Kudrat 77 (Stärke), Jahrgang 2, Heft 13
'Wirklichkeit'
Herausgegeben v. d. Bahai-Arbeitsgemeinschaft, Esslingen
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'Botschaft von Abdul Baha in dem Irenian von Green – Acre am 17. August 1912
Dolmetscher Dr. Fareed.
Auf der Rednerbühne waren mit Abdul Baha: Dr. Fareed, Mirza Ahmad Sohrab und Mr. Lunt.
Seid ihr alle wohl u. glücklich? Dies ist ein guter Platz. Es ist ein entzückender Ort, eine schöne Landschaft u. eine geistige Natur. Es ist nicht so materiell, wie es geistig ist in der Atmosphäre. In der Zukunft wird es sehr gut werden. Ich hoffe, dass es ein sehr gutes Centrum werde, u. so Gott will, die Ursache der Vereinigung der Welt der Menschheit sein wird, die Ursache der Einigung der Herzen, die Ursache, um den Osten u. Westen miteinander zu verbinden. Dies ist Meine Hoffnung.
Ich wünsche diesen Abend über die Einheit der Menschheit zu sprechen, weil unter die grossen Angelegenheiten dieser Periode auch die Einheit der Welt der Menschheit gehört. Wenn die Einheit der Welt der Menschheit gegründet wäre, so würde sie dazu dienen, alle Differenzen, welche die Menschheit trennen, auszurotten. Alle Kriege u. Streitigkeiten würden aus unserer Mitte verschwinden. Alle Differenzen würden beseitigt werden. Die Welt der Menschheit würde Ruhe finden. Universaler Friede würde gegründet, u. der Osten u. Westen durch ein starkes Band verbunden werden. Die Menschheit würde in ein Tabernakel hienieden geführt werden. Alle Völker würden eins u. deshalb alle Rassen eine Gattung werden. Die ganze Menschheit würde mit der grössten Ruhe u. dem grössten Wohlbehagen im Frieden miteinander leben.
Seit Beginn der menschlichen Geschichte bis zu diesem Tag haben alle Religionen übereinander den Kirchenbann verhängt, jede die andere verflucht, jede die andere betrachtet, als wären sie des Angesichts Gottes beraubt. Jede sah die andern als von Gott verworfen an, jede schaute auf die übrigen, als wären sie direkt des göttlichen Zornes teilhaftig; deshalb mieden sie sich auch so sehr. So übten die Religionen den grössten Groll u. äussersten Hass gegen einander. Wie viel heftige Kriege haben nicht zwischen den Nationen stattgefunden! Wie viel Blut wurde vergossen! Wie haben sie einander die Häuser zerstört! Wie viele Städte haben diese Frömmler vernichtet! Einer der schlimmsten Religionskriege waren die Kreuzzüge, welche 204 Jahre dauerten!
Die westlichen Kreuzfahrer drangen beständig in die östlichen Gegenden vor mit der Absicht, das Heilige Land den Händen des islamiti-
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schen Volkes zu entreißen. Sie sandten fortgesetzt Armeen, welche im Westen dazu ausgebildet wurden, dorthin. Alle Könige Europas zogen einige Jahre dorthin u. vergossen das Blut des Volkes. Während dieses Zeitraums von 200 Jahren nahm weder der Osten noch der Westen die Stellung in der Sache ein. Manchmal rächten sich die Kreuzfahrer ,indem sie das mohammedanische Volk ausplünderten, es töteten u. in Gefangenschaft wegführten, u. manchmal gewannen die Muselmänner den Sieg, töteten die Männer u. führten viele Frauen u. Kinder als Gefangenen weg u. plünderten deren Besitztümer. Dies dauerte 200 Jahre, bei zeitweiser Ruhe u. dann wieder im Kriege, bis es einen solchen Grad erreichte, dass beide, das Volk des Ostens u. das Volk des Westens, der Verstand verliess. Dann zogen sich die europäischen Soldaten zurück, aber der Osten war gleichsam ein Aschenhaufen geworden; der Westen war gänzlich in Aufruhr, weil viele Seelen während dieser 200 Jahre getöt u. ungezählter Reichtum verloren gegangen war. Wie viele arme Väter hatten ihre Söhne verloren! Wie viele Mütter klagten über den Verlust ihrer Kinder? Wie viele Frauen sahen ihre Männer fern der Heimat in Stücke gehauen! Wie viele Männer wussten ihre Frauen in Gefangenschaft u. Unterdrückung? Dies ist nur ein Beispiel der heiligen Kriege. Vergleicht andere Episoden mit dieser.
