Wirklichkeit/Jahrgang 2/Heft 8/Text

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Jahrgang 2, Heft 8, Asma 77 (Namen)

'Wirklichkeit'

Herausgeg. v. d. Bahai-Arbeitsgemeinschaft, Esslingen a.N.  

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Eilet vorwärts zur Freundschaft!

Eilet vorwärts zur Aufrichtigkeit!

Eilet vorwärts zum Edelmut!

Eilet vorwärts zur Führung !

Eilet vorwärts zur Einigkeit!

Eilet zu erblicken das Licht der Welt!

Eilet vorwärts zur Liebe & Wohlfahrt!

Eilet vorwärts zum Frieden & Versöhnung!

Eilet vorwärts unter  das Gesetz der Abrüstung!

Eilet vorwärts zu Harmonie & Erfolg!

Eilet vorwärts zur Mitarbeit!

& gegenseitigen Hilfe

im Pfade der Führung!    

'Wachstum der Wesen u. Entwicklung der menschlichen Art. 

Frage: Was sagen Sie zur Meinung gewisser europäischer Philosophen über das Wachstum u. die Entwicklung der Wesen?

Antwort: Wir haben über die Frage an einem andern Tag gesprochen, aber wir wollen sie aufs neue behandeln. 

Der Inbegriff dieser Frage ergibt sich aus dem Wissen, ob die Arten ursprünglich sind oder nicht. Wurde die menschliche Art selbständig gegründet oder ist sie aus der tierischen Art abgezweigt? Gewisse europäische Philosophen geben zu, dass es für die Art ein Wachstum & einen Fortschritt gibt & dass sogar Verwandlung & Umwandlung möglich sind. Unter den Beweisen, die sie zur Unterstützung dieser Lehre anführen, ist der, dass sie sagen: Das aufmerksame Studium der Geologie-Wissenschaft von der Erdrinde nach ihren Bestandteilen, zeige uns klar, dass die Pflanzen älter sind, als die Tiere & dass die Tiere seit viel längerer Zeit bestehen, als der Mensch. Sie nehmen an, dass die pflanzlichen & tierischen Rassen sich beide verändert haben, weil man in gewissen, geologischen Schichten Pflanzen entdeckt hat, die einstens existierten & jetzt verschwunden sind, d.h. sie sind jetzt fortgeschritten & haben höhere Grade erlangt. Ihre Form & ihre Erscheinung haben sich verändert. So hat sich Ihre Art umgewandelt.

Ebenso gibt es in den Erdschichten Tierarten, die sich verwandelt & umgewandelt haben. Z.B. die Schlange: es gibt in ihr unausgebildete Teile, die beweisen, dass es eine Zeit gegeben hat, wo sie Füsse hatte.  

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Aber mit der Zeit fielen diese Glieder, doch ihre Spuren blieben bestehen. - Ähnlicherweise gibt es an der Wirbelsäule des Menschen die Spur & den Beweis, dass er einmal wie die anderen Tiere einen Schwanz hatte & man glaubt, dass Seine Spur forbestanden hat. Es gab eine Zeit, wo dieses Glied nötig war, aber als der Mensch sich entwickelte, hatte er es nicht mehr nötig & es verschwand mehr & mehr. Was die Schlange betrifft, welche sich unter die Erde flüchtete & so ein kriechendes Tier wurde, so bedurfte sie der Füsse nicht mehr. Auch ihre Füsse verschwanden, aber ihre Spuren blieben. -

Das hauptsächlichste Beweismittel ist, dass diese verschwundenen Teile eines Gliedes zu diesem Glied führten & da es heute zu nichts mehr dient, allmählich verschwunden ist. Aber diese Ansätze dienen zu nichts mehr & haben keinen Daseinzweck. Während die vollkommenen & nützlichen Glieder bestehen bleiben, sind die unnützen allmählich verschwunden in der Umänderung der Art & nur die Spur ist davon geblieben. -

