One Country/1999 Nummer 2/Text

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IMPRESSUM

0n: Couumv wird herausgegeben von derBahá'ilnternationalCommunity,die als Nicht-Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen die weltweite Bahá’í-Gemeindereprésentiert

0n: Coumnv,0ffice of Public Information,Bahá’í International Community, Suite 120, 866 United Nations Plaza, NewYork,NewYork10017,USA,Emai|: 1country@bic.org.

Chefredakteur: Brad Pokorny. Chefvom DienstzAnn BoylesAuslandsredaktionen: NancyAckerman (Moskau),Christine Samandari-Hakim (Paris), Kong SiewHuar(Macau),Gui|da Walker (London). Deutschsprachige Redaktion: PeterAmsIer,Stefan Mutschler,JensUwe Rahe. Freie Korrespondenten: Hilde Fanta (Osterreich), Silvia Fréhlich (Schweiz),Jutta Bayani (Luxemburg). Geschéfisfiihrungfiartmut Nowotny, Arezu Braun. Übersetzerpool: Lisa Hiemer. Beitrége ausONE Couumv können kostenfrei nachgedruckt werden unterAngabederQuelle. Anschrift:0u: Coumnv,EppsteinerStr. 89, D-65719 Hofheim-Langenhain, Germany.Tel._49»6192-99290,Fax_496192-992999. Herausgeberder deutschsprachigen Ausgabe:Nationaler Geistiger Rat der Bahá’í in Deutschland e.V.

Einzelheft: DM4,-/SFr4,-/OS 28,»/LUF 80,-.Jahresabonnement: DM15,-/SFr 15,~/OS1oo,—/LUF300,»(incl.MWSt u Portokosten). DieZeitschrift kann direkt bei der Redaktion bestellt werden. Copyright1998 by Bahá'ilnternational Community. ISSN 0945—7062. Gedrucktauf1oo% Recyclingpapier.

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US-PRASIDENT CLINTON BERUFT Bahá’í IN KOMMISSION FUR RELIGIéSE FREIHEIT

WASHINGTON.-US-Président Bill Clinton hat den Bahá’í Firuz Kazemzadeh in die Kommission fUr internationale religiöse Freiheit berufen. Die Einrichtung der

neun Mitglie der umfassen den Kommissi on beruht auf dem Gesetz Über religiöse Freiheit,das der Président 1998 unterzeichnete. Das Gremium solljéhrlich einen Bericht herausgeben, in dem es Empfehlungen fUr die USPolitik in internationalen religiösen Angelegenheiten abgibt.

Firuz Kazemzadeh aus Alta Loma in Kalifornien ist SekretérfUrAuswértige Angelegenheiten des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in den Vereinigten Staaten. In dieser Eigenschaft hat er héiufig den Senat Über die Unterdrflckung der Bahá’í im Iran informiert. Er ist emeri tierter ProfessorfUrGeschichte an derYale Universitét. Dort lehrte er von 1956 his zu seinem Ruhestand 1992 russische Geschichte. Seit 1966 ist er Herausgeber des „Wor|d OrderMagazine".

Kazemzadeh wurde in der iranischen Botschaft in M05kau geboren. 1944 kam er in die Vereinigten Staaten und begann seine akademische Ausbildung in Stanford und Harvard.

UNESCO-KAMPAGNE IM JAHR DES FRIEDENS - UNTERSTUTZUNG VON NOBELPREISTRAGERN

PARIS. - Die Organisation fUrErziehung,Wissenschaft

und Kultur derVereinten Nationen, UNESCO, hat drei


Prof. Abdelfattah Amor (links), Sonderberichterstatter der UNfijr Menschenrechtsfragen, warnte bei einer Diskussionsrunde am 5. November1998 am Sitz der Vereinten Nationen in New York vor einem Trend zu wachsender religidser Intoleranz in einer Reihe von Ldndem. Weitere Tei/nehmer der Diskussion v./.n.r.: Lilli Schindler vom UN—Department ofPuinc Information, der indische UN-Botschafter Kamalesh Sharma, Robert Traer von der lntemationalen Gesellschaftfür religiöse Freiheit sowie Nikoo Mahboubian von der Bahá’í/nternational Community.

UN-MENSCHENRECHTSKOMMISION VERURTEILT IRAN

GENF. — Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hat den Iran wegen seiner 6ffentlichen Hinrichtungen, Steinigungen und der Verhéangung von Körperstrafen erneut verurteilt. In der von der Européischen Union vorgelegten Resolution wird auch die Diskriminierung von Frauen und Angehörigen der Bahá’í-Religion kritisiert.

2. NGO-KONFERENZ

ZUM ROYAUMONTPROZESS IN BUDAPEST

BUDAPEST. - Am 26./27. Juni trafen sich Représentanten von 80 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Budapest zu Beratung erster Ergebnisse des RoyaumontProzesses zur „F6rderung der Demokratie und der Rolle der Zivilgesellschaft“ in Sfldosteuropa. Dabei fand der Beitrag „Happy Hippo Show" der Bahá’í besondere Beachtung (siehe Bericht Seite 8H).

junge Bahá’í neben anderen Jugendlichen zu „Messengers of Peace“ ernannt. Die Jugendlichen, die alle Regionen des Globus représentieren, wurden ausgewéhlt, um im Jahr zooo fUr das Internationale Jahr des Friedens der Vereinten Nationen zu werben. Die UNESCO koordiniert die Aktivitéiten im Internationalen Jahr des Friedens.

Die Bahá’í nahmen unter anderem an einer Pressekonferenz mit dem Generaldirektor der UNESCO, Federico Mayor, und anderen Menschenrechtsaktivisten in Paris teil. Dort wurde ein Manifest vorgestellt, das anléBlich des 50. Jahrestages der UN-Menschenrechtserklärung von mehreren Nobelpreistrégem geschrieben wurde und im September kommenden Jahres derUN-Generalversammlung Überreicht werden soll.

Darin heißt es, dasJahr zooo mUsse ein Neuanfang „fUr uns alle“ sein.„Zusammen können wir die Kultur von Krieg und Gewalt in eine Kultur von Frieden und Gewaltlosigkeit umwandeln. Dies erfordert den Einsatz aller.“ Besondersjunge Leute und kUnftige Generationen bekämen so Werte vermittelt, die sie daflir begeistern könnten, eine Welt der WUrde und Harmonie aufzubauen, eineWelt derGerechtigkeit, derSolidaritét,der Freiheit und des Wohlstands.

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„RELIGIONEN AUF DEM WEG ZUM FRIEDEN“ - GEBETSSTUNDE DER WELTRELIGIONEN AUF DEM 28. EVANGELISCHEN KIRCHENTAG

STUTTGART - Die interreligiöse Andacht derWeItreligionen hat auf dem Evangelischen Kirchentag bereits Tradition. Doch in diesem Jahr beim 28. Kirchentag in Stuttgart nahmen nicht 3o Personen wie im vergangenen Jahr

same Friedensstunde und gewann namhafte Représentanten: Bischéfin Maria Jepsen fUr die Evangelische Kirche Deutschlands, den KathoIiken Prof. KarI-Josef Kuschel von der Stiftung Weltethos, den Oberrabbiner von Lon


Reprdsentanten der beiden grojSen christlichen Kirchen sowie der Bahá’í, Buddhisten, Hindus, Juden und Muslime Sprachen Friedensgebete aus den Hei/igen Schriften ihrer Religionen.

teil, sondern annähernd 1.000. Ein Teilnehmer meinte, das BedUrfnis nach Verständigung und Zusammenarbeit derWeltreligionen habe Liberal! zugenommen: „Viele Menschen möchten keine Trennungen mehr, wir suchen das Verbindende.“ DieOrtsgruppe Stuttgart von WCRP (World Conference of Religions on Peace) unter Leitung von Dr. Ulrich Bdrngen organisierte die gemein don Dr. A.H. Friedlander, Frau Demir von der Islamischen Gemeinde Baden-WUrttembergs, den ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Buddhistischen Union Amoghavajra Karl Schmied, den Hindu Joganathan Putra und die Generalsekretérin des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland Saba Khabirpour. JederTeilnehmer Ias Texte aus den Heiligen Schriften

KONFERENZ UBER ENTWICKLUNG UND UMWELT IM AUGUST IM ENGLISCHEN BRISTOL

LONDON.- Die Bahá’í Agency for Social and Economic Development und das lnternational Environment Forum laden ein zu einer Konferenz mit dem Titel „Praktische Anwendung von geistigen Prinzipien: Eine Konferenz der Bahá'izurgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung und Umwelt“. Sie findet statt vom 15. bis 18. August 1999 in Sidcot bei Bristol, England, und wendet sich an

alle |nteressierte,dieaufden Gebieten Umwelt und Entwicklung tétig sind. Referenten sind unter anderem Irma Allen (Swaziland), Arthur Lyon Dahl (Schweiz) und Hasan Sabri (Groberitannien). Weitere Informationen und Anmeldung bei C. Kingdon,45 The Warren, Abingdon, Oxon. OX14 3XB, United Kingdom. Tel.: _44-1235—522641, E-Mail: geeta.kingdon@ economics.ox.ac.uk.













oder sonstige medita tive Texte aus seiner Religion. Die Musikgruppe „Friends“ gab , ihre musikalischen Botschaften hinzu. Alle Teilnehmer des Friedensgebets er- E U R0 PA- M AC AZ I N hielten ein kleines Heft mit den vorgetragenen Texten aller Religionen. In der Berichterstattung der Medien Über den Kirchentag folgten viele Medien noch eher den „Iauten“ Themen und Auseinandersetzungen, doch die anwesenden Journalisten zeigten sich dafflr umso engagierter für das interreligiöse Anliegen.











Hamburgs Bischdfin Maria

Jepsen (links) im Gesprdch PLAKfiTWAND MIT beim Evangelischen KirBAHA I'HAUS DER chentag mitSaba KhabirANDACHT pour, Generalsekretczrin des

Nationalen Geistigen Rats LONDON. - An einem der Bahá’í in Deutschland ungewöhnlichen Ort werden zur Zeit Londons Autofahrer auf ein ungewöhnliches Gebéude hingewiesen. Als Anzeige der Baugesellschaft Larsen und Tourro prangt an einem Baugerflst ein großformatiges Bild des Bahá’í-Hauses der Andacht in Neu Delhi. DerText identifiziert das Gebéude in Form einer LotusbIUte als das, was es ist, und fflgt hinzu:„Das Tadsch Mahal des zwanzigsten Jahrhunderts.“ Die Straße ist eine der belebtesten der Stadt. Sie fUhrt von London-City zum Flughafen Heathrow und in

den Westen des Landes. ’.‘ ONE COUNTRY

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„ WENN EIN K RIEGS 100 IAHREJIAChLDEL


DEBATTE


Aufgrund der Kosovo-Krise verbfl'entlichte der BahdiVerlag eine Zusammenstellung von Texten iAbdu’lBaha’s zum Thema Frieden unter dem Titel„Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so widersteht ihm durch einen stdrkeren Gedanken des Friedens". Siehe hierzu auch den Bericht auf

Seite 6 sowie die Buchbesprechung aufSeite 20.

