Bahai Briefe/Heft 4/Text

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BAHÁ'I-

BRIEFE


BLÄTTER FÜR

WELTRELIGION UND

WELTBEWUSSTSEIN



AUS DEM INHALT:


Weltreligionstag 1961

Professor Dr. F. Heiler: Gott ist der Gott der ganzen Menschheit

‘Abdu’l-Bahá: Das Geheimnis göttlicher Kultur

Bahá’í-Muttertempel in Afrika eingeweiht

Worte zu Ridván


APRIL 1961 HEFT 4

Postverlagsort Frankfurt/Main


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Dies ist der König der Tage, der Tag, welcher die Ankunft des Heißgeliebten schaute, dessen, nach dem die Sehnsucht der Welt seit aller Ewigkeit gegangen .. ..

Die Welt des Daseins strahlt an diesem Tage wider vom Abglanz dieser göttlichen Offenbarung. Alle erschaffenen Dinge rühmen und lobpreisen Seine rettende Gnade. Das Weltall ist erfüllt von einem Rausch der Freude und des Glückes. Die Bücher der vorausgegangenen Gesandten feiern das große Jubelfest, das diesen größten der Tage Gottes grüßen muß. Wohl dem, der diesen Tag erlebt, geschaut und seine Stufe erkannt hat.

Bahá’u’lláh


(Die Sendung Bahá’u’lláhs, S. 15)


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Ridván - der „König der Feste“[Bearbeiten]

Zum Gedächtnis an die Erklärung Bahá’u’lláhs in Baghdád


Es ist wohl eines der entscheidendsten aber auch bedeutendsten Ereignisse, wenn ein Gottgesandter Seine Ihm längst bewußt gewordene Berufung in aller Öffentlichkeit verkündet und damit unwiderruflich nicht nur Seinen eigenen Lebensweg, sondern auch den der Menschen bestimmt. In dieser begnadeten Stunde, in der solches geschieht, beginnt eine neue Periode in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“

Hat nicht jenes machtvolle, göttliche Wort: „Es werde“ die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen? Und haben nicht immer wieder zu allen Zeiten die Worte der Propheten und Gottesoffenbarer die Entwicklung der Menschen, ihren Fortschritt auf allen Lebensgebieten beeinflußt und gestaltet? Es liegt eine gewaltige schöpferische Macht, ein Mysterium in solchen Worten, die, einmal ausgesprochen, allmählich ihre volle Kraft entfalten und erzieherisch und umgestaltend auf das Leben der Menschen einwirken.

Freilich, für den Offenbarer selbst hat es noch immer ein reiches Maß an Leid, an unvorstellbaren Entbehrungen und oftmals Opfer des Lebens bedeutet. Die Saat einer besseren Zeit war noch immer mit Blut und Tränen getränkt. Doch die große Liebe zu Gott und den Menschen und der absolute Gehorsam Gott gegenüber ließen Seine Gesandten jene bedeutsamen Worte aussprechen und alle Qualen und bitterstes Leid auf sich nehmen.

So geschah es auch im April vor 98 Jahren im Garten Ridván in Baghdad, als Bahá’u’lláh Seinen Gefährten Seine hohe Sendung offenbarte. Wohl hatten sich die Anhänger des Báb1) nach Dessen Tod um Bahá’u’lláh geschart, denn sie erkannten in Ihm eine starke Persönlichkeit, von der eine unbezwingbare Kraft und Macht ausging; noch wußten sie aber nicht, daß in Bahá’u’lláh der Verheißene, auf den der Báb in so wundervollen und zwingenden Worten hingewiesen hatte, unter ihnen weilte. „Erkennet die Grenzen, die euch gezogen sind“, schrieb einst der Báb, „denn auch der Punkt des Bayán2) Selbst hat an Ihn geglaubt, den Gott geoffenbart hat, noch bevor alle Dinge erschaffen waren... Keine Anspielung, die Ich gemacht habe, kann Ihm genügen, auch das nicht, was im Bayán geschrieben steht. Ich selbst bin nichts als nur der erste Diener, der an Ihn und Seine Zeichen glaubt. Der einjährige Keim, der alle Möglichkeiten der zu erwartenden Offenbarung in sich trägt, ist mit einer Kraft ausgestattet, an die sämtliche im ganzen Bayán konzentrierten Kraftströme nicht heranzureichen vermögen. Der gesamte Bayán ist nichts als ein einziges Blatt unter den Blättern Seines Paradieses...“

Mit solch eindringlichen Worten kennzeichnet der Báb die hohe Stufe von Bahá’u’lláh, und Er weist in anderen Worten auf die Zeit hin, in welcher Seine mächtige Sendung offenbar wurde. [Seite 83]

Und nun hatte Bahá’u’lláh Sein Schweigen gebrochen. Er bekannte sich rückhaltlos zu Seiner Berufung, furchtlos allen Konsequenzen gegenüber, um die Er wohl wußte. „Zu einer höchst kritischen und anscheinend sehr ungünstigen Stunde“, schreibt Shoghi Effendi, der erste Hüter des Bahá’í-Glaubens, in „Gott geht vorüber“, „entschloß sich Bahá’u’lláh, einen so herausfordernden Anspruch zu stellen, das Geheimnis, in das Seine Person gehüllt war, preiszugeben und sich in vollem Umfang die Macht und Autorität anzueignen, die als ausschließliches Vorrecht Dessen galt, Dessen Kommen der Báb verheißen hatte. Er tat dies ungeachtet der Aussicht auf die entsetzlichen Nöte, die, wie Er Selbst vorhergesagt hatte, bald über Ihn kommen würden, tat es am Vorabend einer weiteren Verbannung, die zahlreiche Gefahren und Wagnisse mit sich bringen sollte... und tat es trotz Seines Wissens um die Erweiterung des Kreises Seiner Gegner, zu denen bald auch ein so despotischer Herrscher gezählt werden mußte“.

„Das Eintreffen Bahá’u’lláhs im Garten Ridván“, schreibt Shoghi Effendi an anderer Stelle, „kündigt den Beginn eines Ereignisses an, das nun als das heiligste und bedeutsamste aller Bahá’í-Feste begangen wird, das Fest zum Gedächtnis der Tage, an denen Er Seinen Gefährten Seine Sendung offenbarte.“ Bahá’u’lláh Selbst spricht über die Bedeutung jener Offenbarung, indem Er dieses historische Ereignis als das „Größte Fest“, den „König der Feste“, das „Fest Gottes“ bezeichnet und die Menschen ermahnt, sich von nichts abhalten zu lassen, um die Größe dieses Tages zu erkennen und zu preisen.

So umgab Bahá’u’lláh beim Verlassen jenes Gartens Ridván (nach zwölf Tagen am 3. Mai 1863) unbeschreiblicher Jubel der Menschenmenge, die sich dort angesammelt hatte. Reitend auf einem Hengst, den Seine Freunde für Ihn erworben hatten, umgeben und begleitet von tief erschütterten Menschen, die sich vor Ehrfurcht vor Ihm verneigten, verließ Bahá’u’lláh die Stadt Baghdad.

Es berührt uns seltsam, wenn wir von den Huldigungen hören, die Bahá’u’lláh damals entgegengebracht wurden, werden wir doch so sehr an die Begebenheiten zur Zeit Jesu Christi erinnert, als Er auf einer Eselin durch die Straßen ritt, umringt von jubelnden Menschen, die Ihm begeistert ihr „Hosianna“ zuriefen. Ein Triumph, der doch zugleich Vorbote Seiner qualvollen Leiden war.

Auch für Bahá’u’lláh begann sehr bald unbeschreibliches Martyrium. „Das schlimmste, unheilvollste und andererseits doch auch wieder glorreichste Kapitel in der Geschichte des ersten Bahá’í-Jahrhunderts Seiner Sendung hatte begonnen“ (Shoghi Effendi). Doch das göttliche Wort war ausgesprochen, und niemand und nichts vermochte und vermag jemals Seine Wirkung zu schwächen oder aufzuheben, noch die Enthüllung des tiefsten Geheimnisses, das es in sich birgt, zu verhindern. „Neues Leben regt sich in allen Völkern der Erde“, sprach Bahá’u’lláh, „und doch hat niemand seine Ursache entdeckt oder seine Triebkraft wahrgenommen.“

Wer denkt bei diesen Worten nicht an die gewaltigen Umwälzungen, die wir heute im Leben der Völker und Nationen wahrnehmen? Wann war jemals alles Geschehen von so weltweiter Bedeutung wie heute? Zwingen die Geschehnisse heute die Menschen nicht zum Umdenken? Gott hat durch Bahá’u’lláh die ganze Menschheit angesprochen, sie aufgerufen [Seite 84] zur Einheit, zum Weltfrieden. Er hat eine Weltordnung geoffenbart, wie sie in unserer Zeit für das Wohl der ganzen Menschheit notwendig ist. Bahá’u’lláhs Wort ist nichts anderes als die Erfüllung früherer Prophezeiungen, der Beginn einer neuen Ära. Gott hat erneut gesprochen, Sein Wort hat Gültigkeit, hat dynamische, schöpferische Kraft. Sollten wir Menschen achtlos daran vorübergehen?

H. Schubert


1) Báb „Das Tor“, selbständige Manifestation und Wegbereiter für Bahá’u’lláh

2) Ein vom Báb geoffenbartes Buch.



In der Mannigfaltigkeit die Einheit sehen ...[Bearbeiten]

Vom Sinn des Weltreligionstags


Es sind heuer gerade zehn Jahre, daß die Bahá’í-Weltgemeinschaft auf Anregung eines einfachen amerikanischen Bahá’í begonnen hat, jeweils am dritten Sonntag des Monats Januar in aller Welt den Weltreligionstag zu feiern. Seither ist dieser Tag in vielen Ländern, insbesondere in Städten, in denen sich größere Bahá’í-Gemeinden befinden, zu einem Begriff, zu einem Ereignis geworden. Es ist beglückend, zu sehen und zu erleben, wie von Jahr zu Jahr das Interesse am Weltreligionstag und damit auch die Besucherzahl bei den Feiern wächst.

