Jahrgang 2, Heft 7, Kalmat 77 (Worte)
'Wirklichkeit'
Herausgeg. v. d. Bahai-Arbeitsgemeinschaft, Esslingen a.N.
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'An die Dienerin Gottes ,Fräulein A.K. und die andern Mitglieder ( des Komitees) der Zeitschrift “Wirklichkeit“ in Esslingen, auf ihnen sei Baha‘o‘llah El Abha!
Durch die liebe Tochter, Frau Konsul Schwarz.
E r i s t G o t t !
O ihr Diener des Königreiches Gottes!
Stattet euren Dank Gott ab, der euch für den Dienst Seines Königreiches auserwählt und euch bestätigt hat, die Ursache der Erleuchtung und Erhörung der Menschen zu werden, die Göttlichen Lehren auszubreiten und jene zu erwecken, welche schlafen, denen, welche tot sind, Leben zu verleihen und die Göttlichen, duftenden Ergüsse auszuströmen.
Die heiligen Seelen und die geheiligten Gemüter vergrössern ihre Lobpreisungen zum Königreich Abhas eurere Dienste wegen und verleihen euch die frohe Botschaft des ewigen Lebens.
Wahrlich, wahrlich ihr seid die Gärtner des Himmlischen Obstgartens, ihr pfleget die Pflanze der Seelen und zieht Blumen heran von grosser Schönheit an Farbe und Duft im Rosen-Garten des Königreiches. Ich bete für euch und erflehe unsichtbare Bestätigungen auf euch herab.
Ueber euch sei die Abha Herrlichkeit!
gez. abdul Baha abbas.
22 April 1921.Bahji, am Heiligen Grabe der Gesegneten Schönheit Baha’o llahs.
Uebersetzt von Azizullah Kahn S.Bahadur, Berg Carmel, Palästina.
Deutsch: H.S., Esslingen, 23. Juni 1921.
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'Tablet von Abdul B ah a.
E r i s t G o t t !
O Volk der Welt!
Der Tagesanbruch der Sonne der Wirklichkeit vollzog sich gewisslich der Erleuchtung der Welt und der Offenbarung der Gnade wegen. In der Versammlung der Familie Adams sind die Resultate und Früchte lobenswert u. die heiligen Gaben jeder Wohltat unbemessen. Es ist eine grenzenlose Barmherzigkeit und eine unbeschränkte Wohltat die Erleuchtung der Welt, die Kameradschaft u. Harmonie, die Liebe und Eintracht; nein vielmehr hat die Güte und Einheit , die Beseitigung der Zwietracht und die Einigkeit, wo es auch sei, die grösste Freiheit und den höchsten Rang auf Erden. Die Gesegnete Schönheit (Baha‘o‘llah) sagte er: Alle sind die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges.“ Er verglich die Welt des Seins mit einem Baum und all die Seelen mit Blättern, Blüten und Früchten. Deshalb müssen alle Zweige, Blätter, Blüten und Früchte in äusserster Frische stehen; doch das hervorbringen dieses Schmelzes und dieser Süsse hängt von der Einigkeit und Freundschaft ab. Deshalb muss jeder dem andern mit seiner ganzen Kraft beistehen und ewiges Leben suchen. Auf diese Weise müssen die Freunde Gottes die Barmherzigkeit des Mitleidigen Herrn in der Welt des Seins offenbaren und die Gnade des sichtbaren und des unsichtbaren Königs verkündigen. Sie müssen ihren Blick rein halten und das Menschengeschlecht als Blätter, Blüten & Früchte des Baumes der Schöpfung betrachten und immer darauf bedacht sein, jemand Gutes zu tun durch Liebe, Rücksichtnahme, Zuneigung und Beistand. Sie dürfen keinen Feind sehen und keinen für einen Übeltäter halten. Sie müssen jedermann auf Erden als einen Freund betrachten; den Fremdling als einen Vertrauten und den Ausländer als einen Gefährten ansehen. Sie dürfen durch keine Band gebunden sein; nein, sie sollten vielmehr von jeder Fessel befreit sein. An diesem Tage ist der, welcher an der Schwelle der Erhabenheit begünstigt ist, jener , welcher den Kelch
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der Treue anbietet und die Perlen der Gabe den Feinden verschenkt, der selbst dem stürztenden Bedrücker eine helfende Hand darreicht u. auf jeden erbitterten Gegner als einen liebevollen Freund blickt.