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„KULTUR DES

or einhundertJahren

beriefen Zar Niko laus II. von RuBland und Kbnigin Wilhelmina der Niederlandedie erste Internationale Friedenskonferenz in Den Haag ein. Ergebnis dieses Treffens, an dem Regierungsvertreter aus 26 Staaten teilnahmen, war unter anderem der Sténdige Schiedsgerichtshof in Den Haag: die erste zwischenstaatliche Institution, die der friedlichen Beilegung von Konflikten verpflichtet war und so den Vereinten Nationen den Weg bereitete. Außerdem versuchte die Konferenz mit der sogenannten Haager Konvention die Kriegfflhrung einzuschrénken. So forderte man vor allem ein Verbot von Kampfgasen und Dumdum-Geschossen.

Haager Friedenskonferenz von 1899 - der erste Schritt zu einer Weltfriedensordnung

Im RUckblick kann die Haager Konferenz von1899 als erster politischer Ausdruck gelten fUr ein entstehendes kollektives Bewußtsein fUr die Einheit der Menschheit. Eine Nachfolgekonferenzfand 1907 ebenfalls in Den Haag statt.

Beide ZusammenkUnfte begrljndeten das Prinzip der Universalitét in den internationalen Beziehungen. Dabei wurde kleinen Staaten diplomatische Gleichheit mit gr6 ERSTEN GROSSEN RIEDENSKONFERENZ IN

„ APPELI.

FUR EINE

Beren zugesichert, dennjedes Land war mit einer Stimme vertreten. Auch schérften die Haager Konferenzen das Bewußtsein fUr das entstehende globale Staatensystem und die Notwendigkeit, es durch ein Rahmenwerk internationalerGesetze zu regulieren.

Haager Friedensappel11999 endlich echte Abriistung und Einsetzung des InternationaIen Strafgerichtshofs

Rund 8.000 Friedensaktivisten aus aller Welt versammelten sich Mitte Mai in Den Haag, um an die Konferenz vor einhundert Jahren zu erinnern. Überschattet wurde das Treffen vom Krieg um das Kosovo und der damit verbundenen Krise der Vereinten Nationen und des Völkerrechts - all dies verlieh den Anliegen der Haager Konferenzen neueAktualitét.

DasTreffen in Den Haag,zu dem auch Friedensforscher, mehrere Nobelpreistréger und UN-Generalsekretér Kofi Annan angereist waren, befafite sich unter anderem mit den Themen Aerstung, Menschenrechte in kriegerischen Konflikten,friedliche Beilegung von internationaIen Auseinandersetzungen sowie Konfliktpréivention und Aufbau einer Friedenskultur.

In einem „Haager Friedensappell“ forderten die Teilnehmer weitere Schritte zur Abru FRIEDENS“

stung und den Ausbau des V6|kerrechts, besonders die baldige Einsetzung des Internationalen Strafgerichtshofes, dessen Statuten bereits im vergangenen Jahr aufeiner UN-Konferenz in Rom verabschiedet worden waren.

Der Haager Friedenskonferenz von 1899 folgte ein Jahrhundert, das das blutigste in der Geschichte der Menschheit wurde. Gleichwohl schritten die Bemühungen voran, den Krieg a|s Mittel zur Konfliktlbsung zu Überwinden.

Mitjedem Schritt - von der historischen Konferenz in Den Haag über den Völkerbund bis hin zur Gründung der Vereinten Nationen - wurden neue Wege entwickelt, die eine friedliche Beilegung internationaler Konflikteermöglichen sollten. Eine Vielzahl von Konferenzen und Abkommen Über Menschenrechte, Entwicklungszusammenarbeit und Abrflstung lassen den Krieg politisch wie moralisch immer weniger akzeptabelerscheinen. Dazu beigetragen haben auch neue Werte in der Erziehung und die Globalisierung der Medien.

Bereits vor hundert lahren Bedeutung der zivilgesellschaft erkannt

Dennoch müssen die Anstrengungen weitergehen,


[Seite 5]GEDANKE KOMMMT...


DEN HAAG

denn die Gefahr von bewaffneten Konflikten, besonders Bflrgerkriegen und lokalen Unruhen, ist keineswegs gebannt. Interessanterweise stellten bereits die Haager Konferenzen von 1899 und 1907 fest, dafS eine wichtige Rolle bei der Regelung internationalerAngelegenheiten derZivilgesellschaft zukommt. Ein Beispiel danr ist die GrUndung des Internationalen Strafgerichtshofes, die maßgeblich aufdie Initiative von Nichtregierungsorganisationen zurijckgeht.

Die Bedeutung einer weltweiten Zivilgesellschaft zur F6rderung des Friedens wird auch von vielen Regierungen -anerkannt und gefbrdert. Heute geht es dabei weniger um die Schaffung neuer |nstitutionen, als vielmehr darum, fUr bestehende eine breite dffentliche UnterstUtzungzu gewinnen und so ihre Wirksamkeit zu steigern. In diesem Sinne plédiert der„Haager Friedensappell“ von 1999 fiir eine„Kultur des Friedens“, bei deren Entwicklung eine globale Zivilgesellschaft die FUhrungsrolle Übernehmen soll.

Brief von Abdu'l-Bahá an die „Zentralorganisation für einen dauerhaften Frieden“

1919, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs, richtete Abdu I-Bahá, Sohn des Stifters der Bahá’í-Religion, einen Brief an die„Zentra|organisation für einen dauerhaften Frieden„ in Den Haag, eine mit den Haager Konferenzen gegrUndete Nichtregierungs organisation. Der Brief gibt Aufschluß Über seine Vision vom Frieden und die Voraussetzungen dafür.

„DieserjUngste Krieg hat der Welt und den V6|kern bewiesen, dafS Krieg Vernichtung ist, Weltfrieden dagegen Aufbau. Krieg ist Tod, Frieden dagegen Leben. Krieg ist Raubsucht und Blutgier, Frieden


HAGUE; AISPEAL

FOR PEACE 1999

dagegen Wohltat und Menschlichkeit“, schrieb Abdu’l-Bahá. „Es gibt heute nichts Wichtigeres auf der Welt als den Weltfrieden.“

Der SchlUssel zum Frieden sei Einheit des BewufStseins. „Denn ehe die Menschen in ihrer Gesinnung nicht geeinigt werden, léBt sich nichts Wichtiges bewerkstelligen. Heute ist der Weltfrieden von groEer Bedeutung, aber die Einheit des Gewissens ist dabei wesentlich, damit des Friedens Grundlage gesichert, sein Gefflge fest und sein Bau stark sei.“

Abdu I-Bahis Friedensplan: „Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so widersteht ihm mit einem stärkeren Gedanken des Friedens“

Nach den Worten Abdu'lBahás mufS eine solche Einheit des Bewußtseins auf fortschrittlichen Prinzipien

und Taten basieren. Dazu zéhlen die Gleichwertigkeit von Mann und Frau, Erziehung flir alle und die unabIéissige Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit. AufSerdem deutete Abdu I-Bahá an, daß die Ursachen von Kriegen die unterschiedlichen Formen von Vorurteilen und Intoleranz seien, die von Meinungsverschiedenheiten Über Religion, Rasse, politische oder wirtschaftliche ldeologie oder nationalistischem Patriotismus herrljhrten. Um Krieg zu beenden, mUBten diese Vorurteile Überwunden werden, was nur durch die Einsicht in die natUrliche Einheit der Menschheit möglich sei.

„Der Erdkreis ist ein Vaterland", schrieb Abdu I-Bahá. „Jeder Mensch kann an jedem beliebigen Ort des Erdballs leben. Darum ist die ganze Welt des Menschen Vaterland.“ Auch riefer auf zur GrUndung eines universa|en„Höchsten Gerichtshofs“, dem internationale Streitigkeiten zur Entscheidung vorgelegt werden sollten. Eine Institution, diedurchaus auf den Grundlagen des heutigen UN-Systems- einschlieElich des Internationalen Gerichtshofes, der direkten Nachfolgeorganisation des Sténdigen Schiedsgerichts in Den Haag errichtet werden könnte.

In vielerlei Hinsicht hat die Welt begonnen, diese Vision umzusetzen. Die Hundertjahrfeier der ersten Haager Friedenskonferenz und der „HaagerFriedensappe11999 bieten einen wichtigen und zeitgemaflen AnIaB, gemeinsam darÜber nachzudenken, wie weit wir gelangt sind und wieviel weiter wir gehen mljssen auf dem Weg zur Einheit des Bewußtseins, die einer Kultur des Friedens zugrunde liegt.

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Drei Stuttgarter Barger wurdenfur ihren besonderen Einsatzfar die Opfer von Krieg und Vertreibung gewUrdigt, v.I.n.r.: Doris Henrichsen und Jens Loewe, die insbesondere das Hilfswerk„Phoenix„ aufbauten und in der Lokalen Agenda aktiv sind, sowie Lil/y Gabler, die mit weniger (1/5 20 Freiwil/igen [iber 700 Hilfstransporte organisiert hat.



Meditation der V0 lker

WIE KANN de" WE’tflfizz/zwzzsmKONFLIKTLésUNG 9

ordnung

ZIVILISIERT WERDEN?

Mit einer

S T U TTG A RT Friedensmedita




























Hartmut Nowotny erlciuterte das Friedenskonzept Abdu’l-Bahds

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tion im Neuen Schlon Stuttgart riefdie Bahá’í—Gemeinde dazu aufi gerade nach dem Ende des akuten Konf/ikts im Kosovo nunmehrbfi‘entlich und intensiv I'Iber eine neue Friedensordnung nachzudenken.

TUTTGART. — Den S Abschluß bildetc ein

Friedensgebet, das aus den Heiligen Schriftcn dt‘l„ zwélf Weltreligionen zusammengesctzt ist. Dieses ungeW6h11hCh€ Friedensgebet sollte @111 Symbol sein für den Auftrag aller Religionen, Frieden zu stiften und nicht über das Schören von Entfremdung Kricg zu fdrdern. 1111 Mindpunkt einer Veranstaltung am 29. Juni 1111 Neuen SCthB Stuttgart stand jedoch das

Nachdenken uber eine Friedensordnung, die um die bitteren Bilder von Vertreibung und Krieg ersparcn kcmnte. Ist die historische Überwindung des Krieges überhaupt denkbar? Hartmut Nowotny von der Stuttgarter Bahá’í—Gemeinde verwies in seinem Erdffilunggvortrag auf die feste Überzeugung der Bahá’í, daß in derjetzigen Epoche der Menschheitsgeschichtc „Frieden nicht nur möglich, sondern unausweichlich„ 561, Wis eine der Schlfisselaussagen eines Statements der Bahá’í International Community 3111218lich des Internationalen jahres des Friedens 1985 besagt. Doch Wie $011 die Verwirklichung dieses alten Menschheitstraums realisierbar sein?

