One Country/2002 Nummer 3/Text

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IMPRESSUM

On: (oumnv wird herausgegeben von der Bahá’í International C0mmunity,die als Nicht-Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen die weltweite Bahá’í-Gemeinde représentiert.

On: Coumnv, Office of Public Information, Bahá’í International Community, Suite 120, 866 United Nations Plaza, New York, New York 10017, USA, E-Mail:1country@bic.org. Chefredakteur: Brad Pokorny. Chefvom Dienst: Ann Boyles. Auslandsredaktionen: Christine Samandari»Hakim (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilda Walker (London) Deutschsprachige Redaktion: PeterAmsIer,Teresa K0ther,Jens»Uwe Rahe, Peter Spiegel Freie Korresponi denten: Hilde Fanta (Osterreich), Silvia Fréhlich (Schweiz),Jutta Bayani (Luxemburg). Geschäftsfuhrung: Hartmut Nowotny,Arezu Braun. Übersetzerpool: Lisa Hiemer. Beitrége aus ONE Coumv kannen kostenfrei nachgedruckt werden unter Angabe der Quelle.

Anschrift: ONE Couumv, Eppsteiner

Str. 89, D—65719 Hofheim-Langenhain, GermanyATeL+49»6192-99290, Fax+49-6192—992999. Herausgeberder deutschsprachigen Ausgabe: Nationaler Geistiger Rat der Bahá’í in Deutschland e.V‘

Einzelheft: Euro 2,25/5Fr4,.Jahresabonnement: Euro 8,-/SFr15,(incl.MWStu.P0rto)1Die Zeitschrift kann beim Bahá’í~Ver|ag, EppsteinerStr. 89, 65719 HofheimLangenhain, bestellt werden1 Copyright 2002 by Bahá’í International Community. ISSN 0945-7062.

Gedruckt auf100% Recyclingpapier.

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Für bessere Verankerung der Religionen - Bahá i



schlagen den UN Konvention zur Religionsfreiheit vor

JOHANNESBURG.—Aus Anlass der UN—Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg mahnte die Bahá’í International Community(B|C) in einer Stellungnahme eine stérkere Berflcksichtung der Religionen innerhalb derVereinten Nationen an.

Die Vereinten Nationen sollten sowohl den konstruktiven Beitrag der Religionen fUr eine friedlichere Welt mehr Beachtung schenken, als auch religiöse Bigotterie verstérkt als Hindernis fUr den Aufbau einer auf Frieden und Wohlstand bauenden Weltordnung erkennen. Peter Adriance, Hauptvertreterder BIC bei der UN-Konferenz

sagte dazu: „Unsere Stellungnahme regt die Vereinten Nationen an, mehr als in der Vergangenheit die Religionsgemeinschaften als die entscheidenden Akteure bei Fragen zur nachhaltigen Entwicklung anzuerkennen." Die Bahá’í leugneten nicht, dass Religionen zur Destabilisierung der Welt missbraucht werden. Trotzdem liege es auf der Hand, dass eine nachhaltige Entwicklung nicht in einem spirituellen Vakuum stattfinden könne. FUr die meisten Menschen auf der Welt seien Religionen eine bedeutende Quelle ihrer Motivation und Hoffnung. Angesichts des religiösen Fanatismus sei es verständlich, dass die Vereinten Nationen bisher nicht die Religio Ratifizierung des Abkommens gegen Frauendisknminierung gefordert

WASHINGTON.—Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in den Vereinigten Staaten von Amerika hat seine Kampagne verstérkt, damit die US-Regierung das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979 (engl. CEDAW) ratifiziert. Das oberste Leitungsgremium der USamerikanischen Bahá’í-Gemeinde rief dazu auf, deswegen sowohl die Senatoren als auch Président und Außenminister zu schreiben.

Leila R. Milani, Mitglied des Nationalen Rates, ist zugleich Co-Chair der Arbeitsgruppe zur Ratifizierung einer nationalen NGO—Koalition, die seit 1980 die US—Regierung zur Unterzeichnung und Ratifizierung dréngt. Die Vereinigten Staaten waren lange in der internationalen Menschenrechtspolitiktonangebend, heiEt es. Eine andauernde Verweigerung durch die USA wilrde jedoch der NGO—Koalition zur Folge von Verletzungen von Frauen


rechten in anderen Teilen der Welt ablenken. Die NichtRatifizierung unterminiere den Grundsatz, dass Frauenrechte Über alle Kulturen und Religionen hinweg universell gelten. Infos: www.womenstreaty.org

nen mit in ihren Beratungen einbezogen hätten. Trotzdem könnte die Weltorganisation nicht l‘énger das Gute der Religionen ignorieren. Als Beispiel fUhrte die BIC das Engagement der Religionsgemeinschaften in der Entwicklungszusammenarbeit an. Die BIC regte in ihrer unter dem Titel Religion and Development at the C rossroads: Con vergence or Divergence? veröffentlichten Stellungnahme die Bildung einer Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Religionen im Generalsekretariat derVereinten Nationen an. Dieses Gremium könnte eine Konvention über Religionsfreiheit ausarbeiten und den Mitgliedsstaaten vorlegen. Nach Ansicht der BIC sollten jedoch nur solche Religionen institutionell in das Gefijge derVereinten Nationen eingebunden werden, deren religiöse Fuhrer ihren Gläubigen deutlich machten, dass Vorurteile, Bigotterie und Gewalt keinen Platz im Leben eines religiösen Menschen haben. Dervollständige Wortlaut des BlC-Statetment ist zu finden unter www.bicun.bahai.org/02—o826.htm

Bahá’í in Tadschikistan wegen ihres Glaubens ermordet

Haifa, Israel (5. März 2002) - Ermittlungen der letzten Wochen haben ergeben, dass zwei Bahá’í in Duschanbe, Tadschikistan, wegen ihres Glaubens ermordet wurden.

Rashid Gulov wurde am 23. Oktober 2001 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause erschossen. Ein zweiter Mann, Mosadegh Afshin Shokoufeh, wurde am 3. Dezember 2001 vor seinem Haus angeschossen und erlag seinen Verletzungen aufdem Weg ins Krankenhaus.

Die Ermittlungen der tadschikischen Behérden ergaben in beiden Féllen, dass diese Ménner wegen

ihres Glaubens ermordet wurden. Beide Opfer und deren Angehbrige waren aktiv in der Bahá’í-Gemeinde tétig und Mitglieder des 6rtlichen Bahá’í Verwaltungsgremiums von Duschanbe. Mr. Shokoufeh diente frUher auch im Bahá’í—VerwaltungsgremiumerTadschikistan auf nationaler Ebene.

Schon im September 1999 wurde ein Angehériger des Bahá’í-Glaubens in Duschanbe, Mr Abdullah Mogharrabi, Opfer eines Attentats. Auch in seinem Fall ergaben die Ermittlungen, dass er aus religibs motivierten GrUnden ermordet wurde.

[Seite 3]Time Magazine Wiirdigt fiinf Persönlichkeiten als „Heroes of the Green Century“



NEW YORK.—Vorder UNKonferenszr nachhaltige Entwicklung in Johannesburg hat das amerikanische Maga zin TIME, mit vier Millionen Auflage das weltweit größte politische Wochenmagazin, fflnf fflr den globalen Umweltschutz beispielgebende Persönlichkeiten als „Heroes of the Green Century“ benannt. Als einziger Européer erhielt der Bundestagsabgeordnete und Président von EUROSOLAR, Hermann Scheer, die Auszeichnung. Als Grund nennt TIME dessen nationales und internationales Wirken fijr erneuerbare Energien. Die Inderin Vandana Shiva, die weltweite Vorkémpferin gegen die Privatisierung von Saatgut, der USAmerikaner Richard Sandor,

Forum Menschenrechte nimmt Stellung zum EU-WeiBbuch

BERLIN. — Die Menschenrechtspolitik der Européischen Union zur Durchsetzung von verbindlichen sozialen Standards fUr Unternehmen Ieidet nach Ansicht des Forum Menschenrechte nach wie vor stark an mangelnder Glaubwflrdigkeit. Darauf wies der Zusammenschluss von über vierzig deutschen Menschenrechtsorganisationen in einem Schreiben an die Bundesregierung, Bundestag und Europaparlament mit Bezug auf eine aktuelle Mitteilung der EU-Kommission zur soziaIen Verantwortung von Unternehmen hin.

So seien wirtschaftspolitische Interessen durch internationales Handelsrechtes in der Welthandelsorganisation einklagbar und mit der Drohung von Handelssanktionen durchsetzbar. Die VerwirkliChungvélkerrechtlicherVerpflichtungen, wie sie unter anderem in den Kernarbeitsnormen der lnternationalen Arbeitsorganisation (IAO) niedergelegt sind, blieben jedoch der Einsicht und dem freiwilligen Engagement der Unternehmen Überlassen.

Die Anfang Juli verbffent lichte Stellungnahme der Européischen Kommission zur sozialen Verantwortung von Unternehmen folgt nach Ansicht des Forum Menschenrechte einseitig den Positionen der Industrie- und Arbeitgeberverbénde, die sich gegen jede verbindliche Durchsetzung und objektive ÜberprUfung grundlegender Arbeits- und Sozialstandards wehren.

„Es reicht nicht aus, wenn einzelne Unternehmen freiwillige Selbstverpflichtungen zur Einhaltung sozialer und 6kologischer Mindeststandards in ihren internationalen Geschäftsbeziehungen eingehen, die große Mehrheit aber nichts tut und oft sogar nationale Gesetze verletzt“, stellte Dr. Klaus Piepel vom Forum Menschenrechte fest. „Die oft beschworene soziale und 6ko|ogische Gestaltung der Globalisierung wird allein mit freiwilligen MafSnahmen der Unternehmen nicht zu bewirken sein, wenn gleichzeitig der Handelsliberalisierung im Rahmen vélkerrechtlich verbindlicherVertrége Vorfahrteingeréumt wird.“

der BegrUnder der Klimab6rse von Chicago, die als erste den Emissionshandel zur Reduzierung von Energieemissionen praktiziert hat und der australische Architekt Glenn Murcutt, ein Wegbereiter 6ko|ogischen Bauens von emissionsfreien Gebéuden, sind weitere Preistréger. AufSerdem erhielt das brasilianische EhepaarSuzana und Claudio Padua fijr ihren Kampfor die Erhaltung des tropischen Regenwaldes die Auszeichnung.

Magazin zu Menschenrechtserziehung und Religionsfreiheit

HOFHEIM. — Menschenrechtserziehung und Religionsfreiheit sind die beiden Themen der im Oktober erscheinenden Ausgabe des Magazins TEMPORA. Die vom Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í in Deutschland e.V. herausgegebene Zeitschrift erscheint vor dem Hintergrund der UN-Dekade zur Menschenrechtserziehung, die 2004 endet und in Deutschland bislang wenig Beachtung gefunden hat.

Vorgestth wird u.a. das Bahá’í—inspirierte Projekt „Erziehung zum Frieden" in Bosnien. Es hat zum Ziel Kriegsopfer so zu stérken, dass sie eine aktive und konstruktive Rolle beim Neuaufbau des Staates Übernehmen können. Daneben stellen Michael Seberich und Katrin Uhl von der Bertelsmann Stiftung das Toleranz-Forum der Stiftung vor. Thomas Krijger, Président der Bundeszentrale fijr politische Bildung, stellt in einem lnterview seinerseits die politische Bildungsarbeit dieser dem Bundesinnenministerium nachgeordneten Behérde vor.

EUROPA-MAGAZIN

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m FrUhjahr 2002 trafen sich Staatsoberhéupter in Monterrey, Mexiko zu einer internationalen Konferenz über die Finanzierung der Entwicklungshilfe, wobei in den Reden und Diskussionen

D E BATTE eine starke positi


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ve Tendenz zur Behandlung der Frage „Wie bek‘émpfen wir die Korruption?" zu spUren war.

„Wirwissen, dass in mustergUItig gerhrten Staaten mit stabilen politischen Grundsätzen Entwicklungshilfe sehr positive Effekte zeitigen kann“, meinte Weltbankprésident James. D. Wolfensohn. „Wirwissen aber auch, dass Korruption und schlechte Politik die Finanzierung der Entwicklungshilfe unwirksam, wenn nicht gar kontraproduktiv macht“.

