| SONNE DER WAHRHEIT ORGAN DES DEUTSCHEN BAHAI-BUNDES Herausgegeben vom Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Verantwortliche Schriftleitung: Alice Schwarz - Solivo, Stuttgart, Alexanderstraße 3 Preis des Einzelheftes M. 3.50, Preis des Jahrgangs im Abonnement, vierteljähr. M. 9.— |
| Heft 5 | Stuttgart, im Juli 1921 | 1. Jahrgang |
Inhalt: Auszug aus dem Tablet der Liebe an einen Bahai in Amerika. — Unterweisung von Abdul Baha an Mrs. Thernburg Cropper. — Selbstzucht in der Bahailehre. — Die Taufe Christi. — Auszug aus dem Abschnitt „Reïnkamation“. — Der Ursprung des Universums und des Menschen. — Lösung der sozialen Frage — „Was seid ihr hinausgegangen zu sehen?“ — La dovo de la afableco kaj simpatio kontrau fremduloj kaj eksterlaudanoj. — La forto kaj valoro de la ideoj estas dependaj de la efektivigo. — Fragekasten.
| O Sahn des Menschen! Greife mit deiner Hand in meine Schatzkammer, dann will ich mein Haupt strahlend über deinen Schätzen erheben. Baha’o’llah |
O Sohn der Existenz! Traue nicht irgend einer Seele das zu, was du dir selbst nicht zuschreiben würdest und versprich nicht, was du nicht erfüllst. Dies ist mein Befehl an dich, gehorche ihm. Baha’o’llah. |
Auszug aus dem
Tablet der Liebe an einen Bahai in Amerika. [Bearbeiten]
Tablet der Liebe an einen Bahai in Amerika.
O Du, der Du durch die Himmelsdüfte angezogen bist, wisse mit Bestimmtheit:
Liebe ist das Geheimnis der göttlichen Offenbarung.
Liebe ist die ausstrahlende göttliche Kundgebung.
Liebe ist höchste Erfüllung alles Geistigen.
Liebe ist die Sonne des Königreichs Gottes.
Liebe ist der erleuchtende Hauch des hl. Geistes.
Liebe ist die Offenbarung der Wahrheit in den Gottesgesandten.
Liebe ist der goldene Faden, der sich durch die ganze Schöpfung durchzieht.
Liebe ist die Quelle der größten Glückseligkeit hier und dort.
Liebe ist das Licht der Führung durch die dunkle Nacht.
Liebe ist das innere Band vom Schöpfer zum Geschöpf.
Liebe ist der Antrieb des Strebens zum Licht.
Liebe ist das höchste Gesetz im weiten Universum.
Liebe ist das Grundgesetz, das die Welf in den Angeln hält.
Liebe ist die magnetische Kraft, die das Planetensystem lenkt.
Liebe ist die Ursache der Entfaltung des forschenden Menschengeistes.
Liebe ist der Lebensgeist im Körper der Welt.
Liebe ist der Anlaß zur höchsten Zivilisation der Völker.
Liebe ist höchster Ruhm für jede Nation.
Liebe ist der Weg El-Bahas.
Liebe ist die Religion El-Bahas.
Liebe ist das Gesetz El Bahas.
Wer die Liebe nicht hat, hat keinen Anteil an El-Baha!
(sig.) Abdul Baha Abbas.
Unterweisung
von Abdul Baha an Mrs. Thernburg Cropper. [Bearbeiten]
von Abdul Baha an Mrs. Thernburg Cropper.
Alle Propheten sind Botschafter Gottes, und alle ihre Wege führen zu ihm, Alle ihre Lehren trugen geistige Früchte. Selbstlosigkeit und der liebreiche Wunsch, anderen zu helfen und sie zu führen, ist ihnen allen als höchste Gabe eigen.
In den Offenbarungen Gottes gibt es bestimmte Zeiten wie im natürlichen Jahr. Wie Christus den Geist Gottes im Fleisch verwirklichte und der Welt zu seiner Zeit geholfen hat, so ist jetzt die Botschaft Baha’o’llahs die Arznei, welche die Welt sehr nötig hat.
Den Propheten der Vergangenheit sollte alle Ehrfurcht und Dankbarkeit erwiesen werden. Wenn die Wahrheit verworfen wird, so ist dies ein Fehler, über welchen wir traurig sein müssen; es ist aber keine eigentliche Sünde. Die Barmherzigkeit Gottes ist größer als aller menschlicher Irrtum. Es ist wahr, daß die Annahme der Botschaft und der Gesetze Baha’o’llahs der kürzere Weg ist; aber alles mit Treue und mit einem liebenden Herzen getan, ist Gott ebenfalls angenehm, und die Barmherzigkeit Gottes bedeckt alles andere. Die Botschaft Baha’o’llahs umfaßt mehr als alles bisher Dagewesene; auch ist dieses Zeitalter mit einem größeren Fortschritt ausgestattet als alle bisherigen Perioden.
Ueber das Gute sollen wir uns freuen un es annehmen, wir mögen es finden wo wir wollen; alle Religionen sind von Gott.
Ich fragte: Wie sollen wir dies beurteilen, vielleicht an der Selbstlosigkeit des Lebens? Das liebende Herz kann sich ja niemals verbergen, weder vor den Menschen noch vor Gott.
Abdul Baha erwiderte, daß er sich über die praktische Wendung, welche die geistigen Dinge in der Welt genommen haben, sehr freue. Er hoffe, daß sie weiter verbessert werden, und daß diese Verbesserung erreicht werde ohne Kampf und Meinungsverschiedenheiten in absoluter Einigkeit. Er fühle, daß wenn die Wogen des Fortschritts einmal die Küsten des Ostens berühren, ihre Wirkungen sofort da sein werden, weil der Osten in Philosophie und geistigen Gedanken gut gegründet sei. Er sagte ferner, daß das geistige Sehen unter den Sufis in Persien und auch unter andern Menschen, welche geistige Fragen studierten, sehr gering gewesen sei. Daß wir uns darin nur vervollkommnen können, wenn wir unser Gemüt und unser Herz beständig in einem Geist des liebenden Verlangens zu Gott wenden, damit seine Gaben auf uns herabkommen und wir Erleuchtung von ihm empfangen.
Auch sagte er, daß die christlich-wissenschaftliche Bewegung in Amerika und in anderen Weltteilen viel Gutes gewirkt habe. Daß verschiedene Gemüter verschiedene Erfahrungen nötig haben, daß wir ohne gute Gesundheit unfähig wären, unsere beste und nützlichste Arbeit zu verrichten, daß aber auch Leiden und Trübsale Lektionen sind, welche wir alle früher oder später lernen müssen.
Ferner führte er aus, daß wir wegen
der frohen Botschaft in unsern Herzen
freudig sein, stets ein frohes und heiteres
Gesicht haben sollten. Leben und
Tod seien keine Gegensätze, der Tod
bringe wenig Veränderung. Wenn der
Geist der Verstorbenen in das himmlische
Paradies eintreten würde ohne Augen,
um seine Schönheiten zu sehen und
ohne Ohren, um seine himmlische Musik
zu hören, dann könnte er sich kaum denken,[Seite 75]
daß er in diesem Paradies ist. „Auf
Erden kannst du dich erheben und fallen,
aber im Himmel ist nur ununterbrochener
Fortschritt und kein Fallen mehr möglich.“
Wir sollten uns beständig und in allen Dingen an unseren himmlischen Vater wenden und ihn um Führung bitten.
Selbstzucht in der Bahailehre.
(Aus Christian Commonwealth v. 16. 7. 13.) [Bearbeiten]
(Aus Christian Commonwealth v. 16. 7. 13.)
In seiner Rede über den „Größten Frieden“ sagt Mr. André, daß das Erkennen des eigenen Wesens die Grundlage des Gebäudes der menschlichen Gesellschaft bilde. Die Gründer der Bahailehre bestehen auf Selbstzucht, auf der Erreichung des Gleichgewichts unter den dreifachen Elementen der menschlichen Natur: Körper, Gemüt und Geist. Zu diesem Zweck weisen sie nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer freien Erziehung eines jeden einzelnen hin, ob Mann Oder Frau. Denn sie machen keinen Unterschied zwischen den einzelnen Wesen und zwischen den Geschlechtern. Hier, wie in allem andern, gehen sie mit der Zeit. Ueberdies wünschen sie eine gründliche Erziehung, eine sittliche sowohl wie eine geistige, eine allumfassende Entwicklung des Charakters. Denn Vorurteil, Unwissenheit und Haß, diese mächtigen Zerstörer des Friedens, sind Produkte einer falschen Erziehung, das Resultat unrichtiger Ansichten. Ohne Erziehung zur freien Persönlichkeit, kann keine rechte verfassungsmäßige Allgemeinheit bestehen.