Zivilisierung von Konflikten

„Die Zivilisierung V011 Konflikten wird 1m Zeitalter

der rasantcn Globalisierung mehr zur Überlebensfrage für die Menschheit 1n ihrer Ganzheit. Konflikte wie

11nn1er

jener um das Kosovo bringen die Menschheit heute an den Rand eines Weltkonflikts, wenn sich die Menschheit nicht einig darijber ist, wie man in einem solchen Fall gemeinsam vorgeht„, fiihrte Nowotny aus.\X/ie Cine solche Einigkeit in einen zivilisierten Prozeß gegossen werden kann, erléiuterte der Referent anschließend anhand des Friedenskonzepts, das Abdu’l-Bahá, der Sohn des Stifters der Bahá’iReligion, schon vor über 100 Jahren detailliert ausgefiihrt hat.

Bereits 1875 skizzierte Abdu’l-Bahá in seiner Schrift “Das Geheimnis göttlicher Kultur„ Weg zu diner funktionsfiihigen

einen praktikablen

globalcn Friedensordnung. Zu deren wesehtlichen Elementen gehören:

[Seite 7]1. Ebenso wie es Gerichte gibt, die zivile Konflikte innerhalb einer Gesellschaft gewaltfrei verhandeln und 16sen, muß es einen „Weltschiedsgerichtshof„ geben, der fiir alle kriegsbedrohenden Konflikte zustiindig ist.

2. Die exakten Statuten dieses globalen Friedensgerichtshofs sollen durch die Regierungen derWelt gemeinsam mit den besten Fachkr'éften sowie angesehensten Bürgern erarbeitet warden.

3. Darüber hinaus sol] diesesVertragswerk zur Etablierung eines solchen Friedensgerichtshofes der gesamten Erdbevolkerung zur Begutachtung, Diskussion und schließlich Zustimmung vorgelegt werden, denn nur so erheilt diese neue Einrichtung das erforderliche emotionale Fundament, um seiner Aufgabe gerecht werden zu konnen.

4. Der Friedensgerichtshofmuß in diesemVertrag zum letztinstanzlichen Instrument der Menschheit zur Losung von derartigen Konflikten erklairt werden. Er darf keiner Interessenlage verpflichtet sein außer den verabschiedeten Statuten.

5. Vet diesem Gerichtshof darfjede Konfliktpartei ihre Interessen und Ansichten in aller Freiheit ausbreiten. In der letztlichen Entschlußfindung muß der Gerichtshofhingegen absolut frei sein.

6. Entscheidend für den Erfolg dieser historischen Einrichtung ist, daß sich die Nationen derWelt vertraglich verpflichten, das letztliche Urteil des Gerichtshofes vorbehaltlos anzunehmen.

7. Zn dieser Annahme gehort auch die verbindliche Verpflichtung aller Nationen, die Einhaltung und Umsetzung der Entscheidungen des Friedensgerichtshofes notfalls auch durch eine kollektive Gewaltandrohung von uneingeschrdnkt allen Regierungen gegenüber den Konfliktparteien durchzusetzen, wenn diese sich

dem so zustandegekommenen Frieden widersetzen wollten. Nach diesem Konzept soll somit, wie Nowotny betonte, die Suche nach gerechten Losungen für Konflikte, die Fassung von konkreten Friedensplinen sowie deren Durchsetzung und Sicherung ein für alle Mal aus den Interessenlagen und Kräfteverhdltnissen der Nationen herausgenommen und an ein gemeinsam geschaffenes und unabh'éngiges Gremium delegiert werden,

Bahá’í-lnitiativen Für eine globale Friedensordnung

Auf seinen Reisen 191] und 1913 in Europa und Amerika trug Abdu’l-Bahá dieses Friedenskonzept vor zahlreiChen Auditorien vor. Einer seiner Zuhorer war Lee McClung, der seinerzeitige Finanzminister der USA. Dieser trug die Vorschlaige Abdu’l-Bahás dem amerikanischen Prfisidenten Woodrow Wilson vor, der einige Zeit daraufmit einem 14Punkte—Programm die Initiative zur Gründung des Volkerbunds ergriff. Abdu’l-Bahá wies jedoch darauf hin, daß eine solche Einrichtung mit einem Vetorecht der Grofimzichte, das beim volkerbund festgeschrieben war, nicht Wirklich funktionieren konne.

Aber auch nach dem zweiten Weltkrieg wurde das entscheidende Gremium der Nachfolgeorganisation desVolkerbunds, der UN—Sicherheitsrat, wiederum mit einemVetorecht der Grofimfichte versehen. In den UN—Grtindungsdokumenten war festgehalten, daß man nach zehn jahren erneut darüber beraten wolle, Wie erfolgreich deren Gremien arbeiteten. Die Bahá’í legten daher 1955 ein Reformpapier für die UNO vor, in dem erneut auf die überfiillige Überwindung des Vetorechts hingewiesen wurde.

198516gte die Bahá’í International Community erneut ein umfassendes Friedenspapier

vor. Und zuletzt aus Anlaß des 50—j’2ihrigen Bestehens der UN erliiuterte sie in einem Statement „Wendezeit fijr die Nationen„ eine F'Lille konkreter Vorschllige für einen umfassenden globalen Friedensprozcfi.

„Kultbuch einer neuen Friedensbewegung“

Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Deutschland nahm den Kosovo—Konflikt zum Anlaß, die wesentlichsten Friedenstexte von Abdu’l-Bahá sowie das Statement zum Jahr des Friedens in einem Buch unter dem Titel „Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so widersteht ihm durch einen stairkeren Gedanken des Friedens„ zu veröffentlichen. Ein Aktiver der Friedensbewegung in Stuttgart meinte nach der Veranstaltung, dieses konne zu „einem Kultbuch einer neuen Friedensbewegung“ werden.

Wiirdigung von Stuttgarter Friedenshelfern

Um dasVorbild praktischer Friedensengagements zu fordern, würdigte die Stuttgarter Bahá’í—Gemeinde bei dieser Veranstaltung drei Stuttgarter Bürger fijr ihre Friedensarbeit Diese drei Burger verbindet, daß sie ihren Einsatzwfllen in privaten Initiativen verwirklicht haben.

So organisierte beispielsweise Lilly Gabler mit nur wenigen Helfern bisher rund 700 Hilfsljeferungen nach RuBland. jens Loewe baute mit einem Team die Hilfsorganisation „Phoenix„ auf, die insbesondere Hilfstransporte nach Bosnien-Herzegowina organisierte und mit minimalen Etats und maximalem Einsatz der Beteiligten Viel bewegte. Doris Henrichsen findet immer wieder neue Menschen in Not und immer wieder neue Mittel und Wege, diesen zu helfen. Sic wirkt dabei auch bei Phoenix und der Lokalen Agenda aktiv mit. El


„Die Zivilisierung van Konflikten wlrd im Zeitalter der rasanten Globullslerung zur Überlebensfrage... Konflikte wiejener um das Kosovo bringen die Menschheit heute an den Rand eines Weltkonflikts, wenn sie sich nicht elnig darilber ist, wie man in einem solchen Fall ge meinsam vorgeht.“

Hartmut Nowotny Mitglied der Stuttgarter Bahá’í-Gemeinde







Die Friedensmeditation wurde musikalisch untermalt durch Kldnge eines Chakraphons, das der Kanstler Yoga Dass selbst entwickelt hat.

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[Seite 8]„Kalter Kaffee" ist der Titel eines Sketches im Rahmen des Workshops„Fdrderung friedlicher Konfliktldsungen durch die Medien". Durch derartige Sketche solI das Publikum in Diskussionen um konstruktive Lösungen von Konflikten verwickelt werden. Bei„Ka/ter Kafi‘ee"geht

e5 um die ethnischen ,

Vorurteile aufdem Balkan. Der Workshop wurde von der Bahdilnter nationalCommunity unter anderem in Kroatien durchgefiihrt.


TITELSTORY



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Eine internationale Initiative will mit einem neuen Konzept der bfi‘entlichen Diskussion and Bemtung mit dem Publikum einen gezielten Beitrag zur Konfliktlcisung in Krisenregionen leisten. Dabei werden mit Vorliebe„hei/Se Eisen „angepackt wie ethnische Konflikte in EX—Jugosla wien Oder das Wafi‘entragen in Albanien.


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T AGREB, Kroatien. „ Als Schauspiel hatte

7 das kurze Theaterstijck, das an einem Samstagabend im November im Europahaus Zagreb aufgefiihrt wurde, nicht Viel Lob von Theaterkritikern bekommen können. Der ungefahr fiinf Minuten dauernde Sketch war in weniger als einerWoche geschrieben und am Tag zuvor geprobt worden. Keiner der

Vier Schauspieler war Cin lrofi.




2 Russischer Journalist ? 5hamil Fattakhov “ I entwickelt neue Form der interaktiven inbeZIehung des Publikums \


Trotzdem erreichte die

Auffiihrung die Herzen und erfijllte den Zeitungsberichten zufolge ihre Aufgabe bestens,


Das „Kalter Kaffee“ gcnannte Theaterstfick beriihrte ein besonderes Konfliktthema in dieser Weltregion: den dringenden Bedarfan besseren Beziehungen zwischen den verschiedenen Ethnicn im Lande.


[Seite 9]1);]5 Stück zeigt drei Kmatcn in einem éirtlichen Kaffeehams, zwei Miilmcr und eine Frau. Sic sitzen um einen Tisch und sprechen abfhllig über ihrcn Kellner, der angcblich cin Serbe ist.Aufdcm Höhepunkt dcs kurzen Schauspicls verschüttet der Kellner unbcabsichtigt Kaffec über einen der Kroaten,wor;u1fl1in die beiden Miinner aufstehen, um ihn anzugreifen.

An diescr Stelle ruft pléjtzlich aus dem Hintergrund eine Stimmc „Stop“ und das Publikum wird gebeten, sich an einer Diskussion über den zentralen Konflikt zu beteiligen. In dieser Region, in der ethnische Gewalt seit dem Zusammenbruch des ehemals kommunistischen Jugoslawien vor zehn Jahren Zehntausende das Leben gekostet hat, ist das ein hoch sensibles Thema.

Alles zwischen Toleranz und Kriegsrechtfertigung

Der darauf folgende Austausch war lebhaft. Zuschauer huBerten die unterschiedlichsten Standpunktc vom Aufruf zurToleranz bis hi1] zu gcstenreichen Rechtfcrtigungsreden, daß ethnischc Unterschicde cine Tatsache sind, die man weder ignoricren lloch Libcrspiclen kéinne. Dennoch schiencn die mcisten Bcsuchcr am Endc das Gefühl zu haben. dali einigc alts Mauern durchbrochtn wurden und neuc Chancen einer Konfliktldsung aufgetan waren.