Auf vielen Ebenen wird Korruption zunehmend als ein Haupthindernis fUr die weltweite Entwicklungshilfe verstanden — der in großem Maße Aufmerksamkeit géschenkt werden muss, sollte die Weltjemals aus dem Zustand weitverbreiteterArmut zu einer allumfassenden Prosperitét kommen.

Korruption wird allgemein als Missbrauch eines éfientlichen Amtes zum Nutzen privaten Gewinns verstanden. Sie vergeudet wertvolle Ressourcen und Hilfsgiiter, untergrébtdas Vertrauen von Geldgebern und, vielleicht der wesentliChe Faktor, zerstört die Willenskraft der Menschen zu eigenen positiven Bemijhen. Dies umfasst sowohl den Missbrauch durch staatliche Dienststellen, wie z.B. durch Veruntreuung und Vetternwirtschaft — aber auch die Téuschung éfientlicher und privater Hénde durch Bestechung, Erpressung, Missbrauch von Beziehungen und Betrug.

Die Bekimpiung

Etablierung von

In der Politik untergréibt sie die demokratischen Prozesse und eine wirksame Staatsfflhrung. Sie héhlt die institutionelle Féhigkeit der Regierung aus durch Missachtung von Verfahrensweisen,durch das Aussaugen von Hilfsquellen und durch die Einstellung und Beférderung von Beamten ohne BerUcksichtigung ihrer FähigkeitenAufallen Gebieten untergr'ébt sie Grundwerte wie Z.B. Vertrauen und Toleranz.

In zunehmendem Maße verbinden sich Regierungen und Organisationen derZiviIgesellschaft zur Bekémpfung der Korruption. Genauer gesagt, der Kämpferstreckt sich Über zwei Fronten: Reformen der Institutionen und, mit den Worten eines Experten, in „ethischerErneuerung“.

Institutionelle Reform umfasstjenestrukturellen und gesetzlichen Verénderungen, die korrupte Praktiken schwieriger machen. Sie werden ansTageslicht gebracht, wobei die Reformen sicher stellen, dassdiejenigen, die ihr Amt für privaten Gewinn missbrauchen, hohe Strafen zu erwarten haben.

Die Organisation „Transparency International" (TI) hat eine Reihe institutioneller Reformen in ihrem Konzept eines Systems nationaler Sicherheitdargelegt. Wie TI erklärt, schliefSen die Tragpfeiler dieses Systems nachdrijcklich freie Wahlen und unabhängige Finanzierung von Wahlpropaganda ein. Außerdem: die Unabhéngigkeit und Machtumverteilung unter den gesetzgebenden, vollziehenden und rechtsprechenden Ressorts einer Staatsregierung, die Einfijhrung von Überwachungsorganen, den Schutz derfrei en Meinungsäußerung und der Pressefreiheit sowie eine starke Zivilgesellschaft.

Eine Reihe von Organisationen schlagen aihnliche Maßnahmen vor. Einige berrworten nachdrUcklich gesetzliche Reformen der Systeme, sowie bessere Gesetze gegen die Korruption. Andere wiederum wflnschen mehr Transparenz und Darlegung derVerantwortlichkeitin den Maßnahmen des Staates. Letztlich aber besteht eine allgemeine Zustimmung zu den Maßnahmen, die auf Unterdrflckung der Korruption hinauslaufen. Eine zweite Ebene in der Bekéimpfung der Korruption ist weniger greifbar aber keineswegs unwichtiger: Ethische Erneuerung.

Einen Wechsel in der ethischen Kulturzu schaffen ist deshalb 50 bedeutsam, weil es im allgemeinen immer Wege um neue Gesetze und lnstitutionen herum geben wird. Wenn dann die Schutzmal Snahmen vor speziellen illegalen Aktivitéten verstérkt werden, finden gerissene aber korrupte Leute immer neue Möglichkeiten, ihre eigensflchtigen Interessen auf Kosten des Volksvermögens zu fördern.

Man hatjedoch erkannt, dass es ungleich schwieriger ist, die Ethik einer Gesellschaft zu veréndern als eine Institution zu reformieren.

An dieser Stelle sollten wir nun den Beitrag, den die Religion zu diesem Thema leisten kann, in Betracht ziehen. Die Geschichte beweist, dass sie möglicherweise die größte Kraft der Fbrderung kulturellerVerénderungen darstellt.

Alle grofSen Zivilisationen der Welt besitzen in ihrem inner



[Seite 5]sten Kern einen religiosen Impuls. Der soziale Fortschritt, so besagt die Geschichte, wéchst aus den gemeinsamen Idealen und Bekenntnissen hervor, welche die Gesellschaft zusammenhalten. BedeutsameVerénderungen in der Gesellschaft ergeben sich sowohl aus der Entwicklung von Eigenschaften und Werten, welche die konstruktiven Planvorgaben menschlicher Zusammenarbeitfordern, als auch aus dem Erwerben technischer Fähigkeiten. WahrerWohlstand— mit Frieden, Zusammenarbeit, Altruismus, WUrde, Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit als Grundlage — fließt aus geistiger Erkenntnis und ethischerOrientierung,aber auch aus materiellerEntdekkung und dem Fortschritt

Durch die Lehren und die ethische FUhrung der Religion haben grofSe Teile der Menschheit gelernt, ihre niedrigen Neigungen zu disziplinieren und Eigenschaften zu fordern, die zu gesellschaftliCher Ordnung und kulturelIem Fortschritt fUhren. Es sind Eigenschaften wieVertrauenswUrdigkeit, Mitleid, Nachsicht, Treue, Großngigkeit, Demut, Mut und die Bereitschaft, zum gemeinsamen Wohlergehen beizutragen, die eine unsichtbare und doch notwendige Basis für ein fortschreitendes Zusammenleben geschaffen haben. Religion liefert das Fundament der Gese||schaft - die ethischen Regeln und die Vorstellungskraft, welche die Menschen zu Gemeinschaften vereint und ihnen eine Richtung sowie Bedeutung verIeiht.

An derWurzeljeglicherArt von Korruption liegt der egoistische Materialismus — zu glauben, dass der Erwerb von

vonKorruptiorLdurclrLdie ethischen Mafistfiben

Macht und Kapital alle anderen Tugenden Übertrumpft. In allen Religionen — auch in der Bahá’í Religion finden wir jedoch, dass das Gegenteil wahr ist.

Die Bahá’í International Communityunterstfltzt grundsétzlich beide Reformen. Sowohl die institutionellen als auch die BemUhungen zur Forderung ethischer Emeuerung. Dem liegt die Ansicht zugrunde, dass die gesamte Zivilisation einen geistigen Prozess darstellt, der dasfortschreitendeZutagetreten derethischen und schopferischen Fähigkeiten derMenschheit einschliefSt. Die Errichtung eines korruptionsfreien öffentlichen Milieus héngt demzufolge davon ab, inwieweit ethische Fähigkeiten sowohl beim Einzelnen als auch in den Gemeinschaften und Institutionen entwickelt werden konnen.

In den Bahá’í—Schriften sind jene, die dem Staate dienen, ermahnt, „ihren Pflichten

mit völliger Loslosung, Integritét und geistiger Unabhéngigkeit nachzukommen. Ihre Hingabe muss uneingeschrénkt sein und die verfolgten Ziele geheiligt." Ihre persönliche ErfUIIung finden sie nicht in materiellem Lohn, sondern in „der Entwicklung von Methoden, die den Fortschritt der Völker sichern,“ im freudigen Erleben „Gerechtigkeit geben zu konnen“ und aus „Quellen eines reinen Gewissens und wahrhafter Absichten zu trinken.“ Schließlich sind „Glück und Große, Rang und Stufe, Freude und Frieden“ eines Staatsdieners nicht in seinem „persönlichen Reichtum, sondern eher in seinem ausgezeichneten Charakter, seinerhohen Entschlossenheit, im Umfang


seines Wissens und in seiner Féhigkeit schwierige Probleme zu losen, zu finden.“

Die Art, wie die Bahá’í Gemeinschaft ihre eigenen Angelegenheiten regelt durch ein dezentralisiertes System von frei gewaihlten legislativen Réten aufbrtlicher, nationaler und internationaler Ebene — dies bietet ein untersuchenswertes Model! bei der Suche nach neuen institutionellen Modellen an.

Das Bahá’í—System folgt dem PrinzipderSubsidiaritét, nach dem gemeinschaftsrelevante BeschlUsse immer auf der niedrigstmöglichen Stufe gefasst werden sollen. Es fflhrt dadurch ein wirksames System der unmittelbaren Beteiligung der Menschen an der Basis bei der Staatsfljhrung ein, wobei gleichzeitig ein Grad von Koordination und Autoritét geschaffen wird, der die Zusammenarbeit auf globaler Ebene gestattet.

Der Bahá’í-Wahlprozess besitzt eine besondere Eigenschaft: die maximale Freiheit des Wéhlers ist durch das Verbot von Kandidatur, Ernennung und Bewerbung gewéhrleistet. DieWahl in ein Verwaltungsamt beruht nicht auf persönlichem Ehrgeiz, sondern eher aufanerkannter Féhigkeit, reifem Erfahrungswissen und Dienstbereitschaft. Entscheidungsbefugnis verbleibt in den Körperschaften und nicht bei einer Einzelperson. Damit ist einer der verbreitetsten Wege, Über Korruption zu Macht zu kommen, zunichte gemacht.

Auf praktischer Ebene ist das Trainingsprogramm fUrethische FUhrungsqualitéten, welches von der Universitét Nur entwickelt wurde, ein

konkretes Beispiel fUr die weltweiten BemUhungen der Bahá’í—Gemeinschaft,eine Kultur der Ethik sowohl fUr die Bahá’í-Gemeinschaft als auch fUr die Gesellschaft allgemein zu gestalten.

Wie bekämpfen wir nun in unserer, gerade im Erwachen begriffenen weltweiten Zivilisation, Korruption? Bei unseren Überlegungen erscheinen uns die geistigen und ethischen Lehren des Bahá’í-Glaubens und die verwandelnde Macht, die sie offenkundig besitzen, ganz besonders relevant.

Die priméren Inhalte des Bahá’í—Glaubens, also die Einheit der Menschheit, die Einheit der Religionen und die Schaffung einer geeinten Welt, neben der UnterstUtzung progressiver Prinzipien innerhalbderGesellschaft wie z. B. die Gleichwertigkeit derGeschlechter, die Ausmerzung der Vorurteile und die Harmonie zwischen Wissenschaft und Religion, konnen uneingeschrénkt von modern denkenden Menschen bejaht werden. In diesem ansonsten eherzynischen Zeitalteristdie TUr weit offen fflr persénliche und soziale Reformen, unter der Vorstellung neuer Möglichkeiten fUreine wirkliche Verénderung in derethischen Kultur,génz|ich im Einklang mit einervernetzten Welt.

Bahá’u’lláhschrieb: „O Volk Gottes! Befasst euch nicht nur mit euren eigenen Belangen! Lasst eure Gedanken fest aufdas gerichtet sein, was das Glück der Menschheit wiederherstellen und der Menschheit Herzen und Seelen heiligen wird. Am besten kann dies durch reine und heilige Taten, durch ein Leben der Tugend und durch edles Betragen vollbracht werden."

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Cira Torrez, eine der Trainerinnen der Universitdt Nur fUrJugend-Programme, spricht bei einem kLirz/ich durchgefuhrten Trainingsworkshop vor Studenten aus der Umgebung von Santa Cruz.

Ein Trainingsprogramm für ethische Führungsqualitäten aus Bolivien setzt neue Maßstéibe

anta Cruz. Bolivicn —Am

Die Privat- Urzzversitcit

NW in der boliviam scherz Metropole Santa

TITELSTORY C


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wickelre ein Tm 1' n 1' n g5 p r0 g ra m m , das lmrerscluedlz Che Zielgmppm 1/011 jugmdliclzen fiber Lclzrcr bis 12in zu leommmzalen Mzrarbeztcm le cincm Bewussrscin dcs „Fzi/1rms dlmlz DicIzen“ bqg/eitcr. Das Prqgmtmn wim dzmlz Sponsomz mzd RegicmHngC/liirdcn gcflirderf.

siidlichen Rand dieser

schnell wachscndcn Stadt in Boliviens westlichem Tiefland findet sich das Gebiet „Barrio d6 13 Fortaleza“.Wie die meistcn armen BarackenViertel, die plötzlich Liberall in Lateinamerikas Stiidtcn entstandcn sind, sieht sich nuch disses zahlrcichen Problemen gegcnüber wic bcispiclswcisc iibemus schlcchtcn \X/ohnvcrhiilmisscn. Anulphabetcntum und einer [101161] Kriminalitiitv rate,

In dicsem Umfcld entfnlten die 18—jiihrigc SilviaTnachi und ihrc Frcundc cin bcmcrkcnswcrtcs Engagement An cincm ()rt. wo cs nur scln wcnigc sozialc Institutional gibt. dic Unterstiitzung anbictcn. hat SilviuTuruchi cincjugendv gruppc organisimt, die in ihrcr Nachbarschnft tungspmjcktc dmchfiihrt.

