BAHÁ'I-
BRIEFE
BLÄTTER FÜR
WELTRELIGION UND
WELTBEWUSSTSEIN
AUS DEM INHALT:
Der Weg zur Einheit
Die Verständigung zwischen den Rassen
Die Einheit der Geschichte
Buchbesprechung
JULI 1966 HEFT 25
D 20 155 F
- Wer sich unter euch erhebt, um die Sache seines Herrn zu lehren, der belehre vor allem sein eigenes Ich, damit seine Rede die Herzen derer anziehe, die ihn hören. Ehe er sich nicht selbst belehrt, werden die Worte aus seinem Munde das Herz des Suchenden nicht beeinflussen. O Menschen, habt acht, daß ihr nicht zu denen gehört, die andern einen guten Rat geben, aber vergessen, ihn selbst zu befolgen...
- Sollte es einem Menschen je gelingen, einen anderen zu beeinflussen, so ist dieser Erfolg nicht ihm zuzuschreiben, sondern vielmehr dem Einfluß der Worte Gottes, wie es von Ihm, dem Allmächtigen, dem Allweisen, verordnet ist. Im Angesicht Gottes wird er wie eine Lampe angesehen, die ihr Licht verbreitet und sich dennoch dauernd in sich selbst verzehrt.
- Bahá’u’lláh
- Ährenlese CXXVIII
Dr. Ugo R. Giachery:
Der Weg zur Einheit[Bearbeiten]
Eine geistige Herausforderung an unsere Zeit
- Bei einem vielbeachteten Musik- und Kunst-Festival, das die Bahá’í von San Diego, Kalifornien, vor einiger Zeit veranstalteten, hielt Dr. Ugo R. Giachery, Hand der Sache Gottes, die nachstehende Festrede, die in ihrer klaren und begeisternden Eindringlichkeit großes Echo fand.
- D. Red.
Es ist ein großes Vorrecht und eine Ehre für mich, heute über ein Thema zu Ihnen zu sprechen, das mir sehr am Herzen liegt und das zugleich das wichtigste Anliegen der ganzen Menschheit darstellt: die Suche nach einem verbindenden Prinzip, das in der Lage ist, allen Völkern der Welt zu dauerhaften, schöpferischen gegenseitigen Beziehungen zu verhelfen. Es kann kein Zweifel herrschen, daß die Welteinheit die größten produktiven Kräfte entfesseln wird, die wir uns als modern gesinnte Menschen vorstellen können. Nichts anderes ist imstande, das völkische oder auf eine Rasse bezogene Weltbild zu ersetzen, das nur sehr begrenzten Zwecken gedient und zu Kampf und Streit geführt hat. Nichts anderes wird den Strömungen sozialer und politischer Unordnung, die die lebenswichtigen Organe so vieler Nationen und der gesamten menschlichen Gesellschaft untergraben, Einhalt gebieten.
Die Notwendigkeit, ein vereinendes Prinzip zu finden, ist vordringlich und unabweisbar; dieses Prinzip muß in weltweitem Rahmen angenommen werden, wenn es aus der Dauerkrise unserer heutigen Kultur heraushelfen soll. Theologen, Soziologen, Philosophen und Geschichtsforscher geben hie und da Anregungen, wie man die Menschen für aufbauende Einflüsse empfänglich machen könnte, aber man muß zugleich feststellen, daß die Befolgung solcher Anregungen ein langsamer und unsicherer Prozeß ist.
Zwei Strömungen sind heute am Werk, die wirksame Heilmittel für
das Gesamtproblem unseres Zeitalters darzureichen suchen. Die eine ist
die religiöse Neubelebung, eine neue Verkündigung des Evangeliums und
die Suche nach einer Verständigungsformel zwischen den christlichen
Kirchen. Die zweite ist die Überzeugung, man könne diese grundlegende,
wesenhafte Einheit durch die unvoreingenommene Anwendung sozialer,
politischer und wirtschaftlicher Theorien erreichen. Notwendiger
Ausdruck einer realistischen Betrachtungsweise wäre die Einsicht, daß
solche Theorien im Geistigen wurzeln müssen, um wirksam und dauerhaft zu
sein, und daß es die erste Absicht der Religion sein müßte, solche geistig
begründeten Theorien in die Tat umzusetzen.
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Diese Vorbemerkungen haben nicht den Sinn, die heutigen Religionen kritisch zu prüfen. Es genügt festzuhalten, daß bis in die jüngste Vergangenheit hinein — vielleicht bis vor zehn Jahren — die irrige Auffassung herrschte, Religion sei nur für das persönliche Seelenheil vonnöten und alle Probleme des menschlichen Zusammenlebens — Fragen der Rasse, der Freiheit, der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse, der Erziehung, der Stellung der Frau und dergleichen — kämen für eine geistige Betrachtung nicht in Frage. Heute liegt klar auf der Hand, daß wir alle menschlichen Beziehungen in den Bereich geistiger Wahrheit hineinstellen müssen, wenn wir zu einem harmonischen Gleichgewicht kommen wollen. Religiöse Einheit ist der Angelpunkt, um den herum die menschliche Gesellschaft angeordnet sein muß, der Fels von Granit, auf den ein dauerhafter Friede zu bauen ist.
Jahrhundertelang gab es zwischen Wissenschaft und Religion endlosen Streit, durch den das wichtigste Ziel der Religion, Eintracht und Einklang zu stiften, verletzt wurde. Bei allem materiellen Fortschritt besteht heute die Neigung, die Werte des Geistigen und des gegenseitigen Verstehens zu leugnen, alte Mauern zu verewigen und neue zu errichten und sie auf veralteten Anschauungen, Vorurteilen, Feindseligkeiten, Sprachunterschieden und Sektierertum immer unverrückbarer aufzubauen, obwohl erstaunliche Erfindungen alle natürlichen Schranken und Mauern zwischen den Völkern niedergerissen haben. Der Mensch ist von einem mechanischen Paradies umgeben, und doch hält er hartnäckig an dem fest, was er für das wichtigste Erbe seiner Geistestätigkeit ansieht.
Die Gefahr der Sektierer
Obenan auf die Liste der Hindernisse zur Einheit muß religiöses Sektierertum gesetzt werden, weil es zu den zerstörerischsten heute wirksamen Kräften gehört. Religiöses Sektierertum leitet sich von vergänglichen menschlichen Lehrsätzen, theologischen Spekulationen, Riten und Gebräuchen her; Sektierer konzentrieren ihre Gedanken auf diese Dinge und verlieren darüber die eigentlichen Wahrheiten aus den Augen, die der Begründer ihres Glaubens gelehrt hat. Auf diese Weise kommen sie zu der Ansicht, sie seien die Verfechter der einen wahren Religion, der Stifter ihres Glaubens sei den Begründern der anderen Religionen haushoch überlegen, letztere und ihre Anhänger seien minderwertig.
Wissenschaftlich und historisch gesehen, ist diese von Menschen bewohnte Erde Teil einer unermeßlichen Schöpfung, deren Ausmaß uns erst ganz allmählich bewußt zu werden beginnt. Je tiefer wir in den Kosmos mit seinen Millionen von Spiralnebeln eindringen, je weiter unser Wissen um Welten ohne Zahl fortschreitet, desto umfassender muß auch unser Gottesbegriff werden und uns zu einem neuen Bewußtsein für die Bestimmung, die Stellung und die Aufgabe des Menschen führen.
Wie könnte man da noch glauben, es gebe eine Vielzahl von Göttern,
die Menschheit sei ein Abfallprodukt des Zufalls, nicht aber Teil der
Schöpfung eines einzigen Gottes, dessen Lichtfülle sich in der
unbestreitbaren
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Wahrheit von der Einheit des Menschengeschlechts wiederspiegelt?
Welche Urkraft könnte hier am Werk sein, wenn nicht Gottes schöpferische
Macht? Dieser kleine Planet, auf dem wir leben, auf dem durch
göttlichen Willen Leben entstanden ist, ist von uns Menschen in Teile
zerlegt worden, nicht aber von Gott. Wann wird der Mensch endlich
einsehen, daß die Menschheit ein und demselben Lebensbaum entsprossen
ist, daß wir alle die Blätter eines Zweiges, die Tropfen
eines Meeres sind?
Eine der großen Gestalten der Geschichte, ein Mann, der sein Leben für die Sache der Einheit hingab, Abraham Lincoln, sagte in der Ansprache zu seiner zweiten Amtseinsetzung als Präsident der USA am 4. März 1865:
- „Beide (Nord- und Südstaaten) lesen die gleiche Bibel und beten zum selben Gott; jede Seite ruft Ihn gegen die andere um Hilfe an. Es mag befremden, daß es ein Mensch wagen kann, die Hilfe eines gerechten Gottes dafür zu erflehen, daß er den anderen das Brot wegreißt, das sie im Schweiße ihres Angesichts verdient haben... Die Gebete beider Seiten können nicht erhört werden... Der Allmächtige hat Seine eigene Absicht... “
Einheit ist der Grundton unserer Zeit: Einheit oder Selbstvernichtung. In diesem Zeitalter großer Erfindungen und Entdeckungen begrüßt man begeistert jeden wissenschaftlichen Fortschritt; man wetteifert darin, Dinge zu besitzen, die das eigene Prestige und soziale Ansehen heben sollen. Aber es gibt auch etwas wahrhaft Großes, größer als alle Entdeckungen des Menschen: die seit einhundert Jahren in alle Länder getragene Verkündigung, daß es nur einen Gott, eine Wahrheit, ein Volk gibt und daß das ganze Menschengeschlecht eine Familie ist, daß alle Menschen die Kinder desselben Schöpfers sind.
Tor zu einer neuen Weltkultur[Bearbeiten]
Dies ist die Botschaft des Begründers der Bahá’í-Religion. Es ist eine
Botschaft des Sieges und der Macht, des Lichtes, das in die Dunkelheit
des Irrtums und der Geheimniskrämerei strahlt. Bahá’u’lláh, die
„Herrlichkeit Gottes“, nahm für das Glück und das Wohlergehen der Menschheit
mehr als vier Jahrzehnte der Kerkerhaft, der Verbannung und der
Schmerzen auf sich. Seine Botschaft wendet sich nicht an irgendeinen Teil
der Menschheit, noch will sie eine bestimmte unter den bestehenden Religionen
erneuern. Bahá’u’lláh ist der Träger einer neuen Kultur von universalem
Rahmen und weltweiter Zielsetzung. Keine wetteifernden religiösen Systeme
soll es geben, sondern einen von allen Menschen angenommenen bewußten
Glauben und eine umfassende Weltordnung, die auf
der Übereinkunft aller Nationen beruht. Auf der ganzen Welt müssen
die Menschen erkennen, daß es einen Vater für alle gibt,
daß die Erde eine Heimat ist, daß alle Menschen Brüder sind
und daß wir unsere Herzen von allen religiösen und rassischen Vorurteilen
und Feindseligkeiten freimachen müssen. Bahá’u’lláh, der 1817 im fernen Persien
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geboren wurde, hat der Menschheit das Tor zur machtvollsten geistigen
Wiedergeburt, die sie zur höchsten und vollkommensten Form einer Weltkultur
führen wird, geöffnet.
