[Seite 1]IT GEIST
Gedanken fflr eine bessere W E L T
ND.S SONDEHNIJIVIIVIER: 1 994
150. J AHRESTAG DER BAHA'l-RELIGION
Seit 150 Jahren ist die Menschheit Zeuge eines Um—und Aufbruchs, für den es in der
Geschichte dieses Planeten keine Parallele gibt. Diese Zeitspanne war dynamischer, explosiver, unruhiger als jede vorangegange. Die Erde ist réiumlich ldeiner geworden, zugleich sind aber tiefe Klfifte zwischen Véilkern und Rassen in der politischen Voistellungswelt aufgebrochen. Die Menschheit ist wie zu keiner andern Zeit vor die Entscheidung gestellt, in planetarer Gemeinschaft friedlich miteinander zu leben oder im Kampf miteinander unterzugehen. Wie méichtig gaben sich einst die Institutionen und Gedankengebäude, die heute jéimmerlich versagen, weil man völlig verändenen Gegebenheiten mit den alten Vorstellungen und Denkmodellen nicht mehr gerecht wird! Selbst wenn wir mit Vernunft und gutem Willen hier und dort einzelne Probleme zu kisen versuchen — wo ist die unbesnittene Führung, die uns nicht nur die nächsten Schritte zeigt, sondem auf die Fragen nach dem Warum und Wozu dieser stürmischen Entwicklung eine positive, aufbauende Antwon zu geben vermag?
In Wissenschaft und Technik überstürzen sich bahnbrechende Erkenntnisse. Barrieren,
die vor kurzem noch als unüberschreitbar galten, versinken zur Bedeutungslosigkeit. Auch auf dem Gebiet des Glaubens bahnt sich ein nicht minder erregender Umschwung an: über Jahrhunderte sorgsam gehütete Traditionen und Vorstellungen geraten, langsam zwar. aber dennoch allgemein erkennbar, ins Wanken. An allen Ecken dieser Erde beginnt der Mensch seine Existenz, seine Aufgabe und das Wesen seines Glaubens neu zu überdenken, denn die Zukunft der zur Einheit dréingenden Menschheit fordert ihr Recht.
wir erleben weltweit eine Krise der Wertsysteme. Die Gesellschaft hat keine verbind lichen Werte mehr auf die sie sich stützen kann. Arnold Toynbee sagt, dass während des tiefsten Niedergangs einer grossen Zivilisation der Kern eines neuen geistigen Bewusstseins gebildet wird und sich stufenweise entwickelt, bis dieses Bewusstsein schliesslich als neue universelle Religion auf der Ebene der Menschheitsgeschichte hervortritt und zur Quelle einer blühenden Zivilisation wird. Die Welt braucht einheitlich ein solches Bewusstsein, nicht nur im Sinne einer Achtung der menschlichen Würde, sondem auch durch die Unterstützung neuer Werte wie:
Ablegen aller Vorurteile, Harmonie zwischen Wissenschaft und Religion,
Gerechtigkeit und angemessene Verteilung der Reichtümer, Abschaffen aller Arten von Ausbeutung, harmonische Beziehung zur sozialen und natürlichen Umwelt, Beratung und Konzept der Mitbeteiligung im Bereich der Arbeit und im allgemeinen, die gleichwertige Beteiligung der Frau an den öffentlichen Angelegenheiten und eine Erziehung, die sich sowohl die hochstmogliche Entfaltung des Menschen, wie die Entwicklung einer
globalen Gemeinschaft zum Ziel setzt. Die Redaktion
[Seite 2]Die Geburt einer neuen Religion
in unserer Zeit
"Die grossen, umwülzenden Ereignisse
der Weltgeschichte kommen auf „leisen Sohlen" heran. Dies gilt in hohem Masse für Geschehnisse, die in der Menschheitsgeschichte das Leben der Völker besonders nachhaltig beeinflusst und verändert haben, wie
das Erscheinen der Hochreligionen
Keine der überkommenen Universalreli gionen hat in ihrer Frühzeit die nichtgléiubige Umwelt den lcreativen, alles umgestaltenden und neubelebenden geistigen Impuls erahnen lassen, der später von ihnen ausging. Die dem Wort Gottes innewohnende Dynamik und Macht war in der Frühzeit der Religionen immer nur für die kleine Schar derer sichtbar, die an dieses schüpferische Wort Gottes glaubte und von ihm erfüllt war. Die Umwelt hat zunächst kaum davon Kenntnis genommen.
Romano Guardini: „Das Neue Testament bildet die einzige Quelle, die Von Jesus Kunde gibt„
Jesus Christus wurde ignoriert von der
zeitgenössischen Geschjchtsschreibung. Das ganze ausserchristliche Jahrhundert schweigt über ihn. Die Historiker Paléistinas, Griechenlands und Roms nahmen von dem Geschehen, das die damalige Welt verändern sollte und ohne das die Geisteswelt des Abendlandes nicht zu denken ware, dem Leben, Wirken und Sterben des Stifters der christlichen Religion, keine Notiz. Nur Tacitus erwähnt in den Annalen 15,44 — die Echtheit dieses Zeugrlisses ist umstritten einen „Christus„, der unter Kaiser Tibelius durch den Landpfleger Pontius Pilatus getötet wurde, und Feihn fort:
"Für den Augenblick war der verderbliche Aberglaube zurückgedrdngt warden, dach brac/1 er sich wieder Bahn, _nicht nur in Judüa, dem Ausgangspunkt dieses Ubels, sondern auch in der Hauptstadt, wo van überallher alles Scheussliche und Schandbare in Hülle und Ffille zusammenkommt und Anhcmg gewinnt„.
Auch der jüdische Gelehrte Philon von
Alexandtien, der ein umfangreiches Werk hinterliess und ein grosser Kenner der Bibel und der jüdischen Sekten war und der auch Pilatus erwéilmt, weiss nichts Von Jesus.
Für den gebildeten Réimer des 2.
Jahrhunderts war das Christentum eine obskure jüdisc_lle Sekte, ein "verderblicher Aberglaube", ein „Ubel", wie Tacitus es nennt, und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung, die Christen, glaubten an den Siegeszug dieser Religion....
Eine jede Religion hat in ihrer Frühzeit
zunächst Ignoranz, dann Spott und Verfolgung erfahren müssen. Zu keiner Zeit haben die nichtgléiubigen Zeitgenossen einer neuentstandenen Religion eine grosse Zukunft gegeben.