Was will der Weltreligionstag? Er soll die Menschen darauf hinweisen, daß die Bahá’í-Religion eine Weltreligion ist, so allumfassend, daß alle anderen Religionen und Lehren in ihr Raum haben, sich in ihr aus der all-einen großen Wahrheit heraus, die in allen lebt, finden, achten und lieben lernen können. Die Menschen sollen an den Weltreligionstagen spüren, daß die Bahá’í ihnen keineswegs etwas nehmen wollen, sondern Achtung und Ehrfurcht vor ihrem Glauben haben, ihm ein tiefes Verständnis entgegenbringen.

Um das zu beweisen, laden die Bahá’í, wo immer es geht, als Mitwirkende am Weltreligionstag Angehörige anderer Religionen und Bekenntnisse ein. In Stuttgart ist aus diesem harmonischen, gemeinsamen Begehen des Weltreligionstages die „Überkonfessionelle Arbeitsgemeinschaft“ entstanden, als Beweis für die Möglichkeit, sich in Harmonie, gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Ehrfurcht vor der Überzeugung des andern gemeinsam an einen Tisch zu setzen und sich zu finden in dem, worin wir uns alle einig sind: im Glauben an den einen Gott, dem Gehorsam Ihm gegenüber und in der Bereitschaft, Ihm und allen Menschen in Liebe selbstlos zu dienen.

Die Menschen sollen von einem Weltreligionstag den Ansporn mit nach Hause nehmen, ihr Leben aus einer letzten Verantwortung heraus zu führen und sich ehrlich zu mühen, ihre religiöse Überzeugung in einem Leben der Wahrhaftigkeit, der Gerechtigkeit und einer alles umfassenden Liebe, die keine Grenzpfähle und keine Zäune kennt, zu bewähren. Die Menschen sollen sich allezeit der großen Gemeinsamkeit bewußt bleiben und in der Mannigfaltigkeit die Einheit sehen. Den Bahá’í erscheinen die verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen wie ein bunter Strauß verschiedenartiger und verschiedenfarbiger Blumen, von denen sie wissen, daß alle aus ein und demselben Garten stammen und daß es gerade ihre Verschiedenheit ist, welche die Schönheit und den Reiz des Gartens ausmacht. [Seite 85]

Nur wenn die Menschen lernen, sich gegenseitig auch in ihrer Unterschiedlichkeit und Andersartigkeit zu achten und zu lieben, wird es möglich sein, sie zu einer großen Menschheitsfamilie zu vereinen; nur dann werden wir zu dem von allen heiß ersehnten Weltfrieden gelangen, der doch niemals erreicht werden kann auf dem Boden politischer und wirtschaftlicher Abmachungen und Verträge, der auch niemals hervorgehen kann aus dem Gezänke rivalisierender Parteien, der nicht erdacht und konstruiert werden kann in den Gehirnen noch so kluger Menschen, wenn sie nur intellektuell und materialistisch ausgerichtet sind. Dieser Weltfrieden wird einzig von Menschen geschaffen, die gelernt haben, sich wieder Gott zuzuwenden, die bereit sind, selbstlose Werkzeuge zu sein in Seiner Hand, die willens sind, ernst zu machen mit dem, was die Gottgesandten aller Zeiten gelehrt haben.

Die Bahá’í wissen, daß alle Menschen auf dem ganzen Erdenrund, die guten Willens sind und letztlich demselben Ziel zustreben, sich finden und zusammenschließen müssen zu einem gemeinsamen großen Werk der Liebe und Bruderschaft. Wenn wir Einzelgänger bleiben, wird unser Tun erfolglos sein. Er nützt nichts, wenn ungezählte Rinnsale allein versuchen wollen, das Rad der Welt umzutreiben; wenn sich aber alle zu einem einzigen, kraftvollen, großen Strom vereinigen, wird das erstrebte Ziel gewiß bald erreicht. Wenn es gelingt, durch den Weltreligionstag die Menschen für diese Gedanken aufzuschließen, ist viel gewonnen und mancher verkrustete Boden aufnahmebereit gemacht für die goldene Saat von Bahá’u’lláh.

Dr. A. Schwarz



Weltreligionstag 1961[Bearbeiten]

Von der Erkenntnis der grundsätzlichen Einheit und Wesensgleichheit aller Offenbarungsreligionen ausgehend, sind die Bahá’í in aller Welt seit vielen Jahren bestrebt, durch eine gemeinsame Feierstunde am dritten Sonntag im Monat Januar dem Gedanken der Toleranz und Brüderlichkeit zwischen den verschiedensten Bekenntnissen beredten Ausdruck zu verleihen. Auch heuer fanden wieder in den meisten deutschen Städten, in denen es kleinere oder größere Bahá’í-Gemeinden gibt, solche Veranstaltungen statt. Wo die Vertreter anderer Glaubensrichtungen ihre Teilnahme verweigerten oder der Kontakt zu ihnen noch nicht genügend ausgebaut war — wie z.B. in Nürnberg, Wiesbaden, Heilbronn, Göppingen, Karlsruhe und Baden-Baden — wurde die Ansprache eines Bahá’í-Redners von Musikstücken und Lesungen aus den verschiedenen heiligen Schriften umrahmt. Anders die Morgenfeiern in Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg: Hier hatten sich Angehörige anderer Religionen — Christen, Juden, Moslim, Hindus, Buddhisten und Freidenker — bereitgefunden, das diesjährige Leitthema „Taten offenbaren die Stufe des Menschen“ unter dem Aspekt ihrer Überzeugung zu beleuchten. Diese Veranstaltungen fanden regen Zuspruch und zum Teil auch ein lebhaftes Echo in der Presse.

Wir wollen im folgenden kurz über die Feier in Hamburg berichten und die Ansprache wiedergeben, die Professor Dr. Friedrich Heiler, Marburg, dort gehalten hat.

D. Red.

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Die Morgenfeier in Hamburg

Über zweihundert Menschen waren am Sonntagvormittag im Weißen Saal des Curiohauses in Hamburg zusammengekommen, um an der Feierstunde zum Weltreligionstag teilzunehmen. Als Redner hatten sich Professor Dr. Heiler von der Universität Marburg, ein Mitglied der Buddhistischen Vereinigung in Hamburg, Herr Rieker, und Dr. Eugen Schmidt aus Stuttgart zur Verfügung gestellt. Für die musikalische Gestaltung sorgten Trude und Walter Girnatis.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Sekretär der Bahá’í-Gemeinde sprach Professor Heiler. Der Redner war von dem Gedanken religiöser Toleranz so sehr durchdrungen, wissenschaftliche Erkenntnis und menschliche Bescheidenheit, Lehre und Haltung waren so sehr eins geworden, daß seine Worte wie eine Mahnung an alle Menschen unserer Zeit wirkten. Neben Eindrücken, die Professor Heiler auf einer längeren Studienreise durch Asien empfangen hatte, reihten sich die Namen großer Persönlichkeiten aus dem Bereich verschiedener Religionen, die alle dem Gedanken religiöser Toleranz huldigten.

Herr Rieker ging in seiner Ansprache vom Leitgedanken des Weltreligionstages „Taten offenbaren die Stufe des Menschen“ aus. Aus der Sicht und Höhe buddhistischer Lebensweisheit entwickelte er die Lehre von der echten menschlichen Tat, die aus dem Kern einer Persönlichkeit hervorgeht wie eine mühelose Vollendung des Menschen selbst. Worte und Wünsche bleiben vorläufig — es kommt auf die Taten an! Eindrucksvoll wiederum war die spürbare Einheit von Wort und Haltung in der Persönlichkeit des Redners.

Dr. Eugen Schmidt als Sprecher der Bahá’í zeigte zunächst, daß aus der Lehre Bahá’u’lláhs von der Einheit der Religionen eine besondere Art von Toleranz hervorgehe, eben die Haltung der Bahá’í-Religion anderen Religionen gegenüber, die mehr sei als Toleranz, nämlich Hinwendung, Aufgeschlossenheit und Verständnis. Durch eine Reihe wunderbarer Äußerungen von Bahá’u’lláh und ‘Abdu’l-Bahá wurde der universale Charakter und der verstehende Geist der Bahá’í-Religion lebendig. Der Redner ließ die Begeisterung des Bahá’í-Glaubens, seinen Schwung und seine Weite fühlbar werden und betonte, daß diese neuen Kräfte sich Taten zuwenden wollten.

H.R.



