Sonne der Wahrheit/Jahrgang 1/Heft 6/Text

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SONNE    DER  WAHRHEIT
ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES
Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3
Preis des Einzelheftes M. 3.50, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 9.—
Heft 6 Stuttgart, im August 1921 1. Jahrgang

Inhalt: Tablet von Abdul Baha Abbas. — Ueber Prüfungen u. a. — Ein Wort Baha’o’llahs über das jenseitige Leben. — Aus einer Unterredung mit Abdul Baha in Paris. — Eine Botschaft Abdul Bahas. — Die Bedeutung der Erzählung von Adam und Eva. — Der Unterschied zwischen Mensch und Tier. — Aus den Tagebuchblättern von Mirza Ahmad Sohrab. — Höchste Toleranz. — Abdul Baha über den Tod. — Die Seelen nach dem Tod — Was Abdul Baha von den Bahai verlangt. — Ein Wort Baha’o’llahs. — Die Soldaten Abdul Bahas. — Wichtige Aussprüche. — Aus den Tagebuchblättern von Ahmad Sohrab. — Dio estas la granda Kompata kuracisto, nur Li sendes al ni perfektan resaniĝon. — Interpopoligon de la oriento kaj de la okcidento estas necesa. — Buchbesprechung.


Erhebe Dein Herz mit ganzer Wonne, daß Du fähig seist, mir zu begegnen und meine Schönheit sichtbar widerzuspiegeln. Baha’o’llah. Halte meine Gebote aus Liebe zu mir und entsage Deinen weltlichen Wünschen, wenn Du mein Wohlgefallen suchst. — Baha’o’llah.



Durch die Tochter Taereh Khanom, Frau Konsul Schwarz, Stuttgart, an den geehrten Konsul Schwarz und an alle Mitglieder des Bahai-Bundes.

Auf Ihnen sei die Herrlichkeit Gottes, des Höchsten.

Er ist Gott!
O Ihr lieben Verwandten Abdul Bahas!

Ihr habt eine Zeitung: «Die Sonne der Wahrheit» ins Leben gerufen und ihr einen ausgezeichneten Titel gegeben. Ich bete zu Gott, daß dieser Name genau ihre Wirklichkeit widerspiegle. Das Licht der Wahrheit möge von ihr ausgehen und diesen Kontinent erleuchten, indem sie die Einheit der menschlichen Welt — d. h. die Einheit der ganzen Erde und der Nationen, sowie der göttlichen Religionen — errichtet, indem sie auch die Ursache des Streits und der Kriege zerstört, die Grundlage zur Freundschaft und zum Frieden legt und der Menschheit Harmonie bringt, indem sie ferner alle Nationen an dem Quell der Wahrheit und Liebe sammelt, ein Symbol der Führung wird durch die Hilfe der erhabenen Heerscharen, den Geist Gottes den Menschen einhaucht, den Glanz der menschlichen Einheit widerspiegelt, die Menschen von der irdischen Natur und von der Verderbtheit beireit und dem Körper der Menschheit das himmlische Ehrengewand anlegt.

Das ist Abdul Bahas Sehnen. Dies ist die Ursache der Freude für Abdul Baha.

Mit Euch sei die Herrlichkeit Abhas.
(sig.) AbdulBahaAbbas.
Bahji, 2 Mai 1921.
(Am H Grab der Gesegneten Schönheit Baha'o’llah.) ::Uebersetzt durch Mirza Aziz Ullah Khan, 5. Bahadur.

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Ueber Prüfungen u. a.*)
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(Aus Star of the West vom 24. 6. 15.)

Je mehr sich jemand losmacht von der Welt, von Begierden, menschlichen Angelegenheiten und Zuständen, desto widerstandsfähiger wird er gegenüber den Prüfungen Gottes. Prüfungen sind ein Mittel, durch das eine Seele durch ihre eigene Handlungsweise auf ihre Tauglichkeit erprobt wird. Gott kennt zwar die Tauglichkeit und ebenso den unvorbereiteten Zustand einer Seele schon zuvor; wenn aber dem Menschen mit seinem Ich nicht Beweise erbracht würden, dann würde er nicht glauben, daß er (in diesem Zustand) noch untauglich ist. Wenn er in Prüfungen verfällt, dann wird ihm seine Empfänglichkeit fürs Böse bewiesen, und die Prüfungen dauern so lange, bis die Seele ihre eigene Untauglichkeit einsieht, sie bereut und bedauert und alsdann bestrebt ist, die Schwachheit gänzlich zu überwinden. Dieselbe Prüfung kommt wieder in einem stärkeren Grad, bis es sich zeigt, daß aus der früheren Schwachheit eine Kraft wurde und die Kraft, durch die das Uebel überwunden werden kann, vorhanden ist.

Gesegnet sind diejenigen, die das Mittel sind, Einigkeit unter den Freunden herzustellen, und zu bemitleiden sind die, welche — sei es wissentlich oder unwissentlich — die Ursache der Uneinigkeit sind. Sollte jemand bei einer Auseinandersetzung im Recht sein, wobei ihn aber seine Minderheit an der Durchführung seiner Sache hindert, und er läßt sich herbei, seinen Standpunkt in demütiger Weise um der Einigkeit und des Friedens willen zu opfern, anstatt auf demselben zu beharren, so wird Gott dieses Opfer annehmen, und binnen kurzem wird diese seine rechtmäßige Sache mit Hilfe Gottes durchgeführt werden ohne weitere Auseinandersetzungen, während ohne Opfer und Unterwürfigkeit großer Schaden angerichtet werden kann. Die Freunde müssen darauf bedacht sein, sich selbst jederzeit in Schatten zu stellen. Den Beifall der Menschen zu suchem, verursacht oftmals, daß wir den Beifall Gottes gefährden.

Die schlimmsten Feinde unserer Sache sind in der Sache selbst, und dabei meinen sie sogar, im Namen Gottes zu handeln. Wir haben nicht nötig, die Feinde von außen her zu fürchten, denn diese sind leicht zu überwinden. Aber die Feinde, welche sich Freunde nennen und beständig jedes fundamentale Gesetz der Liebe und Einigkeit verletzen, sind in diesen Tagen schwer zu bekämpfen. Die Barmherzigkeit Gottes ist zwar noch immer groß. Aber binnen kurzem wird das Tor der Barmherzigkeit geschlossen werden, und solche Feinde werden alsdann ihrem Wahnsinn verfallen.


Ein Wort Baha’o’llahs über das jenseitige Leben.
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„Was die Frage über den Geist und sein Weiterleben nach dem Hinscheiden betrifft, so wisse, daß er sich zur Zeit seines Abscheidens erhebt, bis er in die Gegenwart Gottes eintritt und zwar in einer Gestalt, welche sich durch alle Zeitalter hindurch unter keinen Umständen und Ereignissen verändert. Diese Form wird ewig sein, wie das Königreich Gottes, seine Herrschaft und seine Macht ewig sind; und in ihr werden die Spuren Gottes, seine Eigenschaften, seine Vorsehung und Gnade erscheinen. Die Feder ist nicht imstande, diese Stufe und ihre Erhabenheit zu schildern. Die Hand der göttlichen Güte wird es vollbringen, daß eine solche Seele auf eine Stufe kommt, die durch keine Worte geschildert, von keinem Geschöpf der diesseitigen Welt erklärt werden kann.

*) Aus einer Aeußerung Abdul Bahas auf einige Anfragen Dr. E. Getzingers in Haifa.

[Seite 91] Gesegnet ist daher der Geist, welcher den Körper verläßt; gereinigt von den Zweifeln und dem Aberglauben der Menschen. Wahrlich, er bewegt sich in der Sphäre, die Gott für ihn verordnet und tritt ein in das allerhöchste Paradies.

Alle Engel des allerhöchsten Paradieses besuchen und umgeben ihn, und er wird Gemeinschaft haben mit allen Propheten Gottes und seinen Heiligen. Er wird sprechen mit diesen und ihnen erzählen, was sich in der Sache Gottes, des Herrn des Universums, ereignet hat. Wenn sich jemand vorstellen könnte, was für ihn im Königreich Gottes, des Herrn der Herrlichkeit und des Staubes, bestimmt ist, so würde er sich sehnen, nach dieser erhabenen, heiligen Abha-Stufe augenblicklich zu gelangen.


