One Country/2007 Nummer 2/Text

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IMPRESSUM

0n: Coumv wird herausgegeben von der Bahá’í International Community, die als Nicht-Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen die weltweite Bahá’í-Gemeinde représentiert. 0n: Couurnv, Office of Public Information, Bahá’í International Community, Suite 120, 866 United Nations Plaza, New York, New York 10017, USA, E-Mail:1country@bic.org. Chefredakteur: Brad Pokorny. Chef vom Dienst:Ann Boyles. Auslandsredaktionen: Nancy Ackerman (Moskau),Christine Samandari-Hakim (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilda Walker (London). Deutschsprachige Redaktion: Stephan Pernau, Gerhard Schaper, Stefan Spiegel.

E-Mail: roc@bahai.de.

Freie Korrespondenten: Sarvenas Enayati, (Csterreich), Silvia Fréhlich (Schweiz),Jutta Bayani (Luxemburg). Geschäftsfiihrung in D: Hartmut Nov wotny, Arezu Braun. Übersetzerpool: Lisa Hiemen Beitrége aus ONE Coumv können kostenfrei nachgedruckt werden unter Angabe der Quelle. Anschrift: ONE Couumv, Eppsteiner Str. 89, D-65719 Hofheim-Langenhain, Germany.Tel1 +49-6192-99290,

Fax +49-6192—992999, Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe: Nationaler Geistiger Rat der Bahá’í in Deutschland e.V.

Einzelheft: Euro 2,25/SFr 4,-.Jahresabonnement: Euro 8,-/SFr15,-(incl. MWSt u. Porto). Die Zeitschrift kann beim Bahá’í—Verlag, Eppsteiner Str. 89, 65719 Hofheim-Langenhain, bestellt werden.

Copyright1999~2006 by Bahá’í |nternational Community. ISSN 0945-7062. Gedruckt auf100% Recyclingpapier.

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Bahá’í gedenken Tanumafili II, dem verstorbenen Staatsoberhaupt von Samoa

“Sein Dienst am Volk von Samoa als Staatsoberhaupt zeichnete sich aus durch die hohen Prinzipien, sein aufrichtiges Mitgefflhl und seine persénliche Bescheidenheit, die seine besténdige Sorge um das Wohlergehen aller charakterisierten (...) Als erster regierender Herrscher, der die Botschaft Bahá’u’llahs annahm,wird er fflr immer die Annalen unseres Glaubens erleuchten“, schreibt das Universale Haus der Gerechtigkeit, internationales FUhrungsgremium der Bahá’í, Über Seine Hoheit Susuga Malietoa Tanumafili II. Tanumafili ||. starb am11.Mai 2007 im Alter von 94 Jahren im Krankenhaus von Apia. Er war der zweite Monarch nach Königin Maria von Ruménien (1875 - 1938), der den Bahá’í Clauben annahm und der erste, der zugleich Staatsoberhaupt war. Ihm zu Ehren wurden Gedenkandachten im Bahá’í Haus der Andacht in Apia, welches er im Jahr 1984 eingeweiht hatte, und in den anderen sechs Héusern der Andacht weltweit abgehalten. Beim Staatsbegrébnis am 18. Mai 2007 nahmen seine Familie, tausende Samoaner und zahlreiche Wflrdentréger aus der Region teil, u.a. der Maori König, der König von Tonga und die Premiermi.nisterin von Neuseeland Helen Clark. Tanumafili II. war seit der Unabhéngigkeit Samoas im Jahr 1962 Staatsoberhaupt und damit einer der am lingsten regierenden Monarchen derWeIt. Er war der letzte Vertreter einer Generation von bedeutenden politischen Fflhrern in Polynesien. Man nannte ihn den „Vater der Nation“, was auf seine Rolle im Unabhéngigkeitsprozess Samoas hinweist und zugleich das liebevolle


Das Staatsoberhaupt von Samoa, Seine Hoheit Susuga Malietoa Tanumafili II, bei einer Jubilciumsfeier im Jahr 2004 mit seinen Tdchtem Susuga Tooa Tosi Malietoa—Savusa (links) und Susuga Papa/ii Momoe Malietoa-Von Reiche. Foto: Sitarih Ala’i. Copyright 2006, Bahá’í International Community.

Verhältnis zwischen ihm und dem samoanischen Volk zum Ausdruck bringt. Auch fUr die Stabilitét und Entwicklung Samoas galten ihm hohes Ansehen.

Die Staatsform des pazifischen Inselstaats verbindet demokratische mit traditionellen Herrschaftselemen ten.Tanumafili ll. hatte den Héuptlingstitel des „Malietoa“ inne und Iehnte es stets ab, König genannt zu werden. Während Tanumafili ll. seinerzeit auf Lebenszeit zum Staatsoberhaupt ernannt wurde, wird die Amtszeit seiner Nachfolger aufoanahre begrenzt sein.

lnterreligiase Dialog: Hamburger Schüten grenzen

die Bahai aus

Wie„Spiege| Online“ im Mai 2007 berichtete, will der Hamburger Dachverband der Muslime (Schura) die Bahai in Hamburg nicht am interreligiösen Dialog teilhaben lassen. „Alle anderen beteiligten Religionen (Christen, Juden, Buddhisten, Hindus und Alewiten) hatten den Antrag der Bahai auf Aufnahme unterstijtzt - denn Ausgrenzung passt nicht zum Ideal der Toleranz“, so SPIEGEL ONLINE. „Die Schüten gestehen

anderen nicht zu, was sie selbst in Anspruch nehmen, némlich den Paragrafen

4 des Grundgesetzes: die Religionsfreiheit", sagt ein fUhrender Vertreter der Bahai in Hamburg. Dies sei eine „Menschenrechtsverletzung auf deutschem Boden“.

Der vollständige Bericht von „Spiegel Online" ist zu finden unter:

http://www.spiegel. de/politik/deutschIand/o,1518,483542,oo.htm|.

[Seite 3]Neue Ansätze zur Werteerziehung:



Mit Peer Groups gegen Gewalt unter Jugendlichen

BERLIN, den 24.Apri| 2007

— Mehr als 100 Géste aus Politik, Gesellschaft und Wissenschafi nahmen an einem Empfang des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í teil, der am 24. April 2007 in der Landesvertretung des SaarIandes in Berlin stattfand. Das Hauptthema des Empfangs waren innovative Ans'étze zur Gewaltprévention unter Jungendlichen.

Eine„Krise derJungen„ stellte der ehemaligeJustizminister Niedersachsens undjetzige Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts, Prof. Dr. Christian Pfeiffer, bei seinem Referat fest. Die Zunahme derJugendgewalt hénge

vor allem mit der stairkeren Mediennutzung derJungen zusammen.

„Der Schulerfolg wird nachhaltig durch den Medienkonsum beeinflusstJungen aus solchen Familien, in denen héufig Computerspiele fUr 18-jéhrige gespielt werden, erreichen beispielsweise im Vergleich zu denen, die niemals solche Spiele spielen, nur eine im Durchschnitt um 0,5 bis 0,7 schlechtere Note", berichtete Pfeiffer aus seinen Untersuchungen. Etwa jeder zweiteJunge im Altervon zehn Jahren vernge Über eigene Erfahrungen mit solchen Spielen. Prof. Pfeiffer untersucht derzeit im Auftrag des Bundesministeriums des Innern das Medienverhalten von 50.000 SchUIerinnen und Schüler in Deutschland. Unter dem Titel „Mit Peer Groups gegen Gewalt“ stellte Neysan Rafat das Programm vor, das von den 0rt|ichen Bahá’í-Gemeinden in Deutschland wie auch weltweit zurVermeidung von Gewalt bei Jugendlichen angeboten wird.

Das sogenannteJuniorjugendgruppenprogramm richtet sich an Jugendliche im Alter von 12 bis151ahren.

Anhand eines von Pédagogen entwickelten Curriculums wird auf Fragen, die sichjunge Menschen vor allem in der Pubertét stellen, eingegangen. Die Jugendlichen Iernen moralische Entscheidungen zu treffen, ihre Fähigkeiten

zu erkennen und auch in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen.

„Grund|egend bei dem gesamten Programm ist, dass die Jugendlichen die Möglichkeit erhalten, die erlernten positiven Fähigkeiten in ihrer Altersgruppe zu Uben. Sie konnen sich als kompetente, positive, dienstbare Jugendliche erleben, gegenseitig voneinander Iernen und sich ermutigen“,fasste Neysan Rafat das Konzept zusammen. Er Ieitet in Mannheim selbst eineJuniorjugendgruppe. Stefan Hilger, Mitglied des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland, wies darauf hin, dass momentan weltweit Über 13.000 Kinder- und Jugendgruppen mit Über 110.000 Teilnehmern an Bahá’í-Projekten teilnehmen. Darunter auch solche, die sich mit Werteerziehung, sozialem Bewusstsein und der Aus- und Weiterbildung von praktischen Fähigkeiten wie Lesen und Schreiben beschéftigen.

Eines dieser Projekte ist People’s Theater e.V., das in Stadt und Kreis Offenbach

in Hessen aktiv ist, Mit ihren Shows besuchen momentan 15Jugendliche im Altervon 18 bis 25 Jahren,die ein freiwilliges soziales Jahrabsolvieren, Schulklassen.Sie erarbeiten

zen Theatersequenzen mit den Schfllern Lösungen fUr Konflikte. Dabei geht es von Mobbing bis hin zu Drogenmissbrauch um Themen, die junge Menschen bescheiftigen. Eine kurze Theatersequenz mit dem Titel „Cool 2" fijhrten Mitglieder von People's Theater beim Empfang am 24.April vor. In dem StUck ging es um ein Médchen,das unter Gruppenzwang steht. „Wir setzen das Stack ,Cool 2’ in allen Klassen ein. Die Thematik ist nah am Alltag der Schfller. Wir sindja selbst Jugendliche und die Kinder Iernen, indem sie selbst Lösungsvorschlaige far das vorgestellte Problem sammeln. Sie setzen ihre Vorschlége dann vor der Klasse schauspielerisch um„, erklärte Erfan Diebel von People’s Theater das Konzept.

„Es ist toll, dass man nicht nur ÜberJugendliche spricht, sondern auch von ihnen Iernen will. Diese Bereitschaft ist wirklich lobenswert“, sagte MinisterialdirigentJflrgen Lennartz, Bevollméchtigter des Saarlandes beim Bund in seinem Grquort.

Im Anschluss an die Vortrége tauschten sich die Géste bis spét in den Abend untereinander Iebhaft aus. „Es war so ein anregenderAbend mit so vielen interessanten GespréChen und Menschen„, sagte



einer derTeilnehmer am Ende.



in kur


Das People‘s Theater aus Offenbach.

EUROPA-MAGAZIN

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PERSPEKTIVE

Die Ausrottung del

n vielerlei Hinsicht hat sich I die Lage von Frauen und Médchen w'éhrend der letzten soJahre deutlich ver bessert: Immer


Heutejedoch entpuppen sich viele Stimmen, die im Namen der Religion erhoben werden, pamdoxer Weise eher als ein bedauernswanes Hindernis bei der Ausrottung van Gewalt und Ausbeutung gegen Frauen und Miidchen. [...]

Somit ist es die Religion selbst, die einen augenscheinlichen Bedarf nach Erneuerung hat.

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mehr Frauen können lesen und schreiben, haben ein allgemein höheres Bildungsniveau erreicht, ihr Pro—Kopf—Einkommen erhéht und bedeutende Rollen im beruflichen und politischen Umfeld besetzt. DarÜber hinaus haben intensive 6rt|iche, ‘ nationale und globale Bemu hungen von Frauen-Netzwerken erreicht, dass Probleme von Frauen aufdie globale Agenda gesetzt wurden. Ungeachtet dieser positiven Entwicklungen richtet eine unbarmherzige Epidemie der Gewalt gegen Frauen und Médchen — ausgelöst durch soziale Normen, religiösen Fanatismus und ausbeuterische wirtschaftliche und politische Bedingungen —weiterhin in allen Ecken derWelt verheerenden Schaden an. Die Herausforderung, der die internationale Gemeinschaft ‘ jetzt gegenübersteht, liegt in den BemUhungen,sozia|e, materielle und strukturelle Bedingungen zu schaffen, in denen sich Frauen und Médchen zu ihrem vollen Potenzial entwickeln können. Die Schaffung solcher Voraussetzungen wird nicht nur wohl durchdachte Anstrengungen zurVerénderung der rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen der Gesellschaft erforderlich machen, sondern sie bedarf mit einer ebenso hohen Priorität der Verénderung des einzelnen Menschen —von Ménnern und Frauen,Jungen und Médchen, deren Werte in verschiedenen Formen ausbeuterische Verhaltensmuster unterstUtzen. Vom Bahá’í-Standpunkt aus gesehen liegt der Wesenskernjedes Programms zur

sozialen Verénderung in dem Versténdnis, dass das Individuum eine geistige Dimension besitzt. Dies formt sein Versténdnis vom Sinn seines Lebens sowie seiner Vera ntwortung der Familie,der Gemeinde und derWelt gegenflber. Neben den entscheidenden Umstrukturierungen einer rechtlichen, politischen und wirtschafilichen Architektur, die bereits StUck fUr StUck Form annehmen, ist die Entwicklung der moralischen und geistigen Fähigkeiten des Einzelnen ein Hauptelement in dem schwierigen Bestreben,den Missbrauch von Frauen und Médchen Überall aufder Welt auszurotten. Diese Faihigkeiten müssen

im zentralen sozialen und geistigen Prinzip unserer Zeit verankert sein — der gegenseitigen Wechselbeziehung und Verbundenheit der Menschheit als Ganzes. Eine Anzahl von Bahá’í—Schulen und -Bi|dungsinstitutionen haben spezifische moralische Fähigkeiten herausgearbeitet, die helfen sollen, Kinder und Jugendliche so vorzubereiten, dass sie Fähigkeiten eines moralischen Denkens entwickeln und die Verantwortung fUr Beitrége zur Verbesserung ihrer Umwelt Übernehmen. Dazu gehören Fähigkeiten zur effektiven Teilnahme an einer nicht kontroversen, kollektiven Entscheidungsfindung; zu gradlinigem Verhalten, das auf ethische und moralische Prinzipien gegrUndet ist; zur Kultivierung der eigenen WUrde und des eigenen Selbstwertgefijhls; zur kreativen und zielgerichteten Eigeninitiative; zum Bekenntnis zur Férderung von Erziehungsaktivitéten; zur Schaffung der Vision einer besseren Zukunft, die auf gemeinsame Werte und Prinzipien gegründet ist; zum Verstehen von Beziehungen,die auf UnterdrUckung basieren sowie zu deren Um wandlung in Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit beruhen. Obgleich diese Werte in Schulen gelehrt werden können, ist es doch die familiére Umgebung, in der Kinder aufwachsen und ihre Vorstellungen Über sich selbst, die Welt und den Sinn des Lebens entwickeln. In der Familie Iemt das Kind die Natur der Macht und ihren Ausdruck

in zwischenmenschlichen Beziehungen kennen; hier ist es,wo es ursprflnglich lernt, autoritére Regeln und Gewalt als Ausdrucksform und Konfliktlbsung zu akzeptieren oder zurUck zuweisen.