„Gott ist der Gott der ganzen Menschheit”[Bearbeiten]

Ansprache von Professor Dr. Friedrich Heiler, Marburg, zum Weltreligionstag am 15. 1. 1961 in Hamburg

Vor zwei Jahren unternahm ich mit meiner Frau von New Delhi aus auf meiner Pilgerreise, die mich rund um die Erde führte, eine lange Bahn- und Autofahrt, um an einen ganz abgelegenen Platz in den Vorbergen des Himalaja zu kommen, nach Khalsi. Diese Pilgerfahrt galt nicht einem Tempel oder einer der vielen Erinnerungsstätten des Buddha, sondern einer in Felsen in einer altertümlichen Schrift eingeritzten Inschrift, die heute in einem schmucklosen Gehäuse vor der Witterung geschützt ist. [Seite 87] Diese Inschrift war für mich seit langem eines der größten Heiligtümer der Welt. Sie ist eine der Felsinschriften, die König Ashoka, der im 3. vorchristlichen Jahrhundert ganz Indien beherrschte, an einer Reihe von vielbesuchten Pilgerstraßen anbringen ließ. Neben mehreren anderen Edikten, in denen dieser vielleicht edelste Herrscher der Weltgeschichte seinen Untertanen hohe sittliche Mahnungen gibt, enthält diese Inschrift das sogenannte Toleranzedikt. Es hat folgenden Wortlaut:

“Der Gottgeliebte legt nicht so viel Gewicht auf Gaben und Ehrenbezeugungen wie darauf, daß bei allen Religionen ein Wachstum im Wesentlichen stattfinde. Die Grundlage hierfür ist aber die, daß weder ein Preisen der eigenen Religion noch ein Tadel der fremden Religionen bei unpassenden Gelegenheiten stattfindet. Andere Religionen sollen bei jeder Gelegenheit geehrt werden. Wenn man so handelt, fördert man seine eigene Religion und erweist den anderen Religionen Gutes. Im anderen Falle schädigt man seine eigene Religion und fügt den anderen Religionen Übles zu. Denn wer immer seine eigene Religion preist und die anderen Religionen tadelt, und das alles aus Zuneigung zur eigenen Religion und um die eigene Sache zu verherrlichen, der schädigt, wenn er so handelt, seine eigene Religion sehr. Einigkeit allein frommt, und daß ein jeder die andere Religion höre und gern höre.“

Dieses nicht nur von höchster Weisheit, sondern auch von tiefer Frömmigkeit erfüllte Edikt ist umso bemerkenswerter, als dieser Herrscher ein Missionar auf dem Königsthron war. Er war einer der eifrigsten Laienjünger Gotama Buddhas, der Missionare der buddhistischen Heilslehre nach allen Himmelsrichtungen aussandte, ja selbst einen eigenen Sohn und zwei eigene Töchter. Aber trotz dieses missionarischen Eifers für Buddha, Dharma und Sangha, das dreifache Kleinod, ja gerade wegen dieses Eifers wurde er zum Herold der Toleranz in der Menschheitsgeschichte, denn er folgte damit seinem großen Meister. Ja, es ist mehr als Toleranz, denn was Ashoka predigt, ist keine bloße Duldung, sondern Aufgeschlossenheit und Lernbereitschaft, Anerkennung und Liebe.

2200 Jahre sind seit dem Erlaß dieses Ediktes vergangen, und hätte die Menschheit auf diesen königlichen Prediger gehört, so wäre die Menschheitsgeschichte anders verlaufen. Diese Geschichte ist voll von Kämpfen der verschiedenen Religionen, ja Konfessionen einer und derselben Religion, Kämpfen mit den Waffen der Unwahrheit und Lieblosigkeit, oft genug mit den Waffen der Unterdrückung, des Feuers und des Schwertes. Wenn auch die Christen den traurigen Ruhm haben, am grausamsten mit Juden und Ketzern verfahren zu sein, so können doch die anderen Religionen nicht ausschließlich ihnen Intoleranz vorwerfen; auch die Muslim, die Konfutsianer, die Juden haben andere Religionen verfolgt, selbst die wegen ihrer Toleranz gerühmten Hindu und Buddhisten sind von ihr nicht frei geblieben. Im christlichen Abendland haben auch die großen geistigen Erneuerungsbewegungen des Humanismus, der Reformation und der Aufklärung die Menschheit noch nicht frei gemacht von der Geißel der Intoleranz. Nicht Europa, sondern Nordamerika wurde das Land, in dem ernst gemacht wurde mit dem religiösen Toleranzgedanken. Während in den USA die Grundsätze von der religiösen Freiheit [Seite 88] allen Bürgern in Fleisch und Blut übergegangen sind, stehen sie bei uns für viele noch auf dem Papier.

Einen großen Fortschritt in der Überwindung konfessioneller Intoleranz haben in diesem Jahrhundert die ökumenische Bewegung und die ihr folgende Una-Sancta-Bewegung gebracht. Die christlichen Konfessionen sind nach jahrhundertelangen Religionskämpfen einander so nahe gekommen wie noch nie zuvor. Gerade die Initiative des jetzigen Papstes Johannes XXIII. hat der christlichen Einheitsbewegung einen mächtigen Impuls gegeben. Es ist ein erhebender Gedanke, daß die Zahl derer, die an der Gebetswoche um Einheit teilnehmen — die immer vom 18. bis 25. Januar stattfindet —, von Jahr zu Jahr wächst. Dennoch ist die christliche Einheitsbewegung noch nicht groß, weit und tief genug. Ja, in gewisser Weise bedeutet sie sogar einen Rückschritt gegenüber der Aufklärungszeit und der Zeit der deutschen Klassik. Sie hat nicht selten den Charakter einer Einheitsfront gegen die nichtchristlichen Religionen angenommen. Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie Vorkämpfer der christlichen Einigung als eines ihrer Motive die Renaissance der nichtchristlichen Weltreligionen bezeichneten. Die innere Erneuerung der großen Religionen Asiens und das Aufblühen ganz neuer Religionen, zumal in Japan, die dort in wenigen Jahren ungleich mehr Anhänger gewonnen haben als die christliche Mission in Jahrhunderten, macht christlichen Kirchenmännern erhebliche Sorgen. Statt sich darüber zu freuen, daß so viele Menschen Gott und das Heil suchen und dem Nächsten in ihrem Leben mit ganzer Hingabe dienen wollen, sprechen sie von einer Gefahr, welche die Christenheit zur Einigung aneifern sollte.

Es ist falsch, die Einheit als Ideal zu verkünden, das Ut omnes unum des johanneischen Jesus als sein Testament zu preisen und die ganze nichtchristliche Welt davon auszuschließen, wenigstens in dem Sinne, daß man von ihr verlangt, ihre jahrhundertealten und großenteils noch viel älteren Traditionen als die christliche preiszugeben. Die Christenheit ist nur ein Bruchteil der Menschheit, heute etwas weniger als ein Drittel. Und die Zahlenproportion ist ständig im Rückgang, weil die nichtchristlichen Religionen sich ungleich schneller vermehren als die christlichen. Gott ist und bleibt der Gott der ganzen Menschheit und der ganzen Welt. Schon Paulus hatte den Römern die Frage vorgelegt: „Ist Gott nur der Juden Gott und nicht auch der Heiden?“ und darauf geantwortet: „Ja, auch der Heiden, wenn anders es nur einen Gott gibt“ (Rö. 3, 29). Man muß die Vertreter des Dogmatismus fragen: Gelten die zentralen Sätze des Neuen Testamentes oder nicht: „Gott ist Liebe“ (1. Joh. 4,8); „Also hat Gott die Welt geliebt...“ (Joh. 3,16); „Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1. Tim. 2,4). Wenn diese Sätze gelten, dann kann Gott seine Beziehung zur Menschheit nicht auf einen Bruchteil derselben eingeengt haben. Dieser Bruchteil schrumpft überdies noch zu einer mathematisch kleineren Zahl zusammen, wenn wir bedenken, daß Gott nicht erst 2700 Jahre vor Christus die Welt und Menschheit geschaffen hat, sondern vor Millionen von Jahren. Wenn dieser Gott des unvorstellbar großen Kosmos sich geoffenbart hat, dann kann er nur der ganzen Menschheit und der Gesamtheit aller geschaffenen Geister sich geoffenbart haben. Sowohl der große lutherische Erzbischof [Seite 89] Nathan Söderblom wie der bedeutende anglikanische Erzbischof William Temple haben betont, daß Gott sich entweder allen Menschen geoffenbart hat, sagt das Neue Testament ganz unmißverständlich. „Gott hat sich nie unbezeugt gelassen“ (Apg. 14, 17); „der Logos (das ewige Gotteswort) erleuchtet jeden Menschen“ (Joh. 1, 9); „ich sah eine große Schar aus allen Völkern, Zungen und Heiden vor dem Throne Gottes stehen und vor dem Lamme“ (Offb. 7, 9). Nathan Söderblom sagte noch auf dem Sterbebett: „Gott lebt; ich kann es beweisen aus der Religionsgeschichte“. Und daß er sich allen Menschen geoffenbart habe oder überhaupt nicht. Dieser Glaube an Gottes universale Offenbarung ist nicht eine Schwärmerei von einzelnen Theologen, sondern sie hat eine lange Kette von großen theologischen Zeugen: angefangen von Justin dem Märtyrer und den Alexandrinern Clemens und Origenes über die großen griechischen Kirchenväter und Augustinus, über Abaelard, Nicolaus von Cues, Zwingli, Leibniz, Schleiermacher bis auf Nathan Söderblom und Rudolf Otto.

Wenn aber die Menschheit eine ist, wenn Gott der Vater der Menschheit ist, wenn er das eine Licht ist, das allen leuchtet, dann können auch die Religionen nicht völlig getrennte Größen sein, dann muß in ihnen die Einheit offenbar werden. In der Tat gibt es im Grunde, so wie es nur einen Gott gibt, auch nur eine Religion in der Mannigfaltigkeit der äußeren religiösen Form, „una religio in rituum varietate“, wie die unvergleichliche Formulierung des Nicolaus von Cues, Kardinals der römischen Kirche, lautet. Diese Einheit leuchtet allen jenen auch, welche die Mühe auf sich nehmen, die Religionen in ihrer Mannigfaltigkeit an ihren Quellen zu studieren — um nur einen der großen Bahnbrecher der Religionswissenschaft zu nennen: Friedrich Max Müller.

