| Tempora  Nr. 1 - April 1997  | 
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TEMPORA
Vorurteil des Rassismus
Die Vision von der Einheit der Rassen
Ein Statement der Bahá’í der USA
Persönliche Entfaltung und kultureller Fortschritt
Hermine Mayer—Berdjis über die Weltdekade für kulturelle Entwicklung
Rasse — ein belasteter Begriff in neuem Licht
Craig Loehles wissenschaftliche und religiöse Betrachtungen
TEMPORA
Nr. 1 - April 1997
Inhalt
2 . . . IMPRESSUM
3 . . . EDITORIAL
4 . . . BLEIBT EIN TRAUM NUR EIN TRAUM?
- Am 28. August 1963 hielt Dr. Martin Luther King jr. auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington D.C. eine Rede, die unter dem Synonym "Ich habe einen Traum... " weltweit bekannt wurde. Die Rede Dr. Kings ist auszugsweise abgedruckt.
 
6 . . . ÜBERWINDUNG VON RASSISMUS MIT GEISTIGEN MITTELN
10 . . . RASSE — EIN BELASTETER BEGRIFF IN NEUEM LICHT
- Trotz der Erfolge der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, und der Anstrengungen, die Apartheid in Südafrika zu beenden, hält sich der Rassismus weltweit noch immer hartnäckig. Craig Loehle fordert dazu auf, das Thema sowohl wissenschaftlich als auch religiös in einem ausgewogenen Verhältnis zu untersuchen.
 
17 . . . LESE—ZEIT
18 . . . ROBERT HAYDN — SEIN WERK, SEIN SIEG ÜBER DAS ELEND, SEIN LEBEN
22 . . . DIE VISION VON DER EINHEIT DER RASSEN
- Ein Statement des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í der Vereinigten Staaten von Amerika
 
27 . . . PERSÖNLICHE ENTFALTUNG UND KULTURELLER FORTSCHRITT
Impressum
Die Globalisierung unseres Planeten erfordert in allen Bereichen ein
gänzlich neues Denken und Handeln. TEMPORA beschäftigt sich auf
dem Hintergrund der Bahá’í—Lehren mit aktuellen Zeitfragen und möchte 
durch Gedankenimpulse die Entwicklung zu einer geeinten Welt fördern.
Herausgeber
Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Deutschland e.V., Hofheim—Langenhain
Redaktion
Elena Afscharian, Roland Greis, Mirko Echghi—Ghamsari, Wolfram Enders, Karl Türke jun.
Redaktionsanschrift
- Redaktion TEMPORA
 - Eppsteiner Str. 89
 - D-65719 Hofheim
 
- e—Mail: nsagermany@aol.com
 
Layout
Mirko Echghi—Ghamsari
Vertrieb und Bestellungen
- Bahá’í—Verlag
 - Eppsteiner Str. 89
 - D-65719 Hofheim
 
- Tel. (06192) 22921
 - Fax (06192) 992999
 
TEMPORA erscheint halbjährlich.
Abonnementpreis für vier Ausgaben DM 35,- Einzelpreis DM 9,80.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die
Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder. Für unverlangt 
eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt die Redaktion keine 
Haftung. Die Redaktion behält sich sinnbewahrende Kürzungen
und Änderungen der Beiträge vor. Nachdruck, auch auszugsweise, nur
mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion.
© Bahá’í-Verlag GmbH 1997
ISSN 1433-2078
Editorial
Zeit für Veränderungen!
"Tempora“ ist die Mehrzahlform des lateinischen Wortes Tempus, zu deutsch Zeit. Das
Thema Zeit, oder besser die Zeiten, schienen uns ein guter Ansatz, als wir uns 
zusammensetzten, um eine Neugestaltung der bisherigen Zeitschrift "Bahá’í—Briefe" zu beraten.
Wir befinden uns in einer Zeit der Veränderung. Geprägt von den Erfahrungen vergangener 
Zeiten machen wir uns auf in ein neues Zeitalter. Und genau hier möchten wir mit
dieser neuen Zeitschrift, der wir den Namen TEMPORA gaben, ansetzen.
Mit der Konzentration auf ein Schwerpunktthema pro Ausgabe sollen Probleme und Nöte unserer Zeit aufgegriffen und anhand sachkundiger Beiträge und Meinungen beleuchtet werden. Dabei wird vieles lediglich angerissen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Erstens weil wir nicht angetreten sind, alles zu erklären, zu definieren und zu entschleiern. Grundprinzip soll der freie Fluß von Gedanken und Interpretationen sein. Dies hilft, Zusammenhänge besser zu begreifen und positiv zur Entwicklung der Menschheit beizutragen. Zweitens weil es uns wichtig ist, verschiedene Lösungsansätze und Antworten konzentriert anzubieten. Aus diesem Material für sich persönlich Schlüsse zu ziehen, mit eigenen Erfahrungen zu ergänzen und zu vergleichen, ist etwas, das im Kopf des Lesers sowie im Dialog mit anderen und nicht in dieser Zeitschrift geschehen soll.
Unterstützt werden soll dieser Prozeß durch ein neues Layout. Mit Hilfe zeitgemäßer visueller Kommunikationsmittel möchten wir den Einstieg in das jeweilige Thema erleichtern.
Wichtig ist es uns auch festzustellen, daß TEMPORA nicht die Meinung oder das Projekt eines einzelnen oder einer kleinen Gruppe wiedergibt. Vielmehr soll es ein Gemeinschaftsprojekt sein, in dem auch Sie sich, z.B. als Leser, Autor, Fotograf, Übersetzer, Künstler oder als Abonnent einbringen können. Uns ist jede Form von Mitwirkung und Resonanz willkommen.
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur vorliegenden Ausgabe. Als Debüt-Thema haben wir uns dem Vorurteil des Rassismus gewidmet. Dieses Schreckgespenst verfolgt uns schon über Jahrhunderte hinweg. Der amerikanische Bürgerkrieg, der die Abschaffung der Sklaverei in den Vereinigten Staaten von Amerika zur Folge hatte, ist schon seit 133 Jahre beendet, und trotzdem ist Rassismus Immer noch ein bedeutendes gesellschaftliches Problem. Die letzte Regierungsform, die Apartheid als rechtmäßig ansah, ist vor wenigen Jahren in Südafrika beendet worden, doch das Bewußtsein von der Einheit der Menschheit ist noch nicht bei allen Menschen entwickelt. In dieser Ausgabe finden Sie einige Anregungen, wie wir alle dazu beitragen können, dieses Vorurteil zu überwinden.
- Die Redaktion
 
 
Bleibt ein Traum nur ein Traum?[Bearbeiten]
Am 28. August 1963 hielt Dr.Martin Luther King jr. auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington D.C. eine Rede, die unter dem Synonym „Ich habe einen Traum...“ weltweit bekannt wurde. Heute, 33 Jahre nach dieser Rede, hat sich nur wenig aus dieser Vision verwirklicht und ein großer Teil der Menschheit träumt diesen Traum noch immer. Die Rede Dr. Kings ist hier auszugsweise wiedergegeben.
- Übersetzung und Zeichnung: Roland Greis
 
Vor etwa hundert Jahren unterzeichnete ein großer Amerikaner, in dessen symbolischem 
Schatten wir heute stehen, die Erklärung der Sklavenbefreiung. Dieser folgenschwere 
Beschluß kam als ein Leuchtfeuer der Hoffnung zu Millionen schwarzer Sklaven, die in 
den Flammen sengender Ungerechtigkeit verschmachteten. Er kam als ein freudiger 
Tagesanbruch, der die lange Nacht der Gefangenschaft beendete.
Aber einhundert Jahre später müssen wir der tragischen Tatsache ins Auge blicken, daß der Schwarze noch immer nicht frei ist. Einhundert Jahre später wird das Leben des Schwarzen immer noch auf deprimierende Weise von den Fesseln der Rassentrennung und den Ketten der Diskriminierung verkrüppelt. Einhundert Jahre später lebt der Schwarze auf einer einsamen Insel der Armut inmitten eines weiten Ozeans materiellen Wohlstands. Einhundert Jahre später siecht der Schwarze immer noch am Rande der amerikanischen Gesellschaft dahin und findet sich als Ausgestoßener in seinem eigenen Land. Deshalb sind wir heute hierher gekommen, um einen schrecklichen Zustand ins Bewußtsein zu rufen...
Aber da ist etwas, das ich meinem Volk sagen muß, das auf der Schwelle zum
Palast der Gerechtigkeit steht. Auf dem Weg zur Erlangung unseres rechtmäßigen 
Platzes dürfen wir uns nicht unrechtmäßiger Taten schuldig machen. Laßt uns
nicht versuchen, unseren Durst nach Freiheit zu stillen, indem wir aus dem 
Becher der Verbitterung und des Hasses trinken.
Wir müssen unseren Kampf immer auf der hohen Stufe der Würde und der Disziplin
führen. Wir dürfen nicht zulassen, daß unser schöpferischer Protest in körperliche 
Gewalt ausartet. Wieder und wieder müssen wir die erhabene Stufe erklimmen, 
körperlicher Gewalt mit der Kraft unserer Seele entgegenzutreten. Der wunderbare neue
Kampfgeist, der die schwarze Gemeinde erfaßt hat, darf uns nicht dazu verleiten, allen
Weißen zu mißtrauen, denn viele unserer weißen Brüder - wie ihre Anwesenheit heute 
beweist — haben erkannt, daß ihr Schicksal 
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mit unserem Schicksal verflochten ist und daß ihre Freiheit unlösbar mit unserer
Freiheit verbunden ist. Wir können nicht allein marschieren...
Geht zurück nach Mississippi, geht zurück nach Alabama, geht zurück nach Georgia, 
geht zurück nach Louisiana, geht zurück in die Slums und Gettos unserer Städte 
des Nordens und seid gewiß, daß diese Situation geändert werden kann und wird. 
Laßt uns nicht im Tal der Verzweiflung verharren.
Ich sage euch heute, meine Freunde, daß ich trotz der Schwierigkeiten und Enttäuschungen des Augenblicks noch immer einen Traum habe. Es ist ein Traum, der tief im amerikanischen Traum verwurzelt ist.
Ich habe einen Traum, daß diese Nation eines Tages sich erheben und die wahre Bedeutung ihres Glaubensbekenntnisses mit Leben erfüllen wird: „Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: Daß alle Menschen gleich erschaffen sind.“
Ich habe einen Traum, daß eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne früherer Sklaven und die Söhne früherer Sklavenhalter gemeinsam am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.
Ich habe einen Traum, daß eines Tages sogar der Staat Mississippi, ein Staat, der in der Gluthitze der Ungerechtigkeit und Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandelt wird.
Ich habe einen Traum, daß meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach der Beschaffenheit ihres Charakters beurteilt werden.
Ich habe heute einen Traum.
Ich habe einen Traum, daß eines Tages der Staat Alabama, dessen Gouverneur gegenwärtig Worte wie „Intervention“ und „Annullierung der Rassenintegration“ im Munde führt, in einen Zustand versetzt werden wird, wo kleine schwarze Jungen und Mädchen in der Lage sein werden, mit kleinen weißen Jungen und Mädchen wie mit Schwestern und Brüdern Hand in Hand gehen zu können.
Ich habe heute einen Traum.
Ich habe einen Traum, daß eines Tages jedes Tal erhöht, jeder Hügel und Berg erniedrigt werden wird, daß die rauhen Orte geglättet und die unebenen Orte gerade gemacht werden. Und die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und alles Fleisch wird es gemeinsam gewahr werden.
Dies ist unsere Hoffnung. Dies ist der Glaube, mit dem ich in den Süden zurückkehre. Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, einen Stein der Hoffnung aus dem Berg der Verzweiflung herauszuschlagen.
Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, die schrillen Mißklänge unserer Nation in eine wunderbare Symphonie der Brüderlichkeit zu verwandeln. Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, gemeinsam zu arbeiten, gemeinsam zu beten, gemeinsam zu kämpfen, gemeinsam ins Gefängnis zu gehen, gemeinsam für den Frieden aufzustehen, im Wissen, daß wir eines Tages frei sein werden.
Dies wird der Tag sein, an dem alle Kinder Gottes dieses Lied mit einer
neuen Bedeutung füllen werden: „Mein Land, von dir, du Land der Freiheit, singe 
ich. Land, wo meine Väter starben, Land des Pilgerstolzes, von allen Bergen laßt 
die Freiheit erschallen.“
Und wenn Amerika ein großes Land werden soll, dann muß dies wahr werden. Deshalb laßt die Freiheit erschallen von den gewaltigen Gipfeln New Hampshires. Laßt die Freiheit erschallen von den mächtigen Bergen New Yorks. Laßt die Freiheit erschallen von den hochragenden Alleghenies von Pennsylvania! Laßt die Freiheit erschallen von den schneebedeckten Rocky Mountains von Colorado! Laßt die Freiheit erschallen von den geschwungenen Berghängen Kaliforniens!
Aber nicht nur das; laßt die Freiheit erschallen von Georgias Stone Mountain. Laßt die Freiheit erschallen vom Lookout Mountain in Tennessee! Laßt die Freiheit erschallen von jedem Hügel und von jedem Maulwurfshügel in Mississippi. Von jedem Bergeshang laßt die Freiheit erschallen!
Wenn wir die Freiheit erschallen lassen, wenn wir sie von jedem Dorf und jeder Siedlung, von jedem Staat und jeder Stadt erschallen lassen, werden wir das Kommen des Tages beschleunigen, an dem alle Kinder Gottes, Schwarze und Weiße, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken sich die Hände reichen können und die Worte des alten Negrospirituals singen werden: „Endlich frei, endlich frei! Dank Gott, dem Allmächtigen, sind wir endlich frei!“
- Martin Luther King jr. wurde am 15. Januar 1929 in Atlanta, Georgia geboren.
 - Er war baptistischer Priester und Führer der Bürgerrechtsbewegung in den USA. King befürwortete gewaltfreie Aktionen (Protest-Märsche, Sit-ins), um die Reform des amerikanischen Bürgerrechts zu erreichen.
 - 1964 erhielt er den Friedens-Nobelpreis.
 - 1968 kam er, im Alter von 39 Jahren, durch ein Attentat zu Tode.
 
Überwindung von Rassismus mit geistigen Mitteln[Bearbeiten]
- Der folgende Artikel ist die Übersetzung einer Rede, die von Holly Hanson bei einer Bahá’í-Konferenz über soziale und wirtschaftliche Entwicklung im Dezember 1993 in Orlando, Florida gehalten wurde.
 