Aus einer Unterredung mit Abdul Baha in Paris.
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Ich rate dir, die Werke der „Gesegneten Schönheit“ (Baha’o’llahs) zu studieren und gemäß seinen Lehren zu leben. Folgendes ist die Grundlage der Lehren Baha’o’llahs: „Trage eine große Liebe in deinem Herzen zu allen Menschen auf Erden, damit Einigkeit unter ihnen zustande kommt. Interessiere dich für jedermann und suche herauszufinden, wie du deinen Mitmenschen helfen kannst, damit sie sehen, daß deine Liebe wirklich universal ist. Sprich nicht bloß vom Willen Gottes, sondern tue ihn; die Erwählten Gottes tun dies immer. Die Leute tun viel, um ihren Ruhm zu vergrößern und sich ihren Nebenmenschen gegenüber wichtig zu machen. Wenn du aber den Willen Gottes tust, ohne dich dessen zu rühmen, so wirst du helfen, die ganze Welt umzugestalten. Die, welche am meisten tun, sprechen am wenigsten darüber.

Der Mensch muß immer darauf bedacht sein, näher zu Gott zu gelangen.

Frage: Wenn jemand die Sache Baha’o’llahs während seiner Lebzeit verwirft, darf er alsdann nach seinem Tod von ihr hören?

Antwort: Ja, er wird von ihr hören in der andern Welt, aber nur dank der Barmherzigkeit Gottes, nicht durch eigenes Verdienst.

Frage: Können wir nicht durch Glauben und Liebe bewirken, daß die, welche sich im Jenseits befinden und im diesseitigen Leben nichts von der Sache Baha’o’llahs hörten, nun mit ihr bekannt werden?

Antwort: Ja, sicherlich! Aufrichtige Gebete haben stets ihre Wirkung, sie haben einen großen Einfluß in der andern Welt. Wir sind niemals getrennt von denen, welche dort sind.

Frage: In welchem Zustand befindet sich die Seele, bevor sie in den Körper eintritt?

Antwort: In einem Zustand der „Potentialität“, sie besitzt kein Bewußtsein in dem Sinne, wie wir es auffassen.

Frage: Ist das Reisen nützlich?

Antwort: Das Reisen ist sehr gut; es öffnet den Menschen die Augen und erweitert ihren Horizont. Im Osten kann der Reisende verlassene und verwüstete Stätten sehen, wo zuvor bevölkerte Städte standen. Hierin erblicken wir die Hand Gottes, des Allmächtigen. Die Geschichte zeigt uns, wie jede Nation, die gegen den Willem Gottes handelte, zuletzt ganz vernichtet wurde, und wie anderseits jede Nation, welche auf die Stimme Gottes hörte, erfolgreich war. Z. B. die römischen Kaiser herrschten über viele Millionen von Menschen; sie waren berühmt und mächtig, aber nun sind sie tot und ihre Macht ist dahin. Das Christentum dagegen begann mit dem kleinen Häuflein von 11 Jüngern, welche Christum nachfolgten und nach seinen Lehren lebten. Heute gibt es nun viele Millionen Christen in der ganzen Welt, und der Einfluß Christi wird niemals vergehen.


Frage: Erfreuen sich alle Seelen des ewigen Lebens?

Antwort: Bedenke, daß nur die Seelen am ewigen Leben teil haben, denen der Geist des Lebens von der Gegenwart Gottes eingehaucht ist; alle andern sind[Seite 92] tot, leblos, wie es Christus im Evangelium erklärte. Ein Mensch, dem ein inneres Schauen von Gott verliehen ist, sieht die Seelen in ihren verschiedenen Stufen nach der Auflösung des Körpers. Wahrlich, sie leben und bestehen vor ihrem Herrn; und er sieht ebenso die toten Seelen, welche in dem Meer der Sterblichkeit untergetaucht sind.

Alsdann bedenke, daß alle Seelen der göttlichen Natur gemäß erschaffen sind, und daß sich alle unbewußt zur Zeit ihrer Geburt in einem Zustand der Reinheit befinden. Aber später unterscheiden sie sich insofern von einander, als die einen eine gewisse Vollkommenheit und die andern Mängel und Fehler erlangen. Ueberdies ist auch zu bedenken, daß die Geschöpfe verschiedene Stufen haben, wie die Schöpfung dies erfordert, denn die Fähigkeiten sind verschieden; aber alle Seelen sind ihrem Wesen nach gut und rein, später aber werden sie befleckt und verunreinigt. Obschon es in der Schöpfung verschiedene Zustände und Stufen gibt, sind sie doch alle nützlich.


Eine Botschaft Abdul Bahas.
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(Vom Nov. 1911.)

Freuet euch! Freuet euch über die frohen Botschaften Ihr habt das Licht des Königreichs empfangen. Die Herrlichkeit der Sonne der Wahrheit ist aufgegangen. Ihre Strahlen überfluten die ganze Erde. Freuet euch! Freuet euch!

Gottes Ruf ist an euch ergangen. Die Stimme des Königreichs ist in die lauschenden Ohren des Volkes gedrungen.

Freuet euch! Freuet euch!

Frohe Botschaften sende ich euch. Die Pforten des Königreichs sind weit geöffnet. Das himmlische Manna ist herabgekommen.

Freuet euch! Freuet euch!

Es wurden viele himmlische Botschafter nacheinander in die Welt hinausgesandt. Sie alle verbreiteten den Hauch des Heiligen Geistes. Gelobt sei Gott! Gelobt sei Gott, daß eure Gesichter sich zum himmlischen Königreich gewandt haben. Die Strahlen der Sonne der Wahrheit scheinen auf euch. Die heiligen Gnaden umgeben euch. Strebet mit ganzem Herzen und ganzer Seele darnach, daß das göttliche Licht über alle Menschen ausgegossen und jedes Herz dadurch erleuchtet werde, daß der Geist der ganzen Menschheit an Seiner unaussprechlichen Herrlichkeit teilnehmen kann.

Strebet und arbeitet, bis daß alle Länder der Erde erleuchtet werden. Fürchtet euch nicht, wenn gewisse Prüfungen über euch kommen. Ihr werdet kritisiert werden, ihr werdet verfolgt werden, ihr werdet verwünscht und geschmäht werden. In solchen Tagen erinnert euch daran, was ich euch sage: Euer Triumph ist gewiß und eure Herzen werden mit der Freude der heiligen Begeisterung erfüllt sein, denn die himmlischen Kräfte werden euch aufrecht erhalten und die göttliche Macht wird mit euch sein!

Dies ist meine Botschait an euch.


Die Bedeutung
der Erzählung von Adam und Eva.*)
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Diese Erzählung muß als Symbol gedacht werden. Adam bedeutet den Geist des Menschen und Eva seine Seele; der Baum ist die menschliche Welt, und die Schlange ist die Anhänglichkeit an diese Welt. Aus dieser entsteht die Sünde, welche sich auf die Nachkommen Adams übertrug, (wörtlich: seine Nachkommen ansteckte). Durch den Einfluß seines heiligen Geistes errettete Christus die Menschen (dh. diejenigen, welche sich zu ihm wandten) von diesem Hang zur Welt und befreite sie von dieser Sünde. (Die Sünde Adams

*) Ans einer Antwort Abdul Balms auf die Frage: Was ist Wahres an der Geschichte von Adam etc.

[Seite 93] steht in Beziehung zu seiner Stellung). Obgleich von dieser Anhänglichkeit auch gute Resultate hervorgehen, so wird doch die Liebe zu dieser Welt gegenüber der Liebe zur geistigen Welt als Sünde betrachtet. Die guten Taten der Gläubigen werden denen, die an der Erde kleben, zur Sünde, und zwar dadurch, daß diese Taten ohne Einfluß auf sie bleiben. Dies ist sicher bestätigt Die körperliche Kraft ist gegenüber der geistigen Kraft nicht nur mangelhaft, sondern im Vergleich mit ihr ist sie Schwachheit. In derselben Weise ist das physische Leben im Vergleich mit dem ewigen Leben in dem Königreiche Gottes anzusehen wie der Tod. In diesem Sinne nannte Christus das physische Leben „Tod“ indem er sagte: „Lasset die Toten ihre Toten begraben.“ Obgleich diese Seelen physisches Leben besaßen, war doch in seinen Augen dieses Leben „Tod“.

Dies ist eine der Bedeutungen des biblischen Berichts über Adam: Denket darüber nach, bis Ihr die andern Bedeutungen findet.

Mein Gruß sei mit Euch.