Dies sind die Befehle der gesegneten Schönheit, dies sind die Ratschläge des Grössten Namens. - O ihr lieben Freunde! Die Welt ist in Krieg und Kampf verwickelt und die Menschheit ist in grössten Streit und in höchster Gefahr. Das Dunkel der Treulosigkeit hat die Welt verhüllt und das Aufflammen der Treue ist verheimlicht worden. Alle Nationen und Stämme der Welt haben ihre Krallen gewetzt und bekämpfen und bekriegen einander. Des Menschen Gebäude ist zerstört. Tausende von Familien irren trostlos umher. Tausend und aber tausend Seelen sind jedes Jahr mit Staub u. Blut beschmiert auf dem Schauplatz des Kämpfes und der Schlacht und das Zelt der Glückseligkeit und des Lebens ist niedergerissen. Die hervorragenden Menschen werden Befehlshaber und Prahler des Blutbades u. Verherrlicher der Zerstörer. Einer sagt: “Ich habe mit meinem Schwert die Nacken einer Nation zerspalten“. Und wieder einer: “Ich habe ein Königreich dem Staube gleich gemacht. “Und ein anderer: “Ich habe das Fundament einer Regierung niedergerissen.“ Dies ist der Punkt, um den sich der Stolz und der Ruhm der Menschheit dreht. In allen Teilen der Welt ist die Freundschaft u. Aufrichtigkeit verpönt und die Versöhnung und Achtung der Wahrheit wird verschmeht. Der Herold des Friedens, der Reformation der Liebe und Aussöhnung ist die Religion der Gesegneten Schönheit, welche ihr Zelt auf dem Gipfel der Welt aufgeschlagen und die Forderung dem Volk verkündigt hat.
Deshalb, o ihr Freunde Gottes! Schätzet den Wert dieser kostbaren Offenbarung, wandelt und handelt im Uebereinstimmen mit ihr und bewegt euch auf dem geraden Pfade und dem rechten Weg. Weiset die Menschen darauf hin. Stimmet die Melodie des Königreiches an und verbreitet die Lehren und Verordnungen des liebenden Herrn, auf dass
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die Welt eine andere Welt, die dunkle Erde erleuchtet werde u. der tote Körper des Volkes neues Leben empfangen möge. Jede Seele soll das ewige Leben mit Hilfe des Odems des Barmherzigen suchen. Das Leben in dieser sterblichen Welt wird rasch zum Abschluss kommen und diese irdische Herrlichkeit, Wohlhabenheit, Bequemlichkeit u. Beglückung wird bald verschwinden und nicht mehr sein. Sammelt das Volk Gottes und macht die Seelen mit der Sitte der Führung der Höchsten Versammlung vertraut. Sei ein gütiger Vater den Waisen und Zufluchtsstätte und Obdach für den Unglücklichen. Sei dem Armen ein wohlhabender Schatzmeister und dem Kranken ein Mittel zur Heilung und Gesundung . Sei jedem Bedrückten ein Helfer, jedes Verlassenen Beschützer, sei immer bedacht, irgend einer Seele des Menschgeschlechts zu dienen. Lebe keinen Wert bei der Selbstsucht, der Verschmähung, der Anmassung, der Unterdrückung und der Feindschaft. Beachte sie nicht. Handle gerade entgegengesetzt. Sei wahrhaft freundlich, nicht nur dem Anschein und dem Aeusseren nach. Jede Seele von den Freunden Gottes muss ihren Geist darauf richten, damit er die Barmherzigkeit Gottes und die Güte des Einzig Vergebenden offenbaren möge. Er muss jeder Seele gutes tun, wo er ihr auch begegnet und sie begünstigen, wodurch er die Ursache der moralischen Besserung und der Veredlung der Gedanken wird, damit das Licht der Führung aufflammen und die Wohltat Seiner Heiligkeit des Einzig barmherzigen ihn umgeben möge. Liebe ist Licht, in welches Haus sie auch scheinen mag und Feindschaft ist Finsternis, wo immer sie Wohnung nimmt.
O Freunde Gottes! Kämpfet, damit sich diese Dunkelheit gänzlich zerschlägt und das Verborgene Geheimnis enthüllt und die Wirklichkeiten der Dinge ersichtlich und geofffenbart werden mögen.
(Gezeichnet)Abdul Baha Abbas.
Übersetzt von Shogi Rabbani, Dr. Ziam Bagdadi, Haifa, Palästina, 17.Derzember 1919. Mirza Lotfullah Hakim, Dr. I. E. Essl.emont.
Deutsch: H.S. Esslingen, 27. 6. 21.