Baha’o’llah wünscht eine verfassungsmäßige Gemeinde, eine gerechte, geordnete Gesellschaft. Er wünscht eine Organisation, in der die Einheit der Menschheit anerkannt, der Gedanke der allgemeinen Brüderschaft zur Grundlage jeden Gesetzes und jeder Einrichtung gemacht und die Verbindungen der Menschen untereinander durch Handel festgehalten wird. Eine Verfassung von solcher Vollkommenheit kann nur geschaffen werden durch die Gesamtwirkung hoher persönlicher Bildung, durch das Hervortreten erweiterten, persönlichen Bewußtseins im geistigen und öffentlichen Leben überhaupt. Baha’o’llah erlaubt keinen Gegensatz, noch viel weniger eine Scheidung zwischen Religion und Wissenschaft. Wahrheit ist mit nichts anderem vereinbar als nur mit Wahrheit. Alles Ueble ist ein Resultat des Irrtums, der Unwissenheit. In dem religiösen Leben der Gemeinschaften ist es besonders das Streben der Absonderung und Einigung unter sich, ihre bindende und lösende Macht, welche uns entweder die Zustände der Konflikte oder die des Friedens bringen. Die Wurzel des „Größten Friedens“ ist die brüderliche Liebe, welche in jedem Menschen den Nächsten sieht. Das ist die grundlegende Tatsache, zu der wir immer kommen, wenn wir der Harmonie und dem Sinn des Lebens nachspüren. Auch der Gründer des Christentums hat uns gesagt, daß darin die ganze Religion beschlossen ist. Baha’o’llah lehrt mit Nachdruck, daß das Glück der modernen Gesellschaft auf der Gründung des Friedens auf Erden beruhe und dies nur durch eine Verwirklichung der Wahrheit in der Führung des Lebens bewirkt werden könne.
(Vgl. Joh. 18, 37: Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme).
Die Taufe Christi. [Bearbeiten]
Frage: Im Evangelium Matthäus 3: 13, 14, 15, ist gesagt:
„Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrete ihm und sprach: Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach: Laß es jetzt also sein; also gebühret es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s ihm zu.“
Welche Weisheit liegt darin? Christus besaß von jeher alle wesentlichen Vollkommenheiten, warum bedurfte er der Taufe?
Antwort: Das Prinzip der Johannis-Taufe ist Reinigung von der Sünde durch Buße. Johannes warnte und ermahnte das Volk; er rief es zur Buße und taufte es. Dies macht uns klar, daß jene Taufe ein Symbol der Reinigung von allen Sünden ist. Gleich wie der Körper durch das Untertauchen von äußerer Unreinheit gereinigt und befreit wurde, so sollte sein Geist von den Unreinheiten der natürlichen Welt befreit und gereinigt werden.
Buße ist die Umkehr vom Ungehorsam zum Gehorsam. Wenn ein Mensch nach seiner Entfernung und Entfremdung von Gott Buße tut und untertaucht zur Reinigung, so bedeutet dieses Symbol: O Gott! Mache mein Herz gut und rein, befreie es von allem außer von Deiner Liebe.
Weil Christus wünschte, daß von dieser Taufe des Johannes zu jener Zeit allgemein Gebrauch gemacht werde, so richtete er sich selbst darnach, um das Volk zu erwecken und das Gesetz der früheren Religion zu erfüllen. Obgleich die Taufe zur Buße eine Einrichtung von Johannes war, wurde sie in den göttlichen Religionen früher schon ausgeübt. Christus bedurfte nicht der Taufe, aber da sie damals eine übliche und lobenswerte Handlung war und ein Zeichen der „Frohen Botschaften des Königreichs“, so unterwarf er sich ihr. Später erklärte er, daß die wahre Taufe nicht die mit materiellem Wasser sei, sondern es müsse mit Geist und mit Wasser getauft werden. Wasser bedeutet in diesem Fall nicht materielles Wasser, denn an einer andern Stelle ist die Rede von der Taufe mit Geist und mit Feuer. Daraus geht klar hervor, daß sich dies nicht au materielles Feuer und materielles Wasser bezieht, denn eine Taufe mit Feuer ist unmöglich. Der Geist ist die Gnade Gottes, das Wasser ist Erkenntnis und Leben, und das Feuer ist die Liebe Gottes. Materielles Wasser reinigt das Herz des Menschen nicht; es reinigt nur den Körper; aber himmlisches Wasser, welches Erkenntnis und Leben gibt, macht das menschliche Herz gut und rein. Ein Herz, welches einen Teil der Gabe des Geistes empfängt, wird geheiligt, gut und rein. Damit ist gesagt, daß das Wesen des Menschen gereinigt und geheiligt wird von den Unreinheiten der natürlichen Welt. Diese natürlichen Unreinheiten sind üble Eigenschaften: Zorn, Leidenschaft, Weltsinn, Stolz, Lügenhaftigkeit, Heuchelei, Frömmelei, Betrügerei, Eigenliebe.
Der Mensch kann sich von solchen sinnlichen Leidenschaften nicht selbst befreien; er kann es nur durch die Hilfe des Heiligen Geistes, Deshalb sprach Christus von der Notwendigkeit der Taufe mit Geist, mit Wasser und Feuer. Der Mensch muß mit diesem Geist, diesem Wasser und diesem Feuer getauft werden, daß er der ewigen Gnade teilhaftig wird.
Was für einen Vorteil empfangen wir durch die Taufe mit materiellem Wasser? Diese Taufe mit Wasser ist nur das Symbol der Buße und der Vergebung der Sünden. Das Zeitalter Baha’o’llahs hat dieses Symbol nicht länger nötig; denn jetzt ist die Zeit der wahren Erfüllung, die Zeit, da wir mit dem Geiste und der Liebe Gottes getauft werden.
Auszug aus dem Abschnitt „Reïnkarnation“.
(Aus „Some answered questions“.) [Bearbeiten]
(Aus „Some answered questions“.)
Abdul Baha wurde gefragt: „Was ist Wahres an der Reïnkarnation, an die so viele Leute glauben?“
Abdul Baha antwortete: „Der Zweck unserer Unterredung ist die, die Wirklichkeit zu erklären und nicht, den Glauben anderer Leute lächerlich zu machen. Es ist meine Absicht, Tatsachen zu erklären, weiter nichts. Wir widersetzen uns nicht den Ideen anderer, noch beabsichtigen wir irgend welche Kritik zu üben.
So wisset denn, daß diejenigen, welche an Reïnkarnation glauben, zweierlei Richtungen angehören: Die einen glauben nicht an die geistige Bestrafung und Belohnung in der andern Welt und setzen voraus, daß der Mensch durch Reïnkarnation und Rückkehr in diese Welt entweder belohnt oder bestraft werde. Sie glauben, Himmel und Hölle sei auf diese Welt beschränkt und verneinen die Existenz einer andern Welt. Unter diesen gibt es dann wieder zweierlei Ansichten: die einen glauben, daß der Mensch zuweilen in diese Welt zurückkehre in der Gestalt eines Tieres, um strenge Bestrafung zu erdulden und daß er, nachdem er diese Strafe erlitten hat, von der Tierwelt befreit werde, um dann wieder in die Welt der Menschheit zu kommen. Dies wird Seelenwanderung genannt. Der andere Teil glaubt, daß der Mensch immer wieder in die Welt des Menschen zurückkehre, und daß er durch diese Wiederkehr Belohnung oder Bestrafung für sein früheres Leben erhalte; dies ist die sogenannte Reïnkarnation. Keine dieser beiden Glaubensrichtungen spricht von einer andern als von dieser Welt.
Andere, welche an Reïnkarnation glauben, bestätigen die Existenz der andern Welt und betrachten die Reïnkarnation als das Mittel, vollkommen zu werden, weil sie annehmen, daß der Mensch durch eine Wiederkehr in diese Welt sich allmählich vervollkommne, bis er endlich zur höchsten Vollkommenheit gelange. Mit andern Worten: Sie glauben, die Materie des Menschen und seine Kräfte seien in ihrem Anfang, dh. im ersten Kreislauf, unvollkommen; wenn er aber wieder in diese Welt komme, werde er Fortschritte machen und sich veredeln, bis er zuletzt ein reiner Spiegel des Göttlichen sei. Die Kraft, welche nichts anderes ist als Geist, ist dann in ihm verwirklicht in ihrer ganzen Vollkommenheit.
Dies ist die Vorstellung von denjenigen, welche an Reïnkarnation und an Seelenwanderung glauben. Ich will hiezu nur eine kurze Erklärung geben, denn wollten wir auf das Einzelne eingehen, so würde dies zu viel Zeit in Anspruch nehmen; eine summarische Erklärung möge genügen.
Ueber diese Frage sind noch keine logischen Argumente und Beweise beigebracht; es sind nur Hypothesen und Folgerungen, welche auf Vermutungen beruhen und nicht auf überzeugenden Tatsachen. Es müssen aber Beweise erbracht werden von denen, die an Reïnkarnation glauben und nicht bloße Vermutungen, Voraussetzungen und Einbildungen.
Aber ihr habt mich um Beweise gebeten
für die Unmöglichkeit der
Reïnkarnation. Der erste Beweis
ihrer Unmöglichkeit ist, daß das Aeussere
immer der Ausdruck des Innern ist.