Ein chinesisches Sprichwort lautet: „Der Engherzige sieht nur die Unterschiede, der Weitherzige aber sieht das Gemeinsame“. Natürlich gibt es große Unterschiede zwischen den Religionen, aber beileibe nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der einzelnen Religionen, im Buddhismus und Islam wie im Christentum. Bestimmte christliche Mystiker stehen den Mystikern der anderen Weltreligionen viel näher als vielen Christen, die einen ganz anderen religiösen Typus darstellen. Die Menschheit ist eben eine, sie folgt in allen Rassen und Kulturen einzelnen geschichtlichen, soziologischen und psychologischen Gesetzen. Das Menschsein verbindet alle ohne Ausnahme.

Menschen sind die Menschenkinder
aller Zeiten, aller Zonen,
ob sie unter Palmenbüschen
oder unter Birken wohnen,
ob sie vor dem Christengotte,
ob vor Wodan sie sich bücken,
ob sie sich in Lumpen hüllen,
oder sich mit Purpur schmücken.


(Friedrich Wilhelm Weber)


Das war auch das große Erlebnis, das mir zuteil wurde, als ich neun Monate unter Nichtchristen der asiatischen Länder weilte. Ich fand in ihnen Menschen wie wir, religiöse Menschen von tiefer Innerlichkeit, und [Seite 90] alle erschlossen mir ihr Herz. Eine tiefe Gemeinsamkeit, und zwar eine religiöse Gemeinsamkeit, verbindet uns alle. Wir sind Brüder und Schwestern, Glieder einer Familie, nicht nur im menschlichen Sinne, sondern vor dem Angesicht des Ewigen.

Diese Einheit darf aber nicht die Sache einiger weniger Menschen, noch beschränkt auf gelegentliche Begegnungen bleiben, sondern muß ständig gepflegt werden. Diesem Zwecke dient eine Reihe von Vereinigungen wie die Universal Religious Alliance, der Religiöse Menschheitsbund Rudolf Ottos, der World Congress of Faiths, die Fellowship of Religions, die „Weltharmonie“ Iran Schährs und noch andere. Von den verschiedensten Seiten aus wird das Ziel der einen Menschheit gesucht, der mit Gott verbundenen erlösten Menschheit.

Diesem Ziel dient auch der Welt-Religions-Sonntag. Es ist nötig, neben die Weltgebetsoktav für die Einigung der Christen diesen Sonntag der Einigung der Religionen zu setzen. Vor einigen Jahren fand in dem katholischen Blatt „Der christliche Sonntag“ (1958, Nr. 11, 16. 3. 1958) eine beachtenswerte Auseinandersetzung in diesem Sinn statt. Ein Mitarbeiter hatte diese Veranstaltung angegriffen. Ein katholischer Missionspriester, Pater L. Koch von Mödling bei Wien, antwortete ihm: „Die Welt muß heute eins werden. Wie wahr ist doch der Satz: ‚Wir können nicht zu einer wirklichen Einheit in der Welt kommen ohne Einheit in der Religion.‘ Vergessen wir doch nicht bei der Dringlichkeit der Una Sancta Christianorum das noch bedeutendere und größere Problem der Una Sancta omnium religionum ... Wie hoffnungslos begann die Einigung der Christen! Und welchen Sieg hat das Ringen um die Einheit denen gebracht, die ganz ernst an dieser Vereinigung mitwirkten! Ist es darum so absurd, zu rufen: ‚Religionen aller Länder, vereinigt euch !’?“

Dem Ruf zu dieser Einheit wird immer der Vorwurf des Synkretismus entgegengehalten, der nach dem Wort eines führenden Vertreters der christlichen Oekumene noch gefährlicher ist als der moderne Säkularismus. Dabei wird vergessen, daß nach dem Wort eines der größten und unbefangensten Erforscher der christlichen Religion, Adolf von Harnack, das Christentum „eine eminent synkretistische Religion“ ist. Auch der genannte katholische Missionspriester erinnert an den großen Beitrag, den das Judentum, das Römertum, das Griechentum und das Germanentum für das Wachstum der christlichen Kirche leisteten, welche nichts anderes als die „haeres gentium“ (die Erbin der Völker) ist. Auf das Wort kommt es nicht an, aber der so gefürchtete Synkretismus ist in Wirklichkeit nichts anderes als das „Pleroma“, als das der Epheserbrief die Kirche charakterisiert, „die Fülle dessen, der alles in allen erfüllet“ (1, 23).

Wer einmal erkannt hat, daß das Christentum selbst eine Schöpfung der Begegnung der Religionen zu der Zeitenwende ist, der muß die Scheu vor einer fortgesetzten Begegung der Weltreligionen überwinden. Es fehlt nicht an weitblickenden Geistern in den verschiedenen Religionen, welche den Anbruch eines neuen Zeitalters der geistigen Einheit der Religionen vorhersagten. Einer von ihnen war der genannte große Religionsforscher Friedrich Max Müller, ein anderer der indische Professor Vasvani, der 1910 auf dem „Weltkongreß für Freies Christentum und religiösen Fortschritt“ in Berlin erklärte: [Seite 91]

„Die Weltreligionen sind nicht Konkurrenten, sondern sie sind Brüder. Warum schließen wir uns nicht zusammen und bilden eine Familie des Glaubens zur Ehre des Vaters, der in ihnen allen wirksam ist?... In meinen Träumen sehe ich schon den Tag, an dem die getrennten Weltreligionen in einer Kirche sich vereinigen, in der freien allgemeinen Kirche der Harmonie. In dieser Harmonie werden alle Töne der einzelnen Kirchen zusammenklingen: vom Hinduismus die Immanenz Gottes und die Solidarität des Menschengeschlechtes, vom Christentum die Vaterliebe Gottes und der Weg des Kreuzes, vom Islam die Erhabenheit und transzendente Einheit Gottes, vom Buddhismus der ethische Idealismus und die Erfüllung des Willens Gottes im Dienst am Nächsten, vom Zoroastrismus die Reinheit Gottes in Gedanken, Worten und Werken. Aus allen diesen Tönen zusammen wird eine neue Harmonie erklingen, welche die Welt noch nicht kennt, aber nach der sie sich sehnt, welche die Söhne und Töchter des Ostens und Westens zu hohen Taten der Liebe begeistern und der Welt den Frieden bringen wird — die Harmonie des Neuen Bundes. — Wir träumen von dem Tage, da die Völker des Westens das Wesen des neuen Bundes der göttlichen Gnade erfassen und diese Botschaft annehmen werden, die Botschaft von der einen Religion, die allen Religionen zugrundeliegt, von dem einen Logos, der durch alle Propheten geredet hat, von dem einen Wort, das in allen Kirchen gepredigt wird, von dem einen Geist, der aus allen heiligen Schriften spricht, von dem einen Vater, der in der gesamten Menschheit gegenwärtig und wirksam ist. An dem Tage werden die brennenden Fragen der Kultur gelöst sein und eine neue Epoche in der Weltgeschichte beginnen. Dann, ja dann werden die Segnungen, die auf den Völkern des Westens ruhen, erneuert werden, und Orient und Okzident werden in Brudergemeinschaft miteinander leben als Glieder der einen Familie Gottes. Dann wird die Verheißung erfüllt sein: ‚Siehe, ich mache alles neu‘.“ (Offb. 21, 5).

Je enger der Austausch und die Zusammenarbeit der Weltreligionen wird, desto näher rückt der Augenblick, da die Menschheit zu einer großen Einheit zusammenwachsen wird, jener Einheit, nach welcher die Menschen heute suchen. Die Weltorganisationen der UN sind für sich allein nicht imstande, die Menschheit zu einer großen Familie zusammenzuschließen, sie bedürfen dazu der Weltreligionen. Diese sind die eigentlichen Bahnbrecher der Menschheit oder, richtiger gesagt, des Gottesreiches, das Jesus verkündet hat, das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens.

Vor einiger Zeit hat einer der größten Kirchenmänner unserer Tage, Patriarch Athenagoras von Konstantinopel, erklärt, in ein oder zwei Generationen würde alle Feindseligkeit zwischen Nationen und Religionen überwunden sein. Dasselbe ist auch die Auffassung eines großen deutschen Vorkämpfers der Oekumene, Friedrich Siegmund-Schultze. Diese Ankündigungen stimmen überein mit der Weissagung ‘Abdu’l-Bahás: .

„Alle Nationen und Völker werden unter dem Schatten des göttlichen Banners... versammelt und zu einer einzigen Nation werden.

[Seite 92] Streitigkeiten unter den Religionen, Sekten, Feindschaften der Rassen und Völker und Zwistigkeiten der Nationen werden verschwinden. Alle Menschen werden einer Religion angehören und einen gemeinsamen Glauben haben. Sie werden in eine Rasse und in ein Volk verschmelzen; alle werden in einem gemeinsamen Vaterlande wohnen, das der Planet selber ist.“

Das Gebet um die Verwirklichung dieser großen Einheit ist noch wichtiger als das um die Vereinigung jenes Bruchteils der Menschheit, den die Christenheit darstellt. Dieses Gebet hat uns der größte religiöse Denker nicht nur des mittelalterlichen Deutschlands, sondern Deutschlands überhaupt, Nicolaus von Cues, schon vor 500 Jahren vorgesprochen in seiner Schrift „De pace fidei“:

„Herr und König des Weltalls,... komme zu Hilfe, der du allein helfen kannst. Dieser Wettstreit geht um dich... Du also, der du der Spender des Seins und Lebens bist, du bist es, der in den verschiedenen Religionen auf verschiedene Weise gesucht und mit verschiedenen Namen benannt wird, weil du bleibst, wie du bist, allen unerkannt und unaussprechlich.... Du aber, allmächtiger Gott, der du unsichtbar bist für jeden Geist, du kannst dich auf faßliche Weise erkennbar zeigen, wem du willst. So verbirg dich nicht länger, o Herr! Sei gnädig und zeige dein Antlitz, und Heil wird widerfahren allen Völkern... Wenn du gnädiglich so tun wirst, dann werden aufhören das Schwert und der neidvolle Haß und alle Übel, und alle werden erkennen, wie nur eine Religion ist in der Mannigfaltigkeit der religiösen Bräuche. Sollte aber diese Verschiedenheit der Bräuche nicht aufgehoben werden können, oder sollte es nicht frommen, daß die Verschiedenheit die Erhöhung der Gottesverehrung bewirke, insofern jedes Land dir durch seine Bräuche, gleich als seien sie dir als dem König angenehmer, einen umso unermüdlicheren Dienst erweisen wird, dann möge wenigstens, wie du einer bist, eine Religion sein und ein anbetender Dienst.“