Heute sind auch wir Zeugen eines Ge schehens das auf „leisen Sohlen„ herankommt und bestimmt ist, die Welt zu verandem: das Entstehen einer neuen Religion, der Bahá’í-Religion, die den Anspruch erhebt, die Verheissungen der überkommenen Religionen zu erfüllen und sich bezeichnet als:
Die Religion der Zukunft
Vor 150 Jahren, am 23.Mai 1844 begann
die Bahá’í-Geschichte, als ein 25-jähriger Kaufmann in Schiras, Ali Muhaimnad, sich als der Verkünder des göttlichen Willens in unserer Zeit erklürte. Er nannte sich BAB. Dieser Name bedeutet „das Tor", denn Er beanspruchte, das Tor zu einem neuen Zeitalter des Friedens und der univeisalen Brüderlichkeit, zu sein.Auch sei Er der Herold Dessen , den Gott noch Offenbaren werde und der grésser sei als Er selbst. Dieser werde kommen um alle Menschen zu vereinen und einen gerechten, dauerhaften Frieden auf Erden zu errichten. Der Bab sammelte eine Schar von Jünger um sich, die „Buchstaben des Lebendigen„ (Gottes), wie Er sie nannte, die Er in die Provinzen Persiens sandte, Seine Lehren zu verbreiten und die Menschenherzen für das Kommen „Dessen, den Gott offenbaren wird„, vorzubereiten. Bald verbreitete sich die Botschaft des Bab wie ein Lauffeuer und l6ste im Iran eine gewaltige Erregung aus. Menschen aller Bevülkerungsschichten wurden davon erfasst und wollten mehr erfahren, denn der schjitische Islam war sehr aufgeschlossen für religüise Fragen .2’
[Seite 3]Auferstehung,
Paradies und Hölle.
„Ein wichtiger Teil der Lehre des BAB
ist Seine Erklarung der Begriffe: Auferstehung, Tag des Gerichts, Paradies und I-I6lle. Unter Auferstehung ist, wie Er sagte, das Auftreten einer neuen Manifestation der Sonne der Wahrheit zu verstehen. Das Aufeistehen vom Tod bedeutet die geistige Erweckung derer, die in den Gréibem der Unwissenheit, Achtlosigkeit und Sinnenlust schlafen. Der Tag des Geüchts ist immer dann, wenn eine neue Manifestation von Gott erscheint und so die Menschen vor die Entscheidung stellt, diese anzunehmen oder zu verwerfen. Paradies ist die Freude, Gott zu erkennen und zu lieben. Hülle bedeutet, dieser Erkenntnis beraubt und dadurch abgehalten zu sein, göttliche Vollkommenheit zu erlangen. Er erklärte endgültig, diese Ausdrücke hätten keinen andem Sinn ausser dem angegebenen, und dass die herrschenden Ansichten über die Aufetstehung des materiellen Kérpets, eines materiellen Himrnels und einer H61le u.s.w. nur Himgespinste seien. Er lehrte, das Leben nach dem Tod bringe unendlichen geistigen Fortschritt bis hin zur Vollkommenheit. Seine sozialen und ethischen Lehren, die für das damalige Persien revolutionéir waren, betrafen u.a. gr6ssere Freiheit für die Frauen, Versorgung der Armen. aus Eiffentlichen Mitteln, Abschaffen der Bettelei und Verbot berauschender Getréinke. Er éinderte bestimmte islamische Gesetze und Bréiuche und führte einen neuen Kalender ein. Das vorherrschende Thema Seiner Schüften aber war das Kommen „Dessen, den Gott offenbaren wird„.
Die ersten Verfolgungen
Viele gelehrte, hochangesehene religüise
Lehrer wurden Anhünger des BAB. Die weltlichen und geistlichen Autotitéiten waren alarmiert und schritten schnell ein. Es begannen blutige Verfolgungen. Nur 6 Jahre dauerte das Wirken des BAB, dann wurde Er, nach jahrelanger Gefangenschaft, 1850 auf einem Kasernenhof in Téibtis iiffentlich hingerichtet.
Bahá’u’lláh der Verheissene aller Religionen
Im Jahre 1863 erklärte sich Mírzá Husayn
Ali, der in Bagdad die entmutigten Anhänger des Bab um sich geschart hatte, als der vom Báb angekündigte „Verheissene aller Religionen„, als „Den, der Gott offenbaren wird„. Auf Betreiben der persischen Regierung wurde Er, der den Namen Bahá’u’lláh, d.h.Herrlichkeit Gottes, annahm, kurz darauf nach Konstantinopel und dann nach Adrianopel verbannt.
Bahá’u’lláh schrieb in den folgenden
Jahren von Adrianopel aus Seine eisten Sendschreiben an die damaligen gekrünten Héiupter des Abend— und Morgenlandes, in denen er Seine Sendung verkündete und die Herrscher dazu auftief, die Grundsütze Seiner Lehre in der Politik zu befolgen, die Kriegsrfistungen einzuschréinken und den Weltfrieden zu errichten.
Umnissvexständlich legte Er Seine Auf gabe dar, die Menschenwelt neu zu beleben, ihre Ordnung unter göttlicher Führung urnzugestalten und die gesamte Menschheit auf dem Wege des geistigen Fortschritts voranzuleiten. Als Ziel Seiner Sendung sah Er die Vereinigung aller Menschen in einer allumfassenden Ordnung, Eintracht, Frieden und Einigkeit. Er liess keinen Zweifel daran, dass die bestehende Ordnung durch die Hand des Allmächtigen beseitigt und eine neue an ihre Stelle gesetzt werde. Er wamt die Menschheit vor der Trübsal, die über sie kommen werde, falls Seine Ratschléige nicht befolgt würden und erkléin dies sei zugleich eine Léiuterung des Menschengeschlechts, dessen einzelne Teile zu einer organischen, unteilbaren, weltweiten Gemeinschaft zusamlnengeschweisst würden. Er verheisst, danach kéime eine strahlende Zukunft: das Kommen der „Gr6ssten Gerechtigkeit. 1868 endgültig nach Palüstina verbannt und in der türkischen Strafkolonie, der Kreuzfahrerfeste Akka, eingekerkert, verstarb Br 1892, nach einem entbehrungsreichen Leben, in dem nahe gelegenen Bahji, wo Er nach Milderung der Gefangenschaft Seinen Lebensabend verbracht hatte.
Qucllennachweis:
Vergl.1) Sch:ifer:„Die missverstandene Religion,
2) Perkins/Hainsworlh:„Die Bahá’í':Was sie glauben.../’ 3)Esslemont, „Bahá’u’lláh und das neue Zeitalter 4)Sendschreiben—Auszüge aus „Die Verkündigung Bah:iu’lléhs„ ,
alles erschienen im Bahá’í'—Verlag G1nbH HofheimLangenhain.