Was würde wohl geschehen, wenn wir geistige Werkzeuge auf unser gesellschaftlich größtes soziales Problem - den Rassismus - anwendeten? Sowohl 'Abdu'l-Bahá als auch Shoghi Effendi gaben den amerikanischen Bahá’í eindeutige, konkrete Regeln, wie sie mit Rassismus und rassistischer Ungerechtigkeit umgehen sollten. Eine nähere Betrachtung dieses Themas scheint mir notwendig zu sein. Erstens, da die Bahá’í-Schriften so eindeutig Bezug darauf nehmen, wie man dieses Problem in den Griff bekommt, und zweitens, weil dieser Lösungsansatz an der tiefen und leidvollen Trennung zwischen ethnischen und religiösen Gruppen und Gesellschaftsschichten ansetzt, die so viele Menschen in der Welt auseinanderreißt.
Lassen Sie uns zunächst einmal darüber nachdenken, was wir selbst erreichen könnten, wenn wir vollkommen rein und mit gutem Willen entscheiden, etwas uns Vertrautes zu tun. Stellen wir uns vor, wir wären eine nordamerikanische Bahá’í-Gemeinde, die über die Erfordernisse der eigenen Gemeinde und ihre eigenen Möglichkeiten berät.
Diese Gemeinde beschließt nun, ein Unterrichtsprojekt für Schüler der städtischen Nachbarschaft zu gründen. Dort ist - mal angenommen - die Qualität der öffentlichen Schulausbildung schlecht und die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen sind für junge Leute eine echte Herausforderung. Das Bahá’í-Zentrum befindet sich nun in dieser Nachbarschaft. Es gibt genügend begeisterungsfähige Freiwillige, um dieses Projekt am Leben zu halten, und sie treffen auf eine hohe Nachfrage.
Dieses Unternehmen wäre wundervoll und würde nachhaltigen Eindruck auf einige der Teilnehmer hinterlassen - ihr Ziel jedoch wäre begrenzter Natur.
Sie würden sich nicht mit dem grundsätzlichen Problem auseinandersetzen: einem alles durchdringenden Rassismus, der diese jungen Leute auffrißt, weil nur ein paar wenige mit diesem Unterrichtsprojekt aufgefangen werden könnten. In der Kultur, in der wir leben, ist das alles, was wir hoffen können. Menschen mit lobenswerten Motiven können einige andere retten. Dies ist zwar eine wundervolle und keineswegs negative Sache — aber es ist weit entfernt von dem, was wir erreichen könnten.
Wir können einen Beitrag für etwas unendlich Kraftvolleres leisten, wenn wir uns an die sehr eindeutigen Regeln halten, die uns Shoghi Effendi gab. Er sprach sehr konkret darüber, wie wir den Rassismus aus der amerikanischen Gesellschaft verbannen könnten.
Zunächst haben wir eine Vision für unser Handeln: das Ziel, die Einheit aller Rassen zu schaffen.
Die Zentralgestalten des Bahá’í-Glaubens haben durch das gesamte 20. Jahrhundert hindurch 
den amerikanischen Bahá’í erklärt, daß der Überwindung 
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des Rassismus absolute Priorität eingeräumt werden müsse.
Dann brauchen wir das Instrument der Stärkung unserer Geistigkeit. Denn jeder Gläubige muß sein Herz erforschen und harte geistige Arbeit auf sich nehmen.
Dazu müssen wir das Werkzeug der geistigen Stärkung jedes einzelnen Gläubigen anwenden, damit tiefgreifende, das Herz wandelnde Veränderungen erreicht werden können.
„Die Weißen müssen sich außerordentlich anstrengen, ein für allemal ihr üblicherweise anerzogenes und manchmal unbewußtes Überlegenheitsgefühl abzulegen. Sie müssen ihre Neigung, eine herablassende Haltung einzunehmen, korrigieren und die anderen Menschen von ihrer Aufrichtigkeit und Offenheit überzeugen, ohne dabei die Geduld zu verlieren.“ (Shoghi Effendi, Das Kommen göttlicher Gerechtigkeit)
Das ist das Werkzeug der Vision. Und dazu kommt das Werkzeug der Stärkung unserer geistigen Kraft: Anstatt uns mit schmerzhaften Schuldgefühlen zu plagen, haben wir das Vertrauen und das dem Glauben entspringende Selbstbewußtsein, die uns ermutigen, uns auf den Wandel einzulassen.
Die gleiche geistige Wirkkraft finden wir in einer der Aussagen Shoghi Effendis für farbige Menschen:
„Laßt die Schwarzen die Wärme ihrer Antwort, ihre Bereitschaft, die Vergangenheit zu überwinden, und ihre Fähigkeit, jede Spur von Mißtrauen abzulegen, zeigen.“
Noch einmal, diese Aufgaben sind schwieriger, schmerzvoller Natur. Wir
können sie nicht erfüllen, indem wir lediglich den Wunsch in uns
hegen, den Rassismus zu überwinden. Wir erreichen unser Ziel
deshalb, weil Gott es möchte und Bahá’u’lláh uns hierfür die
Mittel nennt.
In derselben klaren Aufforderung zeigt uns Shoghi Effendi, was wir dafür benötigen:
„Tiefe Liebe, extreme Geduld, wahre Bescheidenheit, vollendetes Feingefühl, starke Entschlußkraft, reife Weisheit und unerschütterliche, von Gebeten getragene Bemühungen! Dies sind in die Tat umgesetzte Tugenden in unserer heutigen Welt.“
Wenn wir die Bahá’í-Schriften betrachten, so finden wir in bezug auf Rassismus viele Aussagen über den sozialen Wandel, sowie über die Strukturen, Muster und Gewohnheiten, die wir zu ändern haben. Im Grunde halten unsere eigenen Lebensmuster subtile und durchdringende Rassentrennung aufrecht. Shoghi Effendi stellte fest, daß wir die echte Einheit in allen unseren Lebensbereichen erlangen müssen, und gibt uns eine „Checkliste“ dafür, wo wir die Einheit erlangt haben müssen, um unseren Glauben umsetzen zu können. Diese Checkliste nennt folgende Bereiche:
„In Ihren Häusern, in Ihrer Freizeit, im täglichen Kontakt des beruflichen Umfeldes, in den Vereinen unserer Kinder, in Schulklassen, auf Spielplätzen und in Vereinshäusern.“
Er stellt auch dar, welche Art von Umgang dem Bahá’í-Maßstab gerecht würde - keine kalten und leeren Formalitäten, wie beispielsweise bei Banketten, sondern nahe und vertraute Beziehungen.
Wenn wir uns den Bahá’í-Schriften zuwenden und sehen, daß unser Ziel der enge und vertraute 
Umgang ist, wie können wir dieses Ziel angehen? Fest steht, daß wir Beratung sowie
systematische Pläne benötigen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Stellen wir uns einmal vor, der
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örtliche Rat hätte beschlossen, Unterricht zu erteilen, und führt
diesen auch durch. Zusätzlich zu den inneren, persönlichen Aufgaben 
arbeiten sie an den äußeren sozialen Aspekten. Sie richten eine gemeinsame 
Spielgruppe ein, um Kleinkinder und deren Mütter zusammenzubringen. Einige 
Frauen richten eine Lesegruppe ein, welche Literatur von amerikanischen 
Ureinwohnern, Afro-, schwedischen- und chinesischen Amerikanern lesen.
Sie waren für viele Jahre bereits höfliche Freunde bei Festen gewesen. Sobald 
sie sich jedoch in ihrer privaten Umgebung treffen, über diese Literatur sprechen 
und schließlich das Thema auf das Leben ihrer eigenen Mütter - mit allen Ähnlichkeiten
oder auch Unterschieden - richten, dann entwickeln sie ein völlig neues vertrautes 
Verständnis und Liebe füreinander.
Der örtliche Rat stellt nun fest, daß öffentliche Schulen der Hauptschauplatz in der Gesellschaft sind, in dem sich rassische Mißverständnisse vervielfachen, aber auch Verständnis für die Einheit der Rassen vermittelt werden könnte. Der Rat investiert seine Energie dann in anspruchsvolle Programme, die nach der Schule stattfinden und den Kindern sowie Jugendlichen ermöglichen, einander anzuhören, zu verstehen, gemeinsame Ziele zu entwickeln und diese auch zu verwirklichen. Das Ziel ist das Erreichen von vertrauten sozialen Beziehungen, und die verschiedenen Methoden (Unterrichtsprojekte, Gesundheitsprogramme etc.) stellen Möglichkeiten dar, diese grundlegende Aufgabe zu erfüllen.
Der Unterschied zwischen einem Plan, der zum Ziel hat, tiefe, vertraute soziale Kontakte zu erlangen, und einem solchen, der lediglich soziale Dienste anbietet, ist folgender: Wessen Leben muß sich wandeln? Wenn ich der oberen Mittelschicht der Amerikaner angehöre, so kann ich ohne weiteres bei der Anti-Rassentrennungs-Demonstration mitlaufen, Lebensmittel spenden oder sogar meine Zeit als Lehrer zur Verfügung stellen, ohne daß mein Platz und meine Privilegien in der Gesellschaft in Gefahr wären. Sobald ich damit beginne, vertraute soziale Beziehungen mit Leuten, die sehr unterschiedlich von mir sind und stark in dieser Gesellschaft leiden, einzugehen, sobald ich die Lebensumstände und Herausforderungen dieser Menschen kennenlerne und diese Menschen mir so vertraut wie meine eigene Familie werden, dann könnte ich diese Zustände nicht länger ertragen. Ich würde dann meinen eigenen Lebensstil ändern und meine ganzen Energien darauf ausrichten, als Mitglied einer privilegierten Gruppe Veränderungen herbeizuführen, damit meine „Familie“ nicht länger leiden müßte. 'Abdu'l-Bahá definierte „Gerechtigkeit“ als einen Zustand, wo wir jeden Menschen als Mitglied unserer Familie anerkennen.
Nun möchte ich über die Konsequenzen von Shoghi Effendis Anweisung
sprechen. Wie lauten nun die Ziele eines Planes, der erreichen
möchte, vertraute soziale Beziehungen zwischen den verschiedenen Rassen in 
allen Bereichen unseres Lebens herbeizuführen? Das Ziel ist die Änderung der 
intellektuellen und sozialen Strukturen der Gesellschaft, die Überwindung von 
Rassismus, um sich von den inneren und äußeren Gedankenmustern und Verhaltensweisen 
zu lösen, welche uns wie riesige Magneten in ihrem Bann halten. Was erhalten wir 
jedoch im Gegenzug für das Risiko, wenn wir den Mut aufbringen, die geistigen 
Werkzeuge unseres Glaubens anzuwenden, um den Rassismus zu überwinden?
Ich denke, wir wissen nicht und können auch nicht wissen, wie die Antwort auf diese Frage lautet, da wir unser Land nicht wiedererkennen würden, sobald wir diese Schritte unternehmen. Shoghi Effendi schrieb, daß die Befolgung der Verordnungen von Bahá’u’lláh zu einem Verschmelzen der Rassen führen würde. Ein solches Verschmelzen stellt ein kraftvolles Ereignis dar, wo etwas völlig Neues aus der Mischung der verschiedenen Elemente hervorgeht. Wenn sie zusammenkommen, werden sie einen enormen Energieausstoß bewirken. Fusion geschieht auch in der Sonne, die strahlend und kraftvoll scheint. Obwohl wir zwar nicht genau wissen, wohin uns die Freisetzung dieser Energien führen wird, so wissen wir trotzdem, daß wir genau dorthin wollen. Wenn wir den Mut aufbringen, über die Erwartungshaltungen und die Pläne der Gesellschaft hinauszugehen, und uns der Führung anvertrauen, die in den geistigen Lehren gegeben wurde, dann werden wir unser Ziel erreichen.
Wenn wir darüber nachdenken, stoßen wir vielleicht auf eine der Hürden in unserer Entwicklungsarbeit. Verschmelzung ist etwas Mächtiges.
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Lassen Sie uns nicht in kleinen Kategorien denken! Lassen 
Sie uns nicht gefangensein durch die falsche Annahme, daß
eine Armenspeisung schon deshalb eine Entwicklung darstellt,
weil sie materielle Bedürfnisse befriedigt, und daß die Schaffung 
der Einheit der Rassen die andere Aufgabe ist.
Es handelt sich hierbei keineswegs um einen unrealistischen Plan. Er ist auch nicht immaterieller Natur. 'Abdu'l-Bahá meinte, das beste Mittel, den Fortschritt der Menschheit sicherzustellen, die beste Tat für die Erlösung der Welt, seien Liebe, Kameradschaft und Einheit. Wenn wir Gerechtigkeit erlangen wollen, so liegt es an uns selbst, uns zu wandeln und unsere Taten so zu lenken, daß sie Einheit hervorbringen. Wenn wir für arme Menschen Voraussetzungen für eine gute Erziehung und angenehme berufliche Tätigkeiten schaffen wollen, dann müssen wir uns zunächst einmal selber ändern und unsere Taten so lenken, daß sie Einheit herbeiführen.
Dies ist soziale Wohlfahrt im besten Sinne. Wenn wir das Licht der Einheit hereinlassen, so werden wir wunderschöne soziale Früchte ernten. Das bringt uns zum Thema „Mut“. Stellen Sie sich vor, Sie erzählen einem Mitarbeiter auf dem Nachhauseweg folgendes: „Ich gehe zu einem Nachhilfeprojekt der Bahá’í-Gemeinde. Dort unterrichte ich.“ Jetzt stellen Sie sich dagegen vor Sie würden sagen: „Ich fahre nachher meine Kinder zu Freunden am anderen Ende der Stadt, weil ich es für sehr wichtig halte, daß sie über ethnische und wirtschaftliche Grenzen hinweg enge Beziehungen pflegen können. Das ist ein Projekt der Bahá’í-Gemeinde. Wir glauben nämlich, daß nur dann der Rassismus überwunden werden kann, wenn wir selber ein Modell dafür anbieten, wie tiefe Beziehungen von sozialer und persönlicher Vertrautheit zustande kommen können.“
Dies stellt eine völlig andere Aussage dar - finden Sie nicht auch? Es ist zwar schwierig, aber wir können die Menschheit nur dann dorthin bewegen, wohin Bahá’u’lláh sie lenken möchte, wenn wir seine Lehren in die Tat umsetzen! Wenn wir den Anweisungen von Shoghi Effendi und 'Abdu'l-Bahá bezüglich der Überwindung von Rassismus Folge leisten, dann werden wir eine soziale Evolution in Gang bringen. Zwar können wir nicht im entferntesten wissen, wohin der Weg uns führt, denn dieser Weg wurde noch nie beschritten. Wir brauchen trotzdem nicht ängstlich zu sein, weil wir nämlich wissen, was zu tun ist. Die evolutionäre, verwandelnde Kraft resultiert daraus, daß wir Bahá’u’lláhs Glauben in die Tat umsetzen. Wir kennen seine Lehren. Wir kennen die Prinzipien, Konzepte und Tugenden, die Anwendung finden müssen, um Fortschritt zu erzielen. Wir haben sie studiert, über sie nachgedacht und sie auswendig gelernt. Der nächste logische Schritt heißt, sie in die Tat umzusetzen. Und das können wir tun!
(Übersetzung: Jörg Krombach)
RASSE - ein belasteter Begriff in neuem Licht[Bearbeiten]
Trotz der Erfolge der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Anstrengungen, die Apartheid in Südafrika zu beenden, hält sich der Rassismus weltweit noch immer hartnäckig. Craig Loehle fordert dazu auf, das Thema sowohl wissenschaftlich als auch religiös in einem ausgewogenen Verhältnis zu untersuchen, um dem Rassismus die Grundlage zu entziehen.
Wenn sich ein Thema wie „Rassismus“ über einen so langen Zeitraum als scheinbar unüberwindbar erwiesen hat, dann ist offensichtlich, daß es aus der falschen Perspektive betrachtet wurde. Wir erkennen nun, daß Appelle für Recht und Fairness sich als untauglich erwiesen haben, ein Wiederaufflammen von Rassismus zu verhindern. Außerdem werden weder politische Anstrengungen, noch Quoten oder Gesetzesinitiativen die vorhandenen ökonomischen Probleme beseitigen.
Als eine Alternative möchte ich eine völlig neue Betrachtungsweise des Themas Rassismus anbieten. Ebenso wie die Astronauten Bilder der ganzen Erde zurückbrachten - Bilder, die deutlich bewiesen, wie nahe wir auf diesem sehr kleinen, zerbrechlichen Planeten beisammenwohnen - möchte ich die Rassen von einem anderen Blickwinkel und aus einer größeren Distanz betrachten, damit wir vielleicht das größere Bild erkennen können.
Die Hautfarben der verschiedenen geographischen Regionen variieren zur Vermeidung 
von Sonnenbrand und Rachitis. Menschen in Afrika wuchsen unter der tropischen Sonne 
meist in der Savanne heran. Naturvölker, die weder Fell noch Kleidung besaßen, 
erhielten eine dunkle Hautfarbe, um sich gegen die Sonne zu schützen.
Ein dunkelhäutiger Mensch ist allerdings in den nördlichen Breitengraden im Nachteil in bezug auf seine Vitamin-D-Versorgung. Als Reaktion auf die Sonneneinstrahlung der Haut produzieren wir alle auf natürliche Weise Vitamin D. In sehr nördlichen Breitengraden jedoch, wo die Menschen einen Großteil ihrer Zeit in Innenräumen verbringen und dicke Bekleidung tragen, wird nicht genügend Vitamin D vom Körper produziert. Ein Mangel führt zu Rachitis - eine schwere Deformation der Knochen - insbesondere erkennbar an „O-Beinen“. Bevor Vitamin D der Milch beigemischt wurde, fürchteten die Europäer Rachitis und bemühten sich, ihre Kinder regelmäßig der Sonnenbestrahlung auszusetzen - insbesondere im Winter. Unter „normalen“ Lebensbedingungen im Norden hätten dunkelhäutige Menschen einen gravierenden Nachteil.
Demzufolge haben aus biologischer Sicht sowohl dunkle als auch helle Haut eine spezifische Anpassungsfähigkeit entwickelt. Vom Standpunkt der rassischen Unterschiede aus scheint es jedoch, als ob wir ungleiche Maßstäbe anlegen, wenn es darum geht, die Neigung zu Sonnenbrand oder Rachitis zu betrachten. Sollten wir jemals hören, daß Menschen, die gegen Erdbeeren allergisch reagieren, diskriminiert würden, so fänden wir das sicherlich lächerlich. Sollte ich einmal behaupten, daß ich nur solche Menschen als Freunde hätte, die ein höheres Hautkrebsrisiko besäßen, so würde auch das abwegig erscheinen.
Sollte aus biologischer Sicht der Begriff Rassismus ein ungültiges Konzept sein, dann existiert er lediglich in den Augen der Gesellschaft. Wenn ich einen öffentlichen Vortrag über dieses Thema halte, so demonstriere ich mit einigen Freiwilligen diese willkürliche Entscheidung, Menschen aufgrund physischer Merkmale einzugruppieren. Ich lasse etwa ein Dutzend Leute im Hörsaal nach vorne kommen. Ich behaupte dann, daß die Hautfarbe sicherlich kein bedeutsames Kriterium ist, Menschen zu unterscheiden, sondern daß es andere Wege gibt, die ich aufzeigen möchte. Ich fordere diejenigen Freiwilligen auf, die heißes Wetter lieben, nach links, und diejenigen, die kaltes Wetter mögen, nach rechts zu gehen. Dann behaupte ich, daß wir die hitzeliebende Rasse auf der linken und die kälteliebende Rasse auf der rechten Seite und die Einkaufszentrum-Klima liebende Rasse in der Mitte haben.
Um schließlich die beiden wirklichen Rassen zu zeigen, schiebe ich die Menschen solange hin und her, bis die Männer auf der einen und die Frauen auf der anderen Seite stehen. Es ist offensichtlich, daß die beiden Gruppen Unterschiede aufweisen in bezug auf Durchschnittsgröße, Gewicht, Muskelmasse, Gesichtsbehaarung, Glatze, Lebenserwartung, Aggressivität, Knochendichte, Hobbies, Schädeldicke, Blutgerinnungsfaktor, Schmerzempfindlichkeit, Depressions- und Selbstmordrate, Neigung zu Alkohol, Redefreudigkeit, usw.
Jedes Individuum dieser jeweiligen „Rasse“ ist im Durchschnitt ähnlicher in den genannten Merkmalen als irgendein Individuum der zwar selben Rasse - aber des anderen Geschlechts! Und was machen wir? Wir wählen sogar jemanden dieser vollkommen anderen „Rasse“, unser Partner in einer Ehe zu sein!
Überall auf der Welt überwinden Menschen diese Kluft und teilen ein Bett und ein Haus
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mit jemandem, der so unterschiedlich ist, daß man sich oft wundert, ob der 
Lebenspartner vielleicht von einem anderen Planeten stammt. Und doch - ohne 
diese Vielfalt würde diese Welt ein langweiliger Platz sein!
Diskriminierung und Mißtrauen zwischen den Rassen hat aber nicht nur
mit der Hautfarbe zu tun. Es gibt eine starke Neigung, eine Rasse