,.Ich fund es hervormgend, wcil hier wirklich versucht wurde, das Problem 211 165611, und die Leute offcn redcten“, sagte Igor Zagrccki, cin 23jlihriger Student der Wirtschaftswissenschaften an der Universitzit V011 Zagreb. „Viele k611nen in ihrcr Familie nicht 0ffen rcden, aber werm man zu Veranstaltungen wie dieser hier kommt, kann man sich Gehbr verschaffen.“

Diese Art V011 Workshop beruht auf einer Initiative der

Bahá’í International Community. Solchc Vermlsmltungen wurdcn bishcr i11 Zusammennrbeit mit natiomlcn und (")rtlichen Bahá’í—Grcmiell in menu Ländern Siidosteumpzls durchgefiihrt. neben Kroatien in Ungarn, Rumiinien, Bulgaricn, Slowenien, Albumen, Jugoslawien, Mazedonien und Bosnicn.

[hr Ziel ist es, schwicrige sozialc Probleme aufeint Weise anzugehen, die sowohl unterhaltsam ist, 111$ auch zu posi tivan Lösungen fiihrt.

Umsetzung des Daytoner Friedensabkommens mit anderen Mitteln

Die Workshops finden im Rahmen eines Programnm statt, das einen parallelen Prozeß zum Daytoner Friedensabkommen in Gang setzen 5011te, Cine innere Ausséhnung der Völker.Die\X/orkshops werden finanziell unterstiitzt von der Luxemburgischen Regierung und geltitct von dem Russischen Fernsehjournalisten Shamil Fatmkhov.

Sic 5011611 Rundfunk—. Fernseh— und Presscjournalisten, Piidagogen, und VcrtreNGOS (Nicht rcgierumgsorganisationcn) in

ter V011

der Gestaltung und Produktion einer innovativcn Art der Durbictung schulen, die Techniken der Schauspiclkunst, dcs journalismus und VOI] „T;1lkshows“ vorbindct, um „gutnachbarliches Verhaltcn“ und sozialt Stabilitlit zu flirdern.

Die Reaktion auf diese Workshops war bishcr überwiiltigend positiv. Nicht nur die teilnehmenden Medienleute sahen sich dadurch in ihren Bemühungen um die Férderung von Verstiindigung gestärkt, auch die

Rcgicrungsbcamtcn. die die Aktioncn dcs lrojcktes beabnchtct habcn, sngcn. daß dicsc chhniken das Potential FLU„ cine wcitc Anwcndung bci der Férderung V011 sozinler Aussdhmmg und imcrcthnischcr Vcrstiindigung habcn.

„Es ist cinc intercssuntc Herangehenswcise an disses Thelma einc‘s gutnachbarschaftlichenVerhaltens. Es zeigt nachvollzichbare Wegc, wie man gute Bezichungen zwischen Menschen herstellen kann“, sag: Per Vinther, der Sondergesandte der Europiiischen Kommission für Kroatien. der hier die 6ffmltliche Auffiihrung von „Kalter Kaffee“ besuchte. „Injeder Famihe und jeder Nation gibt es solche Probleme, für die man bessere Lösungswege flnden kbnnte. Und dies ist ein solcher L6 sungsweg.“

Teil des Royaumont Prozesses

Der Ausdruck „Gutnachbzuschnftliches Verhalten“ ist cin Schlfisselbegriff des sogenanntcn Royaumont—Prozesses. einer diplomatischen Initiative zum Daytoncr Fricdcnsabkommen. Das DaytoncrAbkommen von 1995 bcschloli

cinen Wiffenstillstand im Krieg

in Bosnicn und Hcrzegowina. der damals jugoslawien und Kroatien einbezog. Der Royaumont—Prozeß trug dabei ent


ln Ergfi‘nzung zum Dayton-Abkommen wurde eine In ternationale Initiative gestartet, deren Ziel die innere Aussiihnung der Ethnien aufdem Balkan ist. Eines der Programme ist der Workshop „F¢irderungfriedlicher

K onfliktlé‘sungen durch die Median “ von der Bahá’í International Community.

Der russische Fernsehjournalist Shamil Fattakhov leitet den Workshop„F6rderungfriedlicher Konf/iktldsungen durch die Medien", hier in Bulgarien.


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[Seite 10]„Es ist eine interessante Herangehensweise an dieses Thema zines gutnachbanchaftlichen Verhaltens. Es zeigt nach vollziehbare Wage, wie man gute Beziehungen zwischen M enschen

hentellen kann. “

PerVinther Sondergesandter der EU-Kommission für Kroatien

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scheidend zur Férderung der regionalen Stabilitiit bei.

Der Royaumont—Prozefi ist nach der französischen Stadt Royaumont benannt, W0 sich die Mitgliedstaaten des DaytonerAbkommens 1995 trafen, um sich darüber Gedanken zu machen, Wie man „Stabilität und gutnachbarschaftlichesVerhalten in Sfidosteuropa“ fdrdern kann, Wit: Botschafter Vinther es bezeichnete.

Als eine gemeinsame Bemiihung der Mitgliedstaaten der Europijischen Union, der Vereinigten Staaten, Rufilands, der Türkei und der Nationen Sfidosteuropas sowie der Europziischen Kemmission und des Europziischen Parlaments ist der Royaumont—Prozeß ein „weicher“ diplomatischerVersuch, die Zivilbevélkerung zur Überwindung der kulturellen, sozialen und ethnischen Vorurteile zu bewegen, die schon so lange für Spannungen in der Region sorgten.

Von russischer Fernsehshow zu Friedensprojekt in Siidosteuropa

Etwa 70 Projekte sind von NGOS vorgeschlagen worden, und nach Panagiotis Roumcliotis, dem Koordinator des Royaumont—Prozesses, sind bis jctzt mindestens acht Projekte gestartet worden. Das Projekt der Bahá’í International Community wurde als erstes Projekt gestartet, wail, Wie Roumeliotis es formulierte, „cs so gut vorbereitet und umfassend war“.

Das Projekt, “Férderung friedlicher Konfliktlésungen durch die Median“ genannt, wurde von dem Pariser Bahá’iBiiro für Offentlichkeitsarbeit entwickelt. Es basiert auf der von Shamil Fattakhov konzipierten und geleiteten „Happy Hippo Show“, einem Fernsehprogramm, das von 1994 bis 1996 in Kazan, RuBland, gesendet wurde und dort sehr beliebt war. Die Sendung richtete sich an die Jugend und bot

ihr Gelegenheit zur Aufarbeitung der dynamischen Verzmderungen in allen Bereichen der Gesellschaft in der damaligen Sowjetunion, einschließlich der damit verbunden€n Fragen der ethischen Werte.

Übertragbar auf alle Formen künstlerischen Ausdrucks

Shamil Fattakhov arbeitete mit dem Pariscr Bahá’í—Biiro fijr Offentlichkeitsarbeit zusammen, um einen Workshop zu konzipieren, der die Teilnehmer in der Kunst schulen $011, eine eihnliche Show zur Einfibung friedlicher Konfliktlésungsmuster für das Fermehen, das Radio, die Biihne Oder auch für Kulturfeste zu produzieren.

In dieser Hinsicht kniipft das Proj ekt mit einem Etat von 80.000 US—Dollar an die zahlreichen Versuche in der Kulturgeschichte an, die künstlerischen Mittel von Musik, Schauspiel Oder anderen Kunstformen für die Transparenz und Vertiefung einer sozialen Entwicklung einzusetzen. Dennoch bringt seine Durchfiihrung mehrere bemerkenswerte Neuerungen hervor.

Dazu gehört die direkte Beteiligung des Publikums wie bei einer „TV—Talkshow“. Hier jedoch wird das Publikum unmittelbar in die Inszenierung von Sketchen, die moralischen Dilemmata darstellen und aufarbeiten, einbezogen. Diese Sketche konzentrieren sich auf den Kern einer bestimmten sozialen Oder moralischen Streitfrage, ohne ihn vom Standpunkt der Titer und/oder Opfer darzustellen. Das Projekt fiihrt ferner Elemente der „Beratung“ ein — ein spezieller Entscheidungsfindungsprozefi, der weltweit von Bahá’í—Gemeinden als ein Instrument genutzt wird, um Konsens und gemeinsame Handlungslinien zu erreichen.

Ein voller Erfolg

Dr. Roumeliotis meint, daß die Regierungen der Region anfangs bezweifelten, daß ein Workshop zur Produktion einer an die Jugend gerichteten Fernsehshow ihre Lage verbessern könnte. „Aber nachdem sie gesehen haben, was die Organisatoren in diesen Lindern bisher erreicht haben, sind sie nun richtig begeistert über die Durchfijhrung dieses Projek ‘3

„Die Durchfiihrung des Projektes ist ein Erfolg, und die

ICS.

Berichte, die wir erhalten haben, veranschaulichen das starke Interesse der Ziellénder an der von der Bahá’í International Community vergeschlagenen Arbeit“, meint Roumeliotis.

Nach Ronald Mayer, der den Royaumont-Prozeß für das Luxemburgische Außenministerium beaufsichtigt, ist das ausgedehnte Netz nationaler und drtlicher Bahá’í—Gemeinden in Siidosteuropa ein weiterer Hauptgrund für den Erfolg des Projektes gewesen. „Dieses war ein ausschlaggebender Faktor in unserer Entscheidung, das Projckt zu unterstützen“, sagte Botschafter Mayer, „weil es offensichtlich war, daß nur eine NGO mit einer drtlichen Rechtspersénlichkeit in jedem der Linder das Projekt hiitte durchführen können. Man benötigt Leute, die die Menschen vor Ort kenn6n.“

Die große Wirkung des kleinen Wortes „Stop“

Was das Programm so erfolgreich im Ausldsen 6363mlicher Diskussionen über schwierige moralische Streitfragen macht, ist die Weise, in der die Mittel des Schauspiels verwendet werden, um das Publikum einzubeziehen. Jeder Workshop beginnt mit einer Demonstrations—Show, und das Hauptstfick dieser Shows ist

[Seite 11]cin kurzcr Sketch

cin kurzcs

oder

Schauspiel, welches seine Charaktcrc an die Schwellc zu einer wichtimorali Entschcidung. wie

gen schen

man 2.13. auf ethnische Beleidigungen reagieren 5011, fiihrt.

An dieser Stelle schreit der Moderator p 1 6 t z 1 i c h „Stop“, und die Handlung wird „eingefi'oren“. „Diescs ist der ma— „: ‘ gische Trick, genau vor dem Hauptdilemma anzuhalten“, sagt Shamil Fattakhov. Dann regt der Moderator das Publikum zu einer Dikussion darLibcr 2m, was die Schauspicler als nichstes tun sollten, wobei Wart darauf gelegt wird, ein positives Ergcbnis zu erreichen.