[Seite 4]" Sendschreiben
an weltliche und geistliche
Würdentrfiger
Die meisten Vertreter von Herrscherge walt Seiner Zeit wurden von Bahá’u’lláh angesprochen und ermahnt. Hier einige kurze Auszfige aus Seinen Sendschreiben, die an verschjedene Henscher persénlich gerichtet waren.
Napoleon [[I.
Kaiser von Frankreich und méichtigster Herrscher seiner Zeit auf européiischem Festland:
" 0 Kéinig von Paris! ..Binnen kurzem wird all dein Besitz untergehen geziemt sich nicht, deine Geschdfte nach den Befehlen deiner Leidenschafi‘ zu fi4'hren....Fi¢r das, was du getan hast, wird dein Reich in Verwirrung gestfirzt werden; deine Herrschaft soll deinen Hcinden zur Strafe fir das, was du venibtest, entgleiten. Dann wirst du erkennen, wie sehr du dich geirrt hast... Hat dein Pomp dich stolz gemacht?..Er wird nicht von Dauer sein, nein, er wird bald dahinschwinden... Würde der Windhauch der (m„enbarung dich erfassen, du würdest die Welt fliehen, würdest dich dem Reiche Gottes zuwenden und alles hingeben, was du besitzest, um dieser erhabenen Schau nahezukommen. „
Napoleon I11. verhohnte das erste Send schreiben, das er von Bahá’u’lláh bekam. 1m 2. Sendschreiben wurde ihm sein Untergang vorausgesagt. Im deutsch—franz6sischen Krieg geriet er dann 1870 bei Sedan in Gefangenschaft, in Paris wurde die Republik ausgerufen und er starb 1873 in London im Exil als gescheiterter Mann.
Papst Pius IX.,
oberstes Haupt der grossten christlichen Kirche und damals Zeptertréiger weltlicher und geistlicher Gewalt:
"0 Papst! Zerreisse die Schleier! Er, der Herr der Herren, ist gekommen, von Wolken überschattet, und der Ratschluss ist erfüllt warden durch Gott, den Allmdchtigen, den Unendlichen ..Wahrlich, Er ist wieder vom Himmel herniedergekommen... Hüte dich mil [hm zu streiten, wie es die Pharisder mit Ihm (Jesus) taten ohne ein klares Zeichen oder einen Beweis.. Lasse die Welt hinter dir und wende dich deinem Herrn zu, durch welchen die ganze Erde erleuchtet warden ist... Wohnst du in Palcisten, wdhrend Er, der König der Qfenbarung in der trostlosesten Behausung lebt? Uberlasse sie denen, die sie begehren, und wende dein Antlitz mit Freude und Wonne dem Reiche Gattes zu...Erhebe dich im Namen deines Herrn...inmitten der Völker der Erde und ergreife den Kelch des Lebens ...trinke du zuerst davon und biete ihn sodann solchen an, die sich [hm ...zuwenden. „
0 höchster Priester...übergib dein Königreich den Königen und tntt hervor aus deiner W0hnung, dein Angesicht zum Reiche Gottes erhoben.....Dann verkünde, losgelcbst von der Welt, das Lab deines Herrn zwischen Himmel und Erde... Hfite dich, dir die Dinge dieser Welt und ihre Reichtümer anzueignen...sei so, wie dein Herr gewesen ist... „
Als Napoleon III. in Sedan gefangen ge nommen wurde, nahmen italienische Truppen Rom ein und beschränkten die staatliche Oberhoheit des Papstes auf den Vatikan. Dies erfolgte, nachdem Pius IX. das mahnende Sendschreiben Bahá’u’1léhs empfangen und abgelehnt hatte.
Wilhelm 1.,
Künig von Preussen und neuausgerufener Kaiser des geeinigten Deutschlands:
„0 König van Berlin!..Hi7te dieh. dass dich niclzt Stolz hindere, den Tagesanbruch göttlicher Offenbarung zu erkennen, dass irdische Wunsche diclz niclit wie durch einen Sclzleier trennen von dem Herrn des Tllrones im Hinimel und auf Erden lzienieden. Dies rd! dir die Feder des Hficlzsten...
O Ufer des Rlzeins! Wir haben euclz mit Blut bedeckt geselzen; denn die Schwerrer der Vergeltung wurden gegen euch gezückt; und es sol] nach einmal geschehen. Und wir hören das Wehklagen Berlins, obgleich es heute in sichtbarem Ruhme strahlt. „
Königin Victoria Von Grossbritannien
„ Gib dein Begehren auf und wende sodann dein Herz deinem Herrn.. zu. Wir haben erfahren,
dass du den Handel mit Sklaven, Mdnnern snwohl wie Frauen, verboten hast. Wahrlich, dies ist, was Gott in dieser wundervollen Offenbarung zur Pflicht gemacht hat. Gort hat dir da_/fir eine Belnhnung bestimmt. Er wird dem, der GuIes tut, seinen gereclnen Lohn geben....
Wir haben auch gehfirt, dass du die Zugel der Berarung den Handen der Vnlksvertreter anvertraut hast. Du hastfiirwahr gut daran getan.. Es geziemt diesen jedoch, vertrauenswürdig zu sein unter Seinen Dienern und sich als die Vertrerer aller zu betrachten, die auf Erden wobnen. Dies ist es, was Er ihnen in diesem Tablet rüt, Er, der Herrscher, der Allweise... „
Als Antwort auf dieses Sendschreiben
schickte die Königin den Oxforder Orientalisten Professor Browne nach Akka. Dieser schilderte seine Begegnung mit Bahá’u’lláh sehr eindrucksvollz
„Das Antlitz, in das ich nun blickre, kann iclz nie vergessen, ubwohl ich nicht imstande bin, es zu beschreiben. Diese durclidringenden Augen schienen auf dem Grunde der Seele zu lesen. Unnfitig zu fragen, in wessen Gegenwart ich stand, als ich mich vor dem vemeigte, der das Ziel einer Verehrung und Liebe ist, um die ilm Könige beneiden k0"nnten und nach der sich Kaiser vergeblich sehnen.... „
Bahá’u’lláh wandte Sich in Seinen Sendschreiben unter anderem auch
An die Christen
"... Wahrlich, Er (Jesus) sagte:
FolgeI Mir nach, und [ch will euch zu Menschenfischer machen. Am heutigen Tage jedoch sagen Wir: F0lget Mir nach, aufdass Wir euch zu Lebensspendern der Mensehheit maclzen. „
An die Priester und Münche
„() Sehar der Priester! Lass! die Glocken hangen und kommt aus euren Kirchen...Lasst den Odem Gortes euch erwecken.. er hat über die Welt geweht. Walzl dem, der seinen Dufr empfimden hat und unter die ganz Sicheren gezählt warden istl... „
„0 Schar der M0„nche.’ Wer sic/1 in einem Haus abschliesst, ist fürwahr ein T0ter...Es geziemt dem Menschen, das aufzuweisen, was allem Erschaffenen Nutzen bring! ..S0lclles rcit euch euer Herr, und Er, wahrlich ist der Allmcichrige, der Allgzitige. Schliesst die Ehe, damit nach
euch ein anderer euren Platz au.s_'f17Ilen m5ge.. „
[Seite 6][Seite 7]
Abdu'l-Bahá :
Weltgesellschaft und neue Werte
Das Zusammenleben der Menschheitsfamilie
Wit gehoren doch einer Rasse, einer Menschheitsfamilie an; wannn sollten wir
da alle andem als bose und minderwe11ig.. als Freiwild für Plünderungen und Angriffe..betrachten?