Die Gleichstellung in Familie und Ehe erfordert die Entwicklung einer sténdig wachsenden Féhigkeit der Integration und Einheit, im Gegensatz zurTrennung und Individualisierung. In einer sich sehr schnell veréndernden Welt sehen sich Familien oft unertréglichen Belastungen durch den Druck wechselnder 6ko|ogischer,6konomischer und politischer Umwélzungen ausgesetzt. Hier gewinnt die Féhigkeit, Familienbindungen intakt zu erhalten und Kinder darauf vorzubereiten, Bürger einer komplexen und „zusammenwachsenden“ Welt zu werden, allerhöchste Bedeutung. Es ist daher wichtig, Ménnern zu helfen, als Véter ihre Verantwortung in der Familie Über das rein Wirtschaftliche Wohlbefinden hinaus zu verstehen. So können sie ein Beispiel für gesunde Beziehungen zwischen Frauen und Ménnernfilr Selbstdisziplin und einen gleichwertigen Respekt fflr die ménnlichen und weiblichen Mitglieder der Familie setzen. Dies ist eine komplementére Rolle zu der der Mutter, die die erste Erzieherin ihrer Kinder ist, deren Glück, Sicherheits- und Selbstwertgerhl grundlegend ihre Féhigkeit zur wirksamen EIternschaft bestimmen.

[Seite 5]Was Kinder in der Familie Iernen, wird in den sozialen Wechselbeziehungen und Werten,die ihr soziales Umfeld formen,entweder bestétigt oder widersprochen. Alle Erwachsenen in diesem Umfeld — ob Erzieher, Ärzte, Unternehmer, Politiker, religiöse FUhrer, Polizeibeamte, Journalisten oder andere

— haben Verantwortung fUr den Schutz von Kindern.

In der ganzen Welt haben Religionen traditionell eine bestimmende Rolle bei der Kultivierung von Werten in der Gesellschaft gespielt. Heutejedoch entpuppen sich viele Stimmen, die im Namen der Religion erhoben werden, paradoxer Weise eher als ein bedauernswertes Hindernis bei der Ausrottung von Gewalt und Ausbeutung gegen Frauen und Médchen. Mit Hilfe religiöser Aufrufe als Mittel zurVergréEerung der eigenen Macht haben Protagonisten extremistischer religiöser Ausiegungen versucht, Frauen und Médchen zu „zähmen„ durch Beschrénkungen ihrer Bewegungsfreiheit außerhalb des Hauses und ihres freien Zugangs zurAusbildung, durch Unterwerfung ihrer Körper unter schmerzvolle traditionelle Riten, durch die Kontrolle ihrer Kleidungsgewohnheiten und sogar durch Tétung, um Handlungen zu bestrafen, die angeblich die Familienehre verletzen. Somit ist es die Religion selbst, die einen augenscheinlichen Bedarf nach Erneuerung hat. Ein Kernelement einer solchen Erneuerung ist, dass die religidsen FUhrer einstimmig das Prinzip der Gleichheit von Mann und Frau verkijnden mUssen und selbst als deren Vorbilder in Erscheinung treten —eines moralischen und praktischen Prinzips,das dringend benötigt wird, um den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritt

der Gesellschaft zu verwirklichen.

Heute mUssen religiöse Praktiken und Doktrinen, die in deutlicher Weise internationale Menschenrechtsstandards verletzen, selbst Gegenstand tief gehender PrUfung und Untersuchungen werden — und zwar ohne dabei jemals zu vergessen, dass alle Religionen die Stimmen der Frauen beinhalten. Diese haben bisher nur allzu oft bei der Definition, was Religion ist und was sie benötigt, gefehlt.

Das Individuum und seine Umgebung in Familie und Gemeinde stehen letztendlich unter dem Schutz des Staates, und auf dieser Ebene wird eine aufgeklérte und verantwortliche FUhrung dringend benötigt. Die meisten Regierungen kommen jedoch weiterhin ihren internationalen Verpflichtungen nicht nach,die Gewalt gegen Frauen und Médchen und ihre Ausbeutung zu bestrafen und zu verhindern — vielen fehlt dazu der politische Wille, einige stellen fUr die Durchsetzung der entsprechenden Gesetze nicht die angemessenen Mittel zurVerngung. Préventive Arbeit ist zu oft auf 6rt|iche Kurzzeitmal Snahmen beschrénkt.

Manche Staaten verstecken sich weiterhin hinter kulturellen und religiösen Vorbehalten gegen internationale Vertréige, die diese Gewalt verurteilen. Damit fUhren sie das Klima der Straflosigkeit weiter fort und machen die Gewalt und seine Opfer zum grofSen Teil unsichtbarNach der Ara der Entwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen muss nun der Schwerpunkt aufdie Durchsetzung und Vorsorge gelegt werden. Die Grundlage solcher Maßnahmen wurzelt in derAusbildung der Kinder zum intellektuellen und moralischen Wachstum, damit in ihnen ein Verantwortungsge Gewalt gegen Frauen

fUhI sowohl fijr ihre Familie, ihr soziales Umfeld als auch die ganze Welt kultiviert wird. Um ihre vielen Verpflichtungen erfUIlen zu können, muss die internationale Gemeinschaft die Macht, Autorita't und Mittel drastisch aufstocken, die für die Rechte, Gleichberechtigung und Entscheidungsmacht der Frauen bestimmt sind. Die Bahá’í International Community beteiligt sich an Diskussionen, die die Schaffung eines autonomen Amtes der Vereinten Nationen empfehlen, welches über ein umfassendes Mandat berglich der ganzen Breite der Frauenrechte und -ange|egenheiten verfijgt. Damit die Stimme der Frauen aufden höchsten Ebenen

der Entscheidungsfindung der UNO garantiert ist, sollte dieses Amt von einem Direktor mit dem Status eines „Unter—Generalsekretérs“ gerhrt werden. Die BemUhungen, die Epidemie der Gewalt gegen Frauen und Maidchen auszuléschen, mUssen von jeder Ebene der Gesellschaft ausgehen und gestärkt werden — vom Einzelnen bis zur internationalen Gemeinschaft.Jedoch dürfen sie nicht auf rechtliche und institutionelle Reformen beschrénkt bleiben, denn diese setzen sich nur mit den offenkundigen Verbrechen auseinander und sind nicht in der Lage, die weitreichenden Veränderungen zu bewirken, die zur Schaffung einer Kultur notwendig sind, in der Gerechtigkeit und Gleichheit sich gegen autoritére Gewalt durchsetzen. Es ist diese innere, ethische und moralische Dimension,die nun einer Transformation bedarf, und die die sicherste Grundlage fUrWerte und Verhaltensweisen bildet,welche Frauen und Médchen erheben und damit den Fortschritt der ganzen Menschheit voranbringen wird.


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Iranische Baha 1 werden waiter diskriminiert

Eine wachsende Zahl der Bahdz,

diesem Jahr an zmni die sich in schen Universitdten eingeschrieben hatten, werden naclz und mach wieder exmatri/euliert.

Dies ist ein alarmieren des Zeichen dqflir, dass Bahá’

Iran noc/z immer mit

{-Studemen zm

starleer Diskrimimertmg und beschrcinletem Zugang zu Hochschulen Ieorgfrontiert sznd.

ew York — Nach

mehr 31$ 25 Jahren,

in denen iranische

Bahá’í explizit davon ausgeschlossen waren, private Oder 6ffentliche Schulcn zu besuChen, wurden letzten Herbst 178 iranische Bahá’í—Studenten landesweit an verschiedenen Schulen aufgenommen. Die Regierung hatte ihre Politik dahingehend gefindert, dass die ReligionszugehéSrigkeit nicht mehr in den Aufnahmeprfifungsantrfigen angegeben werden musste. Bis Mitte Februar 2007 wurden jedoch mindestens 70 Studenten ausgeschlossen, nachdem den Universiti I ten bewusst gcRAN worden wandass


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es sich um Bahá’í handelt.

„Der hohe Prozentsatz an Exmatrikulationen — die alle ausdrücklich auf die Religionszugchérigkeit cler Studenten als Bahá’í zurückzuführen

ist — zeigt im besten Fall, dass die Regierung die Diskriminierung in den Hochschuleinrichtungen ignoriert und schlimmstenfalls, dass mit den Bahá’í—Studenten einfach ein Spielchen gespielt wird,“ sagte Diane Ala‘i, Reprisentantin der Internationalen Bahá'iGemeinde bei den Vereinten Nétionen in Genf. „Zuniichst waren wir sehr glücklich darüber, dass sich eine gréliere Anzahl iranischer Bahá’í—jugendlicher erstmals seit den früher achtziger Jahren an einer Universitdt einschreiben durfte. Die langjiihrigen Erfahrungen mit der systematischen Verfolgung der Bahá’í stellt nun die Ernsthaftigkeit der neuen Iolitik stark in Frags,“ sagte Frau Ala‘i.

Sic wit‘s darauf hin, dass weitcre 191 Bahá’í—Studenten, dic die Aufnahmepriifungen

erfolgreich abgelegt hatten,

disses Jahr nicht immatrikulicrt wurden, entweder, weil der Studiengang ihrer Wahl bereits ausgebucht war Oder aus anderen ihnen unbekannten Gründen.

„Das internationale Recht sicht das Recht auf Bildung als Grundrecht rm. Die iranischen Universitfiten haben keinen Grund, Studenten, die die Aufnahmepriifungen bestanden haben, den Zugang zur Universitdt zu verweigem, nur weil sie Bahá’í sind,“ fiigte Frau Ala‘i hinzu.

„Solange auch nur ci ncm Bahá’í das Recht auf


Hochschulbildung verwehrt wird, können wir davon sprechen, dass die langen jahre systematischerVerfolgul1g und Diskriminierung noch nicht vorbei sind. Diese Ungerechtigkeit muss bescitigt werden,“ sagte sie.

Als größte religiöse Minderheit im Iran, sind Bahá’í aller Altersgruppen seit der islamischen Revolution 1979 systematischer religiöserVerfolgung ausgesetzt. Mehr als 200 Bahá’í wurden ermordet, Hunderte ins Gefzingnis geworfenVon Tausendcn wurde Eigentum und GesclIéifte konfisziert, sie verloren Arbeitspliitze und ihre Renten. Laut einem gehcimcn Regierungsmemorandum von 1991 , Universitfiten entweder bei der

müssen Bahá’í „von Einschreibung Oder im Laufe ihres Studiums verwiesen werden, sobald bekannt wird, dass sie Bahá’í sind“.

Ein Hauptmittel der Regicrung, diese Politik durchzusetzen war die Bestimmung, bei den nationalen Aufnahmepriifungen auf den Anmeldebégen nach der Religionszugehérigkeit zu fragen. Wenn jemand Bahá’í angab Oder die Zeile leer lies, wurde der Aufnahmeantrag abgelehnt.






[Seite 7]1m Jahre 2004 entfernte die iranische Regierung offenbar als Reaktion auf anhaltenden internationalen Druck die Zeile Religionszugehérigkeit aus den Anmeldebégen. Etwa 1000 Bahá’í—Studenten bestanden in jenem Jahr die Aufnahmeprijfungen, oft mit ausgezeichneten Ergebnissen.

Etwas später im gleichen Jahr wurden die Prijfungsergebnisse mit dem Vermerk “Moslem„ an die Bahá’í zurückgeschickt. Die Internationale Bahá’í—Gemeinde wertete dies als Trick, da die Behérden genau wussten, dass Bahá’í ihren Glauben aus religiösem Prinzip nicht verleugnen und dies nicht akzeptieren würden.

Regierungsbeamte argumentierten, dass die Bahá’í bei den Fragen über den Islam Antworten geschrieben hatten und daher als Moslems anzusehen sind. Bahá’í fochten dies at) und wurden abgewiesen. Kein Bahá’í—Student wurde 2004 an der Universitfit aufgenommen.

Dasselbe trug sich 2005 zu. Hunderte von Bahá’í—Studenten bestanden die nationalen Prüfungen, um dann herauszufinden, dass die Regierung sie als Moslem fiihrte. A15 sie dies bestritten, wurden die Bahá’í abgewiesen; kein Bahá’í—Student konnte sich 2005 einschreiben,

Letzten Sommer nahmen Hunderte Bahá’í voller Hoffnung an den nationalen Prüfungen teil. Disses Mal bestanden Hunderte die Prüfungen und 178 davon erhielten einen Studienplatz.

Im Laufe des Herbstes hduften sich die Nachrichten aus dem Iran, wonach Viele derjenigen, die einen Studienplatz erhalten hatten, wieder exmatrikuliert wurden, nachdem bekannt wurde, dass sie Bahá’í sind. Im Februar waren es bereits 70 exmatrikulierte Bahá’í. „Die Berichte derjenigen, die herausgeschmissen wurden oder

denen die Einschreibung an einer Universität verweigert wurde, belegen eindeutig, dass der Grund dafijr ihre Religionszugehbrigkeit als Bahá’í ist,“ sagte Frau Ala‘i.

„Ein Student erhielt beispielsweise am 18. Oktober einen Telefonanruf V011 der Payame Noor Universitfit. Er wurde gefragt, ob er Bahá’í sei Als er dies bejahrte, wurde ihm gesagt, dass er sich nicht cinschreiben könne.„

„Als er später an der Universitiit war, wurde diesem Studenten gesagt, dass die Universit'ét ein Rundschreiben der Organisation „Nationale Erziehungs— und Evaluierungsmafinahmen„ erhalten hsitte, nachdem die Bahá’í nicht davon abgehalten warden sollten, an den Aufnahmeprfifungen teilzunehmen, class sie danach jedoch abgelehnt werden sollten.“

„Einem anderen Bahá’iStudenten der gleichen Universitiit wurde gesagt, dass Studenten, die ihre Religions J‘v A-t .u LI t Jaw;

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zugehérigkeit nicht auf den Anmeldeformularen angeben, vom Studium ausgeschlossen sind“, sagte sie. Frau Ala‘i wies auch darauf hin, dass die Internationale Bahá’í—Gemeinde erfahren habe, dass alle iranischen Universitfiten bis auf cine einzige, noch immer eine Zeile mit Religionszugehbrigkeit aufden Anmeldeformularen habe. „Dics wirft die Frage auf, ob diejenigen 191 Bahá’í, die die Prüfungen bestanden batten und dann abgelchnt wurden, nicht ebenfalls Opfer von Diskriminierung sind„, sagte sie.