‘Abdu’l-Bahá:

Das Geheimnis göttlicher Kultur (I)[Bearbeiten]

Verschiedene Ansätze zu Reformen, mit denen Sháh Násiri’d-Din das absolutistische Staatswesen Persiens aufgeklärteren europäischen Vorbildern anzugleichen versuchte, veranlaßten ‘Abdu’l-Bahá im Jahre 1875 zu einem Appell an die führenden Persönlichkeiten und das Volk Persiens, in welchem Er die göttlichen Grundsätze der politischen Ethik und der Ordnung des Gemeinwesens darlegte, die ruhmvolle Vergangenheit Persiens in Erinnerung rief, den grundlegenden Einfluß der Offenbarungsreligionen auf den Gang der Weltgeschichte betonte, das parlamentarische System, die allgemeine Schulbildung und zahlreiche andere Maßnahmen befürwortete und die Vorurteile der Gegner solcher Reformen widerlegte. Gedruckt wurde das persische Original dieser Schrift erstmals 1882 in Bombay; englische Übersetzungen kamen zunächst 1910 in London und 1918 in Chicago unter dem Titel „Mysterious Forces of Civilization“ heraus. Als „Die geheimnisvollen Mächte der Kultur“ erschien eine deutsche Fassung 1928/30 in den Jahrgängen VIII und IX der „Sonne der Wahrheit“.

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Angesichts der bleibenden Aktualität dieses Werkes und der bevorstehenden innenpolitischen Ereignisse in Deutschland möchten wir unseren Lesern im folgenden einige ausgewählte Abschnitte aus der englischen Neuveröffentlichung *) unterbreiten, in denen sich ‘Abdu’l-Bahá nicht nur an Seine Landsleute, sondern an alle aufgeschlossenen Menschen wendet, die sich bemühen, ihrer Verantwortung im öffentlichen Leben gerecht zu werden.
D. Red.


Im Namen Gottes, des Mildtätigen, des Barmherzigen!

Preis und Dank seien der Vorsehung, daß sie aus allen Reichen der Schöpfung den Menschen in seiner Wesenheit auserwählt und ihn mit Verstand und Weisheit, den beiden strahlendsten Lichtquellen in dieser und der anderen Welt, ausgezeichnet hat. Durch das Wirken dieser großen Gaben hat Gott in jedem Zeitalter wunderbare neue Formen im Spiegel der Schöpfung erstehen lassen. Wenn wir diese Welt unvoreingenommen betrachten, wird uns klar, daß der Tempel des Seins zu allen Zeiten beständig verziert und geschmückt wurde mit frischer Anmut und ewig-neuem Glanz, die von der Weisheit und der Kraft der Gedanken herrührten.

Dieses größte Zeichen Gottes steht an erster Stelle im Gefüge der Schöpfung und nimmt auf höchster Stufe den Vorrang vor allen erschaffenen Dingen ein. Dies bezeugt die heilige Überlieferung: „Vor allem anderen schuf Gott den Verstand.“ Seit Anbeginn der Schöpfung war der Verstand dazu bestimmt, sich im Menschen zu offenbaren.

Geheiligt ist der Herr, Der durch die leuchtenden Strahlen dieser seltsamen Himmelsmacht bewirkte, daß unsere dunkle Erde von den Welten des Lichts beneidet wird: „Und die Erde wird leuchten im Lichte ihres Herrn.“ (Qur’án 39:69). Heilig und erhaben ist Er, Der das Wesen des Menschen zum Quell dieser grenzenlosen Gnade machte: „Der Gott des Erbarmens hat den Qur’án gelehrt. Er hat den Menschen erschaffen und ihn mit vernünftiger Sprache begabt.“ (Qur’án 55:1-3).

O ihr, die ihr Verstand habt zu begreifen! Erhebt eure flehenden Hände zum Himmel des einen Gottes, seid demütig, beugt euch vor Ihm und dankt Ihm für diese höchste Gabe. Dann bittet Ihn, uns beizustehen, auf daß in unserer heutigen Zeit himmlische Impulse vom Bewußtsein der Menschheit ausstrahlen und dieses Feuer, von Gott entzündet und den Menschenherzen anvertraut, nimmer erlösche.

Bedenket wohl: All die weitverzweigten Erscheinungen, die Begriffe und Erkenntnisse, die Verfahren der Technik und die Systeme der Philosophie, die Wissenschaften, Künste, Gewerbe und Erfindungen — alle sind Ausstrahlungen des menschlichen Verstandes. Jedes Volk, das sich [Seite 94] weiter in dieses uferlose Meer hineinwagte, hat am Ende die anderen Völker überragt. Glück und Stolz einer Nation bestehen darin, daß sie wie die Sonne am Himmel des Wissens erstrahlt. „Sollen die, welche erkennen, gleich behandelt werden wie die, welche in Unwissenheit leben?“ (Qur’án 39:12). Und Ehre und Würde des einzelnen liegen darin, daß er vor all den Massen der Weltbewohner zu einer Quelle des öffentlichen Wohles wird. Gibt es eine größere Gnade als die, daß ein Mensch, wenn er in sich geht, feststellen darf, daß er, durch göttliche Gunst bestätigt, Frieden und Wohlfahrt, Glück und Nutzen unter seinen Mitmenschen bewirkte? Nein, bei dem einen wahren Gott! Es gibt keine größere Freude, kein vollkommeneres Glück...


Voraussetzungen des Parlamentarismus

Die Errichtung von Parlamenten, der Aufbau beratender Körperschaften ist in Wahrheit die Grundlage der Staatsführung; solche Einrichtungen müssen jedoch eine Reihe wesentlicher Anforderungen erfüllen. Erstens müssen ihre gewählten Mitglieder redlich, gottesfürchtig, edel gesinnt und unbestechlich sein. Zum anderen müssen sie die Gesetze Gottes in allen ihren Einzelheiten kennen; sie müssen über die obersten Grundsätze des Rechts Bescheid wissen, in den Verfahrensregeln für innere Angelegenheiten und für Auslandsbeziehungen beschlagen und in den nutzbringenden Künsten und Wissenschaften bewandert sein. Schließlich müssen sie sich mit ihren rechtmäßigen Einkünften zufrieden geben.

Man soll nicht glauben, daß es solche Abgeordnete nicht gebe. Durch die Gnade Gottes und Seiner Erwählten, durch das heiße Bemühen ergebener und eingeweihter Seelen läßt sich jede Schwierigkeit leicht lösen, und jedes noch so verwickelte Problem erweist sich als einfacher als ein Augenzwinkern.

Wenn jedoch die Mitglieder derartiger beratender Körperschaften von minderwertigem Charakter, unwissend, über die Gesetze der Staatsführung und der Verwaltung nicht unterrichtet, wenn sie unklug, von niederer Gesinnung, gleichgültig, nachlässig und eigennützig sind, ist die Errichtung solcher Organe nutzlos. Wo in der Vergangenheit ein armer Mann, der zu seinem Recht kommen wollte, nur einen einzelnen zu bestechen hatte, müßte er jetzt alle Hoffnung auf Gerechtigkeit fahren lassen oder aber das ganze Gremium befriedigen.

Eine eingehende Untersuchung wird belegen, daß die Hauptursache der Unterdrückung und des Unrechts, der Ehrlosigkeit, Regelwidrigkeit und Unordnung die Tatsache ist, daß es dem Volk an religiöser Überzeugung und an Erziehung mangelt.


Die Rangordnung der Gesellschaft

Die höchste Stufe und den hehrsten Bereich, den vornehmsten und erhabensten Rang in der ganzen Schöpfung — ob sichtbar oder unsichtbar, ob Alpha oder Omega — nehmen die Propheten Gottes ein, trotz der Tatsache, daß sie größtenteils dem äußeren Anschein nach nichts als ihre Armut besaßen. Desgleichen ist den Heiligen und denen, die der Schwelle Gottes am nächsten sind, unaussprechliche Herrlichkeit vorbehalten, [Seite 95] obwohl sich ihresgleichen niemals, und sei es auch nur für einen Augenblick, um irdischen Vorteil kümmerten. Dann kommt die Stufe jener gerechten Könige, deren Ruf als Beschützer des Volkes und als Wahrer göttlicher Gerechtigkeit die Welt erfüllte, und deren Name als machtvolle Verfechter der Rechte des Volkes in der ganzen Schöpfung widerhallte. Solche Könige vergeuden keinen Gedanken darauf, riesige Reichtümer für sich anzusammeln; sie sehen vielmehr ihren eigenen Reichtum in der Förderung des Wohlstands ihrer Untertanen. Für sie sind die königlichen Schatzkammern gefüllt, wenn jeder einzelne Bürger in Fülle und Behagen lebt. Sie sind nicht stolz auf Gold und Silber, sondern auf ihre aufgeklärte Gesinnung und ihre Entschlossenheit, das Beste für die Allgemeinheit zu erreichen.