„l)ie mcisten der den Leutcn bcknnntcn Talkshows nehmcn ein sozialc‘s Problem auf Lmd bcgimlen, es wie eine juckstcllc um Kiirpcr zu untcrsuchen. Und dds bests, was man damn 111achen kamL ist zu Blur kommt“, mcint Shamil Fatta kratzcn bis herausk}1ov.„Und das \var’s d;11m.Dic Show ist gelaufcnkflas wir mit dem Konzept der Happy Hippo Show versuchen wollten. ist. durch Bcrntung much cincr positivcn L(isung zu suChen.“

Einen affentlichen Prozeß der gemeinsamen Beratung in Gang bringen

Nach Shamil Fattakhov busiert der in der Happy Hippo Show verwendete lroch der Beratung auf den folgendcn Prinzipien:

1) verstchen, (12113 positive

Losungcn in der Tut 1116g1ich

sind;

2) definieren, um welchcs höchste ethische Prinzip es gcrade geht:

3) konzentrieren auf durchfiihrbare Lösungswege; und

4) führen des Publikums durch die Erfahrungen unterschiedlicher Kulturen und Sichmcisen.

Dds Ergcbnis,sagt Fattakhov. ,.ist eine neuc Methodik. eine neue Technik zur gcmeinschaftlichen éfflntlichen Su chc nach ethischen Lösungen.“

Keine Scheu mehr vor kritischen Fragen

So. wie dic von Shamil Fattakhov geleitetcn Workshops an dLlS Royaumont—lrojckt ungcpalit sind, trainiercn sie dicTcilnchmcr nicht nur in der Idcc der praktischen fricdv lichen Konfliktbcwiiltigung durch dus Koncht der Happy Hippo Show, sondern durin, wic mzm cntsprcchende Sketchc schrcibt und inszcnicrt. Die Workshops begcistertcn die Tcilnchmcr durch die ncu gcwonnencn M(Sglichkeiten, cincn (Sffcntlichen Dialog iibcr

kritischc soziale und cthischc Strcitfi‘ugcn zu créffilen.

lnteresse vom Bildungsministerium bis zu regionalen NGOs in ganz Siidosteuropa

Dds erste Schulungsscmimr wurdc vom 12. bis 17. 0kmber 1998 in Sofia, Bulgarian. abgehalten. Die Demonstrationsshow behandelte das Thema dcs „gutnachbarschaftv lichen Verhaltens“. Unter den Seminartcilnehmem waren ein Veltreter des Bildungsministeriums, ein Vertreter des Ministeriums flirjugend und Sport, zwei Programnndirektoren vom Bulgarischen Nationalrundfunk, ein Programmdircktor V011] Vitosha R;1di0,ei11 Koordinator uuf Landescbene von UNICEF, mehrcre Lehrer sowic Vertreter eincr Jugendbewegung und eine Kindertheatergruppe.

Vielc der Teilnehmer "eiuBerten die Hoffilung. das Programm aufdic Erreichung ihrcr cigcncn Ziclc anpassen zu kblmcn. ,.l);ls Progrumm cignct sich für Projcktc von UNICEF für stuatlichc Erzichung in Wuiscnhcimcn, ju



Beim Workshop in Zagreb diskutierten die Teilnehmer nach dem Sketch „Kalter Kajjee“ Probleme des interethnischen Zusammenlebens. Rechts neben der Flipchart ist eine Frau in einem„Happy—Hippo"Kostam zu sehen. Ihre Rolle ist es, positive Beitrage durch das Geschenk eines kleinen Fruchtstacks zu bestdrken.

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„Die Happy Hippo Show hat dds Potential, erst eine, dann zwei and ilgendwann 100 Ansich ten zu veré'ndarn. Game würde ich im Fernsehen etwas wie dieses

sehen. “

Helena Vidosavljevic Teilnehmerin des Workshops in Kroatien


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gendgruppen und Schulen, wo ein Großteil der Kinder aus Minderheiten stammen“, sagte Margarita Dimitrova, eine Lehrerin, die am bulgarischen Workshop teilnahm. „Und Vielleicht kéinnen später Wirtschaftsleute eingcladcn werden, um auf diese Weiss über Ethik im Geschaftsleben zu diskutiercn.“

Andere Workshops in Rumiinien, Ungarn und Slowenien arbeiteten insbesonderc mit Sketchen, die sich auf interethnische Spannungcn und neue Wage Zu deren Lösung konzentrierten.

Die abschließende Show in Rumiinien zum Beispiel Wurde am 25. Oktober 1998 im World Trade Center in Bukarest veranstaltet. 1m Publikum V011 über 120 Personal bcfanden sich Vertreter des Außenund des Bildungsministeriums, der Medien, der UNICEF, der UNESCO, anderer NGOS und Stiftungen und vicle jugendliche. Einc der Ideen und Bitten, die bei dieserVeranstaltung entsmnden, war beispielsweise, die Happy Hippo Show an den Schulen einzuführen. Ein drtliches jugendmagazin wollte Cine regelmlifiige K0lumne Cinrichten, die auf der Botschaft der Show basiertl

„Das Ziel ist, daß die Teil Happy Hippo Show Workshop im Herbst 1999 in Dentuhland

Shamil Fattakhov, der das Konzept der Happy Hippo Show entwickelte, hélt im Herbst 1999 im Frankfurter Raum einen ersten Workshop zur Einfijhrung dieses Konzeptes im deutschen Sprachraum ab. Wer an einer Teilnahme interessiertist, kann néhere Informationen erfragen unter: Nationales Bahá’iSekretariat,EppsteinerStr. 89, 65719 Hofheim-Langenhain, Tel. 06192/99290, Faxo6192/992999, eMail: ngr@bahai.de

nehmer in Teclmiken der Show geschult werden und daß sic diese dann in ihren eigenen Organisationen einsetzen werden“, sagt Christine SamandariHakim, Direktorin des Bahá’iBiiros für Ofi‘entlichkeitsarbeit in Paris. nD215 langfristigc Ziel des Programms ist natürlich, zum Frieden beizutmgen, und wir glauben, daß der von diesem Projekt angebotene Pro268 eines éflentlichen Dialoges einen neuen Weg eréffnet, die Bedingungen Für Verstindigung, Kooperation und letztendlich für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.“

Die Innovation: In Rundfunk- und Femsehsendungen über Lösungen nachdenken

Auch in Kroatien erkannten die Teilnehmer dcs Workshops die Chancel], die in der Férderung der Verstiindigung fiber schwierige soziale Straitfragen liegen.

„Eine Sachc, über die ich noch nie zuvor nachgedacht hattc, war die Möglichkeit, die angerissenen Problems in der Sendung zu léscn“, meinte Robert Zuber, ein TalkshowModerator und Rundfunkjournalist bei Radio 101, der bclicbtesten unabhingigcn Rundfunkstation in Zagreb. „1)ieVorstellung, über Lösungen nachzudenken, ist etwas ziemlich neues für kroatische journalisten.“

Vertreter (Srtlicher NGOS sagten außerdem, sie würden versuchen, das Gelerntc in Verstiindigungsbemiihungcn innerhalb ihrer eigenen Organisationen sowie in ihrcr Offentlichkeitsarbeit gegenüber ihrem Ziclpublikum anzuwenden.

„Ich wcrde das, was ich hier gelernt habe, in das, was ich bereits mache, einbeziehen“, meinte Elizabeta Rudic, die an dem Workshop 2115 eineVertreterin des Offenen Zirkels teilnahm, einer in Rijcka ansiissigen NCO, die sich mit den

Suchtproblemen jungcr Leute bethSt. Sic sagte, sie hofTe,Aufführungen bei einem jeihrlich stattfindenden Fest in Rijeka anbieten zu können. „Dicsc Show ist einzigartig.“

Ein Beitrag zur persönlichen Aufarbeitung der Kriegsfolgen

Für einige Teilnehmer war der Workshop auch in einer anderen Hinsicht besonders ergreifend, „Ich weiß, daß das Fernsehen und die Medien die Leute beeinflussen können“, sagte Helena Vidosavljcvic, cine 31—jfihrige Kijnstlerin, die an der Schulung teilnahm, „weil sie die Leute auch 1991, wzihrend des Krieges. beeinflußten.“

HelenaVidosavljevic ist die Tochter eines serbischenVaters und einer halb koatischen und halb italienischen Mutter und verspijrte in besonderem M886 die Kliifte. die dem kroatischen Unabhzingigkeitskrieg zugrunde lagen und durch seine F0]gen vcrgrößert wurdcn. „Obwohl ich in einer Region lebte, die nicht direkt vom Krieg betrofikn, nicht von tatszichliCher Zerstörung bcriihrt war, waren wir doch wirtschaftlich betrofilan — und: Es gab einen Bruch in den Kbpfen der Leute. Das System veränderte sich, und cs war eine sehr harte Zeit mitAggression aufbeiden Seiten.“

Sic hofft, sich anjeglichen Bemühungen bcteiligen zu kblmen, die unternommcn werden könntcu, um hier wirklich etwas wie die Happy Hippo Show zu starten.

„Sie hat das Potential, erst cine, dann zwci, und irgendwann 100 Ansichten zu vcrzindern“, sag: sie. „Sie ist nicht das einzige, was den Frieden bringcn wird, aber sie ist ein Tail dcs Prozesscs. Das, was wir im Moment im Fcrnsehen sehen, ist hauptsiichlich Mtill. Gems wijrde ich im Fernsehen Ctwas wie diescs schen und auch, daß meine Kinder 65 5611611.“

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NACH DEM HURRIKAN

ERHOB SICH EIN Ortskenntnis

STURM DE

HII.

Elfahrung a/s Katastrophenhe/fer hatten sie nicht, doch sie waren motiviert undgut organisiert: Die Bahá’í von Honduras scha/teten sich entschlossen ein, a/s Teile ihres Landes in Trammern lagen. Kontakte in aI/e Welt ha/fen bei derMobi/isierung von Hilfe, Ortskenntnis und landesweite Strukturen bei der Vertei/ung von Spenden.

EGUCIGALI’A.H011duras. — A15 Koordimtor def Katnstrophcnhilft beim International Medical Corps (IMC) ist

FSBEREITSCHAFT

Stephen Tomlin schon 0ft in die Krisengebietc dchclt gcrcist. [MC ist das amerikanische Pendant zu der flunzéisischen Organisation „Ärzte ohnc Grenzen" und schickt Hilfiteams in krisengeschättelte Gebictc wic Afghanistan. Somalia und Ruanda. Doch diistcrcr als ;1llcs,\vasT01nh11je geschen hatte, war das Szenario, das der Hurrikzm „Mitch“ 1111 November 1998 in den Lindern Mittelamcrikas hinterlassen hattc.

Mehr als 5.000 Opfer

„In Honduras war die ZerA stbrung so groli, daIS die letz und Weltbljrgertum im

Dienste der Opfer — Bahá’í starten

Kampagne im Internet

ten 25 jnhrc Ent\\icklungshilft. \‘01‘ 311cm in liindlichen GCbictcn. cinfilch himvcggcspiilt \\urdcn". mgr Tomlin. “1 )ns gilt fiir dic Lambvircw schuft, die Gesundheitsvcrxorgung und das Bildungs\Vcscn." Nuch Schlitzungcn butts dchirbelsturm mchr als 5.001) Menschenlcbcn gefordert.