Die Botschaft Bahá’u’lláhs hat von neuem das Feuer entzündet, das vor langer Zeit mit Jesus Christus aufgeflammt war: das Feuer der voraussetzungslosen Liebe zu Gott und zu den Menschen, einer Liebe, die das menschliche Leben umgestaltet und die sich in Taten, in opfervoller Hingabe ausdrückt. Nicht nur das Christentum hatte seine Märtyrer: Zehntausende von Anhängern der Bahá’í-Offenbarung wurden im Mittleren Osten auf so abscheuliche Weise hingeschlachtet, daß Ernest Renan, der berühmte französische Schriftsteller, in seinem Werk „Les Apôtres“ (1866) über die Geburt der neuen Offenbarung bemerkt: „Tausende von Märtyrern sind mit gelöster Heiterkeit in den Tod gegangen. Ein Tag, der vielleicht in der ganzen Weltgeschichte nicht seinesgleichen hat, war der des großen Gemetzels unter den Bábí in Teheran.“
Bahá’u’lláhs Offenbarung beruht auf einer geistigen Grundlage. Sein Wort unterscheidet sich von dem der Philosophen und Staatsmänner, weil es durch die Erfahrung eines geheiligten Lebens Gewicht erhält. Es ist faszinierend, das Panorama der letzten einhundert Jahre vor unserem geistigen Auge abrollen zu lassen und dabei die majestätische Gestalt Bahá’u’lláhs vor dem Hintergrund der chaotischen Verhältnisse unserer Welt zu sehen. Als der wahre göttliche Arzt hat Er ein geistiges Heilmittel gebracht, „die Unvermeidlichkeit menschlicher Solidarität“. Er hat das göttliche Gesetz an die erste Stelle gerückt, über den menschlichen Fortschrittsglauben. Der Bahá’í-Glaube lindert den Schmerz, das Elend und die Leiden, die durch die unvollkommenen menschlichen Beziehungen hervorgerufen werden; er hebt die Unberührbaren, die Unterdrückten, die Niedergetretenen und alle, die ihrer Rasse, ihres Glaubens oder ihres Volkstums wegen benachteiligt werden, auf eine neue, höhere Stufe menschlicher Würde empor.
Es mag Sie überraschen, meine Damen und Herren, daß fast alle gesellschaftlichen Reformen, die in unseren Tagen das Bild der Welt wandeln, von Bahá’u’lláh vor über einhundert Jahren formuliert wurden, und viele Grundsätze, die der Menschheit von heute Glück bringen — wenn auch noch lange nicht in weltweitem Rahmen — wurden damals zum erstenmal verkündet.
In Briefen und Botschaften an die Herrscher und Staatsoberhäupter Seiner Zeit stellte Bahá’u’lláh einige Grundwahrheiten und Prinzipien von fundamentaler Bedeutung auf; sie wurden verworfen, und dadurch ist der Weg des Fortschritts schwierig und dornenvoll geworden.
Er ruft die Menschen auf, die falschen Götter der Vergangenheit
aufzugeben, die Augen zu öffnen für einen neuen Schöpfungstag, ganzes
Vertrauen in Gott zu setzen, sich eine neue, umfassendere Auffassung
von der Liebe zu Gott zu eigen zu machen: Gott lieben heißt alle
Mitmenschen lieben, der ganzen Menschheit zu dienen, ihre Interessen den
eigenen vorzuziehen, sein Leben für ihr Glück zu opfern. So erhellt die
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Bedeutung des biblischen Verses: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen
machen, ein Bild, das uns gleich sei...“ (1. Mose 1, 26) in neuer Klarheit.
Die höchsten Hoffnungen der Menschheit kreisen um einfache Wahrheiten, die dem vorherrschenden Merkmal der Schöpfung entspringen, nämlich der Einheit. Sie ist eine geheimnisvolle Anziehungskraft, die Eintracht und Einklang in die Bereiche der Politik, der Freiheiten, der Rassenbeziehungen, der Religion, der Sprache und insbesondere bei weltweiten Unternehmungen herbeiführen wird.
Der Mensch ist ein Spiegel, der ein allumfassendes Weltgewissen widerstrahlt; im Menschen offenbart sich göttliche Einsicht, sie hebt ihn in die grenzenlose Welt des Geistes empor. Nicht durch die Anstrengungen einzelner Geistesgrößen oder Regierungen kommt die Einheit zustande. Sie wird durch die freie und weltweite Annahme dieses neuen, gottbezogenen Weltbilds Wirklichkeit werden; die Entfaltung dieses geordneten Planes wird es sein, die die Menschheit zu einem höheren Verständnis für den Sinn des Lebens und der Schöpfung führt.
Die Geschichte zeigt, wie der Mensch die Einheit auf verschiedenartigen Vorstellungen aufbauen wollte: Weltreiche sind entstanden und auseinandergebrochen, politische, militärische und diplomatische Bestrebungen sind zunichte geworden. Nötig ist eine neue Ausrichtung unseres Denkens und Fühlens: Wir müssen uns völlig auf die Hilfe des Göttlichen verlassen, um alle die Tugenden erwerben zu können, die jenen Zustand herbeiführen, den die Theologen Wiedergeburt nennen.
Verheißungen werden erfüllt
Bahá’u’lláh ist der letzte jener Spiegel der Liebe und Gnadengaben Gottes für den Menschen. Seit elf Jahrzehnten wirkt Seine Offenbarung auf diese Welt ein. Sie gibt uns einen umfassenden Plan, die Charta für eine vereinte Welt, in der der Fluch der von Menschen heraufbeschworenen, von Gott verbotenen gesellschaftlichen Kämpfe verschwunden und das Reich Gottes auf Erden vollständig und dauerhaft errichtet sein wird. So skeptisch wir auch an die Sache herangehen, werden wir doch bei einem Minimum an gutem Willen rasch zu der Überzeugung kommen, daß wir nicht in einer Zeit leben, in der neue Prophezeiungen wie die der großen biblischen Propheten gegeben werden, sondern in einem Zeitalter, in dem Verheißungen erfüllt und verwirklicht werden.
Christus kam nach Seinen eigenen Worten, um ein Königreich aufzurichten,
aber Seine Worte wurden mißverstanden, und Er wurde gekreuzigt. Bahá’u’lláh
ist in gleicher Weise gekommen, um die Herzen aller
Menschen zu erobern und das Reich Gottes in ihnen zu errichten. Auf der
ganzen Welt hat der Bahá’í-Glaube, vorangetrieben durch die Fülle einer
göttlichen Offenbarung, ohne die Unterstützung besonderer Talente oder
von Leuten mit Reichtum, Rang und Namen, eine beachtliche Entwicklung
genommen, Rassen, Völker und Bekenntnisse einander näher gebracht
und geistig vereint und damit bewiesen, daß jeder Mensch, wenn er nur
zu einer Wandlung im Herzen bereit ist, an einem Wunder der Liebe, der
Vereinigung und des Verstehens teilhaben und ein Weltbürgertum schaffen
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kann, das in der Fülle der Zeit den höchsten Grad verstandlicher,
sittlicher und geistiger Entwicklung herbeiführen wird.
Es gibt mehr als 20000 Orte in allen Ländern des Erdballs, in denen Bahá’í daran arbeiten, allen Unstimmigkeiten wie Feindschaft, Haß und Vorurteil aus ihrem Leben auszulöschen. Das bedeutet, sich freizumachen von den irrigen Überlieferungen der Vergangenheit, von falschen Vorstellungen und allen Formen des Aberglaubens, wahre Freiheit zu erlangen und das Licht Gottes in der Strahlenfülle Seiner jüngsten Offenbarung zu sehen. Diese Art von Freiheit kann nicht durch Gesetze erzwungen werden. Nur durch die Erziehung des Geistes werden Mann und Frau die höchste Stufe menschlicher Gesinnung erlangen und sich freiwillig der Zucht unterwerfen, die sie zu besseren Mitgliedern der menschlichen Gemeinschaft, zu vollkommenen Spiegeln göttlicher Tugenden macht. Gemeinsam erlebte Wahrheit wird, wie es in den Bahá’í-Gemeinden auf der ganzen Welt der Fall ist, in die Tiefen der Seele eindringen und sie erleuchten.
Diese Wahrheit führt den Menschen zu der ursprünglichen Reinheit religiöser Ideale, die es einer Bahá’í-Gemeinde möglich macht, eine vollkommene Gesellschaftsordnung musterhaft zu verwirklichen. Das ist ein wirklicher geistiger Sieg, weil auf diese Weise Spannungen in den menschlichen Beziehungen überwunden werden, die bei allen anderen Formen menschlicher Vereinigung Beweggründe für Streit und Gegensätzlichkeit abgeben.
Eine der schlimmsten Geißeln Indiens, des Subkontinents von mehreren hundert Millionen Einwohnern, des Landes von Gandhi und Nehru, ist das Kastenwesen. Kürzlich ist dort das Bahá’í-Dorf Chandrapura von der Landesregierung als „Musterdorf“ anerkannt worden, eine offizielle Auszeichnung für seine Organisation und seine soziale Fortschrittlichkeit.
Alle, die den Bahá’í-Glauben annehmen, sind in gleicher Weise der Herrschaft seiner Lehren unterstellt — Lehren, die in sich die wahren Lebensgrundsätze verkörpern und die höchsten Werte des Menschseins bestätigen, ohne daß es dazu für bestimmte Lebenslagen oder Umwelteinflüsse spezifischer Leitsätze bedürfte.
Dynamischer Optimismus
Seit Jahrtausenden haben die Theologen behauptet, der Mensch könne
erst nach seinem leiblichen Tode Frieden finden. Das hat dazu geführt,
daß die Welt von mühseligen und enttäuschten Seelen bevölkert zu sein
scheint, die auf eine Belohnung im Jenseits warten. Die Bahá’í-Lehren
geben uns einen Sinn für das Ewige, eine neue Lebensweise und eine
neue Auffassung vom Frieden: einen dynamischen Optimismus, der es
unmöglich macht, der Welt innerlich davonzulaufen. Nicht als Ende eines
Lebenskampfes soll uns der Friede werden; der Friede entsteht aus der
Achtung vor der Würde des Menschen auf allen Lebensgebieten, ohne
Rücksicht auf Rasse oder Bekenntnis, Rang oder Reichtum. Es ist
unvermeidlich, daß sich der moderne Mensch auf ein Weltbewußtsein ausrichtet,
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einen gemeinsamen Glauben, in dem alle Unterschiede beseitigt und
durch Verständnis und Liebe ersetzt sind.
Zwei große Geister unserer Zeit haben ganz ähnliche Ansichten zum Ausdruck gebracht. General Eisenhower sagte vor einigen Jahren, als er Präsident der Vereinigten Staaten war, ein dauerhafter Friede könne nur durch die Entdeckung der freien geistigen Hilfsquellen, durch die Neugeburt eines dynamischen Glaubens unter freien Menschen herbeigeführt werden. Und Arnold Toynbee, Professor in Oxford, erklärt in seinem Buch „Die Welt und der Westen“: „Wenn irgendeine Hoffnung besteht, dann muß ein neuer Glaube vom Westen her im Osten eingeführt werden.“
Nach den jüngsten Ereignissen scheint es, daß die Menschheit in einem ruderlosen Boot ohne Sinn und Ziel auf einem stürmischen, unbekannten Meer dahintreibt. Bahá’u’lláh hat vor über einhundert Jahren allen Menschen eine sichere Marschroute vorgezeichnet, indem Er verkündete, wie notwendig es sei, selbständig nach Wahrheit zu forschen, die Tatsache anzuerkennen, daß es nur eine Menschheit unter dem Schutz einer gütigen Vorsehung gibt, daß Religion zu weltweiter Eintracht führen und mit der Wissenschaft ausgesöhnt werden muß — die höchsten ethischen Grundsätze, die dem Menschen bei der Verwendung der mit Vernichtung drohenden Naturkräfte das richtige Maß und Ziel geben können — daß Erziehung umfassend und für beide Geschlechter gleich sein muß, und daß eine Welthilfssprache eingeführt werden muß, damit Mißverständnisse zwischen den Völkern leichter beseitigt werden können.
