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Seite 1: Obere rechte Ecke: Bahá’i-Jugend Eßlingen Bücherei BAHÁ’I-STUDIENTEXTE GEIST DER GEMEINSCHAFT Aus den Ansprachen von .ABDU’L-BAHÁ Untere rechte Ecke: 207 Seite 2 Nicht für den Druck bestimmte Notabschrift, noch nicht vom NGR überprüft. Seite 3 UEBERSICHT Wahre Bruderschaft Seite 1-4
Der Mensch wurde erschaffen, um durch die himmlischen Gaben höchste menschliche Tugenden zu
erlagen. Sein Ziel darum die Erreichung von Einigkeit und Eintracht. Die gesamt Schöpfung wird durch das Gesetz der gegenseitigen Anziehung zusammengehalten, durch die sich erst die Kraft des Lebens äussern kann. Aufhören der Anziehung gleichbedeutend mit Auflösung und Tod.
Die menschliche Bruderschaft ist eine Aeusserung der Göttlichen Vaterschaft, die sich in allem Erschaffenen sichtbar offenbart. Die als Grundlagen der menschlichen Wohlfahrt gegebenen Kennzeichen der menschlichen Bruderschaft sind gegenseitige Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit.
Physische, auf irdischen Interessen beruhende, und geistige Bruderschaft. Wahre Bruderschaft ist geistig und kennt keine Auflösung, da sie ihr Sein dem Heiligen Geist verdankt. Geistige Bruderschaft wird die Welt erhellen und die Kriege überwinden.
Universale Liebe Seite 4-10 Alle Propheten Gottes übermitteln die Botschaft der Liebe. Liebe braucht einen Gegenstand, an dem sie sich äussern kann. Liebe zur Familie, zum Vaterland, zur Rasse, politische Liebe und Liebe zur Interessengemein- Seite 4 schaft sind vergänglich und begrenzt. Vollkommene, wahre Liebe braucht ein unvergängliches und unbegrenztes Ziel. Diese allumfassende Liebe kann nur durch die Macht des Göttlichen Geistes erlangt werden. Alle wahre Liebe zu den Menschen darum nur mit Gott und für Gott. Das Gebot der Tat Seite 10-14
Liebe und erhabene Gedanken ohne Taten wertlos. Die geistigen Lehrer zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre eigenen Lehren befolgen. Die Bahá’i müssen durch Taten zur Welt sprechen. Ihre Taten müssen tagtäglich herrliche Gebete
sein.
Der Zirkel der Einheit Seite 14-18 Gebot, alle Gedanken des Herzens auf Liebe und Eintracht zu richten. Gedanken des Krieges muss durch stärkere Gedanken des Friedens begegnet werden. Alle Menschen Blätter eines Baumes, Blumen eines Gartens und Kinder eines Vaters, dessen Name
‚Liebe‘ ist. Osten und Westen müssen in gegenseitigen Austausch treten.
Hemmende Vorurteile Seite 18-23 Religiöse Vorurteile Rassenvorurteile Politische Vorurteile. Seite 5 Allein die Göttliche Politik ist mächtig und in der Lage, die Vorurteile zu überwinden. Verwirklicher der Göttlichen Einheit Seite 23-27 Wir alle sind gehalten, an der Verwirklichung der durch den Göttlichen Offenbarer vorgezeichneten Einheit mitzuhelfen. __________ Quellennachweis: 1) The Promulgation of Universal Peace, (Ansprachen in USA 1912) Bd. I, 1921, S. 2 2) desgl., S. 53 f 3) desgl., S. 145 4) desgl., S. 125 ff 5) Ansprachen in Paris (1911) Kap. 9 6) desgl., Kap. 1 7) desgl., Kap. 2 8) desgl., Kap. 26 9) desgl., Kap. 6
10) desgl., Kap. 4 11) desgl., Kap. 15 12) desgl., Kap. 44 13) desgl., Kap. 39 14) desgl., Kap. 32 15) desgl., Kap. 37 16) desgl., Kap. 38. Zusammengestellt und aus dem Englischen übersetzt 1947. Seite 6 [leer] Seite 7
GEIST DER GEMEINSCHAFT Wahre Bruderschaft. Der Mensch wurde erschaffen, um durch die Herabkunft der himmlischen Gaben die höchsten Tugenden der Menschheit zu erlangen. Darum ist das Ziel seiner Erschaffung EINIGKEIT und EINTRACHT, nicht Aufspaltung und Alleinsein. Wäre den Atomen, aus denen sich das Mineralreich aufbaut, nicht die Kraft der gegenseitigen Anziehung gegeben, so hätte die Erde nie gestaltet, das Weltall nicht erschaffen werden können. Weil die einander anzuziehen vermögen, kann sich die Kraft des LEBENS äussern und alles Gebilde in der Welt der Erscheinung möglich werden. Wird diese Anziehung oder Verwandschaft der Atome zerstört, so tritt die Lebenskraft nicht mehr zutage, und Tod und Nichtsein sind die Folge. 1) Dasein ist der Ausdruck und die Auswirkung der Zusammensetzung und Verbindung, Nichtsein hingegen Ausdruck und Auswirkung von Spaltung und Zersetzung. Die Elemente des Stoffes haben sich in endloser Mannigfaltigkeit und unermesslicher Formanzahl geordnet. Jedes Gebilde ist zusammengesetzt, jedwedes Ding ein Ausdruck der gegenseitigen Hingezogenheit des Grundstoffs. Wir erkennen z.B. das feinverschlungene Körpergefüge des Menschen als blossen grossen Zellenaufbau, den Baum als einen Zusammenschluss von Pflanzenzellen, das Tier als eine Verbindung und Ordnung von aus Atomen Seite 8 zusammengesetzten Zellen oder Einheiten. Das Dasein oder die Aeusserung des Seins ist mithin Aufbau und das Nichtsein Zersetzung, Auflösung und Spaltung. Werden Elemente nach einem bestimmten Plan zusammengebracht, so wird daraus ein menschlicher Körper, wenn diese Elemente sich voneinander lösen und verstreuen, so stellen sich Tod und Nichtsein ein. Darum ist Leben das Ergebnis des Zusammenschlusses, während Tod die Auflösung bedeutet. Ebenso führt in der Welt des Begriffsvermögens und der Seelen (der menschlichen Welt) die GEMEINSCHAFT, die ein Ausdruck des Zusammenschlusses ist, zum LEBEN, während Uneinigkeit als Ausdruck der Zersetzung gleichbedeutend mit dem Tod ist. Ohne Zusammenhalt unter den persönlichen Elementen, die die menschliche Gesellschaft ausmachen, müssten unvermeidlich Auflösung und Verfall eintreten und das Leben untergehen. Reissende Tiere kennen keine Gemeinschaft. Geier und Tiger leben einzeln, während die Haustiere in voller Eintracht beieinander wohnen. Die Schafte, schwarze und weisse, gesellen sich ohne Zwietracht, Vögel mannigfacher Art und Farbe nehmen ihren Flug und suchen miteinander ohne die geringste Feindschaft oder Gegensätzlichkeit ihr Futter. Darum ist es für die Welt der Menschheit weise und geziemend, dass jedes ihrer Mitglieder EINIGKEIT und ZUNEIGUNG bekunde. 