Der Unterschied zwischen Mensch und Tier.
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(Auszug. — Von Abdul Baha. — Aus „Some answered questions“.)

Ein Teil der Menschen leugnet einen wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier und sagt: Auch der Mensch ist eine Art (Gattung) von Tier, denn die Menschen bestehen aus denselben Stoffen und haben die gleichen Kräfte und Sinne wie die Tiere. Die einfachsten Stoffteilchen, welche den Raum erfüllen, erfahren endlose Zusammensetzung und Verschmelzung, und aus diesen Kombinationen sind alle Lebewesen erschaffen. Je vollkommener die Zusammensetzung ist, desto edler (höher organisiert) ist das Wesen. Die Zusammensetzung dieser Elemente ist im menschlichen Körper vollkommener als bei irgend einem andern Lebewesen; sie ist in absolutem Gleichgewicht (in voller Harmonie), und deshalb nimmt der Mensch die oberste Stufe in der Schöpfung ein. In gewisser Beziehung, namentlich hinsichtlich der äußeren Sinne (wie Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, Gefühl) und auch bezüglich mancher inneren Kräfte (z. B. Gedächtnis) ist das Tier sogar teilweise reicher begabt als der Mensch, und — sagen sie — auch das Tier, nicht nur der Mensch besitzt Intelligenz und Geisteskräfte, nur daß die menschliche Intelligenz größer ist als die des Tiers.

Dies ist die Ansicht vieler heutigen Philosophen und Anthropologen. Sie führen mit wirksamen Argumenten und Beweisen die Abstammung des Menschen auf das Tierreich zurück und sagen, daß es einst eine Zeit gegeben habe, in der der Mensch — Tier gewesen sei, daß dann aber die Art (Gattung) ganz allmählich vorwärts schritt, bis sie den gegenwärtigen Zustand des Menschen erreichte.

Die Theologen hingegen sagen, daß dem nicht so sei. Sie weisen darauf hin, daß, obwohl der Mensch manche Kräfte und die äußeren Sinne mit dem Tier gemein hat, ihm dennoch eine besondere Geisteskraft innewohnt, an der das Tier keinen Anteil hat. Die Wissenschaften, die Künste, Gewerbe, Entdeckungen und Erfindungen sind die Resultate dieser geistigen Kraft, einer Macht, die alle Dinge umfaßt, in ihr Wesen und in ihre Geheimnisse eindringt und ihre Wirkungen kontrolliert. Diese allumfassende menschliche Kraft bringt sie aus dem Reich des Unsichtbaren ins Reich des Sichtbaren. So waren die Telegraphie, die Photographie, der Phonograph und alle derartigen Erfindungen und wunderbaren Künste ursprünglich dem Menschen unbekannte Geheimnisse. Es hat sogar eine Zeit gegeben, in der die Herstellung des Eisens, das du hier siehst, und aller Metalle ein Geheimnis, dh. unbekannt war; der Mensch aber entdeckte dieses Metall und schmiedete es in verschiedene Formen. Dasselbe ist der Fall mit andern zahllosen Erfindungen und Entdeckungen des Menschen, durch die er Verborgenes ans Licht gebracht hat.

Der Mensch gewahrt aber auch intellektuelle, geistige Wirklichkeiten, die in keine äußere Form und Erscheinung treten. So begreift er das Gemüt, den Geist, die Eigenschaften[Seite 94] des Charakters, die Liebe und das Leid des Menschen. Das sind Kräfte und Fähigkeiten, durch die der Mensch dem Tier unbedingt überlegen ist, wenngleich es auch Kräfte gibt, welche Tiere und Menschen gemein haben, ja in denen das Tier eine gewisse Ueberlegenheit besitzt. Denken wir z. B. an das Gedächtnis und den Ortssinn der Tiere. Wenn man eine Taube von hier in eine ferne Gegend bringt und sie dort in Freiheit setzt, so wird sie zurückkehren, denn sie erinnert sich des Wegs. Nimmt man einen Hund von hier mit in das Herz Asiens, so wird er den Weg hieher zurückfinden und (mittels des Geruchsinns) nicht einmal die Fährte verlieren. Aehnlich ist es mit andern Sinnen, dem Gesicht, dem Tastsinn etc. Durch die dem Menschen innewohnende geistige Macht ist er aber dem Tier trotzdem überlegen, denn das Tier bemerkt nur sichtbare Dinge und erkennt keine geistigen Wirklichkeiten. Nur das, was in seinen Sinnenkreis tritt, ist für das Tier vorhanden, was außer diesem liegt, ist ihm nicht wahrnehmbar und nicht vorstellbar. Es ist für das Tier z. B. unmöglich zu begreifen, daß die Erde Kugelgestalt hat. Der Mensch jedoch beweist dies; er schließt von bekannten Dingen auf Unbekanntes und entdeckt dadurch verborgene Wahrheiten und Wirklichkeiten. — Z. B. der Polarstern steht in Akka 33 Grad über dem Horizont. Wenn nun ein Mensch nach dem Nordpol reist, so rückt der Polarstern mit jedem Grad, um den der Betreffende dem Pol näher kommt, um 1 Grad höher, dh. die Höhe des Polarsterns beträgt allmählich 34, 40, 50, 60, 70 etc. Grad. Erreicht er den Nordpol, so wird die Höhe 90 Grad betragen, der Polarstern also im Zenith, dh. senkrecht über dem Haupt des Beschauers stehen. Aus dieser bekannten Tatsache, daß der Polarstern immer höher steigt, je näher man dem Pol kommt, hat man nun etwas Unbekanntes entdeckt, nämlich die kugelige Wölbung des Himmels und die Kugelgestalt der Erde. Dies zu begreifen, ist aber dem Tier unmöglich Ebenso versteht es nicht, daß die Sonne der Mittelpunkt unseres Planetensystems ist oder daß sich die Erde um die Sonne dreht und dgl. Das Tier ist an die Sinne gebunden; alles; was über diesen steht, kann das Tier niemals verstehen, obwohl es zum Teil mit physischen Kräften und äußeren Sinnen besser ausgestattet sein kann als der Mensch.

Es ist also bewiesen, daß im Menschen eine Kraft liegt. die ihn vom Tier unterscheidet, und dies ist sein Geist.

Gelobt sei Gott! Der Mensch ist immer dem Höheren zugekehrt, und sein Sehnen geht hinaus über das Sichtbare. Er wünscht sich immer, eine bessere Welt zu erreichen als die Welt, in der er lebt, und in eine höhere Sphäre einzutreten als die jeweilige ist. Diese Sehnsucht nach oben ist ein Charakteristikum des Menschen. Ich muß staunen, daß gewisse Philosophen von Amerika und Europa sich damit zufrieden geben, der Tierwelt anzugehören und ihr Sinn somit rückwärts und abwärts gerichtet ist statt aufwärts. Die Richtung des Menschen muß immer aufwärts gehen! Wenn man einem dieser Gelehrten sagen würde: Du bist ein Tier! so würde er wahrscheinlich trotzdem sehr gekränkt und ärgerlich sein.

Welch ein Unterschied ist doch tatsächlich zwischen der Menschheit und dem Tierreich, zwischen der hohen Stufe des Menschen und der niederen des Tiers, zwischen dem Licht des Menschengeistes und der Dunkelheit des tierischen Zustandes! — Ein kleiner Araber von 10 Jahren kann 2—300 Kamele in die Wüste treiben und sie mit seiner Stimme lenken. Ein schwacher Hindu kann einen mächtigen Elefanten so beherrschen (zähmen), daß er der folgsamste Sklave wird. — Alle Dinge sind dem Menschen untertan; er kann die Natur beherrschen und die Naturkräfte überwinden, während alle andern Geschöpfe ihnen unterworfen sind. Z. B. die Schwerkraft zieht die Körper zur Erde, der Mensch aber entfernt sich durch Flugzeuge von ihr und steigt in die Lüfte. Die Natur verhindert den Menschen, das Meer zu durchkreuzen, der Mensch aber baut Schiffe und führt mit ihnen über den weiten Ozean u. s. f. Darüber ließe sich noch vieles sagen. — Das Meer mit seiner Großartigkeit kann um kein Minimum von den Naturgesetzen abgehen, die Sonne in ihrer Pracht kann nicht um Haaresbreite von ihrer Bahn abweichen. Was ist dann die Kraft in dem kleinen menschlichen Körper, die der Natur gebietet und ihre Geheimnisse erforscht? Was ist die beherrschende[Seite 95] Macht, mit der der Mensch sich alle Dinge unterordnet?