Die Erde ist der Spiegel des Königreichs
Gottes; die materielle Welt entspricht
der geistigen Welt. Beachtet deshalb,
daß sich die Erscheinungen in der wahrnehmbaren
Welt nicht wiederholen, denn
kein Wesen ist in irgend welcher Hinsicht
identisch oder genau gleich mit
einem andern. Die Zeichen der Eigenart
und Individualität sind allen Dingen
aufgeprägt. Wenn alle Kornspeicher
der Welt mit Körnern gefüllt wären, so
würdet ihr doch keine zwei Körner finden,
die absolut gleich und ohne irgend
einen Unterschied wären. Wenn nun das
Vorhandensein der Einzelart in allen.
Dingen bewiesen ist und die Einheit und
Einzigkeit Gottes in der Wirklichkeit aller
Dinge zu Tage tritt, dann ist die
Wiederkehr derselben Erscheinung
absolut unmöglich. Deshalb ist die Reïnkarnation,
welche die Wiederkehr der
Erscheinung desselben Geistes in seinem
früheren Wesen und Zustand in
dieser Erscheinungswelt bedeutet, unmöglich.
Wie nun die Wiederkehr [Seite 78]
derselben
Erscheinung unmöglich und für
alle materiellen Geschöpfe ausgeschlossen
ist, so ist auch für die geistigen Wesen
eine Rückkehr in den gleichen Zustand
— weder in auf- noch in absteigender
Linie — ausgeschlossen und unmöglich,
denn das Materielle entspricht dem Geistigen.
Jedoch ist die Möglichkeit einer Wiederkehr der materiellen Wesen inbezug auf die Gattung klar erwiesen. So werden z. B. die Bäume, welche in früheren Jahren Blätter, Blüten und Früchte hervorbrachten, auch in den kommenden Jahren genau dieselben Blätter, Blüten und Früchte hervorbringen. Dies wird die Wiederkehr der Gattung genannt. Wenn jemand hier die Einwendung macht, daß sich die Blätter, die Blüten und die Fruchte (des vergangenen Jahres) nun zersetzt hätten und von dem Pflanzenreich in das Mineralreich zurückgegangen seien, daß sie vom Mineralreich wieder ins Pflanzenreich übergehen und es deshalb eine Rückkehr gebe, so antworte ich, daß die Blüten, das Laub und die Früchte des vergangenen Jahres wohl zersetzt wurden, daß die in ihnen verbundenen Elemente aufgelöst und im Weltenraum zerstreut wurden, daß sich aber die Partikelchen des Laubes und der Früchte vom letzten Jahr nach ihrer Zersetzung nicht wieder in ihrer ursprünglichen Weise verbunden haben und zurückgekehrt sind. Im Gegenteil, die Gattungen sind durch neue Zusammensetzung der Elemente wieder zurückgekehrt. Wenn dieser menschliche Körper in gleicher Weise aus dem Mineral- oder Pflanzenreich zurückkehren würde, dann würde er nicht genau dieselbe Zusammensetzung der Elemente haben wie der frühere Mensch; denn diese Elemente haben sich zersetzt und wurden zerstreut, sie wurden gänzlich zerteilt in dem unermeßlichen Weltenraum. Nachher setzten sich andere Partikelchen und Elemente zusammen und bildeten einen andern Körper; es mag sein, daß ein oder mehrere Partikel von dem früheren Individuum in das neu sich bildende Individuum eintreten; aber diese Teilchen werden nicht vollständig und ohne jede Beimischung oder ohne Wertveränderung erhalten, so daß sie wieder mitein-der verbunden werden könnten und aus dieser Verbindung und Vermengung ein neues Individuum entstehen würde. Somit kann weder bewiesen werden, daß der frühere Körper mit all seinen Partikeln zurückkehre, und der frühere Mensch nun der spätere Mensch geworden sei, es also eine Wiederkehr gebe, noch daß der Geist gleich dem Leib zurückkehre und seine Wesenheit nach dem Tod wieder in diese Welt eintrete.
Wenn wir sagen, diese Reïnkarnation gehe vor sich, um größere Vollkommenheit zu erlangen, damit die Materie veredelt werde, und damit das Licht des Geistes sich in ihr mit der größten Vollkommenheit offenbare, so ist dies auch reine Einbildung. Denn eine Veränderung der Natur durch Erneuerung und Wiederkehr ist unmöglich, selbst dann, wenn wir voraussetzen wollten, daß wir an diese Argumente glauben. Das Wesen der Unvollkommenheit wird durch eine Rückkehr nicht zur Vollkommenheit; vollständige Dunkelheit wird durch eine Wiederkehr nicht in Kraft und Licht verwandelt, und eine weltlich beanlagte Natur wird durch eine Wiederkehr nicht zu einer himmlischen Wirklichkeit. Der Baum von Zaqqum (ein im Koran erwähnter höllischer Baum) wird nie süße Früchte tragen, er mag wiederkommen so oft er will, und der gute Baum wird nie bittere Früchte tragen, einerlei, wie oft er auch wiederkommen mag. Daher ist es klar, daß eine Rückkehr in diese materielle Welt nicht zur Ursache der Vollkommenheit werden kann. Eine solche Theorie hat weder Beweise noch tatsächliche Grundlagen; sie ist einfach eine Idee. In Wirklichkeit ist die Ursache zur Erlangung der Vollkommenheit die Gabe Gottes.
Die Theosophen glauben, daß der
Mensch oftmals in den aufsteigenden
Kreislauf dieses Lebens zurückkehre und
zwar so oft, bis er den höchsten Punkt
erreicht habe; in diesem, Zustand werde
dann die Materie ein klarer Spiegel,
auf welchen das Licht des Geistes in
seiner vollen Macht scheint, und dadurch
werde die höchste Vollkommenheit erlangt.
Nun gibt es aber eine festbegründete
theosophische Behauptung, daß die
materiellen Welten am Schluß eines jeden
Kreislaufs ihr Ende erreichen, und daß
auch der Zustand des Menschen im Kreise
des Niedergangs an seinem Ende angelangt
ist. Das Ende des niedergehenden
Teils des Kreises ist zugleich der[Seite 79]
Anfang des aufsteigenden Bogens, und
wird Fortschritt genannt. Der nieder
gehende Kreis endet im Materialismus, der
aufsteigende Bogen endigt in Geistigkeit.
Wenn die Nadel eines Kompasses einen
Zirkel beschreibt, macht sie keine rückwärtsgehende
Bewegung, denn dies würde
der natürlichen Bewegung, sowie der göttlichen
Ordnungwidersprechen, und die Symmetrie
des Zirkels würde aufgehoben werden.
Uebrigens hat diese materielle Welt keinen solchen Wert oder solche Vorzüge, daß der menschliche Geist, nachdem er diesem Körper entronnen ist,*) wünschen würde, ein zweites Mal in diese Schlinge zu geraten. Nein, der Wert und die Fähigkeit, des Menschen wird dadurch erwiesen und sichtbar, daß er die Stufen der Existenz durchwandert und nicht dadurch, daß er dahin zuückgekehrt. Wenn die Austernschale einmal geöffnet ist, dann wird es sich zeigen, ob sie eine Perle oder nur wertlose Materie enthält. Wenn eine Pflanze einmal gewachsen ist, dann wird sie entweder als Dorn oder als Blume sich zeigen; sie hat nicht nötig, nocheinmal aufzuwachsen. Außerdem geht jede Bewegung und alle Entwicklung in den Welten in einer direkten Richtung gemäß dem Naturgesetz vor sich; dies ist die Ursache der Existenz, und eine Bewegung, welche dem Naturgesetz entgegen läuft, ist die Ursache der Vernichtung. Die Rückkehr der Seele nach dem Tode ist der natürlichen Entwicklung zuwider und dem göttlichen System entgegengesetzt.
Es ist daher absolut unmöglich, durch die Wiederkehr das Dasein zu erhalten; das wäre gerade, wie wenn ein Mensch, nachdem er aus dem Schoß seiner Mutter getreten ist, ein zweites Mal in denselben zurückkehren sollte.
Was aus dem Glauben an Reinkarnation und Seelenwanderung gefolgert wird, ist eine kindliche Einbildung. Diejenigen, welche an Reinkarnation und an Seelenwanderung glauben, betrachten den Körper als ein Gefäß, in welchem der Geist enthalten ist, wie Wasser in einem Kelch, das in einen andern gegossen werden kann. Dies ist eine kindliche Vorstellung. Sie weiß nicht, daß der Geist ein unkörperliches Wesen ist, und daß er weder eintritt noch austritt, sondern nur mit dem Körper verbunden ist, wie die Sonne mit dem Spiegel, in den sie. scheint. Wenn es wirklich so wäre, wie diese Leute glauben, und der Geist durch öftere Wiederkehr in diese materielle Welt die verschiedenen Stufen durchwandern und dadurch zur höchsten Vollkommenheit gelangen würde, dann wäre es besser, wenn Gott das Leben des Menschen in der materiellen Welt verlängern würde, bis er die Vollkommenheit erlangt hat, dann würde es für den Menschen nicht nötig sein, den Kelch des Todes zu schmecken oder ein zweites Leben zu erlangen.