„Wir warden uns an die Internationale Gemcinschaft mit der Bittc“ diese Situation weiterhin zu beobachten,„, sagte Frau Ala‘i. „Wir bitten auch um die weiterc Unterstfitzung von Lehrkriiften und Universitétsangestellten in der ganzen Welt, die an der Protestkampagne gegen die Behandlung der Bahá’í—Studenten im Iran teilgenommen haben.“ I

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Ein Briefdes„Zentra/en Schutz-Baros“ der Payame Noor Universitdt vom 2. November 2006, verteilt auf dem Briefpapier des lranischen Wissenschaftsministeriums. Er bestcitigt die offizielle Vorgehensweise dass„Bahá’í sich nicht an Universitdten und höheren Bi/dungseinrichtungen einschreiben durfen" und „dass, wenn sie bereits eingeschrieben sind, sie wieder ausgeschlossen werden sollen. "

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Zur aktuellen Verfolgungslage in Iran

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Ein Bericht über die I/brleommnisse zwischen

November 2006 und Mai 2007.

1. Es warden persanliche lnformationen über die Angehtirigen der Bahá’í-Religion :usammengetragen.

Zusdtzlich zu den jfingsten Maßnahmen der iranischen Staatsfiihrung, Listen von Bahá’í jedweder Branche und jedes Berufszweigs zu sammeln — beispielsweise durch den Interessenverband iranischer Handelskammem [Ettehadiyeye Asnaf] und durch die Gesellschaft für Handel, Produktion und technische Dienstleistungen von Kirmansha —, untcrnimmt das iranische Informationsministerium weitere Schritte, um mit einer Vielzahl von Maßnahmen detaillierte Informationen über alle Bahá’í im Iran zu erhalten: wer sie sind, wo sie leben, wie sie sich ihren muslimjschen Nachbarn und Kollegen gegenüber verhalten.

Im gesamten Iran werden in den Schulen Anstrengungen unternommen, Bahá’í—Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen und ihre Familien zu identiflzieren. So brachte beispielsweise das Sicherheitsbfiro der Bildungsabteilung von Schiraz ein Formular in Umlauf, das alle Schüler ausffillen müssen, „die religiösen Minderheiten und der perversen Bahá’í-Sekte angehören.“ Dieses Formular fordert nicht nur detaillierte Informationen über den Schüler bzw. die Schülerin und den Eltern, sondern auch über alle Geschwister. Unter „Religion“ sind vier Alternativen aufgelistet: „Christ“, „]ude“, „Zoroastrier“ und „perverse Bahá’í—Sekte“.

Des Weiteren werden Versuche unternommen, auf betrfigerische Art und Weise an Informationen heranzukommen,

z.B. durch dasVorgebenJoumalist zu sein Oder durch das Ausfragen von Kindem, die auf der Straße spielenr Bahá’í, die dem Informationsministerium bereits bekannt sind, werdcn zudem schonungslos unter Druck gesetzt, persénliche Informationen über andere Bahá’í preiszugeben.

Im Februar 2007 begannen Polizeieinheiten in einigen Stadtteilen Teherans und in der nahegelegenen Stadt Rud—i—Hin, wie auch in Bandar Abbas, Kirmanshah, Muhammadiyyih und Shirvan, Héuser und Geschiifte von Bahá’ís aufzusuchen und sie ausfiihrlich über ihre Familienmitglieder, Anstellungen, Ausbildung etc. auszufragen. Manchmal gaben sie vor, dass es sich um eine Umfrage handle.

Bahá’í, die über ihre Geschfifte ausgefragt wurden, mussten ihre Arbeitserlaubnis vorlegen, cs wurde gefragt, ob das Geschäft ihnen gehére, wie viele Angestellte sie haben und wie sie zu diescn Angestellten stehen. In zwei Fillen wurden die Bahá’í zu ihrer firtlichen Polizeistation bestellt, wo sie dann ausgefragt wurden. In einem Fall fragten die Bahá’í, warum sie in dieser Umfrage teilnehmen sollten. Ihnen wurde zur Antwort gegeben, class “wir diese Anweisung von der Hauptzentrale erhalten haben". In einem anderen Fall wurde ihnen als Grund genannt, dass diesc Informationen den Behfirden dazu diesen, Problems, die aufkommen

könnten, besser zu lösen.

2. Kinder und lugendliche warden weiterhin angegriffen und diffamiert.

Schulkinder, die der Bahá’iReligion angehören, werden weiterhin hart drangsaliert, geschmliht und verschiedenen Formen intensiven psychischen Drucks ausgesetzt.Eine Kampagne scheint im Gange zu sein, Lehrer über die Bahá’í—Religion „aufzuk1§ ren“, indem ihnen Anwcisungen und Materialien mit den gleiChen groben Falschdarstellungen der Geschichte und Lehren der Bahá’í—Religion gegeben werden, die schon zu Beginn der islamischen Revolution 1979 von Gegnern der Bahá’í verbreitet und dann in den Masscnmedien durch sténdige Propaganda wiederholt wurden. So besuchte am 23.April 2007 eine Gruppe von Religionslehrern 311$ 14 Provinzen das Zentrum für religiöse Studien in Qom 315 Teil einer vom Bildungsministerium organisiertenWeiterbildung.W'2ihrend dieses Seminars nahmen sie an einer zweistfindigen Présentation von Sayyed Ali Musavi—Nejad (Mitglied des Wissenschaftlichen Instituts und Vorsitzender der Gruppe Islamische Sekten) über den Babi— und Bahá’í—Glauben teil.

Die Prisentation beinhaltete die folgenden drei Hauptthemen: ° Die Entstehung des Babiund des Bahá’í—Glaubens ° Geschichtlicher Überblick ° Eine kritische Betrachtung der Entwicklung dieser Sekten inklusive der Grfinde, warum Menschen sich zu ihnen hingezogen Ffihlen.

Am 14.und 15.Mai 2007 veröffentlichten die beidcn iranischen Online—Nachrichtenagenturen „Ayandeh Roushan“ und „Rasa“ einen Artikel über das Erscheinen einer 85—seitigen Broschfire mit dazugehbriger CD in Tabriz, einer „Einfiihrung in den Bahá’iGlauben„ fijr Religionslehrer. Die Inhaltsbeschreibung liisst keinen Zweifel daran, dass die Autoren extrem gegen die Bahá’í-Religion eingenommen sind.

Die religiösen Überzeugungen der Kinder werden angegrifi‘en und diejenigen, die sich wehren, werden streng zurcchtgewiesen. So wurde einer Drittkliisslerin von ihrer Lehrerin gesagt, dass sie eine Abtrünnige sei,woraufim Iran die Todesstrafe verhängt wird, und dass ihre Religion “unrein„ sei.

[Seite 9]Den Freunden einer 13—]ihrigcn wurde gesagt, dass sie nicht zur Universitit zugelassen würden, wenn sie weiterhin mit der SchfiIerin befieundet blieben.

In einigen F‘éllen wurden Schülern, die vom Lehrpersonal 6ffentlich beleidigt und gedemütigt worden waren, Sympathiebezeugungen von anderen Lehrem zuteil —jedoch nur „privat“ und hinter verschlossenen Türen, womit versucht wird,jede Art von Verantwortung fijr solche Treffen

zu vermeiden.

3. Studenten wird das Recht auf Hochschulbildung verweigert.

(siehe eigener Bericht).

4. Mass und Mlsstrauen bestlmmen die Berichterstattung über die Bahá’í-Rellglon.

In regelm'éfiigen Abstinden werden aufwiegelnde Desinformationen über das Bahá’itum und seine Anhänger durch die Massenmedien verbreitet:

Es erscheinen weiterhin verleumderische Angriffe in der regierungsamtlichen Zeitung „Kayhan“, einer der iltesten und einflussreichsten Zeitungen im Iran. Diese Tageszeitung wird vom „Kayhan Institut“ veröffentlicht und gegenwiirtig von I-Iossein Shariatmadari herausgegeben, der auch stellvertretender Institutsleiter ist. Vor kurzem erschien auf der Titelseite der Zeitung ein Artikel mit der Überschrift: „Interview mit einer Person, die von dem Bahá’itum erlést wurde.“ Dies war der erstc Beitrag einer Interview—Serie mit Bihzad Jahangiri (Behzad Jahangiri)—sein neuer moslemischer Name ist Husayn Fallah (Hosein Fallah)—eines ehemaligen Bahá’í, der zusammen mit Mahnaz Ra‘ufi (Mehnaz Raoufi), seiner ehemaligen Frau, vor etwa 10 Jahren zum Islam konvertierte.

Im letzten Jahr erschien in „Kayhan“ auch eine Artikelserie, die aufden sogenannten „Memoiren“ von Mahnaz Ra‘ufi basieren — ebenfalls mit dem Ziel, die inneren ,Machenschafien der Bahá’í Gemeinde „aufzudecken“.

s. lmmer mehr Bahá’í werden daran gehindert, Ihren Lebensunterhalt :u verdienen.

In den letzten sechs Monaten nahmcn die Maßnahmen zu, Bahá’í ihren Lebensunterhalt zu entziehcn. Solche Mafinahmen bestanden unter anderem in folgenden Taktiken:

—Verweigerung der Erteilung odeerrI'éngerung von Geschiiftszulassungen

— Bedrohung von privaten Arbeitgebern, keine Bahá’í einzustellen und Schikanieren von solchen Arbeitgebern damit sic Bahá’í—Angestellte entlassen.

Ein Beispiel: am 10. April 2007 wurde der Vorstandsvorsitzende einer Firma in Sanandaj in das Biiro des Informationsministeriums zitiert, wo ihm mitgeteilt wurde, Class seine Firma aufgelöst werde, da sie einen Bahá’í beschiiftige, es sei denn der Bahá’í würde entlassen.

— Geschäfte in Bahá’í-Besitz wurden geschlossen.

— Banken werden aufgefordert, die Konten von Bahá’í aufzulbsen und Kreditantriige von Bahá’í abzulehnen.

— Handelsketten und Regierungseinrichtungen werden angewiesen, nicht bei Bahá’iGeschiften einzukaufen, weil ihr Eigentiimer Bahá’í ist.

— In einigen Gegenden des Landes werden Einzahlung von Rentenbeitriigen für Bahá’í, die im privaten Wirtschaftssektor beschaiftigt sind, verweigert.

6. Besitztümer warden geschindet.

Einige Bahá’í—Friedhéfe wurden in den letzten sechs Monaten entweiht.

1. Elnige Bahá’í warden daran gehindert, slch frei zu bewegen.

Wie berichtet wurde, sind die Piisse von einigen Bahá’í, die vorhatten, vom Iran aus ins Ausland zu reisen, konfisziert worden.Von gnderen Bahá’í, die an der Koordi nation von Gemeinde-Aktivitéten beteiligt sind, wurden die Paisse ad hoc konfisziert und ihre Namen wurdc aufdie „keine F]iige“—Liste gesetztl Die Passe der Mitglieder einer Bahá’í—Familie wurden, als sie nach Kuwait reiscn wollten, auf dem Flughafen einbehalten. Der Beamte, den sie darauf an[d.h. die Bahá’í] seid alle Spione und wir

sprachen, sagte: „Ihr

lasscn euch nicht ins Ausland, um cure Spionagetiitigkeiten durchzuführen.Wir werdcn euch damn hindern.“

8. Es gibt Für Bahá’í keinen Rechtsschutz.

Im Februar 2007 beschloss die Erste Zweigstelle des Falard-Volksgerichts, eine Klage abzulehnen „da der Kliiger der Bahá’í—Sekte angehört“.

9. Das Recht auf Unversehrtheit der Person wird verletzt; Bahá’í sind physischer Gewalt ausgesetzt.

Unter ungeklfirten Umsténde wurden Anfang 2007 zwei Gläubige in den Regionen Baharestan und Abadch ermorden In diesem Kontext steht auch eine Meldung der BBC vom 15. April 2007, in der es heißt, dass das Oberste Gericht des Iran eine Reihewon Morden in Kerman im Jahre 2002 einer Gruppe von paramilitfirisch organisierten, ultra—islamistischen M'énnern zuordnet, die argumentierte, dass ihre Opfer „aHe moralisch verdorben“ waren — eine haltlose Anklage, die in der Vergangenheit auch regelméBig gegen die Bahá’í vorgebracht wurde.

In einigen Fillen wurden Bahá’í, die von Regierungsbeamten verhört worden waren, gefragt, warum sie nicht einfach das Land verlassen. Bahá’í erhalten weiterhin Telefonanrufe, SMS und anonyme Briefe, in denen sie bedroht werden. Einzelne Iraner, die sich den Bahá’í anschließen wollen, warden verhört, beleidigt und bedroht. Bahá’í, die ihren Militfirdienst verrichten, werden bedroht und schikaniert,



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Die Européiische Union und der Deutsche Bundesta; missbilligen deutlich die Verfolgung der Bahá’l im Iran

Die deutliche Missbilligung der Verfolgung der Bahá’í im Iran durch Staat und Politik unseres Landes kommt in den jfingsten Erklärungen der Europiiischen Union sowie des

Deutschen Bundestages zum Ausdruck.

Am 25. Mai 2007 veröffentlichte die deutsche EURatspriisidentschaft im Namen der Europ'éiischen Union eine Erklairung, in der sie sich „zutiefst besorgt über die jfingsten Entwicklungen der Menschenrechtslage in Iran“ iuBerte. Die Europ'éische Union ist besonders beunruhigt über die aktuelle Welle von Verhaftungen von Bürger— und Frauenrechtlern(innen). „Lehrer, Studenten, Gewerkschaftsnfitglieder,Wissenschaftler und Journalisten, die V011 ihrem Recht auf freie MeinungsziuBerung Gebrauch machen, werden systematisch eingeschfichtert, und mit Gewalt werden strengere Bekleidungsvorschriften für Mainner und Frauen durchgesetzt“, heißt es in der Erklirung.

Mit Bezug auf die Verfolgung der Bahá’í erklart die Europliische Union: „Sie mächte zudem auf die Verschlechterung der Lage ethnischer und religiöser Minderheiten in Iran aufmerksam machen, insbesondere auf das Leid der Bahai, die vom tiffemlichen Leben ausgeschlossen, diskriminiert und bel'éstigt werden.“ Die EU fordert in der Erklairung die iranische Regierung nachdrücklich dazu auf, die grundlegenden Menschenrechte ihrer Bürger konsequent zu achten und zu schützen.