Noch ein Punkt bleibt zu besprechen. — Manche Physiologen sagen: Wir haben nie den Geist im Menschen gesehen und trotz unserer Nachforschungen im menschlichen Körper haben wir noch keine Seele entdeckt. Wie können wir uns also eine derartige Kraft denken und vor stellen?

Die Theologen erwidern darauf: Der (vermeintliche) Geist der Tiere ist auch nicht sichtbar und kann nicht entdeckt werden. Wodurch beweist ihr dann die Existenz des Tiergeistes? Es besteht kein Zweifel und ist aus den Wirkungen erwiesen, daß im Tier eine Kraft ist, die in der Pflanze nicht wohnt, nämlich die Kraft der Sinne (die Sinnentätigkeit: Gesicht, Gehör etc.), woraus man folgern kann, daß ein animalischer Geist (Steele) besteh. — Aus bestimmten beweisen und Zeichen geht aber gleichfalls hervor, daß es einen menschlichen Geist gibt; auch im Menschen gewahrt man Kräfte und Eigenschaften, die im Tier nicht existieren (seine höheren Geisteskräfte).

Wenn wir alles, was nicht fühlbar und sichtbar ist, verneinen, so müssen wir auch Wirklichkeiten, die unzweifelhaft existieren, leugnen, wie z. B. den Aether oder die Anziehungskraft. Aus welchem Grund behaupten wir das Dasein dieser Existenzen? Doch nur aus ihren Zeichen dh. ihren Aeußerungen und Wirkungen. Das Licht erklären wir aus den Vibrationen des Aethers, und die Wirkungen der Anziehungskraft (Schwerkaft) sind zweifellos vorhanden, ohne daß diese Kraft selbst sichtbar wäre. — So ist auch aus seiner Wirkung auf das Vorhandensein des Geistes im Menschen zu schliessen.


Aus den
Tagebuchblättern von Mirza Ahmad Sohrab.
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(12. Sept. 1914.)

Als wir heute Morgen vom Karmel herabkamen und nach dem Garten des geliebten Herrn gingen, wanderte er mit fasten Schritten auf und ab und sprach folgendes:

„Die Bibel und die hl. Schriften anderer Religionen müssen in den Bahai-Versammlungen immer studiert und gelesen werden. Dieses Studium wird den geistigen Horizont der Bahai weiten und sie mit den wundervollen Prophezeiungen, die sich heute erfüllen, bekannt machen.

Eine Bahai-Veröffentlichung darf niemals etwas enthalten, das einer Herausforderung oder Beleidigung der Gefühle irgend eines Menschen gleichkommt oder einer Seele mißfallen könnte. Sie muß solche Gedanken enthalten, die das Glück, die Hoffnung, den Fortschritt, die Führung und Erleuchtung des Lesers hervorrufen. Das Gebiet dieser Veröffentlichung muß ebenso universal sein, wie ihre Gedanken. Ihr Inhalt muß Brudersinn hervorrufen zwischen den Herzen der Gläubigen aller Religionen und darf nichts erwähnen, was das Empfinden anderer verletzen könnte.

Das Lesen und Studieren der hl. Bücher ist sehr wichtig und hat den Zweck, die Menschen mit den hohen Botschaften bekannt zu machen. Wir müssen dem Willen und den Geboten der „Gesegneten Vollkommenheit“ (Baha’o’llah) folgen und nicht den Eingebungen unseres eigenen Herzens. Wenn wir die Botschaft von der Wahrheit besitzen, so werden wir sie auch unseren Mitmenschen kund tun; nehmen sie diese an, so ist der Zweck erreicht, lehnen sie dieselbe ab, so müssen wir solche Menschen sich selbst überlassen und für sie beten. Dies haben wir unbedingt zu befolgen, und zwar auf die liebevollste Weise und ohne das kleinste Zeichen von Mißmut oder Wiederspruch. Wir wollen uns nicht auf Wortkämpfe und Streit einlassen. Wir müssen die Anhänger aller Religionen und Glaubensrichtungen mit Liebe behandeln, verständnisvoll mit ihnen von ihrem Standpunkt aus über ihre Religion sprechen, und ihnen durch die Tat beweisen, daß wir ihre Schriften achten und den Gründer ihrer Religion ehren uno respektieren. Ein Bahai-Lehrer muß dies stets vor Auggen haben; im Lauf[Seite 96] seiner Rede möge er nie dogmatische Lehren, die die Streitlust und den vorurteilsvollen Geist in der Zuhörerschaft wecken, berühren.“

. . . „In welches Land du auch gehst, sprich mit Mäßigung, rufe die Menschen zur Einheit, zeige ihnen die Sonne der Wahrheit, die vom Horizont Persiens ausging, arbeite im Dienste Abdul Baha’s und erkläre ihnen „den Mittelpunkt des Bündnisses“ — und nichts weiter.“

. . . „Die Luft hier auf dem Karmel ist voller Düfte, der Berg ist lieblich, die Aussicht auf Meer und Land einzigartig. Von hier aus steht die Sonne leuchtend über der Bergkette, der Mond glänzt wundervoll, und die Sterne glitzern über dem Höhenzug in voller Pracht. Dies ist das hl. Land, die Geburtsstätte der alten Gottesmänner, wie Abraham, Isaak, Jakob, David, Moses, Jesaias, Jeremias und zuletzt Christus. Elias lebte auf dem Karmel. Ihr müßt dieses Land sehr schätzen, denn es ist das Land der heiligen Geschichte. Syrien ist auch ein wundervolles Land, eine Welt im kleinen. Alle Bäume der Tropen, wie Dattelpalmen, Orangen, Mandarinen u.s.f. wie auch die Bäume der gemäßigten Zone, wie Wallnüsse, Pinien etc. sind dort zu finden. Tiberias ist verpönt wegen seines heißen Klimas, während der Libanon ein kühler Sommeraufenthalt ist... Auch dort haben die Lichter der Gottesoffenbarung hell geleuchtet, und der Glanz der Sonne der Wahrheit wurde von diesem Horizont aus entsendet.“


Höchste Toleranz.
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(Aus dem Tagebuch M. A. Sohrabs vom 23. 2. 14.)


„Wir müssen gerecht sein,“ begann Abdul Baha, „die Amerik. Hochschule in Beirut führt eine hl. Mission der Erziehung und der Bildung aus, und jeder, der einer höheren Kultur und Zivilisation wohlgesinnt ist, muß dem Unternehmen besten Erfolg wünschen. Eine der hervorragendsten Eigenschaften Gottes ist Gerechtigkeit, und er möchte auch seine Diener mit dieser Eigenschaft geschmückt sehen. Vor Jahren war ich in Beirut und besuchte die Hochschule in ihrem damaligen Anfangsstadium. Von jener Zeit an habe ich deren Liberalismus, wo ich Gelegenheit dazu hatte, gelobt. Einige fanatische, engherzige Mohammedaner beklagten sich schwer, daß das Kollegium religiöse Erziehung erteile oder besser gesagt, darauf bestehe, daß die Zöglinge die Anweisung bekommen, den Sonntags-Gottesdienst in den Kirchen zu besuchen. Sie trieben ihre Beschwerden so weit, daß sie Artikel darüber in der Tagespresse brachten.

Ich sagte einem von Ihnen, daß alle ihre Einwände auf engherzigen Vorurteilen beruhen. Ich bin sicher, daß die Moral der Studenden dadurch nicht geschädigt wird. Sie werden mit dem Inhalt des Neuen und Alten Testaments bekannt gemacht, und was für ein Schaden ist darin zu erblicken? Eine Kirche ist ein Gebetshaus, laßt sie eintreten und zu Gott beten. Was für ein Unrecht liegt hierin? Diese Studenten verherrlichen Gott, ihren Schöpfer, indem sie den Gottesdienst besuchen. Ich hege keinen Zweifel, daß viel Gutes erreicht und manches Mißverständnis behoben wird, wenn die Mohammedaner (Muselmannen) die christliche Kirche besuchen mit ergebenem Herzen und aufrichtiger Seele, und ebenso mögen die Christen in mohammedanische Moscheen eintreten und den Schöpfer des Alls verherrlichen. Heißt es nicht in der hl. Schrift: „Mein Haus soll ein Bethaus heißen?“ Alle die Hänser mit verschiedenen Benennungen wie Kirche, Moschee, Synagoge, Pagoda, Tempel, sind nichts anderes als Gebetshäuser. Was liegt am Namen? Der Mensch muß sein Herz an Gott hängen, nicht an das Gebäude. Wir müssen uns darnach sehnen, den Namen Gottes zu hören, einerlei von welchen Lippen er kommt. Selbst wenn der Satan den geheiligten Namen des Herrn nennen sollte, so wäre ich zufrieden. Ich liebe Gott, und ich liebe seinen Namen zu hören. Ich sehe nicht auf den Sprecher. Als ich in Tiberias war, stand mein Haus in der Nähe der Synagoge. Um Mitternacht versammelten sich die Juden in dem Tempel und sangen Hymnen[Seite 97] und Hallelujah. Ich stand besonders früh auf, um ihnen zu lauschen und im Herzen mit ihnen zu beten.