Die Antwort ist erstens: Die Tatsache, dass das Tier vor dem Menschen bestand, ist kein Beweis des Fortschritts der Verwandlung, der Umwandlung der Art, die von der tierischen Welt zur menschlichen Weltgekommen wäre. Denn sobald man das zusammentreffende Dasein dieser verschiedenen Wesen annimmt, so hindert uns nichts, anzunehmen, dass der Mensch viel später existiert hat, als das Tier. Es ist ebenso, wenn Wir das Pflanzenreich prüfen, dann sehen Wir, dass die Früchte von verschiedenen Bäumen nicht alle auf einmal reifen, im Gegenteil, die einen kommen früher, die anderen später. Dieses Früherreifen beweist nicht, dass die spätere Frucht von diesem Baum kommt & die frühere Frucht von dem anderen Baum herrührt. -

Zweitens: Diese schwachen Spuren & diese Ansätze sind vielleicht eine grosse Vernunft eines Wesens, was die Fassungskraft noch nicht versteht. - Wieviel Dinge gibt es in der Welt, deren Ursache Wir noch nicht kennen. - Auch die Physiologie/Lehre von den Lebensgesetzen der organischen Körper/d.h. die Wissenschaft von der Zusammensetzung der Glieder, leehrt Uns, dass man noch nicht den Grund & die Ursache der verschiedenen Farbe der Tiere kennt, der Kopfhaare des Menschen, der Röte seiner Lippen, die Verschiedenheit der Farbe der Vögel, 

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dies alles ist geheim & verborgen. Man weiss, dass die Pupille des Auges schwarz ist, damit sie das Licht der Sonne anziehen kann. Wenn sie eine andere Farbe hätte, d.h., wie das Übrige vom Auge, oder weiss, so würde sie nicht das Sonnenlicht anziehen. Doch wie der Grund des Wesens der verschiedenen Sachen unbekannt ist, so kann man annehmen, dass der Grund des Wesens & die Ursache der verschwundenen Glieder, sei es beim Tier, sei es beim Menschen gleich unbekannt bleiben.-Der Grund besteht gewiss, aber wir kennen ihn nicht.

Drittens: nehmen wir an, dass es eine Zeit gab, wo gewisse Tiere, sogar der Mensch, Glieder besassen, die heute verschwunden sind, dies bildet keinen treffenden Beweiss von der Umwandlung & Entwicklung der Art. Weil der Mensch vom Beginn der Stufe, der unentwickelten Frucht bis zum Reifegrad verschiedene Formen & Aussehen durchläuft. Seine Erscheinung, seine Gestalt, seine Farbe wechseln, d.h.er geht von einer Form in eine andere über, sein Aussehen wechselt. Nichtsdestoweniger erscheint er vom Beginn seines Zeitabschnittes der unentwickelten Frucht als menschliche Art, d.h.er ist eine unentwickelte Frucht eines Menschen & keines Tieres.

Aber dies war verborgen & wurde erst hernach sichtbar & trat in Erscheinen. Z.B. nehmen Wir an, dass es eine Zeit gab, wo der Mensch dem Tiere glich und jetzt ist er fortgeschritten & verändert & dies annhmend, so folgt daraus nicht, dass sich die Art verändert habe, nein, dies wäre wie die Veränderung & Umänderung der menschlichen unentwickelten Frucht bis zur Erreichung  des Grades der Vernunft & Vollkommenheit, so wie Wir dies gesehen haben.

Sprechen Wir klarer: Nehmen Wir an, dass der Mensch einmal auf vier Pfoten ging oder dass er einen Schwanz hatte, so sind diese Gestaltungen & Verwandlungen wie die der unentwickelten Frucht.-Trotz der Umwandlungen , welche im Mutterschoss allseitig vor sich gehen, trotz ihres Wachstums & ihres Fortschreitens bis zur Gewinnung dieser vollendeten Gestalt ist sie von Anfang an eine besondere Art.-Sehen wir gleicherweise in das Pflanzenreich. - Die ursprünglichen Arten der Familien verwandeln sich oder verändern sich, aber die Form, die Farbe, der Umfang wechseln & verändern sich mit anderen Worten: der Fortschritt erzeugt sich selbst.  