2) Gottes Vaterschaft, Seine liebende Güte und Wohltätigkeit treten für Alle offen in Erscheinung. In seiner Barmherzigkeit sorgt Er voll und reich für Seine Geschöpfe, und wenn irgend eine Seele sündigt, so währt Seite 9 Seine Grossmut dennoch weiter. Alle erschaffenen Dinge sind sichtbare Offenbarung Seiner Vaterschaft, Seiner Gnade und himmlischen Gaben. Auch die menschliche BRUDERSCHAFT liegt wie die Sonne hell zutage, da Alle Diener eines einzigen Gottes sind, zu einem einzigen Menschengeschlecht gehören, auf dem nämlichen Erdball wohnen, unter dem Schutz des allüberspannenden Himmelszelts ruhen und in der Flut der Göttlichen Segnungen untertauchen. Die menschliche Bruderschaft und Abhängigkeit ergibt sich daraus, dass gegenseitige Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit die beiden nötigen Grundsätze der menschlichen Wohlfahrt sind. Dies ist die PHYSISCHE Verwandschaft des Menschengeschlechtes. Es gibt noch eine weitere Bruderschaft, die GEISTIGE, die höher, heiliger und erhabener als alle anderen ist. 3) Die wahre Bruderschaft ist geistig, ist doch die physische Bruderschaft der Trennung unterworfen. Die Kriege der äusseren Daseinswelt zerreissen die Menschheit, aber die ewige Welt der geistigen Bruderschaft kennt keine Trennung. Materielle oder physische Vereinigung beruht auf irdischen Interessen, die Göttliche Gemeinschaft aber verdankt ihr Sein dem Hauch des HEILIGEN GEISTES. Geistige Bruderschaft mag mit dem Licht verglichen werden, während die Seelen der Menschheit Lampen gleichen. Viele Lampen sind hier, doch ist das Licht nur eines … Materielle Bruderschaft kann Kriege nicht verhindern noch überwinden, sie bannt nicht die Gegensätze unter den Menschen. Geistiges Bündnis aber entzieht dem Kriege seine eigentliche Grundlage, löscht jeden Streit aus, verkündet die Einheit des Menschenge- Seite 10 schlechtes, belebt die Menschheit wieder, bringt die Herzen dazu, sich zum Reiche Gottes hinzuwenden und tauft die Seelen mit dem Heiligen Geiste. Durch diese Göttliche Bruderschaft wird die materielle Welt vom Glanz des Lichtes der Göttlichkeit widerstrahlen, der Spiegel der Stofflichkeit sich aus dem Himmel Erleuchtung holen und Gerechtigkeit die Welt beherrschen, sodass keine Spur von Dunkelheit, Hass und Feindschaft sichtbar bleibt. 4) Universale Liebe. Alle Propheten Gottes übermitteln die Botschaft der LIEBE. Keiner von ihnen hat je die Auffassung vertreten, dass Krieg und Hassen gut sei. Alle bezeichnen übereinstimmend Liebe und Güte als das Beste. Die Wirklichkeit der Liebe äussert sich in Taten, nicht in blossen Worten. Worte alleine haben keine Wirkung. Um ihre Kraft zu zeigen, muss Liebe einen GEGENSTAND, ein Werkzeug, eine Triebkraft haben. Es gibt viele Wege, Liebe zu erzeigen: Liebe zur Familie, zum Vaterland, zur Rasse, die politische Begeisterung, die Liebe zur Interessengemeinschaft. Dies alles sind Mittel und Wege, die Macht der Liebe zu erweisen. Ohne ein solches Mittel würden wir die Liebe weder sehen, noch hören oder fühlen können, würde dies alles nicht zum Ausdruck kommen. Wasser zeigt seine Kraft auf mancherlei Weise, indem es z.B. den Durst löscht, oder die Saat zum Wachsen bringt. Kohle äussert ihre Eigentümlichkeiten u.a. im Gaslicht, während die Elektrizität eine Seite 11 ihrer Wirkungen im elektrischen Licht zeigt. Gäbe es weder Gas noch Elektrizität, würden die Nächte der Welt dunkel sein. So bedarf es auch zur Aeusserung der Liebe eines Werkzeugs, einer Ursache, eines Gegenstandes, einer Ausdrucksweise. Wir müssen einen Weg finden, auf dem wir Liebe unter die Menschensöhne tragen können. Liebe ist ohne Grenzen, Schranken und Ende, materielle Dinge sind begrenzt, beschränkt und endlich. Mit begrenzten Mitteln könnt ihr die unendliche Liebe nicht angemessen ausdrücken. Die vollkommene Liebe braucht ein selbstloses Werkzeug, das von jeder Art von Fessel völlig frei ist. Die Liebe zur Familie ist begrenzt, das Band der Blutsverwandschaft nicht das stärkste. Oft sind Glieder der gleichen Familie uneins, ja, hassen sie einander. Vaterlandsliebe ist endlich. Liebe zum eigenen Volke, die zum Hass gegen alle übrigen führt, ist keine vollkommene Liebe. Auch Landsleute sind nicht frei von Streitigkeiten. Die Liebe zur Rasse ist begrenzt. Wohl herrscht hier eine gewisse Einheit, doch ist sie unzureichend. Lieb muss von Grenzen frei sein. Liebe zur eigenen Rasse kann gleichzeitig Hass gegen alle andern bedeuten, und selbst Menschen der gleichen Rasse werden einander oft nicht lieben. Politische Liebe ist ebenfalls stark mit Hass gegen andere Parteien verbunden. Derartige Liebe ist sehr begrenzt und schwankend. Auch die Liebe zur Interessengemeinschaft ist unbeständig. Vielfach ergeben sich dabei Abgrenzungen, die zur Eifersucht führen, und schliesslich verdrängt der Hass die Liebe … Seite 12 Alle diese Band der Liebe sind unvollkommen. Es ist klar, dass begrenzte materielle Bindungen nicht genügen, um die allumfassende Liebe angemessen auszudrücken. Die grosse, selbstlose Liebe zur Menschheit ist durch keine dieser unvollkommenen, halb selbstsüchtigen Bindungen gefesselt. Sie ist die einzige vollkommene Liebe, die allen Menschen möglich und nur durch die Macht des Göttlichen Geistes zu erreichen ist. Keine weltliche Macht kann diese allumfassende Liebe je zustande bringen. Lasst uns alle in dieser göttlichen Liebe eins sein! Lassst uns darnach streben, dass wir im Lichte der Sonne der Wahrheit wachsen, und indem wir diese strahlende Liebe auf alle Menschen widerspiegeln, mögen ihre Herzen so geeinigt