Wenn eines Menschen Leben ein ewiges Suchen nach Gott ist, so wird er zu ihm beten, wo es auch sein möge. Ich bete zu Gott in der Moschee, in der Kirche oder Synagoge im gleichen Geist, als wenn ich in seiner Gegenwart wäre.


Abdul Baha über den Tod.
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(London, Herbst 1911).

Auf die Frage eines Bahai, wie ein solcher demi Tod entgegensehen soll, antwortete Abdul Baha:

„Wie blickt ein Mensch dem Ziel einer Reise entgegen? Ich meine voll Hoffnung und froher Erwartung. Mit dem Ende der Reise durch dieses irdische Leben ist es ebenso. In der nächsten Welt wird der Mensch gewahren, daß er von so vielen Unfähigkeiten, unter denen er auf Erden litt, frei geworden ist. Diejenigen, die durch das Todestal gegangen sind, treten in einen Wirkungskreis ein, der dem unserigen nicht unähnlich ist. Ihre Arbeit, die Arbeit für das Reich Gottes, ist auch unsere Arbeit, sie ist aber erhaben über die irdischen Raum- und Zeitverhältnisse. Unsere Zeit wird durch die Sonne bestimmt. Eine Zeit, in der es keinen Sonnen-Auf-noch-Untergang gibt, existiert nicht für den Menschen. Die Eigenschaften derer, die hinübergegangen sind, sind verschieden von den Wesenheiten derer, die auf Erden leben und dennoch gibt es keine wirkliche Trennung von ihnen. Im Gebet gibt es eine Verbindung der beiderseitigen Stufen, eine Vereinigung ihres Zustandes. Bete für die Hinübergegangenen wie sie für dich beten. Wenn du in Schwierigkeiten kommst und dich in ei nem aufnahmefähigen Zustand befindest, so sind jene imstande, dir Eingebungen zu verleihen, auch wenn dir dies nicht zum Bewußtsein kommt. Dies ereignet sich auch zuweilen im Schlaf zustand. Es gibt aber dabei keinen phänomenalen Umgang. Das, was diesem ähnlich ist, hat eine andere Bedeutung.“

Anwesende fragen, wie es komme, daß sich im Gebet, in der stillen Verbindung mit Gott, das Herz oft instinktiv an manche, ihm teure Dahingegangene wende.

Abdul Baha antwortete: „Es ist ein göttliches Gesetz, daß sich die Schwachen auf die Starken stützen sollen. Die, an welche du dich wendest, mögen für dich Vermittler der göttlichen Macht sein, dir helfen, als ob sie noch auf Erden lebten. Es ist aber der leine heilige Geist, der allen Menschen Kraft verleiht.“

Ein anderer Bahai bezog sich auf den Verkehr, den Christus auf dem Berg der Verklärung mit Mose und Elias hatte.

Abdul Baha sprach darauf: „Die Gläubigen werden immer durch die Gegenwart der allerhöchsten Heerscharen gestützt. Unter diesen sind Jesus Christus, Mose, Elias, Baha’o’llah und andere erhabene Seelen; auch die Märtyrer gehören zu ihnen.“


Die Seelen nach dem Tod.
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(Mitgeteilt von Mrs. Hollbach.)

Der Körper gleicht einem Käfig; der Geist ist einer Nachtigall, die in dem Käfig wohnt, ähnlich. Die himmlische Nachtigall ist in dem irdischen Käfig gefangen. Der Tod bedeutet das Zerbrechen des Käfigs und die Befreiung der himmlischen Nachtigall, worauf sie sich zu dem himmlischen Rosenhain emporschwingen kann. Ihr mögt hieraus erkennen, warum heilige Seelen sich darnach sehnen, bald aus dem irdischen Leben zu scheiden. In diesem Zusammenhang werdet ihr auch das Wort deutlicher verstehen: „Der Leib ist zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen.“ (Römer VIII. 10). Dies ist der keiner Veränderung unterstehende Zustand[Seite 98] der hl. Seelen. Sie achten nicht auf den irdischen Vorteil; sie sehnen sich immer nach dem Geistigen und Ewigen jenseits dieses vergänglichen Lebens.

Die Nachtigall erfreut sich nimmer des engen Raumes im Käfig, vielmehr sehnt sie sich darnach, baldigst ihre Flügel ausbreiten und sich himmelwärts emporschwingen zu können.

Wenn auch manche,achtlosen, blöden Vögel mit dem beschränkten Raum, in dem sie sich bewegen, nicht zufrieden sind, so empfinden sie dennoch keine Sehnsucht darnach, sich zu befreien, weil sie mit dem herrlichen Rosengarten in keiner Verbindung stehen. Sie haben keine Ahnung, daß außerhalb des Käfigs die unermeßliche Welt sich ausdehnt. So kennen auch manche Menschen keine andere Existenz als das Leben im Käfig, daher fürchten sie den Tod und wollen so lange als irgend möglich an ihren Körper gebunden leben. Die Wohnstätte der himmlischen Nachtigall (des Geistes) ist aber der Himmel; ihr Nest ist in der erhabenen Welt, wo sie mit hellen Augen das schauen kann, was außerhalb des Gesichtsfeldes des Käfigs liegt, woraus sich auch ihr unaufhörliches Verlangen erklärt, ihre Schwingen auszubreiten und sich nach jener unbekannten Welt emporzuschwingen.


Was Abdul Baha von den Bahai veglangt.
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„Die Bahai (Lichtkinder) müssen die Diener des universalen Friedens werden, Arbeiter für die Einheit der Welt, die Verbreiter himmlischer Liebe unter allen Menschen, die Verkünder der Prinzipien, die den Fortschritt für die Menschheit bedeuten, die Zerstreuer der Wolken religiöser, nationaler und politischer Vorurteile und die Stützen für das universale Recht der Gleichheit zwischen Mann und Frau. Sie müssen die Religion mit der Wissenschaft und dem Verstand in Einklang bringen und alle Theorien ablegen, die dem Intellekt und dem erfahrungsmäßigen Wissen nicht standhalten. Dies ist die Arbeit der Bahai. Wünschest du nicht auch dies Werk zu erfüllen? Stehst du nicht im Einklang damit, möchtest du dich nicht bei dieser Armee einschreiben? — Ja? — Dann komm und flüchte unter dies Zelt. Strenge auch du dich an, daß die Menschheit den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erreiche. Bemühe dich, daß Krieg und Streit nicht länger existieren kann. Bemühe dich, dazu beizutragen, daß Liebe, Einklang und Weitherzigkeit die Unduldsamkeit und Enge der Dogmen ersetze; befleißige dich, das Samenkorn der Güte in die Herzen auszustreuen. Dies sind die Gebote Baha’o’llahs; für dieses Ziel arbeiten wir. Seine Heiligkeit Baha’o’llah hat ein grosses Tor der gegenseitigen Zuneigung für alle Nationen vor aller Angesicht geöffnet. — Seht auf das strenge Festhalten der heute bestehenden Religionen an der Unduldsamkeit; sie betrachten zum Teil die andern als Abtrünnige und Unreine, die verdienen, in die tiefste Hölle und in den Rachen des Satans geworfen zu werden. Baha’o’llah jedoch ruft uns zu: Ihr seid die Blätter an einem Zweig und Früchte an einem Baum!“


Ein Wort Baha’o’llahs.
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„Am schwierigsten ist nach der Erkenntnis Gottes die Erkenntnis seiner Worte, und wenn diese richtig verstanden werden, ist es der beste Beweis, ihn erkannt zu haben. Die Worte Gottes, gesprochen durch seine Propheten, sind das herrlichste Wunder, durch das die Gottgesandten gewirkt haben. Wenn auch die Worte der Propheten ausgesprochen werden, wie die der andern Menschen und geschrieben sind, wie in andern Büchern, so sind sie in der Tat doch über allen Vergleich erhaben.