Der Gedanke, daß das Dasein auf diese vergängliche Welt beschränkt sei und die Leugnung der Existenz der göttlichen Welten, gehen ursprünglich von der Einbildung gewisser Leute aus, welche an Reïnkarnation glauben; aber die göttlichen Welten sind unendlich. Wenn diese göttlichen Welten in der irdischen Welt ihren Höhepunkt erreichen würden, dann würde die Schöpfung nutzlos sein; ja das Dasein wäre das reinste Kinderspiel. Das Geschöpf des göttlichen, unendlichen Wesens, welches die edle Existenz des Menschen ist, würde dann für wenige Tage in diese vergängliche Behausung kommen und gehen, und nachdem es Bestrafung und Belohnung empfangen hätte, würden zuletzt alle vollkommen werden. Die göttliche Schöpfung und die zahllos existierenden Wesen würden auf diese Weise vervollkommnet werden, aber die Göttlichkeit des Herrn und die Macht unseres Gottes würden zugunsten dieser geistigen Wesen in Unwirksamkeit und Untätigkeit verfallen. Ruhm sei dem Herrn, welcher heilig ist über alle Beschreibung.
Solcher Art war auch der begrenzte Horizont der früheren Philosophen, (wie Ptolomäus und andere), welche behaupteten und sich einbildeten, daß die Welt (an sich), das Leben und die Existenz auf diesen irdischen Globus beschränkt seien, und daß dieser grenzenlose Raum umgeben sei von den neun Himmelssphären, die sie sich hohl und leer dachten. Bedenket wie sehr die Gedanken dieser Männer begrenzt waren und wie stumpf ihr Sinn war. Diejenigen, welche an Reinkarnation glauben, denken, daß die Welt auf diese menschliche Vorstellung beschränkt sei. Welch eine falsche Voraussetzung!
*) Gleich der Nachtigall dem Käfig.
[Seite 80]
Denn, wenn schon in diesem Universum,
das uns in höchster Vollkommenheit,
Schönheit und Größe erscheint, die
leuchtenden, sichtbaren Sterne unzählbar
sind, dann müssen wir bedenken, wie
grenzenlos und unendlich die geistigen
Welten sind, welche die wesentlichen
Grundlagen alles Geschaffenen bilden.
Achtet darauf, o ihr Einsichtsvollen!
Laßt uns aber auf unser Thema zurückkommen! In den heiligen Schriften ist von einem „Wiederkommen“ die Rede; aber die Unwissenden haben die Bedeutung hievon nicht verstanden und die, welche an Reinkarnation glauben, haben ihre Mutmaßungen solchen Stellen entnommen. Denn was die göttlichen Propheten mit dem „Wiederkommen“ meinten, ist nicht etwa die Wiederkunft der Person, sondern die Wiederkunft der Eigenschaften; es ist auch nicht die Wiederkunft der Manifestation, sondern die Wiederkunft ihrer Vollkommenheiten, oder geistigen Eigenschaften. In den Evangelien ist gesagt, daß Johannes, der Sohn des Zacharias, Elias gewesen sei. Mit diesen Worten soll nicht gesagt sein, daß die vernünftige Seele und die Persönlichkeit Elias in den Körper des Johannes zurückgekehrt sei, sondern vielmehr, daß die Vollkommenheiten und Eigenschaften des Elias in Johannes offenbar wurden und in die Erscheinung traten.
Gestern Abend wurde dies Zimmer von einer Lampe erleuchtet, und wenn heute Nacht eine andere Lampe leuchtet, dann können wir sagen, das Licht von gestern nacht leuchtet uns wieder; oder wir sagen, dies Licht ist identisch mit dem Licht, das früher leuchtete. Wenn Wasser aus einem Springbrunnen fließt, und es wird abgestellt und fließt dann zum zweiten Mal wieder, dann können wir sagen, das gleiche Wasser fließt nun wieder. Aehnlich ist es mit dem Frühling, der Blüten, Blumen und wohlriechende Kräuter bringt; im nächsten Jahr können wir dann sagen, daß dieselben Blumen und Blüten wiedergekommen seien. Dies bedeutet aber nicht, daß sich genau dieselben Partikelchen, aus denen die Blumen des letzten Jahres zusammengesetzt waren, nach ihrer Auflösung wieder vermengt hätten und zurückgekommen seien. Im Gegenteil, es bedeutet, daß der Wohlgeruch, die Frische, der köstliche Duft und die wundervollen Farben der Blumen des vergangenen Jahres genau in derselben Weise in den Blumen dieses Jahres erscheinen und sichtbar werden. Kurz gesagt, dieser Ausdruck bezieht sich nur auf die Gleichheit und Aehnlichkeit, welche zwischen den Blumen des vergangenen Jahres und dieses Jahres besteht.
Die „Wiederkunft“, welche in den göttlichen Schriften erwähnt ist, ist in dem „Book of Iqhan“ (Buch der Gewißheit) durch Baha’o’llah voll und ganz erklärt. Leset diese Erklärungen, damit ihr über die Wahrheit der göttlichen Geheimnisse unterrichtet werdet.
Der Ursprung des Universums und des Menschen. [Bearbeiten]
(Fortsetzung aus „Some answered questions“ v. L. C. Barney.)
Wisse, daß es eine der schwer verständlichsten geistigen Wahrheiten ist, daß die Welt der Existenz dh. dieses endlose Universum keinen Anfang hat.
Wir haben schon erklärt, daß das
göttliche Wesen das Bestehen der Dinge
voraussetzt. Obgleich dies bereits im
einzelnen erklärt worden ist, so wollen
wir doch noch einmal kurz davon sprechen.
Wisse, daß ein Erzieher nicht wohl
ohne Schüler, ein Monarch nicht ohne
Untertanen, ein Meister nicht ohne Jünger,
ein Schöpfer nicht ohne Schöpfung,
ein Fürsorger nicht ohne Zöglinge gedacht
werden kann. So setzt auch die
Existenz einer Gottheit die Existenz von
Lebewesen voraus. Könnten wir uns eine
Zeit denken, ohne das Vorhandensein
von Lebewesen, so würde diese Vorstellung
die Verneinung der Existenz Gottes
bedeuten. Ueberdies kann absolute
Nichtexistenz nie Existenz werden.
Wenn die Dinge absolut nicht existieren
würden, so würde die Existenz nicht
ins (zeitliche) Leben getreten sein. Deshalb
ist, da das Wesen der Einheit und
Einzigkeit (die Existenz Gottes) ewig
und unsterblich, dh. ohne Anfang und[Seite 81]
ohne Ende ist, es gewiß, daß diese Welt
der Wirklichkeit, dieses endlose Universum,
weder Anfang noch Ende hat.
Wenn auch ein Teil des Universums, z. B. einer der Planeten, der in die Existenz getreten ist, zerstört würde, so würden die andern zahllosen Weltkörper doch weiter bestehen; das Weltall würde dadurch nicht in Unordnung geraten, noch zerstört werden, das Bestehende an sich ist ewig und dauernd. Da aber jeder einzelne Weltkörper einen Anfang hat, hat er notwendigerweise auch ein Ende, denn jede Zusammensetzung (im großen wie im einzelnen) muß folgerichtig auch aufgelöst werden können, nur mit dem Unterschied, daß dies das einemal rascher, das anderemal langsamer geschieht.
Es ist also notwendig, zu wissen daß das Wesentliche jeder Existenz von Anfang an Bestand, und es unterliegt keinem Zweifel, daß der Ursprung alles Bestehenden die Einheit ist, wie auch der Ursprung der Zahl „Eins“ ist und nicht „Zwei“. Es ist somit klar, daß die Urexistenz eine Einheit war, daß aber der Urstoff in verschiedenen Formen und Gestaltungen in Erscheinung trat. Diese vielerlei Formen wurden sichtbar, und die verschiedenen Elemente wurden spezialisiert. Aber diese speziellen Formen wurden erst deutlich bestimmt und bleibend nach langer Zeitdauer, in der die Grundelemente immer wieder neu zusammengefügt, organisiert und zu unzähligen Erscheinungsformen vereinigt wurden. Aus diesen Zusammensetzungen und Verbindungen der kleinsten Stoffteilchen entstanden die zahllosen Dinge der Schöpfung.
Diese verschiedene Zusammensetzung und Anordnung, diese natürliche Organisation wurde durch die Weisheit Gottes und seine ewige Macht hervorgebracht, und so stimmt alles überein und steht im Einklang mit dem universalen Gesetz des Weltalls. Dieses letztere ist also Gottes weise Schöpfung und nicht zufällige Zusammensetzung und Anordnung.