Der Heilige Geist soll zur höchsten Triebkraft des Lebens werden; ein System der Gerechtigkeit mit Arbeit für alle wird errichtet werden, und auf dem Gebiet zwischenstaatlicher Beziehungen wird ein Weltgerichtshof die Streitigkeiten schlichten, die zwischen den Nationen entstehen mögen. Es ist ein System, in welchem Einheit und Universalität, Geistiges und Praktisches, die Rechte des Menschen und die der Gesellschaft in vollkommener Weise ausgeglichen sein werden, nicht durch Kompromisse, Kämpfe und Revolutionen, sondern durch das Offenbarwerden wesenhafter Harmonie.
Eine unerschütterliche Grundlage
Eine höhere Kulturstufe kann sich nicht entwickeln, ohne daß Männer und Frauen gleiche Rechte und gleiche Chancen haben. Es war eine persische Frau, die heldenhafte Dichterin Táhirih aus Qazvin, welche 1846 die erste Bewegung für die Emanzipation der Frau ins Leben rief. Sie starb einen grausamen Opfertod, aber mit ihr begann ein neues Zeitalter für die Frauen der Welt: Die Ketten der Sklaverei und der Unterjochung der Frau waren zerbrochen, und der Aufstieg der Frauenwelt zu Freiheit und Selbstbestimmung war eingeleitet, eine neue Struktur der Familie als der Grundlage einer besseren menschlichen Gesellschaft war begründet.
Keine Religion der Vergangenheit bietet einen so klaren Plan für eine
Weltordnung wie die Offenbarung Bahá’u’lláhs, und es wäre gut für jeden,
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diesen Glauben, der die Massen vergeistigt und die Rassen, Klassen,
Bekenntnisse und Nationen vereinigt, gründlich zu studieren.
Ich bin zutiefst überzeugt, daß der Allmächtige Seine Offenbarung auf eine feste, unerschütterliche Grundlage gebaut hat. Menschliche Streitigkeiten und belanglose Theorien können ihre Grundmauern nicht untergraben und ihren Aufbau nicht schädigen. Bald wird der Tag kommen, da das göttliche Licht der Einheit alle Bereiche der Welt durchdringen wird und kein Mensch mehr die Augen davor verschließen kann.
Bereits heute werden diese Lehren von Millionen auf der ganzen Welt befolgt: von Menschen jeder Nationalität, Rasse, religiösen Herkunft und gesellschaftlichen Stellung, die überall den geistigen Werten des Friedens und der Brüderlichkeit Geltung verschaffen. Ihnen gemeinsam ist der feste Glaube an die letztliche, unausweichliche Einheit des ganzen Menschengeschlechts, an ein Weltgemeinwesen, das immer deutlichere Gestalt annimmt, und an die Begründung einer neuen Weltkultur.
Mit gutem Beispiel voran
Die Bahá’í-Gemeinschaft ging der Welt mit gutem Beispiel voran, indem sie Häuser der Andacht errichtete, die den Anhängern aller Glaubensrichtungen offenstehen, und dadurch die unabänderliche Wahrheit von der Einheit Gottes bekräftigte. Die Bahá’í-Gemeinschaft unterhält Schulen in den hoffnungslosesten Gegenden der Welt, in denen Armut, Überbevölkerung und Unwissenheit vorherrschen. Um zu sittlicher Reife heranzuwachsen, muß ein Mensch mit allen Arten von Leuten in wirklicher Einheit verkehren und zusammenarbeiten; die Bahá’í tun dies, weil sie im Geist der Hingabe an den einen Gott nach den Grundsätzen eines gemeinsamen Glaubens leben. Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen voneinander ist zum Bestandteil des modernen Lebens geworden; wir können kein persönliches Glück genießen, ohne daß unsere Mitmenschen einbezogen sind und Anteil daran haben.
Bahá’u’lláh sagt: „O ihr einander bekämpfenden Völker und Geschlechter der Erde! Wendet euer Angesicht der Einheit zu und laßt den Glanz ihres Lichtes auf euch scheinen. Versammelt euch und beschließt um der Sache Gottes willen, all das auszurotten, was die Quelle des Streites unter euch ist. Alsdann wird der Glanz der erhabenen Leuchte die ganze Erde umhüllen, und ihre Bewohner werden die Bürger einer Stadt werden und einen und denselben Sitz einnehmen... Die Völker der Welt, welcher Rasse oder Religion sie auch angehören mögen, leiten ihre Erkenntnis unzweifelhaft aus einer himmlischen Quelle her, und alle sind die Geschöpfe eines Gottes... Erhebt euch, ausgestattet mit der Kraft des Glaubens, und reißt die Götzen eurer eitlen Einbildungen, die Zwietracht unter euch säten, in Stücke. Haltet euch an das, was euch zusammenführt und einigt. Dies ist das erhabenste Wort, das das Mutterbuch auf euch herabgesandt und euch geoffenbart hat. Dies bezeugt die Zunge der Größe aus ihrer Wohnung der Herrlichkeit“ (Ährenlese CXI).
Einheit in Demut[Bearbeiten]
Ist die Grundlage der künftigen Kultur der Menschheit die Einheit der Völker, muß es für jeden einzelnen in der Welt von heute das vordringlichste Anliegen sein, die Mittel und Wege zu finden, die diese Einheit zustande bringen können — ein Anliegen, durch welches letztlich jedes menschliche Wesen zutiefst im Herzen und in der Seele geprüft wird.
Äußerlich werden die Menschen auf verschiedene Art zusammengeführt und vereinigt: durch Gesetze, die die Macht erzwingt, durch die natürlichen Bande der Rasse, der Geschichte und des Brauchtums, durch Wahlverwandtschaft nach Erziehung oder Geschmacksrichtung. Selbst Angehörige verschiedener Völker, Rassen und Kulturen sind manchmal eng miteinander verbunden, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen oder einer bestimmten geistigen Autorität in Ergebenheit zu dienen. Dies ist die Macht, die die Gläubigen der großen Religionen aneinander kettet.
Alle diese Mächte und Gewalten werden von Bahá’u’lláh hervorgerufen, um die Menschheit heute zu einen. Er verordnet einen Weltstaat, der alle Menschen unter einem Gesetz zusammenführt. Er begründet die Einheit der Rassen. Er fordert allumfassende Erziehung. Er führt gewisse Verhaltensnormen und tägliche Verrichtungen ein, die uns eine gemeinsame Lebensgrundlage geben. Und mit dem klaren Beweis, daß die Religionen der Welt aufeinanderfolgende Stufen einer und derselben Religion sind und heute in einer neuen Offenbarung gipfeln, vereinigt Er uns in dienender Ergebenheit gegenüber dem einen Gott und gibt uns ein gemeinsames Ziel. Aber selbst in einem allumfassenden Glauben können ernsthafte Streitigkeiten entstehen, wenn die Menschen nicht die schwierige Lektion der Liebe lernen. Liebe ist der Zement, den man zum Bau einer dauerhaften Gemeinschaft braucht, und ihr wesentlichster Bestandteil ist Demut.
In der Bahá’í-Verwaltungsordnung ist der Baugrund für diese von Liebe getragene Einheit, der Grund, auf dem sich die Kultur entfalten soll, das Neunzehntagefest; zugleich ist es das Modell einer vereinigten Welt. Menschen, die sich nach Rasse, Erziehung, Klasse und Kulturstufe weit voneinander unterscheiden, kommen hier zusammen, um Gott anzubeten, ihre gemeinsamen Vorhaben zu besprechen und sich gegenseitig lieben zu lernen. Selbst für jene, die sich nicht als Bahá’í bekennen, mag es nützlich sein, einen flüchtigen Blick auf diese charakteristische Bahá’í-Einrichtung zu werfen, sind doch ihre geistigen Grundsätze universell anwendbar.
In Seinen Anweisungen an die Bahá’í über die Durchführung des
Neunzehntagefestes legte 'Abdu'l-Bahá besonders großes Gewicht
auf das Prinzip der Demut. Er sagte, jeder, der zum Feste komme,
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müsse alle anderen als besser im Vergleich mit sich selbst ansehen.
Diese Haltung wäre jeder organisierten Gemeinschaft dienlich;
aber es ist sehr leicht, dabei unaufrichtig zu sein. Nehmen wir
an, Sie hätten außergewöhnliche Fähigkeiten und wüßten, daß Sie
sich ganz dem Dienst an der Menschheit hingeben. Sie schauen
umher und sehen eine ganze Menge Leute, die allem Anschein
nach recht wenig tun; da mag es Ihnen schwerfallen, sich aufrichtig
zu sagen, Sie seien geringer als jene. Aber was wissen wir in
Wirklichkeit über irgendeinen Mitmenschen — seine Standhaftigkeit,
seine geheimen Wohltaten an anderen, seine verborgenen Fähigkeiten,
unentwickelt geblieben aus Mangel an Gelegenheit, die Probleme seines
Lebens, seine künftigen Erfolge? Mag sein, daß er bereits sein Bestes tut.
Überlegen Sie, ob Sie Ihr Bestes tun, und prüfen Sie, ob Sie nicht
in der Tat der Geringste unter den Anwesenden sind, wenn Sie keine
Demut besitzen.
Aber nicht nur die aktiven, vorwärtsstürmenden Mitglieder einer Gemeinde müssen demütig sein, wenn sie zum Neuzehntagefest gehen. Wer wenig Talent besitzt, wer zum Beispiel nie gebeten wird, öffentlich zu sprechen oder auch nur laut vorzulesen, wer übergangen, vergessen wird, wenn dieses oder jenes getan werden muß — wenn solch ein Gläubiger verletzt oder nachtragend ist, dann braucht auch er Demut. Wenn er es erst einmal versteht, sich aufrichtigen Herzens zu sagen, daß alle anderen besser sind als er, wird er sich über die Gaben der anderen freuen und sie bis zu einem gewissen Grade selbst besitzen; denn in jeder Gemeinschaft gehören die Talente eines einzelnen allen, da sie ja Gaben Gottes sind. Jeder spricht mit der Stimme des anderen, der anderen Erfolge sind auch die seinen — wenn er die anderen liebt und unterstützt.
Aber Demut ist etwas viel Tieferes. Jeder Vergleich zwischen Einzelmenschen wird unwirklich, wenn wir unsere Gedanken zu Gott emporheben und uns bewußt machen, daß alles Erschaffene Sein Gepräge trägt und daß selbst Seine Manifestation in Demut davor kniet. Bahá’u’lláh, der die Gesegnete Vollkommenheit genannt wird, ruft aus: „Und wollte ich mich aufmachen, einem Deiner Knechte zu dienen, und ihm an seiner Türe aufwarten, solange Dein eigenes Reich währt und Deine Allmacht dauert, somit bezeugend, daß ich das Band anerkenne, das ihn an Deinen Namen ‚Schöpfer‘ bindet, so würde ich — Deine Herrlichkeit ist mein Zeuge — mein völliges Versagen, ihm in angemessener Weise zu dienen, bekennen müssen und meinen Mangel an allem, was seiner Stufe wirklich zukommt.“ („Gebete und Meditationen“ 179)
Wie klein ist unsere Demut angesichts dieser Demut, unsere Liebe in Anbetracht dieser Liebe! Könnten wir nur einen Schimmer davon einfangen, die Einheit unter den Menschen wäre für alle Zeit begründet.