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Kurz gefasst: wie der Mensch im Schosse seiner Mutter von einer Form in die andere übergeht, von einem Zustand in den andern, wie er sich verändert und entwickelt & nichtsdestoweniger seit Beginnm des Zeitabschnitts der unentwickelten Frucht immer zur menschlichen Art gehört, ebenso hat der Mensch vom Beginn seines Daseins im Schoss der Welt zur höheren Art zur Menschheit gehört & ist allmählich von einem Zustand in den andern gekommen.-Doch dieser wechselnde Zustand, diese Entwicklung der Glieder, dieses Wachstum & diese Entfaltung verhindern nicht die Art des ursprünglichen Wesens.-Und dies alles indem man die Wirklichkeit des Wachstums & der Entwicklung zugibt, d.h. indem man z.B. annimmt, dass der Mensch einmal ein Vierfüsser war oder dass er einen Schwanz hatte.

Aber der Mensch bestand seit Anbeginn in dieser Form & vollkommenen Zusammensetzung.-Er hatte die Fähigkeit & Befähigung, die natürlichen & geistigen Vollkommenheiten sich anzueignen & er war die Offenbarung des “Wir werden den Menschen zu Unserem Bild & Gleichnis machen“. Alles was man sagen kann, ist, dass er besser, köstlicher, schöner geworden ist & dass die Zivilisation ihn aus dem wilden Zustand heraustreten liess: ebenso wie die wilden Früchte durch die Pflege eines Gärtners schöner & süsser werden & mehr Frische & Geschmack annehmen.

Die Gärtner der Menschheit sind die Propheten Gottes.   

D e u t s c h e  –Ü b e r s e t z u n g, M. Schweizer, Zuffenhausen. 

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'T a b l e t .

Durch Mirza Ahmad Sohrab an Thornton Chase in Los Angeles.

Auf ihm sei Baha’o’llah El Abha! 

Er ist Gott! 

O Du Herod des Königreiches! 

Ich empfing deine zwei Briefe, einen älteren & einen neueren Datums & beide wurden mit der grössten Aufmerksamkeit gelesen. Preis sei Gott, dass Du nicht wankend wurdest in den Prüfungen.-Nein, Du bist vielmehr fest & standhaft geblieben. Wenn der Baum seine Wurzeln tief in den Boden getrieben hat, dann wird er Blüten & Früchte hervorbringen. Gott sei Dank, dass Du an diesem Tage des Königreichs fest & standhaft bist. Sei versichert, dass Du Hilfe & Bestätigung empfangen wirst.

Du hast gefragt über die Bedeutung der Stelle in den Verborgenen Worten, wo es heisst: O Sohn des Geistes! Blicke in dich, damit du mich in dir stehend finden mögest, stark, mächtig & erhaben.“ Dies ist die Darstellung, auf welche sich Seine Heiligkeit Christus bezog als Er Seinen Jüngern im Evangelium sage: “Der Vater ist in dem Sohn & der Sohn ist in euch.“ Es ist klar, dass, sofern die Herzen gereinigt & durch göttliche Erziehung & die himmlischen Lehren zu Offenbaren der unendlichen Vollkommenheiten geworden sind, so werden sie sein, wie blanke Spiegel & die Sonne der Wahrheit wird in einem solchen Spiegel widergespiegelt mit Macht, Kraft & Allmacht & zwar in solchem Masse, dass alles, was vor Ihn gebracht wird, erleuchtet & entzündet wird. Aus Mangel an Zeit ist dies nur eine kurze Auslegung. Denke deshalb darüber nach, damit Dir die Tore der Bedeutung vor Deinen Augen geöffnet werden mögen.

In Bezug auf die Philosophie der Theosophen wisse, dass diese Leute einige Bemerkungen von den himmlischen Büchern geborgt haben. - Sie sind aber nicht bis zur Wirklichkeit gelangt. Sie haben aber trotzdem diese Erscheinungen zur Grundlage ihres Glaubens & ihrer Religion gemacht. Die Wirklichkeit von der Frage der Einheit ist die: Die Sonne der Wahrheit hat von dem Horizont der Einheit auf alle Regionen geschiennen. Alle irdischen Dinge sind durch die Strahlen der Sonne in ein neues Gewand gekleidet. Wenn die  