werden, dass sie immerdar im Glanze dieser grenzenlosen Liebe bleiben … Ich ermahne euch ernstlich: lasst eure Herzen nicht durch die materiellen Dinge dieser Welt in Bann schlagen. Ich trage euch auf, nicht als Hörige der Materie selbstzufrieden auf dem Bett der Nachlässigkeit zu liegen, sondern euch zu erheben und euch von ihren Fesseln frei zu machen! Das Tierreich ist im Stoff gefangen, den Menschen aber hat Gott mit Freiheit ausgestattet. Das Tier kann den Naturgesetzen nicht entrinnen, wogegen der Mensch sie zu beherrschen vermag, weil der die Natur begreifen und sich so über sie erheben kann. Die Macht des Heiligen Geistes, der den Verstand des Menschen erleuchtet, hat ihn befähigt, Mittel zu entdecken, die die Naturgesetze seinem Willen beugen. Er durchfliegt die Luft, durchkreuzt die Meere und bewegt sich selbst in ihren Tiefen. Dies alles zeigt, wie der Verstand des Menschen befähigt Seit 13 wurde, ihn von den Begrenzungen der Natur zu lösen und viele ihrer Geheimnisse zu enträtseln. Der Mensch hat die Fesseln des Stoffes bis zu einem gewissen Grad zerbrochen. Der Heilige Geist will dem Menschen grössere Kräfte noch als diese geben, wenn er nur nach den Dingen des Geistes streben und sich bemühen möchte, sein Herz mit der Göttlichen unendlichen Liebe in Harmonie zu bringen. Wenn ihr ein Glied eurer Familie oder einen Landsmann liebt, so tut es mit einem Strahl der unendlichen Liebe! Woimmer ihr die Eigenschaften Gottes findet, liebet jenen Menschen, gleichviel ob er zu eurer Familie oder einer anderen gehöre. Giesset das Licht der grenzenlosen Liebe über jedes menschliche Wesen aus, dem ihr begegnet, mag es nun zu eurem Lande, eurer Rasse, eurer politischen Partei oder zu irgend einer anderen Nation und Farbe oder politischen Richtung zählen. Der Himmel wird euch helfen, wenn ihr daran arbeitet, die zerstreuten Völker der Welt unter den Schatten des allmächtigen Zeltes der Einigkeit zu sammeln. Ihre werdet die Diener Gottes sein, die in Seiner Nähe wohnen, Seine göttlichen Gehilfen im Dienst der ganzen Menschheit. Der GANZEN Menschheit! Jedes menschlichen Wesens! Vergesst dies nie! Saget nie: er ist ein Italiener, Franzose, oder Engländer, denket nur, dass er ein Sohn Gottes, ein Diener des Höchsten ist, ein Mensch! Alle sind MENSCHEN! Vergesset die Nationalitäten: alle sind gleich im Angesicht Gottes! Denket nicht an eure eigene Begrenztheit, denn Gottes Hilfe wird mit euch sein. Vergesset euch selbst, denn Gotts Hilfe wird ge- Seite 14 wisslich zu euch kommen! Wenn ihr die Barmherzigkeit Gottes anruft und auf ihren Beistand wartet, wird eure Kraft verzehnfacht werden. Blicket auf mich: ich bin so schwach, und doch erhielt ich die Kraft, zu euch zu kommen: ein armer Diener Gottes, der befähigt wurde, euch diese Botschaft zu verkünden. Ich werde nicht lange bei euch sein. Man muss nie auf seine eigene Schwachheit blicken, denn es ist die Kraft des Heiligen Geistes der Liebe, der die Macht zum Lehren gibt. Der Gedanke an unsere eigene Schwachheit könnte uns nur verzweifeln lassen. Wir müssen unser Auge über alle irdischen Gedanken erheben, uns von jedem materiellen Gedanken lösen, die Gaben des Geistes erbitten und unseren Blick an die ewige, freigebige Gnade des Allmächtigen heften, Der unsere Seelen erfüllen will mit der Freude eines fröhlichen Dienstes nach Seinem Gebote: „Liebet einander!“ 5) Wenn ein Mensch sein Angesicht zu Gott hinwendet, findet er allenthalben Sonnenschein. Alle Menschen sind seine Brüder. Wenn ihr mit Ausländern zusammentrefft, so vermeidet es, ihnen durch kühle Zurückhaltung unzugänglich und lieblos zu erscheinen. Betrachtet sie nicht, als ob ihr sie für Uebeltäter, Diebe und Tunichtgute hieltet. Ihr denkt vielleicht, es sei geboten, vorsichtig zu sein und euch nicht der Bekanntschaft mit solchen unter Umständen unerwünschten Elementen auszusetzen. Ich bitte euch, denket nicht nur an euch selbst; seid freundlich zu den Fremden, ob sie nun aus der Türkei, aus Japan, Persien, Russland, China oder irgend einem anderen Seite 15 Land der Erde kommen. Helfet ihnen, sich daheim zu fühlen, bringet in Erfahrung, wo sie Unterkunft gefunden haben, fraget sie, ob ihr ihnen nicht einen Dienst erweisen könnt, versuchet, ihr Leben ein wenig glücklicher zu machen. Bleibet auch dann noch freundlich zu ihnen, wenn sich einmal euer anfänglicher Verdacht bewahrheiten sollte, denn diese Freundlichkeit wird ihnen helfen, dass sie besser werden. Warum sollten wir übrigens Ausländer als Fremde behandeln? Lasst diejenigen, mit denen ihr zusammentrefft, auch ohne darüber zu reden wissen, dass ihr in der Tat Bahá’i seid. Setzet die Lehre Bahá’u’lláh’s von der Güte gegenüber allen Nationen in die Tat um. Gebet euch nicht damit zufrieden, ihnen nur in Worten Freundschaft zu erweisen, lasset eure Herzen in aufrichtiger Güte zu allen erglühen, die eure Wege kreuzen. O ihr die Völker des Westens, seid freundlich zu den Menschen, die vom Osten zu euch kommen. Leget in der Unterhaltung mit ihnen eure Förmlichkeiten ab, an die sie nicht gewöhnt sind. Den Orientalen wird ein derartiges Benehmen kalt und unfreundlich erscheinen. Kommt ihnen vielmehr auf freundliche Art entgegen. Zeiget ihnen, dass ihr von allumfassender Menschenliebe erfüllt seid. Wenn ihr mit einem Perser oder sonstigen Fremden zusammentrefft, so sprechet mit ihm wie mit einem Freunde, wenn er einsam ist, so helfet ihm und leistet ihm bereitwillig Dienste. Wenn er traurig ist, so tröstet ihn, wenn er arm ist, unterstützet ihn, wenn er bedrückt ist, so befreiet ihn, wenn er in Trübsal ist, beruhigt ihn. Durch solches Handeln werdet ihr nicht nur mit Worten, sondern durch die Seite 16 Tat bezeugen, dass ihr alle Menschen als Brüder erachtet. 