- Garreta Busey
- —————
aus „World Order. The Bahá’í Magazine“, S. 47, Wilmette/Ill., USA., Mai 1946
Die Einheit der Geschichte[Bearbeiten]
Die materiellen Voraussetzungen sind alle geschaffen
Von der Frühgeschichte des Menschen wissen wir wenig. Wo stammt der Mensch her? Wie, wann und unter welchen Umständen begann er seine Wanderungen, in deren Verlauf er sich nach und nach über die ganze Erde ausbreitete? Warum haben sich Rassen herausgebildet? Hatte der Mensch ursprünglich eine einheitliche Sprache, oder haben sich gleichzeitig verschiedene Sprachen entwickelt? Es hat den Anschein, daß zehntausende, wenn nicht hunderttausende Jahre lang ausgeprägte menschliche Gemeinschaften existierten, deren jede von den anderen aber fast völlig isoliert lebte. Die Geschichte zeigte noch keine Einheit.
Selbst in jüngerer Zeit, nach der Erfindung der Schrift, können wir noch nicht von einer Einheit der Geschichte sprechen. Das klassische Griechenland hatte keinen Kontakt mit Japan, die großen indianischen Kulturen in Amerika entwickelten sich unabhängig von Rom, Persien oder China. Sogar die meisten Hochreligionen der Menschheit gingen ihre eigenen Wege; nur selten wirkten sie aufeinander ein oder beeinflußten sich gegenseitig.
Wanderungen, Handelsverkehr und Eroberungen waren die drei wichtigsten Wege weiträumigen Austauschs, aber nie ist dabei eine internationale Gemeinschaft von eigener geschichtlicher Prägung entstanden. Die größten Einheiten, bei deren Teilen wir eine gemeinsame geschichtliche Entwicklung erkennen können, waren die antiken Weltreiche: Persien, China, Rom. Obwohl das Christentum sich weiter ausbreitete als jede frühere Religion, hat es doch niemals eine reale Einheit geschaffen, wiewohl es eine theoretische Einheit geltend machte, die auf den Ansichten über die Einmaligkeit Jesu und die zentrale Bedeutung der Fleischwerdung für die ganze Geschichte beruhte. Die christlichen Denker faßten die Geschichte als einen einzigen, linearen Prozeß auf. Die Menschheit stammte von Adam ab und wurde durch Christus erlöst. Diese Theorie war zwar potentiell umfassend angelegt, schloß aber alle Nichtjuden und Nichtchristen von der Geschichte, wenn nicht gar von der Menschheit aus, soweit sie nicht die Entfaltung dieses Dramas der Erlösung förderten oder behinderten.
Die Einheit, die der Islam errichtete, war vorübergehend und bei weitem
nicht allumfassend. Wenngleich durch mancherlei Bande aneinandergeknüpft,
hatten die islamischen Völker keine zusammenhängende, gemeinsame
Geschichte, gehörten doch z. B. die ottomanischen Türken weit
eher in die Welt der Österreicher, Spanier, Venezianer und Russen als in
diejenige von Java oder Mindanao. Wie ihre christlichen Kollegen, faßten
aber die muslimischen Historiker die Geschichte als einen geradlinigen
Prozeß auf, der sich von der Erschaffung der Welt bis zum Tag des Gerichts
erstreckt; durch das Erscheinen der Propheten Gottes — Noah,
[Seite 625]
Abraham, Moses, Jesus, Muhammad — wird dieser Prozeß in Abschnitte
zerlegt; die Anhänger dieser Propheten hatten als „Buchbesitzer“ ein
gemeinsames Menschentum. Hindus, Buddhisten und Zoroastrer standen
außerhalb.
In jüngster Zeit vereinigten das spanische, das britische und das russische Weltreich für kurze Zeit gewisse Teile der Menschheit unter ihrer Herrschaft. Dennoch hat sich daraus keine gemeinsame Geschichte ergeben, nicht einmal innerhalb dieser Weltreiche selbst.
Die Einheit der Geschichte kann nur das Ergebnis der politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Vereinigung der Menschheit sein. Die unabdingbaren materiellen Voraussetzungen für diese Vereinigung sind durch die großen geographischen Entdeckungen des 15. und 16. Jahrhunderts, den wissenschaftlichen Umbruch des 17. Jahrhunderts (eine Revolution, die noch immer an Schwungkraft zunimmt), das enorme Wachstum der Weltbevölkerung seit dem 18. Jahrhundert und die technische Explosion des 19. und 20. Jahrhunderts geschaffen worden.
Als Bahá’u’lláh vor einhundert Jahren erklärte, diese Welt sei ein Vaterland, stellte Er damals ein noch unsichtbares Geschehen dar, das gerade erst Gestalt anzunehmen begann. Wie es schon bisher unmöglich war, innerhalb engerer Kulturbereiche die Geschichte eines bestimmten Volkes isoliert zu begreifen (was könnte man z. B. mit der Geschichte Englands anfangen, wenn man nichts über Frankreich wüßte?), so ist es jetzt vollends undenkbar geworden, aus der isolierten Betrachtung irgendeiner Nationalgeschichte einen Sinn zu gewinnen. Zu wessen Geschichte gehört Marx? Und Woodrow Wilson, Einstein, Freud, Tolstoi, Gandhi oder selbst Hitler? Waren der Zusammenbruch von Wall Street 1929 und die folgende Wirtschaftsdepression eine rein amerikanische Erscheinung? Wie kann sich irgendein nationaler Historiker mit den beiden Weltkriegen, mit der Ausbreitung von einem Dutzend internationaler Bewegungen oder mit der fehlerbehafteten und doch unentbehrlichen Organisation der Vereinten Nationen befassen?
Die Menschheit ist sich ihrer Einheit noch nicht voll bewußt. Sie hat ihre eigene Seele noch nicht entdeckt. Aber ein Kind wächst lange, bis ihm sein Ich bewußt wird. Auch wenn der Kopf des heutigen Menschen vollgepfropft ist mit den Bruchstücken partikularistischer Auffassungen wie Rassismus, Nationalismus oder Kommunismus, wird er doch unerbittlich zu einer immer engeren Einheit geführt. Die Entfesselung der Kernenergie vor 20 Jahren hat ihm keine andere Wahl gelassen als Einheit oder Selbstvernichtung.
Die Angst wird wahrscheinlich der wichtigste Antrieb für irgendeine
Form internationaler Verständigung sein und den „Geringeren Frieden“
herbeiführen. Die Erkenntnis des Willens Gottes, wie er durch Bahá’u’lláh
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geoffenbart wurde, den ersten Gottgesandten, der sich an die ganze
Menschheit wendet und mit Entschiedenheit ihre Einheit verkündet — diese
Erkenntnis, gepaart mit Liebe, Glaube und Vernunft, wird nach und
nach den „Geringeren“ in den „Größten Frieden“ verwandeln. Die Menschheit
wird sich ein formales Gefüge schaffen: eine Weltregierung, einen
Weltgerichtshof, ein einheitliches Währungssystem, eine Welthilfssprache;
aber die Einswerdung ihrer Geschichte hat bereits begonnen. Wenn in
zweihundert Jahren ein Historiker nach einem Datum sucht, zu dem er
seine Geschichte der Vereinigung der Menschheit beginnen läßt, dann
mag seine Wahl sehr wohl auf das Jahr 1844 fallen, mit dem die
Zeitrechnung der Bahá’í beginnt.
- Firuz Kazemzadeh
- —————
Dr. Firuz Kazemzadeh, dem wir diesen Beitrag verdanken, ist außerordentlicher Professor für Geschichte an der Yale University in New Haven, Connecticut, USA, und Verfasser zahlreicher Bücher und Aufsätze, darunter „Der Kampf um Transkaukasien 1917 — 1921“. Er ist Mitglied des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í der USA.
- D. Red.
„Der Charakter ist das wahre Merkmal"[Bearbeiten]
Über die Verständigung zwischen den Rassen
Beim Definieren läuft man leicht Gefahr, von den einen verstanden, von den anderen falsch ausgelegt zu werden. Da ist es gut, wenn wir uns einen begrifflichen Rahmen für ein Wort schaffen, das im Mittelpunkt unserer Untersuchung stehen soll: Gerechtigkeit. Ein Nachschlagwerk umschreibt Gerechtigkeit als den Gehorsam gegenüber dem geltenden Gesetz. Ein anderes sagt, Gerechtigkeit bedeutet Fairness. Ein früherer leitender Beamter im amerikanischen Friedenskorps, der lange Jahre in Nigerien tätig war, legte kürzlich Gerechtigkeit als die Erfüllung der angemessenen menschlichen Erwartungen aus, und Präsident Lyndon B. Johnson wies im Juni 1965 bei einer College-Schlußfeier in Washington auf die Tatsache hin, daß sich die Vereinigten Staaten als Nation von Anbeginn an den höchsten Hoffnungen und Träumen der Gerechtigkeit verschrieben hätten. Alle sollten an der Ernte teilhaben, jeder sollte bekommen, so viel ihm seine Talente einbrächten: Dies wäre das Ideal.
Meiner Überzeugung nach ist die Gerechtigkeit eine zeitlose Tugend, die
keine geographischen Grenzen kennt und deren Bedeutung im Gleichschritt
mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zunimmt. In
unserem 20. Jahrhundert müssen Gerechtigkeit und Fairness bis in die
hintersten Winkel der Erde in gleichmäßiger Fülle ausgebreitet und auf
alle Rassen, Bekenntnisse und Klassen ohne Rücksicht auf Geburtsrechte,
Volkszugehörigkeit, Kulturstufe oder Bildungsniveau ausgedehnt werden.
Seit Jahrtausenden ist Gerechtigkeit eine der Auswirkungen des uralten
Gebots: „Benehme dich anderen gegenüber, wie du wünschest, daß sie sich
dir gegenüber benehmen.“ Im späten 19. Jahrhundert rückte Bahá’u’lláh,
der Begründer der Bahá’í-Religion, die ewige Bedeutung der Gerechtigkeit
als Schlüssel zur Welteinheit, zu weltweiter Brüderlichkeit und
zur Begründung einer umfassenden Weltkultur in den Mittelpunkt
Seiner Lehren: „Gerechtigkeit ist in Meinen Augen das Kostbarste; wende
dich nicht von ihr ab, wenn du nach Mir verlangst...“
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Nach der Überzeugung der Bahá’í ist es eine Folge dieser göttlich inspirierten Verkündigung, daß die Bevölkerungsmassen der dunklen Rassen auf der ganzen Welt in einem rückhaltlosen Aufbruch stehen, als dessen Ziel sich die Errichtung gerechter Maßstäbe in ihrer Gesellschaftsordnung abzeichnet. Die Bahá’í wissen um die Dynamik des Entwicklungsprozesses, der die Menschenwelt gegenwärtig erschüttert. Sie sprechen von dem göttlichen Mandat, das zu Zeiten durch das Wort des Offenbarers die Welt der Schöpfung durchdringt, sei sein Name nun Moses, Buddha, Jesus, Muhammad oder an diesem neuen Tag Gottes Bahá’u’lláh. Diese überragenden Geistesfürsten legen den Kurs fest; sie hissen das Banner, schaffen das Verhaltensmuster, setzen die Maßstäbe, denen die künftige Gesellschaft folgen muß. Magnetisch von ihrer Macht angezogen, folgen manche Menschen unbewußt den neuen Idealen und gewinnen daraus Auftrieb. Andere suchen eine Erklärung für das Chaos ihrer Zeit, erwidern den Ruf des neuen Propheten Gottes und stellen sich unter Seinen Schutz.