Warum tritt der Mensch seinem Mitmenschen rrlit derartigen Einstellungen und Handlungen entgegen? '>
Mögen in dem Juwelenkranz der Menschenrassen die Farbigen wie Saphire und
Rubine, die Weissen wie Diamanten und Perlen sein. In ihrer Einheit und ihrer harmonischen Verbindung wird die herrliche Komposition der Menschheit offenbar werden. 2* Ist Einheit zwischen Farbigen und Weissen erreicht, so ist das der Garant des Weltfiiedens. ’>
Sage nicht, dass jemand Italiener, Franzose oder Engléinder ist, ...al]e sind Men schen! Vergesst dje Iandeszugehéirigkeit — alle sind gleich im Angesicht Gottes...Warum sollten wir überhaupt Ausléinder als Fremde behandeln? ..Begnügt euch nicht damit, durch Worte Freundschaft zu erzeigen, lasst eure Herzen in liebevoller Freundschaft für alle erglühen, die eure Wege kreuzen. Seid freundlich zu den Fremden, gleichviel ob sie aus der Türkei, aus Japan, Persien, Russland, China oder irgendeinem andern Land der Erde kommen. Helft ihnen, sich daheim zu fühlen, erkundigt. euch nach ihrer Unterkunft, fragt, ob ihr ihnen nicht irgendeinen Dienst erweisen künnt, und versucht, ihr Leben ein wenig glücklicher zu machen. "
Die Mannigfaltigkeit innerhalb der menschlichen Familie mfisste die Ursache der
Liebe und des Zusammenklangs sein, wie in der Musik, bei der verschiedene Noten in eineln vollkommenen Akkord ineinander wirken. Wenn ihr rnit Menschen anderer Rasse und Farbe als der eurigen zusammenkommt, so seid nicht misstrauisch gegen sie und zieht euch nicht in das Schneckenhaus herkéimmlicher Férrnlichkeit zurück, sondem seid froh und erzeigt ihnen Güte. Denkt an sie wie an verschiedenfarbige Rosen, die im schéinen Garten der Menschheit wachsen, und freut euch, dass ihr unter ihnen seid. Auch wenn ihr Menschen trefft, deren Meinung von der euren abweicht, kehrt euch nicht ab von ihnen, alle suchen die Wahrheit und es gibt vielerlei Wege, die zu ihr führen. Wahrheit kann verschieden erscheinen, doch bleibt sie immer 11nd ewig eine. Lasst nicht Verschiedenheit der Meinung oder Mannigfaltigkeit euch von eurem Nebenmenschen trennen oder in euren I-Ierzen zur Ursache von Wortstreit, Hass und Hader werden. Forschet vielmehr der Wahrheit nach und machet alle Menschen zu euren Freunden. 5’
Ma11 darf in jedem menschlichen Wesen nur das sehen, was des Lobes würdig
ist. Wenn man so handelt, kann man der ganzen Menschheit Freund sein. Betrachten wir die Menschen jedoch vom Standpunkt ihrer Fehler aus, dann ist es eine éiusserst schwierige Aufgabe, mit ihnen Freundschaft zu pflegen.."’ Wir müssen einander allezeit 1oben,...von allen Menschen mit An erkennung sprechen und dadurch den Unffieden und Hass beseitigen, welche die Menschen einander entfremdet haben. 7’
Der Mensch darf nicht auf die Untetschiede der Rasse oder Nationen schauen, er
darf nicht auf die Velschiedenheit der Bekenntnisse achten und auch nicht die verschiedenen Denkebenen in Betracht ziehen..
Er muss vielmehr alle als eine Menschheit ansehen..
als eine Familie, als eine Rasse, als einen Stamm..„’ Quellennacbweis: 1)Bahá’í'—Briefe, Heft 29, S. 726 2)Balyuzi, S256 3)Ebeuda, S.253 4)Ansprachen in Paris, Kapitel 1 5)Ebenda, Kapitel 15 6)Kleine Auswahl,S. 28 7)Balyuzi. Bd.l, S.433 8)Ebenda, S.289
[Seite 8]Menschheitsfamilie im Werden:
Es gibt Gedanken, die nur in der Welt des Denkens bestehen und es gibt andere, die sich in Taten éiussern. Mancher freut sich über seine erhabenen Gedanken, doch wenn diese nie die Ebene der Tat erreichen, sind sie zwecklos. Wie soll das Unrecht aus der Welt verschwinden, wenn von hohen Zielen und Idealen, wie z.B. von Einheit der Menschheit oder weltumfassender Freundschaft zwischen allen Nationen, Rassen und Klassen nur geredet wird? Würden Taten an die Stelle der Worte treten. so würde das Elend auf der Welt sehr bald in Wohlergehen verwandelt werden. "
Geographisch am weitesten verbreitet, an zweiter Stelle
hinter dem Christentum", zählt die Bahá’í'—Religion ca.5—6 Millionen Menschen, die sich weltweit darum bemfihen, aufs neue geistige Werte in ihrem beben zu verwirklichen, diese in die Gesellschaft einzubringen und so zu einer Befriedung des Planeten beizutragen. Es sind dies junge und alte Menschen aus allen Kulturkreisen, Klassen, Rassen und Religionen, die so versuchen die Lehren Bah2iu’ll2ihs für eine geeinte Menschheit dutch ihr Leben in die Tat umzusetzen. Ihr vorurteilsfreies Mjteinander bewirkt, gleich dem harmonischen Ineinandergreifen der Zahnrüdchen eines Uhrwerks, eine optimale zeitliche Erneuerung der Werte irmerhalb der Weltkultur. Sie sind der lebende Beweis dafür, dass pers6nliche und gesellschaftliche Pro Vision der zukünftigen Gesellschaftsordnung
bleme sich dutch Beratung l6 sen lassen, sofem man die „Ratschléige aus der Feder des Hochsten„ befolgt, denn diese sind das Heilmittel für unsere chaotische Welt.