Diese Worte sind in Wirklichkeit durch geistige Elemente zusammengesetzt, von welchen das geistige Leben der Menschen abhängt.“

[Seite 99]

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Die Soldaten Abdul Bahas.

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Als Abdul Baha eines Tages*) zum Fenster seines Hotels hinaussah, bemerkte er ein Regiment Soldaten, das in guter Ordnung vorbeimarschierte. Er sprach: „Diese sind bereit, für ihr Vaterland zu kämpfen. Wie barbarisch scheint es, Menschen, die einander nicht kennen, auf das Schlachtfeld zu senden mit dem Befehl, einander niederzuschießen.

Die große Bahai-Armee besteht aus unsichtbaren Engeln der allerhöchsten Heerscharen. Unsere Schwerter sind die Worte des Lichts. Unsere Kriegsausrüstung ist die Waffenrüstung des Himmels. Wir kämpfen gegen die Mächte der Finsternis. O meine Soldaten, meine geliebten Soldaten! Vorwärts, vorwärts! Fürchtet keine Niederlage! Habt keine mutlosen Herzen! Unser höchster Befehlshaber ist Baha’o’llah. Von den Höhen der Herrlichkeit aus leitet er diese dramatische Schlacht. Er befiehlt uns: Eilet vorwärts! Zeigt die Kraft eurer Arme! Ihr werdet die Mächte der Unwissenheit besiegen. Euer Krieg verleiht Leben; ihr Krieg bringt den Tod. Euer Krieg ist die Ursache der Erleuchtung der ganzen Menschheit; ihr Krieg ist das Mittel, die Herzen zu brechen und zu verdunkeln. Euer Krieg führt von Sieg zu Sieg; ihr Krieg von Niederlage zu Niederlage. Euer Krieg ist das Mittel zum Aufbau; ihr Krieg ist die Quelle der Zerstörung.

Es besteht keine Gefahr für euch. Stürmet vorwärts! Greift den Feind an! Eure Anstrengungen werden mit dem Diadem des ewigen Friedens und der Bruderschaft gekrönt sein.

Seine Heiligkeit Christus kämpfte sogar noch am Kreuz, und sein triumphierendes Werk dauert fort durch alle Zeitalter und Epochen.“


Wichtige Aussprüche.
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„Es wird ein Tag kommen, an dem die Lichter der Einigkeit in aller Welt angezündet werden und die Welt erleuchtet werden wird mit dem Lichte ihres Herrn.“ (Koran).

„Ich werde den Menschen auf jedem Weg willkommen heißen, auf dem er sich mir nähert, denn alle sind mein, spricht der Herr.“ (Koran).

„Wir wünschen nur das Wohl der Welt und die Glückseligkeit der Nationen; dennoch halten sie uns für Anstifter von Streit und Aufruhr, die der Fesseln und der Verbannung schuldig sind. — Wir wünschen, daß alle Völker in einem Glauben vereint und alle Menschen Brüder werden, daß das Band der Liebe und Einigkeit zwischen den Menschen gestärkt werde, die Verschiedenheiten in der Religion aufhören und die Unterschiede, die zwischen den Rassen gemacht werden, beseitigt werden. Was ist nun Schädliches an diesen unsern Bestrebungen? Es wird sicher dahin kommen, daß diese zerstörenden Kriege und fruchtlosen Kämpfe aufhören und der höchste Friede, der Friede aller Frieden, anbricht. Habt ihr solches in Europa nicht auch nötig? Ist dies nicht das, was euch Christus verhieß. — Diese Kämpfe, dieses Blutvergießen und diese Uneinigkeiten müssen aufhören, und alle Menschen müssen sein, als ob sie einer Rasse und einer Familie angehörten. — Es rühme sich nicht der, der nur sein Vaterland liebt, sondern der, der die ganze Menschheit liebt.“ (Worte Baha’o’llahs aus Prof. Browns Buch: „A Trawellers Narrative“).

*) Im April 1913 im Hotel Marquardt, Stuttgart.


[Seite 100]

Aus den Tagebuchblättern von Ahmad Sohrab.
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„Komme unverzüglich — Fraser.“ Diese Worte tanzten vor meinen Augen als mir der Geliebte das Telegramm einhändigte. In meinem Herzen war eine Freude, auf meinem Angesicht war ein Lächeln und der Ausdruck voller Genugtuung. Ich blickte in das Gesicht des Meisters und sah, daß mein Zustand nur ein Reflex des seinigen war. Ich wußte: Eine mutige Streiterin nach der Art der Amazonen muß stets bereit sein, dahin zu gehen, wo der Befehl des erhabenen Befehlshabers es wünscht. — Eine Bahai wie diese ist unschätzbar. Du hast recht getan, Du gute und treue Isabel! Du hast des Geliebten Herze sehr glücklich gemacht. Du bist in Wirklichkeit seine Tochter und sein Herz ist voll von Liebe für Dich. Ist das nicht mehr als aller Reichtum eines Krösus, oder eines Rockfeller oder eines Carnegie? Was ist der Wert der Welt im Vergleich zu der Liebe des Meisters für Dich? Wohl getan! Ich wünschte, wir hätten viele, viele solcher Bahai wie Dich! Du hast den Palmzweig des Sieges gewonnen auf dem Feld der geistigen Glorie! Ich weiß, Du wirst große Dienste in Indien leisten. In der Gegenwart des Meisters wirst Du eine neue Feuer- und Geistestaufe erhalten. Er wird in Deine Hände die Fakkel der Führung legen, auf Deine Lippen die Worte des Lichts, in Dein Herz das Symbol des Lebens, und Er wird dich entsenden mit einer neuen Macht, einer neuen Zuneigung, einer neuen Erscheinung. Segelst Du eben jetzt auf dem weiten, unergründlichen Meer, Dich mehr und mehr beeilend, die Aufgabe aufzunehmen, die der Meister der Bestimmung für Dich bereitet hat? Mögen die Hände Gottes Dich überall auf Deiner Reise beschützen und Dich glücklich nach Aegypten zurückführen, worin das Vorbild Josephs lebte und Fortschritt regierte und wo nun zur Entwicklung einer reinen Menschheit die göttliche Lehre verkündet wird. Wir alle waren glücklich, weil Du gekommen bist, und wir sehen dem Tag entgegen, da wir wieder über heilige und göttliche Dinge sprechen werden, wie wir es zu tun gewohnt waren in London und Edinburg, in Bristol und Paris. Du wirst ein Willkommener Gast im heiligen Haushalt sein. Du wirst viel über die Bahai-Welt zu schreiben haben. Dein Stern ist im Aufsteigen!

Ich war heute morgen nur einige wenige Augenblicke in der Gegenwart des Geliebten. Er sandte nach mir, um mir diese frohe Nachricht zu geben. Ich brachte ihm ein dickes Paket von Tablets mit ihren Uebersetzungen für die Freunde in Amerika und Europa. Er selbst wartet auf die endliche Abfertigung der sehr umfangreichen Post nach allen Teilen der Welt. In den letzten Tagen war seine Gesundheit eine sehr gute, und seine Mahlzeiten, obgleich einfach, sind regelmäßig und zur richtigen Zeit aufgetragen. Er macht lange Spaziergänge, entweder am frühen Morgen oder abends spät, und bei diesen Spaziergängen ist er stets allein. In Wirklichkeit aber ist er in Gemeinschaft mit unserem Schöpfer.

Am Nachmittag hatte ich abermals das Glück, in seine Gegenwart zu kommen. Ein Telegramm kam von Dr. Getzinger mit der Nachricht, daß er dem Rufe folgen wolle und gerne komme. Lua wurde hereingerufen und im Laufe des Gesprächs mit ihr sagte der Meister: „Du mußt fest sein und unerschütterlich in Deinen Absichten und nie laß Dich durch einen äußeren Umstand verwirren. Ich sende Dich nach Indien, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen.