mit einer bestimmten Kultur gleichzusetzen - als ob Kultur
mit den Genen vererbt würde...! Demzufolge werden Schwarze,
deren Vorfahren in den USA vor 200 Jahren ankamen, dem 
afroamerikanischen Kulturkreis zugeordnet. Die Abgrenzung wird
sehr streng nach Hautfarbe vollzogen, und damit verbunden besteht 
auch eine soziale Erwartungshaltung.
Schwarze beispielsweise sollen Gospel-, Rap- und Jazz- - jedoch keine Country-Musik mögen. Woher kommt das? Ist dieser Musikgeschmack angeboren, wie altmodische rassische Theorien behaupten? Natürlich nicht! Niemand wird mit einem bestimmten Geschmack für spezielle Musik, Kleidung oder spezielles Essen geboren, aber durch Erfahrungen innerhalb einer Gruppe, mit der man sich identifiziert, nimmt man solche Vorlieben an. Es gibt kein „National-Gen“ und auch kein „Sprach-Gen“, durch welches ein Neugeborenes automatisch Afrikaner, Deutscher oder Franzose wird.
Eine Kultur besteht aus Gewohnheiten, Glauben, Sprache und Gepflogenheiten einer Region. Zu den wesentlichsten Elementen einer Kultur gehören Eßgewohnheiten, Religion, Feiertage und Freizeitbeschäftigungen. Nach diesen Maßstäben sind die Schwarzen Amerikas eindeutig amerikanisch in ihrer Kultur. Sie sind größtenteils Christen, gehören zu den größten Fans vom Football-Sport, schauen sich das Feuerwerk am 4.Juli an (am Unabhängigkeitstag) und essen überwiegend amerikanisches Essen.
Im Gegensatz dazu sind die Schwarzen Zentralafrikas überwiegend Muslime oder folgen einer Stammesreligion, haben völlig andere Feiertage, essen andere Nahrungsmittel, leben unter anderen Regierungssystemen und verbringen ihre Freizeit anders. Eine wichtige Rolle spielt in diesen Gegenden der „Besitz“ mehrerer Ehefrauen.
Die weiße und schwarze Bevölkerung Amerikas teilen eine gemeinsame Kultur, die sich drastisch von derjenigen Afrikas unterscheidet - so vielfältig jene auch sein mag. Es ist bemerkenswert, daß die Rasseneinheit in Afrika Vorurteile, Stammesfehden oder Unterdrückung von Minderheiten nicht verhindern konnte.
Das Problem bei der Gleichstellung von Kultur und Rasse wird klarer, wenn wir multi-kulturelle oder multi-rassische Ehen betrachten. Hat jemand Eltern, von denen einer Ire und der andere Schwarzer ist, würden wir ihn bei der St. Patricks-Day-Parade erwarten? Hat jemand einen Schwarzen und eine Japanerin als Eltern, welche Musik wird dieser wohl mögen? Warum sollte sich ein französisch-chinesisches Kind nicht als Franzose fühlen? Warum sollte ein Schwarzer nicht Mozart, Golf, französisches Essen und ausländische Filme mit Untertiteln genießen? Es gibt nämlich einen weißen Rap-Künstler, einen amerikanischen Weltmeister im Sumo-Ringen und schwarze Country-Musik-Stars!
Die Vorstellung, daß „Rasse“ eine in sich geschlossene Einheit und die Kultur eines Menschen durch Rasse festgelegt ist, kann durch eine weitere Betrachtung als falsch belegt werden:
Für einen Außenstehenden erscheint Japan sowohl rassisch als auch kulturell homogen. Trotzdem gibt es in Japan eine diskriminierte Minderheit - allerdings nicht weil sie Ausländer sind oder anders auftreten...
Diese Gruppe im feudalen System entstammt jener Kaste,
die als Totengräber tätig war. Als solche wurde sie als unrein 
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betrachtet. Die meisten dieser Menschen führen solche Funktionen 
nicht länger aus, werden aber nach wie vor diskriminiert.
Da es nicht möglich ist, diese Menschen an ihrem Auftreten
zu erkennen, werden Abstammungs-Dateien geführt, um diese 
Menschen aufgrund ihrer Abstammung zu identifizieren. Hier 
wird eine Gruppe, obwohl sie rassisch und kulturell identisch 
mit der Gesellschaft ist, ausgegrenzt und schlecht behandelt. 
Ein weiterer interessanter Fall betrifft Japaner, die in
Übersee arbeiten. Wenn sie länger als einige Jahre fort waren,
so fanden sie sich bei ihrer Rückkehr als „outsider“ wieder, da sie
durch die fremden Kulturen verunreinigt worden sein sollen.
Es gibt nichts grundlegend Falsches daran, sich bis zu einem gewissen Grad mit
einer Kultur, Nation oder Rasse zu identifizieren. Probleme entstehen 
erst dann, wenn Abgrenzungen zwischen Gruppen als natürlich und 
unüberwindbar in ihrer Art betrachtet werden. Solche Grenzen 
werden durch das Verbot interkultureller Ehen, durch Behinderung 
von Kontakten beispielsweise zwischen Anhängern verschiedener 
Glaubensgemeinschaften und durch gesellschaftlichen Druck auf 
Individuen gezogen, die sich nicht an die gängigen Vorstellungen
halten, was man essen, anziehen oder an Musik hören soll.
Gruppen, die einen starken Zusammenhalt aufweisen, benutzen oft 
herabsetzende Bezeichnungen für „Außenstehende“. Diese Handlungen 
führen zwar einerseits zu einem starken Gruppengefühl - andererseits
erzeugen und nähren sie Vorurteile und Barrieren. Vorurteile sind 
keine aktiven Elemente in Beziehungen von Menschen untereinander - sie 
führen bloß dazu, andere Menschen lediglich aufgrund einer 
Gruppen-Identität zu meiden und zu verachten. Mitglieder verschiedener 
benachteiligter Minderheiten beispielsweise können sich gegenseitig 
hassen und tun es auch oft, obwohl sie theoretisch betrachtet dieselbe 
Diskriminierung erfahren und sich eigentlich solidarisieren müßten. 
Dementsprechend sind scharfe Abgrenzungen zwischen kulturellen Gruppen 
untrennbar verbunden mit vorurteilsbeladenen Handlungen.
Ich hoffe aufgezeigt zu haben, daß Versuche, eine Linie um eine Gruppe 
zu ziehen, die alleine auf Hautfarbe beruht, und diese Gruppe daher
als kulturell homogen und verschieden von anderen zu betrachten, 
sowohl trügerisch als auch bösartig ist. Diese Stärkung
der Gruppen-Identität und des Gefühls der Einzigartigkeit ist
tatsächlich eine Ursache von Vorurteilen. Kultur wird weder
vererbt, noch ist sie irgendeine Wesenseigenart vom „Negertum“ 
oder „Franzosentum“. Vorurteile haben nicht immer notwendigerweise 
nur mit Hautfarbe zu tun, sondern reichen tiefer.
Es ist ein neuzeitliches Phänomen, daß Menschen in Gemeinden mit über 100 Einwohnern leben. Die meiste Zeit unserer menschheitlichen Vergangenheit auf dieser Erde lebten wir in kleinen Gruppen, deren Mitglieder sich ähnlich sahen, gleich anzogen, die gleiche Sprache benutzten und dieselben Vorfahren hatten. Ein Fremder oder eine andere Gruppe galten üblicherweise als Gefahrenquelle. Die Rituale, Gepflogenheiten, Kleidung und Nahrungsmittel, welche die Gruppe besaß, stellten die Sicherheit der Zugehörigkeit dar- während ein andersartiges Aussehen oder Verhalten Gefahr bedeuteten.
Deshalb glaube ich, daß in der Tiefe der menschlichen Natur ein starker Trieb existiert, einer Gruppe anzugehören und ein Teil dieser zu sein. Unser Überleben hing für mindestens eine Million Jahre von loyaler Gruppenzugehörigkeit ab. Es ist nicht anzunehmen, daß dieser Trieb der Zugehörigkeit nur einer bestimmten Gruppe vererbt wurde. Vielmehr entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl aufgrund von Wahrnehmungen vertrauter Eindrücke, welche in der eigenen Gruppe typisch sind, und eine allgemeine Abneigung gegenüber allem, das davon abweicht. Solche Wahrnehmungen lassen Individuen gegenüber bestimmten Symbolen von Gruppenzugehörigkeit, wie beispielsweise Flaggen, Totems, Mode, Sprache, Feiertage, Musik und Speisen sogar extrem emotional reagieren. Solche Bindungen können sehr stark sein und ein ganzes Leben lang halten.
Dieser Hang zur Gruppenbildung hat unglücklicherweise zur Folge, daß
die „Rasse“ ein offensichtliches Merkmal für Gruppenzugehörigkeit 
darstellt. Eine sehr dunkelhäutige Person hat natürlich eine andere 
Erscheinung als eine sehr hellhäutige Person, und daraus resultiert 
eine starke Gruppenabgrenzung.
Dieselbe Neigung, sich mit einer Gruppe zu identifizieren,
könnte aber auch dazu beitragen, diese rassischen Barrieren
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niederzureißen. Zunächst erleben wir nämlich etwas nur insofern als 
„fremd“ oder „anders“, als es uns einfach nicht vertraut ist.
Wenn wir, zum Beispiel, als Kinder eine Vielfalt an Rassen und Kulturen in einer positiven, freundlichen Atmosphäre - wie etwa bei Bahá’í-Veranstaltungen - erleben, so hilft uns das, die Abgrenzung zwischen „uns“ und „euch“ zu vermeiden.
Die administrativen Einheiten der Bahá’í basieren auf örtlichen Grenzen, so daß alle Bahá’í einer Stadt zwangsläufig Teil derselben Gemeinde sind. Verschiedene „Kirchen“ innerhalb einer Stadt aufgrund von Rassenzugehörigkeit zu bilden, ist innerhalb der Bahá’í-Gemeinde strengstens verboten. Auf diese Weise bleiben die kulturelle Vielfalt und der Kontakt zwischen den Menschen verschiedener Rassen jederzeit gewahrt.
Der zweite Faktor ist, daß eine starke emotionale Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einem Ideal, welches nicht über „Rasse“ begründet wird, uns helfen kann, die Grenzen zwischen „uns“ und „euch“ zu überdenken. Auch hier sorgen die Baha'i-Lehren für eine größere Redlichkeit.
Die Überwindung von Rassismus hat nichts zu tun mit der politischen Betrachtung von Quoten, Wiedergutmachungen oder Konfrontationen, sondern hängt viel stärker davon ab, inwieweit wir uns mit „den anderen“ vertraut machen und mehr Redlichkeit entwickeln, um die uns allen innewohnende natürliche menschliche Tendenz zu überwinden, diejenigen, die uns „ähnlich“ sehen, von denjenigen, die „anders“ erscheinen, zu unterscheiden.
Eine weitere menschliche Neigung, die zum Gruppenbewußtsein beiträgt, stellt das Versprechen von Staatsführern, das Land gegenüber äußeren Gefahren zu verteidigen, dar. Hierdurch stützen sie ihre eigene Macht. Wir können die Vorteile bezeugen, die ein starker Führer hat, wenn eine Primaten-Truppe von einer anderen oder von einem Jagdtier herausgefordert wird. Die dominierenden Männer führen typischerweise die Verteidigung oder entscheiden, wann der Rückzug beginnt. In der menschlichen Gesellschaft ist auch eine starke Führerschaft gefragt, wenn eine Gruppe angegriffen wird.
Unglücklicherweise ist es für solche, die Macht anstreben, üblich und ein leichtes, Feindbilder zu erzeugen und künstlich die Kluften zwischen Gruppen weiter aufzureißen. Sie erzeugen ein „Problem“, welches sie selber zu lösen versprechen. Je mehr Angst geschürt werden kann, desto loyaler und abhängiger werden die Anhänger in bezug auf Schutz von ihren Führern.
Daher versuchen radikale politische Gruppen oft, Autoritäten zu Gewaltakten zu provozieren, damit die Wahrnehmung der physischen Gefahr zum abstrakten Haß beiträgt, welcher die Gruppe schließlich zusammenhält.
Wenn politische Macht oder persönlicher Einfluß auf Ausschließlichkeit und Verschärfung von Gruppengegensätzen beruhen, dann gibt es für Führer keinerlei Ansporn, Brücken zu schlagen und Gruppenantagonismus abzubauen. Auf diese Weise verspüren schwache Menschen die Notwendigkeit, starke Führer als Beschützer zu haben, und bauen die Machtposition ihrer Leitfigur weiter aus.
Diese Zustände lediglich zu beklagen hilft wenig, da Führer Ihren eigenen Interessen folgen werden. Was jedoch hilft, ist eine andere Art von Sozialstruktur, welche nicht auf Ausschließlichkeit beruht. Das Modell eines solchen Systems wird durch die Bahá’í-Administration vorgeführt.
In lokalen Bahá’í-Gemeinden besteht die „regierende“ Institution 
aus neun Frauen und Männern, die aus der Allgemeinheit gewählt werden.
Da es keine Wahlkampagne gibt, existiert auch keine Gelegenheit
[Seite 15]
für eine Führerschaft anstrebende Einzelperson, Reden zu halten, die 
Angst oder künstlich heraufbeschworene Bedürfnisse
schüren könnten.
Machtgierige Menschen werden durch das System sogar entmutigt. Sollten sie nämlich gewählt werden, dann finden sie sich wieder in einem örtlichen Geistigen Rat, welcher von Beratung und Konsens bestimmt wird und in welchem die Einzelpersonen absolut keine Befugnis außerhalb des Rates haben. Die Autorität des Rates rührt nicht von einer Bedrohungswahrnehmung der Gemeindemitglieder, sondern ist dem Rat quasi „in die Wiege gelegt“.
Individuen, die zu sehr die Führungspositionen suchen, werden tendenziell nicht in eine Bahá’í-Institution gewählt. Belohnt werden hier selbstloser Dienst und ergebene Taten - nicht die Eigenwerbung. Die „Belohnungsstruktur“ der Bahá’í-Administration bevorzugt solche Personen, deren Interesse in Dienst und Integrität liegt, und entmutigt solche, die sich abgrenzend verhalten.
Das Thema „Rassismus“ ist auch deshalb wichtig,
weil einige Rassen einen enormen wirtschaftlichen Vorteil davon haben. 
Diese ökonomischen Privilegien werden oft gefestigt, wenn sie erst einmal
existieren, und ökonomische Ungleichheiten tragen dazu bei,
vorhandene Vorurteile zu stützen.
Geographie und Ökologie hatten wesentlichen Anteil an der Entstehung von Zivilisation. Nicht alle Teile der Erde hatten dieselben Bedingungen. Es kommt nicht von ungefähr, daß der Nahe Osten die älteste Zivilisation besitzt. Dort gab es mehr Imperien als in irgendeiner anderen Gegend. Geeignete Pflanzen und Tiere waren für den häuslichen Gebrauch früh verfügbar, und das führte zur Gründung von Städten mehrere tausend Jahre vor anderen Orten in der Welt.
Der Handel über Land und Meer lief reibungslos. Bedeutende Erfindungen vieler Gegenden (z.B. der Sattel, der Streitwagen, die Schrift) bahnten ihren Weg durch den Nahen Osten und wurden übernommen.
Keine dieser progressiven Elemente stellt das exklusive Beispiel von ursprünglichen Fähigkeiten einer bestimmten Gruppe dar. Einige Gruppen hatten eben Glück und andere nicht. Mit den Werkzeugen der modernen Technologie und des Handels können nun die „Unebenheiten“ des „Spielfeldes Erde“ für alle verschiedenen Menschen und Rassen ausgeglichen werden. Die Nationen dieser Erde werden sogar im eigenen Interesse internationaler Stabilität in diese Richtung gezwungen. Die Bahá’í-Lehren drängen aus moralischer Verpflichtung zu diesem Ausgleich.
Es gibt auch Wurzeln von Vorurteilen, die geistiger Natur 
sind und die weder von politischen noch von soziologischen 
Analysen aufgedeckt werden. Ohne diese geistige Dimension werden 
alle Untersuchungen des Rassismus in ihrer Tiefe und sämtliche 
angebotenen Lösungen in ihren Wirkungen begrenzt sein.
Es ist klar, daß das Elend des Rassismus nicht durch juristische Maßnahmen beseitigt werden kann. Sind erst einmal die offensichtlichsten rassendiskriminierenden Praktiken — wie etwa unterschiedliche Schulen oder Restaurants - aus der Welt geschafft, dann bleiben die weiterbestehenden Schranken subtil und können nicht ohne weiteres durch Gesetze beseitigt werden.
Wahre Gleichberechtigung hängt nicht bloß mit juristischem Status zusammen, sondern schließt auch geistige Qualitäten ein. Weder Beschäftigungsquoten noch Bestrafungspraktiken führen zu wahrer Gleichberechtigung und Einheit, sondern neigen eher dazu, uns weiter davon wegzubringen.
Als besonders verhängnisvoll zeigt sich die neue Doktrin, wonach Rassismus 
lediglich Ausdruck eines Machtverhältnisses ist und nur Unterdrücker Rassisten oder 
„Sexisten“ sein können. Nach dieser Definition können Minderheiten gar keine 
Rassisten sein. Aber Haß bleibt Haß - egal welche Ausreden wir uns
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für seine Rechtfertigung einfallen lassen, und sein Vorhandensein schließt 
wahre Gleichberechtigung aus, da diese auf dem gegenseitigen Austausch von
Vertrauen und einem Sinn für gemeinsame Ziele beruht. Wir benötigen etwas, 
das die Kluft der Herzen überwinden hilft.
Die Erinnerung daran, daß in den Augen Gottes keiner besser als ein anderer ist, stellt den ersten Schritt dar, dieses Ziel zu erreichen.
„Wißt ihr, warum Wir euch alle aus dem gleichen Staub erschaffen haben? Damit sich keiner über den anderen erhebe!“ sagt Bahá’u’lláh.
Das Bedürfnis, sich über andere zu erheben, stellt eine Grundlage dar, auf der alle möglichen Vorurteile gedeihen. Menschen möchten auf dem Gipfel der Menschenwelt stehen, mit dem meisten Geld, dem größten Haus oder dem schönsten Gesicht. Solche Sehnsüchte zeugen von einer inneren Leere dieser Menschen, die Status anstelle von echter geistiger Zufriedenheit suchen, um diese Leere auszufüllen.
Demzufolge entstehen Vorurteile gegenüber übergewichtigen, kleinen und häßlichen Menschen aus derselben Motivation, die auch rassistische Vorurteile begründet: nämlich aus dem Verlangen, überlegen zu sein!
Nur ein Wandel des Herzens wird beleidigende Reden und Handlungen vermeiden - aber ein Wandel des Herzens erfordert eine religiöse Verpflichtung. Der erste Schritt dorthin ist die Anerkennung Gottes, der uns alle aus dem gleichen Staub erschaffen hat und in dessen Augen wir alle nach unseren inneren, nicht äußeren Qualitäten beurteilt werden. Im Reiche Gottes, dem geistigen Reich, ist keiner von uns dick oder dünn, reich oder arm, hübsch oder häßlich - sondern eher großzügig oder selbstsüchtig, liebevoll oder haßerfüllt. Unsere Seele hat keine Hautfarbe, noch hat sie lockiges oder glattes Haar.
„Gott macht keinen Unterschied zwischen den Weißen und den Schwarzen. Wenn die Herzen rein sind, werden alle von Ihm akzeptiert! Gott selbst hat diese Unterteilungen nicht gemacht - die Wurzeln dieser Unterschiede liegen im Menschen selber.“
Wenn wir also darangehen, Menschen mit dem geistigen Auge zu betrachten, dann haben äußere Merkmale nicht mehr Bedeutung als die Farbe eines Hemdes, das schnell gewechselt werden kann. Der nächste Schritt erfordert, die „Farbenblindheit“ oder „Haßlosigkeit“ zu überwinden und wahre Einheit zu erlangen.
Die Bahá’í-Sicht der Einheit besteht nicht in Form von Gleichmacherei, sondern fordert vielmehr die Anerkennung von Einheit in der Vielfalt. Das bedeutet die Vision von einer Welt unterschiedlicher Menschen, die harmonisch zusammenleben und trotzdem ein buntes Mosaik von Lebensstilen und Kulturen bilden. Eine solche Einheit zu erlangen erfordert jedoch ein weit tieferes Konzept von Einheit als bloße Toleranz.
„Die Einheit, welche grenzenlose Erfolge hervorbringt, ist eine Einheit der Menschheit, die erkannt hat, daß alle unter der allesüberschattenden Herrlichkeit des Allherrlichen geborgen und alle die Diener eines einzigen Gottes sind - denn alle atmen dieselbe Luft, leben auf derselben Erde, bewegen sich unter demselben Himmel, erhalten Fülle von derselben Sonne und sind unter dem Schutz des einen Gottes“ sagte 'Abdu'l-Bahá.
- (Dies ist die Übersetzung des Artikels „A New Perspective on Race“ aus Herald of the South, Nr. 37, Oktober-Dezember 1993. Übersetzung: Jörg Krombach)
 