Die Geschichte zeigt, wie in Zeiten der Hoffnungslosigkeit und des Niedergangs die Mühseligen und Beladenen, die in Verwirrung Gestürzten und schließlich die fehlgeleiteten Massen sich die neue Aussicht auf Erlösung zu eigen machten, überholte Losungen und Glaubenssätze über Bord warfen und sich das Gewand des Glaubens an die neue Offenbarung anlegten. So haben sich auch Menschen unserer Zeit auf die weltanschauliche und geistige Herausforderung eingestellt, die sich aus dem raschen Fortschritt des 20. Jahrhunderts zu einer höheren Entwicklungsstufe ergibt. Sie sehen eine menschliche Rasse in dieser Welt, eine Familie unter der Obhut des einen Gottes. Sie nennen sich Bahá’í.
Bahá’u’lláh hat mit aller Deutlichkeit dargelegt, wie notwendig die Errichtung einer neuen Weltordnung ist, deren Wesensmerkmal Gerechtigkeit für alle und deren Grundlage die Einheit ist. Im Mittelpunkt des Bahá’í-Planes steht die Vereinigung aller Völker der Welt unter dem Banner eines Weltglaubens.
- „Alle Völker sollen eins im Glauben und alle Menschen wie Brüder werden; die Bande der Liebe und Einheit zwischen den Menschenkindern müssen gefestigt werden. Die Verschiedenheit in der Religion muß ein Ende haben, die Rassenunterschiede müssen beseitigt werden... Diese Kämpfe und Streitigkeiten, dieses Blutvergießen müssen aufhören und alle Menschen wie ein Geschlecht und wie eine Familie sein. (Bahá’u’lláhs Gespräch mit Professor Browne)
Die Bahá’í-Lehre von der Einheit der Menschheit greift eine der
schlimmsten Ursachen für Streitigkeiten, das Rassenvorurteil, an der
Wurzel an. Gewisse Rassen haben sich anderen überlegen gedünkt und es als
selbstverständlich betrachtet, daß ihnen diese Überlegenheit nach dem
Grundsatz des Kampfes ums Dasein das Recht einräume, die schwächeren
Rassen für ihre eigenen Zwecke auszubeuten oder gar auszurotten. Nach
den Bahá’í-Lehren sind die Menschen aller Rassen in den Augen Gottes
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von gleichem Wert. Allen sind wunderbare Fähigkeiten angeboren, die
nur der Entwicklung durch angemessene Erziehung bedürfen; alle können
eine Rolle spielen, die die Menschheit nicht ärmer, sondern reicher macht
und das Leben aller anderen Glieder am Körper der Menschheit ergänzt.
‘Abdu’l-Bahá sagt:
- „Was das Rassenvorurteil angeht: Es ist eine Einbildung, schlicht und klar gesagt ein Aberglaube; denn Gott hat uns alle aus einer Rasse erschaffen... Am Anfang gab es auch keine Grenzen und Schranken zwischen den verschiedenen Ländern; kein Teil der Welt gehörte irgendeinem Volk mehr als den anderen. In den Augen Gottes gibt es keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Rassen. Warum sollte der Mensch ein derartiges Vorurteil erfinden? ...Die höheren Menschen sind diejenigen, die die Menschheit lieben, welcher Farbe, Nation und Religion sie auch angehören.“ (Writings of ‘Abdu’l-Bahá)
Vor mehr als einhundert Jahren verkündete Bahá’u’lláh den Grundsatz der Einheit der Menschheit. Seinen Schriften entnehmen wir:
- „Schließt eure Augen vor Rassenunterschieden und heißt alle mit dem Licht der Einheit willkommen... Ihr seid die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges... So mächtig ist das Licht der Einheit, daß es die ganze Erde erleuchten kann... Die Erde ist nur ein Land, und alle Menschen sind ihre Bürger.“
Der Bahá’í-Glaube wendet sich gegen alle Formen von Vorurteil. Wenn wir über die Verwüstung, das Unglück, den Kampf und das Blutvergießen nachdenken, die durch Vorurteile aller Art in der Menschheit bewirkt worden sind, müssen wir uns wundern, daß diese Vorurteile so überhandnehmen konnten, ohne daß wir ein Gegenmittel entwickelt und eingesetzt hätten. Es gibt ja nicht nur die Vorurteile zwischen den Rassen, sondern auch innerhalb der Rassen: das Vorurteil mancher Weißer gegen andere Typen von Weißen, beruhend auf Unterschieden in der Herkunft, der Sprache, der Klasse, des wirtschaftlichen Standards oder der Religion, aber auch das Vorurteil mancher Neger gegen andere Neger, das die gleichen Gründe hat, dazuhin jedoch die Besonderheit, daß manche hellhäutigen Neger auf die dunkleren herunterschauen und umgekehrt. 'Abdu'l-Bahá erläutert, wie es zu all diesen Illusionen gekommen ist:
- „Der Streit zwischen Völkern, Rassen und einzelnen Menschen kommt vom Mißverständnis... Wenn in einer Familie Liebe und Eintracht herrschen, wird diese Familie Fortschritte machen, durchgeistigt und erleuchtet werden; aber wenn in dieser Familie Haß und Feindschaft herrschen, sind Zerstörung und Trennung unausbleiblich.“
Verantwortungsbewußte Männer und Frauen werden sich immer klarer
darüber, wie belanglos die Unterschiede zwischen den Menschen sind;
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diese Besonderheiten sind nur äußerlich und gehen nicht unter die Haut.
„Es ist auf die klimatischen Bedingungen der Lebensgebiete zurückzuführen,
daß sich im Laufe von Zeitaltern in der Hautfarbe Unterschiede
herausgebildet haben. Durch die Intensität der Sonneneinstrahlung hat sich
in den Tropen im Lauf der Jahrtausende die schwarze Rasse entwickelt.
In der gemäßigten Zone traten die gelbe, die braune und die rote Rasse
ins Dasein. Obwohl andere Menschen aus noch nördlicheren Gegenden die
weiße Farbe aufweisen, ist darin doch eine Mischung von allen sieben
Farben verborgen. Deshalb haben weiß und schwarz keine Bedeutung;
vielmehr richtet sich die Skala der Unterscheidung nach der Seele, nach
dem Herzen... Vortrefflichkeiten hängen nicht von der Farbe ab. Der
Charakter ist das wahre Unterscheidungsmerkmal in der Menschenwelt.“
'Abdu'l-Bahá ermahnt uns wie folgt:
- “Laßt uns bei der Vielfalt auf die Schönheit schauen, die Schönheit der Harmonie, und laßt uns von der Schöpfung im Pflanzenreich lernen. Wenn ihr einen Garten sehen würdet, in dem alle Pflanzen nach Form, Farbe und Duft gleich wären, fändet ihr ihn alles andere als schön, sondern eintönig und langweilig... Es ist der Gegensatz der Farben, der für Scharm und Schönheit sorgt. Deshalb sollte die Verschiedenheit in der menschlichen Familie zu Liebe und Einklang führen, wie in der Musik, wo sich viele verschiedene Töne mischen und einen vollkommenen Akkord ergeben.“
In Mexiko gibt es einen praktischen Realisten, der den Nordamerikanern zeigt, wie sie, wenn sie an den Grundsatz der Demokratie und der Gleichheit glauben, den Unterschied zwischen Theorie und Praxis ausgleichen können. Luis Quintanilla empfiehlt in seinem Buch „Ein Lateinamerikaner spricht“ (Mexiko 1943), den Panamerikanismus weiterzuentwickeln, und regt an, die Amerikaner mögen sich den französischen Begriff der Fraternité zu eigen machen:
- „Gleichheit reicht nicht aus. Brüderlichkeit bedeutet mehr als Gleichheit. Gleichheit ist ein Begriff, etwas Objektives; sie bedeutet eine äußerliche Beziehung zwischen abgesonderten, isolierten Einzelmenschen. Brüderlichkeit ist ein Gefühl, etwas Subjektives, das dennoch allen gemeinsam ist. Gleichheit kommt von außen, Brüderlichkeit von innen. Gleichgestellte bleiben sich gegenseitig gleichgültig; Brüder können das nicht. Brüderlichkeit bedeutet, daß sich alle Menschen ohne Rücksicht auf Fähigkeiten, Macht, Rasse oder Geschlecht nicht nur als gleichgestellt betrachten, sondern auch gleich empfinden; daß sie zu ihren Nachbarn gehören wie diese zu ihnen. Gleichheit verleiht den Bürgern Würde und erheischt von ihnen Achtung voreinander. Brüderlichkeit fügt eine gewisse Wärme hinzu, weil sie aus der Liebe kommt. Sie ist der moralische, christliche Hintergrund der Demokratie.“
‘Abdu’l-Bahá betonte die Notwendigkeit einer positiven Anwendung des
Grundsatzes der Einheit der Menschheit, der praktischen Anerkennung
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dieser wesentlichen Wahrheit, dieser vollkommenen Verbindung, welche
die Menschen auf der Grundlage einer erweiterten Bedeutung des Begriffs
der Solidarität zusammenführt. Er sprach dies vor einer Gruppe
von Gläubigen am 10. Januar 1913 in London aus:
- „Der Grundsatz der menschlichen Solidarität ist in den Lehren Bahá’u’lláhs in hohem Maße entwickelt. Menschliche Solidarität ist mehr als Gleichheit. Gleichheit bewerkstelligt man mehr oder weniger durch Gewalt oder Gesetzgebung, aber menschliche Solidarität wird durch den Einsatz des freien Willens verwirklicht. Die Idee der menschlichen Solidarität, gegründet auf gegenseitiges Helfen und Verstehen, wird die Menschenwelt zu Frieden und Behagen führen, wird sie aufklären und erleuchten und das Werkzeug für die Wohlfahrt und den Ruhm dieser Welt sein.“
José Rubén Romero, ein mexikanischer Erzähler des modernen Realismus, bietet ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit, eine religiöse Gesellschaftslehre in die praktische Tat zu übertragen:
- „Meine Religion ist meine Gesellschaftstheorie... Teile deinen Mantel mit dem, der keinen hat.“
Die Bahá’í glauben, daß heute ein neues Zeitalter menschlicher Macht beginnt. „Es ist die Stunde der Einheit der Menschenkinder, in der alle Rassen und alle Klassen zusammengeführt werden.“ Nach den Bahá’í-Lehren ist in der gesellschaftlichen Entwicklung des Menschen nunmehr die Zeit gekommen, in der wir uns von den überkommenen abergläubischen Vorstellungen freimachen müssen, welche die Menschen in Unwissenheit, Abgeschlossenheit, Feindseligkeit und Mißtrauen verkümmern ließen. Solche veralteten und überlebten Bewußtseinszustände und Lebensverhältnisse müssen in diesem neuen Zeitalter durch die ungeteilte, auf Verständnis gegründete Anerkennung des Bahá’í-Grundsatzes von der Einheit der Menschheit ersetzt werden; denn dieser Grundsatz ist der Angelpunkt aller geistigen Lehren für den modernen Menschen. Heute gibt es Bahá’í-Gemeinden auf allen Kontinenten; ihre Mitglieder haben die verschiedenartigste rassische und religiöse Herkunft. Trotz allen vorübergehenden und permanenten internationalen Krisenzuständen beweisen diese Gemeinden, daß eine religiös und sozial ausgerichtete Gemeinschaft zwischen verschiedenartigen, aber gleichgesinnten Menschen aufgrund dieses Bewußtseins der Solidarität aus einem Querschnitt durch die ganze menschliche Rasse gebildet werden kann und daß sie Bestand hat.