Daraus folgt, daß aus jeder natürlichen Zusammensetzung des Stoffs ein Lebewesen in die Existenz treten, daß aber nicht aus jeder zufälligen (oder auch künstlichen) Zusammensetzung und Vermengung ein Lebewesen entstehen kann. Wenn z. B. jemand alle nötigen Stoffe und Elemente in der bestimmten Zusammensetzung vereint, so kann daraus doch nichts Organisches, kein Lebewesen entstehen, weil die Verbindung nach einem unnatürlichen System geschieht. Das ist zugleich die Antwort auf die miteinbegriffene Frage, warum es nicht möglich ist, Elemente so zusammenzusetzen und zu mengen, daß ein lebendiges Wesen entsteht. Dies ist deshalb unmöglich, weil der Ursprung der Zusammensetzung alles Lebendigen in Gott liegt. Gott ist es, der die Verbindung schafft und sie nach einem natürlichen System ordnet. So wird durch jede (natürliche) Zusammensetzung (durch die göttliche Kraft) ein Lebewesen (etwas Organisches) geschaffen, eine neue Existenz verwirklicht. Der Mensch kann also nicht erschaffen, das vermag nur die göttliche Macht.
Wir haben gesagt, daß aus der Zusammensetzung
und Kombination der
Elemente, von ihrer Auflösung, von ihrer
Masse und von der Einwirkung anderer
Körper auf sie, Formen, endlose Wirklichkeiten
und unzählige Wesen entstehen.
Es ist jedoch klar, daß dieser Erdball
in seiner (jetzigen) Form nicht auf
einmal in die Existenz trat, sondern, daß
diese Welt allmählich durch verschiedene
Entwicklungsstufen ging, bis sie
mit der jetzigen Vollkommenheit geschmückt
wurde. Die Weltkörper des
Universums können mit den kleinsten
einzelnen Dingen verglichen werden,
denn beide gehören einem einheitlichen
Natur-System an, sind einem universellen
Gesetz unterstellt und gelenkt von
gleicher göttlicher Organisation. So
findest du Gleichheit in dem kleinsten
Atom und dem größten universellen System;
denn sie gehen aus einem Laboratorium
der Macht hervor und unterstehen
demselben Natur-System und
universalen Gesetz. Daher mögen sie
auch miteinander verglichen werden. So
wächst der menschliche Embryo langsam
und entwickelt sich allmählich im Mutterschoß
durch verschiedene Formen und
Zustände, bis der Grad der Vollendung
und Schönheit erlangt ist und erscheint
dann in vollendeter Form und größter
Anmut. Ebenso ist es mit dem Samen
dieser Blume hier. Sie anfänglich
ein unscheinbares Ding und winzig
klein; sie wuchs und entwickelte sich
im Schoß der Erde, und nachdem sie
mannigfache Formen angenommen hatte,
trat sie in den jetzt sichtbaren Zustand[Seite 82]
herrlichster Frische und Schönheit.
So ist es auch klar, daß dieser Erdball,
nachdem er in die Existenz getreten
war, sich entwickelte in der Matrize
des Universums und in verschiedene Formen
und Zustände trat, bis er allmählich
die jetzige Vollendung erreichte und mit
unzähligen Wesen und einer vollendeten
Organisation geschmückt wurde.
Es ist also sicher, daß der ursprüngliche Stoff im embryonalen Zustande mit seinen gemischten und zusammengesetzten Elementen als Urstoff allmählich wuchs und sich entwickelte durch Jahrhunderte und Jahrtausende und von einer Form zur anderen überging, bis er in dieser Vollendung, diesem System, dieser Organisation und dieser Darstellung durch die hohe Weisheit Gottes in Erscheinung trat.
Laßt uns zurückkehren zu unserem Thema, daß der Mensch im Anfang seiner Existenz wie, der Same im Schoß der Erde, wie der Embryo im Schoß der Mutter allmählich wuchs und sich entwickelte, durch mancherlei Formen ging, von einer Gestalt zur anderen, bis er in dieser Schönheit und Vollendung, Kraft und Macht erschien. Es ist gewiß, daß er am Anfang diese Lieblichkeit und Schönheit nicht besaß, sondern sie allmählich annahm. Es ist kein Zweifel darüber, daß der menschliche Embryo nicht zu Anfang in dieser (fertigen) Form auftrat, noch war er damals die Offenbarung des Wortes: „Preis sei Gott — dem besten Schöpfer“. Allmählich schritt er durch verschiedene Zustände und Formen, bis er diese vollendete Form und Schönheit, Anmut und Lieblichkeit erlangte. So ist es klar und bestätigt, daß die Entwicklung und das Wachstum des Menschen auf Erden, bis er seine gegenwärtige Vollkommenheit erreichte, dem Wachstum und der Entwicklung des Embryo im Mutterschoß glich. Allmählich kam er von Entwicklung zu Entwicklung, von Form zu Form, gemäß der Ordnung des universalen Systems und dem göttlichen Gesetz.
Der Embryo geht also durch verschiedene Stadien und zahllose Grade hindurch, bis er die Form erreicht, in der er das Wort offenbart: Preis sei Gott, dem besten Schöpfer“ und bis die Zeichen des Verstandes und der Reife sich zeigen. Bis des Menschen Dasein auf Erden Stadium, Form und Zustand von heute erlangte, brauchte es notwendigerweise eine lange Zeit und führte durch viele Grade, bis er diesen Zustand erreichte. Doch ist uranfänglich die menschliche Existenz eine besondere Art, und der menschliche Embryo hat im Mutterschoß von Anfang seine Eigenart, dann entwickelt sich dieser Körper von Form zu Form, bis er in größter Schönheit und Vollkommenheit vollendet ist. Selbst also im Mutterschoß und in dieser merkwürdigen Form, gänzlich verschieden von der jetzigen, ist es der Embryo einer höheren Art und nicht der eines Tieres; seine Art und Wesenheit unterzieht sich keinem Wechsel. Auch daß die Spuren der Organe, die verschwunden sind, in diesem Zustand existieren, ist kein Beweis des Nichtbestehens und der Nicht-Originalität der menschlichen Gattung. Dies beweist nur, daß die Gestalt, die Art und die Organe des Menschen vorangeschritten sind. Der Mensch war immer eine hervorragende Art der Geschöpfe, ein Mensch, nicht ein Tier. Wenn der Embryo des Menschen im Mutterschoß sich von Form zu Form wandelt, so daß eine zweite Form in keiner Weise der ersten mehr gleicht, ist das ein Beweist, daß die Art sich verändert hat, daß er erst ein Tier war, und daß seine Organe sich entwickelten bis er lein Mensch wurde? Nein, wirklich nicht! Wie kindlich und unbegründet ist dieser Gedanke und diese Ansicht! Die Originalität des menschlichen Geschlechts, der menschlichen Natur ist hiemit erwiesen.
Lösung der sozialen Frage. [Bearbeiten]
(Aus einem Vortrag von Fr. Schweizer, Zuffenhausen.)
Schon im grauen Altertum sind uns Beispiele
des Auftretens der sozialen Frage und
deren, Lösung bekannt. Wir lesen in 1. Mose
Kap. 13, Vers 5—12 von Abraham und Lot,
(deren Familien und Harden sich immer
mehr vergrößerten), daß das Land es nicht
mehr vermochte, daß sie beieinander wohnten.
Die beiden kamen überein, sich zu trennen,
und es sprach Abraham zu Lot: „Willst
du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder[Seite 83]
willst du zur Rechten, so will ich zur Linken.“
Sie trennten sich; Lot erwählte die ganze Gegend
am Jordan — Sodom und Gomorra; Abraham
wohnte im Lande Kanaan.
Der Auszug der Kinder Israel aus dem Lande Gosen in Aegypten, woselbst sie sich stark vermehrt hatten und unter der schweren Fronarbeit hart seufzten, war letzten Endes eine gewaltsame Lösung der sozialen Frage zwecks Erlangung besserer Daseinsbedingungen.