Die heutige Weltkrise durchläuft 2 Prozesse, die gleichzeitig ablaufenz der Zerfallsprozess, der recht augenfallig ist, und der Aufbauprozess, der erst bei genauerem Hinschauen erkennbar ist. Der Zerfallsprozess zeigt sich besonders im Zerfall der alten Religionen, der Grundregeln von Recht und Moral, im Chaos von Politik und Kultur, sowie in Nationalismus, Rassismus und in jeder andern Art
von Ausgrenzung und Unterdrückung.
Der Aufbauprozess wird getragen von allen Menschen, die versuchen durch eigene Wahrheitssuche einen geistigen Weg zu finden und bereit sind, sich einzusetzen, damit neue Werte auf dieser einen Welt in die Tat umgesetzt werden.
" „Die Vereinigung der ganzen Menschheit ist das Kennzeichen der Stufe, der sich die menschliche Gesellschaft heute nähert. Die Einheit der Famjlie, des Stammes, des Stadtstaates und der Nation ist nacheinander in Angriff genommen und vüllig erreicht worden.
Welteinheit ist das Ziel
dem eine gequéilte Menschheit zustrebt. Der Aufbau von Nationalstaaten ist zu einem Ende gekommen. Die Anarchie, die der nationalstaatlichen Souveréinitéit anhaftet, nahert sich heute einem Höhepunkt. Eine Welt, die zur Reife heranwächst, muss diesen Fetisch aufgeben, die Einheit und Ganzheit der menschlichen Beziehungen erkennen und ein für allemal den Apparat aufrichten, der diesen Leitgrundsatz ihres Daseins am besten zu verkürpem vermag...
Die Einheit des Menschengeschlechts, wie sie Bahá’u’lláh vorausschaut, umschliesst die
Begrfindung eines Weltgemeinwesens
in welchem alle Nationen, Rassen, Klassen und G1aubensbekenntnisse eng und dauerhaft vereint, die Autonomic seiner nationalstaatlichen Glieder sowie die persönliche Freiheit und Selbständigkeit der einzelnen Menschen, aus denen es gebildet ist, ausdrücklich und völlig gesichert sind. Dieses Gemeinwesen muss, so weit wir es uns vorstellen können, aus einer Weltlegislative bestehen, deren Mitglieder als Treuhéinder der ganzen Menschheit die gesamten Hilfsquellen aller Mitgliedsstaaten überwachen. Sie muss die erforderlichen Gesetze geben,um das Leben aller Rassen und Volker zu steuern, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihre wechselseitigen Beziehungen anzupassen.
[Seite 9]Eine Weltexekutive
gestützt auf eine intemationale Streitmacht, wird die Beschlüsse jener Weltlegislative ausführen, deren Gesetze anwenden und die orgarlische Einheit des ganzen Gemeinwesens sichem.
Ein Weltschiedsgerichtshof
wird seine bindende, endgi'1ltige Entscheidung in sämtlichen Streitfragen, die zwischen den vielen Gliedern dieses allumfassenden Systems auftreten können, fiillen und zustellen.
Ein Netzwerk weltweiter Kommunikation
wird ersonnen werden; es wird den ganzen Erdball umspannen und, Von allen nationalen Hindemissen und Beschrfinkungen frei, mit wunderbarer Schnei ligkeit und vollkommener Pünktlichkeit ablaufen.
Eine Welthauptstadt
wird als Nervenzentrum einer Weltzivilisation und als Brennpunkt wirken, in dem die einigenden Lebenskräfte zusammenlaufen und Von dem ihre kraftbtingenden Einflüsse ausstrahlen werden.
Eine Weltsprache wird entweder geschaffen oder unter den bestehenden Splachen ausgewéihlt und in den Schulen aller verbündeten Nationen als ein Hilfsmittel neben der jeweiligen Muttersprache gelehrt werden. Eine Weltschrifi, eine Weltliteratur, ein einheitliches, allumfassendes Wührungs—, Gewichts- und Mass-System werden den Verkehr und die Verständigung unter den Nationen und Rassen der Menschheit vereinfachen und erleichtern.
In dieser Weltgesellschaft werden Wissenschaft und Religion, die beiden gewaltigen Kräfte im menschlichen Leben, in Einklang gebracht sein; sie werden z11sammenwirken und sich harmonisch entwickeln.
Die Presse
wird in einem solchen System der Darlegung der ve1:schiedenen Ansichten und Überzeugungen der Menschheit vollen Spielraum gewähren, aber nicht mehr dutch althergebrachte Interessen, seien sie perséinlicher oder allgemeiner Natur, unheilvoll gelenkt sein; vom Einfluss streitender Regierungen und Vülker wird sie befreit sein.