6 ) Das Gebot der Tat. Was für ein Wert kann darin liegen, zuzustimmen, dass universale Freundschaft gut ist und über die Solidarität der menschlichen Rassen als grossem Ideal zu reden? Solange derartige Gedanken nicht zur Tat gemacht worden sind, sind die wertlos. Das Unrecht besteht in der Welt gerade darum weiter, weil die Menschen nur von ihren Idealen reden und nicht bestrebt sind, sie in Taten umzusetzen. Würden Taten an Stelle der Worte treten, so würde das Elend in der Welt sehr bald in Wohlergehen umgewandelt werden. Jemand, der viel Gutes tut und nicht darüber spricht, ist auf dem Wege zur Vervollkommnung. Der Mensch, der wenig Gutes getan hat und sich des Guten in seinen Reden rühmt, ist nur sehr wenig wert. Wenn ich euch liebe, so brauche ich nicht fortgesetzt von meiner Liebe zu sprechen; ihr werdet auch ohne meine Worte wissen, dass ich euch liebe. Liebt ich euch indessen nicht, so würdet ihr es dennoch wissen und mir nicht glauben, ob ich euch auch tausendmal versicherte, dass ich euch liebe. Die Menschen machen viel Wesens über das Gute und suchen ihre Taten durch schöne Worte zu vergrössern, weil sie für besser gelten wollen als ihre Nebenmenschen und in den Augen der Welt geachtet werden möchten. Diejenigen, die das meiste Gute tun, reden gewöhnlich am wenigsten von ihren Taten. Die Kinder Gottes tun diese Werke, ohne sich damit zu brüsten, indem sie Seinen Ge- Seite 17 setzen folgen … Ich hoffe, dass ihr immer Tyrannei und Unterdrückung meiden und unablässig arbeiten werdet, bis die Gerechtigkeit in jedem Lande herrscht, und dass ihr eure Herzen rein und eure Hände frei von Unrecht haltet. Dies ist es, was die Hinwendung zu Gott von euch erfordert und ich von euch erwarte. 6) Die Wirklichkeit des Menschen ist sein Denken, nicht sein materieller Körper. Die gedankliche und die tierische Kraft sind Partner. Obschon der Mensch ein Teil der tierischen Schöpfung ist, so besitzt er doch eine Gedankenmacht, die allen übrigen erschaffenen Wesen überlegen ist. Wenn die Gedanken eines Menschen fortgesetzt den himmlischen Dingen zugewendet sind, wird er geheiligt, wenn er hingegen seine Gedanken nicht erhebt sondern auf die Dinge dieser Welt hernieder richtet, so wird er immer materieller werden, bis er zuletzt auf einer Stufe angelangt, die nicht viel höher ist, als die des Tieres. Gedanken lassen sich in zwei Klassen einteilen: 1. in solche, die nicht zur Tat werden, 2. in solche, die durch die Tat zum Ausdruck kommen. Manche Männer und Frauen zeichnen sich durch erhabene Gedanken aus, werden diese Gedanken indessen nie in Taten umgesetzt, so bleiben sie nutzlos. Die Macht der Gedanken hängt davon ab, ob und auf welche Weise sie im Tun zum Ausdruck kommen. Die Gedanken eines Philosophen mögen in der Welt des Fortschrittes und der Entwickelung vielleicht von selber bei anderen Menschen Tat werden, auch wenn die Philosophen ihre grossen Gedanken im eigenen Leben nicht verwirklichen wollen oder kön- Seite 18 nen. Zu dieser Klasse gehört die Mehrzahl der Philosophen, da ihre Lehren hoch über ihren Taten stehen. Diejenigen Philosophen jedoch, die gleichzeitig auch geistige Lehrer sind, unterscheiden sich von den Nur-Philosophen dadurch, dass der geistige Lehrer der Erste ist, seine eigenen Lehren zu befolgen. Er setzt seine geistigen Begriffe und Ideale in die Tat um. Seine göttlichen Gedanken werden der Welt offenbar. Sein Denken, das von ihm untrennbar ist, ist er selber. Wenn wir einen Philosophen finden, der die Wichtigkeit und Grösse der Gerechtigkeit betont und dabei einen ländergierigen Fürsten in seiner Unterdrückung und Gewaltherrschaft bestärkt, so wissen wir sofort, dass er zur ersten Klasse zählt, denkt er doch himmlische Gedanken, ohne die entsprechenden himmlischen Tugenden zu üben. Dieser Zustand ist bei geistigen Philosophen unmöglich, denn sie bringen ihre hohen und edlen Gedanken immer durch die Tat zum Ausdruck. 7) Ueberall in der Welt vernimmt man schöne Reden, werden edle Vorschriften bewundert. Alle Menschen sagen, dass sie das Gute lieben und das Uebel hassen, dass Aufrichtigkeit zu schätzen, Lüge zu verabscheuen, die Treue eine Tugend und Untreue eine Schande für die Menschheit sei. Es sei etwas Gesegnetes, die Herzen der Menschen zu erfreuen, und Unrechttun verursache Kummer. Freundlich und barmherzig zu sein sei recht, zu hassen hingegen sündhaft. Gerechtigkeit sei eine edle und Ungerechtigkeit eine üble Eigenschaft. Es wird gesagt, dass es unsere Pflicht sei, mitleidig zu sein und niemanden zu kränken. Eifersucht und Bosheit seien um Seite 19 jeden Preis zu meiden. Der Ruhm des Menschen bestehe in Weisheit, nicht in Unwissenheit, in Licht, und nicht in Finsternis. Gut sei, sich zu Gott zu wenden, und Torheit, Ihn zu leugnen, unsere Pflicht, die Menschen empor statt in die Irre zu führen und zur Ursache ihres Falls zu werden. Derartige Beispiele gibt es viele. Aber alle diese Reden sind nichts als Worte, von denen nur wenige zu Taten werden. Wir sehen im Gegenteil, wie sich die Menschheit von Leidenschaften und Selbstsucht hinreissen lässt und jeder nur an das denkt, was ihm selber nützt, auch wenn es für seinen Bruder den Untergang bedeutet. Sie sind voll Gier, ihr Glück zu machen und kümmern sich wenig oder gar nicht um die Wohlfahrt Anderer. Sie sind besorgt um ihre eigene Ruhe und Bequemlichkeit, indessen sie sich um die Zustände ihrer Nebenmenschen nicht im Geringsten kümmern. Unglückseligerweise ist dies der Weg, auf dem die meisten Menschen gehen. Aber die Bahá’i dürfen nicht so sein. Sie müssen sich über solche Zustände erheben. Taten müssen ihnen mehr sein als die Worte, durch ihre Taten müssen sie Barmherzigkeit beweisen, nicht nur durch ihre Worte. Bei allen Gelegenheiten müssen sie durch ihre Tat