Dienstlcis


„\X/ir treffcn uns jeden Samstag Nachmittag und beschließcn damn, was wir für eine Arbeit machen wollen“, sagt Silvia Tarachi, die Schülerin an der Luis Espinal Schulc in L21 Fortaleza ist. „M2mchmal helfen wir cincm Kind, scin Hans zu putzen, Oder wir besuchen Bchindertc. Munchmul sammcln wir chensmittcl für dic Armcn in der Nuchbarschaft. Dds hnbcn wir schon fiinfoder scchs Mal gcmacht.“

Ziel des Trainings: Bewusstsein und Fähigkeiten der Dienstbereitschaft entwickeln

Silvia Tarnchi fiihrt ihrcn Wunsclder (?cmcindc zu dicncn,aufcinTrainingsprogrmmn fiir cthischc Ff]11rungsqunlitlitcn fürjugcndlichc zurück. Es wurdc v01] der Universitiit Nur dnlchgcfiihrt, cincr vom Bahfi‘ii

[Seite 7](?laubcn inspiricrtcn privaten Uniwrsitiit in Santa Cruz. Dicscs lrogmmm ist bisher an 13 weiterfiihrcndcn Schulen in dcn iirmstcn Tcilcn der Studr cingesetzt wordcn. Es bictct Workshops Lmd Aktivitiiten :11], die dazu bcsrimmt sind, jugendlichen dnbci zu hcltcn iibcr sich sclbst hinam zu schzuwn und sich mit cincm F'Lihrungskoncht zu idcntifizieren dLIS dem Dicnst 4m der Gmncindc dic h(ichste Prioritiit eimiiumt.

,.Bcvor ich an dem Trainingspmgmmm für ethxichc Führungsqualitlitcn für Jugendlichc tcilnahm, \viirc cs mir nic in den Sinn gckommen. cinc solche Gruppc in Incincr Nachbarschafi zu grimdcn„. sngt Silvia anachi. .,I)LIS lrogramm hat mir gcholfcn, krcutivcr Lmd vcrstlindnisvollcr zu scin.Wc1m ich nicht an dcm lrogmmm tcilgcnommcn hiittc. \Vlirc ich nicht so soziul cngugicrt, um nndercn Mcnschen zu hclfcn. die kcinc Miiglichkeitcn und Mittcl habcn.“

Mchr als 12H()_]ugcndlichc in Sunni Cruz habcn bcrcits an dcm lrogramm tcilgcnommcn. scit ex 1998 cingcfiilnt wurdc Sic huben Duzcndc von kleinen lrojektcn wic die von Silvia Tarachi und ihrcr (iruppc Lmtcrnommcn. wit dds Pflan


zcn von Biiumcn in ihrcn Schulcn, das Austrcichen der Khssmlzimmcr oder sugar das Saubcrmachen dcx Einkaufszcntrums im Nuchburort.

Eines der erfolgreichsten Jugendprojekte in lateinamerika

Im MLirz 2002 wurde das lrogrmnm \"011 def Inter—Amcrican 1,)cvclopmcnt Bank (IADB) zu cincm der 12 c1“fblgreichstenjugcndprojcktc in Lateinnmcrikn und der Karibik gewiihlt.

Dic Lixtc an Ertblgcn dicsesjugendpmgamms istjcdoch nur ein Bcispicl Für die umfilv senden aniihungen der UniVcrsitiit Nur. die danach strcbt, em ncucx Konzcpt cthischcr Führungsquulitiiten zu Rirdern. das auf dem lrinzip der Zusnmmcnarbcit autbnut und den Dicnst an der Gemcindc. den gcmcinsamen Gewinn durch (knlcinsclmftsoricnticru11g in den Mittclpunkt stellt — als A1tcrmtivc zu ichbezogcncn ZicA lcn.

Dicsc Bemiihungcn spicgcln sich nicht nur in den Lchrpliincn der Schiilcr und Studcntcn an der Universitiit Nur wider,sondcm auch in verschicdcncn dariibcr himusgchendcn Projcktcn, die in den

letztcn jnhrzehntcn die Teilnahmc von Tausendcn V(m l)mfEchullchrcm. Aktivisten uus Biirgerbcwegungcn und kommunalen Eimichtungcn in Bolivian, Ecuador Lmd Argen tinicn nutcinbczogcn.

Unterstiitzung von der Weltbank

Diest ungewbhnlichen chiihung sind aufgroße Zustimmung gestolficn. Die Tm? ningsprqjektc der Univeristfiit Nur zu ethischen Führungsqualitiiten hnbcn von einem breiten Spcktrum an internationalen. nationalcn und lokalcn Bchéirdcn Unterstijtzung und Riicklmlt crfllhren, von dechltbnnk über das Bolivianische Kultusministcrium bis hi1) zum Biirgcrmcistcr von Santa Cruz.

,In viclcn Bchdrden, 0b international, national Oder kommunal, crwacht immcr stiirker CLIS Bcwusstsein darfiir, dass es eine Führungskrisc gibt und dnsx traditioncllc Führungsmodcllc und Amustcr nicht mchr in der Lage sind, sich dcn Hcrausfbrderungcn cincr sich waiter cnhvickclnden Gesellschaft zu sthlcn“. sag: Eloy Anello,Vorsitzcnder dcs Kuratoriums von Nur Lmd

cincr der Hauptinitiutmcn dcs


„In vielen Behiirden, ob international, national oder kommunal, emacht immer stirker das Bewusstsein dafür, dass es eine Führungskrise gibt und dass traditioneIIe Führungsmodelle und -muster nicht mehr in der Lage sind, sich den Herausforderungen einer sich weiter entwickelnden Gesellschaft :u stel Ien.“

Eloy Anello, Kuratoriumsvorsitzender der Universitét Nur

Die vier Mitglieder des Jugendteams, das von Silvia Tarachi (3. von links) ins Leben gerufen wurde, postieren sich vor einem kleinen Garten, den sie an der Luis Espinal Schule angepflant haben nach den Prinzipien, die sie bei dem Trainingsprogramm fur ethische Fahrungsqualitéten der Universitdt Nur gelernt haben.

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„Das Programm hat ein Umfeld für Teamarbeit geschaffen und hat die Einstellung der Menschen hinsichtlich der Verantwortung des Einzelnen und der Gruppe für die Erziehung der Gesellschaft gaindelt. Erziehung wird nicht als isolierte individualle Handlung betrachtet, sondern als ein soziales Gefiige, das standiger Entwicklung und Veriinderung unter worfen ist.“

Magaly Robalino, Koordinatorin für das ecuadorianische Kultusministerium

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Trainingsprogramms zu ethischen Führungsqualitiiten. „Sic haben also festgestellt, dass die Konzeption und Struktur des von der Universitiit Nur entwickelten Programms zur Entwicklung ethischer Führungsqualitétenjenen Menschen, die dem Allgemeinwohl effektiv dienen wollen, dabei hilft, ihre Potenziale zu cntfalten.“

Adaption des Trainingsprogramms Für ethische Führungsqualititen fiit Lehrer, Biirgermeister und kommunale Beamte

Um gcnauer zu scin, die Universitdt Nur hat das Trainingsprogramn‘l zur ethischen Führung in cincr Reihe von externen lrojekten angeboten, die diesesjugendprogramm in Santa Cruz cinschließen, sowie folgende weitere Projekte:

G Das Unterrichten von Dorfschullehrern. — Seit 1994 haben in Zusammenarbeit mit den Kultusministerien der Regierungen von Bolivien und Argentinian mehr 315 1100 Dorfschullehrer an Nurs 12Stufcn—Programm zum besonderen Training teilgenommcn, um Initiatoren der lokalen Gemeindeentwicklung in genau der Gemeinde zu warden, in der sie unterrichten. Disses Programm wird weiter {01‘thfiihrt.

® Programm zurAusbildung von Leitern von Erziehungsproj ekten in Ecuador. — 1998 wurde dic Universitiit Nur von der Weltbank und dem Kultusministmium in Ecuador beauftragt, 1000 Leiter der ecuadorianischen Erziehungsreform zu trainicrcn. Die Universitdt Nur lcitetc ein Konsortium V01] 11 Universit'éten in einem 18—111011atigen Projekt an.

(9 Das Unterrichten von stédtischen Angestellten. — In einer Reihe von ncucn Regierungsreformen mit dem Ziel, die Demokmtie in Bolivien zu stiirken, und mit der finanziellen Unterstfitzung durch Be


anta Cruz, Bolivicn — Seit

ihrcr Gründung im jahre

982 hat die Universitfit Nur in Bolivien sehr Viel Neuland betreten. Sic war eine der ersten in der neuenWelle privater Universititen, die in B0livien in den letzten zweijahrzehnten gegrijndet wurden, und sie war die erste, die 1986 die offizielle Anerkennung des Présidenten erhielt.

Die Universitiit Nur hat den Wag geebnet fijr eine ganze Reihe von Innovationen auf dem Gebiet der Erziehung in diesem Land, von Pionierarbeiten bei der Errichtung von Fernstudienkursen bis zum Anbictcn von flexiblen Studienzeitcn, damit Studenten, die arbcitcn müssen Oder familiére Verpflichtungen haben, eine höherc Ausbildung in der ihncn zur Verfijgung stehenden Zeit absolvieren können.

Aber noch wichtiger ist aus Sicht der Grijnder, dass die Universitét Nur auch spiirbar erfolgreich bei der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe gewcsen ist: der Unterstiitzung zur Ausbildung einer neuen Generation V011 Führungspersénlichkeiten in der bolivianischen Gesellschaft.

Seit ihrer Eréffnung vor knapp 20 Jahren bekleiden bereits eine ganzc Rcihc von Absolventen einflussreiche Positionen im ganzen Land. Absolventen von Nur arbeiten im nationalen Ausschuss für medizinische Hochschulen, als Bereichsleiter im nationalcn Volksz’éhlungsprogramm Oder als Dircktor eines großen bolivianischen chschsenders. Sie haben ein fibcraus erfolgreiches Gesundheitszentrum fiir sozial Schwache eingerichtet Oder arbeiten in Schlfisselpositionen in bolivianischen Botschaften.

Der Vielleicht berühmteste Absolvcnt der Universitit Nur ist Roberto Fernandez, der 2001 zum Bürgermeister von Santa Cruz gewéhlt wurde.

Santa Cruz ist derzcit mit einer Bevölkerung von mehr als einer Million Einwohnern Boliviens größte Stadt, und Roberto Fernandez hat bcrcits damit begonnen, cinigc der Führungsprinzipien, die er an der Universitait Nur gclcrnt hat, in derVerwaltung der Stadt anzuwenden.

Seit Amtsantritt hat Roberto Fernandez zum Beispicl 21116 stiidtischen Angcstellten gebct611,jede Woche einen Teil ihrer freien Zeit freiwilligen Dienstlcistungsprojekten in der Stadt zu widmen, wie dem Sammeln von Abfall in Parkanlagen und Grünfl'échen, das Anstrcichen von Gebauden Oder dem Aushclfen in Kraukenhauscrn.

,Jeder in der Stadtverwaltung tut das am Wochenendc, meine Sekretiirin, meinc Berater, meinc Angestellten, und natürlich ich selbst auch“, sagt Roberto Fernandez, der 1999 seinen Abschluss in Business Administration an der Universitiit Nur gemacht hat.

Die Inspirationen für seine lolitik, so sagt er, habe er von seinen Erfahrungen an der Universitét Nur bekommen, dn die Studenten dort inncrhnlb ihres Lehrplans ein 120stiindiges Dienstleistungsprojekt für die Gcmcinde absolvieren mfisscn. Zudem werden Konzeptc zu ethischen Führungsqualitfiten im Lehrplan besonders betont.