Die wirtschaftlichen Hilfsmittel der Welt werden organisien, ihre Rohstoffquellen erschlossen und restlos nutzbar gemacht, ihre Méirkte aufeinander abgestimmt und entwickelt, die Verteilung ihrer Erzeugnisse unparteüsch geregelt werden.Nationale Rivalitit, Hass und Intrigen werden aufhören, Feindseligkeiten und Rassenvorurteile werden durch Freundschaft, Vexständigung
und Zusammenarbeit ersetzt werden.Die Ursachen religiöser Zwistigkeiten werden für immer aus dem Wege geréiumt werdemwirtschaftliche Schranken und Hindernisse werden völlig beseitigt, der masslose Klassenunterschied verwischt werden. Mange] auf der einen Seite und unméissige Anhéiufung von Eigentumsrechten auf der andem Seite werden verschwinden. Die ungeheuren Kräfte, die für die wirtschaftliche und politische Kriegsführung verzettelt und vergeudet werden, fliessen Zwecken zu, welche die Reichweite menschlicher Erfindungen erweitem, die technische Ent wicklung fördern, die Produktivitéit der Menschheit steigern, Krankheiten ausrotten, wissenschaftliche Foischungen ausdehnen, den kéirperlichen Gesundheitszustand heben, den menschlichen Veistand schéirfen und verfeinern, die ungenutzten, ungeahnten Hilfsquellen dieser Erde ausbeuten, das menschliche Dasein verléingem und jedwedes andere Mittel ffirdem, welches das velstandliche, sittliche und geistige Leben des ganzen Menschengeschlechts anzuregen vermag..„
Quellennachweis:
l) vergl: Abdu’l-Bah:«i, "Ansprachen in Paris„
2)199l, Britannica Book of the Year 3) bis Ende des Artikels: Sh.Effendi, Brief vom 11.3.1936 in: „Die Weltordnung Bahá’u’ll:ihs„; Bahá’í-Verlag, Hofheim/Langenhain 1977- 134
[Seite 10]IM Der Einheitsgedanke
„Die Anerkennung der gn_1_ndséitzlichen Gleichheit und Einheit alles dessen, was lebt, schliesst bereits den Gedanken an Uber— und Unterlegenheit aus.„ Mahatma Gandhi, am 5.11.1915 in „ Young India„, zitiert in „ Worte des F riedens, S.59f
„Da es nur einen Vater Himmel und nur eine Mutter Erde gibt, ist alle Schopfung miteinander verbunden und sind alle Mitglieder einer einzigen Familie. Es ist dies nicht ein Gegenstand der Tren nung, sondern der Integration — der vielen individualisierten Ausdruckformen des einen grossen
Geistes! Alte Navajo-Tradition, zitiert nach David Villasenor, in "Mandalas im Sand„, S. 65
„Wenn wir uns nicht dazu verstehen, die einzelnen Staaten in ihrer Souverünitéit zu beschréinken, indem sich alle zu gemeinsamer Aktion verpflichten gegen jeden Staat, der sich einem Urteil des Schiedsgerichts offen oder versteckt widersetzt, so können wir aus dem Zustand der allgemeinen Anarchie und Bedrohung nicht herauskommen. Unbeschränkte Souverünitéit der einzelnen Staaten und Sicherheit gegen Angriffe lassen sich durch keinerlei Kunstgriffe miteinander veneinigen.„
Albert Einstein. in "Mein Weltbild„, S.59
„Man kann nicht durch den Weltmarkt unseren Planeten okonomisch-funktional zu einer Einheit werden lassen ohne Instanzen einer einheitlichen politischen Entscheidung. Das Ergebnis kann nur katastrophal sein.„*Der Weltfriede ist nicht das goldene Zeitalter, sondern er ist die Verwandlung der Politik in Weltinnenpolitik. Die Weltinnenpolitik hat schon begonnen, denn es gibt schon praktische Gemeinschaftsaufgaben der ganzen Menschheit/’**
Carl Friedrich von Weizséickcr. *in „ Die Zeit dringt„, S.51 und ** in „ Der ungesicherte Friede„, S.l0
„ Die Menschheit kann durch Selbstzerstérung untergehen, oder ihre geistige Vitalität kann erstarken und ein neues Zeitalter heraufziehen lassen, das diese Erde zu einer echten Heimat der Menschheit werden léisst.„
Sarvapalli Radhakrishnan, indischer Religionsphilosoph, in „ Die Emeuerung des Glaubens aus dem Geist„ S.12
„Ein weitaus wünschenswerterer Weg zur Sicherung des Weltfriedens wäre ein freiwilliges Abkommen unter den Nationen, ihre bewaffneten Streitkräfte in einen Topf zu werfen und sie einer gemeinsam vereinbanen internationalen Instanz zu unterstellen.„
Bertrand Russell, in „Hat der Mensch noch eine Zukunft?„. S.67
„Das, was man jetzt christliche Religion nennt, gab es schon bei den Alten und fehlte nie seit Anfang des menschlichen Geschlechts, bis dass Christus im Fleisch erschien, VO1'l wo an die wahre Religion, die schon da war, anfing, die christliche genannt zu werden.„
Augustinus. in „Retractiones" I, S.13
„ Du bist es, o Gott, der in den vetschiedenen Religionen auf verschiedene Weise gesucht und mit verschiedenen Namen genannt wird, denn du bleibst, wie du bist, allen unfasslich und unaussprechlich. Sei gnéidig und zeige dein Antlitz...Wenn du gnéidig so tun wirst, dann werden aufhören das Schwert und der neidvolle Hass und alles Ubel, und alle werden erkennen, wie nur eine Religion ist in der Mannigfaltigkeit der religiosen Bréiuche.„
Nicolaus von Kues, im Jahre 1454
[Seite 11]LEO TOLSTOI:
„Wir verhringen unser Leben mit dem Versuch, das Geheirnnis des Urliversulns zu erschliessen. Da war ein tnrkischer Gefangener, Bahziu’lld/1, der hatte den Schlüssel. Ba/1du’llahs Lelzren heschenken uns mit der h(')chsten und reinsten Farm religiöser Le/Ire. „
Im Januar 1904 wurde in St.Petersburg ein Drama aufgeführt, das die literarischen Kreise Russ
lands und sodann eines grossen Teils Europas für lange Zeit begeistene. Die russische Dichterin Isabel Grinevskaya, eine illustre und bewunderte Teilnehmerin an den philosophischen Kreisen der Hauptstadt, hatte ein Drama über den BAB geschrieben, das mit grossem Erfolg aufgefühn wurde. Diese faszinierende persische Personlichkeit, die in Téibriz im Juli 1850 den Méirtyrertod starb, fand reges Interesse und das Drama gelangte sogar noch im nachrevolutionéiren Russland zur Auffiihrung. Es zog die Aufmerksamkeit vieler Leute auf sich, insbesondere die des grüssten russischen Literaten der damaligen Zeit, Leon Tolstoi. Er las dieses Drama im Laufe des Jahres 1903 und schrieb der Autorin einen Lobesbrief, welcher anschliessend in der russischen Presse erschien:
„Die Lehren der Bdbi, die den alten muslimischen Aberglauhen ablehnen und als Grundprinzipien Bruderschaft und Liebe predigen, werden eine grnsse Zukunft hahen... Ich sympathisiere van ganzem Herzen... „ "
Tolstoi blieb sicherlich sehr beeindruckt Von den Lehren die aus Persien kamen und er las mit grüsstem Interesse alle Schriften, die er bekommen konnte, denn er hatte die unerrnessliche Kraft in der Botschaft Bahaiu’llahs und ihre Bedeutung für die Welt erfasst. Die meiste Zeit seines Lebens widmete Tolstoi der Suche nach Wahrheit, in einer Weise, die ihn auf die Ebene eines Sozialreformators und eines geistigen Führers für das russische Volk erhob. Das ging soweit, dass die orthodoxe Kirche ihn exkommunizierte. In der Zeit, da er Anna Karenina schrieb, verfiel er in eine betrübliche geistige Krise. lhr folgte eine religiose und philosophische Wandlung, die in seinen Bekenntnissen (1879) zu spüren ist. Sein grundlegendes Dilemma war der Gegensatz zwischen Glaube und Vernunft, ein tragischer Kampf zwischen den beiden Hauptkomponenten des Menschen: dem Herzen und dem Verstand. Er war ein Mann, der die Werte der Vernunft in höchstem Masse schätzte, dessen Intelligenz aber durch das Feuer der Liebe erwéirmt wurde. Er sah die Taten der Menschen Von drei Elementen beherrscht: dem Gefühl, der Vernunft und der Vorstellungskraft.