bestätigen, was sie in Worten künden. Ihre Taten müssen ihre Aufrichtigkeit beweisen, und ihre Handlungen das Göttliche Licht hervorleuchten lassen. Lasst eure Handlungen laut in die Welt hinausrufen, dass ihr in der Tat Bahá’i seid, denn die Taten sind es, die zur Welt sprechen, und sie sind die Ursache des Fortschrittes der Menschheit. Wenn wir wahre Bahá’i sind, ist es nicht nötig, viel darüber zu sprechen. Unsere Taten werden uns eine Hilfe sein auf Seite 20 Erden, sie werden Zivilisation verbreiten, eine Hilfe für den Fortschritt in der Wissenschaft und die Ursache für die Entwicklung der Künste sein. Ohne Taten lässt sich nichts in der Welt verwirklichen oder vollenden, noch können Worte, die nicht durch Taten unterstützt werden, Menschen ins Königreich des Geistes führen. Durch Lippendienst allein gelangten die Auserwählten Gottes nicht zur Heiligkeit, vielmehr ist es ihr geduldiges Leben des tätigen Dienstes gewesen, wodurch sie Licht in die Welt getragen. Darum strebet darnach, dass eure Taten tagtäglich herrliche Gebete seien. Wendet euch zu Gott und suchet immer, zu tun, was recht und edel ist. Helfet den Armen, richtet die Gefallenen auf, tröstet die Betrübten, heilet die Kranken, beruhiget die Fruchtsamen, befreiet die Unterdrückten, bringet den Verzweifelten Hoffnung und gewähret den Verlassenen Zuflucht. Dies ist die Arbeit eines wahren Bahá’i, dies ist es, was ich von ihm erwarte. Wenn wir uns bemühen, alles dies zu tun, so sind wir wahre Bahá’i, doch wenn wir es versäumen, sind wir keine Kinder des Lichtes (Bahá’i) und haben wir kein Recht auf diesen Namen. Gott, der in alle Herzen siehet, weiss, wie ferne unser Leben noch von der Verwirklichung unserer Worte ist. 8) Der Zirkel der Einheit. Ich gebiete euch allen, dass jeder von euch die ganzen Gedanken des Herzens auf Liebe und Eintracht richte. Wenn ein Kriegs- Seite 21 gedanke in euch aufsteigt, so begegnet ihm mit einem stärkeren Gedanken des Friedens. Ein Gedanke des Hasses muss durch einen mächtigeren Gedanken der Liebe vernichtet werden. Gedanken an Krieg zerstören jegliche Eintracht, Wohlfahrt, Ruhe und Zufriedenheit. Gedanken der Liebe hingegen schaffen Brüderlichkeit, Frieden, Freundschaft und Glückseligkeit. Ziehen Soldaten dieser Welt die Schwerter, um zu töten, so müssen Gottes Soldaten einander die Hände schütteln. So mag durch die Gnade Gottes, die sich in den Herzen der Reinen und den Seelen der Aufrichtigen auswirkt, alle Wildheit der Menschen schwinden. Denket nicht, dass der Frieden der Welt ein unerreichbares Ideal sei, denn für Gottes Wohlwollen ist nichts unmöglich. Wenn ihr von ganzem Herzen Freundschaft mit allen Rassen auf Erden wünschet, so werden sich eure Gedanken geistig und aufbauend verbreiten, wird euer Wunsch zum Wunsche Anderer werden und sich dauernd verstärken, bis dass er aller Menschen Geist erreicht. Verzweifelt nicht, sondern arbeitet beständig! Aufrichtigkeit und Liebe werden den Hass besiegen! Wie viele unmöglich scheinende Ereignisse geschehen heute! Wendet ständig euer Angesicht dem Licht der Welt zu! Erzeiget Allen Liebe. „Liebe ist der Odem des heiligen Geistes im Herzen des Menschen.“ Fasset Mut! Gott verlässt Seine Kinder, die streben, arbeiten und beten, nicht. Lasset eure Herzen von dem tätigen Wunsch erfüllt sein, dass Ruhe und Harmonie die ganze streitende Welt umfassen. Dann wird euer Bemühen von Erfolg gekrönt sein und mit der universalen Brüderschaft das Gottesreich in Frieden und Wohlgefallen kommen. In diesem Raume sind heute Angehörige von Seite 22 vielen Rassen, französische, amerikanische, englische, deutsche und italienische Brüder und Schwestern freundschaftlich und in Harmonie beisammen. Lasst diese Versammlung eine Vorahnung von dem sein, was sich in dieser Welt wahrhaftig erfüllen wird, wenn jedes Gotteskind erkennt, dass Alle Blätter EINES Baumes, Blumen EINES Gartens, Tropfen EINES Meeres und Söhne und Töchter EINES Vaters sind, dessen Name ‚Liebe‘ ist.“ 9) In diesen Tagen hat der Osten einen materiellen Fortschritt nötig, und der Westen bedarf eines geistigen Ideals. Es wäre gut für den Westen, sich dem Osten um Erleuchtung zuzuwenden und ihm dafür seine wissenschaftliche Kenntnis zu vermitteln. Dieser Gabenaustausch muss erfolgen, Osten und Westen müssen sich vereinen, um einander das Mangelnde zu geben. Diese Vereinigung wird eine wahre Zivilisation hervorbringen, bei der das Geistige im Materiellen Ausdruck und Verwirklichung findet. Wenn so der Eine vom Anderen empfängt, wird grösste Eintracht herrschen, werden alle Menschen geeint, und ein Zustand grösster Vollkommenheit erreicht sein. Es wird ein festes Band abgeben, und die Welt wird zu einem glänzenden Spiegel für den Widerschein der Eigenschaften Gottes werden. Wir alle, die östlichen und die westlichen Völker, müssen Tag und Nacht mit Herz und Seele darnach streben, dieses hohe Ideal von der Vereinigung aller Völker auf Erden zu verwirklichen. Jedes Herz wird dann erfrischt, jedwedes Auge aufgetan, die wunderbarste Macht gegeben und die Glücksseligkeit der Menschheit wohl gesichert sein. Seite 23 Wir müssen darum beten, dass Persien durch die Freigebigkeit Gottes fähig werde, die materielle und geistige Zivilisation des Westens anzunehmen und durch Göttliche Gnade sein geistiges Licht dagegen zu geben. Der hingebenden kraftvollen Arbeit der vereinten Völker des Abend-und des Morgenlandes wird es gelingen, diesen Erfolg zuwege zu bringen, denn die Macht des Heiligen Geistes wird ihnen helfen … Die Grundlagen der Lehren Bahá’u’lláh’s sollten, eine um die andere, sorgfältig studiert werden, bis Geist und Herzen sie begriffen und verstanden haben. So werdet ihr zu starken Anhänger des Lichtes und wahrhaft geistigen, himmlischen