„An der Universita't Nur waren wir verpflichtet, uns mit dem Thema Dienstbarkeit zu beschalftigen, und daraus ergab sich, dass man erkannte, wie wichtig ein Dienstleistungsbewusstsein ist“, sagt Roberto Fernandez, der auch cine Rcihe V011 Absolventen und Professoren der Universitét Nur in seiner Stadtverwaltung angestellt hat. „Ich sehe darin die praktische Umsetzung des Solidaritfitsprinzips, es ist nicht einfach nur Interesse an den Problemcn anderer, sondern

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Universität N ur: Die Ausbildung einer neuen Generation von dienst orientierten Fuhrungspersénlichkeiten

man ist direkt an der Lösung dieser Problems beteiligt. Und die Bedeutung disses Grundprinzips wird in meiner Stadtverwaltung immer besser erkannt.“

Genau aus diesem Ideal heraus — class ihre Absolventen diese Prinzipien in der bolivianischen Gesellschaft ?drdern — ist die Universit'ét Nur gegründet worden, sagt jeremy Martin, einer der Gründer der Univeristfit Nur und derzeitiger Direktor für Institutional Development.

„Wir haben nach einem Weg gesucht, einen positiven Beitrag zur Entwicklung Boliviens leisten zu können, und wir waren davon überzeugt, dass die Erziehung der Mittelpunktjeder Form eines integrierten Entwicklungsprozesses ist, der nach einer Verbesserung der Lebensqualitiit strebt.Was Bolivien wirklich brauchte, war eine neue Art von Fijhrungsprinzipien und Führungsqualitéten“, erkliirt jeremy Martin, der mit neun anderen Bahá’í die Universitdt Nur gründete.

„Lateinamerikanische Staaten bewegten sich damals und noch heute in Richtung demokratischer Institutionen und versuchen, diese zu festigen. Unsere Vorstellung war, etwas zu diesem Prozess beizutragen, mit besonderem Fokus aufeine Starker werdende Mitbestimmung desVolkes und der Ermutigung von Fijh immer

rungspersbnlichkeiten, eine breitereVision des Dienstes an der Gesellschaft zu haben.“ Die Universit'éit Nur hat sich seit ihrer Eréffnung im jahr 1985 wesentlich erweitert. Im

Roberto Fernandez, Oberbvirgermeister der Stadt Santa Cruz (links),


mit Manucher Shoaie, dem Reletor der Universimt Nur

crsten Jahr schrieben sich 97 Studenten ein. 1990 waren es bereits 993 Studentcn. Derzeit sind an der Universit'ét Nur etwa 3000 Studenten in Programmen eingeschrieben, hinzu kommen weitere 1000 Studenten aus den weiterführenden Programmen, wie beispielsweise den verschiedenen Trainings—Programmen Für ethische Führungsqualitéten.

Von den Studenten sind 51% Frauen und 49% Männer. Etwa 4000 der Studenten werden V011 der Universität durch Stipendien und ErmaiBigungen aufgrund sozial besonders schwacher Verhailtnisse finanziell unterstiitzt. Die Universit'ét beschiiftigt 180Vollund Teilzeitkrzifte sowie Verwaltungspersonal und hat einjaihrliches Budget von etwa 3 Mio. US—Dollar.

Derzeit bietet die Universitét Nur Studienabschlfisse an in Verwaltung, Agrarwissenschaft, Landwirtschaft, Viehzucht, Buchfijhrung, Offentlichkeitsarbeit, Handel, Kom munikationswissenschaften, Erziehung, Internationale Beziehungen, Systemingenieurswissenschaft und Computerprogrammierung.

Programme fijr Studenten mit abgeschlossenem Studium schließen einen MasterAbschluss in Gesundheitswesen,BusinessAdministration, internationalem Handel, nachhaltiger Entwicklung, Human Resource Management und Geschiiftsfinanzierung ein. Es werden im Absolventenprogramm auch Spezialisierungen und Programme angeboten in Financial Engineering, Senior Management, Marketing, Human Resource Management,Viehzucht, nachhaltiger Entwicklung und Krankenhausmanagement.

Im Jahr 2001 hat die Universit'ét Nur in Zusammenarbeit mit Microsoft und Cisco Systems ein Software—Trainings—Center eingerichtet, in dem den Studenten zertifizierte Trainingsprogramme von beiden Firmen angeboten

werden.

Die Universitit Nur hat auch eine ganze Reihe von weiterführenden Programmen ins Leben gerufen, die die Gesamtentwicklung Boliviens und der umliegenden Lander zum Ziel haben, wie in dem Begleitartikel über Nurs Programm zur Entwicklung von ethischen Führungsqualitéten bereits angedeutet ist. Zuséitzlich zur Férderung des weiterführenden Systems fiir ethische Führungsqualitäten fiihrt die Universitzit Nur auch Programme durch, um NGOS zu ermutigen und zu schulen, Systeme und Arbeitsweiscn zu entwickeln, die auf der aktiven Partizipation der Bevölkerung basieren.Weitere Programme fokussieren aufdie Ausbildung von Kleinkindern, andere auf die Férderung und (135 Training im tiffentlichen Gesundheitswesen.

Bei all diesen Programmen strebt die Universita't nicht nur danach, mit anderen Partnern in der Gesellschaft zusammenzuarbeiten, seien es Unternehmen, NGOs Oder die Regierung, sondern sie versucht auch, von diesen Kooperationen zu lernen.

„Die R0116 einer Universita't sollte nicht nur darin bestehen, angehéuftes, vergangenes Wissen von einer Generation zur nachsten zu tragen,“ sagt Eloy Anello, ein weiterer Gründer der Universit'ét Nur und Vorsitzender des Kuratoriums. „Sic sollte Wissen generieren, das für den Entwicklungsprozess wichtig ist, und das von der Gesellschaft gebraucht wird.“ I


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Das Hauptgebciude der Universitdt Nur in Santa Cruz, Bolivien. Das Trainingsprogrammfar ethische Fahrungsqualitdten ist in das Curriculum aller StudienfciCher integriert und wird dort in vielfdltigen Projekten praktisch umgesetzt.

„Die Grundidee ist, dass man nicht nur einfach die Theorie lehrt oder nur erklirt, wie man etwas macht, sondem wir arbeiten daran, die Denk-Modelle zu verindern und dadurch schlielllich dem Individuum zu echter Eigenstindigkeit :u verhel fen.“

Juanita Hernandez, Koordinatorin des lnstituts fUr Erziehung an der Universitét Nur

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hérden wie der Weltbank, der Inter—American Development

Bank und der bolivianischen Regierung hat die Universitét Nur eine größere Anzahl von Trainingsprogrammen für stcidtische Beamte, Staatsbeamte und Burger ins Leben geruten.

Diese Projekte haben das Trainingsprogramm für ethische Führungsqualitiiten auf die Bedfirfnissc V01] B'Lirgermeistern, leitcndcn Angestcllten der Stadt, Fachkriiftcn Lmd Beamten in 46 Gemeindeverwaltungcn im Bundessmnt v01] Santa Crfiz adaptiert. In cincm weitercn Projckt wurdcn 200 Eingeborencnfiihrer in Zusammenarbcit mit der Qullanu Stiftung in der Stadt von La Iaz tr;1i11icrt.\X/citerc iilmliche Programme mit Hundertcn V011 Teilnchmcrn findcn derzcit start.

„I)ns ngmmm hat cin Umfeld für Tcamarbcit gcschachn und hat die Einstellung der Menschen hinsichtlich dchcrantwortung des Einzclncn und der Gruppe fijr die Erziehung der Gesellschatt geiindert“,sagt Magaly Robalino, die das Trainingsprogramm für ethische Führungsqualitiiten in Ecuador fijr das ecuadorianische Kultusministerium koordinierte. „Erziehung wird nicht als isolicrte individuelle Handlung betrachtet, sondern als ein soziales Gefiige, das sténdiger Entwicklung undVerénderung unterworfen ist.“

Elena Swarez, Leiterin der Abteilung fijr Spezialprogramme an der Inter—American


Development Bank (IAHB), sagt, dass sie dns Santa Cruz jugcndproj ekt ausgcwiihlt hiitten,wei1 es „sich mit Fragen und Dingen bcschiiftigt, die Vielleicht nicht allgemeinc Imxis sind, so wie das Lernen von Dienstbarktit und das Bewusstsein, wic wichtig es ist, nicht nur technischc Fiihigkeitcn zu erlernen, sondern auch die Formung des Clmrakters und die FiSrderung von smutsbtirgersclmftlichcm Vcrantwormngsbcwusstsein.“

„Wir warcn auch der Meimmg, dass die Art,wic dzls lrojckt Strukturicrt war, mit einem thzwerk, das vicle verschiedcnc Sektorcn zusammcnbringt, das Eltern, OberschLilt‘l, Studenten und die Gemeinde integriert, sehr wichtig ist, wcnn wir von sozialem und wirtschafilichem Wandel sprechen,“ sagt Elena Swarez. „Und wir sind uns sicher, Class disses Projekt das Potenzial zur Nachahmung bietet und 2113 Vorbild fijr andere Programme diemen kann.“

Ein Ansatz, der Partizipation und Mitbe stimmung in hohem Maße fardert

Die Trainingsprogramme der Universität Nur für ethische Führungsqualitfiten sind in ganz verschiedenen Umfcldcm 56hr effektiv, weil sie 56hr stark auf der aktiven Teihlahme der Menschen b;lsicr€11,s;1gcn Dr. Eloy Anello und underc. Der Ansatz fiihrt die Tcilnchnwr

dazu, sclbst die Miingel der traditionellen Führungsmodelle herauszufinden, Lmd dam] cin neues Konzept dafür aufzustcllen, was eine guts Führung ausmacht.

„Die Grundidec ist, dnss man nicht nur cinfach die Theoric lchrt odor nur crkliirt, wic man etwas 111acht.sondern wir arbeitcn damn. dic DenkModcllc zu vcrlindern Lmd dadurch schliclilich dem Individuum zu echtcr Eigcnstlindigkeit zu vcrhclfcn“, sngt juanitn Hernandez. Koordimtorin dcs lnstituts für Erzichung

m der Universitiit Nur. ..l )exm

wcxm du nicht die Art linderst. wic du dcnkst. iindert sich nicht dic Art. wic du handclst.„

Entsprcchend beginnen dic Unterrichtsxtmldcn für das lrogramm fast immcr mit ci11chiskussion der traditionellcn FLihrLIllgsstile und DenkMOdellc. Die Entwickler dc‘s

lrogramms habcn diese Führungs—Modelle 21qu Vier zusammengcfasst: autorita’r, paternalistisch, „allwisscnd“ und manipulativ. Das „demokratischc“ Führungsmodell wurde cbenfalls btrücksichtigt, und seine Zusicherung einer größeren Mitbestimmung Wird schr genau untersucht.

Dann werden die Mange] dieser traditionellen Modelle diskutiert. DieTeilnthmer kbn nen nach und nach erkenncn, wie jedes dieser vier ersten Modellc dahin tcndiert, die Macht der F'Lihrung zu stiirken, wiihrend 65 die Mcinungcn Oder Ffihigkeitcn der anderen Mitglieder der Gemeinde kaum berücksichtigt. Und wiihrcnd die 1,)c‘111okrzltic im Idcalzustzmd solchc Fallstrickc vermeiden S()lltc,sic]1t die Praxis doch meistcns chcr so nus. dass sis ganz cinfilch die thl von Fiihrcrn armöglicht, dic nach der Art der crstcn vicr Modcllc hundcln.

Wiihrcnd der Kurs fortschrcitct. wird cin ncucs M0dcll vorgcstcllt: das der ethischen Führungsqualitiiten. Solch eine Führung, so wird

[Seite 11]erkliirt, zeichnct sich durch cine Rcihc v01] Merkmalen aus, die eine bestiindigc Orienticrung am Dienst zumWohl der Gcmcinschuft, aktiven Einsatz für den Verlinderungsprozcss des Einzelnen und der Gemcinschaft, dis Verpflichtung zur unabhiingigen Wuhrheitssuchc und zur Anwendung der daraus gewonnene Erkenntnisse in allen Aspekten des Lebens, die Anwcndung V011 Beratung in allen Entschcidumgsfindungsprozessen des Lebens und die Ancrkennung der Wiirde jedes Menschen einschliefit.

All diese Konzepte, so 53gen die Entwickler des Programms, ergeben sich aus einemVerstzindnis der menschlichen Natur, das seine materielle und seine geistige Wirklichkeit anerkennt.