„Im religiösen Bereich rufi‘ das Gefithl im Menschen die Natwendigkeit wach, eine Verbindung mit Gott herzustellen, wdhrend die Vernunfi‘ diese Verbindung definierr und die Vorstellungskraft den Anstoss zu Taten gibt. „ 2’
Tolstoi bezeugte besonders in den letzten Jahren seines Lebens die Notwendigkeit einer wahren Religion, die auf dem Verstand gründet und zugleich für die ganze menschliche Rasse und nicht nur für eine bestimmte Schicht zugéinglich ist. Er ging sogar noch weiter: eine derartige Religion würde eine moralische Verpflichtung für jeden Menschen werden, während die Ursache für Kriege und Konflikte in der Unkenntnis dieser wahren Religion zu suchen sei.„
Tolstoi bestätigte weiterhin in einem Brief, dass die Lehren Baha’u’l1éhs mit dem Geist unserer Epoche in Einklang stünden:
„Wenngleich noch im Kindheitsstadium, entsprdcherz sie den wirklichen Bedürfnissen der Menschen und würden im Laufe eines Jahrhunderts wahrscheinlich in der Welt verankert sein " „
Kurzfassung des Anikels von Luigi Zuffala aus „Opinione Bahá’í"',Invemo 1980. Ubersetzung:P.Hofman Quellenangabez 1) L. Tolstoi:Letter to Isabel Grinevskaya,"Bahá’í'-World",Vol XII, S.817 2)L. Tolstoizwhat ist Religion, and Wherein lies its Essence? in Essays and Letters, London, 1911, S. 29 3)L. Tolstoi: Poinoe Sobranie Sochinenji( The Complete Collected Works of Tolstoi) Moscow 1935,Vol. 73 S. 94 4) Ghadirian,a.a.O., $.20
[Seite 12]Kultur-kalender
April - Mai - Juni 1994
Alle Veranstaltungen: --- Eintritt frei -- DIFFERDINGEN: DIA-SHOW: " LUMIERE NEE d UNE PRISON"
Sonntag, 17. April 1994 um 16.00 Uhr im alten Gemeindesaal Vorgestellt von Georges Pfeiffenschneider
Org. Bahá’í-Differdingen
Kunstphotographiez 4Dia-Shows in Uberblendtechnik, préisentiert auf Landesebene Von,
Dr.AFSCHARIAN, Küln
Der Bahá’í-Tempel in Indien (Dia-Show Von Dr. Afscharian in Differdingen)
[Seite 13]DIFFERDINGEN: Donnerstag, 28. April 1994 um 20 Uhr, im alten Gemeindesaal
KULTUR, ARC HITEKTUR UND RELIGIONEN IN NEPAL UN D INDIEN
Vorgestellt werden Land und Leute, Architektur und Religionen, die bedeutendsten Baudenkméiler und heiligen Stätten in Neu-Delhi, Kalkutta, Bombay, Benares, Sarnat und Agra. Femer die
Hohlentempel von Ajanta und Ellora, sowie die grossartigen Tempelanlagen von Maduray und Khajuraho.Weitere Hohepunkte sind Nepal mit Kathmandu und das Bahá’í'—Haus der Andacht in
Neu Delhi in Form einer Lotosblüte, das bedeutende Architekturpreise gewonnen hat. ln dieser Andachtsstütte werden Texte aus allen Heiligen Schriften der Hochreligionen vorgetragen, als Ausdruck der Einheit Gottes, der Religionen und der Menschheit.
ETFELBRDCK: Nlittwoch, 27. April 1994 um 19.30 Uhr, im Gemeindesaal
ENTSTEHUNG UND BEWALTIGUNG VON FAMILIEN - UND GESELLSCHAFTSPROBLEMEN
Seminar mit Dias:
Die Zunahme psychischer Storungen und psychosomatischer Erkrankungen bei Patienten in allen Bereichen der Medezin, ist inzwischen für alle Ärzte ein alarmierendes Signal geworden. Eine Beobachtung aus 10-jähriger Krankenhaus— und 20—jähriger Tätigkeit in eigener Praxis, veranlasste den Referenten, die Zusammenhänge, die zu Konflikten in Familie und Gesellschaft führen, anhand von Dias aufzuzeichnen. Da Vorbeugung besser ist als Heilen, soll durch die Forderung der Selbsterkenntnis die Fähigkeit gestärkt werden, sich selbst zu helfen oder auch fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
ESCH/ALZETTE: Freitag, 29. April 1994 um 20.30 Uhr im Gemeindefestsaal DAS ERWACHEN DER MEN SC HHEIT IN OST UND WEST( Texte en frangais)
Nach Millionen Jahren der physischen Entwicklung des Menschen, begann vor ca.50.000 Jahren die Ausbildung seiner geistigen Fähigkeiten. Philosophien, und insbesonders die Religionen, gaben den Menschen Impulse zu ihrer moralischen und gesellschaftlichen Entwicklung. Anhand von Bildem und Texten werden die Gedanken der Weltreligionen zum Frieden und zur fortschreitenden Gottesoffenbarung bis zur heutigen Zeit aufgezeigt. Dieser Weg zur Einheit der Menschheit ist keine Vision, sondem eine gelebte Wirklichkeit für Millionen von Menschen in 0st und West, die an einer Zukunft ohne Krieg, Hass und Umweltzetstérung bauen.
LUX-STADT: Samstag, 30. April um 20 Uhr Hotel Royal, 12, Bvd.Royal KULTUR, ARCHITEKTUR UND RELIGIONEN IM IRAN
In Bild_und Ton konnen die Géiste an einer Reise durch den Iran teilnehmen. Das Programm gibt einen Uberblick über die Geographic des vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Landes mit Bildem von Land und Leuten, die den unterschjedlichsten Rassen angehoren. Neben dem Islam werden auch die Religionen von Minderheiten wie: Zoroastriern, Christen und Bahá’í angesprochen. Spiegel der Kultur sind aber vor allem die herrlichen Palüste und Moscheen in Isfahan, Ghom, Meschhed und Schiraz, sowie die überwéiltigenden Ruinen des 2.500 Jahre alten Persepolis.