Dieser Erklzirung voran gegangen war eine Initiative

verschiedener Abgeordnete aus dem Europfiischen Parlament, aus dessen Reihen zwischen Februar und April 2007 eine so genannte „Schriftliche Erklzirung“ zur Lage der Bahá’í im Iran zur Unterzeichnung ausgelegt worden war. Die Parlamentserklijrung wurde von 264 Abgeordneten des Européischen Parlamentes unterzeichnet.

Am 24. Mai 2007 debattierte darüber hinaus der Deutsche Bundestag über Menschenrechtsverletzungen aufgrund von religiöser Zugehdrigkeit weltweit. Der Plenardebatte zugrunde lag der Antrag der Koalitionsfraktionen zu „Solidaritét mit verfolgten Christen und anderen verfolgten religiösen Minderheiten“. In dem mehrheitlich angenommen Antrag fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung dazu auf, auf bi- und multilateraler Ebene mit Nachdruck für Religions— und Glaubensfreiheit einzutreten und im Rahmen der EU—Menschenrechtsdialoge zum Beispiel mit Iran auf eine Verbesserung zu dringen.

In der lebhaften Debatte wurden von verschiedenen Rednern 3.116 derzeit anhéngigen Problems der Bahá’í in Iran und Agypten sowie die Ausgrenzung der Bahá’í aus dem interreligiösen Dialog in Hamburg angesprochen. So fiihrte Frau Christa Riemann—Hanewinckel (SPD) die Problematik der fehlenden Personenstandsdokumente für die Bahá’í in Agypten als Beispiel an, „was 65 bedeutet, für sich persénlich keine Religionsfreiheit in Anspruch nehmen zu kijnncn“. „Sie sind illegal, quasi nicht existent. Sie können jederzeit inhaftiert werden. Sie sind ZiuBerst schutzlos. Sie können sich aufkeine Rechte berufen.“ Volker Beck (Bündnis 90/Die Grfinen) sagte in Bezug

zu Iran: „Die Bahá’í sind (...) völlig rechtlos.“ Weiterhin sprach der Abgeordnete die gegenwéirtige Diskussion um die Deutsche Islam—Konferenz an. Als Beispiel dafür, dass Muslime auch in Deutschland Schwierigkeiten haben, die Glaubensfreiheit der anderen Religionsgemeinschaften zu respektieren, führte Volker Beck an: „In Hamburg verhindert die Schura die Einbeziehung der Bahá’í-Religion in den interreligiösen Dialog. (---)

Ich meine: So etwas ist nicht zu akchtieren. Muslime können theologisch der Meinung sein, dass der Bahá’í—Glaube ein völlig irriger Glaube ist, aber in dieser Gesellschaft müssen sie Andersgl'éubigen den glcichen Respekt zollen, den sie- für sich einfordern.“ Auch in den weiteren Reden der Abgeordneten Angelika Graf (SPD) und Alois Karl (CDU/CSU) fanden die Verfolgungen der Bahá’í Erwiihnung.

Volker Beck MdB, Berlin: „In Hamburg verhindert die Schura die Einbeziehung der Bahá’í—Religion in den interreligiösen Dialog. (...) Ich meine: So etwas ist nicht zu akzeptieren. "

Bildnachweis: Stefan Kaminski.


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Britisches parlamentarisches Seminar überprüft die Glaubansfreiheit

ONDON, Großbrit mnnien — Obgleich sie

V011 fastjeder Nation 315 fundalnentales Menschenrecht nnerkannt ist, wird die Glaubensfi‘eiheit V011 Vielen Regierungen Vcrnachllissigt.“$ie verdient mehr Aufinerksamkeit“, das war die Auffassung der Teilnehmer eines parlamentarischen Seminars in London. Parlamentarische Freunde der Bahá’í aus alien Parteien und die Bahá’í—Gemeinde desVereinigten Kblligreichs hatten zum Seminar eingeladen. In einer Podiumsdiskussion spraChen drei Menschenrechtsexperten über die Freiheit des Glaubens.

„Dic Verfolgung religiéiser Glfiubiger ist beschzimend wcit verbrcitet“, sagte Kevin Boyle, Professor V0111 Zentrum für Menschenrechte an der Essex University. „Das Problem existiert trotz eines strikten, internationalen, rechtlichen Ruhmcnwcrkcs fl'jr das Recht auf Religions— und Glaubensfreihcin das im internationalen Abkommen ijber ziViles und bürgerliches Recht umrissen ist“, erkliirte Kevin Boyle. ,.Es gibt keine Diskussion im Bercich des internationalen Rechtes dariibtr, wclche Rcchtc ancrkannt sind“, sagte 61'. „Das Problem ist, dass Staaten darin versagcn, nach diesel] internationalcn Standards zu lebcn.“

Die Nationcn haben sich poi sitiv verpflichtet, die Mannigfaltigkeit des Glaubcns zu schiitzcn und gegenüber verschiedenartigen Glaubensüberzeugungen neutral zu bleiben, fiigte Kevin Boyle hinzu.

Wenn eine Glaubensrichtung jcdoch eine privilegierte Position imlehiilt, damn ist es für den Staat schwicrig, die religiöse Gleichheit zu fdrdern. Dennoch sollte die Neutralitfit des Staates bezüglich der Religion nicht zum Sékula rismus führcn. „l)as Recht auf die Frcihcit des Glaubens kann nicht isoliert gesehen wcrden“, schloss Kevin Boyle. „Es muss in Verbindung 111it anderen Rechten geschen werden, wie der Meinungsfreiheit, derVersammlungsfreiheit und einer demokratischen Kultur.“

Samantha Knights, Anwiiltin 1111 Londoner Anwaltsbijro Matrix Chambers, sagte, dass es fijr den Staat schwierig sci, die Freiheit des Glaubens aufi'echtzuerhalten, wenn religiöse Praktiken 111i: der sie umgebcndcn Kultur in Konflikt stiindcn.

Sie hat F5116 der Glaubensfreihcit imVereinigten Königreich und in den Vcreinigten Staaten studiert und bearbeitet. Aus ihrcr Sicht illustricrt der Fall der Studentin Shabina Begum, die fijr sich das Recht in Anspruch nahm, die Jilbab (die vollständigc islamische Bekleidung Für Frauen) in der Schule zu tragen, die Vielschichtigkeit dieserThematik.

Wurdcn ihrc Rechtc verletzt Oder war es nur eine Unannehmlxchkeit für sic, fragtc Samantha Knights. Solche Fragen seien für die Gerichte extrcm schwer zu entscheiden. „Wenn sie sich mit Fragen der Religiousfreihcit ausv einandersetzcn, dam} müssen Gerichte die Frags stellcn, 0b Pmktiken Oder Glaleens Liberzcugmlgen fiir Cine Religion wesentlich sind, oder sich nur zufdllig ergeben haben“, sagte Samantha Knights. Sie wies auf die Notwcndigkeit hin, die Rechte dcs Einzelncn gegen den erforderlichen Schutz andercr Menschen auszubalancicren.

Nazila Ghanea, die dritte Diskussionsteilnehmerin, stellte fest, dass die Freiheit des Glaubcns teilweise unzureichend geschfitzt würden, weil sie vom HauptDcnkprozess andercr Mcnschcm rechtsthemen abgetrennt wordcn scien

Nazila Ghanea, eine Bahá’í

und Spezialistin für Mcnschenrechte am Institut für Commonwealth Studicm der Universitfit London, wies darauf~ hin, dass im jahre 1948 bei der Ratifizierung der Universalen Erklärung der Menschenrechte das Recht auf Freiheit des Glaubens als gleichberechtigt mit den anderen Rechten der Erklairung angesehen wurde, gemiiB Artikcl 18 der Menschenrcchtskonvcntion. „Es gab dam] eine Rechtsénderung, wodurch das Recht auf Freiheit des Claubens V0111 Schutz der Minderhciten abgetrennt wurde, die durch Rasse, Sprache usw. definiert worden sind“, sagte Nazila Ghanea

Das Diskussionsthema wurde vom Abgeordneten Ian Stewart vorgestellt. Das Ziel des Seminars sci es, die Freiheit des Glaubens prinzipicll zu unterstützen. „In dicscr Vcranstaltung geht es nicht um die Bahá’í, sondern um die Herausfordtrungen, die uns 21116 gemeinsam betreffcn — und nicht nur irgendeine Gruppe“, sagte Ian Stewart.

Unter den Zuhéfirern waren Parlamentsmitglieder und Reprisentanten Vieler Organisationen wic die Gruppe fur Minoritiitenrcchte, das Forum 18, das Forum der Religionen, diejain Samaj, die Vereinigung Britischer Humanisten und die Bahá’í—Gemeinde des

Vereinigten Königreichs.


„Man muss den Schutz der religicasen Freiheit «I: dun Recht aller Menschen ventehen. Diese Haltungfehlt derzeit. Dds steht

im Kontmst mit den Vorkehrungen gegen Falter, die als universal anerkannt warden.“

Nazila Ghanea, Institut far Commonwealth Studien an der Universitcit London

AAENSCHENRECHTE


Dem Seminar folgte eine lebhafte Diskussion, an der sich viele Zuhörer beteiligten. „Der Erfolg diescr Veranstaltung bestétigt uns darin, dass die Zeit für Cine Debattc diesesTeils der Menschenrechte in der Gcsellschaft reifist“, sagte Barney Leith, der Sckretiir für Auswértige Angelegenheiten der Bahá’í—Gemeindc desVereinigten

K611igrcichcs.


K 1 ONE COUNT Y

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Konferenz bei der UN—Vollversamm lung sieht Interreliglosen

Dialog als

entscheidend für den Frieden an

„In diesem leitalter der Globalislerung und gegenseitigen Ablningigkeit ist es für die Menschen an der Zeit, aufeinander zuzugehen und in Harmonie und Frieden zusammen zu leben. Schliefllich slnd wir alle Glieder elner einzigen grojien Menuhenfamilie. “

Haya Rashid Al Khaifa, Botschafterin Bahrains bei den Vereinten Nationen und Prdsidentin der 61. Ceneralversammlung


EREINTE NATIONEN — Eine Konferenz auf höchster Ebene sponserte das Tripartite Forum on Interfaith Cooperation for Peace (Dreiseitiges Forum zur glaubensijbergreifenden Kooperation für den Frieden) während der UNVollversammlung am 21. September 2006. Den Rahmen hierfiir bildete Cine Initiative des Forums, bei der VertreterInnen von Regierungen, den UN und Zivilgesellschaften mit dem Ziel an einen Tisch gebracht werden, Wege der Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Religionen fijr den Frieden zu finden. Dem Tripartite Forum gehören inzwischen fijnfzig Staaten sowie ffinfzehn UN—Agenturen und das Committee of Religious NGOS (Komitee für religiöse Nicht—Regierungsorganisationen) bei der UNO an, das über hundert religiöse nichtstaatliche Organisationen reprisentiert. Die Konferenz brachte 33

Regierungsdelegationen zusam VEREINTE NATIONEN


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men. Diesc befassten sich mit der wachsendcn Bcsorgnis über die Ausbreitung religiöser Intoleranz und der Notwendigkeit, den religiöscn Dialog als Gegenmittel zu férderxl.

„Einigc der Verbrechen, der Gcwalt und der Probleme in dieser Welt sind in ihrem ganzen Ausmaß denVerfechtern unterschiedlicher religiöser Orientierungen anzulasten“, stellte Alberto Romulo, Vorsitzender des Forums und

Sckretzir im Auswértigen Amt der

Philippinen, fest. Abdulayc Wade, Priisident der Republik Senegal, stellte das Hauptthcma „Wie man zur Friedenserrichtung und Entwicklung bcitragen karm“ vor. Damit legte er die Grundrichtung der Konferenz fest.

„Interreligiöser Dialog ist eine dringende Notwcndigkeit geworden“, sagte Priisident Wade. Die Welt kiimpfc gegenwlirtig mit „den Dimonen des Misstrauens, der Unwissenhcit und der Geringschfitzung der Menschen anderer Kulturkrcise“.

Im Hinblick aufdie Misssténdc bemcrktc Président Wade, dass lntoleranz und Extremismus genau entgcgcn der Heiligkeit wahrer religiöser Ziele wirkten. Er schlug stattdessen vor, dass die Menschen die gemeinsameanrzeln der Religionen untersuchen und erkennen sollten, dass sie alle von einer Quelle kzimen, die „das Gute vorschrcibt und zur Vergebung und Liebe ermutigt.“

Présidcnt Wade, der selbst Moslcm ist, verwies sChlicBliCh darauf, dass Gewalt im Namen des Korans durch nichts gerechtfertigt werdcn könne. „Die wahre Botschaft war zu allen Zeiten Ann'éherung und Harmonie.“

Haya Rashid Al Khalifa, Botschafterin des Bahrain bei den UN und Présidentin der 6]. GeneralVersammlung, betontc, dass die Initiative des Tripartite Forums cine Notwendigkeit unsercr Zeit sei. „

Zu glauben, dass einige von uns in Sicherhcit lcben können und andere nicht, ist eine völlige Illusibn.]eder muss sich 111it den] Irozcss befassen, umTliuschungen zu bekzimpfen.“, fiigte sie hinzu. Und: „In dicsem Zeitalter der Globalisierung und gegcnseitigen Abhiingigkeit ist es für die Men schen an der Zeit, aufcinander zuzugehen und in Harmonie und Frieden zusammen zu leben. Schließlich sind wir alle Glieder einer einzigen großcn Menschenfamilief

Die teilnehmenden Religionsfiihrer an diescr Konferenz — die zusammenflel mit dem Internationalen Tag des Friedens der UN, derjedesjahr am 21 . September gcfeiert wird - ziuBerten sich in ähnlicherWeise.

BischofjoscfHumper von der Vereinten Methodisten—Kirchc in Sierra Leone sprach über die Gcmeinsamkeiten der Religionen. „Lctztlich ist das Zicl des Meinungsaustausches ein besscres Versttindnis der Unterschiede und des Ncuen. Dieser Dialog muss als Mittcl gcsehen werden, Gewalt, Hass und religiöse Intoleranz zu bcseitigen.“, sagte er.

Rabbi Arthur Schneier, Vorsitzender der Stiftung „Appeal of Conscience Foundation“, befand: „Wir können nicht zulasscn, dass Gott beraubt und Religion missbraucht wir .“

Professor John Grayzel. Inhaber des Bahá’í—Lehrstuhls fijr Weltfrieden an der Universit'ét von Maryland sagte, ReligionsFdhrcr seien dazu verpflichtet,Toleranz und sogar Einheit unter den Religionen zu fdrclerl]. Dies solle geschehen in Ancrkennung einer „gemeinsamcn Quelle moralischer Autoritiit. die den Vorrang hat vor den niederen Faktoren des tiiglichen chens.“

„Die religiösc Fiihrcrschaft heilt die Macht in ihrcn Hiinden, das Niveau fi'ir die Akzeptanz, Toleranz, den Respekt und die gegenseitigc Zusammenarbeit für c125 gemeinsame Wohl der

Menschheit zu bcstimmen“, so DnGrayzel.