„Wir glauben fest damn, dass Ethik nicht von der Geistigkeit getrennt werden kann“, sagt John Kepner, der Direktor der sozialen und Wirtschaftlichen Entwicklungsprogramme an der Universitlit Nur. „All die Progrznmnc, dic nach traditionellen Führungsstilen durchgefiihrt wurdcn durch autoritiirc. paternalistische, manipulative und „;111wissendc“ — sind ineffektiv, nicht lotenzialen der Menschen ba wei] sie auf den sieren, sondern aufdcm sclbst siichtigcn Strcben mach Macht.“

„Abcr die Anerkennung der uns innewohncnden Wiirdc und der gcistigen Scitc unsercr Natur durch Orientierung an einer Rcihc von hdhcren Wertcn ermöglicht es dem Einzclnen. das Ego zu kontrollieren und auf diese Weiss fi‘ei zu sein,um anderen zu dienen“, sagt Kepner, der weiterhin erkllirt, dass die Prinzipien dcs lrogramms von den Bahá’í—Lehren abgeleitet sind, abc-r grundszitzlich mit jeder Religion in Einklang stehen.

Diejenigen, die mit dem lrogramm gearbeitet Oder es

durchlaufen haben, sagen, dass

es in der Tat zu einem VerZinderungsprozess fiihrt, sowohl beruflich wie auch persénlich. Jorge Orihuela, ein Bemter des nationalen Rural Participation Investment Project II (PDCR II) stellt fest, dass das von Nur angebotene Trainingsprogramm für ethischc Führungsqualitfiten fijr stiidtische Beamte und Staatsbeamte wesentlich zu einer gréfiBerenVerantwortlichkeit der lokalcn Behéirden beigctragcn hat.

"Veränderung der Mentalitfit“

„Es hat eine spfirbarc Veriinderung in der Mentalitlit hinsichrlich derTrzmsparcnz in den Gemeindevcrwnltungcn gegeben, in denen die Universitfit Nur gearbeitet hut“, sagtjorgc Orihuela. Er sagt, dass das Trainingsprogramm v01) Nur, das von der PDCR II finanzicrt wurdc, den stiidtischen Beamten geholfcn hat, besser zu verstchen, Wie eine Regie1‘ung arbcitcn sollte.

„Es ist die Methodfi der Universitiit Nur, die sie gut arbeiten liisst“, sagt jorge Orihuela. „Die Gruppendynamik, die im Kurs eingesetzt \vird. bnsiert auf der aktiven Teilnahme des Einzelnen, um Vorteilc nus den Erfahrungcn im Lebenjeder Person zu zichen. Somit basieren die Lemelemente nicht nur auf der Theorie, sondern auf der Lebenspraxisjedes Einzelnen.“

Juan C011dori,ein 41jahrc alter Erzieher in Sucre, Bolivi cn. crziihlt, dass dasTraining,d;15 er durch Nur in cthischer Führung crhnltcn hat, wcscntlich dazu bcigctmgcn hut, ihn in seiner Arbcit als Dircktor eincr klcincn I)0rfschulc in Alcala von cincm strcng autoritiircn und zicmlich steifen Unterrichtsstil zu einem oficncren und krcativeren Stil gebmcht hat.

„lch war cs gewohnt, die Vcrwaltung auf Kontrolle zu griindcn, und das Verhiiltnis zwischen den Lehrern und mir war nicht das beste“, sagtjuan Condori. „Aber mach demTraining V011 Nur und durch meinen Fortschritt durch das Programm begann ich, das, was ich gelcrnt hattc, anzuwenden, und die Beziehungen wurdcn sehr Viel besser.“

„Wir haben uns damn auf dieVorstellung konzentriert, die Schule besser in die Gcmcinde 211 integriercn, und \vir hattcn die Idce, zusiitzlichc Kursc fiir die Berufsausbildung anzubietcn“, sagtjuan Condori.

Die Schulc bietct ihrcn Berufsschtilem nun Kursc in Zimmerhandwerk, Landwirtschaft Lmd Viehzucht an, und sie hat sich um Hilfc an die Regierung gewzmdt um dicsc Kurse auch für dic- Erwachsemen in der (lcnlcindc zugiinglich zu machen.

Marisol Consuelo Flores, Religionslehrerin für Grundschiilcr an cincr stantlichen Schulc in Sucre. sagt, dass das Irogmmm ihr dubci gcholfcn hut, die Vcrschicdcnartigkeit ihrel~ Schüler zu schlitzen. ,Jch



„All die Programme, die nach traditionellen autoritiren, paternalistischen, manipulativen oder „allwissenden“ Führungsstilen durchgeführt wurden, sind ineffektiv, wail sie nicht auf den Potenzialen der Menschen basicren, sondem auf dem selbstsüchtigen Streben nach

Macht.“

John Kepner, Direktor des sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsprogramms der Universitét Nur

Eines der Programme im Rahmen der Trainingsfijr ethische FUhrungsqua/itdten istjenes far DorfschulIehrer, durch das sie zu „Entwicklungshelfem“f(jr die Dalfentwicklung ausgebildet werden. Teilnehmer dieses Programms in Sucre waren Oscar Calvo, Lenny Lupe Fernandez, Juan Condori und Marisol Consuelo Flores (v.l.n.r.).

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[Seite 12]„Das Trainingsprogramm gibt den Schülern die Msglichkeit, nachzudenken, vernünftig zu urteilen und sich einander mitzuteilen. Und es vermittelt die Vorstellung, etwas Für andere zu tun, besonders Arbeiten Für die Gemeinde zu verrichten - das war für

mich sehr wichtig.“ Magaly Espinosa Rosales, PhilosophieLehrerin an der Luis Espinal Schule

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habe Zeugen jehovas, einige Mormonen, Pfingstler, evangelische Christen und zwei Bahá’í in meiner Klasse, zusatzIich Zu den Katholiken“ sagt Frau Flores, die 32jahre alt ist. „V0rher habe ich immer nur versucht, die katholische Sicht von Religion weiterzugeben, aber ich weiß jetzt, dass jeder das Recht hat, an etwas anderes zu glauben und dass ich die verschiedcnen Glaubensrichtungen respektieren muss.“ Viele berichten, dass ihnen dasTraining auch in ihrem persönlichen Leben geholfen hat. Lenny Lupe Fernandez, Cine 30—jährige Lehrerin für Blinde in Sucre, erzzihlt, dass die Konzepte im Nur—Trainingsprogramm für Lehrer ihr nicht nur dabei gcholfen habcn, eine bessere Lehrerin zu sein, sondern sie haben auch zur Lösung einiger Herausforderungen in ihrem Familienleben beigetragen, Problems, die sich aus der Tatsache ergaben, dass die beiden Schwestern ihres Mannes bei ihr wohntcn.

Hilfe auch Für die private Lebensbewitligung

„V0rher istjeder in der Familie seinen eigenen Dingen nachgegangen“, sagt sie. „Wenn meine Schwligerinnen kochten, haben sie ein riesiges Durcheinander hinterlassen. Aber wir haben begonnen, regelmiifiige Familienversammlungen abzuhalten, und wir haben eine Familienvcreinbarung getroffen. Undjetzt réiumtjeder nach dem Kochen auf, und das Verheiltnis ist Vie] besser geworden.“

LuisVenegas nahm 1993 an dem Programm von Nur für „Dorflehrer als Entwicklungshelfer fijr die Gemeinde“ teil, 211$ er als Grundschullehrer in Boliviens sfidlicher Region Chaco arbeitete. Er war so sehr von der Wirksamkeit des Programms überzeugt, dass er nun als Vollzeittrainer für das Lehrer—Trainingsprogramm von Nur arbeitet.

LuisVeI1egas,jetzt 49 jahre alt, erzéhlt, dass der erste Kontakt mit dem Programm eine „tiefe Lebenskrise“ ausléste, da es ihn dazu brachte, seine Arbeit, der er bis dahin als Organisator fijr die Kommunistische Partei nachging, in Frags zu stellen. „Ich war Atheist und militant, und ich identifizierte mich mit der kommunistischen Doktrin“, sagt Luichnegas.

Aber die im Kurs dargelegt6 Analyse verschiedener Fijhrungsstile flihrte ihn zu dem Schluss, dass kommunistische Anfijhrer zwar von „Demokratie“ sprachen, sie aber in Wahrhcit doch „sehr zentralistisch und autoritdr“ arbeiten und nicht wirklich an der Entwicklung der Menschen intercssicrt waren.

„lch war ganz enttduscht V011 dem kommunistischen Führungsstil, da ich erkannte, dass ihre Handlungen und Taten dem Eigeninteresse und nicht dem Allgemeinwoh] dienten“, erliiutert Luis Venegas. „Und ich stellte fest, dass die Partei um Cine soziale Oder allgemeine Verdnderung bemijht war, ohne jedoch eine persénliche Verhinderung herbeizuführen, dass auf ethische Werte {jbfirhaupt kein Gewicht gelegt wurde und (1355 dies zu einer großen Leere fiihrte.“

„In der Partei war die Fragc, wic kann die Basis der Partei dienen, waihrend im Trainingsprogramm für ethische Führungsqualiteiten die Frags war, wie kann die Partei der Basis dienen“, sagt Luis Venegas, der mittlerweile aus der Partei ausgetreten ist.

An der Luis Espinal Schule in La Fortaleza war die Schulleiterin so angetan von dem Fijhrungsprogramm für jugendliche, dass sie beschlossen hat, es in den reguliiren Lehrplan der Schule aufzunchmen, damit alle Schüler der höheren Klassen davon profitieren können.

„Das Programm hat sehr positive Auswirkungen ge habt“, erzzihlt Anna Maria Riva dc Neira, die Direktorin der Luis Espinal Schule. „Die Schüler lernen, bcsser in der Gruppe zu arbeiten und sind integrierter.“

Frau Riva de Neira und die Lehrer an der Schule sind sich darüber einig, dass das Programm in der Tat die Schüler dazu ermuntert hat, mehr für ihre Gemeinde zu tun, etwa Wie die Bemühungen von Silvia Tarachi und ihrer Freunde In und um die Schule herum haben Schüler Projekte durchgefiihrt wie das Séubern und Renovieren der Klassenréume, das Pflanzen V011 Biiumen, und sie haben begonnen, einen kleinen Garten anzulegen, um die Schule zu verschönern.

„Es gibt den Schülern die Möglichkeit, nachzudenken, vernünftig zu urteilen und sich einander mitzuteilen“, sagt Magaly Espinosa Rosales, eine Philosophie—Lehrerin an der Luis Espina1.„Und dieVorstellung, etwas für andere zu tun, besonders Arbeiten für die Gemeinde zu verrichten — das war fijr mich sehr wichtig.“

Was $16 betrifft, so berichten die Schüler, hat ihnen das Programm eine neue Richtung aufgezeigt und ihren Sinn für ihre eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten geweckt. Franklin Barrientos, ein 18—jfihriger Schtiler der Abschlussklasse an der Luis Espinal Schule, sagt, dass er sich ohne das Programm sehr wahrscheinlich mit Banden eingelassen hdttc — wie Viele seiner Frcunde es getan haben.

„Ich sehe nachts Bandenmitglieder in der Neihe meines Hauses, betrunken und mit sagt Barrientos. „Aber das Pro Kleintransportern“,

gramm hilft uns, eine Zukunftsvision zu entwickeln. Ohne sie hätte ich keine Orienticrung.Aberjetzt habe ich beschlossen, eine Ausbildung in der Landwirtschaft Oder als Mechaniker zu machen, Oder Vielleicht gehe ich an die Militérakademie.“ I


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Alle Teilnehmer der Konferenz betei/igten sich aktiv an den Diskussionen.

Bahnbfecliende Erforschung der Grundlagen von Ethik



Gibt es eine wissenschaftliche Basis fur

Ethi/e? Gibt es einen Ort im Gehim, wo

cthischem Verhalten zu priifen.