Streitern Gottes werden, die die wahre Zivilisation in Persien, Europa und der ganzen Welt annehmen und verbreiten. Dies wird das Paradies sein, das auf Erden kommen soll, wenn das ganze Menschengeschlecht unter dem Zelt der Einheit im Reiche der Herrlichkeit versammelt sein wird. 10) Wenn ihr mit Menschen von anderer Rasse und Farbei als ihr selbst zusammenkommt, misstrauet ihnen nicht und zieht euch nicht in euren Panzer herkömmlicher Förmlichkeit zurück, seid vielmehr froh und zeigt ihnen Güte. Gedenket ihrer wie verschiedenfarbiger Rosen, die in dem schönen Garten der Menschheit wachsen, und freuet euch, dass ihr bei ihnen seid. Und wenn ihr Menschen trefft, deren Meinung von der euren abweicht, so wendet euer Angesicht nicht ab von ihnen, denn Alle suchen die Wahrheit, und es gibt viele Wege, die zu ihr führen. Wahrheit kann verschieden erscheinen, doch bleibt sie immer und ewig EINE. Lasst nicht Verschiedenheiten der Meinung Seite 24 oder Mannigfaltigkeit des Denkens euch von euren Nebenmenschen trennen oder in euren Herzen zur Ursache von Wortstreit, Hass und Hader werden. Forschet vielmehr fleissig der Wahrheit nach und machet alle Menschen zu euren Freunden. Jedes Gebäude ist aus vielen verschiedenen Steinen erbaut und doch hängt jeder Stein derartig von den übrigen ab, dass das ganze Gebäude litte, wenn man nur einen unter ihnen verrücken wollte: ist ein Stein fehlerhaft, so ist das ganze Bauwerk unvollkommen. Bahá’u’lláh hat den Zirkel der Einheit gezogen und einen Plan geschaffen, um alle Völker zu vereinen und sie alle unter dem schützenden Zelt der universalen Einheit zu versammeln. Dies ist das Werk der Göttlichen Freigebigkeit, und wir müssen uns alle mit Herz und Seele mühen, bis wir die Einheit in Wirklichkeit in unserer Mitte haben, und in dem Masse wie wir arbeiten, werden wir Kraft empfangen. Lasset alle Gedanken des Ichs und strebet nur darnach, dem Willen Gottes gehorsam und ergeben zu sein. So nur werden wir Bürger des Reiches Gottes werden und zum ewigen Leben finden. 11) Hemmende Vorurteile. Alle Vorurteile, ob sie sich nun auf die Religion, die Rasse, Politik oder Nation beziehen, müssen aufgegeben werden, haben doch diese Vorurteile die Erkrankung der Welt verursacht. Es ist eine ernste Krankheit, die, wenn ihr nicht Einhalt geschieht, das ganze Menschengeschlecht vernichten kann. Alle zerstörenden Kriege mit ihrem schrecklichen Blutvergiessen und Elend wurden durch Seite 25 das eine oder andere dieser Vorurteile hervorgerufen. Die in unseren Tagen ausgefochtenen beklagenswerten Kriege sind durch den leidenschaftlichen religiösen Hass eines Volkes gegen ein anderes oder durch die Vorurteile der Rasse oder Farbe entstanden. Solange diese durch Vorurteile errichteten Schranken nicht hinweggeräumt sind, vermag die Menschheit nicht in Frieden zu leben. Aus diesem Grunde sage Bahá’u’llah: „Derartige Vorurteile wirken zerstörend auf die Menschheit.“ Betrachten wir zunächst das RELIGIÖSE Vorurteil: Nehmt die Länder sogenannter religiöser Völker. Würden sie wirklich Gott verehren, so würden sie Sein Gebot befolgen, durch das ihnen verboten ist, einander zu töten. Wenn Priester der Religion wirklich den Gott der Liebe verehrten und dem Göttlichen Lichte dienten, so würden sie ihr Volk auch lehren, das Hauptgebot: „Verkehret mit allen Menschen in Liebe und Barmherzigkeit“ zu halten. Doch wir finden das Gegenteil, sind es doch oft die Priester, welche die Nationen zum Kampf ermuntern. Religiöser Hass ist stets der grausamste. 12) Durch alle Zeitalter hindurch wurden die Propheten Gottes in die Welt gesandt, dass sie der Sache der Wahrheit dienten. Moses brachte das Gesetz der Wahrheit, und alle Propheten Israels nach Ihm versuchten, es zu verbreiten. Als Jesus kam, entzündete Er die flammende Fackel der Wahrheit und hielt Er sie empor, dass sie die ganze Welt erhelle. Nach Ihm kamen Seine erwählten Apostel, trugen weit umherziehend das Licht der Lehren ihres Meisters in eine dunkle Welt hinaus und gingen gleichfalls. Dann kam Muhammad, der zu Sei- Seite 26 ner Zeit und auf seine Weise die Kenntnis der Wahrheit zu einem wilden Volke brachte, wie dies seit je die Sendung der Erwählten Gottes war. Als sich dann Bahá’u’lláh in Persien erhob, war es Sein heissestes Verlangen, das schwindende Licht der Wahrheit in allen Ländern wieder zu entzünden. Alle Geheiligten Gottes haben mit Herz und Seele versucht, das Licht der Liebe und Einigkeit über die Welt zu breiten, auf dass das Dunkel des Materialismus weichen und das Licht der Geistigkeit unter den Menschen leuchten möge. Dann werden Hass, Verleumdungen und Mord vergehen, und an ihrer Stelle Liebe, Einigkeit und Frieden herrschen. Alle Manifestationen Gottes kamen zu dem gleichen Zweck, und alle haben sie getrachtet, die Menschen auf den Weg der Tugenden zu führen. Dennoch streiten wir, ihre Diener, noch immer untereinander. Warum? Warum lieben wir nicht einander und leben wir nicht in Eintracht? Deshalb, weil wir unser Auge gegenüber dem allen Religionen eigenen Grundsatz schliessen, dass Gott nur Einer ist, dass Er unser aller Vater ist, dass wir alle in Sein Gnadenmeer getaucht und durch seine liebende Sorge beschirmt und sicher beschützt sind. Die herrliche Sonne der Wahrheit scheint gleichermassen für Alle, die Wasser der göttlichen Barmherzigkeit tränken Jeden, und Seine göttliche Gunst senkt sich auf alle Seine Kinder hernieder. 