[Seite 13],.\X/cnn sich die religiöscn Organisational der Welt dazu entschließen würden,ci11c Einhcit zu bilden, damn kbnntcn sie eine ncuc globale Ansprcchgruppe initiiercn, die in wachsamcr Alarmbereitschaft beim erstcn Entstchen von Streitigkeit, Zwietracht Oder Missverstiindnis vorgchen kann.

„Diese Gruppe könntc allen Menschen. cgal wclche Unstimmigkeiten und IntercsscnsAunterschiede bestchen, Cincn Grad der Reflektion bewusst Inachen, die den gemeinsamen Ursprung der Mcnschheit und des gemcinsamcn Glaubens anerkennt und dies allen ins Bewusstsein bringt“ sagte Dr. Grayzel. Zu den Rednern der Konfercnz gthörtcn cbenfalls chréscntanten verschiedener Abteilungcn dchcreinten Nationen, daruntcr UNESCO, UNFPA, UNDP und der UN—NGLS.

Radhika Coomaraswamy, die Sonderbeauftragte dcs Generalsekretérs flir Kinder und bewaffileten Konflikt, berichtct6, dass Gcwalt nus cthuischen

Gründen mit deutlich gcringercr

Wahrscheinlichkeit in Stiidten ausbreche, in denen interrcligiésc Organisational tétig scien. Dies würde immcr offensichtlicher.

„Das Konzept der Partnerschaft ist absolut unerliisslich, wcnn wir jemals den Weltfrieden crreichen wollen“, bemerkte sic weitcr. Zudem könnten religiöse Gruppen bci Problcmcn, Wie der Rekrutierung von Kindersoldaten Oder des Einschreitens bei drohendem Kriegsausbruch, Cine bedeutende ROHC spielen.

„Das Bemerkenswerteste war Vielleicht die Tatsache, dass der am besten vertretene Sektor speziell aus den Kreisen der Regierungen von untercntwickcltcn Léndern kam“, stelltc chfcry Huffines fest. Huffincs ist Mitglicd des Ausschusses fijr rcligiésc Nicht—Rcgierungsorganisationen (NGOS) bei den UN und auch Vertreter der Bahá’í Gemeinde der Vereinigten Staaten bei den UN. Zudem hatte er im Planungskomitee der Konfercnz 111itgewirkt. „Viele dieser Länder Ieiden unter den Konscquenzcn religiöser Konflik






















te. IhrcVertretcr warcn diejenigcn am Runden Tisch, die lernen wollten, die ihrc Ansichten teilen wollten über die Wichtigkeit der Férderung des religiösen Dialoges und der Zusannnenarbeit mit anderen Teilnehmcrlnncn.“

Huffincs crwiihnte schlicBliCh die Hoffnung dcs Forums. dass die Generalversammlung einen Bcschluss verabschiede über die Férderung weiterer Schritte in Richtung interreligiöser Dialog und Fricdcn. Di€ Fijrderung sollte von denVercinten Nationcn gesponsert werdcn, einschlicfilich einer eintijgigcn, informawrisch— interaktivcn Anhbrung 111i: Teilnehmerlnncn der zivilen Gesellschaft.

Das Tripartite Forum wurdc 2005 gegründet.Am 22.]uni 2005 sponserte es als crstes Ereignis cinc cintzigige Anhbrung bei den Vereinten Nationen. Diese war der Vorl‘éufer einer historischen Anhérung zum Thema der Mitwirkung der Zivilgesellschaft,

veranstaltct von der Generalver sammlung im selben Monat.

















Unter den teilnehmenden Religionsfuhrem der auf höchster Ebene stattfindenden Konferenz zur interreligicisen ZusammenarbeitFür den Frieden am 21.$eptember 2006 bei den Vereinten Nationen waren (von links nach rechts): Dr. John Grayzel, Inhaber des Bahá’í—Lehrstuh/esfür den Weltfrieden, Bischof William Swing von der Initiative Vereinte Religionen, sowie Bischofjoseph Humper der Vereinten Kirche derMethodisten in Sierra Leone (Fotografie: Bud Heckman)


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Konferenz in Frag gedenkt der

UN—Erklärung über relig "

„ Wenn Menschen sich zu einer bestimmten politischen Ideologie bekennen und Gefcingnis, Falter und sugar den Tod riskieren, dann warden sie bekannt und geachtet. Wenn es aber die religiöse Ubeneugung befrifit, dann ist die: nicht in gleichen Mafia der Fall. “

Diane Ala’i, Bahá’í International Community


Obwolll die internationale Vcreinbarmlg tiber Religions- Oder Glaubeirzgfreiheit 56,1071 zur Zeit des Hdhepun/ets des [ealten Krieges vor 25jahren ausgehandelt warden war, ist sie heme noch genauso aktuell — lmd Vielleiclzt norh aletueller. Dies stellten Sprer/zer al/ff einer van den Vereinren Nationen alrngCI’N/ZIC’IC’H Konfe renz 1'11 Prqgfi’st.

RAG, Tschcchischc Republik — Etwa 350 Teilnchmcr, die mehr als (11) Rcgicrungcn, UN—Bii1'05 und verschiedene inter AAENSCHENRECHTE


Asma jahngir, UN Sonderberichterstatterinfdr Religions- oder Glaubensfreiheit (Mitte) und Diane Ala’i, die Reprasentantin der Bahá’í International Community in Genf (rechts), sprachen beide in einem Arbeitskreis auf der Gedenkveranstaltung in Prag [iber das Recht zum Religionswechsel. (Foto: Hamid Jahanpour)

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nationalc Nicht—RcgicrungsOrganisational ~ einschließlich der 13311le International

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Community — reprisentierten. gedachten zum 25. Jahrcstug der ,Erklärung zur Ausrottung aller Formen von religidscr Intoleranz und Diskriminierung.

Die Gedenkveranstaltung wurde vonjan GhancaTAbrizi von Tolerance 95, einer NCO aus der Tschcchischen Republik, v01) Nazila Ghanen vom Zentrum für Internationale Menschenrechtc in England. vom Institut für (10111111011wcalth Studicn und v01) der Universitiit London organisiert. Die Finanzicrung stellte dds nicderliindischc AuIScnministcrium bcreit.

Dzls lrogrumm war durch Anspmchen,Arbcitskrcise und cine Erkliirunkgy zum Ende der K011fcrcnz gckcnnzcichnct. Sic allc krcistcn um cin gcmcinsames Thoma: Die Erklärung von 1981 blcibt cin cntscheidcndes Dokumcnt für den Schutz def Religions— Oder Glaubensfreihtit, besonders in einer Zeit. wenn religiöse Konfliktc zunchmcn.

„In dicsen Tagen leben \Vir in einer globalisierten Welt“. sagtc Piet dc Klerk, dt‘l Gelleralbevollmfichtigte der Niederlandc für Men schenrechte. „Dic‘s bcdeutet,


Toleranz

dass vcrschicdcnc Kulturcn. einschlicfllich vcrschicdcncr Glnubcnsrichtullgcn, hiiufigcr Lmd uufi11tcnsivc1‘c Wcisc zusammentrcfibn JIS in fi‘iihcrcn Zeitcn."

liet de chrk sagtcx ddsx die Erkllirung. obschon zu cincr Zcit ausgchnndclt. L118 dic Thematik der Religions— und Glnulwnstrcihcit den ideologischen Knmpf zwischen dcm Kommunismus und den} \X/csten betrafl nichtsdcstotrotz heme wichtig bei der Behandluni,y der Herausfbrderungen sci, die aus der globalcn Mannigfaltigkeit erwachsen. Sie „b;lsiert uufder Überzeugung von Vielen, dass die Freiheit von Religion Oder Glauben selbst einen Weg mach vornc darstcllt, um Intoleranz zu bekijmpfen.“

Asma Jahangir, die UN Sonderberichterstatterin für die Religions— Oder Glaubensfi‘eiheit, sagte, dass die Prinzipien der Erklärung weiterhin 1111 gegenwärtigen „p013risierten Klima“ „Dreh— und Angelpunkt bleiben“.

„Wir mfisscn alle unsere Bemijhungen biindeln, die Prinzipicn dt‘l Erklärung vol] 1981 unttr Gesetzgebern, Richtern und Staatsbeamtcn, aber auch untcr nicht—staatlichen Aktcuren zu ctabliercn“, sagte Asma jalmngir. „Wir müssen die Ursachen v01) Intolemnz und Diskriminicrung ausmcrzen und wcltwcit hinsichtlich dtr Frcihcit v01] Religion Oder Chubcn wnchsnm blcibcn.“

Auch Felice Gaer,dieV01'sitzcndc der US—Kommission fiir Internationale Religiiisc Freihcit.111;1chtc dcutlich, dass die Erkllirung im Lnufc dt’l Zeit noch \Vichtigcr gewor den sci.

[Seite 15]“Das Rcuht auf Gedankcn—, Gewisscns— und RCligionsfreihcit ist universcll. Dies zeigte die cinstimmigc Ammhmc der Erklärung über rcligiése Intolcmnz — sogar im jahrc 1981“. sagtt Felice Gaer. ,.licd;1ucrlichcrwcisc wird disses universalc Recht weiterhin gulf dem ganzcn Globus vcrlctzt.“

„Dimer 25.jahrestag macht cincn Aufi‘uf an 3116 Regierungtn 1116glich, ihrc Anstrcngungcn zum Schutz der Religions— ()der Glaubensfi‘cihcit im eigcncn Landt zu intensiVieren und den Respekt für die religiöse Frcihcit wcltwcit voranzubringen. Die Fiihigkeit der Mcnschen in der ganzen Welt in Friedcn und Frciheit zu lebcn hiingt davon ab.„

Unter den Sprechcm war auch Diane Ala’i, Repriiscntantin der Bahá’í International Comnnmity bci denVcrcinten Nationcn in Gent:

Zusnmmen mit Asmn jahangir stcllte sie in einem Arbcitskrcis das RLcht zum Ihligionswechscl vor. Asma jnhangir stellte fest. dass aus dcm gelten Recht klnr hervorgche. dass jeder „die Freiheit bcsitze, eine Religion Odt‘l cincn Glauben seiner Wahl zu habcn“, much \\t‘1111 die Erklärung nicht ausdrücklich d JS Wort „chhsc1“ erwahne. Sic wic‘s Claraufhi11,dass andere UN—Vcrtriigc und Stellungnnhmen dicscs Recht klar bcstiitigt habcn.

Diane Ala'i sugtc, die Aufrechterlmltung des Rechtc‘s auf Religionswechsel sci von „pr;1ktischerWichtigkeit“ tiberall 1111 (?cltungsbcrcich der religiöscn Freiheit. Die Venveigcrung dieses Rechtcs bcdeutc auch die grundsiitzliche Verwcigcrung andercr in der Erklärung garantiertcr Rechtc sowic von Rechtcn nus andercn intcrnationalcn Vertrzigcn. Dds betritfi dds Recht authrsnmmlungsfi‘eihcit. lrivatsphiirc. fi‘cic Mcimmgsäußerung und die Rcchtc von Minderhciten.

„Das Rccht auf Religionswechscl wird nicht immcr autrechterhaltcn“, sagtc Diane Alni, „wei1 hcutzutagc sinigc Regicrungcn die Vortcile behalten wollcn, die sich nus ciner besonderen Bezithung zwischen Stunt und Religion ergibt. Und dcshalb schriinken sie das Rccht, die eigcnc Religion zu wcchseln, durch besonderc (?csctzc und politischc Maßnalnncn cin. Dieses Recht ist von gréifltcr Bcdcutung. wei] es Länder gibt, in dencn der Religionswechsel als Ketzerei angcsehen wird. Nnch Auslcgung dort relevantcr religiöser (lcsetze ist Ketzerei mit dem Todc zu bestratcn.“

Diane Ala’i wic‘s bcsonders auf die Situation der Bahá’í Gcmcinden in Iran und Agypten hin, die sich gegenwiirtig wcgcn dcs religiéisen Glaubens dchcrfblgung und dt‘l DiskriIllinicrung ausgesetzt $61161],

Dort wurden Bahá’í in der Tat 111it dem Etikctt Ketzer verschen, ein „Vcrbrcchen“, das in Iran mit dem Tode bestrat} wird.

.,Wenn Mcnschen sich zu eincr bestimmtcn politischtn Ideologie bckcnncn und Cefiingnis, Foltcr und sogar den Tod riskiercn, dam) werden sic bckannt und gc;lchtet.\X/enn es uber die religiösc Überzeugung bctriff‘t, dam) ist dies nicht 1111 glcichen M386 der Fall“, sagtc Diane Ala’i.

Anderc Arbcitskreisc im Rahmen der Gedenkvemnstaltung bctruchtcten Themcn wie ,Religiéisc Freiheit kontm Meinungsfi‘cihcit; ,Wie wirkt sich Religionsfieiheit auf die religiöse Gullcinde als Ganzcs nus?„ und ,Rcligionsfrcihcit 1111 Zusannncnhung 111it der Ausbreitung v01) Religion„.

Eine Abschlusscrkliirung, betitelt mit .,Prager Erklärung über dic Religions— OdCI‘ Glaubcnsfi'eiheit“, wurde von der Versammlung abgcgcbcn. „Wi1‘ haltcn es für wesentlich, dass die Regierungcn und internutionalen Organisational, wie die UNO und vcrschicde ne regionalc Organisational, den} Schutz der Religionsoder Claubensfi‘eiheit und der Ausmerzung allcr Formen v01) Intolcranz und Diskriminierung bezüglich der Religion Lmd des Glaubcn Irioritlit gcu bcn“, heißt es in der Erklärung von Frag.

Die Erklärung weist wcitcr daraufhin, dass das Recht auf Religions— Oder Glaubcnsfl‘eiheir das Recht cinschliefit, Stiitten für den Gottesdienst „zu crbauen und zu unterhalten“, religiöse Vcréfiffcntlichungcn ,.zu schreibcn, herauszugebcn und zu vcrbreiten“, „Ruhct;lgc zu beachtcn und Feicrtagc zu feicm„ und „Kommunikation 111it Einzclncn und Gemeindcn in Fragcn der Religion und dcs Glallbens nuf nationalcr und intermtiomler Ebcuc aufzubauen und zu unterhalttn.“

Die (}edcnkveranstaltung V01] lrag wurde von (161' UN So11derberichterstattcrin als offlziellc, internationals Gedcnkveranstaltung zur Bekr'fiftigung der Erklärung von 1981 bestätigt.