Eine Weltreligion, die zeitgemäß, durchführbar und ebenso vernunftsgemäß
wie auf Inspirationen und Ideale gerichtet sein muß, sollte Antworten
für die Probleme der heutigen Menschheit bieten und für einen
beständigen sozialen Fortschritt sorgen. Sie muß die Kluft zwischen
Idealismus und Realismus überbrücken. Die vielen Anhänger des Glaubens
Bahá’u’lláhs, dessen höchste Bestimmung es ist, jene organisch-geistige
Einheit der ganzen Menschheit herbeizuführen, sollten sich, wenn sie der
tieferen Bedeutung dieses Glaubens treu bleiben wollen, als die Früchte
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einer neuen Schöpfung betrachten, die in jeder Stadt die Lehren und
Ideale Bahá’u’lláhs in die Herzen pflanzen sollen. Wenn sie sich in
allen Lebenslagen den Grundsatz der Einheit der Menschheit vor Augen halten,
tun sie es mit den Worten und der Weisheit des Begründers ihres Glaubens
und rufen alle Völker und Nationen, jedes Bekenntnisses und jeder
Farbe, auf, sich mit ihnen zu vereinen in der Erkenntnis, daß wir heute
Augenzeugen des Entstehens einer Weltgemeinschaft, eines Weltbewußtseins,
eines Weltbürgertums sind und daß eine neue Weltkultur begründet worden
ist. „Die Offenbarung Bahá’u’lláhs kündet durch ihr Kommen
das Zeitalter des gesamten Menschengeschlechts an.“
- Sarah Martin Pereira
- —————
Frau Dr. Sarah Martin Pereira, der wir diesen Aufsatz verdanken, lebt als Pädagogin in Washington, D. C. Sie ist von farbiger Abstammung, war lange Jahre als Reiselehrerin für den Bahá’í-Glauben tätig und gehört dem Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í der USA an.
- D. Red.
Die vier Arten der Liebe[Bearbeiten]
Ansprache ’Abdu’l-Bahás in London*)
Was für eine Macht ist doch die Liebe! Sie ist die wunderbarste, die
größte aller Lebenskräfte.
Die Liebe gibt dem Leblosen das Leben; sie entzündet eine Flamme in erkalteten Herzen. Die Liebe gibt dem Hoffnungslosen Hoffnung und macht leidgeprüfte Herzen froh.
In der Welt des Seins gibt es wahrlich keine größere Macht als die der Liebe. Wenn des Menschen Herz im Feuer der Liebe erglüht, ist er bereit, alles zu opfern, sogar sein Leben. Im Evangelium wird gesagt, daß Gott die Liebe ist.
Es gibt vier Arten der Liebe. Die erste ist die Liebe, die von Gott zum Menschen strömt. Sie besteht in Seinen unerschöpflichen Gunstbeweisen, in der göttlichen Ausstrahlung und in himmlischer Erleuchtung. Durch diese Liebe erhält die Welt des Seins Leben. Durch sie empfängt der Mensch die Gabe des körperlichen Seins, bis er durch den Odem des Heiligen Geistes — dieselbe Liebe — ewiges Leben erlangt und das Ebenbild Gottes des Lebendigen wird. Diese Liebe ist der Ursprung aller Liebe in der Welt der Schöpfung.
Die zweite Art der Liebe strömt vom Menschen zu Gott. Dies ist Glaube,
Hingezogensein zum Göttlichen, Entflammtsein, Fortschritt, Eintritt in das
Reich Gottes. So empfängt man Gottes Güte und die Erleuchtung vom
[Seite 632]
Lichte des Königreichs. Diese Liebe ist der Urgrund aller Liebe zur
Menschheit. Sie läßt die Sonnenstrahlen der Wahrheit in den Herzen der
Menschen aufleuchten.
Die dritte Art ist die Liebe Gottes zu Gott oder zur Einigkeit Gottes. Das ist das Übergehen Seiner Schönheit in die Schöpfung, das Widerstrahlen Seiner Selbst im Spiegel aller Kreatur. Das ist die Wirklichkeit der Liebe. Auf einem Strahl dieser Liebe gründet sich jede andere.
Die vierte Art ist die Liebe von Mensch zu Mensch. Die Liebe, die zwischen den Herzen der Gläubigen besteht, geht aus dem Ideal der geistigen Einheit hervor. Diese Liebe wird durch das Wissen um Gott erreicht, so daß man erkennt, wie die göttliche Liebe im Herzen aufleuchtet. Jeder sieht in der Seele des anderen einen Spiegel der Schönheit Gottes. Und hat er diesen Grad der Ähnlichkeit entdeckt, fühlt er sich in Liebe zum anderen hingezogen. Diese Liebe wird alle Menschen zu Wogen eines Meeres, zu Sternen eines Firmamentes und zu Früchten eines Baumes machen. Diese Liebe wird wahre Übereinstimmung ermöglichen und den Grundstein zu echter Einigkeit legen.
Aber die Anziehung, die zuweilen Freunde verbindet, ist keine (echte) Liebe, da sie zur Vergänglichkeit verurteilt ist. Sie ist nur ein Strohfeuer. In einem leichten Wind geben die dünneren Bäume nach. Der Ostwind beugt den Baum nach Westen, und dreht der Wind nach Westen, neigt sich der Baum nach Osten. Diese Art der Liebe gründet sich auf zufällige Gegebenheiten des Lebens. Das ist keine Liebe, sondern lediglich eine Bekanntschaft, die dem Wechsel unterworfen ist.
Heute kann man zwei Seelen in scheinbar enger Freundschaft sehen, morgen kann sich dies alles geändert haben. Gestern noch waren sie bereit, füreinander zu sterben, heute meidet einer die Gesellschaft des andern. Das ist keine Liebe, das ist Hingabe des Herzens an die Zufälle des Lebens. Wenn das Moment, welches die Liebe hervorgerufen hat, verschwindet, geht die Liebe ebenfalls hinweg; sie kann also nicht echt sein.
Die Liebe zeigt sich nur in den vier Erscheinungsformen, die ich soeben erklärt habe: a) die Liebe Gottes gegenüber der Identität Gottes — Christus hat gesagt: „Gott ist die Liebe.“ b) die Liebe Gottes zu Seinen Kindern — zu Seinen Dienern, c) die Liebe des Menschen zu Gott sowie d) die Liebe der Menschen untereinander. Diese vier Arten haben ihren Ursprung in Gott. Sie sind die Sonnenstrahlen der Wahrheit, der Odem des Heiligen Geistes, die Zeichen der Wirklichkeit.
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*) Übersetzung aus dem Englischen:
Paris Talks 9th edition /Baha’i Publishing Trust, BM/BAHA’I, London W. C. I Seite 179-181.
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- Das aber ist das Gericht, daß das Licht in die Welt kommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr denn das Licht; denn ihre Werke waren böse...
- Johannes 3, 19
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NEU AUF UNSEREM Büchertisch[Bearbeiten]
Bahá’u’lláh: „Brief an den Sohn des Wolfes“, Frankfurt/Main 1966, 178 Seiten, Leinen 10,50 DM.
Dies ist das letzte größere Sendschreiben Bahá’u’lláhs, das letzte, bevor Er uns verließ — bevor das geschah, wovon der Báb sagte, „aller Schmerz ist nur ein Schatten jenes Schmerzes“ 1). Es ist das letzte von den hundert Büchern, die Er offenbarte.
Der Brief ist an einen Geistlichen in Isfáhán gerichtet, der „Sohn des Wolfes“ genannt wird. Sein Vater, der „Wolf“, hatte das Urteil gesprochen, das die „Zwillingsleuchten“, den „König der Märtyrer“ und den „Geliebten der Märtyrer“, in den Tod schickte2). Der Sohn, Agá Najafí, beging eine unverzeihliche Sünde: Er brach das Bündnis und lästerte über den Heiligen Geist (S. 22, 24, 82), das heißt, er haßte nicht die Lampe, nicht den Propheten Gottes als Individuum — aus Unwissenheit oder weil er Ihn nicht erkannte —, sondern das Licht selbst, die Vollkommenheiten Gottes, die der Prophet widerspiegelt; er haßte das Licht in der Lampe, und „gegen diese Ablehnung des Lichtes gibt es kein Mittel...“ 3).
Dieser Geistliche war demnach der hoffnungsloseste aller Sünder. Seine Bosheit drückte sich auf vielerlei Art aus: So traten er und seine Schüler in Isfáhán auf dem Leichnam eines Märtyrers, des Mírzá Ashraf, herum. (Das ist nicht der Ashraf, von dem in der „Ährenlese“ gesprochen wird 4), Siyyid Ashraf, der in Zanján geköpft wurde).
Und trotzdem beginnt Bahá’u’lláh dieses Sendschreiben mit einem Gebet der Reue, das Aqá Najafí lesen soll. Er bietet diesem Bündnisbrecher Vergebung an, genau so, wie Er in Seinem Heiligsten Buch Mírzá Yahyá, Seinem verräterischen Halbbruder, der Ihm nach dem Leben trachtete, Verzeihung anbot). Diese Angebote sind ein Beweis des „Badá“, des Prinzips der freien Wirksamkeit des Willens Gottes. Gott tut, was Er will, und niemand darf darüber mit Ihm rechten. Hier zeigt sich, wie falsch die Ansicht einer großen Gruppe von Menschen ist, die glaubt, daß alles rein mechanisch vor sich geht, daß dieses Ausmaß an Sünde jenes Ausmaß an Bestrafung mit sich bringt und so viel Gutes so viel Belohnung einträgt. Für sie ist Gott eine blinde Macht, die mechanisch funktioniert, etwa wie die Stromschiene in der U-Bahn. Sie würden es aber sehr übelnehmen, wenn man sie selbst mechanistisch nennen würde. (Der Báb entwickelt dieses Prinzip des „Badá“ im Persischen Bayán ausführlich 6).
„O mein Gott, Du siehst mich wie tot vor dem Tore Deiner Gunst niederfallen; ich schäme mich, um das Lebenswasser Deiner Vergebung aus der Hand Deiner Güte zu bitten“ (S.23). „Du hast verfügt, daß jede Kanzel Deiner Verkündigung... geweiht sei; ich aber habe sie bestiegen, um den Bruch Deines Bündnisses zu predigen...“ (S. 24).
Immer wieder wird Aqá Najafí zum Gebet angehalten; er wird angesprochen,
als sei er einer von Bahá’u’lláhs eigenen Söhnen (S. 88), und
aufgefordert, sich aufzumachen und Gott zu dienen (S.63, 85, 92 u. a.),
[Seite 634]
gläubig, dienstbereit und vertrauensvoll zu sein (S. 97, 104 u. a.), in die
Gegenwart Bahá’u’lláhs, den er nie gesehen hat, zu treten (S. 116), die
Menschen vom „Schmutz der Selbstsucht“ zu reinigen (S. 117) und „nach
der Küste des Größten Meeres“ zu suchen. „Alsdann werden sich die Tore
des Königreichs weit vor deinem Angesicht auftun...“ (S. 123). „O
Shaykh!“, wird er angesprochen, „Wir haben es dir ermöglicht, dem Lied
der Nachtigall des Paradieses zu lauschen..., damit dein Auge sich
erfreue...“ (S. 96 f).
Wie Dr. ‘Alí-Kulí Khán darlegte, zeigen die wechselnden Anreden, mit denen Sich Bahá’u’lláh an Aqá Najafí wendet, daß der Brief für einen weit größeren Leserkreis bestimmt ist. Er ist „eine Darstellung des Glaubens für die Menschheit“; viele Aspekte des Menschlichen sind herausgestellt und bestimmten Personen oder Gruppen dargelegt. Einige dieser Anreden sind: „O Shaykh“, „o du gefeierter Geistlicher“, „o du, der du in die Irre gingst“, „o du, der du dich von Gott abkehrtest“. Gelegentlich werden auch andere beim Namen genannt: „O Volk Bahás“, „o Hádí“. Man findet nicht nur die böswilligen Geistlichen, die in jeder göttlichen Sendung die Menschen von ihrem Herrn fernhalten (S. 29 f) — die „blinden Mäuler“ des Lycidas —, sondern auch die edlen Religionsgelehrten, die „wie Augen für die Völker“ sind (S. 31); man erinnert sich an die Figur des „‘Ulamá in Bahá“ im Heiligsten Buche. Könige und Gelehrte, Minister und Durchschnittsgläubige, Heilige und Sünder werden in dem Buch gleichfalls angeredet.