Als Rangnächste kommen jene hervorragenden und ehrenhaften Minister und Vertreter des Staates, die den Willen Gottes über ihren eigenen stellen und deren Fähigkeit und Weisheit in der Verwaltung ihrer Ämter die Staatskunst zu neuen Gipfeln der Vollkommenheit führt. Sie erstrahlen in der Welt der Gebildeten wie Leuchten des Wissens; ihr Gedankenflug, ihr Verhalten und ihre Taten veranschaulichen, wie sehr ihnen das Vaterland und sein Fortschritt am Herzen liegen. Mit maßvollen Bezügen zufrieden, widmen sie ihre Tage und Nächte der Erfüllung ihrer bedeutsamen Aufgaben und dem Ersinnen neuer Mittel und Wege, wie die Fortentwicklung des Volkes gesichert werden kann. Durch die Wirksamkeit ihres weisen Rates und durch ihr gesundes Urteil haben sie eh und je ihre Regierung zu einem Beispiel für alle anderen Regierungen der Welt werden lassen. Ihre Hauptstadt ward zum Brennpunkt großer weltweiter Unternehmungen; sie selbst gewannen an Würde, erlangten ein überragendes Maß persönlicher Bedeutung und erklommen die höchsten Höhen des Ansehens und des Ruhmes.

Als nächste kommen jene berühmten, feingebildeten Gelehrten, die edle Eigenschaften und umfassendes Wissen in sich vereinigen, sich aber dennoch an die Leitschnur der Gottesfurcht halten und auf dem Wege des Heils bleiben. Im Spiegel ihres Geistes nehmen überstoffliche Wirklichkeiten Gestalt an, und die Lampe ihrer inneren Schau empfängt ihr Licht von der Sonne des allumfassenden Wissens. Tag und Nacht stehen sie im Dienste gründlicher Forschungen auf solchen Wissensgebieten, die von Nutzen für die Menschheit sind, und widmen sich der Unterweisung befähigter Studenten. Vor ihrem feinen Empfinden ließen sich alle Schätze der Könige, würden sie ihnen angeboten, nicht mit einem einzigen Tropfen aus den Wassern des Wissens vergleichen, und Berge von Gold und Silber könnten die erfolgreiche Lösung einer schwierigen Frage nicht aufwiegen. Alle Freuden, die abseits ihrer Arbeit liegen, sind ihnen nur Kindertand, und die beschwerliche Last unnötiger Besitztümer ist recht für Unwissende und kleine Geister. Wie die Vögel sind sie für eine Handvoll Samen dankbar, aber der Gesang ihres Wissens entzückt den Geist der Weltweisen.

Schließlich sind da die klugen Führer des Volkes und die einflußreichen Persönlichkeiten im ganzen Lande, die als Pfeiler den Staatsbau tragen. Ihr Rang, ihre Stufe und ihr Erfolg hängen davon [Seite 96] ab, ob sie dem Volke wohlgesinnt sind und ob sie Maßnahmen zu verwirklichen trachten, die den Fortschritt der Nation fördern und die Wohlfahrt und das Wohlergehen der Bürger mehren.

Stellt euch vor, ein Mensch sei eine einflußreiche Persönlichkeit in seinem Land, er sei strebsam, einsichtsvoll, reinen Herzens, bekannt für seine angeborenen Fähigkeiten, seine Intelligenz und seinen natürlichen Scharfsinn; außerdem sei er ein wichtiges Mitglied der Staatsführung: Worin kann ein solcher Mensch Ehre und bleibendes Glück, Rang und Würde in dieser und der kommenden Welt sehen? Etwa nicht darin, daß er gewissenhaft bei der Wahrheit und Rechtschaffenheit bleibt, daß er entschlossen und hingebungsvoll nach dem Wohlgefallen Gottes trachtet, daß er danach strebt, die Gunst des Herrschers und den Beifall des Volkes zu finden? Oder vielleicht darin, daß er des Nachts auf ausschweifenden Festgelagen schwelgt, am Tage aber das Glück seines Landes untergräbt und dem Volk das Herz bricht, bis er von Gott verstoßen, von seinem König vertrieben, von seinem Volk verunglimpft und mit der verdienten Verachtung gestraft wird? Bei Gott, die modernden Gebeine auf den Friedhöfen sind besser als solche Menschen! Welchen Wert haben sie, die niemals von dem Manna wahrer menschlicher Tugenden gekostet und nie aus den kristallklaren Wassern jener Gaben getrunken haben, die zum Reich des Menschen gehören?


Auf jeden kommt es an!

Zweifellos ist mit der Errichtung von Parlamenten beabsichtigt, für Gerechtigkeit und Redlichkeit Sorge zu tragen; alles hängt jedoch von den Anstrengungen der gewählten Abgeordneten ab. Wenn ihre Absicht rein ist, wird es zu wünschenswerten Ergebnissen und zu Verbesserungen kommen, die im voraus nicht abzuschätzen sind; andernfalls ist alles umsonst: Das Land wird zu einem Stillstand kommen und mit dem öffentlichen Wohl geht es unaufhaltsam bergab. „Wie ich sehe, kommen tausend Bauleute nicht gegen einen Störenfried an. Was aber soll geschehen, wenn einem Baumeister tausend Störenfriede auf dem Fuße folgen?“

Im Vorangegangenen wurde darzulegen versucht, daß Glück und Größe, Rang und Stufe, Freude und Frieden eines Menschen nicht in seinem persönlichen Reichtum, vielmehr in seinem hervorragenden Charakter, seiner edlen Entschlossenheit, seiner umfassenden Bildung und seiner Fähigkeit, schwierige Probleme zu lösen, beschlossen sind. Wie klar ist doch gesagt worden: „Was ich auf dem Körper trage, ist keinen Pfennig wert, wollte man es verkaufen; aber darunter schlägt ein Herz, das — gegen alle Herzen der Welt aufgewogen — größer und edler wäre.“

Nach Ansicht des Verfassers sollte die Einsetzung der nicht-ständigen Mitglieder beratender Körperschaften in souveränen Staaten vom Willen und der Wahl des Volkes abhängen; denn Abgeordnete, die gewählt werden, sind aus diesem Grund wenigstens einigermaßen geneigt, sich gerecht zu verhalten, damit ihr Ruf keinen Schaden leide und sie nicht vor der Öffentlichkeit in Ungnade fallen. [Seite 97]


Wohlstand für alle

Man darf nicht glauben, daß die vorstehenden Bemerkungen des Verfassers dazu angetan sein sollen, den Wohlstand anzuklagen oder die Armut zu empfehlen. Wohlstand ist allen Lobes wert, wenn er durch die eigenen Anstrengungen eines Menschen und durch die Gnade Gottes auf den Gebieten des Handels, der Landwirtschaft, der Kunst oder des Gewerbefleißes erworben und für menschenfreundliche Zwecke ausgegeben wird. Vor allen Dingen gäbe es, wenn ein kluger, wendiger Mensch Wege fände, wie das Einkommen der Volksmassen allgemein gehoben werden kann, kein wichtigeres Unternehmens als dieses, und in den Augen Gottes würde dies als die größte Errungenschaft gelten, denn solch ein Wohltäter würde die Bedürfnisse einer großen Menge stillen und ihr Sicherheit und Wohlergehen verschaffen. Wohlstand ist in höchstem Maße lobenswert, sofern die ganze Bevölkerung in Wohlstand lebt. Wenn jedoch nur einige wenige übermäßige Reichtümer besitzen und alle übrigen verarmt sind, wenn keine Frucht, kein Nutzen aus dem Wohlstand erwächst, dann bedeutet dieser nur eine Verpflichtung für den Eigentümer. Wird der Reichtum aber andererseits dazu verwendet, Wissen zu fördern, Grund- und andere Schulen zu eröffnen, Kunst und Gewerbe anzuregen, Waisen und Arme zu erziehen — kurz gesagt, wird er dem Wohle der Gemeinschaft gewidmet —, dann steht sein Eigentümer vor Gott als der Vortrefflichste unter allen, die auf Erden wohnen, und wird zum Volke des Paradieses gezählt...

(Fortsetzung folgt)


*) “The Secret of Divine Civilization’ by ’Abdu’l-Bahá, tranlated from the original Persian text by Marzieh Gail, Bahá’í Publishing Trust, Wilmette, Illinois, USA, 1957 Seiten 1, 17, 20 ff.; Deutsche Übersetzung mit Genehmigung des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í von USA von Peter A. Mühlschlegel. Die Überschriften wurden von der Redaktion eingesetzt.



In diesen Tagen bedarf der Osten eines materiellen Fortschritts und der Westen eines geistigen Ideals. Es wäre für den Westen gut, sich um Erleuchtung an den Orient zu wenden und ihm dagegen seine wissenschaftlichen Kenntnisse zu vermitteln. Dieser Gabenaustausch muß erfolgen. Osten und Westen müssen sich zusammenschließen, um einander das zu geben, was sie brauchen. Diese Vereinigung wird eine wahre Zivilisation hervorbringen, in der das Geistige im Materiellen Ausdruck und Verwirklichung findet.