Piet de Klerk Piet, Generalbevo/lmdchtigterffir Menschenrechte der Niederlande, war unter den Hauptrednem auf der Gedenkveranstaltung in Prag am 25. November 2006 (Foto: Hamid Jahanpour)

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Tansania: Familien und Jugendliche als Schlfissel zurVerringerung der Armut

“Die Verwirklichung der Millennium Development Goals mach! sich am deutllchsten in der Familie bemerkbar - auf der Eben: des einzelnen, nicht in Verullgemeinerungen. “

Stella M. Manyanya, Mitglied des Parlamentes von Tansania

ENTWICKLUNG


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Stdrkeung der Familien tmd Empowerment der jugendlichen sind zwei Schliisselfaletoren bei der Verringemng derArmut. Das sagten Experten auf einem eintcigigen Symposium, (145 am 21.

Oktober 2006 in Daressalam stattfand.

ARESSALAM,Tan sania — Organisiert

von der Dar 65 Salaam Union Student Organization (DARUSO) und der Bahá’í—Gemcinde von Tangania, untersuchte das Symposium das Thema „Die Rolle von Familien und Jugendlichen beim Aufbau einer glücklicheten Gesellschaft“.

Das Symposium, das am Tag der Vereinten Nationen abgehalten wurde, befasste sich mit den Millennium Development Goals (MDGS), einer Reihe von Ziclen im Kampf gegen die Armut, die auf dem jahrtausendgipfel der Vereinten Nationen imjahre 2000 vereinbart worden waren.

Mehr als hundert Personen nahmen tei], darunter ein breites Spektrum von Reprisentanten akademischcr und diplomatischer Institutioncm von Nichtregierungsorganisationen und Glaubensrichtungen.

„Eigentlich kommt jeder aus einer Familie“, sagte Stella M. Manyanya, ein Mitglied des Parlamentes von Tansania. „Die Vcrwirklichung der Millennium Development Goals macht sich am deutlichsten in der Familie

bemerkbar — auf der Ebene des Einzelnen, nicht in Verallgemeinerungen.“

Besonders die Jugendlichen werden neue Ideen beitragen und stellen unsere kijnftigen Arbeitskraftc, hob Stella M. Manyanya hervor, indem sie umriss, warum cs so wichtig für dieVerringerung der Armut sci, den Schwerpunkt aufjugend und Familie zu legen.

Shalli Tumaini von der DARUSO iiuBc-rte in Bezug auf die Millennium Development Goals, sie „bczeugen, class mehr als ein halbes jahrhundert nach dem Zweitcn Wcltkrieg die Welt immer noch weit entfernt ist von den Idealcn von Harmonie,Wohlstand und Frieden, die man nach Ende des Krieges erwartet hatte.“ Und sie fiigte hinzu: „Besonders für Afrika sind diese Entwicklungsziele ein AnstoB, den Niedergang menschlicher Entwicklung umzukehren.“

„Die Familie ist das Fundament der Gesellschaft“

Unter den andercn SpreChern waren Adeline Kimambo vom Christian Social Security Council,]. Abunuwasi Mwami, außerordentlicher Professor der Abteilung Fijr Soziologie und Anthropologie cm der Universitit Daressalam, und Killian Nango vomjugendverband derVereinten Nationen (YUNA) von Tansania. „Die Familie ist das Fundament der Gesellschaft“, unterstrich Killian Nango das Thema des Symposiums. „Starke Familien zu haben bedeutet, dass man starke Führer habcn wird.“

Effendi Lama, eine andere Sprecherin und Autorin des Buches „Ausged6rrte Erde“, stellte cine Untersuchung vor,die einige der Problems umriss, denen sich Familicn und Jugendliche in der

Region gegenübergcstcllt sehcn. Unter den Herausforderungen s-ind die Landflucht (Suche nach Arbeit in den Stédtcn), der zunehmende Drogcnmissbrauch, die Gewalttétigkeit zu Hause und der Mange] an Unternehmcrtum. Starke Familicn jcdoch können helfen, diese Problemc zu bewiltigcn, indcm sie lntegritiit, Erziehung und wirksamc, zwischenmenschliche Führungsqualitijten Fdrder11,so Effendi Lema. Sic fiigte hinzu: „Familicn müssen sich zusammentun und gescllschaftliche Unternehmungen verbessern. Dazu gehbren erzieherische, soziale, wirtschaftliche, ékologische, kulturellc, gesundheitliche Oder sclbst rcligiése Unternehmungen in ihrer Gruppe Oder Gemeinde, im Hinblick aufeine glücklichere Zukunft der Gesellschaft.“

Sohaila Loftus, eine Reprisentantin der Bahá’í—Gemeinde von Tansania, betonte die Wichtigkeit der Erziehung von Frauen, um Ziele wie die Verminderung der Armut, dieVerbesserung der Gesundheit und die Férderung der Erziehung zu verwirklichen.

„Es ist wesentlich Für das Kind“, sagte Sohaila Loftus „mit einer gebildeten, intelligcmen, liebenden und sorgcndcn Mutter zu interagieren, die diesem Kind die moralischen und gcistigen Grundlagen vermittelt, die es braucht, um sich zu eincm erfolgreichen erwachsenen Menschen zu entwickeln.“

Weiterhin betontc sie die Wichtigkeit von Religion und Geistigkeit — die Schlijssel zur Schaffung Starker Familien. „Familieu solltcn danach strcben, Kinder grofizuziehen, die sich für Ausbildung und gcistige Wertc entscheiden“, hob Sohaila Loftus hervor. „Kinder sollten dazu erzogen warden, ihren Willen dem Dienst an der Mcnschheit unterzuordnen, indem sie ihre R0116

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darin sehen, ihre Gemeinden zu unterstützen. Dies sind Konzepte, die auf dem Glauben beruhen.“

SowotheilnehmerInnen wie Organisatoren, empfanden das Symposium als lohnend. „Dic Diskussionen und Kommentare der H6rcr1nnen,insbesondere der Studentlnnen, haben Viele DenkanstéBe gebracht“, meinte Bryan Tribble, ein Mitglied des Biiros fijr Außenbeziehungen der Bahá‘iGemeindc von Tansania.

Ein Ergebnis diescheranstaltung bestand in der Bildung eines Teams VOn rund zwei Dutzend Studicrenden, Berufsanfangerlnnemjournalistlnnen und NGORepriiscntantlnnen, die zusicherten, die von den Bahá’í von Tansania und DARUSO geführten Bestrebungen zu unterstützen,

die die MDGS zu verwirklichen suchen.

Mitra Deliri, die Direktorin des Bfiros für Außenbeziehungen der Bahá’í—Gemeinde von Tansania, fiigte hinzu: „Das Treffen brachtc verschiedene Organisationen zusammen, die erkannten, class der einzige Weg, Cine bedeutsame Entwicklung zu erreichen und die Armut zu bekämpfen, darin besteht, die Einzelbemiihungen der verschiedenen Gruppen zusammcnzufassen und

gcmeinsam zu arbeiten. Diese .

Einheit wird die Gemeinden und die Gesellschaft als Ganzes stiirken.“


Stella M. Manyanya, Mitg/ied des Parlamentes von Tansania, hdlt eine AnspraChe Liber die Rolle, die Jugend/iche und Familien bei der Entwicklung spielen.

Island-Forum für Interreligiösen

Dialog mit Hilfe der Bahá’í gegrfi det

REYKJAVIK, Island. Das erste nationale Interreligiéise Forum haben Vertreter von zwélf Glaubensgemeinschaften zusammen mit der Bahá’í—Gemeinde von Island und anderen mitwirkenden Partnern gegründet.

In Anwesenheit des isliindischen Présidenten Olafur Ragnar Grimsson wurde das “Iceland Forum for Interfaith Dialogue„ bereits im November 2006 in der Stadthalle von Reykjavik offiziell ins Leben gerufen.

„Ziel des Forums ist,“ so Ingibjorg Danielsdottir, Sekretarin der Bahá’í—Gemeinde in Island, „die Toleranz und den Respekt zwischen Menschen unterschiedlicher Religionszugehdrigkeit und mit verschiedenen Weltanschauungen zu fdrdern sowic die Religionsfreiheit und die Menschenrechte zu vertcidigen.“

Die Initiative hierzu gab das Interkulturelle Zentrum in Reykjavik, eine Organisation, die sich fiir dic Verteidigung der Menschenrechte und die Erleichterung

des Dialogs zwischen Kulturen und Gruppen einsetzt.

Die Gründungsmitglieder entwarfen und unterzeichncten ein Erklärungsdokument über die Grundsiitze des interreligi656m Dialogs mit der Zielsctzung, Verstaindnis und Achtung und die Aufrechterhaltung religidser Freiheit zu fdrdern.

„Wir Bahá’í sind überzeugt, dass Wir durch unsere besondere Perspektivc diese Form von Dialog anbieten können,“ sagte Bridget McEvoy von der Baha’iGemeinde.

„Ein zentraler Aspekt dcs Bahá’í—Glaubens ist die Einheit der Religionen, und wir mbchtcn an jeder Initiative teilnehmen, die dieses Thema zum Ziele hat.“

Bridget McEvoy wies darauf hin, dass eine wesentliche Aufgabe des Forums die Aufrechterhaltung der traditionellen Aufgeschlosscnheit Islands zu anderen Kulturen sein werde. Das ist zu einer bedeutenden Angelegenheit geworden. „Mit der Einbeziehung

Islands in den europ'éischen Wirtschaftsraum und den europ'éischen Gemeinsamen Markt haben sich Viele Menschen entschlossen, nach Island zu ziehen und zu arbeiten. Wir haben Viele Gelegenheiten fiir grenzüberschreitende Arbeit, einen guten Lebensstandard und wir sehen uns traditionsgem'éB sclbst als eine zugéngliche Gesellschaft“, erklzirte sie zudem.

Die anderen Gründungsmit glieder des Forums neben der

Bahá’í—Gemeinde sind: die Cross, die Reykjavik Free Church, die Buddhisten—Gemeinschaft von Island, die Evangelisch—Lutherische Staatskirche von Island, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letztcn Tagc, die Siebten—Tags—Adventisten, die Familien—Féderation fiir Weltfricdcn und Vereinigung (FFWU), die Moslem—Gesellschaft von Island, die Islzindische Asatru—Gesellschaft, die Pfarrgemeinde von Sankt Nikolaus der Russisch—orthodoxen Kirche, die Rémisch—Katholische Kirche und die Way Free Church.


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Fortsetzung der Diskriminierungs pGIitik durch égyptisches Gericht

AGYPTEN

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airo — In einem Aufsehen erregenden Fall rteilte das höchste

agyptische Gericht gegen das Recht der Bahá’í, in amtlichen Dokumenten ordnungsgemfifi registriert zu werden. Die Entscheidung V0111 16. Dezember 2006 setzt die Regierungspolitik fort, durch die die Bahá’í entweder gezwungen werden, hinsichtlich ihrer Religionszugehérigkeit zu Iiigen Oder ihrc Personalausweise abzugeben. Diese Politik entzieht den Bahá’í Agyptens nahezu alle Bürgerrechte, inkIusive der Ausbildung, finanzieller Leistungen und der medizinischenVersorgung.

Das Urteil wurde von der Internationalen Bahá’í-Gemeinde und den Menschenrechtsorganisationen Agyptens umgehend kritisiert. Es erhielt auch Cine ungewöhnlich hohe Medienaufmerksamkeit in Agypten und der arabischen Welt. „Wir bedauern das UrteiI des Gerichtshofcs, denn es verletzt einen wesentlichen Grundsatz der Internationalen Menschenrechte und der Religionsfreiheit, zu denen sich auch Agypten lange bekannt hat,“ sagt Bani Dugal, die Vertreterin der Internationalen Bahá’í—Gemeinde bei den Vereinten Nationcn. „Durch das Urteil besteht die Gefahr, Class einer kompletten Religionsgemeinschaft ihre Staatsbfirgerschaft entzogen wird, nur aufgrund ihres Glaubens.“

In demjetzt entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar, I-Iusan Izzat Musa und Ranya Enayat Rshby, einen Prozess gegen den Staat angestrengt. Man hatte ihnen die Personalausweise und andere Dokumente entzogen, nachdem sie den

Antrag gestellt hatten, dass ihre Tochter in ihren Ausweisen, die 516 315 Bahá’í auswiesen, aufgenommen wurde. In Agypten müssen alle Biirger ihre Religionszugehérigkeit in ihre Personalausweise eintragen lassen. Dabei müssen sie zwischen den drei offiziell anerkannten Religionen — Islam, Christentum und Judentum — auswfihlen, ein anderer Eintrag ist nicht möglich.

[In April vergangenen jahres hatte ein Amtsgericht im Interesse des Ehepaares geurteilt und festgestellt, dass der Staat ihnen Ausweispapiere aushandigen müsse, die ihre Religionszugehérigkeit richtig erfassen. Das Urteil besagt, dass selbst dann, wenn der Staat die Bahá’í—Religion nicht anerkenne, die Anhänger ein Recht auf die korrekte Erfassung ihrer Religionszugehérigkeit bitten.

Das Urteil führte zu einem Aufschrei in den extremistischen Kreiscn der Agyptischen Gesellschaft, diejegliche offizielle Erweihnung einer Religion außer den drei im Koran genannten ablehnen. Dies führte auch zu einer grundsaitzlichen Diskussion Liber Religionsfreiheit und Toleranz im Land. Seit April erschienen über diesen Fall und seine Entwicklung in den figyptischen und arabischen Median mehr 315 401) Artikel, Geschichten, Kommentare und Sendungen.

Das Urteil des Gerichtshofes

1111 Mai letztenjahres nahm sich die Regierung des Falles an und brachte ihn vor den OberstenVerwaltungsgerichts hof. Der Gerichtshof fiihrte zu deln Fall von Sommer bis

Herbst einige Anhérungen durch, bevor er am 16. Dezember 2006 das abschließends Urteil fiillte. 1m Urteil des Verwaltungsgerichtshofes zeigt sich ein Widerspruch, der durch denVersuch entsteht, zu zeigen, dass man bemüht ist, die Bedingungen der Internationalen Menschenrechte zu erfüllen, die im Artikel 18 die Freiheit der Religionswahl fordern. Zugleich 1116chte man aber auch die isIamische Forderung erfüllt wissen, dass es nur drei „himm]ische“ Offenbarungen giibe, die nach diesem Gesetz geschätzt werden miissten.