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Strahlen der Sonne nicht wären, könnte kein Wesen auf der Arena des Lebens auftreten, es wäre alles verborgen geblieben, ja noch mehr, das Leben der irdischen Wesen wird durch das Licht & die Wärme der Sonne derart erhalten, dass alle, auch die kleinsten Atome, welche sich durch das irdische Reich bewegen, ihr Leben der Widerspiegelung der Sonne verdanken. Jedes Wesen offenbart natürlich seine innerste Richtung gemäss seiner Fähigkeit & seinem Talent. Wenn sich die Sonne auch noch soviel durch alle irdischen Wesen wiederspiegelt, so verlässt sie doch niemals ihre höchste Höhe & erhabene Station. Sie verteilt sich nicht unter diese irdischen Wesen, so dass jedes von ihnen ein Teil der Sonne oder ein Teil der Gottheit werden könnte.

Das Herabsteigen, sowie die Teilung, Übertragung & Abwanderung in die Stufen des Lebens, sind Zustände der irdischen Wesen, aber die ewige Wirklichkeit steht gänzlich über diesen Zuständen. Denn wenn du siehst, dass ein Wesen der Teilung, der Erniedrigung & der Auflösung unterworfen ist, so ist dies ein Beweis von der Zufälligkeit & Unbeständigkeit dieses Wesens. Der unveränderliche, von Ewigkeit her lebende & allwissende Herr, welcher über der menschlichen Fassungskraft steht & mit selbstexistierenden Vollkommenheiten ausgestattet ist, wird niemals auf die Stufen des Lebens herabsteigen, Er wird sich niemals verteilen, so dass jeder Mensch ein Atom oder ein Teil von Ihm werden könnte. Kinder können die Unhaltbarkeit dieser Behauptung verstehen. Dies ist pure Einbildung der schwachen Lebensgeister.

Gemäss ihrer Theorie sind deshalb die Manifestationen Gottes unendlich an der Zahl, & dies würde uns veranlassen an die Theorie von der Verkettung (Concatenation) des Lebens zu glauben. Aber die Verkettung(in diesem Sinn) ist falsch & Veränderung ist der notwendige Zustand der irdischen Wirklichkeiten & nicht der ewigen Wirklichkeit.

Denke tief über obige Erklärung nach, damit es dir klar wird, dass mit dem Wort “Unity“(Einheit) die Ausgiessung des Göttlichen gemeint ist, das in den Wirklichkeiten der ganzen Existenz in Erscheinung tritt & sich besonders in der Einheit des Menschengeschlechts offenbart.

Die Geschichte, welche Du betreffs  dem “Hahn“ geschrieben hast, ist  

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zutreffend. Dies bezieht sich auf das Schauspiel von Chanticleer, in welchem der Hahn annimmt, er habe den Sonnenaufgang verursacht durch sein Krähen, bis er zu seinem Kummer lernen musste, dass der Sonnenaufgang unabhängig ist von seiner Stimme.

Verbinde Dich mit der äussersten Liebe & Freundschaft mit den Theosophen & mache ihnen diese Einheit der Menschheit, welche die Einheit der Ausgiessung des Göttlichen ist, begreiflich, damit sie zu den Wesen der Tatsache gelangen mögen.

In Bezug auf den Vers, welcher im Koran geoffenbart ist & aus welchem hervorgeht, dass Seine Heiligkeit Christus nicht getötet & nicht gekreuzigt worden ist, dass damit die Wirklichkeit Christi gemeint ist.Obschon sie den irdischen Körper unseres Herrn Jesu Christi kreuzigten, so blieb doch die barmherzige Wirklichkeit & die himmlische Existenz Christi ewig und unsterblich. Sie war beschützt vor der Unterdrückung & der Verfolgung seiner Feinde, denn Christus ist ewig & immerwährend; wie kann er sterben? Dieser Tod & die Kreuzigung wurde nur dem physischen Körper Christi auferlegt & nicht dem Geist, genannt Christus. 

Auf Dir sei Baha’o’llah El Abha!

(gez.) Abdul Baha Abbas. 

Ins Englische übersetzt von Mirza Ahmad Sohrab am 8.Juni 1911.

Deutsch von W. Herrigel.