Es hat Kriege unter allen Frommen gegeben. Von der Entstehung des Protestantismus bis zu seiner allgemeinen Anerkennung wurden 900 000 Menschen getötet, sodass selbst die Spaltung in den Katholiken u. Protestanten 900 000 Märtyrer in dieser Sache hatte. Fragt in der Geschichte darüber nach u. bestätgt die Zahl der dabei Getöteten. Wie viele wurden der strengsten Gefangenschaft ausgesetzt! Wie unbarmherzig war die Behandlung, welche sie durchmachen mussten! Vergleicht damit die Kriege unter allen Religionen u. Sekten.
Seit dem Anfang der menschlichen Geschichte bis auf diesen Tag hat die Welt der Menschheit nicht einen Tag der absoluten Ruhe genossen. Die meisten Kriege, welche gewütet haben, sind auf religiöse Vorurteile u. Fanatismus zurückzuführen oder gründeten auf Sektenwesen. Mit einem Wort, die Menschheit fand keine Ruhe, denn sie betrachteten die andern als geächtet. Von den Frömmlern betrachtet einer den andern als wäre er der Gnaden Gottes beraubt. Sie sehen den andern als tiefer stehend an. Die Menschen einer Religion schauten auf diejenigen einer andern Reli-
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gion, als wären sie Werke des Teufels. Nehmt z.B. die Christen u. Mohammedaner an, welche die Juden fanatisch als feine Gottes betrachteten, sie verfluchten u. sogar töteten. Wie viele Juden wurden von diesen in Stücke gehauen, ihre Häuser verbrannt, ihre Besitztümer geplündert u. ihre Kinder in Gefangenschaft weggeführt! Gleicherweise sahen die Juden die Christen als Ungläubige u. die Mohammedaner als Feinde Moses u. Zerstörer der mosaischen Gesetze an, rufen die Rache auf sie herab u. verfluchen sie noch bis auf diesen Tag.
Betrachtet, welche Schädigungen seit dem Anfang der Welt der Menshheit daraus erwachsen sind. Welche Prüfungen sind gekommen! Nicht eine einzige Stadt gibt es, die nicht Zeuge solcher Zerstörung ist. Jede der göttlichen Religionen betrachtete sich als einen guten, gesegneten Baum, die anderen Nationen dagegen als gehörten sie zu dem Baum des Bösen u. verabscheuten dieselben. Lest die Bücher u. seht, dass alle Religionen an den Baum des Barmherzigen u. den Baum des Satans geglaubt haben. Jede Religion betrachtete sich natürlich, als gehöre sie zu dem Gnadenbaum u. die andern Religionen zu dem Satanbaum bis zu der Zeit, als Seine Heiligkeit Baha’o’llah erschien.
Als Baha’o’llah im Osten auftrat, verhiess Er die Einigkeit der Welt der Menschheit. Er sagte: „Ihr Völker alle, ihr seid die Früchte eines Baumes, es gibt keine zwei Bäume, einen Baum der Gnade Gottes u. einen Baum des Satans.“ So wandte Er Sich an die ganze Menschheit. Ihr seid alle die Früchte eines Baumes, die Blätter eines Zweiges. Sein Werk ist, von jetzt an die Einigkeit der Welt der Menschheit aufzurichten. Der Kirchenbann u. die Verfluchung wurde vollständig aufgehoben, Er sagte: Es kommt einem Menschen nicht zu, einen andern zu verwünschen es schickt sich nicht, den andern der Dunkelheit zu zeihen, kein menschliches Wesen sollte ein anderes als schlecht betrachten, nein, vielmehr sind alle Menschen die Diener eines Gottes u. jener Gott ist der Vater aller, es gibt keine Ausnahme in diesem Gesetz. Es gibt kein Volk des Satans, alle gehören dem Barmherzigen. Es gibt keine Dunkelheit, alles ist Licht. Alle sind die Diener Gottes, u. der Mensch muss die ganze Menschheit in seinem Herzen lieben, Ihr müsst die ganze Menschheit wahrlich so ansehen, ale sei sie untergetaucht in die Göttlichen Gnaden. Baha’o’llah hat von dieser Regel keine Ausnahme gemacht. Er sagte:
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Föchstens ist es dies, dass es unter den Menschen solche gibt, welche unwissend sind, dann müssen sie unterrichtet werden; es gibt solche, welche noch nicht reif sind, ihnen muss man zur Reife verhelfen, so erhebt sich die ganze Menschheit in dem Ozean der Göttlichen Gnade. Gott ist der Vater aller, Er erzieht alle. Er sorgt für alle u. Er liebt sie alle, weil sie alle Seine Kinder, Seine Schöpfung sind. Sicherlich liebt der Schöpfer Sein eigenes Gebilde. Es ist für den Künstler unmöglich, sein eigenes Werk nicht zu lieben. Habt ihr je einen Menschen gesehen, der seine eigenen Handlungen nicht liebt? Obgleich sie sehr schlecht, sind, liebt er sie doch,
Es ist eine Torheit, wenn der Mensch denken sollte, dass Gott, der ihn erschaffen, ernährt, erzogen, ihn mit all diesen Segnungen erschaffen, ihm solche Güte u. Zärtlichkeit erzeigt hat, ihn hassen würde. Welche Unwissenheit! Es ist eine augenscheinliche Torheit, denn es hat nichts zu sagen welcher Religion ein Mensch angehört. Wenn einer ein Atheist, ein Materialist sein sollte, ernährt ihn Gott doch, ist gütig zu ihm u. lässt sein Licht über ihm leuchten. Wie können wir zu der Vermutung kommen, dass Gott feindlich u. hasserfüllt sei. Wie können wir uns je einbilden, dass Gott lieblos sei, wenn wir überall die Zärtlichkeit u. Barmherzigkeit Gottes sehen. Wir sehen die Manifestationen der Liebe Gottes, u. wann Gott so ist, was sollen wir dann tun? Nichts weiter, als Ihm nachzueifern. Wie Gott alle liebt u. zu allen gütig ist, so müssen auch wir jedermann lieben und gütig sein. Wir dürfen keinen als schlecht anschauen, keinen als unwürdig anblicken u. keinen als Feind betrachten. Wir müssen alle lieben; wir müssen jeden als unsern Verwandten ansehen, weil wir alle Diener e i n e s Gottes sind. Alle sind unter den Befehlen eines Erziehers. Wir müssen uns Tag u. Nacht bemühen, dass sich Liebe u. Freundschaft vergrössere, dass diese Band gestärkt, Freude u. Glück zunehme, die ganze Menschheit sich unter dem Schatten Gottes versammle dass sich das Volk zu Gott wende , um so in dem Königreich Gottes bestätigt zu werden u. ewiges Leben durch die Gnade u. Güte Gottes erhalte.
Baha’o’llah hat in Seinen Tabletten deutlich gesagt, dass, wann ihr einen Feind habt, ihr ihn nicht als Feind betrachten sollte. Lasst
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ihn nicht lange leiden, vielmehr liebt ihn, u. eure Behandlung wird euch zu Liebenden machen. Sagt selbst nicht, dass der u. der euer Feind sei. Seht überhaupt keine Feinde. Selbst wenn er euer Mörder ist, seht keine Feinde. Blicket auf ihn mit dem Auge der Freundschaft. Ihr dürft ihn nicht aufnehmen u. ihn als einen Feind betrachten, sondern ihr müsst in ihm einen Freund sehen.
Doch zurück zum Thema. Wenn wir auf die sichtbaren Dine sehen, erkennen wir, dass die Achse, um welche sich das Leben dreht, die Liebe u. die Achse, um welche sich die Zerstörung dreht, Feindschaft u. Hass ist. Lasst uns zuerst auf das Mineralreich verweisen. Wir werden sehen, dass ohne das Vorhandensein der Anziehungskraft, welche selbst in den Atomen wirkt, die Teile der Materie nicht zusammenbleiben würden. Jede existierende Erscheinung, welche ihr seht, ist aus einzelnen Elementen zusammengesetzt u. aus Zellpartikelchen aufgebaut. Wissenschaftlich ist dies bewiesen. Wenn keine Anziehung unter den einzelnen Elementen und keine Anziehung unter den Zellpartikelchen bestände, würde eine Zusammensetzung nie stattgefunden haben. Unter den existierenden Erscheinungen ist der Stein. Dieser Stein ist aus einzelnen Elementen aufgebaut, ein Band der Anziehung ist darin vorhanden, das diese Elemente zusammenhält. Durch diesen Zusammenhalt der Bestandteile hat sich der harte Gegenstand gebildet. Der Stein ist die niederste der Erscheinungen. Es gibt keine niedrigere Existenz als den Stein; dessen ungeachtet ist es die Kraft der Anziehung, welche diesen Stein geformt hat. Wäre diese Kraft der Anziehung nicht vorhanden, so würde dieser Stein nicht existieren. Die Macht der Anziehung in dieser harten Welt ist Liebe, weil Liebe der einzige Ausdruck ist, den sie offenbaren kann.