13) Was das RASSENVORURTEIL anbelangt, so ist es eine Täuschung, blosser, einfältiger Aberglaube, denn Gott erschuf uns alle aus einer Rasse. Im Seite 27 Anfang waren keine Unterschiede, sind wir doch alle Nachkommen von Adam. Im Anfang gab es auch keine Grenzen und Trennungslinien zwischen den Ländern, gehörte kein Teil der Erde einem Volke mehr als andren. In den Augen Gottes ist kein Unterschied zwischen den verschiedenen Rassen. Warum sollte dann der Mensch ein solches Vorurteil erfinden? Wie können wir am Kriege festhalten, dessen Anlass eine Täuschung ist? Gott schuf die Menschen nicht, um sich einander zu vernichten. Alle Rassen, Stämme, Sekten und Klassen haben gleichen Anteil an den Gaben ihres himmlischen Vaters. Der einzige Unterschied liegt im Grade ihrer Aufrichtigkeit, ihres Gehorsams gegenüber den Gesetzen Gottes. Manche sind wie flammende Fackeln, andere erscheinen wie Sterne am Himmel der Menschheit. Diejenigen, welche die Menschheit lieben, sind die Höherstehenden, gleichviel, zu welchem Lande, welchem Bekenntnis oder welcher Farbe sie gehören, denn sie sind es, zu denen Gott die gesegneten Worte sprechen wird: „“Ei du frommer und getreuer Knecht“. An jenem Tag wird Er nicht fragen: „Bist du Engländer, Franzose oder vielleicht Perser? Kommst du vom Osten oder vom Westen?“ Die einzige wirkliche Scheidung ist die, dass es himmlische und irdische Menschen gibt, Diener der Menschheit, die sich in der Liebe des Allerhöchsten opfern, Harmonie und Einigkeit bescheren, und die Menschen Frieden und guten Willen lehren, während die anderen jene selbstsüchtigen Menschen sind, die ihre Brüder hassen, in deren Herzen Vorurteile an die Stelle liebender Güte getreten sind und deren Einfluss Uneinigkeit und Streit verursacht. Welcher Rasse oder Farbe gehören nun diese zwei Arten von Menschen an, der weisse, gelben oder schwarzen, dem Osten, Westen, Norden oder Sü- Seite 28 den? Wenn dies die Unterscheidungen Gottes sind, warum dann sollten wir noch weitere erfinden? Auch das Politische Vorurteil ist vom Uebel. Es ist eine der grössten Ursachen erbitterten Streites unter den Menschenkindern. Es gibt Menschen, die am Zwietrachtsäen Vergnügen finden, die dauernd ihr Land zum Kriege gegen andere Länder aufzuhetzen suchen – und warum? Sie glauben Vorteile für ihr Land zum Nachteil aller übrigen zu gewinnen. Sie senden Armeen aus, die Länder zu bekriegen und zu zerstören, um in der Welt berühmt zu werden und um der Freude am Erobern willen, dass man von ihnen sage: „Dieses Land hat ein anderes besiegt und es dem Joch seiner stärkeren, überlegeneren Herrschaft unterworfen.“ Ein solcher um den Preis von vielem Blutvergiessen erkaufter Seig ist nicht von Dauer … Solche ruhmreichen Eroberungen sind so vergänglich! Warum misst man ihnen und ihrem Ruhm so grosse Wichtigkeit bei, dass man bereit ist, ihretwillen das Blut des Volkes zu vergiessen? Ist irgend ein Sieg die unvermeidliche Folge von Uebeln wert, die sich aus dem Hinschlachten von Menschen ergeben, den Kummer, die Sorgen und die Zerstörung, die über so viele Heimstätten in beiden Ländern kommen müssen? Denn es ist unmöglich, dass nur EIN Land darunter leidet. O, warum will der Mensch, das ungehorsame Kind Gottes, der ein Beispiel der Macht des geistigen Gesetzes sein soll, sein Angesicht von den Göttlichen Lehren wenden und seine ganze Anstrengung auf Zerstörungen und Kriege richten? Meine Hoffnung ist, dass in diesem erleuchteten Jahrhundert das Göttliche Licht der Liebe seine Strahlen über die ganze Seite 29 Welt ergiessen und in jedem menschlichen Wesen die Vernunft des verantwortlichen Herzen suchen und dass das Licht der Sonne der Wahrheit die Politiker dazu führen wird, die ganzen Ansprüche des Vorurteiles und des Aberglaubens abzuschütteln, um mit befreitem Geiste der Politik von GOTT zu folgen, denn Göttliche Politik ist mächtig, die der Menschen schwächlich‘! Gott hat die ganze Welt erschaffen und verleiht Seine Göttlichen gaben allen Geschöpfen. Sind wir nicht Gottes Diener? Wollen wir versäumen, dem Beispiel unseres Meisters nachzufolgen und Sein Gebot missachten? Ich bete, dass das Gottesreich auf Erden komme und dass der Glanz der himmlischen Sonne alle Finsternis vertreiben möge. 12) Verwirklicher der Göttlichen Einheit. Wir alle sind geeint in einer Göttlichen Absicht, haben keinen materiellen Beweggrund, und unser Lieblingstrachten ist, die Liebe zu Gott über die Welt zu tragen. Wir arbeiten und beten für die Einigung der Menschheit, dass alle Rassen der Erde zu einer Rasse, alle Länder zu einem Lande werden und alle Herzen gleich einem Herzen schlagen mögen, indem sie gemeinsam für die vollkommene Einheit und Brüderschaft der Menschen wirken. Preis sei Gott, dass unser Bemühen aufrichtig ist und wir unser Herz dem Reiche Gottes zugewendet haben. Unser grösstes Sehnen ist, die Wahrheit in der Welt errichtet zu sehen, und in dieser Hoffnung kommen wir in Liebe und Zuneigung einander näher. Ihr alle seid hochherzig, selbstlos und gewillt, dem grossen Ideal, nach dem ihr strebt, der Bruderliebe, dem Seite 30 Frieden und der Einigkeit unter den Menschen, allen persönlichen Ehrgeiz aufzuopfern. Zweifelt nicht, dass Gott zur Rechten und zur Linken mit uns ist, dass Er unsere Zahl von Tag zu Tag vergrössern wird, und dass unsere Versammlungen an Kraft und Wirkung zunehmen werden. Es ist meine liebste Hoffnung, dass ihr alle für Andere zum Segen werdet, den geistig Blinden Gesicht, den geistig Tauben Gehör und denen, die in Sünden tot sind, Leben gebet. Möget ihr denen, die im Materialismus versunkensind, zur Verwirklichung ihrer Gottessohnschaft helfen und sie ermutigen, sich zu erheben und sich ihres Geburtsrechtes wert zu erweisen, damit die Welt der Menschheit durch euer Bemühen zum Reiche Gottes und seiner Auserwählten werde. Ich danke Gott, dass wir in diesem grossen Ideale eins sind, dass mein Sehnen auch das eure ist und wir in vollkommener Einigkeit zusammenwirken … Arbeitet, arbeitet mit aller eurer Kraft, verbreitet die Sache des Göttlichen Reiches unter den Menschen, lehret die