Lese-Zeit
Es war sicher nicht der erste Report, den eine unabhängige, Internationale Expertengruppe
an die UNESCO gerichtet hat. Wenn der Herausgeber allerdings ERVIN LAZLO heißt, darf
man davon ausgehen, daß die beteiligten renommierten Kulturhistoriker sich einer (garnicht
so neuen) Idee verpflichtet fühlen, in diesem Fall der „Balance zwischen Einheit und Vielfalt“.
Rettet die Weltkulturen[Bearbeiten]
- Der Multikulturelle Planet
 
Immer mehr aufgeklärte Zeitgenossen sehen heute die zwingende Notwendigkeit, national-egoistisches Denken endlich zu überwinden, um die drängenden globalen Fragen angehen zu können. Die Autoren der Beiträge geben keine Antworten, geschweige denn bieten sie Rezepte. Ihr Anliegen ist es vielmehr, dem Leser den Reichtum der großen Weltkulturen vor Augen zu führen, zum besseren Verständnis der fremden wie der eigenen.
Bei der Lektüre wird deutlich, daß bei allen regionalen Unterschieden ein kulturelles Grundmuster in allen Gesellschaften anzutreffen ist. Sich darauf zu besinnen, sich daran zu erfreuen, ist Voraussetzung dafür, fremden Kulturen offener gegenüberzutreten und Ihre Beiträge zur sich entfaltenden Weltkultur schätzen zu lernen. FREDERICO MAYOR, der Generalsekretär von UNICEF bringt es auf den Punkt, wenn er in seinem Vorwort schreibt:
„Die Autoren dieses außergewöhnlichen Werkes führen uns gleichzeitig die Größe der Herausforderung vor Augen als auch den Reichtum an Potential und Phantasie, der in den Kulturen der Welt zu ihrer Lösung zu finden ist. Bringen wir den Willen, den Wagemut und den nötigen Einfallsreichtum auf, um gemeinsam die Geschichte der zusammenwachsenden und trotzdem weiterhin höchst vielfältigen Menschheit zu schreiben.“
Wer sich selbst oder einem lieben Freund interessante und lehrreiche Stunden (allerdings nicht im Sinne des erhobenen Zeigefingers) gönnen möchte, fährt gut mit diesem Buch. Er sollte sich von dem im Imperativ formulierten Titel „Rettet die Weltkulturen“ keineswegs abhalten lassen.
- Ervin Laszlo:
 - Rettet die Weltkulturen - Der Multikulturelle Planet.
 - Horizonte Verlag,
 - Stuttgart 1993, 264 Seiten.
 