‘Abdu’l-Bahá

(Aus „Ansprachen in Paris“, Kapitel 4)


[Seite 98]



Das Haus der Andacht auf dem Kikaya Hill[Bearbeiten]

Bahá’í- Muttertempel tür Afrika eingeweiht


Kampala war im Januar dieses Jahres das Ziel vieler Bahá’í aus allen Teilen der Welt. Fast 500 Gläubige aus 19 Ländern hatten sich in der Hauptstadt Ugandas im Osten des afrikanischen Kontinents eingefunden, um Zeuge der Einweihung des afrikanischen Muttertempels zu sein. Einem Bericht unseres persischen Bahá’í-Freundes Dr. Manutschehr Zabih, Teheran, entnehmen wir die folgenden Zeilen im Auszug:

Am Samstagfrüh, dem 14. Januar, fand in Anwesenheit von Ruhiyyih Khanum, der Gattin des verstorbenen ersten Hüters der Bahá’í-Religion, Shoghi Effendi, sowie den Händen der Sache, Musa Banani, John Robarts und Dr. Mohajjir, die Einweihung des Tempels statt, und dies war eines der schönsten Erlebnisse für uns Bahá’í. In Autobussen wurden die Freunde zum etwas außerhalb der Stadt Kampala gelegenen Kikaya Hill gefahren. Ruhiyyih Khanum betrat zuerst den Tempel; nach einem Gebet in englischer Sprache wandte sie sich den Freunden zu. In bewegten Worten gedachte sie des Hüters Shoghi Effendi, der die Grundlagen gelegt hat zur Ausbreitung des Bahá’í-Glaubens im schwarzen Erdteil, und ohne dessen unermüdliches Wirken und vorausschauendes Planen dieser Tempel nicht hätte gebaut werden können...In dieser Versammlung von Bahá’í der verschiedensten Nationalitäten, Rassen und Stämme kam einem so richtig zum Bewußtsein, daß durch Bahá’u’lláh die Menschheit unter das Banner der Einheit und des Friedens gerufen worden ist.



Auf einer beherrschenden Anhöhe erhebt sich Afrikas Muttertempel

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Ruhiyyih Khanum inmitten einer Schar schwarzer Bahá’í-Freunde


Für den Nachmittag und Abend des gleichen Tages war eine Lehrkonferenz ins Makerere College in Kampala einberufen worden... Ein Bahá’í vom Teso-Stamm hatte einen Speer mitgebracht. „In Afrika“, sagte er, „hat jeder Mann einen solchen Speer, und er gilt als Zeichen der Männlichkeit und Tapferkeit. Die Lehre von Bahá’u’lláh ist wie dieser Speer. Wenn ein Bahá’í ohne den geistigen Speer ist, d. h., wenn er nicht nach der Lehre von Bahá’u’lláh handelt, ist er kein Bahá’í“. Er bat die Bahá’í, sie, die Afrikaner, mit dem Wort Gottes vertraut zu machen, damit diese entsprechend handeln könnten. Zu Ruhiyyih Khanum gewandt, sagte er: „Diesen Speer schenke ich Ihnen als Symbol der göttlichen Worte...“

Zu der öffentlichen Einweihungsfeier am Sonntag fanden sich ungefähr 2000 Menschen ein. Angehörige der verschiedensten Religionen und Sekten, darunter viele führende Persönlichkeiten des Landes hörten im Mashriqu’l-Adhkár Worte Gottes über die Einheit der Menschheit. Am Montagnachmittag schließlich wurde im Nationaltheater von Kampala ein öffentlicher Vortrag gehalten, bei dem Ruhiyyih Khanum und Amos E. Gibson, ein schwarzer amerikanischer Bahá’í, vor einem zahlreichen Publikum, darunter viele Neger und Inder, sprachen...

Der Eindruck, den die vielen schönen, offenen und gesunden schwarzen Gesichter auf uns machten, die weiteren Begegnungen mit den Negerní von Kampala, mit den Eingeborenen der in der Umgebung liegenden Dörfer und in Nairobi, dazu die Haltung der schwarzen Bahá’í gaben uns die Gewißheit, daß diese klugen Menschen sehr wohl die Zivilisation der Menschen in ihren Händen zu halten vermögen. Die Weißen halten fest an ihrer veralteten und traditionellen Zivilisation, welche ohnmächtig auf dem Sterbebett liegt; sie wollen sich nicht im geringsten dem neuen Menschheitsbewußtsein öffnen, das sich zu entfalten beginnt und das allein die Geschicke der Menschheit zum Guten wenden kann. Wie anders sind doch die Afrikaner! Die Ergebnisse der Bahá’í-Lehrarbeit beweisen es, haben sich doch seit 1953 über 18000 Neger zum Bahá’í-Glauben bekannt...

[Seite 100]



Religionswissenschaftliche Kurzinformationen (I)

Religiöse Grundbegriffe = Die Naturreligionen[Bearbeiten]

Unter dem Titel „Religionswissenschaftliche Kurzinformationen“ wollen wir in den nächsten Nummern der “BAHA’I-BRIEFE“ einige Grundbegriffe des religiösen Denkens stichwortartig erläutern und die Wesenszüge der historischen Religionen im Lichte der Bahá’í-Offenbarung betrachten. Natürlich ist es weder möglich noch beabsichtigt, in dieser kurzgefaßten Form kompetentes Wissen oder endgültige Urteile zu vermitteln. Die Reihe soll den Leser lediglich dazu anregen, im Sinne des Bahá’í-Grundsatzes vom selbständigen Suchen nach Wahrheit eigene Studien in dieser oder jener Richtung anzustellen.

D. Red.


Religion: vom lateinischen relligio oder religio, das auf zwei Arten erklärt wurde. Laut Cicero kommt es von relégere = „wieder lesen, sammeln, zusammenlesen“, bedeutet also „Einhaltung“ (von religiösen Bräuchen); hierzu paßt, daß man mit religio das griechische parateresis „Beobachtung von religiösen Riten“ übersetzte. Servius führte das Wort auf religáre zurück: „binden“, es hieß also „Bindung“ (des Menschen an Gott). In den Schriften des Heiligen Augustin bedeutet religio beides.

Statt von einer festen Beziehung zwischen Mensch und Gott redet man in Asien eher von einem „Weg“, der den Menschen zu Gott führt. So hören wir vom Weg (tariqa) des Sufi, dem achtfältigen Pfad Buddhas, dem Weg Chinas (dau, früher tao geschrieben) und schließlich vom „Götterweg“ Japans (schinto).

Seele: 1. Der geistige Teil des Menschen; 2. Ein Teil des geistigen Teils. Paulus unterscheidet in 1. Thessalonicher 5:23 „Seele“ (psyche) und „Geist“ (pneuma). Ebenso unterscheiden die Schriften Bahá’u’lláhs, wobei „Seele“ (nafs) den Lebenstrieb und „Geist“ (rúh) die dem Menschen eigene Denkfähigkeit bezeichnet.

Die Höhere Macht: das Unerschaffene, Unabhängige im Weltgeschehen. In den Hochreligionen ist dies ein höchstes Wesen, „Gott“, im Buddhismus ein höchstes „Gesetz“. In den Naturreligionen wird der Zusammenhang zwischen den vielfältigen Äußerungen der Höheren Macht oft nicht klar erkannt, und diese zerfällt dort in eine Unzahl Gottheiten, Geister und beseelter Gegenstände.

Bündnis, Bund: das Vertragsverhältnis zwischen Gott und Mensch oder zwischen Gott und Volk.

Heilige Schriften: Texte, die wegen ihres Offenbarungsanspruchs und feierlich festgelegten Wortlauts im Gottesdienst und Alltag verwendet werden, wie Altes und Neues Testament, Qur’án, Avesta, Bhagavad Gita, Tripitaka, Kodschiki, Nihongi, Bayán, Kitáb-i-Iqán.

Offenbarer, Prophet: ein vom göttlichen Geist erfüllter Mensch, der den Willen Gottes verkündet. [Seite 101]

Die Naturreligionen sind in vorgeschichtlicher Zeit entstanden. Auch sie gehen auf Offenbarer zurück, die jedoch nicht mehr feststellbar sind. Bereits der Primitive erkannte das Bestehen einer höheren Macht, die das ganze Weltgeschehen leitet. Allerdings vermutete er in seinem wenig entwickelten Denken höhere Mächte auch dort, wo natürliche Ursachen vorliegen. So ertrinken die Leute, weil in der Wassertiefe verborgene Geister sie niederziehen. Man wird krank, weil ein Nachbar den bösen Blick auf einen geworfen hat. Wind und Gewitter, Tag und Nacht, Sommer und Winter werden durch das dauernde Einwirken besonderer Gottheiten hervorgerufen. Ein Zusammenhang zwischen diesen Gottheiten wird nicht gesehen, man glaubt an das Bestehen vieler Götter (Polytheismus).

Die uns bekannten frühen Offenbarer, wie Moses und Zarathustra, reinigten und vergeistigten die vorgefundene Naturreligion. Beim Zurückweichen vor den Offenbarungsreligionen arten die Naturreligionen aus: Menschenopfer (Jesaja 57, 5-6), unzüchtige Kulte (Dionysos und Priapos im alten Griechenland, Schiwa und Kali in Indien), Astrologie, die sich in Europa erneut durchzusetzen versucht, Staatsvergötterung (Kaiserkult im alten Rom und im heutigen Japan).

In Europa wich als letzte Naturreligion im 15. Jahrhundert die litauische dem Christentum. In Übersee brechen die Naturreligionen heute im selben Maße zusammen, wie die Missionen der Hochreligionen, vor allem Christentum, Islam, Buddhismus, Bahá’í-Glaube, und auch die moderne Erziehung vordringen.

Als Beispiel für Afrika sei hier das religiöse Leben am Kongo gestreift. Bei allen Stämmen besteht der Glaube an ein höchstes Wesen, das in menschenähnlicher Weise gedacht wird: als großer Häuptling im Himmel, wo er in einem Dorf regiert, Palaver abhält, seine Fetische besitzt und, wie ein reicher Stammesfürst, viele Frauen hat. Diese Vorstellungen sind vom Afrikaner aus nicht unehrerbietig.

Das höchste Wesen wird mit keinem Naturereignis, Sonne, Mond oder Schicksal gleichgesetzt. Es hat alles geschaffen, aber es ist so weit entfernt, daß es den Gang hier unten am Kongo nicht unmittelbar beeinflußt. Viel nützlicher ist es daher, die Geister der Abgeschiedenen, die Geister der Quellen, Flüsse, Sümpfe, Bäume zu verehren und für sich günstig zu stimmen.