Somit ist dieses Sendschreiben weit mehr als ein Brief an einen einzelnen Menschen. Es ist eine wichtige allgemeine Darstellung des Glaubens. In diesem Werk führt Bahá’u’lláh, wie der Hüter schreibt, „einige der charakteristischsten und berühmtesten Abschnitte aus Seinen eigenen Schriften an und fügt ihnen noch Beweise hinzu, die die Bedeutung Seiner Sache darlegen“ 7).
Meistens bringt ein Buch den Leser dem Autor näher; aber wenn man das Werk Bahá’u’lláhs studiert, entzieht Er Sich einem. Er ist, wie uns der Hüter in „Die Sendung Bahá’u’lláhs“ gesagt hat, „unerreichbar herrlich“.
Man möchte das Buch, auch wenn es fast unmöglich ist, auf einen Sitz lesen. Es liest sich flüssig; die Übersetzung aufgrund des Englischen von Shoghi Effendi ist makellos. Man möchte immer mehr davon in sich aufnehmen und ist zu ungeduldig, um einzuhalten und über dieses und jenes nachzudenken. Man fühlt sich vorwärtsgetrieben und streicht sich beim erstenmal Stellen an, auf die man zurückkommen möchte. Nur einige wenige Sätze als Beispiele:
„Ich gehöre dem an, der Mich liebt, der sich fest an Meine Gebote hält und alles von sich wirft, was ihm in Meinem Buche verboten wurde“ (Seite 37).
“...andere (Gläubige) zehrten zu Zeiten von der himmlischen Speise, die Hunger heißt“ (S. 45).
„In den Schätzen der Erkenntnis Gottes liegt ein Wissen verborgen,
das — richtig angewandt — wenn auch nicht ganz, so doch in hohem
Maße die Furcht vertreibt“ (S. 43).
[Seite 635]
„Des Menschen Taten können angenommen werden, nachdem er (die Manifestation) anerkannt hat“ (S. 65).
„Wisse, daß der in Wahrheit ein Gebildeter ist, der Meine Offenbarung annimmt, vom Weltmeer Meines Wissens trinkt und sich in die Lüfte Meiner Liebe aufschwingt...“ (S. 81).
„Ein gerechter König erfreut sich näheren Zugangs zu Gott als sonst ein Mensch“ (S. 87).
„Wahrlich, dies sind Menschen, welche, wenn sie in Städte von reinem Gold kommen, derer nicht achten; und wenn sie der schönsten und anmutigsten aller Frauen begegnen, wenden sie sich ab“ (S. 112).
Das Buch bietet historisches Quellenmaterial, das in Zukunft zu den genauesten Forschungen anregen wird. Wir erfahren zum Beispiel von Bahá’u’lláhs Verhaftung in Níyávarán (S.33 ff.) und von der Beschaffenheit der Ketten, mit denen Er festgemacht wurde (S. 77), von den Intrigen der persischen Diplomaten in Konstantinopel gegen Ihn (S. 99, 111) und vom Selbstmord des Hájí Shaykh Muhammad-‘Alí in dieser Stadt (Seite 100 ff.), daß Mírzá Yahyá nicht aus Persien verbannt wurde (S. 143), daß er die Schriften des Báb in Baghdád liegen ließ (S. 144), daß Hádí Dawlat-Abádí jede Abschrift des Bayán zu vernichten suchte (S. 142), daß die Azalí den Siyyid Javád-i-Karbilá’í als einen der ihren beanspruchten, indem sie sein Bild auf einem Flugblatt unter das des Mírzá Yahyá klebten (S. 139), daß Bahá’u’lláh niemals den Bayán gelesen hat (S. 142), daß Er 1863 (dieses Datum ist in „Gott geht vorüber“ Seite 179 ff. angegeben) einem türkischen Beamten, Kamál Páshá, vorschlug, seine Regierung möge eine internationale Konferenz einberufen, die Pläne für eine Weltsprache und eine Weltschrift ausarbeiten solle (S. 122). In diesem Zusammenhang ist interessant, daß Volapük um 1879 von Johann Martin Schleyer aus Konstanz entwickelt und Esperanto von Dr. Ludwig Lazarus Zamenhof erstmals 1887 schriftlich zur Diskussion gestellt wurde.
Das Buch enthält einen Sittenkodex, der Ratschläge und Gebote wie diese umfaßt: „Wenn euch jemand verleumdet, wenn euch Leid auf dem Pfade Gottes befällt, dann seid geduldig und setzt euer Vertrauen auf Ihn, den Hörenden, den Sehenden. Er, wahrlich, ist Augenzeuge; Er sieht alles und tut kraft Seiner Oberherrschaft, was Ihm gefällt“ (S. 37). „Das Schwert der Weisheit schneidet heißer als des Sommers Hitze; es ist schärfer als Klingen von Stahl... — Vorenthaltet den Armen nicht, was Gott euch in Seiner Gnade gegeben hat. Er wird euch wahrlich das Doppelte dessen schenken, was ihr besitzet... Bemerkt ihr die Sünde eines anderen, verschweigt sie, damit Gott eure eigene Sünde verschweige“ (S.60). „Sei... dankbar im Unglück... Sei gerecht in deinem Urteil und behutsam in deiner Rede... Sei... ein schützender Hafen für die Bedrängten, Stütze und Verteidiger für das Opfer der Unterdrückung... Sei eine Heimat dem Fremdling... (S. 88 f).
Die Gottesfurcht wird ständig betont: „Wir machen es den Dienern Gottes
und Seinen Mägden zur Pflicht, rein zu sein und Gott zu fürchten...“
(S. 36). „Die Gottesfurcht war von jeher ein sicherer Schutz und eine feste
Burg für alle Völker der Welt“ (S. 39). „Ihr Herz ist mit dem Licht der
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Gottesfurcht erleuchtet und mit dem Schmuck Seiner Liebe geziert“ (S. 111).
Qur’án-Forscher werden sich entsinnen, wie eindrucksvoll auch in diesem
Buch die Gottesfurcht gepriesen wird: „Gott liebt, die Ihn fürchten“ (9:4).
„Wer Gott fürchtet, dem vergibt Er seine Missetaten“ (65:5).
Neben vielen Geboten schreibt Bahá’u’lláh: „Achtung vor dem Rang der Herrscher ist göttlich verordnet...“ und legt das „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist...“ völlig anders aus, als es im Christentum geschieht, wo die Bedeutung mitschwingt, daß der Kaiser eine Art Gegenspieler Gottes darstellt — eine Auffassung, die mit den Bahá’í-Lehren unvereinbar ist (Seite 86).
Bahá’u’lláh gibt in diesem Werk auch Antwort auf eine Frage, die oft gestellt wird: Warum eine neue Religion? Er fragt die Muslim zurück, warum sie, wenn sie das Alte vorzögen, den Qur’án anstelle des Alten und Neuen Testaments angenommen hätten. Wenn es Sein Verbrechen sei, einen neuen Glauben zu bringen, dann hätte vor ihm Muhammad dasselbe Verbrechen begangen, und vor Diesem Jesus, und noch früher Moses. „Und wenn es Meine Sünde sein soll, daß Ich das Wort Gottes pries und Seine Sache verkündete, dann bin Ich in der Tat der größte Sünder! Solche Sünde will Ich nicht gegen die Reiche der Erde und des Himmels tauschen“ (S. 58).
Es ist eigenartig,wie oft die Menschen diese Frage stellen, wie wenig sie an das Elend denken, das überall in der heutigen Welt herrscht: die Einsamkeit, die sich hinter den Backsteinwänden und den verriegelten Türen breitmacht; die Versklavung menschlicher Wesen durch andere menschliche Wesen, die ihnen gleich sind; die sittliche Verkommenheit — man muß nur frühmorgens die Gehwege irgendeiner großen Stadt ansehen, den Kehrricht in ihren Gossen, man braucht nicht einmal Krankengeschichten oder Zeitungen zu lesen. Und wenn Sie zu den „netten Leuten“ gehören, zu denen sich so viele rechnen, die nie über den Durst trinken oder jemand etwas zuleide tun, und die deshalb keinen Gott brauchen, dem sie gehorchen müßten, höchstens irgendeine sterile Gottheit eigener Wahl, von der sie ein paar Gebote annehmen und befolgen, wann sie es für richtig halten, und von der sie einmal in der Woche ein künstliches Donnerwetter über sich ergehen lassen, oder auch nicht, ohne je aus der Fassung zu kommen — wenn Sie zu diesen „netten Leuten“ gehören, dann sind Sie leer und unfruchtbar, ohne Wirkung auf die Gesellschaft; die Gestalten, die wie weggeworfen auf den Straßen herumliegen, sind Ihre Weinflaschen, die Berge von Leichen, von denen Sie sich in der Wochenschau abwenden, sind Ihr zur Schau gestellter guter Wille, und die ganze sinnlose Seelenangst in den Herzen von so vielen Männern und Frauen ist das Abbild Ihrer eigenen unnatürlichen Verdrehtheit.
- *
Auch über den Báb erfahren die Bahá’í des Westens immer mehr; durch
„Nabíls Erzählung“, durch „Die Sendung Bahá’u’lláhs“ und durch das
vorliegende Buch werden sie Ihm nähergebracht und lernen Seine
[Seite 637]
Lebensgeschichte kennen, die Geschichte Seiner Liebe zu Bahá’u’lláh. Unter
den Worten des Báb, die in diesem Buch angeführt werden, ist auch Seine
beschwörende Aufforderung an Seine Anhänger, selbst wenn sich nach
Ihm ein Schwindler erhöbe, dürften sie sich nicht gegen ihn verwahren
oder ihn betrüben (S. 138). Tatsächlich beanspruchten fünfundzwanzig
Gläubige, „Der, den Gott offenbaren wird“, zu sein; die meisten baten
später Bahá’u’lláh dafür um Verzeihung 8).
Der Báb hatte jene Weisung gegeben, um den wahren Offenbarer zu schützen. Er ist Sein eigener Beweis, lehrte der Báb Seine Jünger, „... wer könnte Ihn durch irgendeinen anderen erkennen als durch Ihn Selbst?“ (S. 133). Der „Hauch der Verzweiflung“ des Báb kommt zum Ausdruck (S. 138), und Seine herrlichen Worte sind wiedergegeben: Ich Selbst bin wahrlich nur ein Ring an der Hand Dessen, den Gott offenbaren wird“ (S. 134). Bahá’u’lláh bringt die Vorläuferschaft des Báb mit derjenigen Johannes des Täufers in Verbindung und zeigt, wie auch die Anhänger des Johannes „verhindert waren, Ihn, den Geist (Jesus), anzuerkennen“ (S. 147, 137).