- Wolfram Enders
 
- Photo: Nationales U.S. Bahá’í-Archiv
 
Robert Hayden[Bearbeiten]
- - sein Werk, sein Sieg über das Elend und
 - sein Leben. Ein Portrait von Duane Hermann
 
Speech
- Hear me, white brothers,
 - black brothers, hear me:
 
- I have seen the hand
 - Holding the blowtorch
 - To the dark, anguish-twisted body;
 - I have seen the hand
 - Giving the high-sign
 - To fire on the white pickets;
 - And it was the same hand,
 - Brothers, listen to me,
 - It was the same hand.
 - Hear me, black brothers,
 - White brothers, hear me:
 
- I have heard the words
 - They set like barbed-wire fences
 - To devide you;
 - I have heard the words —
 - Dirty nigger, poor white trash —
 - And the same voice spoke them;
 - Brothers, listen well to me.
 - The same voice spoke them.
 
 
Aufruf
- Hört mich, weiße Brüder,
 - schwarze Brüder, hört mich:
 
- Ich habe die Hand gesehen,
 - die den Schweißbrenner hielt
 - an den dunklen, schmerzverkrümmten Körper;
 - Ich habe die Hand gesehen,
 - die das Zeichen gab,
 - auf die weißen Streikposten zu schießen;
 - Es war dieselbe Hand,
 - Brüder, hört mir zu.
 - Es war dieselbe Hand.
 - Hört mich, schwarze Brüder,
 - weiße Brüder, hört mich:
 
- Ich habe die Worte gehört —
 - die sie wie Stacheldrahtzäune setzten,
 - um euch zu spalten;
 - Dreckiger Nigger, armseliger weißer Abfall —
 - Und dieselbe Stimme sprach sie aus;
 - Brüder, hört mir gut zu.
 - Dieselbe Stimme sprach sie aus.
 
- (Übersetzung: Roland Greis)
 
Als Robert Hayden ein kleiner Junge war, schien es eher unwahrscheinlich, daß er einmal erfolgreich sein würde, dennoch hat er erreicht, wovon andere nur träumen. Es geschieht nicht oft, daß ein Kind aus dem Ghetto die Auszeichnung erhält, von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika geehrt und der angesehenste Dichter der Nation zu werden. Er hat die Stellung eines „Poetus Laureatus der Vereinigten Staaten“ erreicht.
Trotz seiner Leistung, seines Strebens und seiner Hingabe an die Lyrik wurde Hayden oft mißdeutet und mißverstanden.
Zum Gedenken seines zehnten Todestages wurde eine große Konferenz an der Universität von Michigan im Februar 1990 abgehalten. Gelehrte aus dem ganzen Land kamen zusammen, um Haydens Lebenswerk zu würdigen. Wann werden die Menschen damit aufhören, seine Literatur zu lesen (die Collected Poems von Robert Hayden wurden erst 1985 veröffentlicht)? Die bisher einzige Schätzung belief sich auf „in einigen Jahrhunderten“.
portrait: Robert Hayden
Das Leben des Robert Hayden war nicht dazu angetan, irgend jemanden seine zukünftige Größe ahnen zu lassen. Er wurde am 4. August 1913 in die Armut des schwarzen Ghettos von Detroit in Michigan geboren. Die rauhen Lebensbedingungen, die damals jeder Nichtweiße ertragen mußte, rissen immer wieder tiefe Wunden in sein empfindsames Wesen. Er wandte sich schon in jungen Jahren Büchern und der Poesie zu und gelobte, Dichter zu werden. Seine starke Kurzsichtigkeit machte sogar das Lesen schwierig, aber er war entschlossen, Erfolg zu haben.
Nur durch die geduldige Aufopferung seiner Pflegeeltern und die Unterstützung eines Sozialarbeiters sowie eines Bibliothekars konnte er die Hoffnung, eines Tages ein Dichter zu werden, aufrecht erhalten. Es wurden äußerste Anstrengungen unternommen, um ihm zu helfen, „gehochschult“ zu werden, wie die Nachbarschaft es nannte, und jeder half mit Groschen und Pfennigen aus. Nach der Hochschule trat Verstärkung für sein Leben an seine Seite - Erma Inez Morris. Sie wurde beschrieben als „eine der hervorragendsten Kräfte in Haydens Leben während dieser Zeit des Wachstums und der Entwicklung zu einem Schriftsteller und Denker“. Sie heirateten 1940.
„In mancher Hinsicht hatte sie ein anderes Temperament als der junge Dichter. Sie war demonstrativ, fröhlich, zuversichtlich, unverwüstlich. Als Enkelin eines (episkopalen) Priesters, als Tochter von Eltern, die sich in der Hochschule für Medizin kennengelernt hatten, wurde Erma 1911 in Philadelphia in eine Familie geboren, die von ihr einen Hochschulabschluß und Leistung erwartete. Diese Erwartungen einer Mittelklassefamilie beinhalteten jedoch keinen armen, kämpfenden Dichter aus dem Osten von Detroit, der empfindlich, auf manche Weise gar zerbrechlich war und gewissermaßen Anlaß zur Verzweiflung bot.
Die Veröffentlichung seines ersten dünnen Bandes mit Gedichten im Jahre ihrer Heirat mag einen Teil der Einwände ihrer Familie zerstreut haben. Hier war zumindest der Beweis, daß Hayden es mit der Dichtung ernst nahm, und diese Sammlung wurde in der New York Times rezensiert. Aber dieses kleine Buch hielt dem Lauf der Zeit nicht stand. Sogar Hayden selbst fing an, es zu kritisieren und ordnete es schließlich dem großen Teil seiner Werke zu, die er selbst als unwürdig betrachtete. Kommentare über dieses Buch behaupten, es sei „mehr Protest als Poesie, es gefällt dem modernen Leser nicht mehr, teilweise, weil uns die behandelten Themen nicht mehr bewegen.“
Langsam, über Jahrzehnte hinweg, erlangte seine Arbeit Anerkennung:
1938 Hopwood Summer Award
1942 Hopwood Major Award
1947 Rosenwald Fellowship in Creative Writing
1954-1955 Die Ford Foundation Fellowship ermöglichte ihm Reisen in Mexiko
1966 Grand Prix de la Poesie anläßlich des ersten Weltfestivals der Negro Arts in Dakkar, Senegal; ernannt zum Poetus Laureatus des Senegal.
1969 - Mayor’s Bronze Medal für außergewöhnliche Leistungen eines Bürgers von Detroit - Bingham Professor der Universität von Louisville - Visiting Poet an der Universität von Washington - Sein Werk wird von der Pan-American Association in Washington D.C. zitiert
1970 Russel Lions Award für Dichtung des National Institute of Arts and Letters
1971 Visiting Poet der Universität von Connecticut und der Dennison Universität
1974 Visiting Poet am Connecticut College
Dann wurde er 1976 zum „Consultant in Poetry to the Library of Congress“ - jetzt Poetus Laureatus der Vereinigten Staaten - ernannt.
Nach Ablauf der ersten Amtszeit auf diesem Posten folgte eine nochmalige Berufung in diese Stellung.
Hayden war zu krank, um dem letzten Ereignis beizuwohnen, das noch zu Lebzeit ein Zeugnis für seine Errungenschaften ablegte.
Am 24.Februar 1980 wurde eine Gedenkfeier von der Universität von Michigan und der Bahá’í-Gemeinde von Ann Arbor gefördert.
Ihm wurden dreißig Auszeichnungen verliehen, die jetzt im „Schomberg Centre for Afro-American Studies“ in der öffentlichen Bücherei der Stadt New York aufbewahrt werden. Tragischerweise war er zu krank, um teilnehmen zu können, und starb am nächsten Tag, ohne des Ausmasses seines Erfolges im geringsten gewahr zu sein.
Wie bei den meisten Menschen unserer Zeit erfolgte der erste Kontakt Robert Haydens mit der Offenbarung Bahá’u’lláhs als Erwachsener. Hayden wurde, wie er sagte, aus mehreren Gründen Bahá’í: der Glaube, daß Offenbarung nicht historisch beschränkt ist auf das Erscheinen eines einzigen Propheten, sondern von den Einblicken einer Folge von Propheten erweitert wird, deren jüngster Bahá’u’lláh ist; der Glaube, daß die Bahá’í-Weltordnung eine Beziehung zwischen religiösem Denken und wissenschaftlicher Entdeckung - notwendig für eine geeinte physische und metaphysische Perspektive - herbeiführen kann; und schließlich als der wichtigste Grund, der Glaube an das Prinzip der umfassenden Brüderlichkeit.
Seine erste Reaktion auf den Bahá’í-Glauben war eine von distanziertem Interesse. Seine
Frau drängte ihn zwei Jahre lang, sich damit zu befassen, und schließlich äußerte er, 
daß er sich weigern würde, dies zu tun,
[Seite 21]
wenn sie darauf bestünde. Unbewußt unterstützte er eines der Kardinalprinzipien 
der neuen Religion, nämlich das der unabhängigen Suche nach Wahrheit. In seinem 
eigenen Maß und in seinem eigenen Tempo lernte Hayden mehr und mehr über
den Glauben Bahá’u’lláhs. Obwohl ihm die grundlegenden Prinzipien der umfassenden 
Brüderlichkeit und des Weltfriedens sehr am Herzen lagen, unterschied sich die 
Bahá’í-Religion radikal von seiner intensiven baptistischen Erziehung. Schließlich 
traf er 1943 die Entscheidung, der Bahá’í-Gemeinde beizutreten.
Aus einer Bahá’í-Perspektive zu schreiben war keine bewußte Entscheidung. Der Einfluß der Offenbarung kam auf natürliche und spontane Art durch seine Arbeit. Er setzte sich dies nicht zum Ziel, es war einfach Teil seines Lebens.
Jemand, der die Werke Haydens schon früh schätzte, beobachtete, daß „eine Zahl von Gedichten... nahezu propagandistisch seien...” Er folgerte, daß „die Poesie von Hayden nur durch den Bezug zu seinen religiösen Ansichten verstanden werden kann.“ Diesem Punkt muß man besondere Aufmerksamkeit schenken, dennoch haben ihn viele zurückgewiesen oder ihn nur als geringfügig betrachtet. Ohne eine solche Bezugnahme ist ein vollständiges Verständnis der Werke Haydens nicht möglich.
Es ist wichtig festzustellen, daß Hayden kein „Sprecher“ der Bahá’í-Gemeinde war. In seiner Poesie zeigten sich die Bahá’í-Beweise, weil diese Poesie von Hayden selbst kam, und nicht wegen einer „Position“, die er inne gehabt hätte. 1967 wurde er zum Redakteur für Dichtung des WORLD ORDER-Journals ernannt, eine Stelle, die er für den Rest seines Lebens behielt. Als Lyrikredakteur bei WORLD ORDER wählte er Gedichte zur Veröffentlichung aus und schrieb kurze Einführungen für drei Sammlungen, die in dieser Zeitschrift abgedruckt wurden. Er hatte kein persönliches Interesse an der Betonung der Tatsache, daß er Bahá’í war. Das war nicht sein Ziel. Sein Ziel war, gute Gedichte zu schreiben. Dies tat er.
Hayden wollte weder als „Bahá’í-Dichter“ bezeichnet werden, noch wollte er als „schwarzer Dichter“ gelten. Er wollte überhaupt kein Etikett außer dem eines „hervorragenden Dichters“. Er gelangte früh in seiner Karriere zu diesem Schluß und er mußte ihn sein Leben lang verteidigen. Die stärkste Herausforderung, der er begegnete, ereignete sich 1966 in der Fisk University, wo er zwanzig Jahre lang gelehrt hatte.
Dort war eine Konferenz von schwarzen Schriftstellern einberufen worden, um ein militantes „Black Power“-Programm für Autoren afro-amerikanischer Herkunft zu erstellen. Es galt als Pflicht, dieses Programm anzunehmen. Hayden weigerte sich.
Er wollte weder seinen Glauben an die Einheit der Menschheit noch seine Maßstäbe für gutes Schreiben rassistischen Interessen opfern. Dafür wurde er bis an sein Lebensende angegriffen.
Thematisch betrachtet hat sich die Lyrik Robert Haydens während seiner Laufbahn nicht sehr verändert. Als junger Mann widmete er sich in der Hoffnung, ein Dichter zu werden, der rassistischen Ungerechtigkeit, forderte Gerechtigkeit und weltweite Brüderlichkeit. Als Dichter mit selbstbewußter Stimme feierte er die Vielfalt der menschlichen Rassen und rief die Welt auf, dies zu bezeugen. Der Protest seiner jungen Jahre reifte heran zu einer positiven Kraft für die gleichen Ziele. In dem Maß, in dem seine Zuversicht wuchs, bezog er sich mehr und mehr auf die Quelle seiner positiven Vision der menschlichen Rasse. Als man Hayden fragte: „Wie wichtig ist Ihr religiöser Glaube für Sie als Dichter?“ antwortete er:
„Als Bahá’í engagiere ich mich für den Glauben an die grundlegende Einheit aller Rassen, an die wesenhafte Einheit der Menschheit, an die Vision der Welteinheit. Und dies nimmt heute immer mehr Einfluß auf meine Dichtung.“
Zu seinen Lebzeiten versuchte Robert Hayden, angehende Dichter zu ermutigen und eine größere Anerkennung für die Dichtkunst in der Bahá’í-Gemeinde zu schaffen. Um einige dieser unvollendeten Ziele zu erreichen, gründete seine Frau in Beratung mit der Louhelen Bahá’í School im Jahre 1985 eine Stiftung, die das Robert Hayden Poetry Fellowship ins Leben rief. Dieses Stipendium unterstützt vielversprechende und engagierte Dichter mit einigen Wochen Aufenthalt in Louhelen, um ihnen Zeit zu geben, ohne Ablenkung schreiben zu können. Um sich dafür zu qualifizieren, müssen die angehenden Dichter ernsthafte Anstrengungen bezüglich ihrer Kunst gezeigt haben und zu den besten Hoffnungen berechtigen, daß sie die Fähigkeit haben, Dichter zu werden, an denen die Welt mehr als nur ein beiläufiges Interesse hat.
Frau Erma Hayden, der vorbereitende Ausschuß und die Angestellten in Louhelen hoffen, mit diesem Stipendium engagierten Dichtern mit echtem Talent zu helfen und somit ein besseres Verständnis der Rolle der Dichtung im Leben der Bahá’í-Gemeinde zu erreichen.
Wie 'Abdu'l-Bahá sagte:
„Die Funktion der Sprache ist‚ die Mysterien und Geheimnisse des menschlichen Herzens darzustellen. Das Herz ist wie eine Truhe und die Sprache ist der Schlüssel. Nur, indem wir den Schlüssel benutzen, können wir die Truhe öffnen und die Edelsteine betrachten, die sie enthält.“
Das Vermächtnis von Robert Earl Hayden setzt diese Kunst fort.
- Dies ist die Übersetzung des Artikels „Robert Hayden - His Life and Legacy‘, erschienen in Herald of the South, Nr. 42, Januar-März 1995. Übersetzung: Markus Mediger.
 