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'Zehn Tage im L i c h t e von A k k a'
'Aus den Worten Abdul B a h a s'
Fragen und Antworten; Liebe: Seele und Geist: Das Haus der Gerechtigkeit; Himmel; Die Manifestationen; Geistige Entwicklung; Das Wiederkommen des Geistes; geistige Verwandschaft; Gehorsam; Die Frauen in der Bahai-Offenbarung; Der Berg Carmel und Syrien; Die himmlische Frühlingszeit; Glaube; Das zweite Kommen Christi; Der Besuch am heiligen Grab; Der Besuch im Garten Rizwan; Akka; In dem hl. Haushalt; Am Nachmittag vor dem Fest; Beim Fest; Himmlische Nahrung; eine Rede von Badi Ullah; Ein Kapitel von der Mutter des hl. Haushaltes; Eine Rede von Mirza Assad Ullah.#
Aus zehn Tage im Lichte von Akka
Der Berg C a r m e l und Syrien
Die Geschichte von dem Berg Carmel ist heilige Geschichte. Eine geistige Atmosphäre umgibt diesen Berg Gottes. Elias und Jesus brachten einen Teil ihres köstlichen Lebens auf ihm zu. Abdul Baha liebt den Berg Carmel und hat ihn oft besucht. Zuweilen blieb Er in Höhlen, von welchen aus die See überblickt werden kann, über Nacht im Gebet und in der Gemeinschaft mit Gott. Syrien ist der Mittelpunkt der Welt. Die ausgedehnten und verschiedenen Hilfsquellen, die wunderbare Fruchtbarkeit und natürlichen Vorzüge werden seine zukünftige Geschichte aussergewöhnlich berühmt machen. - Die Möglichkeiten seiner Entwicklung sind unbegrenzt. Syrien ist der Brennpunkt der Weltgeschichte, der Sitz des alten und neuen Jerusalems. Der Berg Carmel wir in Zukunft ein Berg der Erkenntnis, des Friedens und des Schutzes - der Weinberg Gottes werden. Wir werden dies nicht erleben, sondern werden es geistig erblicken. Der Berg Carmel wird eines Tages mit grossen Universitäten bedeckt sein, dann werden sich die Armen durch die Einrichtung dieser freien Erziehungsinstitute grosser Vorteile erfreuen.
Dies ist das heilige Land, von welchem alle Propheten und heiligen Männer kamen. Kein Land hat solch strahlendes Licht der Religion.
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Das Licht Gottes hat immer von diesem Land aus auf die Welt geschienen u. die Religion Gottes hat ihre Quelle und ihre Offenbarungen hier. Dies Land ist wunderbar sogar in seiner phisischen Gestalt. Die Venizier kamen von hier. Ihre grosse Zivilisation ging von Syrien aus. Abraham kam in dies Land. Hier wurden eine Lehren bekannt. Der König Melchisedek kam von diesem Land. Alle Propheten hatten hier ihre Mission.
'D i e H i m m l i s c h e F r ü h l i n g s z e I t'
Bald ist die Zeit des Frühlings. Auf den Bergen und in den Tälern können schon die Knospen der Blumen gesehen werden. Im Erscheinen des Frühlings liegt eine göttliche Weisheit. In der Erneuerung der Erde mit ihren Gaben, verfolgt Gott einen besonderen Zweck. Denn die tote Erde wird wieder zur Blüte gebracht, damit das Leben der Pflanzen u. Blumen fortdauern und aufs neue erzeugt werden möge. Die Blumen treiben ihre Blätter hervor und sind fähig, alle Arten köstlicher Früchte zu tragen. Alle Vögel u. Tiere, alles was Seelenleben hat, ist beim Kommen des Frühlings erfreut und wird verjüngt. Wenn dies nicht so wäre, dann wäre es auch nicht Frühling, sondern Herbst. Trotzdem aber der Frühling kommt, ist es doch möglich, dass ein Baum, welcher in schlechtem Boden gewurzelt ist, seiner belebenden Kraft beraubt wird, oder dass ein fruchtloser Baum keine Früchte trägt, obgleich die warme Sonne scheint und die Frühlingsregen auf ihn herabkommen. In gleicher Weise vermag auch eine böse Seele von dem Kommen einer Manifestation Gottes keinen Nutzen abzuleiten und keine Frucht hervorzubringen. Die göttliche Frühlingszeit, welche in andern Seelen geistige Blumen hervorbringt, versagt im Verschönern bei der Seele, welche böse ist. Wie im Allgemeinen alles belebt, erfrischt und erneuert wird durch die Gaben des natürlichen Frühlings, so empfängt auch jede Seele einen gewissen Grad von Erleuchtung und Wachstum von der Manifestation, wann Er kommt. Er ist der göttliche Frühling, welcher nach langem Winter des Todes und der Untätigkeit kommt. Die Weisheit Gottes wird gesehen in Seinem Kommen. Er schmückt die Seelen
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der Menschen mit neuem Leben, göttlichen Attributen und höheren geistigen Eigenschaften. Dadurch wird die Seele belehrt und erleuchtet. Das was dunkel, trüb und abstossend ist, wird hell, hoffnungsvoll und die Ursachen neuen Wachstums. In der Göttlichen Frühlingszeit empfängt der Blinde Gesicht, der Taube wird hören ,der Stumme wird sprechen, der Mutlose wird ermutigt und der Achtlose zu neuer Tätigkeit erweckt werden. Kurz gesagt, sie sind dann das Ebenbild geworden, das Gott für sie geplant hat und von welchem die himmlischen Bücher verheissen haben, dass es die wahre Stufe des Menschen sein soll. Dies ist die Macht, der Zweck und die Wirksamkeit der himmlischen Frühlingszeit.