Wir werden nicht nur Ihm nähergebracht, der die Wiederkehr des zwölften Imám war, sondern allen diesen Imámen und — da die Einrichtung des Hüters der des Imám entspricht — dem Hütertum im Bahá’í-Glauben. Die Anspielung auf die „schneeweiße“ Hand des Qá’im (S. 103) geht auf das Wahrzeichen Moses im Qur’án zurück (28:32). Mit der „Gottessteuer“ ist der Zehnte gemeint, dessen Zahlung im Islám eine religiöse Pflicht ist, genau so wie Fasten, Pilgerfahrt usw.: „Wir sind der Weg..., Wir sind die Gottessteuer, Wir sind die Fasten, und Wir sind die Pilgerfahrt, und Wir sind der Heilige Monat, und Wir sind die Heilige Stadt...“ sagt der Imám Jáfar-i-Sádiq (S. 104). Im Zusammenhang mit dem Imámat ist die kurze Zusammenfassung E. G. Browne’s wertvoll: „Nach der Ansicht der Imámiten... ist die Statthalterschaft eine gänzlich geistige Angelegenheit, ein Amt, das nur von Gott verliehen wird, zuerst von Seinem Propheten und danach von denen, die Ihm auf diese Weise folgten... Der Imám der Schiiten ist der göttlich bestimmte Nachfolger des Propheten, der mit allen Vollkommenheiten und geistigen Gaben ausgestattet ist und dem die Gläubigen gehorchen müssen; seine Entscheidung ist absolut und endgültig, seine Weisheit ist übermenschlich, seine Worte sind verbindlich“ 9).
Schnell wechseln in diesem Buch die Szenen. Da ist der Kerker, der
Traum und die Verheißung: „Wahrlich, Wir werden Dich durch Dich
Selbst und durch Deine Feder siegreich machen... Binnen kurzem wird
Gott die Schätze der Erde offenkundig machen — Menschen, die Dir
beistehen werden durch Dich Selbst und durch Deinen Namen...“ (S. 34).
Da ist der dramatische Selbstmord in der Moschee durch Hájí Shaykh
Muhammad-'Alí (S. 100 ff.). Da ist die „weiße Stadt an den Ufern des
Meeres, deren Weiße Gott... wohlgefällt“ (S. 152). Die Tonart wechselt,
das Tempo verändert sich. Man kann tatsächlich diese rasche Folge von
Fragen und Antworten in Tönen hören, als eine Art Spiritual: „Ist die
Stunde gekommen? Nein, sie ist sogar schon vorüber... Siehst du die
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Menschen niedergestürzt? Ja, bei meinem Herrn... Verblendet bist du...
Das Paradies ist geschmückt mit mystischen Rosen, und die Hölle lodert
auf... (S. 117 ff.). Da sind die bewegenden Worte über die Klage der
Kanzeln: „Ich wandelte im Lande Tá (Tihrán) — dem Aufgangsort der
Zeichen deines Herrn; siehe, da hörte Ich das Klagelied der Kanzeln und
ihr Bittgebet zu Gott, gepriesen und verherrlicht sei Er. Laut schrien sie
und sprachen:... Wehe, wehe! Hättest Du uns doch nie erschaffen und
geoffenbart!“ (S. 114, 141). Das erinnert an den Vers des Qur’án, welchen
Bahá’u’lláh schon früher anführte: „Gott, der allen Dingen Stimme gab,
hat auch uns eine Stimme gegeben...“ (41:20). Und dann der gewaltige
Aufruf an die „Schlange“ (den Imám-Jum‘ih von Isfáhán): „Urteile gerecht,
du Schlange! Für welches Verbrechen erstachest du die Kinder des
Gesandten Gottes...?“ (S. 94 ff.). Dies bezieht sich auf den Märtyrertod der
„Zwillingsleuchten“, die Abkommen Muhammads waren; man bräuchte
die Ausdruckskraft eines Michelangelo oder Milton, um hier Kommentare
zu geben.
Oft fragen die Leute, warum sie dieses oder jenes Buch in ihre private Bibliothek aufnehmen sollen. Meine Gründe für dieses Buch sind: die Schönheit von Text, Übersetzung und Ausstattung, seine Prägnanz, sein Reichtum vom akademischen Standpunkt her, d. h. der Stoff für Studien, den es bietet; seine Reichhaltigkeit: Obwohl es ein unabhängiges, schöpferisches Werk ist, das seine eigene Einheit der Form, seinen eigenen persönlichen Geist aufweist, ist es zugleich fast eine Anthologie, und dazuhin eine solche, die von Bahá’u’lláh Selbst zusammengestellt wurde. Deutlich ist die Totalität seiner Herausforderung an den Leser zu spüren. Ja, es hilft uns, in Seine Gegenwart zu treten, es bringt uns näher zu „Ihm, den die Welt verworfen, den die Völker verlassen haben...“ (S. 46).
Wo ist Aqá Najafí geblieben? Wohin ist er gegangen mit seinem riesigen, kugelförmigen Turban und seinen Schnabelschuhen? Er war, wie Bahá’u’lláh seinen Genossen auslegte, „die letzte Spur des Sonnenlichts auf der Bergspitze“ (S. 94). Wohin hat er all seinen Haß genommen? Jedenfalls wurde er zum Anlaß dieses Buches, dieser letzten Gabe, die uns Bahá’u’lláh schenkte, solange Er auf Erden war. Seine Feinde boten Ihm Gift, aber Er verwandelte es in Honig für Seine Geliebten.
- Marzieh Gail
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aus "World Order. The Bahá’í Magazine“, S. 33 ff., Wilmette/Ill., USA., Mai 1946
- 1) ”Le Bayán Persan“, übersetzt von A. L. M. Nicolas, II, 118
- 2) vgl. "Bahá’í-Briefe“, Heft 8/April 1962, S. 194 ff.
- 3) 'Abdu'l-Bahá, „Beantwortete Fragen“, Frankfurt 1962, 31. Kap.
- 4) „Ährenlese aus den Schriften Bahá’u’lláhs“, Frankfurt 1961, LXIX; „Brief an den Sohn des Wolfes“, S. 74
- 5) Shoghi Effendi, „Gott geht vorüber“, Frankfurt/Oxford 1954, S. 188 ff.
- 6) wie 1), II, 97
- 7) wie 5), S. 250
- 8) wie 5), S. 142 und 148
- 9) „A Traveller‘s Narrative“, 1891, S. 296, Anm. O
Die Herrlichkeit des Wüstensands[Bearbeiten]
Unverrichteter Dinge kam der Diener des reichen und gelehrten Kaufmanns, der mit seiner ganzen Familie eine Pilgerfahrt zu den heiligen Schreinen machen wollte, heim: „Es geht keine andere Karawane als die des berüchtigten Bábí.“
„Gott bewahre!“, erwiderte der Herr. „Ich kann doch nicht auf die Pilgerschaft gehen mit einem Menschen, der so gottlos ist, daß er dem Islam abgeschworen hat und dieser neuen Sache beigetreten ist.“
Der Herr brauchte noch ein paar Tage, bis er sich entschieden hatte. Schließlich riet er seinen Diener: „Geh und mache mit diesem Bábí aus, daß wir mit ihm reisen unter der einen Bedingung, daß er sich uns niemals nähert und nichts anrührt, was uns gehört. Seine einzige Aufgabe ist, daß er sich um die Karawane kümmert.“
- Der Verfasser: A. Q. Faizi
Drei Monate dauerte die Reise hin und zurück. Auf dem Heimritt kamen sie zu einer lieblichen Oase. Das klare Wasser ihrer Quelle, duftende Blumen, köstliche Früchte und ein dichtes Blätterdach gegen die heiße Sonne — solche langvermißten Wohltaten ließen alle Vorüberkommenden hier rasten. Auch der gelehrte Kaufmann entschloß sich zum Verweilen.
Eine Woge von Glück, Dankbarkeit und Zufriedenheit wallte im Gemüt des Gelehrten auf, als er so entspannt auf dem Rücken lag, durch das Laubwerk der Bäume blinzelte und sich den kühlen Lufthauch von der Quelle her über die Stirn streichen ließ. Sein Blick fiel auf den Karawanenführer, und er dachte bei sich: ‘Dieser Mann ist ein Bábí ... ein Bahá’í ... oder ich weiß nicht was. Aber auf der ganzen Reise war er so freundlich, so höflich und anständig zu uns allen, daß er, weiß Gott, unseren aufrichtigen Respekt verdient. Auch habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie er sich in vollkommener Demut, Liebe und Ehrfurcht den heiligen Schreinen näherte. Ich muß etwas tun, um ihn für seine Mühe und für seine guten Dienste zu entschädigen: Ich muß mich bemühen, ihn auf den rechten Weg zu leiten, wenn er in die Irre gegangen ist, muß ihn wieder unter das schützende Banner des Islam führen, damit ihm Allah in der nächsten Welt seine Sünden vergibt.‘
Und er befahl seinen Dienern, den Karawanenführer herbeizuholen. Der
zögerte zunächst näherzukommen, aber als er merkte, daß ihn der reiche
Kaufmann selbst rufen ließ, trat er herzu und kniete nieder, um sich in
ehrerbietiger Entfernung zu Boden zu setzen.
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„Ich bin glücklich“, sagte der reiche Gelehrte. „Ich bin dir sehr verbunden dafür, daß du so treu und unermüdlich deine Aufgaben erfüllst. Besonders hat es mich gefreut, daß auch du die Grabmäler der Imame in gläubiger Demut und Ergebenheit betreten hast. Aber jetzt habe ich eine Frage an dich. Du weißt, ich bin ein reicher Mann; ich scheue keine Mühe und keine Ausgabe, um mir alle Bücher zu verschaffen, die sich mit religiösen Fragen befassen. Tag und Nacht verbringe ich damit, sie zu lesen. Wie kommt es, daß ich mit all meinem Wissen und Reichtum die Wiederkehr jener verheißenen Sonne der Wahrheit nicht erkannt habe, und du als ein schlichter Mann aus dem Volk, der kaum lesen und schreiben kann, du hast es begriffen?“
„Die Antwort, Herr, ist ganz einfach“, sagte der Karawanenführer lächelnd. „Zum ersten steht gleich am Anfang des heiligen Qur’án geschrieben, daß das Buch eine Führung für die Rechtschaffenen ist — nicht für die Reichen und Gelehrten. Zweitens sind in dieser Welt des Seins Menschen deinesgleichen wie kostbare Juwelen ... Diamanten und Smaragde, Rubine, goldene Ketten und Bänder; aber Menschen wie ich sind ...“ Er nahm beide Hände voll Sand und fuhr fort: „Wir sind wie diese Sandkörner, über die ganze Wüste verstreut. Kostbare Steine wirft man nicht achtlos hierhin und dorthin. Man wickelt sie in Tücher, legt sie in Kästchen, schließt sie in gepanzerte Schränke von Stahl, tief im Keller festgefügter Steinhäuser. Wenn die Sonne aufgeht, scheint sie zuerst auf die Sandkörner in der Wüste; diese sind den Sonnenstrahlen preisgegeben, sie sind bereit, die Wärme unverzüglich aufzunehmen. Aber die Diamanten, lieber Herr, werden durch zu viele Hindernisse abgehalten, zu viele Schleier müssen zerrissen werden, ehe die Sonne auf sie scheinen kann, und das dauert eine lange Zeit. Auch du mußt ein für allemal die ganze irdische Gelehrsamkeit vergessen und zu Gott flehen, Er möge dir himmlische Erkenntnis und Liebe schenken. Dann wirst du nichts mehr sehen als die Wahrheit.“
Die geistvolle Antwort des einfachen Mannes ging dem Kaufmann sehr zu Herzen und ließ ihn tief nachdenken. Die ganze Nacht hindurch stellte er Fragen über den neuen Tag Gottes, und als am andern Tag die Glocken der Tiere wieder zu läuten begannen, ging der Karawanenführer nicht länger am Schluß des Zuges.
- Nach A. Q. Faizi
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