„Wo man auch hinschaut trifft man aufKonflikte, die aus einem unterschiedlichen Ver fen können. Und eine Möglichkeit, dies Zu tun, ist, sich an die Wissenschaft und die L0gik zu wenden, die kulturell un


LONDON


stiindnis von ethischen Werten abhängig sind.“ SiCl/l die Fdhigleeit 21/„, resultieren, hcrvorgerufen Mehr 2115 60 Deligicrte, dic . _ durch verschiedenc Blickwin— eine große Bandbreite mediEthlk bqfindet? D165 kel der Kultur, der Religion zinischer, Wissenschaftlicher ware" nur ZWEi d6? und der Zeit“, sagte Dr.Wal— und philosophischer Fachge I ker, ein prominenter Londo— biete vertraten, nahmen an dem Gibt £5 eine Wisser'1/1616„ herau-Sfoydern ner Kopf— und Halschirurg und Ereignis teil. Unter den Red— schaflliche Grundladen Fragen, die auf Mitglied der IBahá’i—Gemeinde nern waren IIanI Craig, ein nam— ge zurEtforschung

. Großbrltanmens. hafter Spezmhst für Genetik van EthikMiisstsich 617161„ bahnbrechenden V0111 „Institute of Psychiatry“ . . Konferenz 21/„, Wis_ lnterdisziplinire in London, Baronin Susan im aim," em Plat:

„ . Erforschung von Ethik G reenfi eld, eine lakal'fieen a" dam 56n55h4fl def Ethlk“ Neurobiologin der „Oxford dieethiflhen am 8.14116] 9. Februar „Was am 11. September University“, Faraneh Vargha— Progesse ihrluhause I L d [I geschehen ist, war Cine Frags Khadem, ein Professor für haben?Dies ware" H’l 0„ 011 £65“? I (filer ethIschenVerschledeInhEIt I‘, NéurOWlssenschaIften am „In— zweiderFmgen, die wurden. fuhr Dr.Walker fort. „Dl€ 11161— stltute of Chlld Health, beid Sten Menschen meinten, dies University College“, London, e„Konfeenz ONDON - Organisiert sei die furchtbarste Katastrophe Hossain Danesh, Professor für fibe Ethikqemn I durCh den Chirurgen gewesen, eine der unmensch— Psychiatric und Président der dell Wllrdeno Graham Walker wurde

das Treffen am „Royal College of Physicans“ abgehalten und versuchte, den wissenschaftlichen Nachweis fur eine neurologische Ortsfestlegung, eine genetische Grundlagc Oder cine angeborene Fdhigkeit zu

lichsten Taten, die jemals veriibt wurden.Aber einige meinten, dies sei die richtige Tat gewesen, um eine Ungerechtigkeit zu korrigieren. Solche Probleme werden weiter bestehen, bis wir eine gemeinsame ethische Grundlage schaf „Landegg International University“ in der Schweiz und William Hatcher, Professor für Mathematik an der „Laval University“, Quebec, Kanada.

„Diese Konferenz war insofern historisch, als sie einige der hervorragensten Wissen R7 ONE COUNTRY

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Die „Konferenz ()ber Ethik" brachte 6o Experten aus unterschiedlichen Feldern

der Wissenschaften zusammen. Links ist Dr. Adam Zeman von der Universitdt Edinburgh zu sehen, rechts Dr. Hossain Danesh von der Landegg International University.

„So etwas wie ein Zentrum für Bewusstsein gibt es nicht. Autonome Hirne innerhalb von Hirnen ergeben logisch keinen Sinn. Und bildgebende Verfahren haben bei Menschen unter Narkose gezeigt, dass verschiedene Bereiche beteiligt

sind.“

1 1 Baronin Susan \ Greenfield

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schaftkr derWelt versammelte, die in ernstcr, offencr und aufrichtigcr Suchc nnch Wahrheit die biologischcm psychologischen und sozialen Faktorcn erforschen, dic sich als verantwortlich für eine gcsunde ethische Entwicklung herausgestellt h;1bc11“.sagte Dr. Michael Penn, Professor für Psychologie am „Fr;111klin und Marshall College“, USA, der cin Arbeitspupier vorlegte, dns darauf hindcutct. dass eine notwendigc Voraussetzung für ethischc Entwicklung ein Verstlindnis für Gerechtigkeit ist.

„So Viel ich weiß, ist cs cincs der crstcn Male, dzlss GcIchrtc der Biologic, Psychologic, Philosophie, Psychiatric und cinigc der andtrtn Sozialwisscnschaften sich vcrsnmmelt haben, um zu untcrsucl1en,was ihre Fachrichtungcn und Forschungen uns Libcr die lrozesse einer normalcn und abnormalen ethischen Entwicklung sagcn kéinnen“, meinte Dr. Penn. „Es besteht die Hoflhung, (21118 solchc Konfcrcnzen sich auf der ganzcn Welt vervielfachen, dn die ethischen Dimensioncn des menschlichen Lebcns aus interdisziphnlircr lcrspektive bisher noch wenig untersucht wurden.“

Dr. Dancsh hiclt die Hauptreds und untcrsuchte darin die Übereinstimmung von Wissen schaft, Religion und Ethik. Seine These ist, dnss die Mcnschheit sich von eincr sclbstzentrierten, auf-dns Überleben orientiertcn (ynmdlage hin zu einer atlfdcn Frieden gcrichteten Zukunft zubewegt.

Drei Phasen individuelIer und kollektiver Entwicklung: Überleben Identitfit - Frieden

„Aufgrund der Tatsache, dass 21116 Einzelwcsen und Gesellschaften dem universellen Gesctz der Entwicklung und des Fortschritts unterliegen. sind wir in der Luge, drei verschicdcnc Wcltsichten zu erkennen, die in mchr Oder weniger hohcm Grade in 311011 menschlichen Gesellschaften gegenwiirtig sind“, sagte Dr. Danesh. „l)icsc Weltsichten spicgeln die bcsonderen Eigenschaften dreier bcstimmter Phascn in der Entwicklung eines jcdcn Einzelwesens und eincrjcdcn Gcsellschaft wider, die jewcils uls überlebens—, identitiits— und friedenszcntricrtc Wcltsicht bezcichnct werdcn.“

„l)icse Behauptung basicrt aufcincm der fundamentalsten Gesctzc dcs Lebens — dcm (lcsctz des Wachstums“, meintc Dr. Danesh. „Evolution. auf der biologischen Ebcnc, Ent wicklung und Rcifimg aufder psychologischen Ebcnc, und Transformation und Transzendenz auf der gcistigcn Ebene sind die verschicdenen Ausdrucksformen dcs glcichen Fundamentalen Gcsetzes. Daher unterliegt allcs der Dynamik desWandcls, der Entwicklung und der Kreutivitfit, die immer hdherc Ebenen von Ordnung, Cleichgcwicht und Harmonie zum Ergcbnis haben — mit einem Wort: Frieden.“

Die allgemeine Diskussion, die auf dicse lriisentation und andere Arbeitspapiere folgte, deckte allcs ab von der Forschung darüber, \vie Hirnverletzungen manchmal das sittliCheVerhalten beeinflussen k611nen über den Grad des Selbstbewusstscins bci bestimmten Grofiaffcn bis hi1) zur Erforschung dc‘s gemeinsamen „lnhalts“ von Nah—Todeserfilhrungen.

Gibt es ein Zentrum des Bewusstseins?

Baronin Greenfield liistc cine lebendige Diskussion mit ihrcr These aus, dzlss das Bewusstsein keine bestimmte Luge im Him hat, ebensowcnig wic die Fiihigkeit zu ethischcm Verhalten. Ihre Forschungcn legen nahc, dass unser Sinn für ethischcs Verhaltcn mehr eine Snche der Lebcnscrfahrung 211$ der Genetik ist.

„So etwas wic cin Zentrum fiir Bewusstscin gibt es nicht“, sngte Baronjn Greenfield. „Autonome Hirnc inncrhalb V011 Himcn ergeben logisch keinen Sinn. Und bildgcbcnchert5hren haben bei Menschen unter Narkose gczcigt, Class verschiedene Berciche betciligt sind.“

Baronin Greenfield hat bemerkt, dass unser Bewusstsein fiir die Welt um um herum und wie wir darauf reagieren sich vom Siiuglingsalter an entfaltct und entwickclt. so Wie das Him 315 Antwort auf a'uBerliChe Stimuli Neuronenver [Seite 15]kniipfimgen nufbaut. .,Wiihrend wir durchs Lebcn schrcitc-n tbrmen sich ganz persönlichc, hart vcrdrzlhtctc Schultkrcisc im Hirnde führen zur Flihigkeit dcs Sclbstbcwusstscins und dazu. cthischc Entschcidungcn zu trcffcn.“

Andere Redncr legten 1ndizicn vor. dic dnmufschließen lasscn, dnss das cthischt Zentrum in der thmto—orbitalen Hirnregion liegen k61mte.1nsbcsondere 1)r.Vzlrgha-Khadcm und Scan Spence, Dozent für Psychiatric an der Universität Sheffield, Großbritannien, sagten, dass einige Vcrletzungen am fronto—orbitalen Kortex im Kindesalter zu heilen scheinen, um daml aber wiihrend der Pubertdt zu soziopathischem Verhalten zu führen,

„Das spätere Auftreten soziopathischer Profile bei Kindern, die einen frijhen, beidseitigen fronto—orbitalen Himschaden erlitten haben, 1513f vermuten, class diese Regionen Vielleicht ihre funktionale Bedeutung später wahrend der Kindheit erlangen, möglicherwcise nach dem Beginn der Pubertét“, gab Dr. VarghaKhadem als Antwort nuf Fragen bei der Konferenz.

Dr.Vargha sagte, dass Forschungcn dieserArt „dazu bcitragen könntcn zu vcrstehen, wie disses unsozialcVcrhaltcn und seineVorbotcn sich wiihrend des Hemmvachscns normalerweisc entwickcln, \ViL’ die normal hcranrcifcndcn Individuen die Geflihle und Motivationcn, dic andernfalls zu unsozialcm Vcrhaltcn führen wiirdcn, in annchmbarchcise knnalisicrcn, und wic durch dic- Reifung dcs zugrunde liegcnden Himbcreichs normalcrwcisc solchc Kontrolle möglich wird.“

Liige und Tiuschung und ihre Ausprigung im Gehirn

Dr. Spence legte aus HimScans unter Verwendung der modernen Neuro-Imaging

Technologic gewonncne Belege dufiir vor, dass derAkt des Liigtns Vcrbundcn ist mit signifikant erhéhter Aktivita't in den beidseitigen ventro—latemlen, priifrontal gclcgcnen Regionen der Hirnrinde. „Lügen und Tiiuschungen verhalten sich wie höhere ausführende Funktionen“, sagte Dr. Spence in einem Interview „Das Gehirn braucht länger um zu lijgen 2115 die Wahrheit zu sagen. Dies deutet auf eine laingere Verarbeitungszeit hin und diese Art von Entdeckung macht man oft bei ausführenden Funktionen, wenn man sie mit dem Zustand der Grundlast, in diesem FaIl also der VVahrheit vergleicht.“ „Interessantcnveise passt dies gut mit der Ansicht des Heiligen Augustinus zusannnmL class Wahrhaftigkeit die urSprfinglichc Haltung des Menschen gewesen sci“, fiigtc Dr. Spence hinzu. „D:1hcr ist cs folgerichtig, wcnn wir schen, dass höhere — also 2.13. prlifrontalc — Himsystemc in unserem Model] der Liigc vorzugsweise aktiviert wcrdcn,“ 1)r.Spcncc sagtc auch. dass sich Liigc und Tfiuschung 1111 Vcrlnufder normnlcn menschlichen Entwicklung 2L1 cntwickcln schcincn — im Gegensatz zu solchen Syndromen, bei dcncn dic kognitive Entwicklung,y bceintnichtigt ist, wie 2.131 Autismus, Er hat auch bemerkt, dass einige Berichtc zeigen, dass Liigc ()dCI‘ stratcgische Thuschung unttr solchen nichthumanen lrimaten zunimmt, die einen imVerhéltnis größercn prafrontalen Konex haben. „Es gibt die Schlussfolgcrung, dass man höhere Zentrcn braucht, um sich normal zu entwickeln und téuschen zu können“, sagt Dr. Spence. „Meine Meinung hierzu ist, dass Tiiuschung der Missbrauch einer 116heren Féhigkeit ist, wiihrend kreative Aktivitiit, wicz.B. Improvisation, ihre der Ethik entsprechende Anwendung ist.“

HirngrBBe bei Primaten und ihre Bedeutung

Für soziale und ethisches Fihigkeiten

Robin Dunbar, Professor Für evolutionfire Psychologie an der Universitfit Liverpool, bcrichtete über seine Arbcit mit Primaten, und sprach über den Zusammcnhang zwischen dem Volumen des Ncokortex dcs 1-1irns und sozialer Wahmchmung bei großen Affen — und bei Menschen.

