaten Europas forderte er diese auf, sie möchten ihm bei der Hochhaltung der Religion und bei der Einführung des universalen Friedens beistehen. Nach dem öffentlichen Hervortreten Bahá’u’lláhs wurden seine Anhänger, die ihn als den Verheißenen anerkannten, Bahá’i (Kinder des Lichts) genannt. Im Jahr 1868 wurde Bahá’u’lláh vom Sultan der Türkei nach Akka in Syrien verbannt, wo er den größten Teil seiner lehrreichen Werke verfaßte und wo er am 28. Mai 1892 starb. Zuvor übertrug er seinem Sohn Abbas Effendi ('Abdu'l-Bahá) die Verbreitung seiner Lehre und bestimmte ihn zum Mittelpunkt und Lehrer für alle Bahá’i der Welt.
Es gibt nicht nur in den mohammedanischen Ländern Bahá’i, sondern auch in allen Ländern Europas, sowie in Amerika, Japan, Indien, China usw. Dies kommt daher, daß Bahá’u’lláh den Babismus, der mehr nationale Bedeutung hatte, in eine universale Religion umwandelte, die als die Erfüllung und Vollendung aller bisherigen Religionen gelten kann. Die Juden erwarten den Messias, die Christen das Wiederkommen Christi, die Mohammedaner den Mahdi, die Buddhisten den fünften Buddha, die Zoroastrier den Schah Bahram, die Hindus die Wiederverkörperung Krischnas und die Atheisten — eine bessere soziale Organisation.
In Bahá’u’lláh sind alle diese Erwartungen erfüllt. Seine Lehre beseitigt alle Eifersucht und Feindseligkeit, die zwischen den verschiedenen Religionen besteht; sie befreit die Religionen von ihren Verfälschungen, die im Lauf der Zeit durch Einführung von Dogmen und Riten entstanden und bringt sie alle durch Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Reinheit in Einklang. Das einzige Dogma der Lehre ist der Glaube an den einigen Gott und an seine Manifestationen (Zoroaster, Buddha, Mose, Jesus, Mohammed, Bahá’u’lláh).
Die Hauptschriften Bahá’u’lláhs sind der Kitab el Iqhan (Buch der Gewißheit), der Kitab el Akdas (Buch der Gesetze), der Kitab el Ahd (Buch des Bundes) und zahlreiche Sendschreiben, genannt „Tablets“, die er an die wichtigsten Herrscher oder an Privatpersonen richtete. Rituale haben keinen Platz in dieser Religion; letztere muß vielmehr in allen Handlungen des Lebens zum Ausdruck kommen und in wahrer Gottes- und Nächstenliebe gipfeln. Jedermann muß einen Beruf haben und ihn ausüben. Gute Erziehung der Kinder ist zur Pflicht gemacht und geregelt.
Streitfragen, welche nicht anders beigelegt werden können, sind der Entscheidung des Zivilgesetzes jeden Landes und dem Bait’ul’Adl oder „Haus der Gerechtigkeit“, das durch Bahá’u’lláh eingesetzt wurde, unterworfen. Achtung gegenüber jeder Regierungs- und Staatseinrichtung ist als einem Teil der Achtung, die wir Gott schulden, gefordert. Um die Kriege aus der Welt zu schaffen, ist ein internationaler Schiedsgerichtshof zu errichten. Auch soll neben der Muttersprache eine universale Einheits-Sprache eingeführt werden. „Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres“ sagt Bahá’u’lláh.
Es ist also weniger die Einführung einer neuen Religion, als die Erneuerung und Vereinigung aller Religionen, was heute von 'Abdu'l-Bahá erstrebt wird. (Vgl. Nouveau, Larousse, illustré supplement, Seite 66.)
Verlag des Deutschen Bahá’i-Bundes G.m.b.H., Stuttgart
Fernsprecher Nr. 26168 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Alexanderstr. 3, Nebengebäude
In unserem Verlag sind erschienen:
Bücher:
Verborgene Worte von Bahá’u’lláh. Deutsch von A. Schwarz und W. Herrigel, 1924 1.--
Bahá’u’lláh, Frohe Botschaften, Worte des Paradieses, Tablet Tarasat, Tablet Taschalliat, Tablet Ischrakat. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . 2.50
in feinstem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.--
'Abdu'l-Bahá Abbas, Ansprachen über die Bahá’i-Lehre. Deutsch von W. Herrigel, 1921, in Halbleinen gebunden . . . . . 3.00
in festem Ganzleinen gebunden . . . . . 3.50
Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahá’i-Religion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, 1919, in Halbleinen geb. . . . . 4.50
In Ganzleinen gebunden . . . . 5.--
'Abdu'l-Bahá Abbas’ Leben und Lehren, von Myron H. Phelps. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922, in Ganzleinen gebunden . . . . 4.--
Die Bahá’i-Offenbarung, ein Lehrbuch von Thornton Chase, deutsch von W. Herrigel, 1925, kartoniert M. 4.--, in Halbleinen gebunden . . . . 4.60
Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter, ein Lehrbuch von Dr. J. E. Esslemont, deutsch von W. Herrigel und H. Küstner. 1927. In Ganzleinen gebunden . . . . . 4.50
Beantwortete Fragen 'Abdu'l-Bahá Abbas', gesammelt und in englischer Sprache herausgegeben von L. Clifford Barney, deutsche Übersetzung von W. Herrigel, 1929 . . . . . 5.--
Broschüren:
Bahá’i-Perlen, Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1922 . . . . -.20
Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W.Herrigel, 1911 . . . . -.20
Die Universale Weltreligion, Ein Blick in die Bahai-Lehre von A. T. Schwarz, 1919. . . . -.50
Die Offenbarung Bahá’u’lláhs, von J.D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1910 . . . -.50
Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. 2. Auflage 1920 . . . -.50
Die Bahá’i-Bewegung im allgemeinen und ihre großen Wirkungen in Indien, nach Berichten eines Amerikaners zusammengestellt und mit Vorwort versehen von Wilhelm Herrigel, Stuttgart 1922 . . . . -.50
Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch v. W. Herrigel, 1912 . . . -.20
Das Hinscheiden 'Abdu'l-Bahás, ("The Passing of 'Abdu'l-Bahá") Deutsch von Alice T. Schwarz, 1922 . . . -.50
Das neue Zeitalter von Ch. M. Remey. Deutsch von Wilhelm Herrigel, 1923 . . . . —.50
Die soziale Frage und ihre Lösung im Sinne der Bahá’i-Lehre von Dr. Hermann Grossmann, Hamburg 1923 . . . . —.20
Religiöse Lichtblicke, Einige Erläuterungen zur Bahá’i-Botschaft, aus dem Französ. übersetzt von Albert Renftle, 2. erweiterte Auflage, 1928 . . . . --.30
Die Bahá’i-Bewegung, Geschichte, Lehren und Bedeutung. von Dr. Hermann Großmann-Wandsbek . . . . . --.20
Sonne der Wahrheit, Jahrgang 3 - 8 in Halbleinen gebunden je . . . . 9.--
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