Selbstzufriedenen, sich demütig zu Gott zu wenden, die Sündhaften, nicht länger mehr zu sündigen, und harret mit froher Erwartung auf das Kommen des Reiches Gottes. Liebet und gehorchet eurem himmlischen Vater und bleibet versichert, dass die Göttliche Hilfe mit euch ist. Wahrlich ich sage euch, dass ihr in der Tat die Welt erobern werdet. Habet nur Glauben, Geduld und Mut: wir stehen erst im Anfang, doch ist euch der Erfolg gewisse, denn Gott ist mit euch. 14) Leider sehen wir auf allen Seiten, wie grausam, vorurteilsvoll und ungerecht der Mensch ist und wie schwer er sich zum Glauben an Gott und zur Befolgung Seiner Gebote aufrafft. Wie viel edler wäre es, wenn diese Seite 31 Völker einander lieben und helfen würden, statt dass sie darauf brennen, sich gegenseitig mit Schwertern und Geschützen zu vernichten, wie viel besser, wenn sie wie eine Taubenschar in Frieden und Eintracht beieinander wohnen würden, statt wie Wölfe einander in Stücke zu reissen. Warum hat der Mensch ein so hartes Herz? Weil er Gott noch nicht kennt, denn würde er Gott kennen, er könnte nicht geradezu Seinen Gesetzen entgegen handeln, wäre er geistig gesinnt, er könnte sich unmöglich derartig verhalten. Wenn an die Gesetze und Verordnungen der Propheten Gottes geglaubt worden wäre, wenn man sie verstanden und befolgt hätte, so würde das Antlitz der Erde nicht länger mehr durch Krieg verdüstert werden. Hätte der Mensch auch nur die einfachsten Grundlagen der Gerechtigkeit in sich, so wären solche Zustände nicht möglich. Darum sage ich euch: betet, betet und wendet euer Antlitz Gott zu, damit Er in Seinem unendlichen Mitleid und Erbarmen jene irre geleiteten Menschen helfen und beistehen möge. Betet, dass Er ihnen geistiges Verständnis gebe und sie Duldsamkeit und Barmherzigkeit lehre, dass ihre geistigen Augen geöffnet und sie mit den Gaben des Geistes ausgestattet werden möchten. Dann werden Friede und Liebe Hand in Hand durch die Lande ziehen und diese armen unglücklichen Menschen ruhe finden. Lasst uns Alle Tag und Nacht darnach streben, zu helfen, um bessere Zustände hervorzubringen. Mein Herz ist durch diese Schrecklichkeiten gebrochen und schreit lauf auf. Möge dieser Schrei auch andere Herzen erreichen! Dann werden die Blinden sehen und die Toten erweckt werden, wird die Gerechtigkeit herabkommen und auf Erden herrschen. Ich bitte euch alle, mit Herz und Seele zu beten, dass es sich erfülle! 5) Seite 32 Als Christus auftrat, offenbarte Er sich in Jerusalem. Er rief die Menschen zum Reiche Gottes, lud sie ins ewige Leben ein und hiess sie, menschliche Vervollkommnung zu erlangen. Durch diesen strahlenden Stern wurde das Licht der Führung ausgegossen, und schliesslich gab Er Sein Leben als Opfer für die Menschheit. Durch Sein ganzes gesegnetes Leben hindurch erduldete Er Unterdrückung und Mühsal, und doch war Ihm die Menschheit feindlich. Sie verleugneten und verspotteten, misshandelten und verfluchten Ihn. Er wurde nicht wie ein Mensch behandelt, und doch war Er die Verkörperung des Mitleids und der höchsten Güte und Liebe. Er liebte die ganze Menschheit, doch sie behandelten Ihn wie einen Feind und war nicht im Stande, Ihn zu schätzen. Sie mass Seinen Worten keinen Wert bei und wurde nicht durch die Flamme Seiner Liebe erleuchtet. Später erkannten sie, wer Er war, dass Er das Heilige und Göttliche Licht gewesen und dass Seine Worte ewiges Leben bargen. Sein Herz war voller Liebe zur ganzen Welt, Seine Güte dazu bestimmt, jedes einzelne Herz zu erreichen, und als sie endlich begriffen, bereuten sie ihr Verhalten, doch Er war schon gekreuzigt. Erst viele Jahre nach Seiner Himmelfahrt erfassten sie, wer Er war, und zur Zeit Seiner Himmelfahrt hatte Er nur ganz wenige Jünger. Nur eine verhältnismässig kleine Zahl von Anhängern glaubte an Seine Lehre und befolgte Seine Gebote. Die Unwissenden sagten: wer ist dieser Mensch? Er hat nur einige Jünger! Diejenigen aber, die begriffen, sagte: Er ist die Sonne, die im Osten und im Westen scheinen, Er ist die Manifestation, die die Welt beleben wird. Was die er- Seite 33 ersten Jünger geschaut hatten, erkannte die Welt erst sehr viel später. Seid in Europa daher nicht entmutigt, weil eure Zahl noch klein ist oder weil Leute glauben, eure Sache sei unbedeutend. Verliert nicht den Mut, wenn wenig Menschen in eure Versammlungen kommen, und seid nicht betrübt, wenn sie euch lächerlich machen und widersprechen, dann die Apostel Christi hatten das Gleiche zu ertragen. Sie wurden geschmäht und verfolgt, verflucht und übel behandelt, schliesslich aber waren sie siegreich und ihre Feinde wurden als die, welche im Unrecht warn, erfunden. Wenn sich die Geschichte wiederholen und euch alle diese gleichen Dinge widerfahren sollten, so seid nicht traurig, sondern voller Freude und danket Gott, dass ihr berufen seid, zu leiden, wie heilige Menschen vor alters litten. Seid freundlich zu ihnen, wenn sie sich in euren Weg stellen, seid fest in eurem Glauben, wenn sie euch widersprechen, sucht sie auf und behandelt sie freundlich, wenn sie euch meiden und fliehen. Tuet Niemandem ein Leid an, betet für Alle, trachtet, dass euer Licht in der Welt scheine und lasset euer Banner hoch in den Himmeln wehen. Der herrliche Duft eures edlen Lebens wird durch alles strömen, das Licht der Wahrheit , das in euren Herzen entzündet ist, bis in die fernsten Fernen dringen. Die Gleichgültigkeit und der Spott der Welt sind nichts, doch euer Leben wird die grösste Bedeutung haben. Alle, welche die Wahrheit im Himmlischen Reiche suchen, leuchten wie Sterne, sie sind wie die Obstbäume, beladen mit auserlesenen Früchten, und wie die Meere voll köstlicher Perlen. Glaubet nur an die Barmherzigkeit Gottes und verbreitet die göttliche Wahrheit. 16)