Ein besonderes Problem der Hclfcr bcstund durin, dic eintreflknde Unterstiitzung CFfektiv zu stcucrn. Hicrzu bcdurfte es einer Organisation var Ort. die d JS Land und die

Menschen kanntc und so dn HONDURAS


Bild oben: In der sch wer zugänglichen Region um Pech, 200 Kilometer ndrdlich der Landeshauptstadt, halfen die Bahá’í bei der Versorgung von HurrikanOpfem

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[Seite 14]Dr. Tim Thurbe, derfur das lntemationalMedica/Corps t(jtig ist, behande/t einen kleinen Jungen, der durch den Hurrikan Mitch verletzt wurde.


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fiir sorgen komltc. dal} zucrst die Bediirftigsten Hiltb crhicL ten.

„W€I]D sich mch cincr K34 tastrophe dic Aufmcrksnnv keit der ganzcn Welt nuf eine Region richtet, kommt Hilfl‘ aus Vielen Ländern ins Ziclv gebiet“, crkliirt Tomlin. ,J )och hliufig kommt dicse Hilfc 11mc-in einzigcs Mal. Dcxhalb bcsteht die Hcruusfbrderm1g darin. mit den \L‘rfiigbarcn Ressourccn dic grdlitmögliche Wirkung zu crziclcn.„

Bei der Verteilung der Hilfsgiiter die richtigen Priorititen setzen

In dicscr Hinsicht. sugt Tomlin, lmbc dis Bahá’í—GCmcindc V011 Honduras eine bcsonderc Rollc gcspielt. Sie lmbc underc humanitfirc Organisationcn vor LIHCID dabci untcrstiitzt, bci dchcrtcilung der Hiltfsgiitcr die richtigcn Prioritiitcn zu sctzcn

..] )ic Bahá’í halfcn uns her auszutmdcn \VO Hilfi‘ am dringendstcn bcnéitigt wurdc und wic sie am bcstcn zu verteilcn \\';1r„,crziilllt Luisa Willinghnm von der hunmnitiircn Nichtregicrungsorganisution Foun dation M;11‘i;1.„0bwohl die liahfi‘iilcnlcindc uncrfilhren war Lluf dem Gebiet der Kntnstrophenhilfc stellte sie aus cigcncr lnitiativejede nur méglithe Hilfe zur Verfiigung.“ Dabei konzcntrierten sich die Bahá’í zlufzwei Aufgaben: zum cincn die Schaffung eines Netzwerkes zur schnellenVertcilung der Waren; zum andercn die Kontaktaufnahme zu Schwcstcrgemeinden in Über566. um weitere Hilfsmittel ins Land zu holen. Dieses Engagement auflokaler, nationaler und internationaler Ebene liefcrte ein Beispiel dafür. was Basisorganisationen in Krisen zu leisten vermdgen.

Mit einer organisicrten Friiscnz in rund 53 Stiidtcn und Gemeinden und einer Mitglicderzahl von rund 4().()()() bot die Bahá’í—Gcmcindc sowohl auf nationaler als auch auflokalcr Ebene gutcVoraussctzungen, um Hi1flbereitzustcflcn.

Etwa eine Wochc nach dem Hurrikan wurdc dic Nn tionalc Bahá’í—Kommission für

Humanitire Hilfe eingerichtct. 1hr Ziel: die Koordinierung Clt‘l von Bahá’í organisiertcn Hilfb. Eine der ersten Aktioncn der Komlnission bestand darin, die

Bahá’í in andtrtn Teilcn der Welt zu mobilisieren — fast cinc Reflexhandlung für eine Gcmeindc, zu dercn lrinzipicn das Weltbürgertum gehbrt.

Kampagne im Internet

Per E~Mai1 wurdc dic Bahá’í—Welt über das Schicksal Honduras und der andercn betmfllncn Staatcn infbmlicrt. In dcn Schrcibcn trkliirten dic Hondurancr, wclchc (Iiitcx wo gebmucht wurden. Die EMails fiihrten zu diner weltwciten informellen Knmpagne. Dzmk dicscr Kampagnc, die hauptsiichlich über dzls Internet smttfimd. wurdcn Gclder gesammclt und dringcnd bendtigtc Hilfigfitcr mach Honduras geschickt N och immer treffcn dort Wnrcn ein. Nach Angaben der Bahá’í—Kommission fiir Humanitfirc Hilfe haben Liberwiegend lokale Bahá’iGcmcindcn in 18 Léndern mehr als 60,000 US—Dollar in bar zurVerfiigung gcstellt.

Neben den Gcldern schicktcn die Bahá’í Übersee minde 21L] S

Stems aCht Tonncn Medikamcntc, Lcbensmittcl und Kleidung an die Bahá’í—Gcmeindc V011 Honduras, dic all dies VcrtciltcAus allen Erdtcilcn kam Unterstiitzung in Form von Geld

Oder Hilffsgiitcrn.

Kooperation mit anderen Hilfsorganisationen

Bahá’í—GCmcindcn koopcricrten auch cng mit zlndercn Organisationcn. So dicnte dus {Srtlichc Bahi LZentrum in Boston in) US—Bundesstnat Massachusetts alsTrcffpunkt und Sammclstclle der Honduras Association ofMasi saclmsctts, dic chensmittel,

[Seite 15]Mcdiknmente und anderes Versorgungsnmterial mach Honduras schicktc — nicht wcniger

115 ncht Frachtcontainer. Eine

Gruppc Bahá’í im US—Staat Vermont szunmelte zusammen mit andercn Organisational C21. I(NHJUU Dollar 511‘ die bctroffencn Menschen in Honduras.

In Honduras sclbst bot dic Kommission für Humanithrc Hilfb andercn Organisational UlltCFStLitZLlIIg211LV01‘ 3116111 in Form von freiwilligcn Heltcm.

Dezentrale Struktur der Bahá’í-Gemeinden hilfreich

Aus diescm Angcbot cntwickelten sich neue Partnerschatten — mit Organisationcn wie Foundation Maria. IMC und UNICEF, wic auch mit Regierungsstcllen. A15 wichtigste Funktion der Kommission erwies es sich aber, lrioritdten bei der Gtiterverrcilung

zu setzen.

.,Die Bahá’í—Gemcinde in Honduras hat einc administrative Organisation, die sich durch das ganzc Land zicht und in den Stiidtcn wic zulch aufdem Land anzutrcffcn ist“. berichtet Tomlin. „Das crmöglichte es den Bahá’í, schnell zu reagieren.“

Luisa Willingham Von Foundation Maria crinncrt sich, dle in den ersten Wochen nach dem Hurrikan unzurcichendc Kommunikation die Hiltfsaktionen behinderte. Dies war zum Tail auf die Zerstbrungcn durch den Sturm zuI‘Lickzuführen. „Wir bekamen untcrschiedlichc Informationcn„, s0 Willingham. „W€nn uns cin Regicrungsvcrtreter sagtc, ullcs sei in Ordmmg, hörten wir von den Menschen aus den betmfi‘cnen Regionen, die Hilfl kommc zwar an, werde zlbt‘l nicht gut vertcilt.“

Die Mitglicder der Bahá’í Kommission, mit denen Willinghum arbeitetc, scien in der Lagc gcwesen, das Netz der Bahá’í—Gcmcindon im ganzen Land zu nutzen und dank ihrcr cigcncn Kenntnissc dicjenigcn Regions!) zlusfindig zu machen. dic am dringcndsten Hilfc bruuchtcn.

Zum Bcispicl schlug die Kommisxion dem [MC V011 cin Arztctcnm in dcn lindlichen Distrikt Olnncho zu scndcn. Diescs (?Cbict. das ctwa 200 Kilomctcr nordiistlich von TcguCignlpa Iicgt. wurdc Von dcm Wirbclsturm bcsonders hart getroffcn. Bcwohnt wird cs Libcrwicgcnd von Eingcborcncn. „Dank dcs Bahá’í—thzworks fimden wir hcmus, dnli diese Bcvélkcrungsgruppc bcsonders dringcnd Unterstfitzung brauchte“, sagt Tomlin. Er war einer der Arztc die IMC daraufhin mach Olzmcho cntsandte.

„Durch einen Bericht,dc11



In Tegucigalpa kooperierten die drt/ichen Bahá’í mit anderen humanitciren Organisationen, um die Hilfsgfiter schne/l und gezie/t zu vertei/en.

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[Seite 16]„ Wenn wir den Gemeinden helfen, die Filhigkeiten der Baratung und Zusammenurbeit weiterzuentwickeln, damit sie ihre Probleme lasen, ihre Hiiuser reparieren und ihr Leben zum WohIe aller ordnen kannen, so warden davon alle profi tieren . “

Jeannie H. Imboden Generalsekretérin der Bahá’í-Gemeinde von Honduras

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wir nach unserer Riickkchr schrieben und durch die Zusannnenarbeit nnt internatio naIen Spendern könnten wir die Aufinerksamkeit des World

Food Programs auf diescs Gebiet lenken.„

Beispiele der Hilfe aus allen Regionen des landes

Auch in anderen Stadten und Provinzen spielten die Bahá’í—Gemeinden eine wichtige R0116 bei der Feststellung der Bedijrfnisse. Die Gelncindemitglieder waren freiwillige Helfer und beteiligten sich an der Verteilung der Hilfsgfiter. Um nur einige Beispiele zu nennen:

. In San Pedro Sula, der wichtigsten Stadt an der N ordkiiste, arbeitete die Bahá’í—Gemeinde mit UNICEF zusammen, um herauszufinden, welChe Gemeinden der nfihcren Umgebung am hiirtesten betroflEn waren und wo Hilfe am dringendsten benötigt wurde. Freiwillige Helfer vor Ort transportierten mit ihren eigenen Fahrzeugen Milch, Reis, Bohncn, Getreide,Wasser, Seife,Windeln, und andere Hilfsgijter in die betrotfenen Gebiete und in weiter entlegene Gegenden. Sie halfen dabei, 20.000 Pfund Linlabohnen, die aus den USA eingeflogen wurden, in Fiinf—Pfund—Iakete umzupacken und anschließend zu vertcilen. Die Gemeinde legte außerdeIn einen Vorrat von IV—Seren an für den Fall, daß Cholera Oder éihnliChe Krankheiten ausbrechen, dannt in1 Ernstfall schnell und unbiirokratisch reagiert werden kann.

. In Choluteca, einer Iandwirtschaftlich gepriigten Gegend iIn Süden, die von der Flut sehr hart getroffen wurdc, richtete die Bahá’í—Gemeinde vorijbergehend ein Verteilzentrum für Lebensmittel, Medikamente und Klei dung ein. Die Konnnjssion war auch behilflich ein Team des

amerikanischen Zentrulns für Seuchenschutz nach Choluteca zu leiten, um sich dort einen Überblick über das durch den Sturm verseuchte Wasser und damit verbundene langfristige Gefahren zu verschaffen.

0 In Comayagua, einer nnttleren Region des Landes, verteilte die Bahá’í—Gemeinde von Siguatepeque Kleidung und Nahmngsmittel an bedürftige Fannlien. Ein \X/aisenhaus, E1 Hogar de Tierra Santa, das von Bahá’igefiihrt wird, konnte 20 zusiitzliche Kinder aufnehnlen.