„I)as Wescmlichc ist, dass das Volumcn des Ncokortcx autder Linie der lrimzlten, die zum moderncn Mcnschen fiihn. dmmntisch zugcnommcn hat“, sagtc Dr. Dunbar in cincm Interview „1 )ic‘s hiingt cng zusummcn mit den zunchmcndcn Anfbrderungen großer Gruppcngrdlicn inncrhnlb dicscr Gruppe 2115 Ganzcs.“

„l)er 1’unktist,dass es bei den Him cntschcidcndc

grdBcn großcr Affcn eine plötzliche und ziemlich dramatischc Zumhme desVolumens der fi'ontalen Bercichc des Neokortex gibt. Dies scheint so zu sein, um mehr Neuronenvolumcn dem Sehvcrmögen widmcn zu können, denn sonst bringt das gréffiere Gehirn keine weitercn Vorteile“, szlgtc er und bemerkte, dass der frontale Kortex derTeil ist „w0 die Intelligcnz zu Hause ist und 2111 die schlauen Sachem gemacht werden.“

„Es scheint kein Zufall zu sein, class dies genau der Punkt ist wo man beginnt, Belege für fortgeschrittene soziale Wahrnehmung zu finder], die alles untcrstfitzt, was wir tun,“ sagte Dr. Dunbar.

Er fiigtc hinzu, dass das M313 an sozialcrWahmchmung, das für einen Silm für Ethik benötigt wird, "Libcr die Flihigkeitcn großer Affcn hinaus zu gehcn scheme. Aber er sagtc, dass gcwissc Muster cthischen Verhaltens unter grolien Affen, die sozialc Gruppc bildon, nugeschcinlich sci.




„Der Preis Für soziales Dasein ist die Notwendigkeit, seine unmittelbaren Wiinsche und Begehren :urück zu stellen vor dem Ziel, eine gemeinsame soziale L5sung Für die Probleme des Lebens zu erreichen. Mit anderen Worten: Soziale Wesen, wie Primaten, entscheiden sich Für gemeinsame [asungen der Probleme, die sie bedringen. Aber indem sie das tun, sind sie gezwungen, kurzfristige Kosten für langfristige Vorteila in Kauf zu neh men.“ Dr. Robin Dunbar

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Dr. Graham Walker, der Gastgeber und Organisa tor der Konferenz zur Wissenschaft der Ethik

„Nah-Todeserfahrungen weisen darauf hin, dass Liebe und Licht die Grundlagen des Universums sind, und sie legen auch nahe, dass man für seine Taten und sein Denken verantwortlich ist und man sich selbst in einer Riickschau nahe dem Todeszeitpunkt rich tet.“ Dr. Peter Fenwick


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„Der Preis für soziales Dav 36in ist die Notwcndigkeit, seine unmittelbaren Wiinsche und Begchren zurück zu stellen vor dem Zia], eine gemeinsame soziale Lösung f Llr die Probleme des Lebens zu erreiChen,“ sagtc Dr, Dunbar. „Mit anderenWorten: Soziale Wesen, wie Primaten, €ntschcidcn sich fiir gemeinsame Lösungcn der Probleme, die sie bcdriingcn. Aber indcm sie das tun, sind sie gezwungen, kurzfristige Kosten für langfristigetheile in Kaufzu nehmen.“

„Das setzt die Koopcrierenden immer der Cefahr aux,

gion selbst nur möglich ist mit fortgeschrittener sozialerWahrnehmung, die über das hinausgeht, was sogar Affen zu leisten vermögen. In gewisser Hinsicht ist Religion und ihr Hauptbestandteil — unsere Bereitschaft, uns dem kollektivcn Willem in einerWeise zu bcugen, wie es keine andere Art tun würde — Vielleicht das intercssanteste — und ungelöste — Problem der menscblichen Evolution. lch vermute allerdings, dass das allesTeil der Notwcndigkeit ist, mit unsozialemVerhalten innerhalb von großen, komplexen und weit


V011‘Freibeutern ausgcnutzt zu werden. Ethischcchrhalten ist ein Weg, um 111it Freibeutern umzugehcn und die Auswirkungen von ichbezogcnem und unsozialcm Verhalten zu reduzieren — mit ander€n Worten: Leute dazu zu bringen, sich an die sozialen Konventionen zu haltcn, damit die Gruppc für uns so funktioniert, wie es beabsichtigt war. Diese impliziten sozialen Abkommen sind schr instabil und bcnötigen sozialen Druck, um die Gruppc davor zu schiitzen, durch zu vicl Nichtbeachtung (165 Systems zerstdrt zu werden.“

Dr. Dunbar sagtc, dass die Diskussion ijber Wissenschaft, etbisches Verhalten und Religion, die es aufder Konfercnz gegeben babe, sehr interessant gewesen sci. „Ich babe in einem demniichst erscheinenden Buch argumentiert, dass Reli


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vcrstrcuten sozialen Gruppen

umzugehen.“ Nah-Todeserfahrungen

Dr. Peter Fenwick, Dozent am Institut für Psychiatric in London und Chefarzt der neurophysiologiscben Abtei lung 2m der Radcliffe Infirmary in Oxford, prisentierte die Ergebnissc von Interviews mit Menschen, die so genanntfi Nah—Todeserfahrungen hatten, wobei sie 0ft Gefühle des Fricdens und der Freudc haben und die Erfahrung des auger)scheinlichen Eintritts in eine anderc Welt und der Begegnung mit einem mystischen Wcsen machen.

Die Forschungen hattcn gezcigt, Class einige dieser Erfahru11gell gemacht wurden, nachdem diese Menschen für klinisch tot erkliirt worden waren, mit sehr gcringer Oder

gar keiner Hirnaktivitiit, was daraufhindeutet, dass die Scelc Oder das Bewusstsein den Hirntod überleben könne, sagt Dr. Fenwick. Frühere Kritiker V01] Nah—T0deserfahrungen meinten, die Überlcbenden bitten die Auswirkung der letzten Zuckung des Gehirn erfahrcn, wenn alle Neuronen des Hirns aufeinmal feuern.

„Nach dem Studium V011 über 2000 Nah—Todeserfahrungcn und mach Betrachtung des Phlinomcns der NahTodeserfahrungen bin icb zu dem Schluss gekommen, dass verk Lirzte Erklzirungen möglicherweise keine komplettc Darstellung der Erfiahmng geben, insbesondere bei solchen Nah—Todeserfllhrungen, die :1qu Intensivstatimmn für Herzpatienten auftreten, wenn die betrofi‘enc Person klinisch tot ist, aber wiederbelebt wcrden kann“, sagtc Dr. Fenwick in einem Interview.

Dr. Fenwick fiigte hinzu, dass Nah—Todeserfahrungen inhaltlich hoch ethisch seien. „Sie wciscn darauf bin, dass Liebe und Licht die Grundlagen des Universums sind — was in unscrcr alltaiglichen Welt schwcr zu verstehen ist — und sie legen auch nabs, dass man fijr seine Taten und sein Denken verantworthch ist und man sich selbst in einer Rückschau nahe dem Todeszeitpunkt richtet,“ sagte Dr. Fenwick. „D21her ist jeder Einzclne verantwortlich, weil cr Cin Mensch ist und was immer wir auch tun die Erfilhrung Zeigt, dass wir diescr abschließenden ZLisur nicht entgehen können.“

Dr. Hatchcr prisenticrtc einen philosophischen Standpunkt über menschhche Ethik in einem Papier mit der Überschrift „Universale Wertc“. In diesem Papier erértert er, dass es tatsiichlich Fundamentals, universelle menschliche Werte gibt und hcbt sich damit ab von derzcit populziren Ideen über kulturelle Relativitzit.

„Die Tatszlche, das Wissen (Sozialisation) einen tiefgrei


[Seite 17]fender] Einfluss aufdie Beurteilung von Wer— ’ ten hat, bedeutet nicht,

class 3116 Werturteile willkflrlich Oder ausschließlich von gesellschaftlicher Natur sind, dcnn viele Werturteile

gründen sich aufjene ‘ prilnziren Erfahrungen, bei denen wir alle von Natur nus verschiedene Aspekte der Wirklichkeit als relativ angenehm Oder relativ unangenehm wahmehmeinte Dr. Hatcher und brachte 315 Beispiel dieTatsache,

u 1116f] ,

dass alle ncugeborenen Menschen vor dem bitteren Geschmack von Chinin zurückschauderten, sich aber die Lippen leckten nach dem SUBCI] Geschmack V011 Honig. „Diese primare, biniire Erfahrung von angenehm/umngenehm (Freude/Schmerz, gut/ schlecht) ist VErwurzelt im universellenWesen der menschlichen Natur und daher grundszitzlich transkulturell.

Universelles in der menschlichen Natur

Die Tatsache, dass Menschen aquiebe,Annahme und Freundlichkeit positiv antworten, sei „nicht bIOB ein Diktum VOI] Moralisten, sondern Cine wissenschaftlicheTatsache der menschlichen Natur“, sagte Dr. Hatcher. „Wir postulieren daher als fundamentale metaphysischc Wahrheit, dass eine eigentliche, wesentliche, universelle menschliche Natur existiert.“

Teilnchmer sagten, dass viele der auf der Konferenz prisentierten Forschungsergebnisse aufeinen zweifachen Aspekt der ethischen Entwicklung hindeuteten: Dass sie sowohl cine physische und genetische Komponente hat, und ebenso cine Komponente, die aquebenserfahrung Oder Erziehung beruht.

„Es gab eine große Über einstimmung darüber, dass ohne dic angemessene Entwicklung einer bestimmten Menge neurobiologischer Prozesse moralische Entwicklung schr schwierig ist“, sagte Dr. Perm. „Mit anderen Worten scheint die Konferenz aus einerVielzahl von Blickwinkeln gezeigt zu haben, dass dieWelt der Natur die nötigenVOraussctzungen für die Entwicklung ethischer Fähigkeiten bereitstellt und daherjederVersuch der Beseitigung von Mingcln des ethischen Wachstums auch die grundsfitzlichen biologischen Bedürfnisse menschliCher Wesen berücksichtigen muss. Außerdem, dass soziale Faktoren, die in keiner Weiss personenbezogen sind - wie z.B. soziale Gerechtigkeit — Fur eine angemessene ethische Entwicklung unverzichtbar sind.“

Dr.Walker hatte cbcnso das Gefühl, dass die Teilnehmer zu der allgcmeinen Schlußfolgcrung gelangten, dass „es einen neurologischen Aspekt des ethsichen Verhaltens, bzw. der ethsichen Entwicklung gibt.“

„Dieser Schluss impliziert, dass man eine solche Fiihigkeit, wcnn es sie gibt, anregen kann, indem man sie der richtigen Art von Erfahrungen aussetzt“, sagte 1)r.\X/alker.Andersherum, sagte er, schcine es einen Mensch, wenn man ihn nega


tiven Erfahrungen aussetzt „den anderen ch hinunter zu führen und er wird amoralisch, Oder noch wahrscheinlicher, kriminell Oder soziopathisch.“

Dr. Walker sagtc, dass sein Verstiindnis der Bahá’í—Religion ihn dazu inspiriert habe,die Konferenz zu organisieren. „Obwohl dieVerbindung zwischen Religion und Wissenschaft in der Bahá’í—Religion nicht einmalig ist, so ist sie doch gewiss eine zentrale Grundlehre“, meinte Dr.Walker. „Wenn es tatséchlich eine chrcinstimmung zwischen Religion und Wissenschaft gibt, dam] sollte man sie ausweiten kiinnen aufKonzepte wie Spiritualitiit und Ethik, die zu den Hauptpfeilern der Religiositlit gehören.“

Dr. Walker hofft, einen Grundstock solider, reproduzierbarer Belege einer wissenschaftlichen Grundlagc für Ethik aufbauen zu können, der als Ort dienen kann, an dcm sich verschiedene Fachgebiete treffen und einigen können. Er plant bereits eine Zihnliche Konferenz im nichsten Februar, diesmal über das Thcma „Können lebensstilbedingtc Krankheiten dabei helfen, Ethik zu definieren?“ Aus den Konferenzbeitriigcn wird ein Buch zusammengestcllt, das vom „R0yal College ofPhysiCians“ hemusgegeben wird. I


Dr. William Hatcher sprach über eine dem Menschen innewohnende universe/le ethische Natur

„Die Konferenz hat aus einer Vielzahl von Blickwinkeln gezeigt, dass die Welt der Natur die mitigen Vorausset:ungen Für die Entwicklung ethischer Fihigkeiten bereitstellt und daher jeder Versuch der Beseitigung von Mingeln des ethischen Wachstums auch die grundsfitzlichen biologischen Bediirfnisse menschlicher Wesen berücksichtigen

muss.“ Dr. Michael Penn


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[Seite 18]Religionen in Deutschland verständigen sich über Umweltpolitik


Vorbereitungstrefien zum Weltgipfelfl'jr nachhaltige Entwicklung

GOTTINGEN


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GOTTINGEN. — Angehérige unterschiedlicher Re ligionen — Christen, Muslims, Buddhisten und Bahá’í — kamcn am 6. und 7. Mai 2002 in Göttingen zu einem „Orientierullgsgespréich der Religionen zur Umweltpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Khlnafmge“ Zusammen. AIS Ergebnis des interreligiösen Gespréches überreichten die anwescnden Ierséfinlichkeiten der christlichen Kirchen und der Arbcitsgemeinschaft Christlichcr Kirchen (ACK), der Muslime, der Buddhisten und der Bahá’í BundesumweltministerTrittin bei einer das Gespriich abschließenden Pressekonfercnz ein Resiimee ihrer Arbcit. Das Orienticrungsgespriich wurde vorbereitet, organisiert und moderiert V0n Prof. Dr. Gottfried Orth (Ernst Lange—Institut). Das Projekt wurde gefiirdeft vom Bundesunlweltministerium und vom UmweItbundesamt.