Von dem Gesetzgeber und König Lykurg in Sparta sagt uns Abdul Baha selbst, daß derselbe Anordnungen traf, welche die soziale Frage der damaligen Zeit lösen sollten. Ich will kurz wörtlich anführen, was Abdul Baha hierüber ausführt: „Die Lösung jenes Problems ist einer der grundlegenden Lehrsätze Seiner Heiligkeit Baha’o’llahs. Aber dasselbe muß mit Gerechtigkeit und nicht mit Gewalt gelöst werden. Wenn dieses Problem nicht in Liebe gelöst wird, verursacht es Krieg. Vollkommene Gemeinschaft und Gleichheit sind eine Unmöglichkeit, weil sie die Verhältnisse und die Ordnung der Welt umstürzen würden. Aber es gibt ein gutes Verfahren, welches weder die Armen in solcher Not, mach die Reichen in solchem Wohlleben läßt. Vielmehr soll der Arme und der Reiche gemäß seiner Stufe glücklich und mit Ruhe und Behagen leben können. Die erste Person in dieser Welt, welche diesen Gedanken hatte, war der Spartanerkönig Lykurg, der vor Alexander dem Großen lebte. Er opferte sein Königtum für dieses soziale Werk. Diese Gedanken kamen in seinen Sinn, weil er seinem Volk einen Dienst erweisen wollte—höher als alle Dienste — und er die Ursache der Glückseligkeit vieler werden wollte. Er teilte die Spartaner in verschiedene Klassen. Ein Teil bestand aus dem alt eingesessenen Einwohnern: sie waren die Landwirte. Der andere Teil bestand aus den Gewerbetreibenden; wieder andere waren die Handeltreibenden. Er wünschte wirkliche Gleichheit unter diesen Abteilungen, und auf dieser Grundlage gründete er eine gerechte Regierung. Er sagte, daß die alt eingesessenen Einwohner, also die Landwirte, frei von jeder Verbindlichkeit seien, ausgenommen, daß sie ein Zehntel ihrer Produkte (und nicht mehr) abzugeben hätten. Die Handel- u. Gewerbetreibenden hatten jährliche Taxen und sonst nichts zu bezahlen. Die dritte Klasse, die Edlen und die von Herrschern Abstammenden, wurden zu politischen Geschäften herangezogen, zu Krieg und zur Verteidigung des Landes; sie bekalmen das Land in Sparta. Er maß das ganze Land aus und teilte es in gleichen Teilen unter sie. Wenn es z. B. neuntausend waren, so teilte er das ganze Land in neuntausend gleiche Teile und gab jedem einen Teil. Ein Zehntel der Produkte von jedem Stück Land gehörten aber dem Eigentümer. Ebenso machte er Gesetze und Verordnungen für die Städter. Als er fand, daß er vollbracht hatte, was er begehrte, sagte er: Ich gehe nach Syrien, doch ich befehle, daß ihr vor meiner Rückkehr keine Veränderungen vornehmt. Sie schwuren im Tempel und versicherten ihm, daß sie nichts verändern und daß sie diese Gesetze immer halten würden bis zu seiner Rückkehr. Der König verließ den Tempel und kam nie mehr zurück. Er gab sein Königtum auf, damit diese Gesetze erhalten bleiben möchten. Diese Gleichheit der Austeilung wurde in kurzer Zeit die Ursache der Uneinigkeit, weil einer der Männer 5 Kinder, der andere 3, wieder ein anderer zwei hatte. Meinungsverschiedenheiten erfolgten, und die ganze Sache wurde umgestürzt. Darum ist volle Gleichheit eine Unmöglichkeit.“
Die richtige Lösung der sozialen Frage kann nicht mit Zwang von außen her erfolgen. Die Menschen müssen zuerst gemäß der göttlichen Lehren Baha’o’llahs erzogen werden, so daß ihnen die diesbezüglichen Lehren und Anordnungen Baha’o’llahs zur Herzenssache werden. Abdul Baha sagt hierüber: „Der Reiche sollte gegen den Armen barmherzig Sein, freiwillig, nicht mit Zwang. Wird er gezwungen, so nützt dies nichts. Es sollte frei in Uebereinstimmung mit dem Gesetz und nicht mit Gewalttätigkeit geschehen. Durch ein allgemeines Gesetz muß jeder wissen, was seine Pflicht ist. Ein Reicher hat ein großes Einkommen, ein Armer ein kleines. Ich will es genauer ausdrücken: Ein Reicher hat zehntausend Kilo von Produkten, ein Armer zehn Kilo. Ist es nun recht, sie gleich zu besteuern? Nein, vielmehr muß der Arme in diesem Fall von der Steuer befreit sein. Wenn der Arme ein Zehntel seines Einkommens gibt und der Reiche gibt auch ein Zehntel seines Einkommens, so ist das ungerecht. Es sollte ein Gesetz solcher Art verordnet werden,*) daß der Arme, welcher nur zehn Kilo hat und sie für seine Bedürfnisse benötigt, vom Steuerzahlen befreit sein soll. Aber der Reiche, der zehntausend Kilo hat, kann ein- oder zwei Zehntel Steuer bezahlen, und es ist für ihn keine Bedrückung. Wenn er z. B. zweitausend Kilo gibt, hat er noch achttausend Kilo. Wenn ein Mensch fünfzigtausend Kilo hat, kann er zehntausend
*) Es ist dies der Prinzip der sog. progressiven Einkommensteuer, das bei uns bereits durchgeführt ist.
Schriftltg.
[Seite 84]
geben, er hat immer noch genug mit
vierzigtausend Kilo. In dieser Art müssen die Gesetze
gemacht werden und müssen immer Bezug
nehmen auf die jeweiligen Lohn- und
Erwerbsverhältnisse. Wenn heute die Eigentümer
der Fabriken die Löhne ihrer Angestellten erhöhen,
so werden sie nach einem Jahr oder
einem Monat wieder schreien und streiken und
mehr Lohn fordern. Die Lohnsteigerung hätte
kein Ende.
Nach dem göttlichen Gesetz (von Baha’o’llah gegeben) sollte den Angestellten kein (fester) Lohn gegeben werden; vielmehr sind sie Teilhaber in jedem Geschäft. Z. B. die Landwirte bebauen das Land und erzeugen aus ihrer Pflanzung Produkte. Die Städter erhalten ein Zehntel davon. In jener Stadt wird ein gemeinsames Haus gebaut, damit alle Erzeugnisse dorthin gebracht werden. Die Landwirte, deren Einkommen nur für ihre Nahrung und ihren Aufwand reicht, müssen von Abgaben frei sein. Wenn einer in jener Stadt hilflos ist, müssen ihm seine täglichen Bedürfnisse gegeben werden. Wenn andererseits ein Reicher nur fünfzig Kilo der Produkte braucht und er hat fünfzigtausend Kilo, sollte er nach Bezahlung aller seiner Kosten mit zwei Zehntel besteuert werden, und am Ende des Jahres sollte alles, was übrig bleibt, in dem Haus für den allgemeinen Aufwand verteilt werden.*)
Die soziale Frage ist sehr wichtig. Sie wird nicht durch Streiks um Lohn gelöst. Alle Regierungen der Welt sollten sich vereinigen und eine Versammlung organisieren, deren Mitglieder vom Parlament und den Edlen der Nationen erwählt werden. Diese müssen mit höchster Weisheit und Energie den Plan ausführen, so daß weder die Kapitalisten ungeheuren Schaden leiden, noch die Arbeiter arm und bedürftig werden. Das Gesetz sollte mit der höchsten Mäßigung gemacht werden, damit die Rechte des arbeitenden Volkes sowie die Rechte der Kapitalisten gewahrt werden. Wenn ein solch allgemeiner Plan mit beiderseitigem Willem angenommen wird, und es bricht trotzdem ein Streik aus, so müssen sich demselben alle Regierungen der Welt vereint widersetzen. Andernfalls wird das Werk zu vielen Zerstörungen führen, besonders in Europa. Die Eigentümer von Vermögen, Minen und Fabriken sollten ihre Einkommen mit ihren Angestellten teilen dh. einen angemessenen Prozentsatz ihren Arbeitern gehen, so daß die Angestellten außer ihrem Lohn etwas vom allgemeinen Einkommen erhalten, damit sie mit ihrer Seele (mit vollem Interesse) an dem Unternehmen beteiligt wären.
Auf diese Weise würden in der Zukunft auch keine Trusts mehr gebildet werden. Die Trust-frage würde gänzlich verschwinden. — Irgend eine Fabrik, die zehntausend Anteile hat, wird zweitausend Anteile von diesen zehntausend ihren Angestellten geben und wird ihnen Schriftlich zusichern, daß sie diesle haben. Der Rest wird den Kapitalisten gehören. Dann wird am Ende des Monats oder Jahres nach Abzug der bezahlten Löhne und Aufwände in Uebereinstimmung mit der Zahl der Anteile unter beide geteilt werden.— Dem einfachen Volk ist bisher tatsächlich große Ungerechtigkeit widerfahren. Es müssen diesbezügliche Gesetze gemacht werden, weil die Arbeiter mit dem gegenwärtigen System nicht zufrieden sein können. Sie werden immer wieder streiken, und der Kapitalist wird endlich verlieren.
Es ist für ein Land unmöglich, ohne solche Gesetze ruhig zu leben. Um das soz. Problem zu lösen, müssen strenge Gesetze gemacht werden, und alle Regierungen der Welt müssen ihre Beschützer werden, denn Streiks werden immer zur Zerstörung führen, aber Gesetze sind die Ursache des Lebens. Gesetze müssen gegeben werden. Forderungen sollten nur gestellt werden in Uebereinstimmung mit Gesetzen und nicht durch Streik, Gewalt und Rücksichtslosigkeit.“
Dies sind Worte Abdul Bahas, gesprochen am am 4. Juni 1912.**)
Mithelfend beider Lösung der sozialen Frage sind eine Reihe von Faktoren, von Parteien und Verbänden, die (unbewußt) irgend eines der Gebote Baha’o’llahs als ihr besonders erstrebenswertes Ziel sich zur Richtschnur genommen haben. Sie handeln also im Sinne Baha’o’llahs, ohne dies besonders zu wissen.
*) Abdul Baha hat hier offenbar zunächst die einfachen wirtschaftlichen Verhältnisse des Orients im Auge, und seine Vorschläge wären nicht dem Buchstaben sondern dem Geiste nach auf den Westen anzuwenden.
- Schriftltg.