Organisatorz Bahá’í—Luxemburg
[Seite 14]KULTURELLER
Bahá’í'—Zentrum,
Konferenzabend über das Thema : Krieg und Frieden. Freitag, 13. Mai 1994 um 20.30 Uhr
Es referieren:
— Dr. Emile TOCKERT,
Kinderarzt in Luxemburg—Stadt , seit 1982 Mitgründer der Luxemburger Sektion des IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) und Sprecher dieser Organisation, welche 1984 den „UNESCO-Preis zur Erziehung zum Frieden„ und 1985 den "Friedensnobelpreis„, erhielt. Dr.Tockert initierte 1991 das medezinische Projekt: „I-Iilfe für die krebskranken Kinder in Kiew,„ in Zusammenarbeit mit der Stiftung: „Fondation d Aide aux Enfants atteints dun Cancer„.
Sein Thema: FRIEDENSFINDUNG, DIE NEUE HERAUSFORDERUNG.
Seit dem Ende des kalten Krieges scheint die nukleare Gefahr gebannt. Die atomare Bedrohung besteht weiter, sie hat sich geéindett und andere Formen angenommen. Die meisten Militéirprogramme vor dem Fall der Berliner Mauer werden weitergeführt. Die horizontale Proliferation ist gefahrlicher als je: zahlreiche Staaten verffigen über die nukleare Technologie und somit über die Möglichkeit Atomwaffen herzustellen. Es entstehen lokal—regionale Kriege, deren Ausmass durch den Waffenhandel verschfirft wird. In den nächsten J ahrzehnten werden Konflikte ausbrechen durch Auseinandeisetzungen zwischen Völkern auf der Suche nach Energie, Ackerland, usw.
Unterentwicklung, sozial-wirtschaftlicher Frust, Ignoranz und Intoleranz sind die Ursachen kommender Konflikte.
- Huschmand SABET,
studierte Maschinenbau, Philosophie und Vergleichende Religionswissenschaft ( bei Professor Von Glasenapp) und ist heute ein international erfolgreicher sowie éikologisch und entwicklungspolitisch engagierter Unternehmer und Autor folgender Bücher: "Der gespaltene Himmel„, "Der Weg aus der Ausweglosigkeit„, "Weltidentitéit" und "Global Crash, die not-wendige Chance zur Weltidentitéit„.
Sein Thema: GLOBAL CRASH, ODER FRIEDE AUF ERDEN.
Die Achsen, um die sich Wirtschaft, Staat und Gesellschaft drehen, werden den Anforderungen einer hochkomplexen Welt in keiner Weise gerecht. Die heutige Welt(un)ordnung ist in ihren grundlegenden Zügen auf Weltzerstérung programmiert und wird daher zusammenbrechen. Neue Konzepte für eine global-vertréigliche Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die weit über bisher vorgestellte Gedanken hinausgehen, werden vorgestellt. Die Impulse reichen Von einer Fortentwicklung des demokratischen Prinzips über konkrete selbstregulierende globale Strukturen bis zu Vorstellungen auf dem Gebiet. einer globalen Ethik, die Küngs Ideen eines Weltethos an Konkretheit und Realisierbarkeit bei weitem übertreffen.
[Seite 15]TREFFPUNKT
17, Allée Léopold GOEBEL, Lux-Stadt
Konferenzabend über das Thema : Die Rolle der Frau Mittwoch, 29. Juni 1994 um 20.30 Uhr
Es referieren:
- Agnes RAUSCH,
CARITAS — Sozialhelferin für Flüchtlinge
Ihr Thema:
„ Die Rolle der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft aufgezeigt am Beispiel der Dritte-WeIt-Organisationen."
- Farah DUSTDAR,
Studium in Politik—Wissenschaft, Soziologie und Sozialpsychologie, Autorin Von: „Die Frau und der Weltfriede„ und „Abschied Von der Macht".
[hr Thema:
" Bedeutung der Frauenrolle als Demokratieergünzung , sowie als sozio—kulturelle Bereicherung der Gesellschaft.„
[Seite 16]Die
Verkündigung
Bahaiu’ll2'ths
An die Könige und Herrscher der Welt
Bahá’í— Verlag
Die den Vülkem und Geschlechtem der Erde vorherbestimmte Zeit ist nun gekommen.
In dieser Zeitung lesen Sie Auszüge aus diesem Buch. Es enthält den vollständigen Text der Briefe, die Bahá’u’lláh an die geistlichen und weltlichen Führer dieser Welt richtete, damit sie mit güttlicher Hilfe einer zwischen Vergangenheit und Moderne, Konservatismus und Demokratie, Stagnation und Fortschritt hjn und her schwankenden Menschheit ne11e Wege erüffnen sollten.
LEIHBIBLIOTHEK Centre Bahá’í,
17, Allée Léopold Goebel, Lux-Ville
Geüffnet 10-16 Uhr V011
montags bis freitags
Bahá’í-Bücher
in vielen Sprachen: deutsch, spanisch, englisch, italienisch, portugiesisch, franzüsisch, persisch u.a.
DAS WORT AN DIE LESER:
Wir danken unsem Lesem, dass sie den Beitrag zur Véilkerverständigung der Bahá’í'Arbeitsgruppe „Ge-danken für eine bessere Welt„- die Geschenkaktion „Jahresabonnement„ auf diese Zeitung — so gut aufgenommen haben. Sollten Sie den Wunsch haben, noch weitere Freunde mit dieser Zeitung bekannt zu machen, so senden Sie uns bitte die Adressen. Bitte sagen Sie uns auch, wenn
Sie diese Zeitung nicht haben möchten, wir werden in beiden Féillen ihren Wunsch erfüllen.
Ziel der Zeitung: Völkerverständigung ; Brücken bauen zu andern Glaubens-und Denkrichtungen; Impulse geben zu friedlicher Zusammenarbeit; informieren über Vorstellungen, Ziele, Pléine und Früchte der Bahá’í'Religion, hier und in der Welt, über andere Religionen und den Wert der Religion schlechthin; Dialog— und Begegnungsmöglichkeiten schaffen.
Wir möchten uns recht herzlich bedanken für ihre Zuschriften und Telefonate und verbleiben mit freundlichen Grüssen
Ihre Redaktionsmitglieder.
I M P R E S S U M : Die Zeitung „Zeit für Geist" erscheint alle 2-3 Monate und ist aus chlorfrei gebleichtem
Papier. Jede Nummer befasst sich mit einem aktuellen Thema.
Herausgeber : Bahá’í'-Arbeitsgruppe „Gedanken für eine bessere Welt„ e.V.
Druckerei:
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Redaktion für Süden und Zentrum:
Anita und Bob Bontemps
30-32, Bd.Kennedy
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Redaktion für Norden, Osten und Westen: Farah und Farzin Dustdar
b.p. 220, L-9003 Ettelbrück
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