0 In Gracias a Dios spielte das Krankenhaus Bayan cine wichtige Rolls, ES befindet sich in der kleinen Gemeinde Palacios am äußersten Ende der Küste im Nordosten. Das Krankenhaus wurde von zwei Ärzten im Jahre 1985 gegründet, um einer unterversorgten Bevölkerung, die hauptsdchIich aus Miskito und Garifuna besteht, iirztliche Verrsorgung anzubieten. Das kleine medizinische Zentrurn wurde zu einem Zufluchts— und VersammIungsort {fir die Gemeinde während und nach dem Hurrikan.

Schutz Für zoo Sturmopfer im Bayan-Krankenhaus

Wfihrend des Sturms suchtcn mehr £115 200 Menschen im Krankenhaus Schutz vor denl Sturm Die Gebäude des Krankenhauses gehbren zu d€n stabilsten in der Region. Nach dem Sturm diente das Krankenhaus als Unterkunft fijr ein internationales Ärzteteam aus Kuba und ein Notarztetealn aus Irland,

Das kubanische Ärzteteam brachte mehr 31$ 15 Tonnen Medikamente, Ausrfistungsgegensténde und Matratzen ins Land und versorgte zwischen November und Dezember mehr 2118 5.000 Patienten. „Das Bayan—Krankenhaus unterstiitzte die Arbeit des kubanischen Ärzteteams injeder Hinsicht und versorgte uns mit

Strorn, Wasser und andercn Dingen“, sagte Dr.Victoria Abraham Salazar, Koordinatorin des scchskdpfigen kubanisch€n Teams, das nach Palacios geschickt wurde. „Es bestand auch immer eine enge Beziehung zwischen dem Krankenhauspersonal und dem Ärzteteam.“

Fur die Bahá’í—Gemeinde V0n Honduras selbst taten sich durch die Erfahrung, die sie bei der Katastrophenhilfe machen konnte, neue Wege auf.

Von Katastrophenhilfe

u einer dauerhaften

Dienstleistung Für die

Gesellschaft

„Obwohl die Bahá’í gewohnt sind, in Gemeinden zu arbeiten, haben Wir vorher noch nie unter solchen Umstzinden gearbeitet,“ sagtejeannie Hernandez Imboden, Generalsekretairin der Bahá’í—Gemeinde von Honduras. „Ich glaube, (138 65 trotz aller schlimmen Dinge eine gute Erfahrung fijr uns war, denn wir könnten unsere Bemühungen verdoppeln und unsere Kapazitiiten als Gemeinde entwicklen.“

Die Konnnission selbst hat schon begonnen, darüber nachzudenken, wie sie langfristig dazu beitragen kann, den Wiederaufbau des gesamten Landes zu unterstijtzen. „Als Bahá’í sehen wir, daß diese Katastrophe ein immenses Potential birgt, die Menschen für eine neue Art der Kooperation, für gemeinsame Arbeit und Gegenseitigkeit zu begeistern“, sagte Nancy Garcia von der Kommission. „Wenn Wir den Gemeinden helfen, die Fzihigkeiten der Beratung und Zusammenarbeit weiterzuentwickeln, damit sie ihre Problems lösen, ihre I-Iiiuser reparieren und ihr Leben zum Wohle aller ordnen ké'mnen, $0 werden von der neugefundenen Einheit und Vision und dem damit verbundenen Selbstwertge fühl alle profitieren.“ El

[Seite 17]Ein Zusatzprotoko/lzur Frauen—Konvention soll die Rechte von Frauen stcirken.

crcimc N.1tio11c11.

l)1c UN—Konnnission

1111‘ dcn Status der Frau 111111511‘511‘11 \‘1c1cj11l11'c 111111411111 dcn 11111tc1‘c11 Blinkcn bcgntii gcn Imjahr 1040 gcgriindct. um die Rcchtc der Frauen zu 1151110111. 11111111 dug 011111111111 zunlichst \wnig Buuhtung. und 1111‘61‘Tugcsmdnung \vuw dc international \Vcnig Bedw1111115y beigcmesscn.

Dies hat sich gciindert. D11: flingste Sitzung der K0111111issi011 lmttc 1116111‘ 1113 c111t1111scnd T61111c'11111c1' d;11'1111tcr Minister \e1scl1icdc'11c1 Rooimungcn 110C1111111U1vc M1t111bc1tc‘1 dLr

bb

UN-Kommission far den Status der Frau verabschiedet neue Mechanismen zum Schutz der Frauen

Vcrcintcn Nationcn und H1111dertc 111-11111111c11tcr Vcrtrctcr 11111'1'111111111111IC1‘ N(lOsp

1)1L‘ K01111111ssio11 bcfiflitc sich 1111tcr 111110111111 11111Vc1'01117 11111111114011, div: don Umgnng \1'011 Rogicrungcn 1111t Bcrichtcn 1111a U111‘ccl1tshu11dlu11gc11 gci gcniibcr Frauen vcriindern $017 lcn. IIISbCSOIIdL‘I‘C \rcmlmhiw dctc sie 111111111 ci11xt11111111gc11 Bcschlul} c111 lmtokoll 711111


Wdhrend derdiesjdhrigen Tagung der UN—Kommission fLir den Status der Frau leitete Bani Dugal Gujral (Bildmitte), Direktorin des Barosfar Frauenférderung der Bahdilntemational

Community, eine NCODiskussion zum Thema „Stcirkung der Frauenfdrderung aufnationa/er Ebene: Die RoI/e der Zivilgesel/schaft“. Links: Margareta Winberg, schwedische MinisterinfUr die Gleichstellung der Gesch/echter; rechts: Susanne Kindervatter von InterAct/on, einer Koa/ition von 16o FrauenNGOS in den USA.


chrcinkonnnen 2111‘ Bcsc1t1gung jcder Form vo11 Diskri1111111c11111g der F1;1u(C011ve11 NEW YORK

111111;1t1011 Agnimt Women. CEDAW). 1)1C‘S€S Protokoll

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[Seite 18]Das CEDAW-Protokall ist „der erste frauenspezifische Mechanismus, der es Einzelnen ermöglicht, direkt mit den Vereinten Nationen Kontakt aufzunehmen. Bei Menschenrechtsverletzungen kann dieses Verfahren einen Stunt international an den

Pranger stellen. “

Jane Connors Leiterin des UNFachbereichs Frauenrechte

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erméchtigt es das CEDAWKomitee, sine 23—k6pfige Expertengruppe, deren Bildung durch die Konvention festgelegt wird, F3116 schwerer Oder systematischer Rechtsverletzungen zu untersuchen.

Klagerecht über die Grenzen der Nationen hinweg direkt bei den Vereinten Nationen

Diese Möglichkeit der BeEinschreitens erlaubt es jeder ein schwerde und des

zelnen Frau, sich über nationale Grenzen hinwegzusetzen. Der Mechanismus folgt der Verfahrensweise anderer Rechtsinstrumente wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche Oder erniedrigende Behandlung Oder Strafe.

Das CEDAW—Protokoll sei der „erste frauenspezifische Mechanismus, der es einzelnen ermöglicht, direkt mit denVereinten Nationen Kontakt aufzunehmen“, sagtjane Connors, Leiterin des Fachbereichs Frauenrechte in der UN—Abteilung für den Fortschritt der Frauen. „Bei Menschenrechtsverletzungen kann dieses Verfahren einen Staat international an den Pranger stellen — ein Effekt, der nicht zu unterschsitzen ist.“

Schutz spezifischer Frauenrechte

Die Verabschiedung des Protokolls wurde weithin als grOBer Schritt für die Frauenrechte begrfiBt. „Es gibt nach wie vor dieVorstellung, daß die Verletzung von Menschenrechten unabhiingig vom Geschlecht stattfinde. Dem ist nicht so“, so Patricia Flor, die die Kommission leitete. „Wegen diescs Fehlurteils wird die systematische Diskriminierung V011 Frauen in Vielen Ländern nicht angesprochen. Nun

bahnt das Protokoll einen Weg fijr Beschwerden, wenn es solChe Rechtsverletzungen gegenüber Frauen gibt. Der Me chanismus verschafft Frauen Gehör.“

Stfirkung nationaler Verfahrensweisen

Die 43. Kommjssion suchte zudem nachWegen, die „nationalen Mechanismen“ zum Schutz der Frauenrechte zu stiirken und so die Entwicklung von Frauen zu fdrdern. Die Kommission, die sich aus Delegierten von 45 Regierungen zusammensetzte, war sich einig: Zur Umsetzung der bei der Weltfrauenkonferenz in Peking beschlossenen Aktionsplattform sei es wichtig, nationale Mechanismcn zu entwickeln.

Damit diese erfolgreich funktionieren könnten, müßten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: klare Mandate,Ansiedlung auf möglichst hoher Ebene, Rechenschaftsmechanismen, Partnerschafr mjt der Zivilgesellschaft, transparentes politisches Handeln, angemessene finanzielle und personelle Ressourcen und eine fortdauernde politische Verpflichrung.

Datenanalyse und angemessene Finanzierung

Konkret drzmgt die Kommission aufdie Stérkung zweier Schliisselfaktoren, um nationale Mechanismen zu stärken: Datenanalyse und angemessene Finanzierung.

„Die Verfahrcn in den einzelnen Staaten bilden das Rückgrat der weiteren elf kritischen Punkte, die durch die Pekinger Aktionsplattform definiert werden.

Denn ohne dieses Element gibt es keine Möglichkeit, die anderen Punkte voran zu bringen“, sagt Bani Dugal Gujral, Vorsitzende der Fachgruppe fiir Institutionelle Mechanismen beim Komitee der Nicht regierungsorganisationen für die Stellung der Frau und Leiterin des Biiros Für den Fortschritt der Frauen bei der Internationalen Bahá’í-Gemeinde.

Sowohl bei derVerabschiedung des Protokolls als auch bei der Diskussion über dieVerbesserung der nationalen McChanismen spielten Nicht regierungsorganisationen eine entscheidende Rolle. „Die Schaffung effektiver Mechanismen war crime Idee, die von Nichtregierungsorganisationen und Frauengruppen auf die Tagesordnungen gebracht wurde“, erkliirt Donna Sullivan, Professorin für Menschenrechte an der Universitiit New York, mit Blick auf die Weltkonferenz für Menschenrechte 1993 in Wien und die Vierte Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking.