Einerseits schreibt das Gericht, „alle égyptischen Gesetze garantierten die Freiheit des Glaubens und die Ausiibung der damit verbundenen Riten, d3 sie die Prinzipien aller zivilisierten Lander darsteflten. jeder Mensch habe das Recht, sich zu dem Glauben zu bekennen, der seinen Gefallen finde und seine Seele erfiille. Keine Autoritiit hat die Macht über den tiefsten Glauben der Seele und des Bewusstseins.“ Zugleich schrieb das Gericht aber auch, Class „der Bahá’í—Glaube — wie einstimmig von allen islamischen Imamen sowie dem Obersten Verfassungsgericht und dem Obersten Verwaltungsgericht beschlossen —— nicht zu den anerkannten Religionen gehére. Jeder, der diesem Glauben folge, wird von den Moslems als Abtrünniger betrachtet. Im Artikel 18 (der Menschenrechtserkléirung) ist zwarjedem die Freiheit der Gedankcn, des Gewissens und der Religion garantiert. Dies könne jedoch nur in den Grenzen angewandt werden, dass mit Religionen nur der Islam, das Christentum und das Judentum gemeint

[Seite 19]sind.“ Dabci wurdc ein fi‘iihcrcs Urteil des Obcrstcn Agyptischen Gcrichtslmtbs zitiert.

Darum ist cs laut Gcrichr nicht erlaubt. den Bahffi(Hauben und anderc Religionemdic mcll dem einmütigcn Urtcil der mtimmlen Islamg (?clehrtcn und den daruuf aufbaucndcn Urteilen der (?erichtshifil kcinc (Rittlichen Religioncn sind. zu registriercn. Dies wurdc \'01' dem Hintcrgrund gesetzlicher Vorkehrungcn cllasscn, dnss all diesel)i11gc.dienlsBcstandtcil der {Sttcntlichen Ordnung betmchtct warden. gercgclt sind.“ Die Entschcidung und ihrc Trngwcite für dic klcine aber aktivc Bahá’í—(vmncinde Agyptens \Vurde durch Associated Press. Reuters. der Agencc France—Press, sowie Radio BBC und FranceZ4 Television verbfl‘entlicht.Auch \iclc Tageszeitungen berichtctcn d;11‘über, sowic Fcrnschanstnlten in Agyptcn und der Ambischen Welt.

Kgyptische Menschenrechtsgruppierungen verurteilen das Urteil

Has Kairocr Institut für Menschenrcchtsstudien ((TIHRS) gab um l7‘ Dezembcr 2006 eine lrcsscerklfirung

1b. in der eine ,.gr0[3c Serge“

711m Ausdruck gcbracht wird. Es sei "unglilcklich, dass die wiihrend der Krisc angestoBone Debattc sich auf die lchrbtdingte Vcrtblgung dos Bahá’í—Glaubcns bcschriinkc, wiihrcnd der Kern der Sache total überschen wcrde: dds Rccht jcdcs Biirgcrs, die Religion Oder dcn Clauben seiner cigencn fi‘cicn W811] zu fblgcn, 011116 durch irgcnd eine Instanz der Gcscllsclmft diskriminicrt zu warden.“

In eincm beispielloscn Schritt schrieb das internationals Ff]hrungsgrcmium dcs Bahá’í—Glaubcns, das Univer > sale Huus der Gerechtigkeit. an die Bahd LGelne-indc Agyptens einc Woche nach dcm

Urteil einen 6fRntlichen Brief. Darin beschrcibt cs das chiihen der ligyptischen Bahá’í um ihre Rcchtc 315 Teil eincs s,friedlichen“ und grundslitzlichen „K;m1pf um Gt‘lt(htigkeit“, der der Errichtung,y eines ,.einzigcn. weltweiten Standards der Mcnschenrccht6“ gcwidmct ist. Dieser baut auf dem lrinzip der Einheit der Menschhcit auf. Dds Universalc Hans dt‘l Gertchtigkeit fordert die iigyptischen Bahá’í auf, sich „standhaft und nusdaucrnd durum zu bemiihcn, das Rccht zugesprochen zu bekommen“, sich korrckt nls Bahá’í in den amthchen Dokumenten erfilssen zu lnsscn. „l)ic (?erichtsentscheidung war nicht nur dcslmlb widersilmig, “'6„ sie den Verordnungen dex auch V01) Agyptcn ratifizierten Internationulcn Paktes Libcr Burgerlichc und Politischc Rechte \\idc1‘spricht, sondern vor nllcm deshalb, weil die lloiligen SChriFten des IslmnTolcrunz als Crundlage sozialcr Stabilitzit riihmcn.“ schrcibt das Universalc Haus der Cmcchtigkeit in den] Briefvom 2 l . Dezember 2006. „Wiejcder;1nder€ iigyp tischc Burger 1116cht€n Sic

lediglich der zivilrechtlichen Bestimmung nachkommen kénncn, cincn Personalausweis zu crwcrben, Ohllt dabci Falschc Angabcn über Ihrc religiöse chrzcugung machen zu miisscn. Eincn solchen Auswcis zu besitzcn, ist ein allgcmcincs Recht. d JS jtdem gebiirtigcn Agyptcr zustcht. Wic scltsam ist es dam), dass die Hiitcr des Gcsctzes selbst Sie dazu zwingcn, gcgen einc stantlichc Bestimmung zu VcrstoBcn. dercn Bctblgung ausmhmslos V011 nllcn Biirgern erwgntet wird,“ so das Univcrsalc Huus der Gcrcchtigkeit.

,.1)ic Cruppen, die Ihnen bci ihrcr derzeitigcn Auseinandersctzung zur Scitc stchen, habcn eine weltumfilssendeVision und sind bereit, sich dem hurtcn Widerstand, den ihr sclbstloser Einsatz hcrvorruft, zu stellen und dabci harsche Ungerechtigkeiten zu crtragen.“ Der Briefschlith ab mit den Wortcn: „chifcllos wird sich Agypten crhcbcn, um seiner Bedeutung cntsprcchend an der Verwirklichung jenes vumusbestimmten Weltfriedons undWohlstands mitzuarbciten, VOI] der Jllc National triiumen.“ I



Vor dem Obersten Verwaltungsgericht in Kairo demonstrieren Untersttlitzer der dgyptischen Bahá’í. Sie tragen vergrbflerte Personalausweise mit dem symbolischen Eintrag „Bahá’í'". Aufdem Plakat links steht: „Ich bin ein Muslim. lch glaube dass die Baha‘iRe/igionfalsch ist, aber ich unterstatze die Bahá’í in ihrem Recht, in ihren Personalausweisen Bahá’í als ihre Religion anzugeben. "


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„Bahá’í-Kinderklassen geben den Kindern die Miiglichkefl, 3hr inneres Potential ua,‘ den Gebleten der VorstelIungskraft, des Denkens und der Kreativitit zu entwlckeln. So warden sic, sobald sie dds Relfealter erreicht haben, aktive Verminler eine: Wechsels tum Positiven. “

Ahadu Abaineh, Sabri Development Institute

ATHIOPIEN

Eine Kindergruppe wartet aufden Beginn einer Bahá’í—Kinderklasse. (Foto: Ryan Lash)

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In Athiopien setzen sich értliche Kinderklassen dafür ein, eine Ausbildungsliicke zu schließen

In mehr als 45 Orten befassen sich Ieleine Gruppen mit dem Thema der moralischen Erziehung. Tugenden wie Ehrlichleeit, Vertrauenswurdigleeit und Edelmut werden besonders hervorgehoben.

EFAS SILK LAFTO, Athiopien - Obwohl diese Vorstadt

am westlichen Rand von Addis Abeba Sitz vieler auslfindischer Botschaften und internationaler Entwicklungsbfiros ist, hat sie doch einen hohen Prozentsatz von Armut und Arbeitslosigkeit. Die meisten Einwoh


ner sind, wenn sie überhaupt Arbeit haben, Handwerker Oder Hausangestellte, also Bauarbeiter, Kéche, Dienstmddchen und Wischerinnen. HIV/AIDS ist eine zusiitzliche Belastung, die Viele Familien mjt nur einem oder gar keinem Eltcrnteil zurijcklasst. Deshalb ist es nicht ungewbhnlich, hier an den meisten Tagen der Woche Kinder zu flnden, die aufder Straße arbeiten. Indem sie Schuhe putzen, Früchte und Gemfise verkaufen Oder einfach betteln, tragen sie dazu bsi, dass die Familie abends etwas zu essen hat.

An Samstagen ist die Situation jedoch etwas anders. Man kann viele dieser Kinder im Heim einer Bahá’í—Familie versammelt flnden. Dort studieren sie unter anderem aufinerksam die Wichtigkeit von Tugenden, wie Ehrlich keit,VertrauenswLirdigkeit und

Edelmut. Obwohl diese Klassen erst seit acht Monaten laufen, lichen sie regelmfifiig jede Woche mehr 315 100 Kinder an. Aufgeteilt nach Altersgruppen organisiert die Bahá’í—Gemeinde V0n Nefas Silk Lafto diese Klassen mit Hilfe V011 sieben freiwillig tiitigen Bahá’í aus der nsiheren Umgebuug.

Eltern sagen, sie seien über diese Samstags—Angebote hoch erfreut. „Seit mein Kind diese Klasse besucht, beobachte ich positiveVerzinderungen in seinemVerhalten“, sagt Ejigayehu Gemsda, eine Mutter aus Nefas Silk Lafto, deren Kind an dieser wbchentlichen Klasse teilnimmt.“lch habe nicht den geringsten Zweifel, dass mein Junge sein Leben vcillig verzindern wird, wenn diese Klasse fortgefiihrt wird und er mehr Erziehung arhält.“ Einfach als ,Bahá’í—Kinderklassen be [Seite 21]zeichnet ist das Unternehmcn in Nefas Silk Lafto Teil einer globalen Initiative der weltweiten Bahá’í—Gtmeinde, um den Kindem auflokaler Ebene cine Ausbildung in moralischer Erziehung und geistigen Grundlagen anzubieten.

Nach Aussage der Bahá’í International Community finden derzeit mehr 313 10,000 solcher 6rtlichen Bahá’í—Kinderklasscn Statt, an denen weltweit mehr 315 90.000 Kinder teilnehmen. Die Bahá’í—Schriften betonen die Wichtigkeit der Kindererziehung und legen besonderen Wert dnrauf, Tugenden und Spiritualitiit zu lehren Obgleich jcweils an 6rtlichc Bedingungen und Notwendigkeiten angcpasst, steht in den Bahá’í—Kinderklassen überall auf der Welt die moralische Erziehung 1111 Brennpunkt, mit dem Ziel, einen Bereich zu vermitteln, der allzu 0ft in der siikularen Erzichung übersehen wird.

„Bahá’í—Kinderklasscn schließen die akademische Liickc“, sagt Ahadu Abaineh, der Direktor des Sabri Entwicklungsinstitutes, das die Bahá’í Kinderklassen in Athiopicn koordiniert. „Sic geben den Kindern die M&Sglichkeit, ihr inneres Potential auf den Gebieten derVorstellungskraft, des Denkens und der Kreativitiit zu entwickeln. SO werden sic, sobald sie dns Reifealter erreicht haben, aktive Vermittler eines Wechsels zum Positiven.“

Das Institut schzitzt, dass zur Zeit in Athiopien mehr 315 45 solcher {Srtlichen Kinderklassen V011 den Bahá’í—Gemeinden angeboten warden. Unter den 13 Klassen in Addis Abeba gibt es drei interessante Beispiele, die den GraswurzelAnsatz der Bahá’í—Gemeinde in diesem Vorhaben verdeutlichen — wic auch die positive Aufnahmc der Klassen durch die Gemeinde als Ganzes.

Wie die Klasse, die in Neths Silk Lafto augeboten wird, sind die Klassen in den Orten Kir




kos und Ycka gleichermaßen durch die schwierigen sozialen Problems belastet, die für diesen Tei] der Welt charakteristisch sind: Armut, mangelnde Erziehung und die riesigen Probleme, die I-IIV/AIDS anrichtet. jede Gemeinde sieht sich darijber hinaus ihrer eigenen charakteristischen Dynamik ausgesetzt.

Tiefe soziale Nate

Kirkos befindet sich zum Beispiel in einem Stadtbezirk von Addis Abeba. Die Jugend hier ist starkcm Drogen— und Alkoholmissbrauch ausgesetzt, sowie Umweltverschmutzung und Überbcvdlkerung, da immer mehrJUgendliche vom Lande aufder Suche nach Arbeit in die Stadt ziehen.

Dies war die Ausgangssituation für eine Kinderklasse, die 2002 V01] Lennie Ketsela begonnen wurde, einer Mutter, die eine Klasse für die geistige Entwicklung ihrer bciden Kinder begann. „Kirkos ist ein schwieriger Ort zum Leben“, sagt Lennie Ketsela. „Die Bevölkerungsdichte ist sehr hoch. Es gibt sehr Vie] Arbcitslosigkeit. Der Lebensstandard ist sehr niedrig. Die meisten

Leute hier sind Tageléhner.“ Nachdem die Klasse klein

angefimgen hatte, wuchs sie sehr rasch in den) M38, wie Kinder von ihr hörten.

„Sechs Monatt nachdem wir die Klasse mit zwei Kindern begonnen batten, nahmen bereits 12 Kinder teil“, bcrichtet Lennie Ketsela und fiigt hinzu, dass die Zahl auf 100 austieg, nachdem die Kinder ihren Freunden fiber ein Bahá’í—Fest erziihlten, :11] dem sie teilgenommen hatten. Dieses Wachstum machtc einen Umzug in die größeren Riiumlichkeiten der Fresh and Green Bahá’í—Schule notwendig, einer Grundschule, die der Bahá’í—Gemeindc Athiopiens gehört und von ihr betritben wird.