Blicken wir nun auf die nächste Stufe des Lebens, nämlich auf das Pflanzenreich, so werden wir sehen, dass die Pflanze das Ergebnis einer Anziehungskraft ist, welche unter gewissen Elementen besteht. Die Verbindung dieser kleinsten Teile ist das Ergebnis der vegetabilen Erscheinung. Des weiteren zieht oder saugt diese Pflanze Bestandteile der Erde an sich, und selbst diese Kraft der Aufsaugung ist Anziehung. In dem Pflanzenreich ist dies ein Ausdruck der Liebe, weil das Reich der Pflanzen nicht die Fähigkeit einer grösseren Erscheinung von Liebe hat. Durch diese Macht der Anziehung erscheint die Kraft vermehrt, durch
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welche sie Tag um Tag wächst. Die Kraft, welche im Pflanzenreich die Ursache des Lebens ausmacht, ist deshalb Liebe. Wäre irgendwelche Abstossung unter den Elementen, so würden sie dadurch voneinander getrennt u. der Zerfall würde vor sich gehen. Nur dadurch, dass sich diese Elemente, diese Zellen gegenseitig anziehen, kann diese Pflanze existieren. Würde diese Anziehung verschwinden, so würde dies die Trennung unter den Bestandteilen zur Folge haben u. die Pflanze könnte nicht bestehen.
Nun kommen Wir zur Tierwelt. Wir sehen, dass in dem Tierreich, welches höher ist als das Reich der Pflanzen, die Liebe sich ebenso offenbart. Das Licht der Liebe ist strahlender, weil es in dem Tierreich eine Anziehungskraft gibt, wodurch diese Elemente verbunden sind u. durch deren Verbindung das Tier zum Wesen wird. Des weiteren gibt es noch gewisse Empfänglichkeiten, verschiedene Gefühle unter den Tieren. Die Geselligkeit unter den Tieren ist dieser Anziehung zuzuschreiben. Die Tiere sind sehr freundlich zu ihrer Art, u. zeigen so die Liebe in dem Tierreich.
Endlich kommen wir zum menschlichen Königreich. Wir finden darin alle Grade des mineralischen, pflanzlichen u. tierischen Ausdrucks der Liebe verkörpert u. dass es ebenso magnetische Kräfte des Gewissens, wie geistige Anziehungskräfte gibt. Hier ist wieder ein Fortschritt. In dem menschlichen Königreich gibt es geistige Empfänglichkeiten. Die Liebe nimmt in diesem Königreich ihren höchsten Rang ein. Es ist bewiesen, dass auf allen Stufen Einigkeit u. Einklang, Liebe u. Geselligkeit die Ursachen des Lebens sind, während Zwietracht Hass u. Trennung immer zum Tode führen. Deshalb müssen wir uns mit Leib u. Seele bemühen, dass die Einigkeit u. Uebereinstimmung sich Tag für Tag unter der Menschheit vergrössere u. Liebe u. Freundschaft strahlender leuchte u. sich offenbare.
Wenn ihr das Tierreich betrachtet, so werdet ihr beobachten, dass die Haustiere in grösster Geselligkeit untereinander leben. Schaut eine Schafherde an u. seht wie freundschaftlich diese Tiere sind. Betrachtet das Geflügel u. beobachtet, wie liebreich es ist. Kein Sektenwesen ist unter ihnen. Hier ist kein Patriotismus zu finden, weshalb es auch keine Trennung irgend welcher Art gibt. All diese Vögel wohnen in der grössten Liebe u. Einigkeit zusammen. Sie fliegen miteinander u. gesellen u. verbinden sich zusammen. Aber die wilden Tiere wie der Wolf, der Bär,
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der Tiger u. die Hyäne leben nie freundschaftlich zusammen oder gesellen sich zueinander. Immer bekämpfen sie sich gegenseitig. Sobald sie sich begegnen, streiten sie sich. Nie werdet ihr von 3 Wölfen hören, dass sie sich zu friedlichem Tun zusammenfinden. Sobald ihr 3 Wölfe beisammen seht, werdet ihr wissen, dass irgend etwas los ist. Gerade wie bei den selbstsüchtigen Männern, die einander töten, sich gegenseitig verbannen, immer feindlich zueinander sind u. sich gegenseitig verfluchen. Wie viel besser ist es für den Menschen, gleich den Haustieren zu sein, anstatt sich wie wilde Tiere zu