„Das Protokoll fand starke Unterstfitzung aus unterschiedlichen Regionen“, fiigt Sullivan hinzu, die als Arbeitsgruppenmitglied am Entwurf des Protokofls beteiligt war. „Diese breite Unterstiitzung trug dazu bei, daß einige Regierungen für konstruktive Mitarbeit gewonnen wurden, die sonst nicht teilgenommen hiitten. Und es werden wieder die Frauenund Menschenrechtsgruppen sein, die sicherstellen, daß das Protokoll auch ratifiziert wird.“

Und jetzt die Ratifizierung

Die Ratifizierung des Protokolls ist entscheidend. Die erfolgte Annahme durch die UN—Kommission fijr den Status der Frau zeigt lediglich eine generelle Akzeptanz und die Bereitschafr der Staatsvertreter, über die Annahme zu beraten. Das Protokoll gilt erst dann 2115 von einem Staat ratifiziert, wenn das Staatsoberhaupt dem UNGeneralsekretér mitteilt, daß sich sein Land den Vorgaben des Protokolls verpflichtet und sie anwenden wird. Um in Kraft zu treten, muß das Pro [Seite 19]tokoll von zehn Staaten ratifiziert werdcn.

Viele Beteiligte glauben, die Ratifizierung werde rasch erfolgen. „Es war ein einheitliCher Bcschluß. alle Regierungen stimmten zu“, so Jane Connors V011 der UN—Abteilung für den Fortschritt der Frauen. „Das liiBt erwartcn, daß die Akzeptanz groß sein wird.“

Auch CEDAW, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, wurde bcreits 1981 in Kraft gesetzt. nachdem CS 1979 beschlossen worden war. Die ,.Frauen—K0nvention“, wie sie manchmal genannt wird, garantiert Frauen die

Gleichstellung mit Ménnern vor dem Gesetz und lcgt M313nahmen fest, Diskriminierung zu unterbinden.

Vorbereitung der Pekingplus-s-Konferenz

Eine weiterc Aufgabe der Kommission war dieVorbereitung der sogenannten Pekingplus—S—Konferenz. Dabei handelt es sich um eine spezielle Sitzung der UN—Generalversammlung vom 5. bis 9. Juni 2000. Sic $011 untersuchen, inwieweit die Aktionsplattform umgesetzt wurde, die 1995 in Peking beschlossen worden war.

PLANUNGEN FUR DAS MILLENNIUM-FORUM IM JAHR 2000 NEBEN DEM MILLENNIUMGIPFELTREFFEN SCHREITEN VORAN

UNITED NATIONS.- FUr den Sommer 2000 ist am Sitz derVereinten Nationen in New York ein großerWeltgipfel derStaatsoberhéupter derWeIt geplant. Die bei der UNOakkreditierten NGOs ergriffen bei einem spontanen Treffen im Juli 1998 die Initiative, diese Gelegenheit auch fUr ein MillenniumTreffen der Nichtregierungsorganisationen zu nutzen.

Ziel dieses NGO—Forums zum Millennium-Gipfel soll sein, die Notwendigkeit der Einrichtung eines eigenen NGO-Parlaments bei den Vereinten Nationen derWelt6ffent|ichkeit bewußt zu machen sowie den Staatsoberhéuptern die Sicht der NGOs nahezubringen.

Bei einem Treffen am 22./ 23. Februar 1999 wurde die organisatorische und personelle Struktur fUr die Vorbereitungen dieses NGO-Forums verabschiedet. Dazu gehbrt ein mehrals100kbpfiger Planungsbeirat, der das eigentliche Planungsko bei der Formulierung der Ziele und Statements der

„g|oba|en Zivilgesel|schaft" unterstUtzen soll.

Im Planungskomitee arbeiten unter anderem mit: Dianne Dillon-Ridgley, Exekutivdirektorin der Women’s Environment and Development Organization, Bill Pace, Generalsekretérvom Haager Friedensappel|,Mia Adjali, UN—Représentantin von „G|0ba| Ministries“, Malick Gaye, Leiter von „Environmental Development in the Third World“, und Amparo Claro vom Lateinamerikanischen und Karibischen Gesundheitsnetzwerk.

Die Kommission vcrliingérte ihre gewöhnlich zweiwéchige Sitzung um eineWOChe, um Cine Sondersitzung unter dem Motto „Frauen 2000: Gleichwertigkeit der Geschlechter, Entwicklung und Frieden für das 21.}ahrhundert“ zu diskutieren. Auf der vorlfiufigetl Tagesordnung stehen unter anderem die Punkte: Glcichstellung in Organisationen der Vereinten Nationen; neue Fragen,Trends und Ansiitze zu Themen, die die Situation der Frau betreffen; die Umsetzung strategischer Ziele; und eine umfassends Bestandsaufnahme über die Umsetzung der Pekinger Aktionsplattform. El

SOMMERFEST AM Bahá’í-HAUS DER ANDACHT IN HOFHEIM/TS. MIT 3.000 BESUCHERN

HOFHEIM/Ts. - Auch in diesem Jahr nahmen wieder über 3.000 Menschen am 3. Sommerfest am Bahá’í-Haus der Andacht in Hofheim am Taunus teil. Höhepunkt war diesmal der Londoner Gospel—Chor„0ne Wold Rhythm“ mit 39 Séngern aus 17 Léndern. Auch die einheimische Bevblkerung nimmt dieses Fest gerne wahr, um die Bahá’í besser kennenzulernen.



Mehr als 2000 Menschen aus dem éfientlichen Leben Frankreichs sowie Reprcisentanten aus über 50 Lcindem nahmen an mitee aus 30 Personen 50W“? einer Feier vom 27-29. November 1998 in Paris teil, mit der den Kern des Mitarbeiterstabs man des 100. Jahrestages gedachte, als sich der erste Bahá’í in

Europa ansiedelte. Zum Programm gehcirte auch ein Ausf/ug

zum Eijjelturm (Gruppenfoto).




„Die Schaffung efiektiverMechanismen war eine ldee, die von NGOs and Fruuengruppen aufdie Tagesordnung gebracht wurde, zuerst in Wien 1993 und dann erneut 1995 in Beijing. “

Donna Sullivan Spezialistin fUr inter nationale Menschenrechte

MAGAZIN

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[Seite 20]nDen GROSSE VORKAMPFER DES

WELTFRIEDENS fem IN DIESEM Friedenskcinzept, das

AH RH U N DERT“ bereits vor mehr

. alsO1oo Jahren Daly Montrea 5W geschneben wurde?

Ist die deit ' fur ein


REZENSIO

ie Geschichte von Konzepten für einen weltumspannenden

Frieden ist weit lénger, als die meisten Menschen spontan annehmen würden. Hier sei nur

auf die Schrift


Abdu I-Bahá

Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so widersteht ihm durth einen stärkeren Gedanken des Friedens

Die Reden und Schriften von Abdu I-Bahá fijr eine neue Kultur des Friedens sowie ein Statement zum Internationalen Jahrdes Friedens.1999.128$eiten. Paperback DM 8,00

ISBN 3-87037-365-2 Bahá’í-Verlag




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Immanuel Kants „Zu1n ewigen Frieden“ aus demjahre 1795 verwiesen.

Relativ wenig bekannt ist das Friedenswirken von Abdu’l-Bahá, obwohl beispielsweise derjenige, der gemeinhin 313 die große Symbolfigur des Friedens in diesem Jahrhundert gilt, Mahatma Gandhi, Abdu’l—Bahzis Gedanken zum Frieden 315 „die größte Hoffnung der Menschheit“ bezeichnete. Einen nicht minder nachhaltigen Eindruck hinterließ Abdu’l-Bahá aufandere Zeitgenossen Wie Albert Schweitzer, Bettina von Suttner Oder Lee McClung, den seinerzeitigen amerikanischen Finanzminister, der schrieb: „Mir schien, ich Wire in der Gegenwart eines der grOBen alten Propheten —Jesaja, Elias, Moses, nein, er erschien mir wie ein göttlicherVater.“

Zu letzterem Eindruck trug sicher bei, daß Abdu’l-Bahá in klarenW0rten und 6ffentlich sowohl den Ersten als auch den Zweiten Weltkrieg voraussagte, den Aufstieg des Kommunismus wie die fortdauernde Unruhe des Balkan.

Von unvergleichlich größerer Bedeutung sindjedoch sein sehr konkreter Friedensplan zur Einrichtung eines Weltschiedsgerichtshofes, den er erstmals 1875 veröffentlichte

(siehe hierzu die Berichte auf den Seiten 4 und 6 disses Heftes), und seine klaren Gedanken, was die spirituellen Grundlagen fijr die Errichtung des Weltfriedens in diesem Zeitalter betrifft.

„Die Wurzel aller (kriegsverursachenden)Vorurteile liegt in abgenützten, tiefeingesessenen Überlieferungen, seien diese religiös, rassisch, national Oder politisch. Solange diese Traditionen bleiben, ist die Grundlage des Menschengebiiudcs unsicher und die Menschheit selbst stiindiger Gefahr ausgesetzt“, meinte Abdu’l-Bahá bei einer AnspraChe 1913 in Paris, und ferner:

„G0tt hat keine Grenzen zwischen Frankreich und Deutschland gezogen: Sie gehen ineinander über. Fiirwahr, in den ersten jahrhunderten haben selbstsfichtige Seelen um ihrer eigenenVorteile willen Grenzen und Übergénge geschagen und ihnen Tag für Tag mehr Gewicht beigelegt, bis dies schließlich in den spaiteren Jahrhunderten zu heftiger Feindschaft, zu Blutvergießen und Raubgier fiihrte. So wird es unaufhörlich weitergehen, und werm der Gedanke der Vaterlandsliebe auf einen engen Kreis beschrsinkt bleibt, wird er die I-Iauptursache der Weltzerstérung sein. Kein kluger, gerechter Mensch wird diese eingebildeten Unterscheidungen anerkennen.“

In immer neuen Formulierungen und Beispielen erléiuterte Abdu’l-Bahá, daß dies endgfiltig das Zeitalter der Ein heit der Menschheit ist: „Eine begrenzte Flfiche, welche wir unser Vaterland nennen, betrachten wir als unsere Heimat, wo doch der ganze Erdball, nicht eine begrenzte Flaiche, die Heimat afler ist.“ Nicht nur die Grenzen zwischen den Nationen müssen wir überwinden, sondern auch jene zwischen den Völkern und Rassen und selbst jene zwischen Parteien, Ideologien und Interessensgruppen, denn die unumkehrbar zusammenwachsende Menschheit ist weder steuerbar noch Liberlebensfeihjg mjt derartigen Spaltungen und Abgrenzungen. Abdu’l-Bahá redet damit jedoch keincr Gleichmacherei das WortVielmehr erlaiutert er die Freiheit und damit Verschiedenheit der Menschen und Kulturen als den größten aller Scheitze, die der Menschheit als Ganzes zur Verfiigung steht. Dies darf allerdings kein Anlaß mehr sein fijr Kampf, sondern nur noch für Zusammenarbeit und friedliche und fruchtbringende Überwindung von möglichen Konflikten. Sein Credo lautet somit: „Ich heiBe euch alle und jeden von euch, alles, was ihr im Herzen habt, aquiebe und Einigkeit zu richten.Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so Widersteht ihm mit einem stiirkeren Gedanken des Friedens“ Abdu’l-Bahás „Gedanken des Friedens“ sind in diesem Buch zusammengetragen und ergzinzt um ein Bahá’iFriedensstatement zum Jahr des Friedens, [I Peter Spiegel