Du mußt in dies Land gehen mit einer nie wankenden Geistigkeit; einem leuchtenden Antlitz, einer steten Begeisterung, einem unaussprechlichen Feuer, einer echten Ueberzeugung, so daß Du diesen Dienst, für welchen ich dich sende, ausführen kannst. Laß dein Herz nicht[Seite 101] bekümmert sein. Wenn Du mit diesem fasten Vorsatz, der Unveränderlichkeit Deines inneren Zustandes, weggehst, wirst Du die Tore der Bestätigung vor Deinem Antlitz offen sehen, Dein Leben wird durch eine Krone von himmlischen Rosen gekrönt sein und Du wirst Dich auf der höchsten Stufe des Triumphes sehen! Bemühe Dich Tag und Nacht, diese erhabene Stufe zu erreichen! Schaue auf mich! Du weißt nicht den tausendsten Teil der Schwierigkeiten, der scheinbar unüberwindlichen Hindernisse, welche täglich vor meinen Augen stehen. Ich achte ihrer nicht. Ich wandere in meinem erwählten Pfad. Ich kenne das Ziel und die Bestimmung. Hunderte von Stürmen und Wirbelwinden mögen rasend um mein Haupt brausen; hunderte von Titanic's mögen auf den Meeresgrund sinken, die wildesten Wogen mögen zu den himmelanstrebenden Felsen emporschlagen, all dies wird mein Vorhaben nicht ändern, wird mich nicht im mindesten stören. Ich will weder nach rechts noch nach links blicken. Ich schaue hinauf. Ferne, ferne sehe ich durch die undurchdringliche Dunkelheit der Nacht, durch die heulenden Winde, die wütenden Stürme das prächtige Licht dringen, welches mich vorwärts und immer vorwärts treibt. Das herrliche Ziel winkt, und die Reisenden werden glücklich landen. Kurrat-ul-Ain hat diesen erhabenen Standpunkt erreicht. Als sie ihr die schreckliche Nachricht ihres Märtyrertods brachten, strauchelte sie darum nicht, sie schwankte nicht; man bemerkte gar keine Veränderung bei ihr. Auch sie hatte ihren Weg erwählt, sie kannte ihr Ziel. Und als sie ihr die Nachricht ihrer bevorstehenden Hinrichtung mitteilten, konnte niemand einen Zug des Schmerzes in ihrem Antlitz sehen; sie war eher glücklicher. Obgleich sie sich niemals um Kleider gekümmert hatte, an diesem Tag legte sie ihr schönstes weißes Seidenkleid und ihre Juwelen an und salbte sich mit dem wohlriechendsten Rosenöl. Sie begrüßte die Kammer des Todes wie eine Braut, welche die hochzeitliche Laube des Bräutigams betritt.“

Dann wandte der Meister sein verklärtes Antlitz Lua zu und sagte: „Diesen hohen Gipfel der unveränderlichen Festigkeit mußt Du erreichen. Wie Kur-rat-al-Ain darf nichts Deinen festen Glauben erschüttern.“

Miß Hiscock, welche mit der heiligen Familie war, wurde hereingerufen. Der Meister sagte ihr: „Ich bin sehr mit Dir zufrieden. Dein Ziel ist, der Sache zu dienen. Der Tag wird kommen, an dem ich Dir befehlen werde zu lehren.“ Sie sagte: „Ich habe keine schönere Hoffnung außer der Sache und der Liebe Abdul Baha’s. „Ich weiß! Ich weiß!“ antwortete der Geliebte. Späterhin sagte er mir: „Wahrlich ich sage, Miß Hiscock’s Herz ist rein, Sie ist sehr aufrichtig.“ Ich verließ sein Zimmer mit neuen Gedanken und großer Entschlossenheit in meinem Herzen.

Spät am Nachmittag besuchte er Mirza Abul Fazl und blieb gegen eine Stunde bei ihm. Er ging an unserem Haus vorüber aber blieb nicht zum Tee. Seine liebe Gestalt grüßte uns, als er am Hause vorüber schritt und blieb mir die ganze Nacht im Gedächtnis, wie ein himmlisches Bild geistigen Seins aus den Höhen herniedergestiegen.


II.
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Heute morgen kam Shougi Effendi und sagte uns, daß der Meister bereit sei, seinen Diener zu empfangen. Augenblicklich stand ich vor ihm. Er frug mich nach meiner Gesundheit und wie mir das Fasten bekomme. Noch 11 Tage sind es bis zum Monat Ramazan, nach welchem die mohammedanische Welt ihr Nationalfest während mehrerer Tage feiert. Später besuchte der Meister Lua und erkundigte sich bei ihr nach dem Stand der Sache in Amerika. Ein Kabel kam von Chicago betreffend die Wiederwahl des „Hauses der Gerechtigkeit“. Er sagte: „Eine Wiederwahl ist zur Zeit nicht notwendig.“ Wegen der Wahl[Seite 102] sagte er: „Bei der Wahl der Mitglieder zum „Hause der Gerechtigkeit“ sollen keine politischen Rücksichten maßgebend sein. Sie müssen frei sein von selbstsüchtigen Gedanken und nicht an ihren eigenen persönlichen Ehrgeiz denken. Die geistige Versammlung soll sich zu keinem anderen Zwecke zusammenfinden, als um die Mittel zu beraten, durch welche die heilige Sache gefördert werden kann; andernfalls wäre es besser, wenn das Haus nicht vorhanden wäre. Die Mitglieder sollen nicht auf sich selbst sehen, sondern ihre Aufmerksamkeit dem Dienst der Menschen widmen. Die Grundsätze der Lehre zu verbreiten, soll ihre heiligste Pflicht sein. Nichts anderes wird gute Früchte zeitigen. Kein geheimes Werben wird zum Glanze des Einzelnen beitragen. Die Freunde müssen frei und unbeeinflußt sein, so daß sie denjenigen wählen können, den sie wünschen. Sobald politische Gedanken in die Sache eindringen, wird der Geist getötet sein. Die Apostel Christi haben nie politische Pläne geschmiedet, nach welchen die Mehrheit der Stimmen zu gewinnen sei. Sie zogen hinaus in die Welt und lehrten das Evangelium allen Menschen. Die Folge davon ist, daß, wenn immer die Namen des Johannes oder des Petrus oder Matthäus erwähnt werden, die Herzen verklärt, freudig und begeistert werden. Diese Jünger waren keine Politiker. Sie waren die Ueberbringer der frohen Botschaften des himmlischen Königreichs. Sie wußten nichts von Wahlen und Abstimmungen. Sie waren erfüllt von Christus, sie kannten nur ihn. Demgemäß ist die heilige Sache rein geistiger Art und bezweckt die Hebung der moralischen Anschauung der Menschheit. Die Herzen der Gläubigen müssen die Quellen der Liebe Baha’o’llah’s sein. Indem sie sich von allem Vergänglichen befreien, sollen sie sich mit der Verbreitung des Wortes beschäftigen. Sie sollen einander lieben und alle Trugblilder von Argwohn und Zweifel bannen.“


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Dio estas la granda
Kompata kuracisto, nur Li sendes al ni perfektan resaniĝon.

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Ĉiu resaniĝo venas de Dio! Estas du kaŭzoj de la malsanoj; la unu koncernas la korpon, la alia la spiriton. La malsanan korpon kuracadas materia medikamento, dum la malsana animo bezonas spiritan sanigilon.

Perfektan resaniĝon ni nur povas ricevi per ĉielaj benadoj; ĉar medicino estas la ekstera kaj videbla sanigilo por la dia kuracado. Sen resaniĝo de la animo la kuracado de la korpo ne valoras. Ĉio estas en la manoj de Dio, sen lia helpo neniu kuracado sukcesas.

Ekzistis jam multe da personoj, kiuj mortis pro la malsano, kiun ili speciale studadis. Ekzemple Aristoteles, kiu sin okupis pri studado de la digesto, mortis pro gastronoma malsano. Aviseu estis specialisto por kormalsanoj kaj mortis pro la sama malsano. Dio estas la granda kompata kuracisto, li sole havas la povon doni al ni perfektan resaniĝon.

Ĉiuj kreitaĵoj estas dependaj de Dio, egale, kiom ajn granda, ŝajne estas iliaj scioj, potenco kaj sendependeco. Rigardu la potencajn regantojn surterajn. Ili havas ĉiun potencon de la mondo, donitan al la homo, kaj tamen, kiam la morto vokas, ili same devas obei kiel la kamparanoj antaŭ iliaj pordoj.