Die Eltern duBern, dass die Klassen in Kirkos ihren Kindern, die sonst ohne moralische und geistige Erziehung geblieben wdren, Nutzen gcbracht haben. „Wegen meiner Arbeit habe ich keine Zeit mit meinem Kind zusammen

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zu sein“, sagt Gelam Awol, eine Tageléhnerin und Mutter eines der Kinder in der Klasse von Kirkos. „Ich bin Muslima, deshalb ist mir geistige Erziehung sehr wichtig. Es ist gut zu sehen, wie mein Kind über Gottesfurcht spricht und Gebete sagt. Deshalb schiitze ich

diesc Klasse für mein Kind.“




Spiele sind Teil der Kinderklassen, diejeden Samstag in Nefas Silk Lafto abgehalten werden (Foto: Ryan Lash)

„Seit main Kind diese Klasse besucht, beabachte lch positive Veriinderungen in seinem Verhalten. Ich habe nicht den geringsten Zwelfel, dass main Junge sein Leben vé'llig veré'ndern wird, wenn diese Klasse fortgefilhrt wird and er mehr Eniehung erhält. “

Ejigayehu Cemeda, eine Mutter aus Nefas Silk Lafto

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Die Tugenden, die in den Klassen gelehrt werden, sina allen Religionen geé meinsam. Dazu gehbren: Aufrichtigkeit, VertrauenswUrdigkeit, Grofizfigigkeit und der Dienst an der Menschheit. (Foto: Ryan Lash)

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Tayework Lemma, Mutter

einc‘s anderen Kindes, stellt fest, dass ihre Tochterjetzt hfiufiger betet. „Sie spricht Gebetc, wenn sie aufwacht, bevor sie isst und wcnn sit in die Schule geht“, fiihrt Tayework Lemma nus. „Sie lcgt nun auch gmBen Wert darauf, sauber zu scin. Sogar die Nachbarn sagen, dass sie bemerkt haben, wie sie sich verändert hat.“

V01) den Kindern, die inzwischen zu jugendlichen herangewachsen sind, sind einige geblieben, um fi'eiwillig den Jüngeren zu helfen — ein


Zeichen {Ur die nachhaltige Wirkung der Klasscn. „Sie haben verstanden, was es bedeutet zu dienen“, bcmerkt Lennie Ketsela.

In Yeka, einem Bezirk im

nérdlichen Teil von Addis Abeba 111it rund 300.000 bis 400.000 Einwohnern, wurde Anfang dieses jahres eine neue Bahá’í—Klasse begonnen, die nun mehr 2115 80 Tcilnehmer zählt. „Ich habe bemerkt, dass es in der Nachbarschafi cine Anzahl V011 Kindern gab, die nicht Viel zu tun batten“, erzdhlt Metkneh Getachew Bagasl];1w,ei11 Bahá’í in diesem Bezirk. „Deshalb entschloss ich mich. eine Bahá’í—Kinderklasse zu beginncn.“ Wie bei der Klasse in Nefas Silk Lafto beginnen auch hier die Eltern, Veränderungen iA Verhalten ihrer Kinder zu se} :‘11.

„Wirklich, wirklich, meme Kinder haben sich vcrlindert“, freut sich Azed Badi,c1ie Mutter von zwei Kindern in diesel Klasse. „Manchmal, wenn ich miide bin und schimpfe, erinncrn sie mich damn, dass wir freundlich zucinander 56in so11611.Dan1bt I‘1‘flSCht111iCh,dt Illl es ist eine grolfit Verdnderung gegenüber dem, wie die Dinge früher warcn.“

Workemlu Mersa bcrichtet. class ihre sicbcnjiihrige Tochter an einem Wochencndc zu weinen begalm, 315 site erfuhr, dass sie an der Klassc nicht teilnehmen kunn. „An cincm Wochencnde nahm ich Nardos mit in dus Haus 1110i11€r Schwcster“, erzlihlt Workstalu Mersa. „Dunn begann das Kind zu weinen. Meine Schwester und ich waren verwirrt, weil sie immer sehr gerne in das Haus meiner Schwcster gekommen ist. Sic sagtc, sie weine,weil sie ihre Klasse nicht versfiumcn will. Sic erzählte uns, dass sie gernc Gebete lernt und Lieder singt und all das nicht verpassen will. Meine Schwester meintc, das hört sich wirklich wichtig an und sie 5011 ihre Klasse nicht vcrsliumen. Dcslmlb fuhren wir zurück much Hause.“

Universelle Themen

Ahadu Abainch vom Sabri Entwicklumgsinstitut hcbt hervor, dass die Tugenden, die in den Klassen gelchrt werden. allen Religioncn gcmeinsnm scien. Dazu gelléxmeertraucn auf Gott, Einheit, Freundlichkeit, Gercchtigkeit, Liebe, Dienst an der Menschhcit, Wahrhaftigkeit, Vertraucnswürdigkeit, Edclmut, Demut, Aufi'ichtigkeit, héfliche Ausdrucksweise. Großzfigigkeit,

[Seite 23]sozialcs Verhalten und Geduld.

„Was diese Klassen lebendig macht, sind Lieder, Spiele, künstlerische GestaltungNerse answendig lernen, Geschichten erzfihlen, sowie Theaterstficke, die die Kinder mit der Hilfe ihrer Lehrer schreiben und auffijhren“, berichtet Ahadu Abaineh.

Die Klassen wcrden in kleinen Gruppen bci Familien durchgefiihrt, die ihre Wohmung zur Verfiigung stellen, und meistens auch selbst beim Unterricht mithelfen. „Eines der Wichtigen Elements der Bahá’í—Kinderklassen ist, dass sie auf rein freiwilliger Basis durchgefiihrt werden“, sagt Ahadu Abaineh. Alle Kinderklasscnlehrer sind Voluntfire und die Klassen warden mit großer Hingabe und Sinn für Verantwortung durchgefiihrt. In diesem Bewusstsein zu diemen ist etwas, das diese Klassen auszeichnct. Es sind Klassen, in denen hunderte V011 Kindern Iernen, obwohl es keine Lehrerbesoldung gibt.“

Die Klassen in Neths Silk Lafto sind ein konkretes Beispiel dafür, wie dieser Prozess ablauft.Wie inYeka und Kirkos ist es auch in Netas Silk Lafto 56hr schwer zu lebenViele der Kinder, die an der Bahá’í—Kinderklasse teilnehmen, haben entweder ein Elternteil Oder beide Elternteile an AIDS Vtrloren.

Die Klassen finden im Hause Von Kurt und Marcia Helms statt, die etwa um die Mitre des Jahres 2005 nach Nefas Silk Lafto zogen, nachdem Kurt Henne eine Stelle als Landesdirektor für Project Concern International angetreten hatte. Diese internationale Nicht—Regierungs—Organisation (NGO) konzentriert sich auf die Gesundheit der Gemeinde und um eine nachhaltigc Entwicklung.

„Unsere beiden älteren Kinder, 1 1 und 9Jahre, fanden wegen der Sprachbarriere nicht schnell Freunde.“ sagt

Kurt Henne und weist darauf hin, dass nitmand in der Familie Amharisch spricht, „Darum begannen Wir damit, die Nachbarskinder einzuladen, mit unscren Kindern in unserer Einfahrt Fußball zu spielen.“

„Nach kurzer Zeit waren es schnell 10 bis 15 Kinder, die in unserem Haus ein— und ausgingen, bzw. rannten. Meme Frau und ich dachten, class uns dies eine perfekte Gelegenheit bot, eine Bahá’í-Kinderklasse zu beginnen. Und so war es auch“, berichtet Kurt Henna, der seit 1987 Bahá’í ist. Die Klasse wuchs in etwas über einem Monat rapide von ihrer ursprünglichen Größe auf 50 his 100 Kinder an.

Die Hermes wandten sich an die Gemeinde von Addis Abeba um Hilfe. Sie wussten, dass Bahá’í—Gemeinden weltweit in den letzten jahren ein besonderes Augenmerk auf Kinderklassen gelegt hatten. Tewodros Sikru ist einer der sieben Volontdre aus Addis Abeba, der sich entschloss, zu helfen. Er stellte fest, dass die Klassen so wuchsen, weil es in der Nachbarschaft sehr wenig

strukturicrte Betätigungsméghchkeiten für Kinder gab. Mit Hilfe V011 ausgebil deten Lchrern wie Tewodros Sikru, der die értliche Sprache spricht, wurden die SamstagVormittags—Klassen immer beliebter. Nun liegt die Zahl der teilnehmenden Kinder jede Woche bei 100 his 200. Nachdem sie die positive Entwicklung des Charakters ihrer Kinder sahen, wurden einige der Eltern eingeladen, damit sie mehr Informationen erfragen könnten. Dies hat zu der Bildung V011 Arbeitskreisen über Kindererziehung für die Eltern gefiihrt.

„Ihre Fragen finderten sich von Was machen Sic mit unseren Kindern?’ zu Was kélmen Wir mit unseren Kindern machen?’“, berichtet Kurt Henne. „Die meisten dieser Eltern bekamen Kinder, 315 $16 selbst noch Kinder waren. Das bedeutet, dass sie auf die Schwierigkeiten der Elternschaft nicht vorbereitet waren.“

Seit die Arbcitskreise für Eltern begonnen haben, interessieren sich auch iiltere Kinder Für die Aktivitéiten. ,Jetzt haben sie 2m Donnerstagabenden ein Kunstprogramm, in dem sie beteiligt sind“, sagt Kurt Henne.

— 1/014 Kerii Hcmge T/itmdero



„l¢h bin Muslima, deshalb in mi! geistige Erziehung sehr wichtig. Es ist gut zu sehen, wie mein Kind über Gottesfurcht spricht and debate sagt. Deshalb schiitze ich diese Klassen für mein Kind. “

Gelam Awol, Elternteil

Volontcire streben danach, die K/assen mit Liedem, Spielen, Kunsten, Auswendiglemen, Geschichten erzijhlen und Theaterauff(jhrungen, die die Kinder mit der Hilfe ihrer Lehrer schreiben und aufi‘ijhren, zu beleben. (Foto: Ryan Lash)









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[Seite 24]Wie Vertrauen die Welt vereindern kann — dasWunder der Kleinkredite

Peter Spiegel Muhammad Yunus Banker der Armen

Der Fnedensnobetvveistvfiger 52in Leben, Seine Vision Seine Wirkung.

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HERDER speklrum




„Kredit = Credere = Vertrauen “

u den Top Ten 2006

wählte change—X, das

unabhängige Magazin für Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft, das Buch „Muhammad Yunus — Banker der Armen“ von Peter Spiegel aus über 200 Bijchern aus. Der Autor zeichnet darin ein eindrucksvolles Portriit des Friedensnobelpreistrégers Professor Dr. Yunus, einem radikalen Querdenker unserer Zeit. Der Professor kehrte der traditionellen Wirtschaftswissenschaft den Riicken. Die Lirmsten Frauen von Bangladesch wurden zu seinen Lehrerinnen.

Muhammad Yunus griindetc und fiihrt die Grameen Bank in Bangladesh. Mit der „Bank Für die Armen“ betrat er absolutes Neuland. Er begegnete den Armsten der Armen als Lernender, um ihre wirklichen Bedürfnisse zu verstehcn, nicht 315 besserwissender Lehrer. In der Obhut der Grameen Bank fanden die Armen endlich die Rahmenbedingungen, um mit kleinen Krediten ihr Lebcn selbst in die Hand zu nehmen.

Immer war Yunus darauf bedacht, Menschen aus der Armut und Abhdngigkeit zu bcfrcien. Millionen von Menschen hat die Bank anstelle von Almosen Kleinkreditegegeben. Damit haben sie eigene kleine Existcnzen gegründet. Ohnmfichtig resigniertes Abwarten wandelte sich in beharrliches Selbsttun. Und so leben sie praktisch in einer anderen Welt, in der sie ihre eigenen Lebensunternehmer geworden sind. Faszinierend ist es zu Wissen, wie auch die éirmsten Analphabeten erfolgreich selbstiindig werden können. So entstand eine neue kulturelle Struktur.

Yunus sieht alle Menschen als potentielle Unternehmer an. Er glaubt an sic, an das in ihnen schlummernde Potential, an ihre Kreditwürdigkeit. Inzwischen ist die Grameen Bank mit 2.500 Filialen 111it 24.000 Mitarbeitcrn in den mehr 315 72.000 Dérfern Bangladeschs vertreten. Mehr 315 70 Prozent der 110 Millionen Kreditnehmer hatten die Armutsgrenze nach fiinfjahren überwunden. Die KreditnehmerInncn verpflichten sich dazu, die „Sechzehn Regeln“ einzuhalten, die der Grameen—Familie einen konkreten Sinn und klarc Zicle gegen die Widrigkeiten des Lebcns geben.

Eine weit gefficherte Grameen—Unternehmerfamilie hat sich inzwischen gebildet. Hinzugekommen sind zur Grameen Bank unter anderem Grameen Phone und GrameenTelecom mit mobiler Telekommunikation und die Grameen Shakti, die mit bisher 100 Filialen im Lande nachhaltig zur Versorgung mit erneuerbarer Energie beiträgt. Solche systemischen Vernetzungcn bringen synergetische Wirkungen hervor, die den Armsten zu Gute kommen, die bisher die höchsten Energiepreise in der Welt zahlen mussten.

Muhammad Yunus zeigt der Welt, class ihre gioBen Problems mit Lösungen zu bcwiiltigen sind, die jenseits des herkémmlichen Denkcns licgen. Sein mittlerweile weltwcit anerkanntes Erfolgskoncht hilft,Vorurteile zu überwinden. Inzwischen wird sein erprobtes System in vielen Staaten nachgeahmt.

Spiegels Buch spiegelt eine Gedankenfiille wider, die sehr konkret zur Beseitigung der Massenarmut wpltweit beitragen kann. Dazu müssen wir manches umdenken und uns schöpferisch in eine bessere Gestaltung der Globalisierung einbringen.

Der Denk— und Handelsansatz des dritten Nobelpreistrigers aus Bangladesch, Professor Dr.Yunus, ist zukunftstréchtig. Zum Erfolgskonzept disses Ansatzes erziihlt Peter Spiegel diese Anekdote: „Als Muhammad Yunus vor etwa 100 deutschen Bankern sprach, wurde er nach seinem Erfolgsgeheimnis gefragt. Freundlich lichclnd sage er: „Wir mussten uns nur ansehen, wie es die traditionellen Banken machten, um dann einfach genau das Gegenteil zu tun. Genau so entsteht dann cin funktionierendes Bankensystem für die Armen.“

Peter Spicgel, der Autor,Verleget und Grinder der NGO „Terra One World Network“ ist stets auf der Suche nach innovativen sozialen und 6kologischen Projekten in der Welt. Er dokumentiert gekonnt und eindrucksvoll, wie Energien freigcsetzt werden, wenn Mittellose dank eines Kleinkredits , ihre Existenz selbst in die Hand nehmen können.

Fricden und Wohlergchen in der Welt h’éngen auch von der chrvvindung der Armut ab. Fijr uns Européer gehijrt es zu den Pflichtaufgaben in dieser Welt, Kriterien für soziale, Wirtschaftliche und politische Lösungen zu entwickeln. „Richten wir unseren Geist neu aus, so können wir eine neue Welt schaffen.“ Mit diesem Gedanken des Friedensnobelpreistrügers und scinem schöpferischen Wirken weiter in die Zukunft gedacht, bekommen wir eine neue Perspektive für den Umgang mit der Armut. Gerhard Srhaper, Ccmcinwesenarbetter

Peter Spiegel: Muhammad Yunus — Banker der Armen. Der Friedensnobelpreistréger. Sein Le-L ben. SeineVision. SeineWirkung,

HerderVerlag, Freiburg/Br. 2006. 160 Seiten.