**) Wie schon bemerkt, ist bei uns das Prinzip der prozentualen und progressiven Einkommensteuer zum Zweck einer gerechten Verteilung der Steuerlast bereits durchgeführt. Außer der Steuer- wird aber wohl auch die Lohnfrage in der hier angedeuteten Weise in der Zukunft gelöst werden, da diese Lösung, wenn sie im Sinne Baha’o’llahs die Ansprüche sowohl der Arbeitgeber als der Arbeitnehmer nach Recht und Billigkeit abwiegt, auf beiden Seiten anerkannt werden wird.
- Schriftltg.
„Was Seid ihr hinausgegangen zu sehen?“ [Bearbeiten]
(Matt. 11, 7.) Abhandlung v. Thomson Chase in Los Angelos, Californien.
An der Küste des Mittelländischen Meeres, in einer der ältesten Städte — vielleicht der ältesten der Welt — im hl. Lande, dem „Gelobten Lande“, lebt ein Gefangener, ein Verbannter.
Sein Ruf umfaßt die Welt. Von den verschiedensten Beweggründen geleitet, haben ihn schon viele Bewohner dieses Landes besucht, und wir haben sie nach ihrer Rückkehr gesehen und gehört. Sie bezeugten alle ohne Ausnahme, daß sie die wunderbarste Persönlichkeit auf Erden gesehen und gesprochen hätten. Sie erzählten, wie sie mit den mannigfaltigsten Erwartungen, teils wißbegierig, teils von gewissen Hoffnungen beseelt, zu ihm gingen und wie sie in seiner Gegenwart, ohne ihr Zutun, das fanden, was sie suchten. Sie wurden überwältigt von Ehrfurcht, Beschämung, Furcht und Liebe, von Gemütsbewegungen, die, je nach dem Zustand des einzelnen, verschieden waren. Sie erzählten, wie sie ihm zu Füßen fielen und wie sie sogar ein Verlangen in sich fühlten, den Boden zu küssen, den er betreten hatte. Sie sprachen davon, wie sie plötzlich das Gefühl gänzlicher Unwürdigkeit bedrückte, wie sie von Scham befallen wurden und sich darnach sehnten, Buße zu tun in Sack und Asche; wie sie von unermeßlicher Liebe erfüllt waren und lieber den Tod wünschten, als wieder von ihm getrennt zu werden.
Starke Männer mit tränenbenetzten Wangen und von Gemütsbewegung gebrochener Stimme erzählten uns von der unaussprechlichen Liebe, Milde, Majestät und Macht, welche jener Mann von schlankem Körperbau und mittlerer Größe ausstrahlt. Manche versicherten, daß die wahre Herrlichkeit Gottes aus seinem Angesicht leuchte. Andere kamen in sehr gehobener Stimmung zurück, in welcher sie seine Worte der Liebe wiederholten, und in wunderbarer Begeisterung, welche von der Gunst herrührte, die er ihnen erwiesen hatte, riefen sie wie einst Petrus aus: „Wenn sich auch alle an dir ärgerten, so will ich mich doch nimmermehr ärgern, und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen.“
Es wurde uns erzählt, wie ihn die kleinen Kinder lieben, wie er sie auf seine Arme nimmt, sie zur Schule trägt und ihre Herzen mit seiner Liebe füllt, wie ihn die Armen und Bedrückten umgeben, und sich an seinen Worten sättigen, während er sie mit materiellen und geistigen Gaben segnet; wie die Freunde alles aufbieten, alles erdulden und alle Prüfungen ertragen, um ihn, wenn auch nur auf kurze Zeit, besuchen zu dürfen; wie seine Feinde sich vor seinem gütigen, verzeihenden Blick wie Weiden biegen und beugen; wie keine Seele in seiner Gegenwart gewesen sein kann ohne eine Veränderung zum Besseren oder Schlimmeren an sich erfahren zu haben. Jeder, der dem ruhigen Blick seiner Augen begegnet, findet in denselben ein Licht, das imstande ist, die innersten Tiefen seines Wesens zu durchleuchten. Es ist nicht nötig, ihm von unserem Leben zu erzählen. Vor jenem Blick wird das Herz eines jeden sein eigener Ankläger, und er kann wohl die Worte jener Frau von Samarien wiederholen: „Kommt, sehet einen Menschen, der mir alles sagte, was ich getan habe.“ (Joh. 4,29).
Wer ist dieser Mann? Was ist er? Woher kommt dieser wundervolle Zauber, der die Herzen der Freunde schmilzt und das Toben der Feinde stillt? Er war von seiner frühesten Kindheit an ein Verbannter und Gefangener bis zu seinem 64. Jahre. Sein ganzes Leben verbrachte er unter den Armen, Verachteten und Gehaßten; er war stets in Berührung mit der Armut und weltlichem Elend. Aber die Reichen beugen sich in gleicher Weise vor ihm wie die Armen. Er nimmt keine Rücksicht auf die Persönlichkeit, er behandelt alle gleich, indem er seinen Reichtum der Liebe über jedermann ausgießt. Er zählt zu den Unterdrückten, aber er wird mehr geliebt als mancher Mächtige der Erde.
Gelehrte, Wissenschaftler, Theologen
und Studenten von den verschiedenen
Hochschulen der Welt, jeden Stammes
und jeder Religion, überhäufen ihn mit
Fragen, und seine einfachem Antworten
haben sie noch stets entweder befriedigt[Seite 86]
oder beschämt. Woher kam solche Erkenntnis?
Sein Name war niemals in
irgend einer Schule eingetragen, sein
einziger Lehrer war sein Vater (Baha’o’llah).
Seine einzigen Bücher waren jene
Schriften, die bekannt sind als „Heilige
Schriften“. Es lebt kein Mensch, der
sagen kann: Ich habe ihn gelehrt.
Seine eigenen Schriften verbreiten sich wie leichtbeschwingte Tauben bis an die Enden der Erde; ihrer sind so viele (Hunderte kommen täglich zum Versandt), daß es eine Unmöglichkeit für ihn ist, Zeit zum Suchen von Gedanken auf sie zu verwenden, oder die geistigen Methoden des Gelehrten auf sie anzuwenden. Sie fließen wie Ströme aus einer sprudelnden Quelle, sie führen Schätze der Weisheit und der Erkenntnis mit sich und bringen den durstigen Seelen in der Wildnis der Erde das Wasser des Lebens. Sie befriedigen die Verstandeskräfte, sie durchdringen die Herzen der Menschen in der ganzen Welt, und viele der Besucher erzählten uns, daß es in den Sendschreiben, welche sie von dem Meister empfingen, bewiesen ist, daß er ihre verborgensten Zustände erkannte und die Pulse ihrer innersten Gedanken und Wünsche berührte. Es ist bewiesen, daß er sie kennt. Wer kennt sie? Ist es der Mensch — Abdul Baha Abbas? Wer kann das wissen außer dem, der alles weiß — der Allwissende — der heilige Geist Gottes!
Wer anders kann das Zutrauen der Niederen, der Kinder, der Armen und der Bedrückten in solcher Weise erwerben und sie in ihrem Kummer erfreuen, als der Tröster — der Geist Gottes? Wer kann gleich einer aufgehenden Sonne der Gerechtigkeit die Schuld der Sünde tilgen und das Innerste der menschlichen Seele befriedigen, außer dem heiligen Geist Gottes?
Wer kann gleich einem mächtigen Magnet der Liebe "die Herzen der Menschen berühren und einnehmen, ausgenommen der gütige und alles besiegende Geist Gottes?
Wer kann in die Höhlen der Unwissenheit hineinleuchten, die Dunkelheit des Aberglaubens zerstreuen und die Irrlichter der falschen Lehren auslöschen, außer der dämmernden Sonne der Wahrheit: die Manifestation von dem Geiste Gotten?
Dieser Heilige Geist hat die Schönheit und Majestät Gottes zu allen Zeiten durch den Mund und das Leben seiner Propheten und Erwählten geoffenbart. An diesem Tag der Tage hat seine Herrlichkeit gleich einem Blitz von dem Osten hervorgeleuchtet und ist bis zum Westen durchgedrungen. Die Wahrheit Gottes hat in unwiderstehlicher Macht gedonnert, sie hat die verborgensten Dinge der Zeitalter enthüllt und die Menschen eingeladen, sie möchten in die Himmel der Nähe Gottes und in die Heimat seiner Liebe eintreten.
Durch seine mächtige Manifestation in Baha’o’llah wurden vor mehr als 50 Jahren die Befehle des Vaters geschrieben und verkündigt. Er ist aufgestiegen und hat den angepflanzten Garten seines Königreiches der Sorgfalt seines Sohnes, dem „Zweig“, dem Meister, dem „Mittelpunkt des Bundes“, Abdul Baha überlassen. Abdul Baha lebt das Wort, er ist das Beispiel im Leben, wie es vom Vater befohlen wurde. Er ist der Führer der Menschen, er geht ihnen den Weg voran und beweist durch Erduldung aller Leiden und Beschimpfungen, welche Freude und Herrlichkeit uns beim Betreten des Weges Gottes zuteil wird.