'G l a u b e .
Es wurde an den Herrn die Frage gestellt: “Was ist wirklcher Glaube?“ Er antwortete: Aeusserlich bedeutet “Glaube“, das wir die Botschaft, welche eine Manifestation der Welt bringt, glauben und die Erfüllung dessen, was die Propheten verkündigt haben, in Ihm annehmen sollen.
In Wirklichkeit verkörpert aber der Glaube 3 Stufen: 1. Mit der Zunge zu bekennen, 2. Mit dem Herzen zu glauben, 3. Unsern Glauben mit unseren Taten zu beweisen. Diese 3 Dinge sind für den wahren Glauben von grösster Wichtigkeit. Das wichtigste Erfordernis ist aber die Liebe Gotte in dem Herzen. Wir sagen z. Beispiel: Eine Lampe gibt Licht, in Wirklichkeit aber bewirkt das brennende Oel in ihr die Beleuchtung. Die Lampe und der Zylinder sind notwendig, damit sich das Licht entwickeln kann. Die Liebe Gottes ist das Licht. Die Zunge ist der Zylinder oder die Vermittlerin, durch welche diese Liebe zum Ausdruck kommt. Der Zylinder schützt auch das Licht. In gleicher Weise wiederspiegeln die Glieder des Körpers das ihnen innewohnende Licht durch ihre Tätigkeiten. Die Zunge bekennt durch Sprechen und die andern Teile des Körpers bekennen die Liebe Gottes in der Seele eines wahren Gläubigen durch ihre Tätigkeit. Daher kam es, dass Petrus Christus mit der Zunge und mit seinen Taten bekannte. Wenn Zunge u. Taten die
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Liebe Gottes wiederspiegeln, dann werden die wirklichen Eigenschaften des Menschen offenbar. Christus sagte: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen: Das heisst ihre Taten werden beweisen, was in Ihnen ist. Wenn ein Gläubiger Göttliche Eigenschaften aufweist, dann wissen wir, dass der wahre Glaube in seinem Herzen ist. Wenn wir keinen Beweis von diesen Eigenschaften an ihm finden, wenn er selbstsüchtig oder schlecht ist, so hat er nicht den wahren Glauben. In der heiligen Schrift ist der Glaube als die “Wiedergeburt “ oder das “Ewige Leben“ erwähnt. In diesen Tagen ist der Geist Gottes der wirkliche wahre Glaube. Viele behaupten, den wahren Glauben zu besitzen, aber er ist selten, und wenn er da ist, kann er nicht zerstört werden. “Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt“. Manche halten sich selbst für mutig, aber die Prüfungen und Anfechtungen werden beweisen, ob sie die wirkliche Kraft zum Feststehen haben. In Persien sind manche Gläubige, welche vorgaben, festen Glauben an Baha ollah zu haben, nachdem sie geprüft wurden abgefallen. Andere dagegen, welche sich selbst für schwach hielten, erwiesen sich als Helden und Märtyrer. Ich bete, dass du, nachdem du von Amerika hergereist bist, um das heilige Grab zu besuchen, so rein werden mögest, wie ein Glas, durch welches das Licht Gottes scheint. Sei fest! Sei stark! Es ist notwendig; dass wir stark geprüft werden, um uns selbst und der Welt unsern Glauben zu beweisen. Prüfungen umgeben uns immer. Sie stehen im Verhältnis zur Grösse der Sache, gerade wie die Grösse einer Woge im Verhältnis zur See steht, auf welcher sie sich erhöht.