Dit’fiflgc’fidm Ulmlqumgm mzd Forderlmgm, div Mm 111 dam Orien ricrmlgsgcsprdr/I gemcinsam widztig zmd van m1$gm1einsam fbmmliert warden, wollcn wir als Restimce der Qflbntlichkeit iibwgchen.

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Menschen aller Religionen sind sich in ihrem Einsatz daflir einig, die Integritiit der Natur zu achten und zu bewahren.

Wei] Gott, der Schöpfer, die Welt erschaffen und sie den Menschen anvertmut hat, sie zu bebauen und zu bewahren, sind Christinnen und Christen zu verantwortlicher Haushaltcrschaft berufen.

In der statthalterischen (khahfatischen)Vcrantwortung ist das Gfischöprensch zum mafivollen Verhalten in der Mitschöpfung ermahnt. Die Welt ist aus der Sicht der Muslime stets Zeichen aufden schéipfenden Gott, der die Welt in Gleichgewicht und M313 schuf, die zu bcwahren, dem Gcschbprensch aufgetragen ist.

Aus dem Bewusstsein der Verbundenheit mit allen Lebewesen begegnen Buddhisten der Mitwclt mit Achtsamkeit, Liebe und Mitgefiihl.

Für die Bahá’í bilden Natur und Menschheit eine 0rganischc Einheit, woraus sich Mafistfibe ékologischen und sozial gerechten I-Iandelns ergeben.

Menschen aller Religionen bckréftigen die Achtung und „Ehrfurcht vor dem Leben“ und ein Engagement, das den religiösen Traditionen, ihrem Glauben und ihrer Spiritualita't entspricht, obwohl sie sich in Lehre und Praxis ihres Glaubens Vielfach unterscheiden. Die H1. Schriften und die Traditionen unserer Religionen unterscheiden sich voneinander und treffen doch in Bezug aquatur und Umwelt auf zentrale Gemeinsamkeiten, die Cine gelneinsame Verantwortung für die Natur begründen.

II

Die Teilnehlnerinnen und Teilnehmer des Gespréches leben in den Traditionen ihrer jewciligen Religion und sind gemeinsam herausgefordert durch die V011 Menschen mit verursachte Verinderung des Klimas, durch die zunehmende Vernichtung von Tier— und Pflanzenarten und durch die anhaltende Zerstörung der Natur Noch immer handclt die Mehrzahl der Menschen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft anders, 315 65 angesichts der bedrohlichen Eingriffe in die Grundlagcn menschlichen und natürlichen Lebens nbdg wäre.

Menschen aller Religionen stehen in der Verantwortung fiir einen umweltgerechten Umgang mit dem Planeten Erde:Wer das Leben der Natur mit spirituellcn Augen sieht, erkennt in ihm eine über jeden unmittelbaren Nutzcn hinausgehende sinnvolle und schiitzenswerte Qualitfit; er nimmt eine I-Ialtung des Staunens über ihr Dasein und ihre Schbnheit ein. In allen Religionen gibt es alte Überlieferungen, die gegcn die Zerstbrung der Natur und ihre Ausbeutung ein gltickliches Leben setzen, das allcs Sein und die gesamtc Natur, die Tiers, Schwester Mond und Bruder Sonne und die Menschen einschließt. In diesem Gcist k611nen Verantwortung für die Erde, (Skologisches Handeln und eine umweltgerechte Ethik des Lebens entstehen. Wir schöpfen aus unserem Glauben die Zuversicht, dass dies möglich ist!

Zentralc Ursache der Zerstbrung der Natur und der Grundlagen des Lebens aufder Erdc ist die Verschwendung

[Seite 19]V1111 (111tCI'11 111111 R6550111‘1‘611. 111 LllltL‘rSChiLdhChCF W6156 wird 111 1111611 R611g1011611V6151‘11W611111111g 315 V61311tw01t1111g5105 g6g611111161 M61151‘11611 111111 N31111 gcwcrtct: V6151‘11wcn111111g 11'11161‘5111‘11‘111 611161' 611111111153111611 H3111111g g6g611111161 111‘1‘ N31111. 5611151116g1‘611z1111g 111111 N211‘11113111g11611 511111 K011261116. 1116 65 111 UllSCI‘CI‘ V0111 1112113105611 Kon511111 1161161156111611 (16561151‘h311 5111111 211 1113611611 gilt. $611151116g1'61121111g 111111 N216111121111g11611 1111155611 1115 Fragen 1161 611115611611 V61311twortung, c161 (161‘61‘11tigk611, 116s Rechtes 111111 1161‘ L16116 g65611611 W6111611: L16116 1111 11611 N116h51611, 1116 Natur 111111 1135 L611611 1115g653111t.

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III

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Wer das leben der Natur mit spirituallen Augen sieht, erkennt in ihm eine überjeden unmittelbaren Nutzen hinausgehende sinnvolle und schiitzenswerte Qualitit; er nimmt eine Haltung des Staunens über ihr Dasein und ihre Schanheit ein. In allen Religionen gibt es alte überIieferungen, die gegen die Zerstiirung der Natur und ihre Ausbeutung ein glückliches Leben setzen, das alles Sein und die gesamte Natur, die Tiere, Schwester Mond und Bruder Sonne und die Men schen einschließt.

Aus der gemeinsamen Erklärung


' ONE COUNT

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[Seite 20]Was ist der ékonomische Wert der Artenvielfalt?

THt FUTURE OF L‘FE

EDWARD 0 WILSON

Edward O. Wilson

The Furute of Life

Alfred A. Knopf Publishers, NewYork



Vie] Zcit Izat Edward O. Wilson, 61']! Harvard Prqfessor, der zwcimal den PulitzerPrcis fii r ‘ friilz (rc VVcr/ec which, in die Bvrcrlz111mg (105 Ccldwcrfcs invcsficrr, den die Mcnsr/zcn ans (9031mden (ileoquiscllcn Systcmcn zic/zcn lcbmzteu. Er srcllr sirll damit (/0111 AI:QIIIII(III‘, rucnsdzlidlcr Forrsclmn tmd wirm/zqfilfdie Elztwic/elzmg seien Lm C/ztlgcr als (fer Sclmtz cimger bedrolzrerArreH.

erWirtschaftler Colin

W Clark stelltc im Jahre 1973 einc Untersuchung über dcn wirtschaftlichen Wert des Schutzc‘s V011 Blauwalen an.

REZENSION


3! ONE COUNTRY

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punkt gab es nur 110d] einigc hundert Exemplarc. so sehr wurden sie im 20. jahrhundert von Walfiingcrn dezimiert. Clark kam zu dcm Ergcbnis: ,.Bringt sie 2111c um und legt das Geld gut an!“

In dicscm Bcispicl ist der Kern dos Problems zu findcn, dcm sich die Menschheit momentum gcgcniibcr sicht sowohl liimichtlich dcx Schutzcs und dcs Erhalts unscrcr Umwclt, als auch der cntschcidcnden Frags. die uufdcm konr mcndcn Wcltkongrcss für Ent\Vicklungsllilfb gcstcllt wird: „Bcklimpfln \Vir crst dic Ari mm in dchclt? 7 Oder wordcn wir gczwungcn scin. Zcit,

Geld und anderc Mittcl zu opfbrn um unserc Naturwclt zu schiitzcn - nunh wcnn der Nutzcn daraus nicht sofbrt kassicrbar ist?“

„l)ic Antwort darnuf“ bctont Ed\\r;1rdWilson kiimpfc1‘isch„,ist,dass die Bcrcchmmgen v01) Colin Clark llinsichtIich der Blauwnlc und uuch jcdc underc nnalogc BcrcchHung. dic don kurzfristigcn, \\i1'tst1);1fi1ichen (lcwinn dcm Verlust an Artcnviclfillt vmzicht, vom Ansatz her fillsch sind.„ Wilson schrcibt: „Sic sind {:11de wcil in ihrcn [5611‘th nungcn dic rcalcn Wtftt des (Skologischen Systems unseres llzlnctcn unberücksichtigt bleihen.“

AIS ein Beispiel ncben viclcn anderen f Lihrt Wilson 1111: Die Stadtriite V011 New York City wollten einst cin Projckt finanzieren, das 6—8 Milliardcn US—Dollar gekostet hatte: sin Filtrierwerk als Ersatz für die umweltgeschlidigte „natürliche Wasserautbereitungsanlagc“ der niichstgclegenen Wilder, den sogeanntcn Catskills. Deren Wieder;ulfib1‘st1111g kostete nur 1 Milliardc Dollar bei Bereitstellung eincr gréBcren natürlichen Wasseraufbcreitung 315 die Filtricranlage hiittc lcisten kémnen.

Dicsc Bcrechmmg überzcugtc die Biirgcr v01] New York und sie zcichnctcn im juhr 19796116 Obligation,1nit der die crfbrderliche Wiederauflbrstung finanziert wurde snmt dem Riickkaufdcs Bodcns, der dafür gobrallcht wup dc, und der Installation kcimfi‘cicrWzlsscrbchliltcr.

Disses licispicl High, warum Wilson so Vic] Zcit für iikonomischc Argumcntc 211m Schutz der biologischen Vielfillt aufgcwcndct hut — einer Viclfhlt, dic tagtliglich kutnstro phulc Vcrlustc durch die gmdcnlosc Zcrstéirung der tropischen chenwiilder, der Korallenritfl ulld der kurzsichtigcn Lccrfischung der Ozmnc crlcidcn muss.

1997 hut cin intcrnutionm 105 Team, bcstthcnd nus Wirtsrhaftsi und Umwcltwissenschafi]cm,cinc licrcchmung iibcr die „Okononlisclm Lcistung“ der Okosystcmc smgcstcllt. Viclc Dutcnsammlungcn wurdcn hcrangczogcn und so bczifibrtcn sie dcn Beitrag nus der Natur ;1L1f33 Bil]ionen US—l )ollnrjiil1rlic11. Dicse Summc ist bcimhc dds Doppcltc dcs Bruttosozinlpmduktes nllcr Länder, das 1997 bci 18 Billioncn lag.

Edward Wilson investierte fcrncr vicl Zcit auFdie UnteF suchung dt S enormen Wirtschaftlichen [otenzials, das aus der Medizin, den biochemischen Prozcssen und den Nfihrstoffen — bislang unemdeckt in Regenwfildern und anderen Wildnissen schlummernd — gezogen werd€n könntc.

Seine H0ffimng für einen effcktivcn Schutz der BiO‘ Diversitlit setzt der Autor i115besondere zluf die globalc Zivilgcsellschaft, die auf ein vcrbindliches internationales Rechtssystcm für den Schutz der Natur pochen muss.

Eine zwcitc Quellc der Hofflmng ist für ilm der interrcligiésc I')i;110g.Allc Religioncn miisstcn sich in dicser Frngc der globulen Existcnzsichcrung zusnmmcntun, um die ilmcn Allen gcmcinsumcn Wcrtc der „Ehrfilrcht vor dem Lcbcn“ zu vcrtcidigcn und cinzufordern.

[)115 Buch bictct cindringlichc und logischc Argumcntc zur Notwcndigkeit dcs Artcnschutzcs. I