Amerikas herausforderndstes Problem
 
Die Vision on der Einheit der Rassen[Bearbeiten]
Ein Statement des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í der Vereinigten Staaten von Amerika
Rassismus ist das herausforderndste Problem, dem Amerika gegenübersteht. Eine Nation, 
deren Vorfahren aus allen Völkern der Erde stammen, deren Motto »E pluribus unum« 
lautet, deren Ideale der im Gesetz verankerten Freiheit Millionen von Menschen auf der 
ganzen Welt inspiriert haben, kann nicht länger ein Vorurteil gegen rassische oder 
ethnische Gruppierungen hegen, ohne sich selbst zu betrügen. Rassismus ist ein
Affront gegen die Menschenwürde, ein Grund für Haß und Trennung, eine Krankheit, die die
Gesellschaft vernichtet.
Ungeachtet der bereits für die Eliminierung des Rassismus aufgebrachten Bemühungen fügt dieser der Nation weiterhin Schaden zu. Der Fortschritt in Richtung Toleranz, gegenseitigen Respekt und Einheit ist schmerzlich langsam und erleidet immer wieder Rückschläge. Das jüngste Wiederaufleben von Uneinigkeit stiftendem rassistischen Verhalten, die steigende Zahl rassistischer Zwischenfälle und die zunehmende Verzweiflung von Minderheiten und Armen verlangen nach noch dringenderen, unumgänglichen Lösungen. Das Problem zu ignorieren, bedeutet, das Land physischer, moralischer und geistiger Gefahr auszusetzen.
In dem Bewußtsein der Größe und Dringlichkeit dieses Problems appellieren wir, der Nationale Geistige Rat der Bahá’í der Vereinigten Staaten, im Namen der gesamten Bahá’í-Gemeinde der USA an alle Menschen guten Willens, sich unverzüglich aufzumachen, um das fundamentale soziale Problem dieses Landes zu lösen. Wir tun dies aufgrund unseres Gefühles gemeinsamer Verantwortung, aufgrund der globalen Erfahrung der Bahá’í-Gemeinde im Umgang mit Harmonie unter den Rassen in den eigenen Reihen und aufgrund der Vision, welche die heiligen Schriften unseres Glaubens bezüglich des Schicksals von Amerika vermitteln.
- I
 
Die Einheit der Menschheit ist der Angelpunkt, um den sich alle Lehren des Bahá’í-Glaubens drehen. Sie ist gleichzeitig eine Grundsatzerklärung und die Geltendmachung des höchsten Zieles menschlicher Erfahrung auf diesem Planeten. Vor über einem Jahrhundert schrieb Bahá’u’lláh, der Stifter des Bahá’í-Glaubens: „Das Wohlergehen der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar, wenn und ehe nicht ihre Einheit fest begründet ist“. Dies ist ein Grundsatz, der sich natürlich aus der Entstehung und dem Zweck menschlicher Existenz ergibt. Das Wort Gottes bietet, wie es sich in den Bahá’í-Schriften darstellt, unwiderstehliche Einsichten, wie das folgende Beispiel zeigt:
„Verhüllt in Meinem unausdenkbaren Wesen und in der Ewigkeit Meines Seins, erkannte Ich Meine Liebe zu dir: darum erschuf ich dich, prägte dir Mein Ebenbild ein und offenbarte dir Meine Schönheit.“
„Wißt ihr, warum Wir euch alle aus dem gleichen Staube erschaffen haben? - Damit sich keiner über den anderen erhebe. Erwägt immer im Herzen, wie ihr erschaffen wurdet. Da Wir euch alle aus dem gleichen Stoff erschufen, ziemt es euch, wie eine einzige Seele zu sein, in gleicher Weise zu wandeln, in gleicher Weise zu essen und im gleichen Lande zu wohnen, auf daß aus eurem innersten Wesen durch eure Taten und Handlungen die Zeichen der Einheit und das Wesen der Loslösung sichtbar werden. Dies ist mein Rat an euch, o Scharen des Lichts. Beachtet diesen Rat wohl, damit ihr die heiligen Früchte vom Baume der höchsten Herrlichkeit erlanget.”
„Alle Menschen wurden erschaffen, eine ständig fortschreitende Kultur voranzutragen. Der Allmächtige bezeugt Mir: Wie die Tiere auf dem Felde zu leben, ist des Menschen unwürdig. Die Tugenden, die seiner Würde anstehen, sind Geduld, Erbarmen, Mitleid und Güte für alle Völker und Geschlechter der Erde.“
Nachdem die Menschheit die Stadien der Kindheit und stürmischen Jugend hinter sich gebracht hat, nähert sie sich jetzt der Reife, einem Stadium, welches „die Neuordnung und Entmilitarisierung der gesamten zivilisierten Welt“ bezeugen wird, „- einer Welt, die in allen Grundfragen des Lebens organisch zusammengewachsen ist.“ in keinem anderen Land der Erde kann das Versprechen organischer Einheit deutlicher demonstriert werden als in den Vereinigten Staaten, denn dieses Land ist ein Mikrokosmos der verschiedenen Bevölkerungsschichten der Erde. Doch bleibt dieses Versprechen sogar hier weitgehend unbeachtet, denn der hiesige Rassismus nagt an den lebenswichtigen Organen der Nation wie ein Krebsgeschwür.
Denn die menschliche Rasse hat zu lange in ihrer Geschichte und an zu vielen Orten ihre
Energie und Ressourcen in nutzlose Bemühungen vergeudet, die sich als unbeweisbar erwiesen: 
daß sich ein Teil von ihr aufgrund geographischer Trennung, einer unterschiedlichen
Hautfarbe oder einer anderen kulturellen Ausdrucksweise vom anderen Teil wirklich 
unterscheidet. Die Ignoranz und das Vorurteil, auf denen diese Bemühungen basieren, führen 
zu endlosen Konflikten im Namen der Heiligkeit des Stammes, der Rasse, Klasse, Nation oder 
Religion. So paradox es auch erscheinen mag, in der Übereinstimmung dieser negativen 
Bemühungen über das gesamte Spektrum der Rasse hat die Menschheit das genaue Gegenteil 
bewiesen: sie hat die Einheit bestätigt. Der Beweis ist in der Tatsache begründet, daß 
alle Menschen unter den gleichen Umständen ungeachtet ihrer ethnischen oder kulturellen 
Unterschiedlichkeit im großen und ganzen den gleichen 
[Seite 24]
Weg gehen. Die Menschheit hat in der Nutzlosigkeit ihrer Bemühungen, die verschiedenen 
Elemente zu klassifizieren und zu trennen, die Orientierung und innere Haltung verloren. 
Die Menschen sind ohne die Hilfe des göttlichen Einflusses der Religion nicht in der
Lage, die richtige Einstellung zu ihrer innersten Realität und dem Sinn ihres Lebens zu 
erlangen und können somit keine zusammenhängende Vision ihres Schicksals erzielen. Auf 
diesem Gebiete finden die Bahá’í in den Lehren Bahá’u’lláhs, des Stifters ihres
Glaubens, Sinn, Richtung und Erfüllung.
Die Einheit der Menschheit ist eine durch Wissenschaft reichlich bestätigte geistige Wahrheit. Die Anerkennung dieser Wahrheit fordert das Aufgeben aller Vorurteile der Rasse, Hautfarbe, Abstammung, Nation und Klasse und all dessen, „was den Menschen ermöglicht, sich anderen überlegen zu dünken.” Der Grundsatz der Einheit der Menschheit „ist kein bloßer Ausbruch gleichgültiger Gefühlsduselei oder ein Ausdruck vager und frommer Hoffnung... Er stellt nicht nur die Formulierung eines Ideals dar... Er setzt eine organische Änderung in der Struktur der heutigen Gesellschaft voraus, eine Änderung, wie sie die Welt bis jetzt noch nicht erfahren hat.“
- II
 
Die Anwendung des geistigen Grundsatzes der Einheit der Menschen auf das Leben der Nation würde weitreichende Änderungen im wirtschaftlichen Status der farbigen Teile der Bevölkerung erfordern und ermöglichen. Wenngleich Mitglieder aller Rassen von Armut heimgesucht werden, so sind ihre Opfer jedoch meistens farbige Menschen. Vorurteil und Diskriminierung führen zu unterschiedlichem Lebensstandard, der manchen einen übermäßigen wirtschaftlichen Vorteil bietet, während andere der grundlegenden Mittel zur Führung eines gesunden und menschenwürdigen Lebens beraubt sind. Mangelhafte Unterbringung, unzureichende Ernährung, unzulängliche Gesundheitsfürsorge und ungenügende Erziehung sind Folgen von Armut, unter denen die Afroamerikaner, Indianer und Lateinamerikaner mehr zu leiden haben als der Rest der Bevölkerung. Die Last für die Gesellschaft im allgemeinen ist schwer.
Die Offenkundigkeit der negativen Auswirkung rassistischer und ethnischer Konflikte auf die Gesellschaft hat eine Anzahl von Unternehmen und Institutionen dazu veranlaßt, Erziehungsprogramme zum Thema Konfliktlösung ins Leben zu rufen, die rassistische und ethnische Spannungen am Arbeitsplatz beseitigen sollen. Dies sind wichtige Schritte und sollten gefördert werden. Wenn sie jedoch in erster Linie dazu dienen, die Wirtschaft zu retten, wird keine anhaltende Lösung der katastrophalen Entwicklung des Rassismus gefunden werden. Es kann nämlich nicht genügen, Menschen akademische Erziehung und Arbeitsplätze anzubieten und diese gleichzeitig aufgrund rassistischer Vorurteile vom normalen, auf brüderlicher Liebe und gegenseitigem Respekt basierenden gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Die grundlegende Lösung - d.h. die Lösung, die Gewalt reduzieren, intellektuelle und moralische Energie von Minderheiten regenerieren und fördern und diese zu Partnern im Aufbau einer fortschrittlichen Gesellschaft machen wird - stützt sich letztlich auf die gemeinsame Anerkennung der Einheit der Menschheit.
Es ist ganz menschlich zu versagen, wenn man dessen beraubt ist, was für die Selbsterkenntnis des Menschen am wichtigsten ist — nämlich der Würde, die sich aus der wahren Hochachtung durch andere aufgrund des eigenen Wertes als menschliches Wesen ergibt. Kein edukativer, wirtschaftlicher oder politischer Plan kann dieses wichtige menschliche Bedürfnis ersetzen; es ist kein Bedürfnis, welches Unternehmen und Schulen, ja noch nicht einmal Regierungen, isoliert vom unterstützenden Verhalten der ganzen Gesellschaft befriedigen können. Ein solches Verhalten muß auf einer geistigen und moralischen Wahrheit basieren, die von allen anerkannt und als die eigene akzeptiert wird - wie der Sauerstoff, der allen gleich dient - und die ihren gemeinsamen Bemühungen, in Einheit und Frieden zu leben, Leben verleiht. Das Fehlen einer wahren Hochachtung für andere, gestützt durch eine solche Wahrheit, führt bei den von Diskriminierung betroffenen Menschen zur Hoffnungslosigkeit, die Menschen verlieren die einheitlichen moralischen Kräfte zur Erkennung ihres Potentials. Diese belebende Wahrheit ist nach unserer Überzeugung in einem Begriff zusammengefaßt: der Einheit der Menschheit.
Der Grundsatz der Einheit der Menschheit ist für die Wirksamkeit erzieherischer Programme 
so wichtig, daß sie nicht überbewertet werden kann. Ohne ihren weitreichenden Einfluß
werden solche Programme kaum zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen. Allein die Tatsache, 
daß Unternehmen selbst Erziehungsprogramme durchführen, ist ein Anzeichen für die 
eklatante Unzulänglichkeit des gesamten Erziehungssystems. Wie wir bereits erwähnt 
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haben, geht die Grundvoraussetzung für ein richtiges Verhalten derer, die die Lehrpläne 
herausgeben, und was noch wichtiger ist, der Gesellschaft als ganzes, über den 
Erziehungsmechanismus hinaus. Auf dieser Grundlage ist Erziehung nicht nur der 
kürzeste Weg aus der Armut, sondern auch gleichzeitig der kürzeste Weg aus
den Vorurteilen heraus. Ein landesweites Erziehungsprogramm, welches die Werte von 
Toleranz, Brüderlichkeit, Wertschätzung der anderer Kulturen und den Respekt von 
Unterschieden fördert, wäre der wichtigste Schritt zur Beseitigung des Rassismus 
und folglich zur Stärkung der Wirtschaft.
- III
 