gebärden. Bei Gott ist die Liebe angenehm, während Er Hass u. Erbitterung verabscheut. Warum sollen wir wie wilde Tiere sein, beständig das Blut anderer vergiessen, das Besitztum des andern plündern, das Eigentum anderer verwüsten u. zerstören? Wir sehen, dass Gott zu allen gütig ist, so wie Er uns liebt, liebt Er alle, wie Er für uns sorgt, sorgt Er auch für die andern, so wie Er uns ernährt, ernährt Er alle. Gott ist gross u. gütig. Er sieht nicht auf die Fehler, Er schaut nicht die Sünden der Menschen an. Er hat den Menschen durch Seine Barmherzigkeit geschaffen u. Seiner Gnade ist er stets teilhaftig. Warum sollen wir nun Seine Geschöpfe verabscheuen, u. nur deshalb, weil dies ein Jude, der andere ein Buddhist, der andere ein Zoroaster oder dieser oder jener ist. Dies ist Torheit, die Tatsache, dass alle Menschen Diener eines Gottes sind, ist unbedingt festgelegt. Baha’o’llah hat die Einheit der Menschheit profezeit, u. deshalb müssen wir alle die grösste Liebe andern gegenüber bezeigen. Wir dürfen kein Volk als teuflische Menschen betrachten, vielmehr müssen wir das ganze Volk als Diener Gottes ansehen. Es kann höchstens sein, dass einige Seelen wenig Erkenntnis haben, sie müssen geführt und ausgebildet werden, ihnen muss Menschlichkeit gelehrt und sie müssen in der Aneignung der Tugenden unterstützt werden, oder es sind solche, welche unwissend sind, dann müssen sie unterwiesen werden, oder solche, die wie Kinder sind, ihnen muss man helfen, dass sie die Reife erlangen, oder solche, welche krank sind, sie müssen gepflegt werden, und wenn ihr sittliches Verhalten schlecht ist, müssen sie behandelt werden, bis ihre Moral gut ist. Aber der kranke Mensch darf nicht gehasst werden, weil er krank ist, das Kind darf nicht verachtet werden, weil es ein Kind ist, u. der unwissende Mensch darf nicht gehasst werden, weil er unwissende ist sondern er muss erzogen, er muss gepflegt werden; alles muss geschehen, damit die ganze Menschheit unter dem Schatten Gottes in grösster Freudigkeit u. Ruhe, im Glück im höchsten Sinne lebe.
Deutsche Uebersetzung von der B. A.G. Esslingen
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'Deutschland, Esslingen'
Durch Aga Mirza Azizullah Khan Bahadur, über ihm sei der Glanz Gottes des Allerhöchsten, an die Dienerin Gottes G. S. über ihr sei der Glanz des Allerhöchsten.
Er ist Gott!
O Du, die Du vom Gottesreich Abhas gefesselt bist!
Dein Brief traf ein, in dem Du berichtest, dass Du einen Anteil aus der Schatzkammer göttlichen Wissens erlangtest. Durch die Gnade Baha’o’llahs hege ich die Hoffnung, dass Du in Deinen Taten bestätigt werden mögest. Obgleich Du ein schwaches Kind bist, so bist Du doch im Reiche Gottes dem Volk Baha teuer.
Was Du angeführt hast, ist richtig, dass die Menschheit erneut werden müsse, d.h. dass sie neu geboren werden müsste, wie Seine Heiligkeit Christus sagt, dass die erste Geburt die aus dem mütterlichen Schosse ist und die zweite Geburt die aus dem Schosse der Natur.
Wie der Mensch vor seiner Geburt aus dem Mutterschoss nichts von der Natur der Welt, in die er trat, wusste, so ist es auch mit der Erkenntnis, die er nicht erlangt von der Welt des Gottesreiches, bevor er aus dem Schoss der natürlichen Welt geboren wird. Dies ist genau dasselbe.
Ich bete und flehe an der Schwelle Gottes, dass Du zur Widerspiegelung der Gnade für das Reich der Menschheit werdest und dass Du mit dem Waser des Lebens und dem Wehen des heiligen Geistes getauft werdest, damit Du bestätigt werdest, Deine Pflicht zu tun und dass Du Deine Eltern, deine Freunde und selbst Deine Feinde führest.
Ueber Dir sei Baha El Abha!
gez. Abdul Baha abbas.
21. Januar 1920
Uebersetzt durch Azizullah S. Bahadur und übersandt an Frau Konsul Schwarz.