Als eine Art Priesterstand hat man die „Zauberer“ (nganga), die im hohen Ansehen stehen. Sie leiten die Verehrung der Geister und organisieren das Stammesleben; sie weisen auch andere in die Lehren ein. Ihnen entgegen wirken im geheimen die „Hexenmeister“ (ndoki), die für Ritualmorde und nächtliche Racheakte verantwortlich sind.

Gebete und Sagen werden bis heute nur mündlich überliefert, doch bahnen sich Reformen an. Der Kibangismus ist bereits eine Art modernisierter Kongo-Religion. (Siehe N. De Cleene: Introduction à l’Ethnographie du Congo Belge et du Rwanda-Burundi, Anvers 1959).

Als einzige Naturreligion von Bedeutung hat sich in Japan der Schinto erhalten. Der chinesische Name bedeutet „Götterweg“. Wer der oder die Stifter des Glaubens waren, läßt sich nicht mehr sagen. Als heilige Texte gelten das japanisch geschriebene Kodschiki (Geschichte der Begebenheiten im Altertum) und das chinesisch geschriebene Nihongi [Seite 102] (Japanische Chronik), beide im 8. Jahrhundert gesammelt und niedergeschrieben.

Die Welt ist durch die Vereinigung der beiden Gottheiten Izanagi und Izanami entstanden; ihr Sproß ist die Sonnengöttin Amaterasu. Diese ist die Stammutter des Kaiserhauses. Als Gottheiten gelten Naturkräfte, Berge, Flüsse, Seen, einige Tiere (so die Fuchsgottheit Inari), Bäume, Sonne, Mond. Ahnen und Helden werden verehrt. Eine Sittenlehre wurde erst spät entwickelt.

Vergeistigte Richtungen des Schinto entstanden im 19. Jahrhundert. So gründete Kawate Bundschiro im Jahre 1855 das Konkokyo. Hier gelang der Durchbruch zum Glauben an den einzigen Gott, Konko genannt. Es ist bemerkenswert, daß die Wissenschaft keinen christlichen oder ausländischen Einfluß auf Bundschiro nachweisen konnte, da Japan bis dahin für alle Ausländer gesperrt war.

Der Schinto wurde 1868 zur Staatsreligion erhoben, einige Jahre später wieder abgeschafft und zur Staatszeremonie erklärt.

Dr. Johann Karl Teufel



Die erste Bahá’í in Australien[Bearbeiten]

Zum Gedenken an Clara Dunn


Mit tiefer Bewegung nahm die internationale Bahá’í-Welt die Nachricht vom Tode der Hand der Sache Gottes, Frau Clara Dunn, auf. Mit ihr ist eine der glühendsten und aufrichtigsten Verkünderinnen der Botschaft Bahá’u’lláhs dahingegangen. Ihr Lebenswerk, dem sie sich mit ganzer Hingabe gewidmet hatte, galt der Verbreitung des Bahá’í-Glaubens auf dem australischen Kontinent. Es waren Clara Dunn und ihr Mann, Henry Hyde Dunn, die 1918, ohne einen Augenblick zu zögern, dem Aufruf ‘Abdu’l-Bahás nachkamen, der in jenem Jahr die amerikanischen Bahá’í in einem Tablet angespornt hatte, sich in alle Welt zu zerstreuen, um das Wort Gottes zu lehren, wie es durch Bahá’u’lláh der Menschheit aufs neue übermittelt worden ist.

Über jenen Entschluß, sich nach dem australischen Kontinent aufzumachen — wo es damals noch keinen einzigen Bahá’í gab — schrieb Henry [Seite 103] Hyde Dunn später einmal: „Es war alles sehr einfach — eine Woge erfaßte uns, und es erfüllte sich unser Wunsch, der Sache Bahá’u’lláhs und Seinem glorreichen Bündnis zu dienen...“

Am 18. April 1919 erreichten Clara und Hyde Dunn Sydney. Nachdem zunächst Frau Dunn für einige Monate Arbeit gefunden hatte, erhielt Henry Hyde Dunn im September des gleichen Jahres eine Anstellung, die es ihm erlaubte, im Laufe der Jahre den ganzen Kontinent, besonders Neusüdwales, zu bereisen. Seine ständige Begleiterin war seine Frau. In seinen Aufzeichnungen berichtete er u. a.: „Zweieinhalb Jahre blieben wir in Neusüdwales, und überall stießen wir auf Verständnis für die Botschaft Bahá’u’lláhs. Stets besuchten uns Menschen; es war ein unaufhörliches Vorwärtsdrängen... Später kam die große Gelegenheit, nach der wir uns so gesehnt hatten, und wir durchkreuzten die große Wüste, hinüber nach Westaustralien.“

Henry Hyde Dunn starb am 17. Februar 1941. Nach seinem Hinscheiden setzte Clara Dunn mit aller Energie die gemeinsam begonnene Arbeit fort. 1952 erhob sie Shoghi Effendi, der erste Hüter des Bahá’í-Glaubens, in den Stand einer Hand der Sache Gottes.

Die ganze heutige Bahá’í-Arbeit in Australien beruht auf den Grundlagen, die Henry Hyde und Clara Dunn in langen Jahren liebender Hingabe geschaffen hatten; sie ist ohne das aufopferungsvolle Wirken dieser beiden hervorragenden Persönlichkeiten schlechterdings nicht denkbar. Als Krönung ihres Lebens durfte Clara Dunn im Jahre 1958 den Grundstein zum Muttertempel des australischen Kontinents legen, der wie so vieles andere stets an ihr Wirken im Dienste des göttlichen Wortes erinnern wird.

D.S.



NEU AUF UNSEREM Büchertisch[Bearbeiten]

„Islam und Abendland — Begegnung zweier Welten“

Walter-Verlag, Olten und Freiburg im Breisgau, 236 Seiten.

Dieses Buch enthält eine Sammlung von Vorträgen, die eine Gemeinschaftsarbeit bekannter Universitätsprofessoren und Privatgelehrter sind und im Winter 1958/59 über Radio Bern verbreitet wurden. Sie sind geeignet, wichtige und interessante Erkenntnisse über den Einfluß des Islam auf die abendländische Welt zu vermitteln, die wechselseitigen Beziehungen zweier großen Religionen aufzuzeichnen, ihre Gegensätze einander anzunähern und zugleich aufzuzeigen, wie sehr es darauf ankommt, Vorurteile abzulegen, wenn man zum Licht einer geschichtlichen Wahrheit gelangen möchte.

Der Leser findet hier manches, was ihm nützlich sein könnte und eine Bestätigung darin, daß wie es der Bahá’í-Glaube lehrt, jede Gottesoffenbarung notwendiger Bestandteil einer allumfassenden Einheit ist.

Dreizehn Stationen der Internationalen Radio-Universität haben sich um die Sendereihe beworben, ein Beweis dafür, welch starkes Echo diese überall gefunden hat.

R. Sch.


[Seite 104]

„Offene Welt“, Zeitschrift für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, herausgegeben vom Verein zur Förderung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Bildung in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftspolitischen Gesellschaft von 1947, Frankfurt a. M., Falkensteiner Straße 27, Schriftleitung: Dr. Dr. Gernot Gather, Westdeutscher Verlag, Köln/Opladen, zweimonatlich DM 2.50.

Die Wirtschaftspolitische Gesellschaft von 1947 (WIPOG) hat sich zum Ziel gesetzt, das geistige Rüstzeug für die Bewältigung der großen, weltweiten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aufgaben zu schaffen, die dem deutschen Volk für die nächsten Jahre und Jahrzehnte gestellt sind. Man konzentriert sich dabei auf vier Schwerpunkte:

1. Entwicklungspolitik: die Erarbeitung von Grundsätzen für die systematische Erforschung, Koordinierung und Intensivierung der Hilfe für die Entwicklungsländer Asiens, Afrikas und Amerikas;

2. Integrationspolitik: die geistige Fundierung der Vereinigung Europas im Rahmen einer weltoffenen und weltweiten wirtschaftlichen Arbeitsteilung;

3. Bildungspolitik: die Wirtschaft zu einem Bildungsgegenstand zu machen und damit die Kluft zwischen Geist und Technik überbrücken zu helfen;

4. Historisch-politische Standortorientierung: die Überwindung des nationalpolitisch orientierten, auf Europa konzentrierten Geschichtsbewußtseins als Voraussetzung für die erfolgreiche Bearbeitung der eingangs geschilderten Aufgaben.

Bei Diskussionsabenden und Arbeitstagungen werden Stellungnahmen zu bestimmten Themen und Aufgabengebieten erarbeitet; die Ergebnisse mit Referaten und Artikeln von teilweise führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft und von den Hochschulen finden in den Heften der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift „Offene Welt“ ihren Niederschlag. Besonders Heft 65 „Unteilbare Welt“ (Frühjahr 1960) und Heft 69/70 „Partnerschaft“ (zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, Dezember 1960) verdienen größte Beachtung.

P. M.



Die „BAHA’I-BRIEFE“ werden vierteljährlich herausgegeben vom Nationalen Geistigen Rat der Baha’i in Deutschland e. V., Frankfurt/Main, Westendstraße 24. Alle namentlich gezeichneten Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion dar.

Redaktion: Dipl.-Volksw. Peter A. Mühlschlegel, Leinfelden/Württ., Jahnstraße 8, Telefon (07 11) 79 16 74, und Dieter Schubert, Leinfelden/Württ., Fliederweg 3, Telefon (07 11) 795 35.

Druck: Buchdruckerei Karl Scharr, Stuttgart-Vaihingen, Scharrstraße 13.

Vertrieb: „BAHA’I-BRIEFE“, Auslieferungsstelle Eßlingen-Obereßlingen a. N., Georg-Deuschle-Straße 86, Telefon (07 11) 35 91 08.

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