Das beharrliche Hinwegsehen über die verheerenden Auswirkungen des Rassismus durch die Regierungsorgane und Massen des amerikanischen Volkes gefährdet sowohl die innere Ordnung als auch die nationale Sicherheit des Landes.
Die Vereinigten Staaten machten sich bereits am Tage ihres Entstehens eine Reihe widersprüchlicher Werte zu eigen. Die Gründungsväter verkündigten ihre Treue gegenüber den höchsten Grundsätzen von Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, nahmen jedoch die Sklaverei in ihre Verfassung mit auf. Die Sklaverei vergiftete den Geist und das Herz der Nation und wäre nicht ohne einen blutigen Bürgerkrieg aufgegeben worden, der die junge Republik fast zerstörte. Die bösen Folgen der Sklaverei sind noch heute in diesem Lande sichtbar. Sie beeinträchtigen nach wie vor das Verhalten sowohl der schwarzen als auch der weißen Amerikaner und verhindern das Heilen alter Wunden.
Das Heilen der Wunden und der Aufbau einer Gesellschaft, in der die Menschen unterschiedlicher Herkunft als Mitglieder einer Familie zusammenleben, sind die dringlichsten Probleme, denen Amerika heute gegenübersteht. Sein Friede, sein Wohlergehen und selbst sein Ansehen in der internationalen Gemeinschaft hängen weitgehend von der Lösung dieses Problems ab.
Die Tatsache, daß die Bösartigkeit der Rassenfrage in Amerika die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zieht, sollte dieses Land zu einer noch nie dagewesenen Anstrengung anspornen, um jede noch so geringe Spur von Vorurteil und Diskriminierung aus ihrer Mitte zu verbannen. Amerikas Beispiel hätte auf jeden Fall einen weitreichenden Einfluß auf die Gesellschaft der Welt, der zweifelsohne auch zur Errichtung des Weltfriedens beitragen würde. „Denn die Erreichung der Einheit zwischen Farbigen und Weißen”, verkünden die Bahá’í-Schriften, „werden eine Ursache für den Frieden der Welt sein“.
Die Verantwortung für die Erreichung rassischen Friedens und der Einheit in den Vereinigten Staaten liegt sowohl bei den Schwarzen als auch bei den Weißen Amerikas. Um eine Gesellschaft zu errichten, in welcher die Rechte aller ihrer Mitglieder respektiert und garantiert werden, müssen beide Rassen mit dem Geist des Optimismus und dem Glauben an die letztendliche Verwirklichung ihrer höchsten Bestrebungen erfüllt werden. Weder die weißen noch die schwarzen Amerikaner sollten davon ausgehen, daß die Verantwortung für die Abschaffung von Vorurteilen und deren Auswirkungen ausschließlich bei den anderen liegt. Beide müssen anerkennen, daß Einheit für ihr gemeinsames Überleben notwendig ist. Beide müssen anerkennen, daß es nur eine menschliche Rasse gibt. Beide müssen anerkennen, daß eine harmonisch funktionierende Gesellschaft, die den vollen Ausdruck des Potentials aller Menschen erlaubt, die sozialen und wirtschaftlichen Probleme lösen kann, die jetzt eine durch Uneinigkeit ruinierte Gesellschaft durcheinanderbringen.
Es ist offensichtlich, daß sich sehr viele sowohl schwarze als auch weiße Amerikaner zutiefst enttäuscht und frustriert darüber fühlen, was jede Gruppe als ein Versagen der in den letzten Jahrzehnten getätigten Bemühungen zur Erzielung des Fortschrittes in der Beziehung zwischen den Rassen empfindet. Um dieses Versagen vernunftmäßig einzuordnen, haben beide damit reagiert, daß sie sich auf den vertrauteren Boden der Rassentrennung zurückgezogen haben. Mit dem Anstieg der Probleme bezüglich Kriminalität und Drogen geht die Tendenz dahin, die scheinbare Hartnäckigkeit dieser Probleme als einen Maßstab zu sehen für das Versagen langjähriger Kämpfe zur Überwindung jahrhundertealter Barrieren auf beiden Seiten. Kann man, wie schwierig die noch zu meisternde Herausforderung auch sein mag, gerechterweise sagen, daß seit den Tagen der Sit-ins an den Restauranttheken im ganzen Süden kein wesentlicher Fortschritt erzielt worden ist?
Auf ähnliche Weise suchen die Opfer einer langwierigen und verwurzelten Diskriminierung in der 
Vorstellung Erleichterung, daß sich schwarze Amerikaner, weiße Amerikaner, amerikanische Indianer, Lateinamerikaner, Amerikaner asiatischen Ursprungs voneinander so sehr unterscheiden, daß jeder 
seine eigenen kulturellen und gesellschaftlichen
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Territorien geltend machen und sich innerhalb derselben aufhalten muß. Wäre dies vernünftig?
Wäre dies nicht ein Rückzug von der Realität unserer gemeinsamen Menschheit? Wäre es
nicht ein Rezept für den totalen Zusammenbruch der Zivilisation? Diejenigen, die den Ruf
nach Trennung erheben, verkünden in der Tat eine grausame Doktrin. Wenn sich die Nation
ernsthaft einer solchen Ansicht unterwirft, wo werden dann die schwarzen oder weißen 
Amerikaner ihr gemeinsames kulturelles Erbe trennen?
Rassismus ist tiefgreifend. Er infiziert die Herzen der weißen und schwarzen Amerikaner. Nachdem ohne bewußtes, absichtliches und dauerhaftes Bemühen keiner von dessen zerstörerischem Einfluß unbetroffen bleiben kann, müssen sich beide Gruppen darüber im Klaren werden, daß ein solches Problem weder leicht noch sofort gelöst werden kann.
„Denke nicht, daß irgend etwas, dem es an echter Liebe, äußerster Geduld, wahrer Demut, höchstem Taktgefühl, gesunder Initiative, reifer Weisheit und überlegtem, standhaftem und frommem Bemühen mangelt, den Fleck auslöschen kann, den das offenkundige Übel auf dem guten Ruf ihres gemeinsamen Landes hinterlassen hat.“
Beide Gruppen müssen verstehen, daß es ohne enge Verbindung, Kameradschaft und Freundschaft unter den verschiedenen Menschen keine wirkliche Änderung geben kann. Unterschiedliche Hautfarbe, Nationalität und Kultur erweitern die menschliche Erfahrung und sollten nie zu einer Barriere für harmonische Beziehungen, Freundschaft oder Ehe gemacht werden. „O ihr Vielgeliebten!” schrieb Bahá’u’lláh. „Das Heiligtum der Einheit ist errichtet; betrachtet einander nicht als Fremde. Ihr seid die Früchte eines Baumes, die Blätter eines Zweiges.“
- IV
 
Unser Aufruf richtet sich in erster Linie an den einzelnen Amerikaner, denn die Wandlung einer ganzen Nation hängt letztlich von der Initiative und der Änderung des Charakters der einzelnen Personen ab, aus denen sie besteht. Keine große Idee oder kein Aktionsplan der Regierung oder anderer interessierter Organisationen kann auf Erfolg hoffen, wenn der einzelne es unterläßt, auf seine oder ihre eigene Art und Weise je nach den persönlichen Umständen und Gelegenheiten darauf zu reagieren. Und so rufen wir unsere Mitamerikaner, welcher Herkunft sie auch sein mögen, voller Respekt und mit aller Dringlichkeit auf, die rassistische Situation mit neuen Augen und mit neuer Entschlossenheit zu betrachten, um die Lösung eines Problems, welches den Fortschritt dieser großen Republik behindert, bei der vollen Verwirklichung ihres glorreichen Schicksals wirksam zu unterstützen.
Wir erwähnen die Erfahrung der Bahá’í-Gemeinde nicht aus einem Gefühl des Stolzes und des endgültigen Sieges heraus, denn das, was wir erreicht haben, ermangelt noch dessen, was wir anstreben; dennoch sind die bisherigen Ergebnisse sehr ermutigend, und aus dieser Ermutigung heraus wenden wir uns an alle.
Die Bahá’í-Gemeinde ist seit ihrer Entstehung im Jahre 1863 dem Prinzip der Einheit der Menschheit treu. Die Bahá’í stützen sich auf den Glauben an Gott, das tägliche Gebet, Meditation und das Studium der heiligen Schriften, um die Wandlung des für persönliches Wachstum und Reife erforderlichen Charakters zu erzielen; ihr Ziel ist es jedoch, eine Weltzivilisation zu schaffen, die sich ihrerseits auf den Charakter des einzelnen auswirkt. Die Vorstellung persönlicher Rettung ist somit an die Rettung, Sicherheit und das Glück aller Erdenbewohner gebunden und entstammt dem Bahá’í-Glauben, daß „die Welt der Menschheit ein zusammengesetzter Körper“ ist und daß, „wenn ein Teil des Organismus leidet, der gesamte restliche Körper die Folgen spüren muß”.
Die von diesen Grundsätzen geleitete und inspirierte Bahá’í-Gemeinde hat in mehr als einem Jahrhundert Erfahrung darin gesammelt, Modelle der Einheit zu schaffen, welche über die Rasse, Kultur, Nationalität, Klasse und geschlechtliche Unterschiede und Religion hinausgehen und somit einen empirischen Nachweis liefern, daß die Menschheit in all ihrer Vielfältigkeit als eine vereinte globale Gesellschaft leben kann. Die Bahá’í sehen Einheit als das Gesetz des Lebens; folglich werden alle Vorurteile als lebensbedrohende Krankheiten angesehen. Statt davon auszugehen, daß die Einheit der Menschheit erst dann errichtet werden kann, wenn die sie befallenen Probleme gelöst worden sind, glauben die Bahá’í, daß sowohl die geistige als auch die materielle Entwicklung von Liebe und Einheit abhängig ist. Die Bahá’í bieten daher die Lehren ihres Glaubens und das Beispiel ihrer Gemeinde zur Überprüfung an, in der Überzeugung, daß diese einen Beitrag zur Abschaffung des Rassismus leisten können, der die amerikanische Gesellschaft befallen hat. Wir tun dies in dem festen Glauben des Beistands durch unseren Schöpfer, Der, aufgrund Seiner grenzenlosen Liebe, die Menschheit aus dem gleichen Stamme erschaffen hat, damit alle dem gleichen Haushalt angehören mögen. Wir glauben außerdem, daß der Tag der Vereinigung der gesamten menschlichen Rasse gekommen ist und daß „die Möglichkeiten, die der Stufe des Menschen innewohnen,... an diesem verheissenen Tage Gottes offenbar werden“ müssen.
- Übersetzung: Margit Mares
 
- Weltdekade für kulturelle Entwicklung:
 
Persönliche Entfaltung und kultureller Fortschritt[Bearbeiten]
- Hermine Mayer-Berdjis
 
Im Dezember 1986 proklamierte die Vollversammlung der Vereinten Nationen in ihrer Resolution Nr. 41/189 die „Weltdekade für kulturelle Entwicklung“ für die Jahre 1988-1997. Die Schirmherrschaft übernahmen die Vereinten Nationen und die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization).
Vier Hauptziele wurden für dieses Jahrzehnt gesteckt:
1. Kultur soll als Entwicklungsfaktor Anerkennung finden.
2. Kulturelle Identität soll bejaht und zur Geltung gebracht werden.
3. Am kulturellen Leben soll in ausgedehnterem Maße teilgenommen werden können.
4. Kulturelle Zusammenarbeit soll international gefördert werden.
Das Erbe der Kolonialzeit
Die Bemühungen früherer Jahre waren geprägt von der Meinung, einheimische Völker und Stämme sollten in die vorherrschende Kultur ihrer Heimatländer integriert werden. Während der Kolonialzeit betrachteten viele westliche Staaten die Kulturen und Techniken der Dritte-Welt-Völker grundsätzlich als „primitiv“. Diese Einstellung nahm diesen Völkern nicht nur ihre Würde. Sie verursachte Minderwertigkeitskomplexe, weshalb diese Menschen Ihr kulturelles Erbe zu mißachten begannen und den westlichen Fortschritt zum Leitbild nahmen. Die kulturelle Verwurzelung litt schweren Schaden, und Worte wie die Mahatma Gandhis trafen den Kern des Problems, als er sagte:
„Ich möchte gerne, daß die Kulturen aller Länder frei um mein Haus kreisen; aber ich weigere mich, mir von irgend einer den Boden unter den Füßen wegziehen zu lassen.“
Kultur neu definiert
Beim UNESCO-Weltkongreß über kulturelle Entwicklung in Mexico 1982 einigten sich die Teilnehmerstaaten auf den neuen Grundsatz, daß Kultur und Lebensstil einheimischer Völker gewürdigt werden müssen. „Kultur“ wurde definiert als „der gesamte Komplex geistiger, natürlicher, intellektueller und gefühlsbedingter Unterscheidungsmerkmale, der eine Gesellschaft oder kleinere Gemeinschaften kennzeichnet. Sie umfaßt nicht nur Kunst und Literatur, sondern gleichermaßen die Lebensweise, die Grundrechte der Menschen, ihre Wertsysteme, Traditionen und religiösen Anschauungen.“
Ein gedeihliches Gleichgewicht
UNDP das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, zeigt in seinem Entwicklungsbericht von 1990, daß seine Arbeit sich auf Kernbereiche wie Bildung, Gesundheit, Wohnen und sauberes Trinkwasser konzentriert. Die UNESCO ist bei ihren Programmen zur Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturentwicklung darum bemüht, daß die charakteristische Denkweise einer Gesellschaft, deren Werte, Vorstellungen, Verhaltensweisen und religiösen Anschauungen in allen Phasen berücksichtigt werden, und daß die Empfängergruppen an der Projektabwicklung direkt teilnehmen. Deshalb wurden die Planungsstäbe und die finanzierenden Hilfsorganisationen aufgefordert, die soziokulturellen Auswirkungen ihrer Programme bereits im Vorfeld abzuschätzen. Angestrebt wird, daß ein gedeihliches Gleichgewicht von Wissenschaft und materiellem Fortschritt einerseits und von künstlerischer Kreativität und Pflege des Geistes andererseits zustande kommt.1)
Seminar über Erfahrungen
Im Mai 1991 veranstaltete das „NGO-Komitee für nachhaltige Entwicklung“ in Zusammenarbeit mit UN-DPI und UNESCO in New York ein Seminar. Zur Debatte stand die „Weltdekade für kulturelle Entwicklung - der Herausforderung begegnen”. In fünf Arbeitsgruppen wurden Erfahrungsberichte vorgetragen und diskutiert. Am Ende wurden die Ergebnisse in einer Empfehlungsliste zusammengefaßt.
In Gruppe 1 sprach Gregory Watson als Beauftragter der Internationalen Bahá’í-Gemeinde über die Erfahrungen der Bahá’í-Weltgemeinde, der ca. 1600 verschiedene Volksgruppen und Stämme angehören. Das folgende Beispiel aus seinem Bericht ist exemplarisch dafür, wie erfolgreich Bemühungen sein können, wenn sie kulturelle Identität und geistige Motivation berücksichtigen.
Das Projekt der Bahá’í-Guaymi-Indianer in Panama
- Das Kulturzentrum ist eine Kombination von Schlafräumen, Küche und Klassenzimmer und wurde weitgehend von den Guayami selbst gebaut.
 