Er kann mit einem, der ehemals diese Erde bewohnte, sagen: „Mein Vater wirkte bisher, und ich wirke auch.“ (Joh. 5, 17). Er ist ohne Tadel, rein und gerecht und doch von allen Menschen der Demütigste und der Diener aller. Er ist gegen die Armen so gütig wie gegen die Reichen und Mächtigen; gegen das Kind wie gegen den Patriarchen. Sein einziger Anspruch, den er erhebt, ist: Abdul Baha — der Diener Gottes zu sein.
Einer, welcher vor 1900 Jahren lebte,
unser Herr Jesus Christus, sagte: „Die
Worte, die ich zu euch spreche, sind
Geist und Leben“. In jener Zeit sagte
der Geist, welcher durch ihn sprach:
„Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig
und beladen seid, ich will euch
erquicken.“ In dieser Zeit sagt der
Geist, welcher durch den Diener Gottes
Abdul Baha, spricht: „Kommt zu mir,
o Menschenkinder, kommt zu mir, die
ihr durstig seid und trinket von dem
süßen Wasser, welches auf alle Teile der
Erde in Strömen herabfließt. Jetzt ist
die rechte Zeit! Laßt uns voranschreiten[Seite 87]
um zu arbeiten, solange die Strahlen der
Sonne der Wahrheit noch scheinen und
der Mittelpunkt des Bundes Gottes noch
unter euch ist; denn in Kurzem wird die
Nacht hereinbrechen, und der Weg zum
Weinberg wird dann nicht so leicht mehr
zu finden sein.“
Dies ist die Einladung des Meisters. Es ist der Geist Gottes, der immer ruft, jetzt wie damals: „Der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hart, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme, und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Offbg. 22, 17.)
La dovo de la
afableco kaj simpatio kontrau fremduloj kaj eksterlaudanoj. [Bearbeiten]
afableco kaj simpatio kontrau fremduloj kaj eksterlaudanoj.
Kiam la homo direktas sian vizaĝon al Dio, tiam li ĉie trovas sunbrilon Ĉiuj homoj estas liaj fratoj. Renkontante personojn alilandajn vi eble opinias, ke rezervo estas necesa kontrau fremduloj. Evitu la doloran singardemon, per tio vi ŝajnas esti senkoraj kaj malsimpatiaj. Ne pensu pri vi mem, estu afablaj kontraŭ eksterlandanoj, egale ĉu ili estas turkoj, japanoj, persoj, rusoj, ĥinoj aŭ ĉu ili venas el iu ajn alia lando de la mondo. Helpu al ili, senti sin kvazau hejme, informiĝu pri ilia loĝejo, demandu ilian vivon
Agu tiamaniere kaj estu afablaj al ili — eĉ tiam, kiam via unua suspekto veriĝus — ĉar tia afableco helpos al ili pliboniĝi.
Kial ni cetere rigardas la eksterlandanojn kvazau fremdulojn? Sciigu tiujn, kiujn vi rencontas, ke vi, ne akcentante tion, estas fakte bahaianoj.
Efektivigu la instruojn de Baha’o’llah pri la homamo al ĉiuj nacioj. Ne kontentiĝu pri tio, ke vi prezentas al ili amikecon nur per vortoj, sed amante entuziasmigu vian koron por ĉiuj kunhomoj.
Ho, vi nacioj de la okcidento! Estu afablaj al tiuj, kiuj venas de la oriento, por restadi inter vi. Parolante kun ili ne montru rezervan konduton; ili ne estas kutimaj tion kaj ĝin perceptas kiel malafablecon kaj malsimpation Ridadu kun ili senĝene kaj pruvu al ili, ke vi estas plenigataj de universala amo. Renkontante person aŭ alian fremdulon parolu kun li kvazau amiko. Kiam li estas soleca, helpu al li, faru al li volonte servon; kiam li estas malgaja, konsolu lin, subtenu la malriĉulon, liberigu tiun, kiu estas subpremata. Tion farante, vi pruvas ne nur per vortoj sed fakte, ke vi akceptas ĉiujn homojn kiel fratojn. Interkonsentu, ke universala amikeco estas bona kaj prezentu en viaj paroladoj la so-lidarecon de la homarasoj kiel ideaion. Nur tiam tiuj ideoj havas valoron, kiam ili estas efektivigataj.
La malbono en la mondo nur tial dauras. ĉar la homoj nur parolas pri siaj idealoj kaj ne klopodas, ilin piektivigi. Kiam iaroj anstataŭus la vortojn, tiam baldaŭ la mizero de la mondo estus aliiĝanta en bonfarton.
Homo, kiu bonfaras, ne parolante pri tio, proksimiĝas al perfekteco. Tiu homo, kiu laudegas en siaj paroladoj la malmultan bonon, kiun li faris, nur malmulte valoras. Vin amante mi ne bezonas ĉiam paroli pri tio, vi sentos, ke mi vin amas,. ne dirante tion. Sed aliflanke, se mi ne vin amus, vi ankau tion sentus kaj ne kredus al mi, se mi milfoje certigus al vi mian amon. La homoj troakcentas la bonon kaj provas ĝin pligrandigi per belaj vortoj, ili diziras, ke oni opinias ilin plibonaj kaj pli perfektaj ol iliajn kunhomojn, kaj klopodas pri monda famo La efektivaj bonfaruloj malpleje parolas pri siaj faroj. La infanoj de Dio bonagas, ne fanfaronante pri tio, ili obeas liajn leĝojn.
Rigardu ekzemple la italojn! Multe ili parolis pri amo al la homaro kaj pri socialismo, tamen iliaj agadoj kontrau la turkoj ne interkonsentas kun iliaj paroloj, ili kauzis la teruraĵojn de la milito.
Mi esperas, ke vi ĉiam evitas tiranecon kaj subpremadon, ke vi laboras senĉese, gis justeco regos en ĉiu lando; ke viaj koroj kaj viaj manoj restas puraj de ĉiu maljusteco.
Tio estas necesa, se vi volas alproksimiĝi Dion, kaj tion mi diziras de vi.
La forto kaj valoro de la ideoj estas dependaj de la efektivigo. [Bearbeiten]
La ideoj estas la realeco de la homo, ne
lia materia korpo. La spiritaj fortoj kaj la
animalaj fortoj estas kunuloj. Kvankam la
homo estas parto de la animala kreaĵaro,
li tamen posedas spiritan forton, kiu estas
pli alta ol tin de ĉiuj kreitajoj. Se la homo
direktas konstante siajn ideojn al ĉielaj aĵoj,
li sanktiĝas; alimaniere, se lia pensado ne[Seite 88]
leviĝas, sed nur koncentriĝas je aferoj de
la mondo, li pli kaj pli materiĝas, gis li
fine atingas nivelon, kiu estas ne multe pli
alta ol tin de besto.
Oni povas dividi la pensojn en du klasoj:
- En nuraj ideoj.
- En ideoj, efektivigataj per la faroj.
Multe da viroj kaj virinoj gloradas siajn noblajn ideojn. Sed se ili neniam estas realigataj, ili ne havas valoron; la forto de la ideoj dependas de la efektivigo. La ideoj de filozofo transiĝas en la mondon de la progreso kaj evoluo sur la homon, eĉ tiam, kiam la filozofoj estas malkapablaj au ne inklinaj agi laŭ siaj propraj doktrinoj. Al tiu ĉl klaso apartenas la plimulto da filozofoj, iliaj instruoj superas iliajn farojn. La filozofoj, kiuj estas spiritaj instruistoj, diferenciĝas de tiuj, kiuj estas nuraj filozofoj, jene: La spirita instruisto vivas lau sia doktrino, li realigas en la mondo siajn idealojn. Liaj altaj ideoj malkaŝiĝas per la faro; ili estas identaj kun li mem kaj ne disigeblaj de li. Filozofo, kiu akcentas la gravecon da la justeco kaj tamen aprobas la tiranecon kaj la subpremojn de rabavida reganto, apartenas al la unua klaso, ĉar liaj agadoj malkonsentas kun liaj noblaj ideoj
Tiu ĉi stato estas neebla âl spiritaj filozofoj, ĉar ili ĉiam efektivigas siajn altajn ideojn.
Fragekasten. [Bearbeiten]
- Was sagt Abdul Baha über den Tod und das jenseitige Leben?
- Welche besonderen Aufgaben und Anforderungen stellt A. B. an uns?
Diese Fragen sind von allgemeinem Interesse; wir werden sie in den kommenden Heften beantworten. Die Schriftleitg.
| Verlag des Deutschen Bahai-Bundes Stuttgart Fernsprecher 7975 — — Postscheckkonto 25419 Stuttgart — — Hölderlinstrasse 35 | ||
| ||
Die Zeitschrift betreffende Anfragen bittet man an die Schriftleitung: Stuttgart, Alexanderstr. 3, richten zu wollen. Schritten, die über Geschichte und Inhalt der Bahailehre näher orientieren, können von dem Verlag des deutschen Bahaibundes, Stuttgart, Hölderlinstr. 35, bezogen werden.
Druck: Wilhelm Heppeler, Stuttgart.