Rigardu la bestojn. Kiel senhelpaj ili estas malgraŭ sia ŝajna forto. La elefanto, la plej granda el ĉiuj bestoj, estas timigata per muŝo, kaj leono ne povas majstri la ekciton, kiun kauzas al-li vermo. Eĉ la homo, la plej alta kreitajo, bezonas multon por sia vivo. Antaŭ ĉio li bezonas aeron; senigita de ĝi nur kelkajn minutojn, li devas morti. Li estas dependa de la akvo, de nutraĵo, vestaĵo, varmo k. t. pl. Ĉiuflanke li estas ĉirkaŭata de danĝeroj kaj malfacilaĵoj, kontraŭ kiuj lia fizika korpo sole ne povas batali. Cirkaŭrigardante en la mondo, la homo rimarkas, ke ĉiuj kreitajoj estas dependaj kaj sub devigo de la naturleĝoj. La homo sole kapablas sin liberiĝi per sia spirita forto, superi la materian mondon kaj ĝin subigi. Sen helpo[Seite 103] de Dio la homo estas kiel la besto, kiu pereas. Sed Dio donis al li mirindan povon, por ke li ĉiam suprenrigardu kaj riceon inter aliaj donacoj ankaŭ resaniĝon per dia boneco.

Sed, ho ve! La homo ne estas danka por tiu ĉi boneco senpripensa li ne atentas la grandan kompaton, kiun Dio al li pruvis. Li deturnas sian vizaĝon de la lumo kaj vojiras en mallumo.

Mia sincera preĝo estas, ke vi ne similu al tiuj homej, sed konstante direktu viajn vizaĝojn al la lumo, por ke vi estu kvazaŭ lumigantaj torĉoj en la mallumeĵoj de l’ vivo.


Interpopoliĝo de la oriento kaj de la okcidento estas necesa.
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Abdul Baha diris: Same kiel en la estinteco tiel en la nuntempo la suno de la spirita vero ĉiam brilis de la horizonto orienta.

Abraham viris en oriento, Moses leviĝis en oriento, por gvidi kaj instrui la popolon. Estis la orienta horizonto, je kiu Jesuo estiĝis. Mohamed estis sendata al nacio de la oriento. La Babo naskiĝis en lando de la oriento, en Persujo. Baha’o’llah vivis kaj instruis en oriento.

Ĉiuj eminentaj instruistoj aperis en oriento. Sed kvankam la suno de Kristo leviĝis en oriento, ĝiaj radioj tamen estis videblaj en la okcidento, ja, la rebrilo de ĝia majesto estis ankoraŭ pli klara. La dia lumo de la instruoj de Jesuo disvastiĝis pli rapide tie ol en la lando de ĝia naskiĝo.

Nuntempe la oriento bezonas materian progreson, la okcidento idealon por la animo. Estus rekomendinde, ke ili interŝanĝus siajn talentojn. Ĉiu donu tion, kio mankas al la alia. La oriento prezentu sian spiritan idealon kaj interŝanĝe viceon de la okcidento ties sciencajn esplorojn. Tiu interŝanĝo de la talentoj nepre devas okazi. Tia kuniĝo estigas veran civilizacion, la spiriteco akcentiĝas en la materio. La plej granda harmonic regos, ĉiuj popoloj estos unuigitaj; stato de perfekteco estos atingata. Intimeco kaj fratiĝo estos la plej bona ligilo, kaj la mondo fariĝos brilanta spegulo por la reilektado de l’ ceoj de Dio.

Ni ĉiuj, la orientaj kaj okciden aj nacioj, devas klopodi tage kaj nokte per koro kaj animo, efektivigi tiun altan idealan konsenton inter ĉiuj nacioj. Ĉiu koro tiam estos refreŝigata kaj ĉiuj okuloj estos malfermataj; la plej mirinda potenco estos donata al la homo kaj feliĉego estos certigata al la homaro.

Ni devas preĝi, ke Persujo per favoro de Dio kapablu, ricevi materian kaj intelektan civilizaciojn de la okcidento kaj interŝanĝe por tio doni sian animan idealon. La energia kunlaborado de la unuigitaj popoloj oriente kaj okcidente sukcesos, ĉar la potenco de la Sankta Spirito helpos al ili.

La principoj de la instruoj de Baha’o’llah estas studotaj atente, unu post alia, ĝis ili estos komprenataj kaj efektivigataj per koro kaj animo. Tiam vi fariĝos fortaj anoj de la lumo kaj spiritaj batalantoj de Dio, kiuj akiros la veran civilization, kaj ĝin disvastigos en Persujo, Europa kaj en la tuta mondo.

Tiam ni havos la paradizon, kiu venos sur la teron; en ĝi ĉiuj homoj estos kunvenantaj sub la tendo de unueco en la reĝlando de la gloreco.

[Seite 104]

Buchbesprechung.
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Im Verlag „Friede durch Recht“, G. m. b. H., ist ein Büchlein erschienen, betitelt: „Vom heiligen und unheiligen Egoismus, von Raimund Eberhard, Landgerichtsrat in Schwerin, das wir unsern Lesern bestens empfehlen möchten. Daß der grasse Egoismus in seinen verschiedenen Formen das Grundübel unserer schlimmen Zeit ist, darauf ist in Wort und Schrift schon oft hingewiesen worden, und solange die Menschen nicht selbstloser werden, können sich unsere Verhältnisse auch nicht wesentlich bessern. Der Verfasser untersucht das Wesen des Egoismus in seinem Gegensatz zum Altruismus, stellt den sittlichen Egoismus dem unsittlichen gegenüber und zeigt, daß sowohl Egoismus als Altruismus aus der Gesinnung, aus der Weltanschauung hervorwachsen. Seine Gedankengänge berühren sich vielfach mit der Bahailehre und entspringen einem ernsten, religiösen Gemüt. Ein Wort (S. 19) soll hier angeführt sein: „Die Loslösung aus dem Zusammenhang des Ganzen, die Trennung des Endlichen vom Unendlichen, um etwas Abgesondertes für sich selbst zu sein und damit — religiös ausgedrückt — die Loslösung von Gott, das ist die wahre und einzige Todsünde. Diese metaphysische bezw. religiöse Grundverkehrtheit ist die Wurzel alles Uebels. Nein, die Ichheit in ihrer Absonderung vom Du und in ihrem Gegensatz zum Du muß auf höherer Stufe eins werden mit dem Du, und das kann nur geschehen, wenn alle Entzweiung im Endlichen eins wird im Unendlichen und mit ihm, und also eins — einig —— mit Gott.“


Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart
Fernsprecher 7975 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 35
  1. Die Geschichte der Bahai-Bewegung, von Sidney Sprague. Deutsch von Wilhelm Herrigel. Dritte Ausgabe . . . . —.50
  2. Ehe Abraham war, war Ich, v. Thornton Chase. Deutsch v. W. Herrigel —.50
  3. Das heilige Tablett, ein Sendschreiben Baha’o’llahs an die Christenheit. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . —.50
  4. Die Universale Weltreligion. Ein Blick in die Bahai-Lehre von Alice T. Schwarz . . . 1.50
  5. Die Offenbarung von Baha’o’llah, von J. D. Brittingham. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 1.50
  6. Verborgene Worte von Baha’o’llah. Deutsch v. A. Braun u. E. Ruoff 1.50
  7. Fünf Tablete, von Baha’o’llah. („Frohe Botschaften“ etc.) im Neudruck
  8. Einheitsreligion. Ihre Wirkung auf Staat, Erziehung, Sozialpolitik, Frauenrechte und die einzelne Persönlichkeit, von Dr. jur. H. Dreyfus, Deutsch von Wilhelm Herrigel. Neue Auflag . . 2.—
  9. Ein Jahr unter den Bahai in Indien und Birma, von Sidney Sprague. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . 1.50
  10. Religiöse Lichtblicke. Deutsch von Albert Renftle
  11. Eine Botschaft an die Juden, von Abdul Baha Abbas. Deutsch von Wilhelm Herrigel . . . —.50
  12. Ansprachen von Abdul Baha Abbas mit Bild des Verfassers. Deutsch von W. Herrigel. Neue Ausgabe . . . 7.—
  13. Geschichte und Wahrheitsbeweise der Bahaireligion, von Mirza Abul Fazl. Deutsch von W. Herrigel, in Halbleinen geb. . . 10.60.
    In Ganzleinen gebunden . . . 12.—
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Die Zeitschrift betreffende Anfragen bittet man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3, richten zu wollen. Schritten, die über Geschichte und Inhalt der Bahailehre näher orientieren, können von dem Verlag des deutschen Bahaibundes, Stuttgart, Hölderlinstr. 35, bezogen werden.



Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.