Die vorwiegend in Panama lebenden Guaymi-Indianer wurden 1982 mit dem Bahá’í-Glauben 
bekannt und viele nahmen ihn an. 1987 gründeten sie das BAHÁ'Í-GUAYMI-KULTURZENTRUM.
Dort bemühten sie sich, ihre Kultur wieder zu beleben, aber auch durch modernes Wissen 
neu zu gestalten. Sie brachten gezielt Aspekte ihrer traditionellen Guaymi-Kultur wie 
z.B. das große Gewicht, das darin auf Übereinstimmung und gemeinsames Handeln gelegt 
wurde, wieder ins Bewußtsein. Gleichzeitig waren sie bereit, nützliche Elemente anderer 
Kulturen aufzugreifen
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wie z.B. Schulen, eine Rundfunkstation und eine Anzahl weiterer Wohltaten des technischen 
Fortschritts. Sie hatten aber auch den Mut, aufgrund ihrer wachsenden Kenntnisse über die 
Bahá’í-Prinzipien nach Beratungen zu beschließen, bestimmte nicht mehr zeitgemäße Teile, 
wie z.B. die stark untergeordnete Stellung der Frau, aus ihrem neuen Kultursystem zu 
entfernen, weil sie einsahen, daß diese dem Entwicklungsprozeß abträglich waren. Watson 
berichtete dann, wie die Guaymi ein eigenes Alphabetisierungsprogramm entwarfen.
Das Bildungsministerium von Panama hatte ungefähr ein Jahr lang eine Methode ausgearbeitet, nach der Lesen und Schreiben in der Guaymi-Sprache gelehrt werden sollte. Es wollte nun sieben Bahá’í des Guaymi-Kulturzentrums schulen, die diese Methode anwenden und den Alphabetisierungsprozeß unterstützen sollten. Zu Beginn sollten bestimmte Wörter und Gedanken vorgestellt und daraus Themen und Begriffe, Silben und andere Wörter abgeleitet werden, um so die Teilnehmer zum Lesen anzuregen. Da die Regierung Panamas gerade ein landwirtschaftliches Entwicklungsprogramm durchführte, hatte man einfach viele Ableitungswörter für praktische Dinge wie Reis, Mais, Ernte etc. gewählt, mit denen man Diskussionen über Themen wie bessere Getreidesorten und die ländliche Entwicklung in Gang brachte. Die als Lehrer ausgesuchten Bahá’í-Guaymi fühlten sich dabei nicht recht wohl, denn sie wußten aus Alphabetisierungsprogrammen der sechziger Jahre, daß mehr als die Aussicht auf materielle Vorteile nötig ist, um Menschen wenigstens zur Teilnahme, geschweige denn zur Unterstützung eines Programmes zu motivieren.
- Die dreiundzwanzigjährige Tahirih Sanchez in der Rundfunkstation.
 
Das Bahá’í-Guaymi-Kulturzentrum schickte also zwei Vertreter zu einer Bahá’í-Tagung
nach Kolumbien ins Ruhi-Institut. Dort wurde ein Seminar abgehalten über ein 
Alphabetisierungskonzept, das auch als Mittel zur geistigen Stärkung der Menschen 
dienen sollte. Nach eingehender Beratung beschlossen die Teilnehmer, daß grundsätzlich 
in einem von Bahá’í in Gang gesetzten Alphabetisierungsprojekt die Ableitungswörter 
und -themen so zu wählen sind, daß die Teilnehmer den Mut fassen können, sich
selbst zu wandeln und sich aufzumachen, die Welt zu verändern. Bei dieser Tagung wurden
Ableitungswörter wie „teilen“, „sich kümmern um“, „Einheit aufbauen“ und „für uns selbst
eine Ordnung schaffen“ besprochen.
Wieder zuhause beschlossen die Bahá’í-Guaymi, das Alphabetisierungsprogramm ihrer Regierung abzuändern. Sie wollten Kultur In ihrer tieferen Bedeutung ansprechen und dabei den Denkprozeß, die Weltanschauung und die Einstellung zum Leben, - also Themen, die dem Guaymi-Volk wichtig sind - neu beleben. Gleichzeitig sollte den Teilnehmern das Gefühl vermittelt werden, daß sie wertvolle Mitarbeiter an einer globalen Entwicklung sind.
Inzwischen lagen nur noch wenige Wochen vor dem geplanten Programmbeginn, und der Gedanke, daß sie ihre neuen Ideen den Vertretern des Bildungsministeriums von Panama vor zulegen hatten, machte die Bahá’í-Guaymi etwas nervös. Doch sie erklärten dann dem Ministerium, daß sie nicht dessen Methode, sondern nur die Ableitungswörter ändern wollen. Ihre Begründung lautete: „In unserer Zeit, in der die Welt aus dem Gleichgewicht geraten ist, muß man die Bildung neu ausrichten und zwar so, daß sie nicht auf den Erwerb von Fertigkeiten beschränkt bleibt. Die Kunst des Lesens und Schreibens genügt nicht. Weit nötiger ist, daß die einzelnen bei diesem Programm lernen, ihre Talente und ein Verhältnis zu ihrem Können und ihren Möglichkeiten zu entwickeln, ihr eigenes geistiges Wachsen bewußt zu erleben und aktive, konstruktive Teilnehmer am Aufbau einer neuen Weltordnung zu werden.“ Die Vertreter des Ministeriums begrüßten anerkennend dieses neue Motivationsniveau, das die Bahá’í so begeistert darstellten, und stimmten den Abänderungen zu.
Tugenden und ihre soziale Komponente
Watson fuhr dann fort: „Ich glaube, ich sollte kurz erklären, warum wir es für nötig halten,
daß der Motivationsgrad bei vielen dieser Projekte so hoch angesetzt wird... Für die Bahá’í
steht die persönliche Entfaltung
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stets im Zusammenhang mit dem kollektiven Fortschritt der gesamten Menschheit. 
Deshalb liegt der Nachdruck auf Eigenschaften, die jeder erwerben muß, um zu 
diesem umfassenden Wachstum beitragen zu können. Die Bedeutung fast aller Eigenschaften
oder menschlichen Tugenden wurde um die soziale Komponente erweitert. Zum Beispiel:
Obwohl Wohltätigkeit gelobt wird, nimmt die Gerechtigkeit im Bahá’í-Denken eine weit 
zentralere Stellung ein. Die Menschen müssen ihre Rechte und Möglichkeiten im 
Verhältnis zueinander als Menschenrecht anerkannt bekommen und nicht als eine 
großzügige Gabe für den einzelnen. Wahrhaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit sind nicht
nur für den Charakter des einzelnen, sondern auch für die soziale Ordnung die elementare
Basis. Liebe bedeutet, daß soziale Vorurteile ausgemerzt und die in der Vielfalt der 
Menschheit ruhenden Schönheiten verwirklicht und erkannt werden. Losgelöstsein von der 
Welt soll nicht zu Untätigkeit und passiver Akzeptanz von Unterdrückung führen, sondern 
ein Mittel sein, sich von materiellen Anreizen zugunsten von Bemühungen um das Wohl 
anderer zu befreien. Geistigkeit definiert das Gute nicht als passiv; ihr Zweck ist
nicht, Menschen zu züchten, deren höchste Tugend es ist, niemandem etwas zuleide zu tun,
sondern Menschen, die in der Gesellschaft aktiv und zu Veränderungen bereit sind...“2)
Ständig fortschreitende Kultur
Das von Watson beschriebene Alphabetisierungsprojekt unter der Leitung der Bahá’í-Guaymi wurde ein voller Erfolg. Das Bahá’í-Guaymi-Kulturzentrum führt weiterhin vielerlei Projekte durch im Sinne der Maxime, die Bahá’u’lláh, der Stifter der Bahá’í-Religion, für diese Arbeit gab:
„Alle Menschen wurden erschaffen, eine ständig fortschreitende Kultur voranzutragen. Der Allmächtige bezeugt Mir: Wie die Tiere auf dem Felde zu leben, ist des Menschen unwürdig. Die Tugenden, die seiner Würde anstehen, sind Geduld, Erbarmen, Mitleid und Güte für alle Völker und Geschlechter der Erde.“3)
Entwicklungsparadigmen
In einer Erklärung, die die Internationale Bahá’í-Gemeinde 1994 dem Zweiten Vorbereitungsausschuß zum Weltgipfel für Sozialentwicklung in Kopenhagen (1995) in New York vorlegte, werden Kriterien und die Rolle der Religion für ein „Entwicklungsparadigma für das 21. Jahrhundert“ erörtert. Dort wird die bereits erwähnte Ausgewogenheit von materiellem und geistigem Fortschritt, zu dem alle Religionen der Erde beitragen sollten, hervorgehoben. Diese Zusammenarbeit könne eine Kultur hervorbringen, in der Geistiges im Materiellen seinen Ausdruck findet.
Rettet die Weltkulturen
In einer von der UNESCO in Auftrag gegebenen Studie, die unter dem Titel „Rettet die Weltkuturen“ erschienen ist, wird die Bahá’í-Weltgemeinde als herausragendes Beispiel für die Erfüllung der vier zu Beginn genannten Hauptziele der „Weltdekade für kulturelle Entwicklung“ wie folgt beschrieben: Die Praxis dieser Religionsgemeinschaft ist ein überprüfbarer Beleg dafür, daß eine solche praktizierte Gleichwertigkeit aller Menschen an allen Orten der Welt zu keiner kulturellen Verarmung oder Nivellierung führt, sondern ganz im Gegenteil zu einem weit überdurchschnittlichen alltäglichen ‚Kulturaustausch‘. Interessanterweise hat sich die Bahá’í-Weltgemeinschaft gerade die Pflege und Förderung aller Kulturen in besonderer Weise auf die Fahnen geschrieben.“4)
In diesem Sinne setzt sich die Bahá’í-Weltgemeinde weiterhin für die „Weltdekade für kulturelle Entwicklung“ ein und sieht dem erfolgreichen Abschluß der Dekade hoffnungsvoll entgegen.
Quellenhinweise:
1) „The World Decade for Cultural Development - Responding to the Challenge“. Bericht über das Seminar vom 30.05.1991 in New York, veranstaltet vom NGO Committee on Sustainable Development in cooperation with UNESCO and the United Nations Department of Public Information (UN-DPI)
2) Aus dem in Arbeitsgruppe 1 des Seminars (siehe 1) im Auftrag der Bahá’í International Community gehaltenen Vortrag von Gregory Watson über „Culture and Development: A Bahá’í Experience“.
3) Bahá’u’lláh, Ährenlese, 109:2, Bahá’í-Verlag 1980.
4) Erwin Laszlo (Hrsg.) Rettet die Weltkulturen, Stuttgart 1993.
     
- Das Kernstück des Guayami-Kulturzentrums ist ein großer Versammlungsplatz im Freien. Er wird für große Versammlungen, volkstümliche Festivals und Musikveranstaltungen verwendet.
 
- Im Kulturzentrum basteln Frauen Puppen für ein Theaterstück, durch das Grundsätze wie gleiche Rechte für Frauen und Männer vermittelt werden sollen.
 
 
DIE BAHÁ'Í-RELIGION
ZENTRALE LEHREN
- Die Einheit Gottes
 
- Es gibt nur einen Gott, mit welchem Namen er
 - auch benannt oder umschrieben wird.
 
- Die Einheit der Religionen
 
- Alle Offenbarungsreligionen bergen den gleichen
 - Kern ewiger Wahrheiten, wie die Liebe zu Gott und
 - den Menschen.
 
- Bestimmte Gesetze jedoch, die z.B. die Organisation
 - der Gemeinde, das Sozialwesen, Hygiene etc. betreffen,
 - müssen sich im Zuge der Menschheitsentwicklung
 - verändern. In großen Zyklen offenbart Gott
 - sich durch seine Boten wie Moses, Krishna, Buddha,
 - Christus, Mohammed und Bahá’u’lláh und erneuert
 - diesen Teil seiner Gebote als Antrieb für den
 - menschlichen Fortschritt.
 
- Die Einheit der Menschheit
 
- Die Menschheit ist eine einzige, große Familie mit
 - völlig gleichberechtigten Mitgliedern.
 
- Ihren Ausdruck finden diese grundlegenden Lehren
 - in Prinzipien wie:
 
- ▪ Selbständige Suche nach Wahrheit
 
- ▪ Gleichwertigkeit von Frau und Mann
 
- ▪ Soziale Gerechtigkeit
 
- ▪ Entscheidungsfindung durch Beratung
 
- ▪ Abbau von Vorurteilen.
 
- ▪ Übereinstimmung von Religion und Wissenschaft
 
 
ZENTRALE GESTALTEN
- Báb (1819-1850), der Vorbote
 - Bahá’u’lláh (1817-1892), der Stifter
 - 'Abdu'l-Bahá (1844-1921), der Ausleger
 - Shoghi Effendi (1897-1957), der Hüter
 
DIE BAHÁ'Í-GEMEINDE
- organisiert sich in Gremien, die auf örtlicher, nationaler und internationaler Ebene von allen erwachsenen Gemeindemitgliedern in freier, gleicher und geheimer Wahl ohne Kandidatur oder Wahlkampagnen gewählt werden. Es gibt keine Priester.
 
  
 
      
- Europäisches Bahá’í-Haus der Andacht in Hofheim-Langenhain/ Deutschland